Protokoll:
15075

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 15

  • date_rangeSitzungsnummer: 75

  • date_rangeDatum: 13. November 2003

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  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 21:28 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 15/75 (Drucksache 15/1974) . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Ulrike Flach, Cornelia Pieper, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der FDP: Energiespeicherforschung vorantrei- ben – Höchsttechnologien für die Speichertechnik entwickeln (Drucksache 15/1605) . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Angelika Brunkhorst, Birgit Homburger, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Perspektiven für eine markt- wirtschaftliche Förderung erneuer- barer Energien (Drucksache 15/1813) . . . . . . . . . . . . . Vorschlag für eine Richtlinie (EURATOM) des Rates über die Entsorgung abgebrannter Brenn- elemente und radioaktiver Abfälle KOM (2003) 32 endg.; Ratsdok. 8990/03 (Drucksachen 15/503 Nr. 1.3, 15/1153 Nr. 2.20, 15/1781) . . . . . . . . . . . . . . . . Horst Kubatschka SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . . Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Angelika Brunkhorst FDP . . . . . . . . . . . . . . . Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . . . . . . 6408 B 6408 B 6408 B 6408 C 6408 D 6410 D 6413 C 6414 D 6416 A Deutscher B Stenografisch 75. Sitz Berlin, Donnerstag, den I n h a l Benennung des Abgeordneten Stephan Mayer (Altötting) als stellvertretendes Mit- glied in das Kuratorium der Stiftung „Erinne- rung, Verantwortung und Zukunft“ . . . . . . . . Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . Absetzung der Tagesordnungspunkte 19 und 24 b . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 3: a) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN eingebrachten Ent- wurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Erneuerbare-Ener- gien-Gesetzes (EEG) 6407 A 6407 B 6408 A d) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit undestag er Bericht ung 13. November 2003 t : – zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament Nukleare Sicherheit im Rahmen der Europäischen Union KOM (2002) 605 endg.; Ratsdok. 15875/02 – zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Richtlinie (EURATOM) des Rates zur Fest- legung grundlegender Verpflich- tungen und allgemeiner Grund- sätze im Bereich der Sicherheit kerntechnischer Anlagen Dr. Joachim Pfeiffer CDU/CSU . . . . . . . . . . Jürgen Trittin, Bundesminister BMU . . . . . . . 6418 B 6420 C II Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 75. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. November 2003 Eckart von Klaeden CDU/CSU . . . . . . . . Birgit Homburger FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . Marco Bülow SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Doris Meyer (Tapfheim) (CDU/CSU) . . . . . . Tagesordnungspunkt 4: Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Paziorek, Marie-Luise Dött, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der CDU/ CSU: Nationalen Allokationsplan als Parlamentsgesetz gestalten (Drucksache 15/1791) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jürgen Trittin BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Kelber SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kurt-Dieter Grill CDU/CSU . . . . . . . . . . Birgit Homburger FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marie-Luise Dött CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker SPD . . . . . . Ulrich Petzold CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kurt-Dieter Grill CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . Rolf Hempelmann SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 23: a) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 6. März 2002 zwischen der Bundes- republik Deutschland und der Re- publik Mosambik über die Förde- rung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksache 15/1845) . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 6. Au- gust 2001 zwischen der Bundesrepu- blik Deutschland und dem König- reich Marokko über die gegenseitige Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksache 15/1846) . . . . . . . . . . . . . i Z 6422 A 6423 A 6424 A 6425 C 6427 A 6427 B 6429 A 6429 B 6429 C 6430 A 6432 C 6434 B 6436 B 6437 B 6438 D 6439 C 6440 C 6442 C 6444 B 6444 B c) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 18. Oktober 2001 zwischen der Bun- desrepublik Deutschland und Bos- nien und Herzegowina über die För- derung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksache 15/1847) . . . . . . . . . . . . . d) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung der Statis- tiken der Rohstoff- und Produktions- wirtschaft einzelner Wirtschafts- zweige (Rohstoffstatistikgesetz – RohstoffStatG) (Drucksache 15/1849) . . . . . . . . . . . . . e) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Vierunddreißigsten Gesetzes zur Änderung des Lastenausgleichsge- setzes (34. ÄndGLAG) (Drucksache 15/1854) . . . . . . . . . . . . . f) Erste Beratung des vom Bundesrat ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Finanzierung der Beseiti- gung von Rüstungsaltlasten in der Bundesrepublik Deutschland (Rüs- tungsaltlastenfinanzierungsgesetz – RüstAltFG) (Drucksache 15/1888) . . . . . . . . . . . . . g) Erste Beratung des vom Bundesrat ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Führung des Handelsregisters, des Genossenschaftsregisters, des Partnerschaftsregisters und des Ver- einsregisters durch von den Ländern bestimmte Stellen (Register-Füh- rungsgesetz – RFüG) (Drucksache 15/1890) . . . . . . . . . . . . . h) Unterrichtung durch die Bundesregie- rung: Bericht der Bundesregierung über die Umsetzung von Gender Mainstreaming in Wissenschaft und Forschung (Drucksache 15/720) . . . . . . . . . . . . . . n Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 2: a) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des MAD-Gesetzes (1. MADGÄndG) (Drucksache 15/1959) . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN und der 6444 C 6444 C 6444 C 6444 C 6444 D 6444 D 6444 D Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 75. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. November 2003 III FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung rehabilitie- rungsrechtlicher Vorschriften (Drucksache 15/1975) . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 24: a) Zweite Beratung und Schlussabstim- mung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Zustimmung zur Ände- rung der Satzung des europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank (Drucksachen 15/1654, 15/2008) . . . . c) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 2. Juli 2001 zwischen der Bun- desrepublik Deutschland und der Republik Österreich über den Ver- lauf der gemeinsamen Staatsgrenze im Grenzabschnitt „Salzach“ und in den Sektionen I und II des Grenz- abschnitts „Scheibelberg-Bodensee“ sowie in Teilen des Grenzabschnitts „Innwinkel“ (Drucksachen 15/1655, 15/2006) . . . . d) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zu dem Abkom- men vom 18. September 2002 zwi- schen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland, den Vereinten Nationen und dem Sekre- tariat des Übereinkommens zur Er- haltung der wandernden wild leben- den Tierarten über den Sitz des Sekretariats des Übereinkommens (Drucksachen 15/1473, 15/1826) . . . . e)– h)Beschlussempfehlungen des Petitions- ausschusses: Sammelübersichten 74, 75, 76 und 77 zu Petitionen (Drucksachen 15/1881, 15/1882, 15/1883, 15/1884) . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Umsetzung aufsichtsrechtlicher Bestimmungen zur Sanierung und Liquidation von Versicherungsunternehmen und Kre- ditinstituten (Drucksache 15/1653) . . . . . . . . . . . . . Z D H H C D A G M D D H D E J D R R T J S C I D 6445 A 6445 B 6445 C 6445 D 6446 A 6446 B b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Kultur und Medien zu dem Antrag der Abgeordneten Günter Nooke, Bernd Neumann (Bremen), weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der CDU/CSU: Umsetzung des Bundestagsbeschlusses zur Wie- dererrichtung des Berliner Stadt- schlosses (Drucksachen 15/1094, 15/2002) . . . . usatztagesordnungspunkt 4: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Frak- tion der CDU/CSU: Die aktuelle Russ- landpolitik der Bundesregierung r. Friedbert Pflüger CDU/CSU . . . . . . . . . . ans Martin Bury, Staatsminister für Europa arald Leibrecht FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . laudia Roth (Augsburg) BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . rnold Vaatz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . ernot Erler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . elanie Oßwald CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . r. Ludger Volmer BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ermann Gröhe CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . r. Rolf Mützenich SPD . . . . . . . . . . . . . . . . rich G. Fritz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . elena Hoffmann (Chemnitz) SPD . . . . . . . . r. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . udolf Bindig SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . uprecht Polenz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 5: Erste Beratung des von den Abgeordnet Joachim Stünker, Hermann Bachmaier, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Jerzy Montag, Irmingard Schewe-Gerigk, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von Verletzten im Strafverfahren (Opferrechtsreform- gesetz – OpferRG) (Drucksache 15/1976) . . . . . . . . . . . . . . . oachim Stünker SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . iegfried Kauder (Bad Dürrheim) DU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . rmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6446 D 6447 A 6448 B 6449 A 6450 A 6451 B 6452 B 6453 A 6454 A 6455 B 6456 B 6457 B 6458 C 6459 C 6460 B 6461 C 6462 C 6462 C 6464 C 6465 D IV Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 75. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. November 2003 Jörg van Essen FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Daniela Raab CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . Brigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . Siegfried Kauder (Bad Dürrheim) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Norbert Röttgen CDU/CSU . . . . . . . . . . . Joachim Stünker SPD . . . . . . . . . . . . . . . Michaela Noll CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 6: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung zu den Auswirkungen des Gesetzes zur Neure- gelung der geringfügigen Beschäfti- gungsverhältnisse auf den Arbeits- markt, die Sozialversicherung und die öffentlichen Finanzen (Drucksache 15/758) . . . . . . . . . . . . . . . . . Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär BMGS . . Matthäus Strebl CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . Markus Kurth BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb FDP . . . . . . . . . . . . . . . Peter Dreßen SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb FDP . . . . . . . . . . . . Karl-Josef Laumann CDU/CSU . . . . . . . . . . Petra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . . Doris Barnett SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 7: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Vierten Gesetzes zur Än- derung des Filmförderungsgesetzes (Drucksachen 15/1506, 15/1958) . . . . b) Beratung der Großen Anfrage der Ab- geordneten Bernd Neumann (Bremen), Günter Nooke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Ver- besserung der Rahmenbedingungen für den deutschen Film (Drucksachen 15/1034, 15/1554) . . . . Dr. Christina Weiss, Staatsministerin BK . . . . Bernd Neumann (Bremen) CDU/CSU . . . . . Klaus Uwe Benneter SPD . . . . . . . . . . . . Claudia Roth (Augsburg) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Joachim Otto (Frankfurt) FDP . . . . . . . Gisela Hilbrecht SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . T R A B H A D G U T D d P A M D H W P D H T G D D M D 6467 A 6468 A 6469 B 6470 B 6472 A 6472 D 6474 B 6475 D 6476 A 6477 C 6479 C 6481 A 6482 C 6482 D 6484 A 6486 D 6487 C 6489 B 6489 B 6489 C 6491 D 6495 C 6496 A 6497 D 6499 A agesordnungspunkt 8: Antrag der Abgeordneten Renate Blank, Dirk Fischer (Hamburg), weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der CDU/CSU: LKW-Sonntagsfahrverbot in Deutsch- land beibehalten (Drucksache 15/1876) . . . . . . . . . . . . . . . enate Blank CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . ngelika Mertens, Parl. Staatssekretärin MVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . orst Friedrich (Bayreuth) FDP . . . . . . . . . . lbert Schmidt (Ingolstadt) BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . eorg Brunnhuber CDU/CSU . . . . . . . . . . . we Beckmeyer SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 9: Beschlussempfehlung und Bericht des Verteidigungsausschusses zu der Unter- richtung durch den Wehrbeauftragten: Jahresbericht 2002 (44. Bericht) (Drucksachen 15/500, 15/1837) . . . . . . . . r. Willfried Penner, Wehrbeauftragter es Deutschen Bundestages . . . . . . . . . . . . . . etra Heß SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nita Schäfer (Saalstadt) CDU/CSU . . . . . . arianne Tritz BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . elga Daub FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . alter Kolbow, Parl. Staatssekretär BMVg . . etra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Gerd Müller CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . Walter Kolbow SPD . . . . . . . . . . . . . . . . edi Wegener SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Günther Friedrich Nolting FDP . . . . . . . . agesordnungspunkt 10: Antrag der Abgeordneten Gudrun Kopp, Rainer Brüderle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Stromrech- nungen transparent gestalten (Drucksache 15/761) . . . . . . . . . . . . . . . . udrun Kopp FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Axel Berg SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Michael Fuchs CDU/CSU . . . . . . . . . . . . ichaele Hustedt BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6501 C 6501 C 6502 C 6503 C 6504 C 6505 C 6505 D 6506 C 6506 C 6508 A 6509 C 6511 A 6512 A 6513 A 6514 C 6515 B 6516 C 6517 A 6518 A 6518 D 6519 A 6519 C 6521 D 6524 D Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 75. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. November 2003 V Tagesordnungspunkt 11: Unterrichtung durch die Bundesbeauf- tragte für die Unterlagen des Staatssicher- heitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik: Sechster Tä- tigkeitsbericht der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicher- heitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik – 2003 (Drucksache 15/1530) . . . . . . . . . . . . . . . . Barbara Wittig SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartmut Büttner (Schönebeck) CDU/CSU . . Dr. Dieter Wiefelspütz SPD . . . . . . . . . . . Silke Stokar von Neuforn BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gisela Piltz FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marga Elser SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dorothee Mantel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 12: Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Gauweiler, Günter Nooke, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP: Errichtung einer Stiftung „Staatsoper Unter den Linden“ (Drucksache 15/1790) . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Antrag der Abgeordneten Günter Nooke, Bernd Neumann (Bremen), weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der CDU/ CSU sowie der Abgeordneten Hans- Joachim Otto (Frankfurt), Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP: Staatsvertrag für die Hauptstadtkultur (Drucksache 15/1973) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Peter Gauweiler CDU/CSU . . . . . . . . . . . Dr. Antje Vollmer BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christina Weiss, Staatsministerin BK . . . . Dr. Peter Gauweiler CDU/CSU . . . . . . . . Hans-Joachim Otto (Frankfurt) FDP . . . . . . . Dr. Antje Vollmer BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Günter Nooke CDU/CSU . . . . . . . . . . . . Hans-Joachim Otto (Frankfurt) FDP . . . . D D D E H E T T N B A L A E D m z d ( A E P d B t ( 6526 A 6526 B 6528 A 6529 B 6530 B 6531 B 6532 D 6533 D 6535 A 6535 B 6535 C 6537 A 6538 A 6539 B 6540 A 6541 A 6541 B 6542 A r. Peter Gauweiler CDU/CSU . . . . . . . . . . . r. Antje Vollmer BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ckhardt Barthel (Berlin) SPD . . . . . . . . . . . ans-Joachim Otto (Frankfurt) FDP . . . . . . ckhardt Barthel (Berlin) SPD . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 13: Antrag der Abgeordneten Jörg Tauss, Eckhardt Barthel (Berlin), weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Grietje Bettin, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Chancengleichheit in der glo- balen Informationsgesellschaft sichern – VN-Weltgipfel zum Erfolg führen (Drucksache 15/1988) . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 14: Erste Beratung des von den Abgeordneten Christian Freiherr von Stetten, Marita Sehn und weiteren Abgeordneten einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Än- derung des Baugesetzbuchs (Kommu- nale Rechte bei Windkraftanlagen stärken) (Drucksache 15/513) . . . . . . . . . . . . . . . . ächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . erichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 1 iste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . nlage 2 rklärung nach § 31 GO der Abgeordneten r. Gesine Lötzsch (fraktionslos) zur Abstim- ung über die Beschlussempfehlung: Umset- ung des Bundesstaatsbeschlusses zur Wie- ererrichtung des Berliner Stadtschlosses Zusatztagesordnungspunkt 3 b) . . . . . . . . . . nlage 3 rklärung nach § 31 GO der Abgeordneten etra Pau (fraktionslos) zur Abstimmung über ie Beschlussempfehlung: Umsetzung des undesstaatsbeschlusses zur Wiedererrich- ung des Berliner Stadtschlosses Zusatztagesordnungspunkt 3 b) . . . . . . . . . . 6542 D 6543 B 6543 C 6544 D 6545 B 6546 A 6546 C 6546 D 6546 D 6547 A 6547 B 6547 D VI Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 75. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. November 2003 Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Chancengleichheit in der globa- len Informationsgesellschaft sichern – VN- Weltgipfel zum Erfolg führen (Tagesordnungspunkt 13) . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Martina Krogmann CDU/CSU . . . . . . . . Grietje Bettin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Joachim Otto (Frankfurt) FDP. . . . . . . Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Baugesetzbuches (Kommunale Rechte bei Windkraftanlagen stärken) (Tagesordnungspunkt 14) . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Spanier SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . Veronika Bellmann CDU/CSU . . . . . . . . . . . Peter Hettlich BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marita Sehn FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6548 A 6548 B 6552 B 6553 D 6555 B 6555 B 6556 B 6557 D 6554 D 6558 C Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 75. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. November 2003 6407 (A) ) (B) ) 75. Sitz Berlin, Donnerstag, den Beginn: 9.0
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    Anlage 4 Anlage 5 ung Der Zuruf des Abg. Dirk sen: Der Müller war doch ? – Das ist nicht der Fall. eschlossen. en zur Abstimmung über r CDU/CSU und der FDP em Titel „Staatsvertrag für mmt für diesen Antrag? – ltungen? – Der Antrag ist n gegen die Stimmen der einverstanden? – Das ist der Fa sung so beschlossen. Ich rufe Tagesordnungspunk Erste Beratung des Christian Freiherr von Manfred Grund und we gebrachten Entwurfs ei rung des Baugesetzbuc bei Windkraftanlagen Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 75. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. November 2003 6547 (A) ) (B) ) Gebäude wie den Palast der Republik abreißen zu lassen, cke dringend notwendigen Mittel zu entziehen. Deutschen Bundestages die Initiative ergreift, um ein u nd Bürgern Berlins die für soziale und kulturelle Zwe- Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten * für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch (frak- tionslos) zur Abstimmung über die Beschluss- empfehlung: Umsetzung des Bundestagsbe- schlusses zur Wiedererrichtung des Berliner Stadtschlosses (Zusatztagesordnungspunkt 3 b) Ich lehne beide Beschlussempfehlungen ab. Meine Ablehnung begründe ich wie folgt: Ich empfinde es als makaber, dass ausgerechnet der Kulturausschuss des d e w K s r e d h D d B s f s l B g h s A B f d R l w u S g d i e B b Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Andres, Gerd SPD 13.11.2003 Ferner, Elke SPD 13.11.2003 Goldmann, Hans-Michael FDP 13.11.2003 Hartnagel, Anke SPD 13.11.2003 Dr. Hoyer, Werner FDP 13.11.2003 Irber, Brunhilde SPD 13.11.2003 Jonas, Klaus Werner SPD 13.11.2003* Löning, Markus FDP 13.11.2003 Nitzsche, Henry CDU/CSU 13.11.2003 Nolte, Claudia CDU/CSU 13.11.2003 Pflug, Johannes SPD 13.11.2003 Roth (Esslingen), Karin SPD 13.11.2003 Sauer, Thomas SPD 13.11.2003 Schmidt (Fürth), Christian CDU/CSU 13.11.2003 Seib, Marion CDU/CSU 13.11.2003 Dr. Stinner, Rainer FDP 13.11.2003 Dr. Westerwelle, Guido FDP 13.11.2003 (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht as jetzt gerade mit kulturellen Zwischennutzungen von iner neuen Generation von Künstlern neu entdeckt ird. Ich empfinde es als unseriös, dass ausgerechnet der ulturausschuss des Deutschen Bundestages den Ab- chlussbericht der Arbeitsgruppe „Schlossareal“ igno- iert. Für mich ist es ein Ausdruck von Kulturlosigkeit, mit iner Grünanlage der Mahnung entsprechen zu wollen, ass hier ein Gebäude mit öffentlicher Nutzung entste- en soll. Außerdem empfinde ich es als Anmaßung, dass der eutsche Bundestag Beschlüsse fasst, die unmittelbar in en Haushalt des Landes Berlin eingreifen. Das Land erlin hat die extreme Haushaltsnotlage erklären müs- en, es klagt vor dem Bundesverfassungsgericht um inanzielle Hilfen und bekommt nun vom Bund noch zu- ätzliche Ausgaben aufgebürdet. Ich lehne die Anträge darüber hinaus ab, weil sie gott- os sind. Mit dem Abriss des Palastes der Republik wird die eschädigung, ja sogar der Einsturz des gegenüberlie- enden Berliner Domes riskiert. Wir – die PDS im Bundestag – werden zu den Haus- altsberatungen einen Änderungsantrag einbringen, der ich gegen den Abriss des Palastes der Republik richtet. nlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Petra Pau (fraktionslos) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung: Umsetzung des Bundestagsbeschlusses zur Wie- dererrichtung des Berliner Stadtschlosses (Zu- satztagesordnungspunkt 3 b) Hiermit erkläre ich, dass ich gegen die vorliegende eschlussempfehlung und den Bericht des Ausschusses ür Kultur und Medien auf Drucksache 15/2002 stimme. Erstens aus einem rein formalen Grund: Die Entschei- ung über die Zukunft des wohl wichtigsten Platzes der epublik soll heute ohne Debatte und damit ohne öffent- ichen Austausch der Argumente erfolgen. Zweitens stimme ich aus haushaltspolitischer Verant- ortung dagegen. Mit diesem Beschluss soll ein nicht nerheblicher Teil des Haushaltes von Bundesminister tolpe für ein stadtpolitisch und kulturpolitisch unsinni- es Vorhaben festgelegt werden. Darüber hinaus greifen ie Befürworter dieser Beschlussempfehlung unzulässig n die Haushaltshoheit des Berliner Landesparlamentes in. Denn mindestens 7 Millionen Euro müsste das Land erlin für das Abrissunternehmen „Palast der Republik“ eisteuern. Ich stimme also dagegen, den Bürgerinnen 6548 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 75. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. November 2003 (A) ) (B) ) Drittens stimme ich aus inhaltlichen Gründen gegen die Beschlussempfehlung: Der Bundestag hat vor Jah- resfrist alternativ zwischen Schloss und Palast entschie- den. Eine klare Mehrheit entschied sich für einen Neu- bau in der Kubatur des Schlosses. Beschluss ist Beschluss und Text ist Text. Alles darüber hinaus ist va- riabel und offen. Deshalb wäre der rasante Abriss des Palastes der Republik ein fataler Fehler – nach vorn und nach hinten geschaut. Im Beschluss des Bundestages wurden drei Seiten des Neubaus beschrieben: die West-, die Nord- und die Süd- seite. Das ist nachvollziehbar. Und das gilt. Die Ostseite indes blieb offen. Der Beschluss des Bundestages schließt daher nicht aus, Teile des Palastes zu erhalten. Diese Option sollte nicht ohne Not verworfen werden. Sie eröffnet auch architektonische Spielräume, die Stadt kritisch zu einen. Ich stimme gegen die Beschlussempfehlung, weil mit dieser die wichtigste Frage nicht beantwortet wird: Wird der Schlossplatz ein öffentliches Areal und gelingt es ge- rade hier, Ost und West, alte und neue Geschichte zu- sammenzuführen? Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Chancengleichheit in der globalen Informationsgesellschaft si- chern – VN-Weltgipfel zum Erfolg führen (Ta- gesordnungspunkt 13) Jörg Tauss (SPD): Die wachsende Bedeutung der Möglichkeiten elektronischer Information und Kommu- nikation in allen gesellschaftlichen Bereichen wird leider immer noch allzu oft – in diese Kritik schließe ich uns alle ein – allein auf die OECD-Welt der entwickelten Länder bezogen. Dieser Wandel zur Informationsgesell- schaft hat aber längst nicht nur große Auswirkungen auf die Schwellen- und Entwicklungsländer und stellt diese vor enorme Herausforderungen. Darüber hinaus be- stimmt dieser Wandel auch die zukünftigen Erfolgschan- cen sowohl der Wirtschaft wie der Menschen in diesen Ländern. Allein dies wäre Grund genug, den nun bevorstehen- den Weltgipfel der Vereinten Nationen zur globalen In- formationsgesellschaft zu begrüßen. Dieser einzige Weltgipfel in diesem Jahr bietet einen angemessenen Rahmen für eine umfassende, die OECD-Perspektive übergreifende Debatte zu den neuen Herausforderungen der Informationsgesellschaft. Die Vorbereitungen stehen gegenwärtig vor dem Abschluss. Auch wenn zahlreiche Fragen noch offen sind, bin ich überzeugt, dass wir bald Endfassungen sowohl der Grundsatzerklärung wie des Aktionsplans werden diskutieren können. Ausdrücklich möchte ich dem BMWA für den inklusiven Ansatz in der Vorbereitung des Gipfels danken. Die regelmäßigen Runden mit Vertretern der Zivilgesellschaft und der Wirtschaft haben sicherlich zu einem konstruktiven und kreativen Dialog beigetragen, an dessen Ende wir wei- t s s m g d g d k – g F I X b – t U s E w w s n r z k v h d f s U s z r D d h n in a g R 5 0 A B s i s d w t m d S w (C (D erhin neben der gemeinsamen EU-Position ein deut- ches Positionspapier zum Weltgipfel erwarten. Denn die Frage, wo wir eigentlich in diesem Wandel tehen und welche Ausgangsposition wir konstatieren üssen, stellt sich mit weit größerem Nachdruck für die lobale Perspektive. Dies gilt für die Kernfragen auch er globalen Informationsgesellschaft, nämlich des Zu- angs zu IuK-Infrastrukturen und relevanten Inhalten, es kompetenten Umgangs mit ihnen wie der Fragen der ulturellen Vielfalt sowie von Schutz und Sicherheit auch Rechtssicherheit – in globalen IuK-Netzen, in leicher Weise. Denn: Während wir etwa in Europa um ortschritte ringen, immer weitere Bevölkerungsteile ins nternet zu bringen und hier bereits von 50 Prozent plus reden, oder darum ringen, die Infrastrukturen breit- andig auszubauen und bei Fragen des Rechtsrahmens auch aufgrund wegweisender EU-Richtlinien zur elek- ronischen Kommunikation, zum Datenschutz oder zum rheberrecht – deutliche Fortschritte gemacht haben, tellt sich die digitale Spaltung zu den Schwellen- und ntwicklungsländern und verstärkt auch innerhalb dieser eitaus gravierender dar. Dies ist der Grund, weshalb ir von einer eklatanten globalen Chancenungleichheit prechen müssen, und damit stellt sich für die internatio- ale Gemeinschaft die zentrale politische Herausforde- ung, diese Ungleichheit durch geeignete Maßnahmen u verringern. Nur dann können die Lebens- und Zu- unftschancen der Menschen weltweit angenähert und om Geburtsort und sozialer Herkunft möglichst unab- ängig gemacht werden. Dass wir davon weit entfernt sind, zeigen nicht nur as durchgreifende sozioökonomische Nord-Süd-Ge- älle, sondern eine ganze Reihe von Untersuchungen und tatistischen Erhebungen, die Jahr für Jahr eine eklatante ngleichheit im Zugang und in der Nutzung elektroni- cher IuK-Technologien zeigen, die tendenziell sogar unimmt. Lassen Sie mich dazu nur einige Zahlen zitie- en: Laut der OECD-Studie „Understanding the Digital ivide“ von 2001, Nielsen Net-Ratings und der ITU wie em World Population Data Sheet 2002 stammen weiter- in etwa 80 Prozent der knapp 600 Millionen Internet- utzerinnen und -nutzer aus OECD-Ländern. Während der EU durchschnittlich etwa 32 Prozent und Nord- merika knapp 50 Prozent der Bevölkerung Onlinezu- ang haben, sind es in Mittel- und Osteuropa inklusive usslands lediglich 8,3 Prozent, in Lateinamerika gar Prozent, in China 2,6 Prozent und in Indien ,7 Prozent. Schlusslicht bildet hier Afrika, wo unter usklammerung Südafrikas sogar nur 0,5 Prozent der evölkerung online sind. Gleiches lässt sich für die Verfügbarkeit von Infra- trukturen sagen, denn die internationalen Unterschiede n der Verfügbarkeit und Leistungsfähigkeit der techni- chen Infrastrukturen bilden ein zentrales Hemmnis für ie globale Chancengleichheit. Insbesondere die Ent- icklungsländer können dem Innovations- und Aufbau- empo der OECD-Staaten nicht folgen und fallen zuneh- end zurück. So basiert die globale digitale Spaltung urchaus auch auf einer eklatanten infrastrukturellen paltung: Während in der OECD in 2001 auf 100 Ein- ohner durchschnittlich 52 Festnetzanschlüsse und Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 75. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. November 2003 6549 (A) ) (B) ) 54 Mobilnetzanschlüsse kamen, sind es bei den Ent- wicklungsländern lediglich 8,7 bzw. 7,5. Auch im Be- reich von PCs und Internet-Hosts dokumentiert sich die infrastrukturelle Zweiklassengesellschaft: Während in 2001 knapp 61 Prozent aller PCs und über 86 Prozent der Internethost-Computer in der EU oder in Nordame- rika standen, entfallen auf Mittel- und Osteuropa, China, Lateinamerika, Indien und Afrika lediglich 19 Prozent der PCs und sogar lediglich 4,6 Prozent der Hosts. Auch die interregionalen Verbindungskapazitäten verdeutlichen die Konzentration der weltweiten Infor- mations- und Datenströme auf die OECD-Welt: Wäh- rend in 2002 ausgehend von Nordamerika nach Europa etwa 208 Gigabits pro Sekunde – Gbps – zur Verfügung standen und auch Asien – vor allem Japan, Taiwan und Südkorea – noch mit etwa einem Viertel, also etwa 56 Gbps, angebunden war, stand zu Lateinamerika mit 23,5 Gbps eine achtfach geringere, zu Afrika mit 1,2 Gbps lediglich eine 160fach geringere und von Eu- ropa nach Afrika sogar eine 250fach geringere Kapazität – nämlich 0,82 Gbps – zur Verfügung. Auch wenn die absoluten Kapazitäten schnell zunehmen, bleiben doch die eklatanten Abstände bestehen. Zur Verdeutlichung möchte ich nur daran erinnern, dass allein in New York mehr Telefone genutzt werden als im gesamten ländli- chen Asien und dass es allein in London mehr Internet- accounts gibt als in ganz Afrika. Zudem entspricht die gesamte Internetbandbreite Afrikas in etwa der Sao Paulos und ebenso entspricht die Internetbandbreite ganz Lateinamerikas der der südkoreanischen Hauptstadt Seoul. Diese digitale globale Spaltung hat aber neben der technischen auch erhebliche soziale und kulturelle Di- mensionen. Bereits die Enquete-Kommission „Globali- sierung der Weltwirtschaft“ der vergangenen Legislatur- periode hat darauf hingewiesen, dass sich die einzelnen Ungleichheiten in den Schwellen- und Entwicklungslän- dern wechselseitig verstärken und in ihrer Summe sowohl zu enormen innergesellschaftlichen digitalen Klüften als auch zu prohibitiven Zugangs- und Nutzungs- barrieren führen. So privilegieren die immer noch hohen Zugangspreise, die technischen Voraussetzungen und die notwendigen individuellen Kompetenzen die ohnehin hinsichtlich der Kaufkraft, Qualifikationen und Bil- dungsniveau besser gestellten kleinen Eliten in den städ- tischen Zentren. So lebten etwa 2001 in der Hauptstadt Kampala nur 4 Prozent der ugandischen Bevölkerung, zugleich befanden sich hier aber über 60 Prozent aller Te- lefonleitungen. In Vietnam ist die ländliche Bevölkerung praktisch vom Telefonnetz ausgeschlossen, obwohl hier etwa 80 Prozent der Gesamtbevölkerung leben. Ebenso haben eventuell bestehende kulturelle und so- ziale geschlechtsspezifische Diskriminierungen einen er- heblichen Einfluss auf den Zugang von Frauen zu IuK- Möglichkeiten in Entwicklungsländern; zudem sind Frauen statistisch häufiger von Analphabetismus und Armut betroffen. Während in Lateinamerika 38 Prozent, in Asien 22 Prozent der Internetnutzer Nutzerinnen sind, machen Frauen im Nahen Osten lediglich 6 Prozent der Internetnutzer aus. So ist im Allgemeinen in den Schwellen- und Entwicklungsländern die Nutzungs- s r g - t n m z 2 U A S m d a z g l I i W k W t s w c r d i l I z B d B z e s d o n o o W F n s d z d l a u g P l r t (C (D chere zwischen Haushalten mit relativ hohen und nied- igen Einkommen weitaus größer, ist der Frauenanteil eringer und konzentriert sich die IuK-Infrastruktur wie Nutzung auf die städtischen Zentren und sozialen Eli- en. 2001 hatte über ein Drittel der Weltbevölkerung och nie telefoniert, waren laut UNDP gemessen am onatlichen Durchschnittseinkommen die Internet- ugangskosten in Madagaskar 510-mal, in Nepal etwa 50-mal und in Sri Lanka noch 50-mal höher als in den SA und kostete etwa in Bangladesch ein PC noch das chtfache eine Jahreslohns. Hinter diesen Zahlen zur internationalen digitalen paltung verbirgt sich ein enormes Risiko für die ökono- ische, soziale und auch politische Stabilität dieser Län- er von morgen – die digitale Spaltung von heute droht uf globaler Ebene die Chancenungleichheit zu reprodu- ieren und auch für kommende Generationen zu verfesti- en. Dies ist der Grund, weshalb eine moderne Entwick- ungspolitik nicht an den besonderen Anforderungen der nformationsgesellschaft vorbeisehen kann und es – im nternationalen Vergleich – zunehmend auch nicht tut. ir müssen uns hierbei insbesondere um die Länder ümmern, die in den Entwicklungsprojektionen der eltbank den Anschluss an den Wandel zur Informa- ionsgesellschaft weiter zu verlieren drohen. Zu diesen o genannten Latecomern gehören eben nicht nur die am enigsten entwickelten Länder – die „least developed ountries“ –, sondern auch die beiden bevölkerungs- eichsten Staaten der Erde: Indien und China. Diese bei- en Staaten sind auch deshalb sehr gute Beispiele für die nnere digitale Spaltung in Schwellen- und Entwick- ungsländern, weil durchaus international vergleichbare T-Infrastrukturen, Dienstleistungsangebote und Nut- ungskompetenzen in diesen Ländern bestehen – etwa in angalore oder dem boomenden Shanghai –, diese je- och sowohl lokal begrenzt sind als auch nur geringe evölkerungsteile daran partizipieren können. Die Kon- entration der Verfügbarkeit und Nutzungskompetenz twa auf die wohlhabenden städtischen Eliten und die trukturelle Ausblendung der ländlichen Regionen, in enen nach wie vor die Bevölkerungsmehrheiten leben, der gar ganzer Erdteile, wenn wir an Afrika mit Aus- ahme Südafrikas denken, ist eklatant. Die Dimension der Herausforderung für die internati- nale Gemeinschaft ergibt sich allein aus der Größen- rdnung der zitierten globalen Ungleichheiten. Der eltgipfel zur Informationsgesellschaft wird zu dieser ülle an Problemaspekten keine Rezepte erarbeiten kön- en, zu komplex sind die Mechanismen und zu viel- chichtig die Interessenlagen. Aber er kann und muss ein eutliches Bekenntnis der internationalen Gemeinschaft ur gemeinsamen Verantwortung für die Verringerung er internationalen Chancenungleichheiten in der globa- en Informationsgesellschaft erreichen. Wir sind daher ußerordentlich froh darüber, dass in die Deklaration nd den Aktionsplan grundlegende Prinzipien Eingang efunden haben, die weit über technisch-wirtschaftliche roblemaspekte hinausgreifen und ethische, grundrecht- iche, soziale, politische und kulturelle Fragen gleichbe- echtigt danebenstellen. Für die SPD-Bundestagsfrak- ion ist der Wandel zur Informationsgesellschaft eben 6550 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 75. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. November 2003 (A) ) (B) ) nicht nur eine Frage technischer Infrastrukturen und wirtschaftlicher Globalisierung. Sie sollte vielmehr als ein umfassender gesellschaftlicher Wandel begriffen werden, der zahlreiche Auswirkungen auf Technologie-, Bildungs-, Kultur- und Medienpolitik sowie auf die in- ternationale Kooperation und Entwicklungshilfe hat. Lassen sie mich zu den Grundsätzen aus unserer Sicht noch einige Anmerkungen machen: Erstens ist und bleibt die Grundlage internationaler Politik und Kooperation die Achtung und Durchsetzung der allgemeinen Menschenrechte. Dies gilt auch für die Bewältigung des Wandels zur globalen Informationsge- sellschaft. Das umfassende Meinungs- und Informa- tionsfreiheitsrecht des Art. 19 der Menschenrechtserklä- rung gewinnt natürlich in einer digital vernetzten Welt eine besondere Bedeutung. Die grundrechtlichen Impli- kationen sind ebenfalls keineswegs unerheblich, wobei ich nur auf die Durchsetzung der informationellen Selbstbestimmung und auf das zunehmend in Bedräng- nis geratende Fernmeldegeheimnis verweisen möchte. Ebenso ist hier zu prüfen, inwieweit eine Erweiterung in Richtung positiver Kommunikations- und Informations- zugangsrechte sinnvoll sein kann. Vor allem aber dürfen keine nationalen Sicherheitsinteressen oder kulturelle Besonderheiten eine generelle Zensur in elektronischen Medien begründen. Dies gilt für das Internet genauso wie für die zu sichernde freie Berufsausübung von natio- nalen und internationalen Journalistinnen und Journalis- ten vor Ort. Eine grundrechtlich in abgeschottete natio- nale Zonen zergliederte Weltinformationsgesellschaft kann es allein aus technischen Gründe nicht geben, sollte dies aber auch aus politischen, sozialen und kulturellen Erwägungen nicht. Nichts erscheint zweitens derzeit dringender, als zu einem Aufholprozess hinsichtlich der Infrastrukturen in den Schwellen- und Entwicklungsländern zu kommen. Allerdings sind wir hier sehr skeptisch hinsichtlich der tatsächlichen Vorteile eines zentralen, verbindlichen di- gitalen Solidaritätsfonds, wie er vor allem vonseiten der Entwicklungsländer und zivilgesellschaftlicher Akteure gefordert wird. Die Erfahrungen mit dem Aids-Fonds sollten uns hier vorsichtiger machen und uns ermutigen, nach effektiven Alternativen Ausschau zu halten. Dass eine übereilte Privatisierung und Liberalisierung der na- tionalen IuK-Märkte die Lösung nicht sein kann, lässt sich gerade am Beispiel Indiens und Argentiniens zei- gen. Denn auch – oder gerade – private Investoren kon- zentrieren sich auf betriebswirtschaftlich lukrative städ- tische Zentren und sparen etwa in Indien ganze ländliche Regionen aus. In Argentinien verlangten marktbeherr- schende westliche Gesellschaften zunächst sogar höhere Preise als zuletzt die staatlichen Monopolisten. Die kon- troversen Auseinandersetzungen und Proteste im Um- feld der Verhandlungen zur so genannten Doha-Runde der WTO und speziell zu den Verhandlungen zur weiter- gehenden Liberalisierung im Dienstleistungssektor – Stichwort GATS – belegen die Konfliktträchtigkeit dieser Fragestellungen. Notwendig erscheint daher eine vorsichtige, abge- stimmte und zeitlich nicht übereilte Privatisierungs- und L t h g s d f L g w m n s v r b d R A n K d s t z e B V p c ß n G n s d z h E V V d g h G f B h b a s r C M C n Q i d (C (D iberalisierungspolitik hinsichtlich der IuK-Märkte un- er Berücksichtigung nationaler und lokaler Besonder- eiten. Insbesondere muss einer weiter gehenden Dere- ulierung die Einrichtung effektiver Aufsichtsstrukturen owie die Schaffung belastbarer, fairer Wettbewerbsbe- ingungen vorausgehen. Nur so können die Attraktivität ür ausländische Investitionen und die Verfügbarkeit wie eistungsfähigkeit der Infrastrukturen erhöht und zu- leich die Nutzungskosten tatsächlich deutlich gesenkt erden. Drittens werden die internationalen Informations- ärkte von Unternehmen aus OECD-Ländern domi- iert. Da Informationen und Wissen als – zumal digitali- ierte – immaterielle Güter in elektronischen Netzen erarbeitet werden können, gerät das Immaterialgüter- echt – und damit unter anderem das Patent- und Urhe- errecht sowie die Leistungsschutzrechte – in den Fokus er kontroversen Diskussionen um einen modernen echtsrahmen für die digitale Informationsgesellschaft. uch innerhalb der Industriestaaten ist seit längerem ein eues Spannungsverhältnis zwischen den Interessen der reativen, Urheber und Rechteinhaber einerseits und en neuen Anforderungen der Informations- und Wis- ensgesellschaft, einer modernen Bildungs- und Innova- ionspolitik und den Interessen der Nutzerinnen und Nut- er andererseits zu konstatieren; ich erinnere nur an den rsten Korb der Umsetzung der Urheberrechtsrichtlinie. efürchtet wird, dass eine zu weit gehende künstliche erknappung des Informationszugangs oder gar Mono- olisierung der Nutzung oder Verwertung fortschrittli- her Innovationen in der digitalen Welt unverhältnismä- ige Zugangs- und Nutzungsbarrieren aufbaut. Dies gilt atürlich insbesondere in zunehmend wissensbasierten esellschaften, in denen die Lebenschancen des Einzel- en wesentlich vom Wissenserwerb und von der Wis- ensverwertung abhängig sind und die Zukunftsfähigkeit er Wirtschaft und Verwaltung wesentlich von der Effi- ienz des Produktionsfaktors und Parameters Wissen ab- ängt. Dieses Spannungsverhältnis stellt sich auf globaler bene noch weitaus gravierender dar, da internationale ereinbarungen – zu nennen ist hier neben den WIPO- erträgen vor allem TRIPS – allen Unterzeichnerstaaten ie Sicherung eines vergleichbaren Rechtschutzes für eistiges Eigentum auferlegen. Der Deutsche Bundestag at bereits mit seinem Beschluss zum Antrag zu den ATS-Verhandlungen unter dem Titel „Bildung als öf- entliches Gut und kulturelle Vielfalt sichern“ seiner efürchtung Ausdruck verliehen, dass eine zu weit ge- enden Kommerzialisierung zentraler Dienstleistungs- ereiche – hier im Bildungs- oder Kulturbereich – sich ufgrund ökonomischer Renditeerfordernisse erheblich ozial differenzierend auswirkt und es zu einer Verringe- ung der Angebotsvielfalt kommt, da die Dienste- und ontentanbieter sich auf wenige lukrative Inhalte und ärkte konzentrieren werden. Die Gewährleistung von hancengleichheit beim Zugang zu Bildung, Informatio- en und Wissen sowie die Sicherstellung eines hohen ualitätsstandards im Bildungswesen gehören nicht nur n Europa zum Kernbereich staatlicher Daseinsvorsorge, ie durch übereilte Deregulierungsmaßnahmen nicht ge- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 75. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. November 2003 6551 (A) ) (B) ) fährdet werden darf. Sie ist auch in den Schwellen- und Entwicklungsländern eine Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Bewältigung des Wandels zur Informations- und Wissensgesellschaft. Hier sind zudem die Potenziale der neuen IuK-Technologien, über Vernetzungen und Kooperationen zu einem weltweit chancengleichen, ortsunabhängigen Zugang zu Bildungsinhalten beizutra- gen, bei weitem nicht ausgeschöpft worden. Insgesamt handelt es sich aber hierbei um einen lang- wierigen und mühevollen Meinungsbildungs- und An- passungsprozess der Politik wie des Rechts an eine nach wie vor hohe technische, wirtschaftliche und auch so- ziale Entwicklungsdynamik. Der Weltgipfel wird nicht umhinkommen, diesen Aspekt aufzugreifen. Ebenso il- lusorisch wäre es aber, von diesem Gipfel entscheidende Anreize zur Weiterentwicklung des internationalen Im- materialgüterrechts zu erwarten – dies ist auch gar nicht seine Aufgabe. Viertens gehen wir davon aus, dass parallel zur gesell- schaftlichen Bedeutung elektronischer Kommunikation auch der Schutz und die Sicherheit in Netzen an Bedeu- tung gewinnt. Der hinreichende Schutz von technischen Infrastrukturen und von Nutzerinnen und Nutzern vor Schadprogrammen wie Viren und Würmern oder vor Angriffen, die die Verfügbarkeit oder Funktionsfähigkeit beeinträchtigen oder unautorisierten Zugang zu oder gar Manipulation von sensiblen Inhalten erlauben, ist eine zentrale Akzeptanzvoraussetzung für die neuen IuK- Möglichkeiten. Ebenso ist die Verfügbarkeit und Leis- tungsfähigkeit der IuK-Netzwerke als Teil der kritischen Infrastrukturen moderner Gesellschaften – gerade in An- betracht der terroristischen Bedrohungen – zu gewähr- leisten. Zum Schutzaspekt zählt die Durchsetzung eines effektiven, modernen Datenschutzes ebenso wie die hin- reichende Befähigung der Nutzerinnen und Nutzer zum effektiven Selbstschutz, die Anreizbildung zum techni- schen Systemschutz und zur Förderung des Sicherheits- bewusstseins. Auch die internationale Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des Missbrauchs der Netze, etwa durch kriminelle Machenschaften, illegale Inhalte oder unaufgefordert zugesandte Werbemails – dem Spam- ming –, oder in der internationalen Strafverfolgung ist sicherlich weiter zu vertiefen. Was wir aber in globalen digitalen Netzen brauchen, sind nicht nationale Alleingänge in Law-and-order-Ma- nier, sondern die Schaffung belastbarer internationaler Mindeststandards etwa in Fragen des Datenschutzes, des Jugendschutzes, der Reichweite und Intensität der Ver- pflichtung unbeteiligter Dritter oder des Umgangs mit Spam und kriminellen Angeboten. Erste Anfänge sind mit den Datenschutzrichtlinien der EU oder mit der Cybercrime-Konvention des Europarates gemacht, aber zahlreiche kritische Fragen sind weiterhin offen. Die Voraussetzung für einen effektiven Selbstschutz, sei es des Individuums, des Unternehmens, der Forschungs- einrichtung wie der Behörde, ist allerdings, dass die Nichtregulierung kryptographischer Verfahren weiter- hin aufrechterhalten wird. Jede Relativierung, sei es Schlüsselhinterlegung oder anderes, wäre eine Einbruch- schneise und würde gerade europäische Sicherheits- und Wirtschaftsinteressen nachhaltig schaden. a W S d s d r „ c r d s s n W s s u d 5 n n h f E j t v t s u e t m r l t t m Z r r p S n A s t a s f f s g w V f k (C (D Fünftens bietet die globale Informationsgesellschaft us kultureller Perspektive ein großes Potenzial zur ahrung und Förderung der kulturellen Vielfalt und prachenpluralität in der Welt, wie es die UNESCO und er Europarat zurecht fordern. Die allgemeine Globali- ierungsdiskussion konzentriert sich seit Jahren auch auf ie Frage, ob es infolge der wirtschaftlichen Globalisie- ung sowie einer als westlich geprägt wahrgenommenen Globalisierungskultur“ zugleich zu einer Vereinheitli- hung der nationalen und lokalen Perspektiven, Erfah- ungs- und Handlungskontexte sowie Wertesysteme und amit einer Verringerung der globalen kulturellen Diver- ität kommt. Bezüglich der Informationsgesellschaft pricht gerade der Indikator Sprachverteilung der Inter- etnutzer und der Internetseiten deutlich für diese These. ährend 2001 Mandarin von knapp 900 Millionen Men- chen oder etwa 14,5 Prozent der Weltbevölkerung ge- prochen wurde, gefolgt von Spanisch mit 5,5 Prozent nd Englisch mit 5,3 Prozent, waren die Internetnutzer er OECD zufolge zu 45 Prozent englisch- sowie zu Prozent spanischsprachig. Chinesisch sprachen etwa ur 8 Prozent und Deutsch immerhin 6 Prozent der Inter- etnutzer. Noch eklatanter sind die Ungleichgewichte insichtlich der Sprachen, in denen die Webseiten ver- asst sind: Knapp 70 Prozent aller Internetinhalte sind in nglisch verfasst, gefolgt von je 6 Prozent deutsch- und apanischsprachigen Seiten. Nur 4 Prozent der Websei- en waren in Chinesisch und nur 2 Prozent in Spanisch erfasst. Die Dominanz des Englischen als neuer „digi- aler Universalsprache“ der globalen Informationsgesell- chaft ist also unabweisbar. Die kulturelle und sprachliche Vielfalt sowie lokale nd regionale Erfahrungszusammenhänge bilden aber ine Grundvoraussetzung für die Schaffung neuer, krea- iver Inhalte und innovativen Wissens. Die globale Infor- ationsgesellschaft bliebe inhaltsarm und weit hinter ih- en gesellschaftlichen Potenzialen zurück, wenn sie ediglich als kostensenkendes Transportmedium für Da- en oder effiziente rechtliche oder ökonomische Transak- ionen genutzt würde. Vielmehr bietet die globale Infor- ationsgesellschaft gerade durch die Senkung der utrittsbarrieren und Transaktionskosten weitaus breite- en Bevölkerungsgruppen die Möglichkeit, mit lokalen, egionalen oder gar individuellen Inhalten im Internet räsent zu sein – ihnen auch im digitalen Zeitalter eine timme zu geben. Wir benötigen spezifische Fördermaß- ahmen und internationale Kooperationsprojekte, die die nreize zur Produktion, Distribution und Nutzung ent- prechend vielfältiger kultureller Inhalte für die Informa- ions- und Wissensgesellschaft erhöhen. Hierbei sollte ber beachtet werden, dass aufgrund der Dominanz klas- ischer elektronischer Medien wie Fernsehen und Hör- unk in den Entwicklungsländern der Bedarf an Inhalten ür diese Medien nicht vernachlässigt werden darf – sie ind hier ein elementarer Bestandteil der Informations- esellschaft und als solche zu beachten. Sechstens schließlich sollten wir bei der Internetver- altung eher einer Evolution als einer Revolution den orzug geben, auch wenn sich an der Struktur und an der ehlenden Entscheidungstransparenz der ICANN viel ritisieren lässt. Die hinreichende Sicherstellung der 6552 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 75. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. November 2003 (A) ) (B) ) technischen Funktionsfähigkeit elektronischer Informa- tions- und Kommunikationsnetze und -dienste bildet da- bei eine Grundvoraussetzung für die Erfüllung weiter gehender Anforderungen in der globalen Informations- gesellschaft, von denen wir bisher gesprochen haben. Die wachsenden Anforderungen hinsichtlich der welt- weiten und sicheren Verfügbarkeit und Interoperabilität der neuen elektronischen IuK-Möglichkeiten richten sich aber primär auf technische und fachliche Koordina- tionsnotwendigkeiten und berühren – anders als die wei- teren Implikationen der globalen Informationsgesell- schaft – weitaus seltener politische Fragestellungen. Die ICANN weist insofern den richtigen Ansatz einer trans- nationalen Selbstverwaltungsplattform auf, die vor allem die Vorteile der fachlichen Nähe zwischen Regulierer und Regulierungsgegenstand und der geringen Reak- tionszeiten zu nutzen sucht. Eine völlige Übernahme der Internetverwaltung durch die internationalen Regierun- gen würde hingegen viele Vorteile der Selbstverwaltung aufgeben, ohne Alternativen mit einer belastbaren Aus- sicht auf Effektivitäts- und Effizienzgewinne der Inter- netverwaltung zu bieten. Dennoch – dies sollte in Genf mit Nachdruck disku- tiert werden – rückt die zunehmend grundlegende gesell- schaftliche und wirtschaftliche Bedeutung der elektroni- schen IuK-Möglichkeiten diese in die Nähe öffentlicher Güter und damit in den Aufgabenkatalog des National- staates zur Daseinsvorsorge. Diesem Umstand muss durch eine angemessene, gegebenenfalls zu stärkende Beteiligung der demokratisch legitimierten Regierungen an den ICANN-Entscheidungen hinreichend Rechnung getragen werden. Dringend notwendig ist vor allem – wie bereits von der Enquete Kommission „Globalisie- rung der Weltwirtschaft“ 2002 empfohlen – sowohl die Steigerung der Entscheidungstransparenz der ICANN- Gremien als auch eine echte Internationalisierung der ICANN selbst. Erst diese könnte die historisch bedingte US-amerikanische Dominanz in der Internetverwaltung in einem tragfähigen, auch die Schwellen- und Entwick- lungsländer angemessen berücksichtigenden internatio- nalen Verwaltungsmodell für die Rootserver, das Do- mainnamen-System und die IP-Adressen aufheben. Selbst dieser längere Problemaufriss war lediglich in der Lage, wenige Problemfelder zu adressieren und un- sere Vorstellungen dazu darzulegen. Wir werden nicht nur wiederholt mit diesen Fragestellungen konfrontiert werden; vielmehr bildet dieser Wandel zur Informations- gesellschaft einen wichtigen Kern der aktuellen nationa- len, europäischen oder internationalen politischen He- rausforderungen. Lassen Sie mich von dieser Stelle aus allen Delegierten und Staatsrepräsentanten alles Gute und viel Erfolg für den Weltgipfel wünschen. Im Januar, so hoffe ich, können wir die Ergebnisse in diesem Hause wieder diskutieren und hoffentlich über wesentliche Fortschritte auf dem Weg zur globalen digitalen Chan- cengleichheit berichten können. Dr. Martina Krogmann (CDU/CSU): Vom 10. bis 12. Dezember 2003 wird in Genf der UNO-Weltgipfel zur Informations- und Wissensgesellschaft stattfinden. Zahlreiche Regierungsdelegationen, Interessenvertreter, F c t r s h f g g Ü t C u g t s z K B l D W t k s z r W F u e f u N s T m n t W a B z m t k P g z s g m p w f k Z d (C (D achleute und – erstmals – Vertreter von nicht staatli- hen Organisationen werden auf dem World Summit on he Information Society, WSIS, Prinzipien für eine ge- echte Entwicklung der globalen Informations- und Wis- ensgesellschaft erarbeiten. Der Gipfel ist das bislang ochrangigste Treffen von Akteuren, die sich mit der In- ormationsgesellschaft befassen. Ziel des Gipfels ist es, lobale Entwicklungen zur Informations- und Wissens- esellschaft zu forcieren und dadurch insbesondere zur berwindung der so genannten digitalen Spaltung beizu- ragen. Der UN-Weltgipfel bedeutet also die große hance, als globale und zentrale Plattform einen Dialog nd Lösungsmöglichkeiten zwischen Vertretern der Re- ierungen, der Parlamente, der internationalen Organisa- ionen sowie den Akteuren der Zivilgesellschaft zu chaffen. Der Weltgipfel muss Perspektiven für die Nut- ung und weitere Entwicklung der Informations- und ommunikationstechnologie aufzeigen, die sowohl den elangen der Entwicklungs- als auch denen der Industrie- änder Rechnung tragen. Neben einer gemeinsamen eklaration der Staatengemeinschaft soll auf dem UNO- eltgipfel ein Aktionsplan für das globale Kommunika- ionszeitalter entwickelt werden, der die wichtigsten Zu- unftsschritte benennt und 2005 auf einer Folgeveran- taltung in Tunis überprüft werden kann. Auf dem Weltgipfel geht es also um eines unserer entralen Zukunftsthemen im 21. Jahrhundert: eine ge- echtere Entwicklung der globalen Informations- und issensgesellschaft. Es geht unter anderem um wichtige ragen der Grundrechte in der Informationsgesellschaft, m Cybersicherheit, geistige Eigentumsrechte, Fragen iner effektiven globalen Internetverwaltung, globale In- rastrukturen und Fragen des Zugangs zu Information nd Wissen, um die digitale Spaltung zu überwinden. ur wenn die internationale Staatengemeinschaft es chafft, die notwendigen politischen Strategien für eine eilhabe aller an den modernen Informations- und Kom- unikationstechnologien zu entwickeln, kann das heute och ungenutzte Potenzial zur Verbesserung der Produk- ivität und der Lebensqualität zum Nutzen der gesamten eltgesellschaft erschlossen werden. Hier liegen für uns lle enorme Chancen, deshalb ist der Gipfel von enormer edeutung. Umso schlimmer ist es, dass der Vorbereitungspro- ess, der sich nunmehr über zwei Jahre hinzieht, immer ehr ins Stocken gerät. Zur Stunde tagen die Delegier- en auf einer vierten außerordentlichen Vorbereitungs- onferenz, die notwendig geworden war, nachdem die repCom 3 wegen zu großer Interessendivergenzen ab- ebrochen werden musste, und versuchen zu retten, was u retten ist. Der WSIS-Prozess zur Weltinformationsge- ellschaft darf keinesfalls scheitern. Leider spiegelt diese negative Entwicklung das man- elnde Interesse und das völlig unzureichende Engage- ent der Bundesregierung im gesamten Vorbereitungs- rozess und damit an der gesamten Thematik des Gipfels ider. Da hilft auch der Antrag nicht, den die Koalitions- raktionen gewissermaßen in letzter Minute ohne kon- rete Punkte zur deutschen Position und den deutschen ielen auf dem Gipfel einbringen. Die CDU/CSU-Bun- estagsfraktion hat bereits im September in einer parla- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 75. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. November 2003 6553 (A) ) (B) ) mentarischen Initiative auf die Bedeutung des Gipfels hingewiesen und das Desinteresse der Bundesregierung kritisiert. Unsere große Sorge war schon damals, dass die Bundesregierung die Bedeutung dieses Gipfels nicht erkennt und dadurch wichtige Chancen auf dem Weg zur globalen Informations- und Wissensgesellschaft ver- passt. Heute müssen wir feststellen, dass wir mit unseren Befürchtungen leider Recht hatten: Desinteresse auf ganzer Linie! Dies ist tragisch. Denn die Chancen, die mit der Nut- zung der modernen Informations- und Kommunika- tionstechnologien verbunden sind, existieren bisher nur theoretisch. Der Handlungsbedarf auf internationaler Ebene ist enorm. Zwischen den reichen und den armen Staaten existieren enorme Ungleichheiten. Nur ein Bruchteil der Weltbevölkerung ist überhaupt in der Lage, die Vorteile des Internets zu nutzen. In vielen Ländern fehlen immer noch die infrastrukturellen und techni- schen Voraussetzungen. Während bei uns der Trend in- zwischen zum „Zweithandy“ geht, haben in den ärmsten 48 Ländern weniger als 50 von 1 000 Einwohnern über- haupt einen Telefonanschluss. Am Beginn des 21. Jahr- hunderts hat etwa die Hälfte der Weltbevölkerung noch niemals ein Telefongespräch geführt. Für die rund 6,5 Millionen Einwohner Ruandas gibt es weniger Tele- fon- und Modemanschlüsse als für die Mitarbeiter der Weltbank. Afrika insgesamt ist schwächer im Internet vertreten als die Stadt New York. Die immer schnelleren technologischen Umwälzun- gen bergen die Gefahr, dass sich die Kluft eher noch ver- stärkt und sich das Auseinanderdriften beschleunigt. Die Weltbank geht davon aus, dass sich ohne Gegensteuern der Rückstand der so genannten Latecomers, zu denen außer Südafrika alle Staaten Afrikas gehören, im Ver- gleich zu den führenden Nationen wie den Vereinigten Staaten oder der EU in den nächsten zehn Jahren sogar noch erheblich vergrößern wird. Und hinter dieser Ent- wicklung verbirgt sich natürlich enormer Sprengstoff für die regionale, aber auch die internationale wirtschaft- liche, soziale und politische Stabilität. Eine Grundvoraussetzung ist es, die Infrastruktur und grenzüberschreitende Netzwerke aufzubauen bzw. zu modernisieren. Dies ist eine wichtige Aufgabe der Nati- onalstaaten Doch es reicht natürlich längst nicht aus, Ka- bel in die Erde zu legen und Computer aufzustellen. Deshalb sind andere Themen auf der Agenda als not- wendige Maßnahmen auf dem Weg zur Vision einer glo- bal vernetzten Weltgesellschaft ebenso wichtig. Hier hätte die Bundesregierung große Chancen gehabt, wenn sie einen eigenen Beitrag formuliert und sich als Vorrei- ter betätigt hätte. Die Bundesregierung hätte sich aktiv für die Meinungs- und Informationsfreiheit einsetzen müssen. Sie hätte darauf hinwirken müssen, dass auf in- ternationaler Ebene Maßnahmen entwickelt werden, mit denen den Entwicklungsländern ein fairer Zugang zu Bildungsinhalten ermöglicht werden kann. Sie hätte die Chance gehabt, auf der internationalen Ebene auf die notwendige Schaffung von internationalen Mindeststan- dards bei Datenschutz und -Sicherheit, beim Jugendme- dienschutz und bei der Strafverfolgung in globalen Net- zen hinzuwirken. Sie hätte im Bereich der globalen I a T n z l S t n l p J m d e g d r d e i z s Z m d t z s w r d a k s n D h e e M h g a n – s a k s s (C (D nternet Governance darauf hinwirken müssen, ICANN ls Modell weiterzuverfolgen und gleichzeitig bessere ransparenz der Entscheidungen und eine stärkere Inter- ationalisierung der Selbstregulierungsorganisation hin- uwirken. Die Liste von wichtigen Themen und zentra- en Handlungsfeldern ließe sich beliebig erweitern. chließlich lassen sich Herausforderungen der Informa- ions- und Wissensgesellschaft durch die weltumspan- enden neuen Technologien zumeist wirklich nur global ösen. Die Bundesregierung hat es jedoch versäumt, Im- ulse zu setzen. Zudem hat sie in den vergangenen zwei ahren gerade einmal einen Mitarbeiter aus dem BMWA it der Vorbereitung der Konferenz betraut, während an- ere Länder, wie zum Beispiel Kanada oder Frankreich, igene Strategiegruppen eingerichtet haben, um einen ei- enen Beitrag vorzubereiten. So bleibt der fatale Ein- ruck auf internationaler Ebene, dass die Bundesregie- ung kaum Interesse für die globalen Herausforderungen er Informationsgesellschaft hat. Deutschland hat weder inen signifikanten eigenen Beitrag geleistet noch einen nhaltlichen Schwerpunkt gesetzt. Die Bundesregierung hätte den Weltgipfel zudem nut- en müssen, um den notwendigen Dialog mit der Wirt- chaft und den Akteuren der Zivilgesellschaft über die iele auf dem Weg in die globale sowie nationale Infor- ationsgesellschaft neu zu beleben Stattdessen hat sie ie Wirtschaft gar nicht eingebunden – und die engagier- en deutschen Vertreter der Zivilgesellschaft arbeiten in- wischen an einer eigenen Gipfelerklärung zur Infoge- ellschaft. Auch diese Chance für einen neuen Dialog urde also verpasst. Es bleibt zu hoffen, dass sich die Vorbereitungskonfe- enz auf eine Agenda für den Weltgipfel einigen kann, ie mehr als hohle Floskeln enthält. Leider sieht es so us, als ob große Chancen vertan werden. Der Bundes- anzler wird dennoch Anfang Dezember nach Genf rei- en. Aber zu einer bloßen Showveranstaltung vor Weih- achten sollte der Weltgipfel nicht missbraucht werden. Grietje Bettin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Im ezember findet in Genf – leider bislang noch weitge- end unter Ausschluss einer breiteren Öffentlichkeit – in Weltgipfel der Vereinten Nationen statt. Es ist der inzige in diesem Jahr. Thema – und das ist das Besondere – ist zum ersten al ausschließlich die „Informationsgesellschaft“. Ich offe sehr, dass dieser Gipfel die drängenden Fragen der lobalen Informations- und Kommunikationsgesellschaft uch wirklich aufgreift und diskutiert. Mir geht es in erster Linie um Vorschläge und Maß- ahmen zur Überwindung der digitalen Spaltung und ganz besonders wichtig – um die Anerkennung grund- ätzlicher Medien- und Kommunikationsfreiheiten, die uch Signalwirkungen auf totalitäre Systeme ausüben ann. Das Thema digitale Spaltung ist mittlerweile beinahe chon so etwas wie ein „Klassiker der Informationsge- ellschaft“. 6554 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 75. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. November 2003 (A) ) (B) ) Selbst in den Industrieländern – das gilt auch für uns – gibt es immer noch die Kluft zwischen denjenigen, die Zugang zu digitalen Informationen haben, und sol- chen, die keinen Zugang haben. Nach Berechnungen des Deutschen Institutes für Wirtschaftsforschung gab es im Frühjahr 1995 in Deutschland gerade einmal 250 000 Internetnutzer und -nutzerinnen. Im Mai 2003 waren es bereits knapp 39 Millionen. Dies bedeutet, dass aktuell etwa 47 Pro- zent der gesamten Bevölkerung in Deutschland online sind. Auch wenn diese Zahlen auf den ersten Blick be- eindruckend wirken, ist aber noch nicht einmal die Hälfte der Bevölkerung online. Die Überwindung der digitalen Spaltung ist eine der globalen Herausforderungen. Die gleichberechtigte Teil- nahme an der Informationsgesellschaft erfordert kom- plexe und keine einseitigen Lösungen. Technik oder Geld allein helfen nicht weiter, intelligente Strategien und internationale Kooperationen sind gefragt: Ich denke da an Satellitentechnik – Brasilien hat zum Beispiel damit angefangen, im ganzen Land Telefonzel- len mit Internetanschluss mittels Satelliten aufzustellen – oder aber an so genannte „Wireless Local Area Net- works“, die einen lokalen und sehr günstigen Internetzu- gang ermöglichen und zugleich die Selbstverwaltung fördern. Ich wünsche mir, dass auf diesem Gipfel auch Grund- und Menschenrechte ausführlich thematisiert werden: Dazu gehört vor allem ein international anerkanntes Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Datenschutz und der Schutz der Privatsphäre sind längst internationale Themen, mit denen sich die Weltge- meinschaft auseinander setzen muss. Datenschutz und Datensicherheit sind auf Dauer nur gewährleistet, wenn diese auch internationalen Standards entsprechen. Deutliche Antworten finden muss der Gipfel im Hin- blick auf die Frage, wer das Internet regiert. Die Entwicklungsländer haben auf dem Gipfel eine Initiative für eine Kontrolle durch die Vereinten Natio- nen gestartet. Es stellt sich vor dem Hintergrund unserer Erfahrung tatsächlich die Frage nach dem Sinn einer Re- gulierung auf nationaler Ebene. Ich erinnere nur an die absurden Versuche der Bezirksregierung Düsseldorf, Zensur im weltweiten Netz zu betreiben. Auch das nur scheinbar privatwirtschaftliche ICANN, die Institution also, die für die Vergabe von Internet- adressen zuständig ist, stellt für uns keine zukunftsfähige Lösung dar. Zu groß ist die Abhängigkeit von der ameri- kanischen Regierung, zu gering das Mitspracherecht der Internetnutzer und zu weit sind auch die Entwicklungen, Zonen außerhalb der Kontrolle von ICANN zu etablie- ren. Auf dem Gipfel werden auch handfeste finanzielle In- teressen zur Sprache kommen. Ich erwähne hier nur den Streit um die so genannten „Digital Solidarity Funds“, die den Anschluss auch der Entwicklungsländer an die virtuelle Weltgemeinschaft fördern sollen. Hier ist si- cherlich auch die Wirtschaft gefordert, ohne die momen- ta ig p d is G s h d a S b k a I d S r d d p s li R ti G D M f d m d f f O F H w z z n ü I d f s u M m (C (D n schwierige ökonomische Situation der IT-Branche zu norieren. Wenn bundesdeutsche Unternehmen sich als „global layer“ verstehen, dann sollten sie auch ein entsprechen- es Engagement für den Gipfel zeigen. Mein Eindruck t, dass die zivilgesellschaftliche Akteure im bisherigen ipfelprozess viel erreicht haben, während die Wirt- chaft sich bislang doch sehr zurück gehalten hat. Mit der Teilnahme von Gerhard Schröder am Gipfel at die Bundesregierung jetzt ein deutliches Zeichen für ie Bedeutung des Weltgipfels gesetzt. Ich hoffe, dass uch ebenso deutliche inhaltliche Akzente von deutscher eite gesetzt werden können. Es darf auf dem Gipfel keine thematischen Tabus ge- en, aus Angst vor dem Aufkündigen bestehender Ab- ommen und Übereinkünfte. Wir müssen den Weltgipfel ls Plattform nutzen, um gute Ideen für die Zukunft der nformationsgesellschaft zu diskutieren. Dazu gehört, ass neue Umgangsformen mit geistigem Eigentum zur icherstellung eines globalen Zugangs zu Wissen be- ücksichtigt und debattiert werden. Mein Credo: Wissen, as mit öffentlichen Mitteln generiert wurde, muss auch er Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. Ich möchte mich ebenfalls deutlich für das im Gipfel- rozess eingeforderte Recht auf Kommunikation aus- prechen. Insbesondere die neuen Medien eröffnen Mög- chkeiten, Meinungsfreiheit nicht nur passiv durch ein echt auf Information wahrzunehmen, sondern auch ak- v Informationen selbst zu verbreiten. Hier sollte der ipfel ein deutliches Zeichen hinsichtlich der weiteren urchsetzung des Menschenrechts auf Kommunikation, einungs- und Pressefreiheit setzen. Eindeutige Signale wünsche ich mir auch in Sachen reier Software, deren Schutz in den vorläufigen Entwurf er Gipfel-Deklaration aufgenommen wurde: Dies ist it Sicherheit eindeutig ein Erfolg der Zivilgesellschaft, er aber nichts bedeutet, solange nicht der Schutz von reier Software auch wirklich im Abschlussdokument estgeschrieben ist. Die Bundesregierung hat sich die Förderung von pen Source und freier Software immer wieder auf die ahnen geschrieben – deshalb hoffe ich, das mit unserer ilfe diesem wichtigen Anliegen Rechnung getragen erden kann. Es ist mir eine Herzensangelegenheit, dass der Gipfel um Wohle einer weltweit freien und allen Menschen ugänglichen Informationsgesellschaft ein Erfolg wird. Hans-Joachim Otto (Frankfurt) (FDP): Wenn im ächsten Monat in Genf die erste Runde des Weltgipfels ber die Informationsgesellschaft, World Summit on the nformation Society, WSIS, stattfindet, soll ein entschei- ender Grundkonsens für die Zukunft der globalen In- ormationsgesellschaft gebildet werden. Es wird das Ziel ein, einen juristischen, wirtschaftlichen, technischen nd auch politischen Rahmen für den Zugang von allen enschen weltweit zu Informationen und zu den Kom- unikationsnetzwerken zu schaffen. Wie schwierig sich Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 75. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. November 2003 6555 (A) ) (B) ) dieser Konsens jedoch gestaltet, zeigt das aktuelle Sto- cken der 3. Vorbereitungskonferenz für den Weltgipfel. Ein Grund dafür liegt sicherlich darin begründet, dass es dieser Gipfel nicht nur inhaltlich, sondern auch orga- nisatorisch Neuland betritt, indem sowohl die Zivilge- sellschaft als auch die Wirtschaft in einem so genannten Multi-Stakeholder-Prozess bewusst in den Beratungs- prozess mit eingebunden werden. Wir Liberale sind hier- für aufgeschlossen, jedoch muss sich die Praktikabilität noch erweisen. Angesichts dieses neuen Verfahrens ist es umso wich- tiger, mit ganz präzisen inhaltlichen Positionen den Weltgipfel vorzubereiten. An Präzision aber mangelt es dem Antrag von SPD und Grünen. Er ist ein langatmiger „Gutmenschen-Antrag“ mit blumigen Wunschformulie- rungen, die niemandem weh tun. Ich vermisse zum Bei- spiel eine unmissverständliche Absage an die Zensur- maßnahmen in zahlreichen Ländern. Bundeskanzler Schröder hat sich entschlossen, per- sönlich an diesem Weltgipfel teilzunehmen. Das ist gut so. Der behandelte Antrag ist quasi das Reisegepäck, das ihm der Bundestag nach Genf mitgibt. Das Gepäck ist umfangreich, leider aber nicht sehr hilfreich: Viel heiße Luft! Dennoch wünschen wir diesem Gipfeltreffen im Interesse einer Chancengleichheit in der globalen Infor- mationsgesellschaft jeden erdenklichen Erfolg. Ohne einen freien Zugang zu den Möglichkeiten der Informationsgesellschaft ist heute ein kultureller und wirtschaftlicher Austausch kaum mehr möglich. Der „di- gitale Graben“ zwischen Nord und Süd muss überbrückt werden; denn er stellt ein beträchtliches Hindernis für die weltweite ökonomische und soziale Entwicklung dar. Wir hoffen daher, dass die Bundesregierung dem pro- grammatischen Titel dieses Antrages folgt und ganz konkret auf den Erfolg des Weltgipfels in Genf Einfluss nimmt. Um dieses Ziel zu fördern, stimmen wir dem An- trag trotz seiner oben geschilderten Schwächen zu. Anlage 5 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Baugesetzbuches (Kommunale Rechte bei Windkraftanlagen stärken) (Tages- ordnungspunkt 14) Wolfgang Spanier (SPD): Eine Gruppe von Abge- ordneten beantragt die Änderung des Baugesetzbuchs, um die kommunalen Rechte bei Windkraftanlagen zu stärken. Zunächst einmal, liebe Kolleginnen und Kolle- gen, wird auch Ihnen dieser Antrag bekannt vorkommen. Ein nahezu identischer Gesetzentwurf ist bereits am 16. Mai 2002 in den Deutschen Bundestag eingebracht worden, damals allerdings noch von 80 Abgeordneten unterstützt. In der Zwischenzeit ist die Zahl geschrumpft auf 50 Abgeordnete. Sozusagen in Familientradition hat der Nachfolger von Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten, nämlich der Abgeordnete Christian Freiherr von Stetten, diesen Gesetzentwurf gleichsam als Vermächtnis seines V A d z l B s u u D g g ä w v t Z s f k V v s h s D g h E S I D m G e h f s m B s p k w n K g t d W e W e E z i (C (D aters erneut in den Deutschen Bundestag eingebracht. uffallend ist, dass offensichtlich die CDU/CSU-Bun- estagsfraktion nicht bereit war, diesen Gesetzentwurf u übernehmen; offensichtlich ist auch, dass die Fachpo- itikerinnen und Fachpolitiker der Union im zuständigen undestagsausschuss Verkehr, Bau- und Wohnungswe- en, bis auf drei Ausnahmen, diesen Gesetzentwurf nicht nterstützen. Dafür gibt es auch gute Gründe. Sie wissen, dass eine mfassende Novellierung des Baugesetzbuchs ansteht. ie parlamentarischen Beratungen werden in Kürze auf- enommen. Und deshalb macht es keinen Sinn, im Vor- riff auf die Novelle einzelne Regelungen vorab zu ndern. Das gilt übrigens nicht nur für diesen Gesetzent- urf, sondern auch für weitere, die möglicherweise noch orgelegt werden. Wir sollten in einem geordneten Bera- ungsverfahren alle Änderungswünsche zum BauGB im usammenhang beraten, abwägen und entscheiden. Das ehen offensichtlich auch die CDU/CSU-Bundestags- raktion und die überwiegende Mehrheit der Fachpoliti- erinnen und Fachpolitiker in der Union so. Auch inhaltlich ist dieser Gesetzentwurf überflüssig. ielleicht ist den Unterzeichnern entgangen, dass der orliegende Gesetzentwurf zum Europarechtsanpas- ungsgesetz Bau Vorschläge macht, um die Planungsho- eit der Kommunen zu stärken, und zwar im Unter- chied zum Gruppenantrag in einer sinnvollen Weise. ie vorgeschlagene Neuregelung im § 35 Abs. 3 soll er- änzende Möglichkeiten schaffen, um privilegierte Vor- aben im Außenbereich durch Ausweisung von Vorrang-, ignungs- oder Belastungsflächen zu steuern. Diese teuerungsmöglichkeiten werden jedoch erst mit dem n-Kraft-Treten des Flächennutzungsplans wirksam. ies ist eine neu eingeführte planerische Steuerungs- öglichkeit im Flächennutzungsplan. Damit haben die emeinden das Recht, beabsichtigte Planungen durch ine befristete Zurückstellung von Baugesuchen für Vor- aben nach § 35 Abs. 1 Nrn. 2 bis 6, während eines Ver- ahrens zur Ergänzung des Flächennutzungsplanes zu ichern. Über die Flächennutzungsplanung können Ge- einden die Ansiedlung privilegierter Anlagen, zum eispiel Biomasse oder Windkraft, steuern. Dieser Vor- chlag ist eine sinnvolle Grundlage für unsere künftige arlamentarische Beratung. Dass im Gruppenantrag lediglich auf die Stärkung ommunaler Rechte bei Windkraftanlagen abgehoben ird, ist ein Beleg dafür, dass es den Antragstellern gar icht um bessere planungsrechtliche Instrumente der ommunen geht, sondern dass sie sich grundsätzlich ge- en Windkraftanlagen stellen. Auch hier hinken die An- ragsteller der Entwicklung hinterher. Windkraft trägt erzeit zu rund 3,5 Prozent zur Stromerzeugung bei. indstrom stellt gut 40 Prozent der Stromerzeugung aus rneuerbaren Energien, übrigens rund 50 Prozent die asserkraft. 2003/2004 werden Wasser und Wind in twa gleich aufwiegen. Der Antrag aller erneuerbaren nergien am Primärenergieträgermix beträgt rund 3 Pro- ent, der Windstromanteil knapp 0,5 Prozent. Ihre Kritik an einer angeblich überzogenen Förderung st überholt. Wir legen einen Gesetzentwurf vor mit 6556 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 75. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. November 2003 (A) ) (B) ) folgenden zentralen Punkten: Künftig werden nur noch Windstandorte gefördert, an denen mindestens 65 Pro- zent des gesetzlich vorgegebenen Referenzertrages er- reicht werden. Das bedeutet, dass circa 25 Prozent der potenziellen Binnenlandstandorte aufgrund schwacher Windverhältnisse nicht mehr durch das EEG förderfähig sind. Gleichzeitig wird ein zusätzlicher Anreiz für das Repowering an guten Küstenstandorten geschaffen. Da- mit wird der Ersatz alter, weniger effizienter Windkraft- anlagen, die bis Ende 1995 in Betrieb gegangen sind, durch neue, bessere Anlagen geschlossen. Die Degres- sion der Windförderung wird verstärkt. Künftig werden die Einspeisevergütungen jährlich um 2 Prozent sinken. Wir setzen auf die erneuerbaren Energien, wir setzen darauf, dass sie einen bedeutenden Beitrag leisten zu einer ökologisch sinnvollen Energieversorgung in unse- rem Land. Wir haben große Hoffnungen, dass im Off- shore-Bereich neue Chancen für die Nutzung der Wind- kraft eröffnet werden können. Ich habe den Eindruck, dass Sie unterschwellig, trotz eines Lippenbekenntnisses in Ihrem Antrag zu den er- neuerbaren Energien, nicht konsequent auf den Ausbau und die Förderung erneuerbarer Energien setzen, weil Sie letztlich doch in erster Linie auf den Erhalt und Aus- bau der Kernenergie setzen. Ich glaube, es ist deutlich geworden, dass dieser Antrag vor allem eines ist, näm- lich überflüssig. Es ist schon auffällig, dass ein Aspekt offensichtlich überhaupt keine Rolle spielt – nämlich die Frage der Be- einträchtigung der Wohnbevölkerung durch Windkraft- anlagen. Dieser Konflikt ist vor Ort wirklich ernst zu nehmen. Deshalb haben wir zurecht den Gemeinden bereits jetzt rechtliche Steuerungsmöglichkeiten für Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen gegeben. Dass wir darüber hinaus insgesamt im Bauge- setzbuch die Steuerung privilegierter Vorhaben im Au- ßenbereich neu regeln wollen, darauf habe ich schon hingewiesen. Ich freue mich auf intensive Beratungen des Europa- rechtsanpassungsgesetzes Bau im Fachausschuss. Veronika Bellmann (CDU/CSU): Für eine moderne Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft ist eine si- chere, umweltgerechte und wirtschaftliche Energiever- sorgung von höchster Bedeutung. Alle drei genannten Eigenschaften sind dabei als gleichrangig anzusehen. Meiner Meinung nach entspricht die Windkraft grund- sätzlich leider keiner dieser drei Kriterien. Auch wenn es paradox klingt, aber sie ist weder generell umwelt- freundlich, noch sicher und erst recht nicht wirtschaft- lich. Doch eines nach dem anderen. Seit Jahren wird durch die Bundesregierung versucht, den Anteil der regenerativen Energien an der Energie- versorgung zu steigern. Die Intention ist dabei – auch im Hinblick auf das Kioto-Abkommen – zu begrüßen, die Umsetzung allerdings, wie bei vielen Projekten der Bun- desregierung, nicht. Durch das Erneuerbare-Energien- Gesetz im höchsten Grade subventioniert, soll vor allem die Windkraft künstlich gefördert werden. Und auf den e s g d g n s d b m s h u – d Z t D B A l ü b g n n w z E t f p B i w v k i d v P w d a ü s e i u n W s g d w (C (D rsten Blick gelingt dies ja auch prächtig. Schon jetzt tehen in Deutschland 14 000 Windräder, bis 2020 sollen anze 25 Prozent der Energie aus Wind gewonnen wer- en. Dass dieses Ziel erreichbar ist, daran darf allerdings ezweifelt werden. Denn trotz der enormen Subventio- ierung tun sich die Investoren immer schwerer, pas- ende Standorte zu finden. Das liegt unter anderem an en inzwischen über 500 Bürgerinitiativen, die sich ge- ildet haben, um die weitere Verschandelung ihrer Hei- at zu verhindern. Sogar Naturschützer beklagen inzwi- chen die „Verspargelung“ der Landschaft. Doch nicht nur optisch stellen die bis zu 130 Meter ohen Windräder eine Beeinträchtigung dar. Für Vögel nd Fledermäuse sind diese Räder hochgradig gefährlich zum einen durch die Rotoren selbst und zum anderen urch den Einfluss der Rotoren auf die Flugroute der ugvögel. Sie können nicht in der Nähe der Anlagen ras- en, denn sie werden durch den Schattenwurf irritiert. er Lärm der Anlagen ist so erheblich, dass beim – von undesminister Trittin angestrebten – Bau von Offshore- nlagen sowohl Vögel als auch Meeressäuger empfind- ich gestört würden. Lärm und Schattenwurf sind brigens auch für die betroffenen Menschen höchst pro- lematisch und belastend. So genannte Bewegungssug- estionen werden in der aktuellen Forschung als ernst zu ehmende Emission gewertet. Ein beträchtliches Sicherheitsrisiko ist auch die tech- ische Anfälligkeit der Anlagen. Die enormen Kräfte, elche auf die Windräder wirken, führen immer wieder u Ausfällen und sogar zum Abreißen der Rotorköpfe. in Einsatz in Offshore-Anlagen ist bisher kaum realis- isch. Wenn man nicht so dilettantisch wie bei der Ein- ührung der LKW-Maut vorgehen will, ist eine Test- hase von mindestens drei Jahren unter realistischen edingungen notwendig. Kommen wir zur Wirtschaftlichkeit. Die Windkraft st – wenig überraschend – vor allem von einer Naturge- alt abhängig: dem Wind. Sie kann also nur dort sinn- oll zum Einsatz gelangen, wo möglichst stabile und onstante Windverhältnisse herrschen Der Haken daran st allerdings, dass das deutsche Binnenland in der EU er Bereich mit den durchschnittlich schwächsten Wind- erhältnissen ist. Damit stellt sich das grundsätzliche roblem, dass Windenergie in Deutschland nur an sehr enigen Standorten ökonomisch effizient betrieben wer- en kann. Weht der Wind zu schwach, so reicht er nicht us, die Reibungs- und Trägheitsmomente der Anlage zu berwinden – die Anlage steht still. Weht er zu stark, ind die Lasten auf den Rotor zu groß – die Anlage steht benfalls still. Eine kontinuierliche Stromversorgung ist nsofern mit Windenergie in Deutschland nicht möglich! Da aber eine solche kontinuierliche Stromversorgung nbedingt notwendig ist, müssen weiterhin konventio- elle Kraftwerke betrieben werden, die einen Ausfall des indstroms kompensieren Der Vorteil der Ressourcen- chonung durch Windenergie wird also verschwindend ering, wenn eine Windenergieanlage nicht alleine, son- ern nur im Zusammenspiel mit konventionellen Kraft- erken betrieben werden kann. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 75. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. November 2003 6557 (A) ) (B) ) Doch dank der Subventionen durch das EEG wurden und werden trotz dieser großen Nachteile tausende Windräder aus dem Boden gestampft – egal, ob in wind- armen oder windreichen Gegenden. Denn die Förderung für Windkraftanlagen ist nicht unmittelbar an Standorte geknüpft. Ausschlaggebend für die Förderung ist der so genannte Referenzertrag. Je besser der ist – also je wirt- schaftlicher eine Anlage arbeitet –, desto geringer fällt die Forderung aus. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass schlechte Windstandorte, etwa im Binnenland, länger und damit besser gefördert werden als gute, zum Beispiel an der Küste, da diese aufgrund des erzielten Referenzertrages nur für eine kurze Zeit Förderung erhalten – eine voll- kommen widersinnige Vorgehensweise! Ein weiterer Zubau von Anlagen an windungünstigen Standorten im Binnenland ist weder ökologisch noch ökonomisch sinn- voll! Statt weiterhin die Verspargelung unserer windarmen Heimat zu fördern, sollten wir viel eher größeres Augen- merk auf den Export der Technologien in windreiche Re- gionen Spaniens, Großbritanniens, Italiens, Frankreichs, Norwegens usw. legen. Das käme dem Wirtschaftsstand- ort Deutschland zugute. Windenergie wird in Deutschland erst ein marktfähi- ges Produkt sein, wenn es gelingt, die produzierte Ener- gie zu speichern. Bis die Wissenschaft dies ermöglichen kann, müssen vor allem die Gemeinden in ihren Rechten gegenüber den Betreibern von Windenergieanlagen ge- stärkt werden. Die in diesen Angelegenheiten noch uner- fahrenen Gemeinden und Gemeinderate wurden bisher meist einseitig über vermeintlichen ökologischen Nutzen informiert und stimmten leichtfertig zu. Doch selbst wenn Sie sich über die Folgen im Klaren waren – die rechtliche Situation der Gemeinden war und ist oft zu schwach, um den Bau von Windkraftanlagen zu verhin- dern. Viele Gemeinden werden aufgrund einer unstim- migen Rechtsprechung empfindlich in ihrer Planungsho- heit verletzt, weil sie im guten Glauben, nicht tangiert zu sein, die Möglichkeiten der Überleitungsvorschriften für Vorhaben im Außenbereich, gemäß Baugesetzbuch, nicht genutzt haben. Ziel unseres Gesetzentwurfs ist es daher, die Gemein- den, Regionalverbände oder anderen Planungsgemein- schaften in ihrer Planungshoheit zu stärken und so vor Ort eine ausgewogene Energiepolitik zu ermöglichen. Darüber hinaus muss schleunigst die Förderung der re- generativen Energien durch das EEG korrigiert werden, auch um die EU-Richtlinie zur Verdoppelung des Anteils erneuerbarer Energien an der Gesamterzeugung sicher- zustellen. Die Union bekennt sich seit Jahren zu diesem Ziel. Mit dem Stromeinspeisungsgesetz von 1991 haben wir bereits zehn Jahre vor der EU-Richtlinie die Grundlagen für die breite Anwendung erneuerbarer Energien in der deutschen Stromversorgung geschaffen. Die CDU/CSU unterstützt allerdings auch mit Nachdruck die von der EU in der Richtlinie angestrebten Ziele der Wettbe- werbsfähigkeit, der Begrenzung der Kosten für den Ver- braucher sowie der mittelfristigen Notwendigkeit zur V w t b e T f n t l d W g r r v G g l m U h r s e w m u f i s 2 d D l a n f C h n E c b s 2 n g e h p D d m e (C (D erringerung öffentlicher Unterstützung. Hierbei sollten ir uns an die von der EU vorgegebenen Kriterien orien- ieren: Vereinbarkeit mit den Prinzipien des Elektrizitäts- innenmarktes, Berücksichtigung der verschiedenen rneuerbaren Energiequellen, der unterschiedlichen echnologien und geographischen Gegebenheiten, Ein- achheit und Transparenz und vor allem Effizienz! Eine ach den unterschiedlichen Energieträgern differenzier- ere Förderung ist Grundlage für ökonomische und öko- ogische Effizienz und damit für das Erreichen des Ver- opplungszieles. Eine Überforderung wie bei der indkraft muss schleunigst beendet werden. Die geo- raphischen Gegebenheiten müssen endlich stärker Be- ücksichtigung finden. Außerdem muss die undifferenzierte Subventionie- ung mittels Einspeisevergütung fallen. Sinnvoller wäre ielmehr eine Vergütung, die sich aus einer festgesetzten rundvergütung plus Marktpreis zusammensetzt. Auf- rund seiner Abhängigkeit vom Marktpreis wäre der An- agenbetreiber gezwungen, sein Produkt selbst zu ver- arkten, was wiederum Wettbewerbsfähigkeit bedingt. nd es werden nur diejenigen Anlagen wettbewerbsfä- ig sein können, die durch standortnahe Erzeugung ge- inge Kosten aufweisen oder die wirklich gute Wind- tandorte darstellen. Letztendlich muss es das Ziel sein, ine Schaffung von Dauersubventionen – wie beispiels- eise seinerzeit bei der Steinkohle – zu verhindern. Da- it täten wir den Herstellern, Betreibern, Verbrauchern nd nicht zuletzt der Technologie langfristig keinen Ge- allen. Peter Hettlich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Als ch mich auf diese Rede vorbereitete und mir den Ge- etzentwurf auf Drucksache 15/513 vom 28. Februar 003 näher anschaute, musste ich überrascht feststellen, ass er beinahe wortwörtlich dem Gesetzentwurf auf rucksache 14/9132 vom 16. Mai 2002 entspricht. Al- erdings fiel mir dann doch ein signifikanter Unterschied uf: War in der letzten Wahlperiode noch der Abgeord- ete Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten der feder- ührende Anstragsteller, so zeichnet jetzt sein Sohn hristian Freiherr von Stetten dafür verantwortlich. Das at mich erneut überrascht, denn ich wusste bis heute och nicht, dass Gesetzentwürfe vererbt werden können. s bliebe nur noch zu klären, ob dieser Vorgang mögli- herweise erbschaftsteuerpflichtig ist. Der Gesetzentwurf ist allerdings durch seine Verer- ung keinen Deut besser geworden. Der Bundestag hat eine mangelnde Qualität bereits in der Debatte vom 7. Juni 2002 festgestellt, weswegen sich die Kollegin- en und Kollegen von der Opposition schon die Frage efallen lassen müssen, warum wir diese Debatte heute rneut führen dürfen. Es ist schon auffällig, dass ich die meisten von Ihnen eute Morgen bei den großen Debatten über die Energie- olitik und über den Emissionshandel vermisst habe. ies zeigt deutlich, welchen wirklichen Stellenwert Sie er erneuten Einbringung Ihres Gesetzentwurfes einräu- en und wie ehrlich Sie es mit der Förderung von erneu- rbaren Energien halten. 6558 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 75. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. November 2003 (A) ) (B) ) Sie irren sich, wenn Sie die Neufassung des § 35 Abs. 1 Nr. 6 im BauGB aus dem Jahre 1995 dahin ge- hend interpretieren wollen, dass hiermit eine Privilegie- rung zugunsten der Windenergie herbeigeführt werden sollte. Es ging der damaligen CDU/CSU/FDP-Regie- rung lediglich darum, die Gleichbehandlung der Wind- energie mit anderen Stromerzeugungsanlagen sicherzu- stellen. Das war dringend erforderlich. Mit Ihrem Gesetzentwurf machen Sie deutlich, dass Sie sich als der Motor einer Lobby verstehen, die land- auf, landab mit fadenscheinigen Argumenten gegen eine „Verspargelung der Landschaft“ antritt, in Wahrheit aber Fundamentalopposition gegen eine Energiewende insge- samt und insbesondere gegen die Windenergie betreibt. Und da Sie seit nunmehr fünf Jahren nicht mehr die Bundesregierung stellen, versuchen Sie ihren Einfluss auf die nationale Energiepolitik über die Kommunen und das Planungsrecht geltend zu machen. Dabei instrumen- talisieren Sie ausgerechnet die Planungshoheit der Kom- munen, die wir von Bündnis 90/Die Grünen als ein ho- hes und zu erhaltendes Gut ansehen. Wir wissen sehr wohl, dass es an bestimmten Standor- ten durchaus ernstzunehmende Konflikte zwischen Windenergieerzeugern, Bürgerinteressen und Natur- und Landschaftsschutzbelangen gibt. Daher ist es auch rich- tig, dass die Kommunen einen offenen und nachvoll- ziehbaren Abwägungsprozess vornehmen müssen. Aber die Kommunen haben damit auch eine Verantwortung zugesprochen bekommen, die nicht dazu führen kann, dass eine Ausweisung von Vorranggebieten für die Windenergie generell verweigert wird. Konflikte müssen in einer transparenten und bürger- freundlichen Bauleitplanung im Vorfeld erkannt und ausgeräumt werden. An diesem funktionierenden Pla- nungsinstrument darf daher nicht gerüttelt werden. Ich kann Ihnen übrigens eine Menge Beispiele liefern, wo genau diese Planungsinstrumente eben nicht dazu geführt haben, dass zum Beispiel Natur- und Land- schutzbelange berücksichtigt wurden. In meinem Land- kreis Torgau-Oschatz wurden schon so häufig Flächen aus Landschaftsschutzgebieten ausgegliedert, um an- schließend dort Gewerbe- oder Industriegebiete auswei- sen zu können, dass ich mittlerweile den Überblick verloren habe. Und der regionale Planungsverband Westsachsen mußte sich am Mittwoch vom Oberverwal- tungsgericht Bautzen bescheinigen lassen, dass der von ihm aufgestellte Braunkohleplan für den Tagebau Schleenhain null und nichtig ist. Ausgerechnet dieser Planungsverband hat sich aber in der Vergangenheit als eifriger Streiter gegen die Windenergie hervorgetan, was sich auch in seiner Regionalplanung mit nur wenigen Alibivorranggebieten niedergeschlagen hat. Man hatte aber andererseits nichts dagegen einzuwen- den, dass im Südraum von Leipzig riesige Flächen de- vastiert und viele Menschen aus ihren Siedlungen ver- trieben worden sind und noch vertrieben werden sollen, wie zum Beispiel in Heuersdorf. Oder reden wir doch einmal über die Hunderte von Hochspannungsmasten, die hier die Landschaft tatsächlich zerspargeln, oder die r k d i w m a e u K n g g t w s W e c d s s a W v w s U B W m D t d i z d a i l m S k d g s n w s d E s (C (D iesigen Wolken aus den Kühltürmen des Braunkohle- raftwerks Lippendorf, die selbst bei schönem Wetter en Himmel der Stadt Zwenkau eintrüben. Von der CDU n Sachsen vernehme ich da keinen Aufschrei. Aber enn es um Windkraftanlagen geht, stehen sie alle ge- einsam auf den Barrikaden. Und das nennen Sie eine usgewogene Energiepolitik, die Sie mit Ihrem Gesetz- ntwurf erreichen wollen? Das ist die pure Heuchelei nd das werfe ich auch Ihrem Gesetzentwurf vor. Da nützt es auch nichts, wenn Sie mit Blick auf Ihre lientel in der Land- und Forstwirtschaft versuchen, och die Kurve zu den regenerativen Energie zu krie- en, indem Sie die Förderung von Wasserkraft-, Bio- as-, Solar- und Holzhackschnitzelanlagen befürwor- en. Da brauchen Sie uns zu nichts mehr aufzufordern, enn ich Sie auf die Vergütungssätze im EEG hinwei- en darf. Nehmen Sie endlich zur Kenntnis, dass die indenergie den weitaus größten Anteil an den erneu- rbaren Energien stellt und im Hinblick auf die Errei- hung unsere Klimaschutzziele unverzichtbar gewor- en ist. Darüber hinaus spricht die Zahl von 130 000 neu ent- tandenen Arbeitsplätzen in diesem Energiesektor für ich. Ich würde mir wünschen, dass es davon noch mehr uch in meinem Bundesland Sachsen und in meinem ahlkreis gäbe. Marita Sehn (FDP): Windkrafträder sind hochsub- entioniert, ökologisch kontraproduktiv, tragen kaum et- as zur allgemeinen Energieversorgung bei und ver- chandeln die Landschaft – das schreibt der SPD- mweltminister des Landes Brandenburg, Wolfgang irthler, in der „taz“. Diese einseitige Verteufelung der indenergie, wie sie hier von einem SPD-Umwelt- inister vorgenommen wird, kann ich so nicht teilen. ie Windkraft bietet Chancen, die auch wir nutzen soll- en. Dabei sollte es eigentlich selbstverständlich sein, ass Windkrafträder dort aufgebaut werden, wo kontinu- erlich starker Wind herrscht. Aber wir müssen zunehmend feststellen, dass die Ak- eptanz für Windenergieanlagen in der Bevölkerung rastisch abnimmt. Dafür gibt es mehrere Gründe. Unter nderem können es viele Menschen nicht verstehen, dass n Regionen, in denen der Wind nicht ständig weht, An- agen, hochsubventioniert, aufgebaut werden. Bedenkt an, dass sie nur an durchschnittlich 77 Tagen im Jahr trom erzeugen und die restlichen 288 Tage stillstehen, ann zumindest ich dies nachvollziehen. Niemand beschwert sich über ein oder zwei Windrä- er. Aber wenn in einigen ursprünglich sehr schönen Ge- enden das Landschaftsbild nicht mehr von der Natur, ondern von grauen, stillstehenden Windmühlen domi- iert wird, dann ist etwas falsch gelaufen. Es geht nicht um ein Verbot der Windenergie. Wir ollen einen Ausbau, der dem Anspruch einer ökologi- chen Energieerzeugung gerecht wird. Nicht auf Kosten er Menschen, der Natur und der Landschaft, sondern im inklang mit den Menschen, der Natur und der Land- chaft. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 75. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. November 2003 6559 (A) (C) (B) ) Und dazu bedarf es einiger gesetzlicher Änderungen: Als besonders fatal für den geordneten Ausbau der Windenergie hat sich die Privilegierung im Außenbe- reich nach § 35 Baugesetzbuch erwiesen. Sie hat dazu geführt, dass Gemeinden und Kommunen, die nicht über die notwendigen planerischen Kapazitäten verfügen, kaum eine Steuerungsmöglichkeit für den geordneten Ausbau der Windenergie haben.Wer will, der kann – das mag ein taugliches Motto für den Wilden Westen gewe- sen sein, aber als Grundlage für den Ausbau der Wind- energie in einem dicht besiedelten Land ist das nichts anderes als staatlich sanktioniertes Mobbing der Bürge- rinnen und Bürger. Aber genau das passiert zur Zeit in vielen Bundeslän- Die Windenergie entwickelt sich aber auch zu einem gefährlichen Spaltpilz in den Gemeinden des ländlichen Raumes. Sie teilt die Dörfer in Profiteure, die ihr Grund- stück zu guten Preisen an Windanlagenbetreiber ver- pachten, und die Bewohner der betroffenen Ortschaften, die mit den Folgen zu kämpfen haben. Und diese sind nicht unerheblich. So führt eine Windenergieanlage in Grundstücksnähe zu einem erheblichen Wertverlust der benachbarten Grundstücke und Häuser. Bei allem Ver- ständnis für die Windenergie, aber wer will so ein Ding schon vor der Terrasse stehen haben? Sie vielleicht? Außerdem führt der wilde Ausbau der Windenergie zu regelrechten Schildbürgerstreichen zwischen den Kommunen. Windanlagen werden möglichst an der dern, unter anderem auch in Rheinland-Pfalz. Nachdem der regionale Raumordnungsplan für die Region Mittel- rhein-Westerwald von Gerichten für nichtig erklärt wurde, herrscht momentan eine planerische Anarchie. Ein wichtiges Regulierungsinstrument für die geordnete Ansiedlung von Windenergieanlagen fällt also derzeit aus. Diese Situation wird gezielt von Windkraftunter- nehmen genutzt, um massiv Anträge für die Errichtung neuer Anlagen einzureichen. Die Antragsteller haben ei- nen Anspruch auf Genehmigung, wenn keine anderen öffentlichen Belange entgegenstehen. In einigen Ge- meinden liegen Anträge für bis zu 80 Windenergieanla- gen vor. Das hat nichts mehr mit der idyllischen Mühle zu tun, die am rauschenden Bach klappert. Das ist der Einstieg in eine industrielle Windradbrache. Stellen Sie sich ein- mal vor, Sie wohnen in einer kleinen Ortschaft, um- zingelt von 80 gigantischen Windrädern. Ich kann Ihnen sagen, wenn die Bürgerinnen und Bürger einen Zauber- trank hätten, sie würden am liebsten alles kurz und klein hauen. „Die spinnen, die Politiker", das sagen sie dort ohnehin schon. Bitte stellen Sie sich einmal eine kleine Ortschaft vor, umringt von Windenergieanlagen, die oftmals höher sind als der örtliche Kirchturm. Das hat nichts mehr mit natur- und landschaftsverträglich zu tun – das ist die sys- tematische Zerstörung einer Kulturlandschaft. Ich möchte mal sehen, wie schnell sich die Einstellung der Bundesregierung zur Windenergie ändert, wenn im Ab- stand von 500 Meter um das Bundeskanzleramt oder in Hannover 80 Windräder stehen würden. Ein Machtwort wäre fällig! Frau Doris Schröder-Köpf, übernehmen Sie! G S b F b d d d h W d K s s e W a l w r u e Z e W s d (D renze zur Nachbargemeinde gebaut. Genau wie etliche taaten gerne ihre Atommeiler an der Grenze zum Nach- arstaat bauen, genauso geht es mit der Windenergie. rei nach dem Cattenom-Prinzip: Selber die Vorteile ha- en und die Nachteile den anderen zuschustern. Das hat och nichts mit umweltfreundlichen Energien zu tun – as ist der Wilde Westen, nur dass der dieses Mal auf em Hunsrück liegt. Windenergie lässt sich eben nicht nur auf einem abge- obenen politischen Niveau diskutieren. Der Ausbau der indenergie hat eine erhebliche lokale Dimension und ieses sollten wir nicht länger ignorieren. Das wichtigste apital der erneuerbaren Energien ist ihr Image als anfte und umweltgerechte Energie. Dieses Kapital zer- tören Sie, wenn Sie weiterhin den Ausbau der Wind- nergie in Wildwestmanier fördern. Der vorliegende Entwurf ist eine ausgestreckte Hand. ir wollen Windenergie nicht verhindern. Wir wollen ber, dass der Ausbau landschafts-, umwelt- und vor al- em auch menschenverträglich vorgenommen wird. Wir ollen erreichen, dass den Gemeinden die Zeit einge- äumt wird, die sie für die Planung eines landschafts-, mwelt- und menschenverträglichen Ausbaus der Wind- nergie benötigen. Wir fordern von Ihnen nicht viel, sondern ein kleines eichen, dass Sie trotz aller Begeisterung für die Wind- nergie auch die Sorgen und Nöte der Betroffenen sehen. ir wollen nicht, dass Sie die Energiewende anordnen, ondern gemeinsam mit den Menschen durchführen. Ist as zu viel verlangt? 75. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 13. November 2003 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5
Gesamtes Protokol
Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1507500000

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Sitzung ist eröffnet.
Die Fraktion der CDU/CSU teilt mit, dass aus dem

Kuratorium der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung
und Zukunft“ der Kollege Dr. Hans-Peter Uhl als stell-
vertretendes Mitglied ausscheidet und an seine Stelle der
Kollege Stephan Mayer (Altötting) treten soll. Sind Sie
damit einverstanden? – Ich höre keinen Widerspruch.
Dann ist der Kollege Stephan Mayer in das Kuratorium
der Stiftung entsandt.

Interfraktionell ist vereinbart worden, die verbundene
Tagesordnung um die in einer Zusatzpunktliste aufge-
führten Punkte zu erweitern:

1 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der FDP: Hal-
tung der Bundesregierung zu Plänen, eine Ausbildungs-
platzabgabe einzuführen

(siehe 74. Sitzung)



(Ergänzung zu TOP 23)

a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrach-

ten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des
MAD-Gesetzes (1. MADGÄndG)

– Drucksache 15/1959 –
Überweisungsvorschlag:
Verteidigungsausschuss (f)


Redet
Innenausschuss
Rechtsausschuss

b) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, der
CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und
der FDP eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur
Änderung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften
– Drucksache 15/1975 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Haushaltsausschuss


(Ergänzung zu TOP 24)

a) Zweite und dritte Beratung des von der Bun

eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu
aufsichtsrechtlicher Bestimmungen zu
und Liquidation von Versicherungsunter
Kreditinstituten

(C (D ung 13. November 2003 0 Uhr – Drucksache 15/1653 – Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses – Drucksache 15/2009 – Berichterstattung: Abgeordnete Ortwin Runde Klaus-Peter Flosbach Hubert Ulrich Carl-Ludwig Thiele b)


(Erste Beratung 66. Sitzung)


(7. Ausschuss)

Ausschusses für Kultur und Medien (21. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Günter Nooke, Bernd
Neumann (Bremen), Renate Blank, weiterer Abgeordne-
ter und der Fraktion der CDU/CSU: Umsetzung des
Bundestagsbeschlusses zur Wiedererrichtung des Ber-
liner Stadtschlosses
– Drucksachen 15/1094, 15/2002 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Eckhardt Barthel (Berlin)

Günter Nooke
Dr. Antje Vollmer
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)


4 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der CDU/CSU:
Die aktuelle Russlandpolitik der Bundesregierung

5 Beratung des Antrags der Abgeordneten Günter Nooke,
Bernd Neumann (Bremen), Renate Blank, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordne-
ten Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Dr. Wolfgang Gerhardt

ext
und der Fraktion der FDP: Staatsvertrag für die Haupt-
stadtkultur
– Drucksache 15/1973 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Ausschuss für Tourismus
Haushaltsausschuss

6 a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung
des Ersten Gesetzes zur Änderung des Bundesgrenz-
schutzgesetzes
– Drucksachen 15/1861, 15/1965 –

(Erste Beratung 72. Sitzung)

– Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordne-

n Wolfgang Bosbach, Hartmut Koschyk, Thomas
trobl (Heilbronn), weiteren Abgeordneten und der
raktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs ei-
s Gesetzes zur wirksamen Bekämpfung organisier-

(Gesetz zur Änderung des desregierung r Umsetzung r Sanierung nehmen und te S F ne te Präsident Wolfgang Thierse Ersten Gesetzes zur Änderung des Bundesgrenzschutzgesetzes)





(A) )


(B) )


– Drucksache 15/1560 –

(Erste Beratung 66. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses

(4. Ausschuss)

– Drucksache 15/2005 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Hans-Peter Kemper
Günter Baumann
Silke Stokar von Neuforn
Dr. Max Stadler

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des
Innenausschusses (4. Ausschuss) zu dem Antrag der Ab-
geordneten Wolfgang Bosbach, Hartmut Koschyk,
Thomas Strobl (Heilbronn), weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der CDU/CSU: Bundesgrenzschutz für die
EU-Osterweiterung tauglich machen
– Drucksachen 15/1328, 15/2005 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Hans-Peter Kemper
Günter Baumann
Silke Stokar von Neuforn
Dr. Max Stadler

Von der Frist für den Beginn der Beratung soll – so-
weit erforderlich – abgewichen werden.

Außerdem ist vereinbart, die Tagesordnungspunkte 19
– EU-Wertpapierdienstleistungsrichtlinie – und 24 b
– Übereinkommen zum Schutz des menschlichen Lebens
auf See – abzusetzen. Sind Sie mit den Vereinbarungen
einverstanden? – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist
das so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 3 a bis 3 d auf:
a) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD

und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN einge-
brachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur
Änderung des Erneuerbare-Energien-Geset-
zes (EEG)

– Drucksache 15/1974 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulrike
Flach, Cornelia Pieper, Birgit Homburger, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Energiespeicherforschung vorantreiben –
Höchsttechnologien für die Speichertechnik
entwickeln
– Drucksache 15/1605 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Angelika Brunkhorst, Birgit Homburger, Michael

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(C (D Kauch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Perspektiven für eine marktwirtschaftliche Förderung erneuerbarer Energien – Drucksache 15/1813 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Ausschuss für Tourismus d)

richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit (15. Ausschuss)

– zu der Unterrichtung durch die Bundesregie-
rung
Mitteilung der Kommission an den Rat und
das Europäische Parlament
Nukleare Sicherheit im Rahmen der Euro-
päischen Union
KOM (2002) 605 endg.; Ratsdok. 15875/02

– zu der Unterrichtung durch die Bundesregie-
rung
Vorschlag für eine Richtlinie (Euratom) des
Rates zur Festlegung grundlegender Ver-
pflichtungen und allgemeiner Grundsätze
im Bereich der Sicherheit kerntechnischer
Anlagen
Vorschlag für eine Richtlinie (Euratom) des
Rates über die Entsorgung abgebrannter
Brennelemente und radioaktiver Abfälle
KOM (2003) 32 endg.; Ratsdok. 8990/03

– Drucksachen 15/503 Nr. 1.3, 15/1153 Nr. 2.20,
15/1781 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Horst Kubatschka
Dr. Rolf Bietmann
Michaele Hustedt
Birgit Homburger

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
ie Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. – Ich
öre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Ich erteile dem Kollegen Horst Kubatschka, SPD-

raktion, das Wort.

(Beifall bei der SPD)



Horst Kubatschka (SPD):
Rede ID: ID1507500100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich
öchte mich zuerst mit den Richtlinienvorschlägen der
U-Kommission zur Sicherheit kerntechnischer Anla-
en und zur Entsorgung abgebrannter Brennelemente
useinander setzen. Sie sind für uns ein Trojanisches
ferd, mit dem sich Brüssel zusätzliche Kompetenzen
m Bereich der Energiepolitik aneignen will. Die Wei-
hen zugunsten der Atomenergie sollen neu gestellt wer-






(A) )



(B) )


Horst Kubatschka

den. Unter dem Etikett der Verbesserung der Sicherheit
sollen erhebliche Kompetenzen nach Brüssel verlagert
werden. Sie sollen den Einzelstaaten entzogen werden.

Aber: Ein Oberkontrolleur aus Brüssel ist nicht not-
wendig. Die Pro-Atom-Haltung der zuständigen Gene-
raldirektion Energie und Verkehr der EU-Kommission
wird von uns nicht geteilt. Sie ist mit unserer Politik der
Beendigung der Atomkraftnutzung und der Modernisie-
rung unserer Energieversorgung nicht deckungsgleich.


(Beifall bei der SPD)

Die Zeichen der Nachhaltigkeit werden nicht erkannt.

Wir werden die Rückgängigmachung des Atomaus-
stiegs durch die Brüsseler Hintertür nicht mitmachen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Vielmehr ist es unsere Aufgabe, auf einen europäischen
Konsens beim Ausstieg aus der Kernenergie hinzuwir-
ken. In der heutigen Europäischen Union ist nur eine
Minderheit für die weitere Nutzung der Kernenergie. Die
Mehrheit der heutigen EU-Staaten ist in die Nutzung der
Atomenergie nicht eingestiegen bzw. plant den Ausstieg.
Daraus müsste die EU eigentlich die notwendigen Kon-
sequenzen ziehen.

Hinzu kommt, dass die Vorschläge der Kommission
kaum materielle sicherheitstechnische Verbesserungen
bringen. Vielmehr ist zu befürchten, dass der Status quo
festgeschrieben werden soll. Damit ist eine dynamische
Weiterentwicklung des Standes von Wissenschaft und
Technik nicht mehr ausreichend berücksichtigt.

Die Vorgaben der Kommission zur Entsorgung radio-
aktiver Abfälle sind angesichts der weiterhin bestehen-
den Kontroverse über geeignete Endlagerstätten unrealis-
tisch. Schlimmer: Sie sind geeignet, falsche Erwartungen
zu wecken. Es besteht auch die Gefahr, dass es zu unzu-
reichenden Lösungen kommt. Wir wollen nicht die Op-
tion zur Errichtung europäischer Endlager. Sie hebelt den
Grundsatz der Betreiberverantwortung aus. Unsere Posi-
tion war bisher – das galt eigentlich parteiübergreifend –:
Die Entsorgung radioaktiver Abfälle muss in nationaler
Zuständigkeit erfolgen. Wir stehen nach wie vor zu dem
Primat der nationalen Entsorgungsverantwortung.
Einen europäischen Atommülltourismus wird es mit uns
nicht geben.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die SPD-Fraktion will ebenfalls den Vorrang der
nicht nuklearen Energieforschung in der Gemeinschaft
erreichen. Die nukleare Energieforschung soll auf die
Fragen des Gesundheitsschutzes, der Sicherheit sowie
der Zwischen- und der Endlagerung begrenzt werden.
Die mittel- und osteuropäischen Länder sollen weiterhin
bei der Verbesserung der Sicherheit der bestehenden An-
lagen unterstützt werden. Dies gilt auch für die Entsor-
gung.

Die SPD-Fraktion bzw. die rot-grüne Koalition lehnt
die Richtlinienvorschläge der EU-Kommission in der
zurzeit vorliegenden Fassung ab. Wir sehen keine Not-

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(C (D endigkeit für eine Ausweitung der atompolitischen ompetenzen der EU-Kommission. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Morgen wird ein erstes sichtbares Zeichen des Atom-
onsenses gesetzt: Das Atomkraftwerk Stade geht vom
etz.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


er Knopfdruck wird der mittelfristige Ausstieg aus der
ernenergie in Deutschland eingeleitet. Das Atomkraft-
erk Stade wird abgeschaltet, weil die rot-grüne Koali-
ion am 12. Dezember 2001 das Gesetz zur geordneten
eendigung der Kernenergienutzung zur gewerblichen
rzeugung von Elektrizität – in Kurzform: Atomkon-
ens – beschlossen hat. Nach ausführlichen und nicht
infachen Verhandlungen mit der Atomwirtschaft
urde dieser Konsens erreicht. Wir haben nie einen
ehl daraus gemacht, dass wir uns einen anderen und
or allem einen schnelleren Ausstieg gewünscht haben.
er Atomkonsens war sozusagen keine Liebesheirat. Er
ar ein Kompromiss zwischen den Beteiligten. Wir ste-
en aber zu diesem Konsens. Auf unsere Politik und
uf die mit uns geschlossenen Vereinbarungen ist Ver-
ass. Ich appelliere mit allem Nachdruck an alle Betei-
igten, sich auch ihrerseits an den Atomkonsens zu hal-
en, und zwar auch im Geiste.


(Beifall bei der SPD)

Eon nennt wirtschaftliche Gründe für die Abschaltung

es Kernkraftwerkes Stade. Das zeigt wieder einmal, wie
enig Verlass auf die Aussagen der EVUs ist und wie sie
hre Argumentation nach der jeweiligen Interessenlage
usrichten. Als vor vier Jahren die ersten Gespräche be-
annen, wurden erhebliche Schadensersatzforderun-
en der Betreiber für den Fall angedroht, dass Rot-Grün
ie Atomkraftwerke per Gesetz und ohne Zustimmung
er EVUs abschalten werde. Genannt wurde eine wirt-
chaftliche Lebensdauer von 60 Jahren, die den Schadens-
rsatzberechnungen zugrunde gelegt wurde. Jetzt wird
as Atomkraftwerk Stade nach 31 Betriebsjahren abge-
chaltet. Nach Angaben der Betreiber geschieht das, weil
s sich nicht mehr rechnet. Ist das glaubwürdig?


(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein!)


Natürlich hat die Stilllegung der Kernkraftwerke Aus-
irkungen auf die Arbeitsplätze, auf die Arbeitnehmer.
eim allmählichen Ausstieg aus der Kernenergie hat die
rbeitsplatzfrage für uns Sozialdemokraten immer eine
ichtige Rolle gespielt. Als Berichterstatter für Kern-
nergie der SPD-Fraktion habe ich selbstverständlich
espräche mit meiner Fraktionskollegin Dr. Margrit
etzel geführt und sie hat mir versichert: Die Lichter
ehen nicht aus! Der Konsens zum Kernenergieausstieg
at vielmehr das Ende der Kernkraftwerke berechenbar
emacht. Das gilt für alle Kernkraftwerke.
Es gibt auch keine Auswirkungen auf die energiein-

ensive Industrie der betroffenen Region. Für die Mitar-
eiter in den Kernkraftwerken ist die Zukunft durch den






(A) )



(B) )


Horst Kubatschka

Konsens planbar. Außerdem bleibt das Kernkraftwerk
Stade noch viele Jahre als Arbeitgeber erhalten. Der
Rückbau beschäftigt die Hälfte der Mitarbeiter für die
nächsten zehn Jahre. Wer wollte, konnte an andere
Standorte innerhalb des Konzerns versetzt werden. Laut
Aussage der Eon-Sprecherin Petra Uhlmann wird sich
für die 300 Beschäftigten voraussichtlich fast nichts än-
dern. Sie sagte wörtlich:

Die Mitarbeiter werden am Samstag ganz normal
zur Schicht gehen.

Wir erleben eigentlich eine merkwürdige Situation:
Das AKW Stade wird abgeschaltet; gleichzeitig führen
einige Stromkonzerne eine halb öffentliche Diskussion
über eine Verlängerung der Laufzeiten der Reaktoren.
Ich frage mich: Passt das zusammen? Der baden-
württembergische Wirtschaftsminister Döring fordert als
treu sorgender Vertreter der Interessen der heimatlichen
EnBW eine Verlängerung der Laufzeit auf 50 Jahre, da-
mit das AKW Obrigheim nicht 2005, sondern erst 2018
vom Netz geht, und droht mit einer Klage vor dem Bun-
desverfassungsgericht.

Der Eon-Vorstandsvorsitzende setzt noch einen drauf
und verlangt gleich eine Verlängerung auf 60 Jahre, wo-
mit die Meiler seines Unternehmens noch länger laufen
dürften, als sie schon in Betrieb sind. Auch der RWE-
Vorstand Maichel lässt in seiner Eigenschaft als Präsi-
dent des Deutschen Atomforums keine Gelegenheit un-
genutzt, den Atomausstieg als Unsinn zu bezeichnen.


(Heidi Wright [SPD]: Unglaublich!)

Wenn sich diejenigen Stromkonzerne, die den Atom-

konsens mit ausgehandelt und unterzeichnet haben, di-
rekt oder indirekt aus der Vertragstreue stehlen und den
Konsens zur Disposition stellen, dann halte ich das für
unverantwortlich und für eine nicht hinnehmbare Provo-
kation.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das geht gegen den Geist des Konsenses.
Es gibt auch Spekulationen über eine deutsche Betei-

ligung an Atomkraftwerken in Frankreich. Diese Speku-
lationen wurden von den Stromkonzernen zwar zurück-
gewiesen; ich möchte trotzdem klar sagen: Eine
Beteiligung der deutschen EVUs an den Kernkraftwer-
ken in Frankreich würden wir als ein Bekenntnis zum
Wiedereinstieg in die Kernenergie auslegen. Dies würde
sicherlich ein erneutes Nachdenken über den Konsens
erforderlich machen.

Dietmar Kuhnt, einer der vier Unterzeichner des
Atomkonsenses seitens der EVUs, hat vor kurzem eine
zum Teil beachtenswerte Rede gehalten, als er von der
Kerntechnischen Gesellschaft zum Ehrenmitglied er-
nannt wurde. Er hat in der Höhle des Löwen ausgeführt,
dass die Nutzung der Kernenergie mit erheblichen Proble-
men verbunden sei, die man nüchtern und selbstkritisch
analysieren sollte. Die Nutzung der Kernenergie sei nicht
mehrheitsfähig. Es mangele an gesellschaftlichem Ver-
trauen in den sicheren Betrieb von Kernkraftwerken. –

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(C (D iese kritischen Töne sollten sich die EVUs zu Eigen mahen. Blicken wir nicht zurück, blicken wir voraus! Im En rgiebereich liegen immense Aufgaben vor uns. Das EG ist nur ein Schritt auf dem Weg zu einem nachhaltien Umbau der Energiesysteme in Deutschland. Unsere eutige Energieversorgung muss kritisch hinterfragt erden. Zentrale Großeinheiten, bei denen bis zu zwei rittel der eingesetzten Energie als Abwärme anfallen nd damit verschwendet werden, sind nicht zukunftsfäig. Es sei auch ganz deutlich gesagt: Große Offshoreindkraftwerke allein sind kein Ersatz für die Atom nergie. Sie sind ein wichtiger Bestandteil eines vielfälgen und vernetzten Systems innovativer und überwieend dezentraler Energietechnik. Ein anderer Baustein t die Nutzung der Erdwärme in der Grundlast. Ich will hier die verschiedenen Bausteine nicht weiter ufführen, weil mir dafür die Zeit fehlt; der Herr Präsient ermahnt mich. Die Zukunft liegt auf jeden Fall in inem innovativen, vernetzten, dezentralen System, das ir für unsere Kinder und Kindeskinder vorbereiten üssen. Ich danke Ihnen fürs Zuhören. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1507500200

Ich erteile dem Kollegen Peter Paziorek, CDU/CSU-

raktion, das Wort.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Peter Paziorek (CDU):
Rede ID: ID1507500300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im August

ieses Jahres hat der Umweltminister seinen Referenten-
ntwurf zur Novellierung des Erneuerbare-Energien-Ge-
etzes vorgelegt. Seitdem konnten wir einen langen Streit
wischen Umwelt- und Wirtschaftsminister mitverfolgen,
inen Streit, der die Branche der erneuerbaren Energien
tark verunsichert, Investitionen behindert und Arbeits-
lätze gefährdet hat, einen Streit, der aber auch die Kon-
eptionslosigkeit dieser Bundesregierung in der Klima-
chutz- und Energiepolitik deutlich gemacht hat.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Nach wie vor fehlt es der rot-grünen Bundesregierung

n einem in sich schlüssigen Energieprogramm für die
ächsten 30 Jahre.


(Peter Dreßen [SPD]: Das hätten Sie gern!)

ies stellt sich gerade jetzt als ein großes Versagen der
egierung heraus.


(Peter Dreßen [SPD]: Ach Gott! Glauben Sie den Unsinn, den Sie da erzählen?)


enn wir über die zukünftige finanzielle Förderung der
rneuerbaren Energien diskutieren, dann kann dies sinn-
ollerweise nur auf der Grundlage eines breiten energie-
olitischen und Klimaschutzkonzepts erfolgen. Wir kön-






(A) )



(B) )


Dr. Peter Paziorek

nen den Stellenwert und die Größenordnung der
erneuerbaren Energien nicht losgelöst von einer solchen
Grundsatzentscheidung betrachten. Wir fordern von Ih-
nen seit Jahren die Vorlage eines solchen energiewirt-
schaftlichen Konzepts. Sie leisten dies nicht. Der ehema-
lige Wirtschaftsminister Müller hat noch vor kurzem
hier in Berlin erklärt, dass bisher, also auch zu seiner
Zeit als Minister, alle Versuche gescheitert sind, in der
rot-grünen Koalition einen solchen energiepolitischen
Rahmen zu verabschieden.

Eine Klimaschutz- und Energiepolitik, die heute et-
was zum Atomausstieg, morgen etwas zu den erneuerba-
ren Energien und irgendwann auch zu der Erneuerung
des konventionellen Kraftwerkparks beschließt, ohne
letztlich zu prüfen, wie das eigentlich zusammenpasst,
wird scheitern. Die Folgen Ihrer Streitigkeiten, die Fol-
gen Ihrer Konzeptionslosigkeit treten heute offen zutage.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Birgit Homburger [FDP] – Lachen des Abg. Peter Dreßen [SPD])


Sie haben die Branche der erneuerbaren Energien zu-
tiefst verunsichert.


(Peter Dreßen [SPD]: Es ist unglaublich, was er da erzählt!)


Das von Ihnen verursachte Durcheinander hat zu einer
Gefährdung der Existenz bestimmter Branchen wie Photo-
voltaik, Biomasse und Biogas geführt. In diesen Berei-
chen sind die Märkte fast vollständig zusammengebro-
chen und Tausende von Arbeitsplätzen gefährdet.


(Ulrich Kelber [SPD]: So ein Quatsch!)

Das haben Sie, meine Damen und Herren von Rot-Grün,
ganz allein zu verantworten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Es ist auch nicht akzeptabel, wie bei den absehbar unter-
schiedlichen Positionen der beiden Minister für Umwelt
und Wirtschaft in dieser Koalition der Abstimmungspro-
zess stattgefunden hat. Sie hätten dafür sorgen müssen, dass
Sie rechtzeitig zu vernünftigen Entscheidungen kommen.
So wie Sie in die Beratungen zur Novellierung des Erneuer-
bare-Energien-Gesetzes hineingestolpert sind, darf man in
der Umweltpolitik nicht agieren. Das spüren immer mehr
Menschen in Deutschland, die sich für Umweltpolitik
einsetzen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Inzwischen wird das von Ihnen wohl auch so gesehen.

Anders ist der heute hier vorliegende Entwurf eines Vor-
schaltgesetzes zur Novellierung des Erneuerbare-Ener-
gien-Gesetzes gar nicht zu verstehen. Sie unternehmen
damit jetzt den Versuch, die Versäumnisse und Fehler Ih-
rer Politik aus den letzten Wochen und Monaten zumin-
dest bei der Photovoltaik zu heilen.

Wir sehen, wozu die Handlungsunfähigkeit in den letz-
ten Wochen geführt hat. In einem Hauruckverfahren soll
das Vorschaltgesetz zur Photovoltaik jetzt durch das
Parlament gepeitscht werden, um so ein In-Kraft-Treten

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(C (D um 1. Januar 2004 zu ermöglichen und um so der beroffenen Wirtschaft noch rechtzeitig ein positives Signal u geben. ichtig wäre es gewesen, die hier heute zu diskutierende rage einer Förderung der Photovoltaik umfassend im ahmen der jetzt anstehenden EEG-Novelle zu erörtern. Es stellt sich auch die Frage, warum nur die Regelung ur Photovoltaik vorgezogen wird. Sprechen Sie einmal it den interessierten Verbänden! Die Situation bei der hotovoltaik ist nicht einzigartig. Die gleiche katastrohale Lage ist bei Biogas gegeben. Der gesamte Aufagsbestand ist zusammengebrochen. Im Bereich der iomasse gibt es Zurückhaltung, weil Ihre Grundsatzntscheidungen zu spät gekommen sind. (Peter Dreßen [SPD]: Sie wollten das doch gar nicht!)


(Zuruf von der SPD: Das ist doch gut so!)


Darüber hinaus hat der Minister die Chuzpe gehabt – das
uss man einmal deutlich sagen –, sich vor dem Bran-
enburger Tor hinzustellen und zu erklären: „Wir haben
ns hervorragend geeinigt“, in seiner Rede aber nicht zu
agen, wie die Einigung für Biomasse und Biogas aus-
ieht. Für diese Bereiche soll unter der rot-grünen Regie-
ung der Förderzeitraum von 20 auf 15 Jahre reduziert
erden. Die Eckpunkte, die Sie vereinbart haben, führen
u dem Ergebnis, dass Biomasse und Biogas in Deutsch-
and keine Chance haben. Da kann man nur sagen: Sie
ahren die Politik für die erneuerbaren Energien vor die
and.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Leider wahr!)

Wie lange wissen Sie denn schon von dem Auslaufen

es 100 000-Dächer-Programms für Photovoltaik?

(Peter Dreßen [SPD]: Wer hat denn die Anteile gesteigert, Sie oder wir?)

ie Tatsache war schon seit Juni dieses Jahres bekannt.
ber Sie haben das Problem nicht angepackt und es ver-
äumt, rechtzeitig entsprechende Nachfolgeregelungen
uf den Weg zu bringen. Sie haben einfach die Dinge
chleifen lassen und greifen nun zum Notnagel Vor-
chaltgesetz, weigern sich aber, uns zu erläutern, ob
icht eventuell auch ein anderes Förderprogramm in der
achfolge des 100 000-Dächer-Programms möglich ge-
esen wäre.


(Zuruf von der SPD: Wer sind Sie denn?)

ie haben die Angelegenheit vor die Wand gefahren und
ufen nun das Parlament um Hilfe an. Sie sind inzwi-
chen zu Vertretern einer völlig konzeptionslosen Um-
eltpolitik geworden. Peinlich, peinlich, kann man da
ur sagen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Es ist ja nicht das erste Mal – das sage ich, weil Sie

aufend dazwischenrufen –, dass Sie so verfahren. Ich er-
nnere nur an das überstürzte Vorgehen bei der Härtefall-
egelung im vergangenen Jahr. Jetzt wollen Sie bei der
hotovoltaik das Gleiche wiederholen. Was Sie, meine






(A) )



(B) )


Dr. Peter Paziorek

Damen und Herren, bei den erneuerbaren Energien be-
treiben, ist reine Flickschusterei.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


In diesem Zusammenhang möchte ich für die Union
grundsätzlich feststellen: Das beschleunigte Verfahren
mithilfe eines Vorschaltgesetzes werden wir aufgrund
der besonderen Situation der Photovoltaikbranche in die-
sem Fall akzeptieren.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: So sind wir eben!)


Die Photovoltaikbranche darf nicht zum Opfer Ihrer fal-
schen und verfehlten Politik werden.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Bei der großen Novelle zum Erneuerbare-Energien-Ge-
setz wird es aber ein Durchpeitschen mit uns nicht ge-
ben.

In dem Zusammenhang ist auf einen weiteren Aspekt
hinzuweisen: Es war ja schon interessant, wie die Ar-
beitsteilung zwischen dem Umwelt- und dem Wirt-
schaftsministerium in den letzten Wochen und Monaten
verlaufen ist.


(Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Nur kein Neid!)


Während der Umweltminister bei Umweltverbänden
und Vertretern der erneuerbaren Energien eine bessere
Förderung versprochen hat, sagte der Wirtschaftsminis-
ter bei den Wirtschaftsverbänden genau das Gegenteil.
So berichtet die „Neue Zürcher Zeitung“ vom 31. Okto-
ber 2003 von einer Vortragsveranstaltung der Handels-
kammer Deutschland-Schweiz, an der auch Wirtschafts-
minister Clement teilgenommen hat. Da wird wie folgt
über den Minister geschrieben – ich darf zitieren, Herr
Präsident –:

Andererseits geißelte der Superminister der rot-grü-
nen Regierung jedoch die ständig neuen Auflagen
im Klima-, Umwelt- und Verbraucherschutz, denen
die Industrie genügen muss …

Das, Herr Müntefering, wäre ein berechtigter Anlass für
einen Zwischenruf; aber ich sehe ja an Ihrem Gesicht,
dass Sie völlig konsterniert und entgeistert schauen.


(Lachen bei der SPD)

Das ist genau das Problem Ihrer Politik: Sie reden so,
wie es Ihrer Klientel gerade passt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Deshalb kann ich Ihnen für meine Fraktion ausdrück-
lich sagen: Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion bekennt
sich zum Verdopplungsziel der Europäischen Union bei
den erneuerbaren Energien. Wir bekennen uns damit auch
zu dem Teilziel, das Deutschland innerhalb der Europäi-
schen Union bis zum Jahre 2010 erreichen soll, nämlich
den Anteil der erneuerbaren Energien auf 12,5 Prozent
beim Stromverbrauch zu erhöhen. Genauso deutlich
sage ich aber auch: Jetzt schon bei den erneuerbaren En-

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(C (D rgien verbindliche Ziele zu formulieren, die über das ahr 2010 hinausgehen, halten wir für falsch. ir sollten uns erst einmal darauf konzentrieren, die be tehenden Ziele zu erreichen. Nachdem Sie, Herr Kelber, ja gerade so laut „Aha!“ erufen haben, erlaube ich mir zu entgegnen: Ich habe as bewusst vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit er Klimaschutzdebatte der letzten Tage und Wochen esagt. Wir haben da einschlägige Erfahrungen mit Ihen gesammelt. Von Ihnen werden nämlich laufend neue iele formuliert, während Sie sich gleichzeitig von den lten Zielvorgaben klammheimlich verabschieden. eit 1998 – übrigens auch in mehreren Koalitionsvereinarungen – wurde von Rot-Grün das Ziel der Regierung ohl, den CO2-Ausstoß bis 2005 um 25 Prozent zu ver-ingern, mehrfach bekräftigt. Jetzt aber, wo absehbar ist, ass Sie dieses Ziel mit Ihrer Politik nicht erreichen könen, wird von Ihnen so getan, als ob Sie damit nichts zu un hätten. (Peter Dreßen [SPD]: Das, was Sie erzählen, wird durch Wiederholung auch nicht wahrer!)


(Ulrich Kelber [SPD]: Aha!)


(Ulrich Kelber [SPD]: Ja, ja!)


eshalb ist Ihre Klimaschutzpolitik so unredlich: Sie
ormulieren Ziele bis 2050,


(Peter Dreßen [SPD]: Sie sind nur neidisch!)

ind aber noch nicht einmal in der Lage, selbst gesteckte
iele bis 2005 zu erreichen. Das muss man Ihnen vorhal-
en.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Für uns stehen bei einer Novellierung des Erneuer-
are-Energien-Gesetzes die folgenden vier Ziele im Vor-
ergrund: erstens die Förderung einer nachhaltigen Kli-
aschutzpolitik, zweitens die Schaffung effizienter
nreize, die zu einer weiteren Verbesserung der einzel-
en Technologien und zu einer Senkung der Produk-
ionskosten führen, drittens die Begrenzung der Kosten-
elastung durch die EEG-bedingte Förderung für die
tromverbraucher, insbesondere aber auch für stromin-
ensive Unternehmen, und viertens die Schaffung von
ettbewerbsfähigkeit und damit auch von Exportfähig-
eit der erneuerbaren Energien.
Die Förderung der erneuerbaren Energien dient dazu,
öglichst schnell deren Marktreife zu erreichen – ein
rundsatz übrigens, der für alle Förderinstrumente gilt.
araus folgt natürlich auch, dass die Förderung zeitlich
egrenzt sein muss und dass sie vom Gesamtrahmen her
icht aus dem Ruder laufen darf.
Aber noch haben die erneuerbaren Energien die
arktreife nicht erreicht, auch wenn in den letzten Jah-

en erhebliche technische Fortschritte und Effizienzstei-
erungen erreicht werden konnten.


(Zuruf von der SPD: Aha!)

ieser Prozess muss beschleunigt werden.






(A) )



(B)


Dr. Peter Paziorek

Deshalb sage ich für meine Fraktion sehr deutlich:

Wer jetzt die Förderung der erneuerbaren Energien so
beschneiden will, dass sie in ihrer Existenz gefährdet
werden, wird bei der Union keine Unterstützung finden.


(Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das finde ich gut! – Horst Kubatschka [SPD]: Sie appellieren an sich selber!)


Denn eines muss man in diesem Zusammenhang hervor-
heben: Wir fördern hier eine junge Industrie, deren Ge-
schäftsfelder sich international gesehen erst entwickeln.
Wir gehen davon aus, dass auf diesem Gebiet zukünftig
große Chancen im Export liegen werden.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir möchten nicht, dass, wenn in einigen Jahren neue

Geschäftsfelder erschlossen werden – wie im Offshore-
bereich, im Repowering, also bei der Leistungssteige-
rung der Windkraft, oder bei Biomassekraftwerken, die
mit nachwachsenden Rohstoffen arbeiten –, diese dann
von ausländischen Anbietern besetzt werden und wir
– wie schon in anderen Bereichen – das Nachsehen ha-
ben.

Wir müssen dafür sorgen, dass die Arbeitsplätze bei
uns geschaffen werden, dass deutsche Unternehmen auf
den Weltmärkten bestehen können, dass die Technologie
bei uns entwickelt wird.

Aber dafür muss ein klarer Zeithorizont vereinbart
werden. Eine Dauerförderung lehnen wir ab. Verbindli-
che Zielvorstellungen, die über 2010 hinausgehen, sind
ohne ein energiepolitisches Gesamtkonzept, das festlegt,
wo wir insgesamt hinwollen, ein völlig falsches Signal.

Wir, die Unionsfraktion, wollen die Unsicherheit in
der Photovoltaikbranche beseitigen und für die Unter-
nehmen Rechts- und Planungssicherheit und damit
Investitionssicherheit schaffen. Der heute hier vorge-
legte Gesetzentwurf findet nur deshalb unsere Unterstüt-
zung, weil wir uns unserer Verantwortung für die Photo-
voltaikbranche und die vielen Tausend Arbeitsplätze
bewusst sind. Entscheidend für unser Abstimmungsver-
halten in der nächsten Sitzungswoche wird aber sein, ob
die angedachten Fördersätze in dieser Höhe eine Über-
förderung bedeuten oder nicht. Eine Überförderung, wie
es sie zum Teil bei der Windkraft gab, darf nicht erneut
bei der Photovoltaik auftreten.

So stellt sich zum Beispiel die Frage, warum in Ihrem
Gesetzentwurf der Degressionssprung von heute 45,7 auf
43,4 Cent pro Kilowattstunde im Jahre 2004 nicht mehr
auftaucht. Sie planen damit eine Erhöhung gegenüber der
im EEG vorgesehenen Regelung. Auch müssen die Zu-
schläge in ihrer Wirkung überprüft werden: Ein Zubauen
von Freiflächen in großem Umfang durch Photovoltaik-
anlagen wäre unter den Gesichtspunkten des Landschafts-
und Naturschutzes kontraproduktiv. Die entscheidende
Frage wird für uns bei der Prüfung somit sein: Wie wer-
den sich die Zuschläge auswirken?

Meine Damen und Herren, wir wollen bei diesem
Vorschaltgesetz zu einer ökonomisch und ökologisch
sinnvollen Lösung kommen, die der Photovoltaikbran-
che neue Chancen und Perspektiven eröffnet. Wir wollen

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(C (D azu beitragen, dass Ihre Fehlentscheidungen in diesem ereich korrigiert werden. Wenn dies gewährleistet ist, önnen wir zustimmen. Ich erteile Kollegin Michaele Hustedt, Bündnis 90/ ie Grünen, das Wort. Guten Morgen, Herr Präsident! Sehr verehrte Kolle en und Kolleginnen! Dieser Tag wird von zwei großen reignissen eingerahmt: Morgen geht das AKW Stade om Netz. Damit beginnt ganz konkret der Atomaustieg, für den besonders wir Grüne lange gekämpft haen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1507500400
Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507500500

Gestern wurde in Neustadt-Glewe das erste Erdwär-
ekraftwerk eingeweiht. Wenn auch das eine das an-
ere nicht konkret ersetzt, so sind diese beiden Ereig-
isse doch Ausdruck der rot-grünen Energiepolitik.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ein Eckpunkt der zukünftigen Energieversorgung
teht, nämlich das gemeinsame Ziel der Minister für
irtschaft und für Umwelt sowie der beiden Fraktionen,
ass wir bis zum Jahr 2020 20 Prozent der Stromversor-
ung durch erneuerbare Energien bereitstellen wollen.
Ich freue mich, dass die CDU/CSU das mittelfristige

iel, bis 2010 einen Anteil von 12 Prozent zu erreichen,
nterstützt. Damit ist klar, dass all diejenigen, die in der
ommerpause und auch jetzt Fundamentalopposition
insichtlich der erneuerbaren Energien betrieben haben,
eine Chance haben, ihre Position durchzusetzen. Es
ibt im Parlament und in der Gesellschaft eine breite
ehrheit, die für die Förderung der erneuerbaren Ener-
ien ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Das stimmt!)


ie erneuerbaren Energien kommen aus der Ökonische
eraus; denn sie werden ein substanzieller Bestandteil
er zukünftigen Energieversorgung sein.
Es gibt die verlogene Debatte, Windkraft sei keine
ertvolle Energie. Vor dem Hintergrund, dass in Däne-
ark die Windenergie einen Anteil von 22 Prozent hat
nd es dort keine Probleme damit gibt, und vor dem Hin-
ergrund, dass wir einen schwankenden Verbrauch haben
nd die Energieversorger auch mit einer schwankenden
nergieproduktion umgehen könnten – sie müssen nur
ollen und einen entsprechenden Kraftwerkspark schaf-
en; Pumpspeicherwerke, die durch den Ausstieg aus der
tomenergie frei werden, könnten genutzt werden –,
uss ich sagen, dass der Ausbau der Windenergie absolut
achbar und finanzierbar ist.


(Birgit Homburger [FDP]: Machbar ja, finanzierbar nein!)

)






(A) )



(B) )


Michaele Hustedt

Deswegen sage ich: Diese Diskussion ist reine Propa-
ganda.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Das EEG ist ein reines Innovationsgesetz. Wir haben
in der letzten Zeit eine Kostenreduktion von 60 Prozent
erreicht. Herr Paziorek, Sie blasen die Backen so dick
auf für einen Erfolg der erneuerbaren Energien. Ich freue
mich darüber. Trotzdem muss ich sagen: Zum einen ha-
ben Sie beim ersten Mal gegen das EEG gestimmt;


(Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Immer!)

wir haben es gegen Ihren Widerstand durchsetzen müs-
sen. Zum anderen werden wir sehen, ob Ihre Backen im-
mer noch aufgeblasen sind, wenn es zur Abstimmung
über das Gesetz kommt. Ich hoffe, dass Sie es diesmal
unterstützen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wir jedenfalls wollen die breite Entwicklung der er-
neuerbaren Energien. Wir wollen eine Perspektive für
Offshore-Windparks, aber auch für den weiteren Aus-
bau im Binnenland. Wir wollen eine dynamische Ent-
wicklung im Bereich der Biomasse. Wenn die Vergü-
tungssätze nicht ausreichen, werden wir in diesem Punkt
nachbessern. Wir wollen eine dynamische Entwicklung
bei der Nutzung der Erdwärme und die Modernisierung
der Großen Wasserkraft. Wir sagen auch klar, dass sich
das Land Baden-Württemberg positiv zum EEG verhal-
ten muss. Denn es ist ein Widerspruch, auf der einen
Seite die Ausgaben, die mit dem EEG verbunden sind,
erhöhen zu wollen und auf der anderen Seite gegen das
EEG zu sein. Das geht nicht!


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der SPD – Birgit Homburger [FDP]: Nur wegen einem Punkt?)


Wir wollen auch eine dynamische Entwicklung bei der
Kleinen Wasserkraft.

Bei der Photovoltaik haben wir uns zu einem Vor-
schaltgesetz entschlossen. Wir wollen nämlich, dass die
nächste Photovoltaiksaison schon genutzt werden kann.
Die Menschen entscheiden sich im Frühjahr, wenn die
Sonne wieder länger scheint, dass sie sich eine Anlage
aufs Dach setzen.

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Dass sie so eine blöde Regierung haben, denken sie sich im Frühjahr!)


Diese Branche braucht Rechtssicherheit. Deswegen bitte
ich Sie, dass Sie das zügige Verfahren mittragen und
dass wir zum Wohle der Photovoltaikindustrie mit dieser
Beratung schnell vorankommen.

Ein Wort zur FDP. Erstens. Sie sagen zwar immer, Sie
seien für die erneuerbaren Energien. Auf der anderen
Seite sagen Sie aber, dass Sie einen Wechsel wollen.
Dieser Wechsel der Instrumentarien würde eine große
Verunsicherung der Branche bewirken. Denn allein
schon die Diskussion, die Herr Paziorek angeführt hat,
verunsichert die Branche. Ein Wechsel des Modells hätte
dramatische Folgen. So weit zu diesem Punkt.

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(C (D Zweitens. Ihr Modell wird in Großbritannien praktiiert; es führt aber zu keinem weiteren Ausbau der indkraft. leichzeitig sind die Vergütungssätze wesentlich höher ls in Deutschland. Drittens. Sie sagen, Sie wollen Wettbewerb zwischen en Trägern der erneuerbaren Energien. Dann sagen Sie ber auch ganz ehrlich, dass Sie nur den Ausbau der indkraft, aber keine Nutzung der Photovoltaik, der Bioasse und der Erdwärme wollen. enn in Konkurrenz zur Windkraft haben die anderen rneuerbaren Energien keine Chance – noch keine hance. (Birgit Homburger [FDP]: Stimmt doch gar nicht!)


(Birgit Homburger [FDP]: Das stimmt nicht!)


(Birgit Homburger [FDP]: Völliger Quatsch!)


eien Sie also ehrlich!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Die Vision von einem Anteil in Höhe von 20 Prozent,

erspektivisch von 50 Prozent – die Grünen sprechen
on 100 Prozent – ist eine machbare und eine notwen-
ige Vision; denn wir brauchen den Klimaschutz jetzt
nd in der Zukunft. Wir müssen die Abhängigkeit vom
l reduzieren; wir dürfen nicht mehr am Tropf von fos-
ilen Energieträgern aus Krisenregionen hängen.
Wir sind auf einem guten Weg. Solange wir Grünen

n der Regierung beteiligt sind, solange es eine rot-grüne
egierung gibt, werden wir diesen Weg unbeirrbar wei-
er beschreiten.
Ich danke Ihnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1507500600

Ich erteile das Wort Kollegin Angelika Brunkhorst,

DP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP)



Angelika Brunkhorst (FDP):
Rede ID: ID1507500700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das

on den Koalitionsfraktionen SPD und Bündnis 90/Die
rünen vorgelegte Zweite Gesetz zur Änderung des EEG
eigt vor allem eines: Das neue Hätschelkind der erneuer-
aren Energien soll die Solarenergie sein. Zur Kompen-
ation des 100 000-Dächer-Programms wird mal eben
chnell ein Vorschaltgesetz eingebracht. Das ist Klientel-
olitik.


(Beifall bei der FDP – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ulrich Kelber [SPD]: Da kennt sich die FDP ja aus! – Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Genau! Für den Mittelstand!)







(A) )



(B) )


Angelika Brunkhorst

Entgegen jeder Vernunft und Logik soll damit die un-
wirtschaftlichste aller Regenerativenergien als erste be-
dient werden. Laut Aussagen des BSi, des Bundesver-
bandes Solarindustrie, wird Solarstrom erst am Ende des
Jahrhunderts mit herkömmlichem Strom konkurrieren
können. Das ist Schneckentempo.


(Beifall bei der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Quelle benennen! Wann und wo?)


– Das hat der BSi auf einem Kongress vor acht Tagen
selbst gesagt.


(Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: „Economist“!)


Die Bedeutsamkeit des Anteils der Solarenergie an
den erneuerbaren Energien insgesamt lässt sich auch an
folgenden Zahlen ermessen: So wird durch Wasserkraft
ein Anteil von 53,9 Prozent erzeugt, Windkraft erbringt
einen Anteil von 37,9 Prozent, Biomasse immerhin
8 Prozent und weit abgeschlagen folgt die Solarenergie
mit 0,2 Prozent. Da frage ich mich an dieser Stelle: Wel-
chen nennenswerten Anteil kann die Solarenergie hier in
Deutschland überhaupt zur Erreichung des Klimaziels
erbringen?


(Beifall bei der FDP – Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Alles hat mal klein angefangen!)


Mit dem heute hier eingebrachten Vorschaltgesetz soll
die Basisvergütung noch einmal angehoben werden. Es
gibt eine Reihe von Aufschlägen zu den verschiedenen
Installationsvarianten. Insgesamt ist es eine komfortable
Verbesserung der Vergütungssätze. Auch Flächeninstal-
lationen will man besonders forcieren. Eines ist merk-
würdig: An anderer Stelle erteilt der Umweltausschuss
dem TAB den Auftrag, zu untersuchen, wie man die Flä-
cheninanspruchnahme zurückfahren könnte.


(Beifall bei der FDP)

Meine Überzeugung ist: Die Solartechnologie sollte

man vorwiegend in den Ländern installieren, die als son-
nenreich bekannt sind,


(Marco Bülow [SPD]: Baden-Württemberg, Bayern, Saarland! – Peter Dreßen [SPD]: Das ist doch Schwachsinn, was Sie erzählen!)


vor allem auch in den Entwicklungsländern, in denen
ein sehr großer Energiebedarf bislang nicht ausreichend
gedeckt werden kann.


(Beifall bei der FDP – Peter Dreßen [SPD]: Das ist die größte Dummheit, die Sie erzählen!)


Ich möchte auch noch einmal auf folgende Kosten-
konstellation hinweisen: Die Vermeidung einer Tonne
CO2 mit Solarenergie kostet in Deutschland 500 Euro, inden Entwicklungsländern dagegen nur 5 Euro, ein Hun-
dertstel. Das sollte man doch bitte einmal auf sich wir-
ken lassen.


(Beifall bei der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Ist das wirklich eine Fraktionsmeinung?)




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(C (D Ja. Wir reden heute zu meiner großen Enttäuschung im usammenhang mit diesem Vorschaltgesetz nur über hotovoltaik. Ich sehe hier wieder einmal eine vertane hance von Rot-Grün, Energieund Klimapolitik mitinander zu verknüpfen und die Kioto-Instrumente wie DM zu nutzen. Wir fordern, bei klimarelevanten Invesitionsprojekten im Rahmen der technischen Entwickungspolitik insbesondere auch den internationalen Zerifikatehandel zu forcieren. Ich komme zu unserem eigenen Antrag, der Perspek iven für eine marktwirtschaftliche Förderung der erneurbaren Energien aufzeigt. In unserem Modell wollen ir das Klimaziel mit einem Mengenziel und durch Auschreibungsverfahren erreichen. Die erneuerbaren Enerien sind schnellstmöglich durch marktwirtschaftliche örderung zur Wettbewerbsfähigkeit zu führen. enn die erneuerbaren Energien darüber hinaus zukunfts ähig werden sollen, müssen sie grundlastfähig werden. Daei darf die Netzeinspeisung bei weitem nicht die alleinige ption bleiben. Eine auf Energiespeicherung aufbauende utzung der erneuerbaren Energien hätte den Effekt, ass das Vorhalten von Regelenergie zunehmend entiele. Beides vermeidet Kosten. Hier ist insbesondere an ie Wasserstofftechnologie und die Brennstoffzelle geacht. Nicht zuletzt geht es auch um eine Einbindung des erkehrssektors in ein klimapolitisches Gesamtkonzept. In unserem Antrag zur Energiespeicherforschung, der eute mit beraten wird, fordern wir, hochleistungsfähige nergiespeicher zu entwickeln. Wir wollen hinausgeend über die derzeit praktizierte anwendungsorientierte orschung, bei der es um die Marktfähigkeit und die irtschaftlichkeit von bereits bekannten Energiespeihersystemen – dies ist die so genannte Ressortforchung – geht, die Grundlagenforschung verstärken. In nserem Energiespeicherantrag wollen wir aber auch mit lick auf eine zukunftsfähige Gesamtenergieversorgung ie Bereiche Kernfusionsforschung und kerntechnische icherheitsforschung nicht vernachlässigt sehen. ur so kann sich Deutschland als Standort für die Enticklung und den Export energiewirtschaftlicher Hochechnologie bedeutsam positionieren. Meine Damen und Herren, angesichts dieser Handlungsöglichkeiten und Herausforderungen ist der von Umweltinister Trittin vorgelegte Novellierungsentwurf eine – ich uss dieses Wort noch einmal aufgreifen – ideenlose lickschusterei. Die FDP fordert die Bundesregierung uf, den erneuerbaren Energien endlich eine langfristig ragfähige Perspektive zu eröffnen. Liberale Vorschläge iegen auf dem Tisch. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. Ich erteile das Wort Kollegen Michael Müller, SPD Fraktion. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)





(A) )


(B) )

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1507500800

Michael Müller (SPD):
Rede ID: ID1507500900

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Selbst in

der ökonomischen Debatte liegen Sie weit zurück.

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Oje!)


Ich verweise auf einen Beitrag des „Economist“ in der
vorletzten Woche. Darin wird deutlich herausgestellt,
dass, wenn auf dem Energiesektor überhaupt eine Zu-
kunftschance bestehen soll, dies nur die massive Förde-
rung der Solarenergie und der erneuerbaren Energien
sein kann. Bei Ihnen gibt es in diesem Zusammenhang
einen zentralen Widerspruch. Sie sagen, Sie wollten
diese Energien. Aber Sie wollen nichts dafür tun. Das
geht nicht.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Da gibt es Konflikte und diese Konflikte muss man aus-
tragen.

Das Grundproblem im Energiebereich ist, dass es hier
um lange Nutzungszyklen und hohe Kapazitäten geht.
Deshalb müssen am Anfang die notwendigen Weichen
durch den öffentlichen Sektor, auch durch den Staat, ge-
stellt werden – natürlich mit dem Ziel, dass sich die er-
neuerbaren Energien bald selbst tragen. Ohne eine Wei-
chenstellung des Staates werden sie sich nicht
durchsetzen. Genau um diesen Punkt drücken Sie sich
herum. Aber an diesem Punkt kommen Sie nicht vorbei,
wenn Sie es mit den erneuerbaren Energien ernst meinen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es ist gut, dass das Parlament eine Energiedebatte führt.
Denn wir stehen wie kaum zuvor in einem Jahrzehnt mit
grundlegenden Weichenstellungen im Energiebereich. Auf
der einen Seite läuft eine alte Energiephilosophie aus. Diese
alte Energiephilosophie war ausschließlich darauf ausge-
richtet, hohe Kapazitäten zu schaffen und möglichst
niedrige Erzeugerpreise zu gewährleisten. Dabei wurde
aber nie darüber nachgedacht, ob das wirklich effizient
und zukunftsfähig ist. Auf der anderen Seite müssen wir
in diesem Jahrzehnt darüber entscheiden, wie die Ener-
giepolitik der Zukunft aussieht. Deshalb ist es gut, dass
wir im Bundestag intensiv darüber debattieren.

Ich stelle fest: Mit den beiden zentralen Weichenstel-
lungen, die Rot-Grün bisher vorgenommen hat – der Ab-
schied von der verschwenderischen Atomenergie, mit
der in der Tat keine Zukunft zu machen ist, und der Ein-
stieg in mehr Effizienz und in die Solarenergie –, liegen
wir auf der richtigen Seite – das ist bei aller Kritik im
Einzelnen der entscheidende Punkt –, Sie aber stehen auf
der falschen Seite.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Dabei muss man auch sehen, dass die Branche das öllig anders sieht, als Sie, Herr Paziorek, es hier beauptet haben. Sie haben gesagt, Rot-Grün habe die Soarenergie vor die Wand gefahren. Ich glaube, da werden ie bei denjenigen, die damit tagtäglich umgehen, keine nterstützung finden. Aber das ist Ihr Problem und nicht nser Problem. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Das glaube ich nicht! Die Äußerungen waren leider ganz anders!)


Wir stehen vor einer grundlegenden Weichenstellung.
ie Notwendigkeit dieser Weichenstellung ist in den
etzten Monaten überall deutlich geworden, beispiels-
eise bei den großen Stromausfällen in Schweden, Nord-
merika und Italien. Da hat man gesehen, dass im Strom-
ereich der Markt allein, besonders wenn er nur auf die
urzfristige Sicherung von hohen Kapazitätsauslastun-
en ausgerichtet ist, keine Sicherheit geben kann. Der
isherige Weg ist heute ökonomisch, ökologisch und ge-
ellschaftspolitisch fraglich. Diesen Weg, den Weg der
roßkapazitäten im alten Sinne, werden wir nicht gehen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ein weiterer wesentlicher Punkt ist: Heute können wir
urch die Verwendung von Informations- und Kommu-
ikationstechnologien dezentrale Energietechniken
ehr viel besser miteinander verbinden. Wir brauchen
icht mehr die alte Philosophie, zu der immer größere
raftwerke, immer größere Reserveleistungen und im-
er größere Entfernungen vom Kunden gehörten. Diese
hance müssen wir nutzen. Diese kleinteiligen Struktu-
en braucht die Energiepolitik der Zukunft. Auch da sind
ie auf der falschen Seite.
Herr Teufel spekuliert nämlich darüber, ob es zu ei-

em Neueinstieg in die Atomenergie kommt. Die
tomenergie wird nicht nur aus Sicherheitsgründen und
egen der Entsorgungsproblematik von uns abgelehnt,
ondern auch weil sie einer modernen, effizienten und
mweltverträglichen Energieversorgung im Wege steht.
as ist der entscheidende Punkt. Wir öffnen den Weg in
ie Zukunft und Sie hängen an der Vergangenheit. Das
st in der Energiepolitik deutlicher als in anderen Berei-
hen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Klimaschutz werden wir nicht mit den ineffizienten
roßstrukturen der Vergangenheit erreichen, bei denen
wei Drittel der Energie als Abwärme verloren gehen.
as ist nicht der Weg; das kann er nicht sein. Zur Ener-
iepolitik der Zukunft gehören vielmehr Effizienz in der
rzeugung, Einsparen und Solarenergie. Diese drei Säu-
en bestimmen den Weg von Rot-Grün. Das ist der Weg
er Modernisierung unserer Gesellschaft und Wirtschaft.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich komme auf den „Economist“ zurück. Wir müssen
ernen, was die großen Abhängigkeiten von den fossilen






(A) )



(B) )


Michael Müller (Düsseldorf)


Energieträgern bedeuten. Die Abhängigkeit vom Uran
ist übrigens mindestens genauso groß. Das wird immer
verschwiegen. Was ist denn in der Golfregion passiert?
Was passiert im Bereich des Kaspischen Meeres? Was
passiert in großen Teilen der Welt? 2 Milliarden Men-
schen haben keinen guten Zugang zur Energieversor-
gung. Wir lösen dieses Konfliktpotenzial nur mit dezen-
tralen, kleinräumigen, effizienten Strukturen. Wir stoßen
hier einen Teil einer friedlichen Weltinnenpolitik an.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir führen keinen Glaubenskrieg über große und
kleine Kraftwerke. Die entscheidende Frage ist: Wie in-
novativ, wie erneuerungsfähig, wie modern ist das Ener-
giesystem? Die Bewältigung der Herausforderungen der
Zukunft ist unser Maßstab.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Auf jeden Fall moderner als ihr insgesamt!)


– Das ist Herr Kauder aus Baden-Württemberg, wo man
zu 60 Prozent vom Atomstrom abhängt, aber vom ver-
nünftigen Energiemix redet. Da fasst man sich doch an
den Kopf.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Sie sind so sehr von einem Energieträger abhängig und
reden von Modernität!


(Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/CSU]: Ihr redet von Kioto! – Volker Kauder [CDU/ CSU]: Sie reden von Kioto!)


Hier kommen die Sünden der Vergangenheit heraus, wo
Sie einseitig auf Atomkraft gesetzt haben, die erkennbar
nicht zukunftsfähig ist.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Das stimmt doch gar nicht!)


Diese Sünden holen Sie ein. Das ist doch heute Ihr Pro-
blem.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Nennen Sie uns die Zahlen zur Biomasse!)


– Wir haben auch bei der Biomasse mehr angestoßen als
Sie in Ihren 16 Jahren Regierungszeit. So ist doch die
Wirklichkeit. Das wissen Sie ganz genau.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Welche Fördersätze gab es denn zu Ihrer Zeit? – Die gab
es doch gar nicht.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Gucken Sie sich doch einmal Bayern und Baden-Württemberg an! Hervorragende Zahlen!)


Meine Damen und Herren, den Anstoß zur verstärk-
ten Nutzung erneuerbarer Energien hat diese Bundes-
regierung gegeben. Da beißt die Maus keinen Faden ab.
Da können Sie noch so toben. So ist es eben. Das sollten
Sie zugestehen. Es ist auch eine Frage der Psychologie:

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(C (D rst muss man aussprechen, was wahr ist; dann hat man ine Chance, etwas zu verändern. Sie sprechen aber icht einmal aus, was wahr ist. Das ist Ihr Problem. Lassen Sie mich noch einmal zum Thema kommen. ichtig ist, dass wir einen Weg der ökologischen Moernisierung gehen. Das ist ein Innovationsmotor für ine bessere Zukunft. Energiepolitik ist ein zentraler unkt für ein modernes Europa und eine moderne Geellschaft. Wir wollen, dass sie eines der Markenzeichen er Modernisierungsund Reformpolitik der Bundesreierung bleibt. Es geht eben nicht nur um den Umbau er Sozialsysteme, sondern auch um bessere Technoloien und Innovationen. Es geht darum, die Idee der achhaltigkeit in allen Bereichen zu verwirklichen. Das ilt auch und gerade für die Energiepolitik, weil das ein chlüsselbereich für die Zukunft unserer Gesellschaft st. Deshalb ist es gut, dass wir morgen mit dem Abschal en des Atomkraftwerks in Stade einen ersten wichtien Schritt tun. Das ist ein unverzichtbares Zeichen daür, dass wir einen anderen Weg gehen wollen. Das muss ich nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der Praxis iederschlagen. Wir glauben, dass auch die Betreiber der tomenergie außer wenigen Hardlinern genau wissen, ass das der richtige Weg ist. Der Kollege Kubatschka at hier zu Recht die Rede von Herrn Kuhn zitiert. Wenn wir diesen ersten Schritt gehen, müssen wir ber auch den zweiten Schritt gehen. Es geht nicht nur m Strom, sondern um die ökologische Modernisierung nsgesamt: auch im Verkehrssektor oder im Wärmebeeich. In der Vergangenheit hat man Energiepolitik einach nur mit Strom gleichgesetzt und die Einweihung eies neuen Kraftwerks als große energiepolitische Tat efeiert. Energiepolitik der Zukunft setzt aber vor allen Dingen uf die Vermeidung von unnötigen Energieeinsätzen. as ist ein ganz anderer, aber sehr viel intelligenterer nsatz, für den wir stehen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Birgit Homburger [FDP])


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wenn ich Sie immer höre, bedaure ich es wirklich,
ass Herr Baum nicht mehr im Parlament ist. Mit dem
onnte man über solche Fragen immer gut diskutieren.
as ist auch ein Zeichen dafür, dass sich sehr viel geän-
ert hat.


(Peter Dreßen [SPD]: Das ist so ein Dinosaurier! – Volker Kauder [CDU/CSU]: Das ist eine Arroganz!)


Da war die FDP noch eine Partei der Umweltpolitik.
as war damals ein positiver Beitrag für unser Land.
Wir wollen einen Kurswechsel erreichen. Die Förde-

ung erneuerbarer Energien ist ein Fortschritt und ein
nsatz gegen die Einfallslosigkeit, die in der Vergangen-
eit geherrscht hat.






(A) )



(B) )


Michael Müller (Düsseldorf)


Wir debattieren heute über zwei wichtige Punkte, und

zwar zum einen über den nationalen Allokationsplan,
den wir gleich verhandeln, und zum anderen über das
EEG. Die Novelle des EEG, über die das Parlament noch
ausführlich beraten wird, ist ein Zeichen für Kontinuität
und Weiterentwicklung. Ich danke Ihnen übrigens dafür,
dass Sie uns entgegen Ihrer bisherigen öffentlichen Aus-
sagen dabei helfen, jetzt so kurzfristig über die Frage der
Photovoltaik zu entscheiden. Das ist positiv. Das er-
kenne ich auch an.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Hinsichtlich der zwei gerade angesprochenen Punkte
bitte ich darum, dass wir zu mehr Gemeinsamkeit fin-
den. Zum Thema Klimaschutz herrschte in diesem Land
einmal große Gemeinsamkeit und das ist diesem Land
gut bekommen. Bei der großen Aufgabe, die Energiesys-
teme zu erneuern, sollten wir wieder zu mehr Gemein-
samkeit finden, unbeschadet dessen, dass wir in Einzel-
punkten immer wieder kontroverse Auffassungen haben
werden. Es wird unserem Land aber gut tun, wenn wir
Vorreiter bei einer neuen, effizienten und solaren Ener-
gieversorgung sein werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1507501000

Ich erteile dem Kollegen Joachim Pfeiffer, CDU/

CSU-Fraktion, das Wort.


Dr. Joachim Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1507501100

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Die Diskussion um erneuerbare Energien wird häu-
fig ideologisch oder emotional oder gar mit einer Mi-
schung aus beidem geführt, wie es ja hier heute Morgen
wieder lebhaft vorgeführt wurde. Das ist aber falsch. Das
Thema ist nüchtern und sachlich anzugehen. Und die
Wahrheit ist immer konkret. Die erneuerbaren Energien
haben ihre Berechtigung und sollen zukünftig eine ver-
stärkte Rolle spielen. Der Kollege Paziorek hat vorhin
ausgeführt, welche Position die Union dabei einnimmt.
Aber die erneuerbaren Energien sind eben kein Allheil-
mittel.

Bei aller Begeisterung über die erneuerbaren Ener-
gien ist deren Förderung vor allem an den finanziellen
und wirtschaftlichen Notwendigkeiten zu orientieren.
Energiepolitik findet nicht im luftleeren Raum oder gar
im Raumschiff „Enterprise" statt. Energiepolitik ist
Standortpolitik. Dabei geht es um Arbeitsplätze, um In-
vestitionen, um die Attraktivität des Standortes Deutsch-
land.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Energiepolitik und insbesondere die Energie-

preise sind wichtige Wettbewerbsfaktoren für unsere
Unternehmen; ebenso sind günstige Energiepreise für
den privaten Konsum wichtig. Wir brauchen in Deutsch-

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(C (D and Energiepreise, die im europäischen Maßstab wettewerbsfähig sind. Wir als Union wollen eine langfristig ostengünstige, international wettbewerbsfähige und mweltverträgliche Energieversorgung für Unternehmen nd Verbraucher. Um dieses Ziel zu erreichen, benötigen wir eine Ener iepolitik aus einem Guss. Isolierte Aktivitäten in einelnen Sektoren helfen nicht weiter: hier der Ausstieg us der Kernenergie mit der nach wie vor ungelösten ntsorgungsfrage, dort die Aktivitäten zur CO2-Reduk-ion und der Einstieg in den Emissionshandel, dann Plaungsund Investitionsunsicherheit hinsichtlich des rsatzbedarfs bei Kraftwerken – dies ist schon angesprohen worden; der Ausstieg aus der Kernenergie erfordert inen Ersatzbedarf in Höhe von 22 000 Megawatt, zuätzlich werden in den nächsten zehn, 15 Jahren 0 000 Megawatt bei konventionellen Kraftwerken beötigt –, die Entwicklung der erneuerbaren Energien sw. Überall sind zum Teil hektische Aktivitäten zu vereichnen, ohne dass ein Gesamtkonzept erkennbar wäre der gar angestrebt würde. Meine Damen und Herren, ich habe eingangs gesagt, ie Wahrheit sei immer konkret. Wie sieht die konkrete ilanz in Euro und Cent nach fünf Jahren rot-grüner nergiepolitik aus? (Ulrich Kelber [SPD]: Jetzt kommen Sie doch mal mit eigenen Vorschlägen!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)


ch greife exemplarisch den Stromsektor heraus. Die
taatlich verursachte Belastung aller Stromkunden hat
ich seit 1998 verfünffacht. Ich wiederhole, meine sehr
eehrten Damen und Herren: verfünffacht!


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Das ist unsozial!)


Ich erläutere Ihnen das im Einzelnen: Sie haben die
kosteuer beim Strom neu eingeführt, die Konzessions-
bgaben sind gestiegen, die Belastung durch die erneuer-
aren Energien ist geradezu explodiert und Sie haben
as KWK-Gesetz neu eingeführt. Im Jahre 1998 betrug
ie Belastung der Stromkunden in Deutschland
,28 Milliarden Euro. Diese Belastung ist in den letzten
ünf Jahren über 4 Milliarden Euro, 7 Milliarden Euro,
,5 Milliarden Euro und 9,5 Milliarden Euro in diesem
ahr auf 12,6 Milliarden Euro angestiegen. Das Ergebnis
ot-grüner Energiepolitik ist also eine Verfünffachung
er Belastung gegenüber dem Jahr 1998.

(Beifall bei der CDU/CSU – Ulrich Kelber [SPD]: Jetzt kommen Ihre Vorstellungen!)

Bei diesen Zahlen wird einem schwindelig. Wenn
an jetzt noch die Ökosteuer auf Kraftstoffe dazu-
immt, dann sind wir wirklich in Absurdistan. Rot-Grün
erfährt hier aber offensichtlich nach dem Motto: Ist der
uf erst ruiniert, lebt sich’s völlig ungeniert.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )


)

Dr. Joachim Pfeiffer

Bei der Neuverschuldung für das Jahr 2003 waren im
Haushalt zunächst 18,9 Milliarden Euro veranschlagt,
am Ende werden es 43,3 Milliarden Euro sein.


(Ulrich Kelber [SPD]: Machen Sie doch mal eigene Vorschläge!)


– Die kommen gleich. – Bei der Maut fehlen 1 bis 2 Mil-
liarden Euro. Sie rechnen offenbar damit, dass bei Ihrem
Chaos die Milliarden bei der Energie irgendwie mit un-
tergehen. Bisher – das muss ich Ihnen in der Tat attestie-
ren – ist Ihre Rechnung aufgegangen. Die Abzocke im
Energiebereich ist in der politischen und in der öffentli-
chen Diskussion untergegangen. Das werden wir ändern,
meine sehr geehrten Damen und Herren.

Jetzt werde ich noch konkreter: Was bedeutet diese
Belastung – die Milliarden sind ja immer nur sehr virtu-
ell und für den einzelnen Bürger nicht so greifbar – für
den einzelnen Bürger, die Familien und die Unterneh-
men in diesem Land? Wir haben einmal ausgerechnet,
was Ihre Politik, Ihre Beschlüsse für eine Familie mit
zwei Kindern, einer Wohnung mit 100 Quadratmetern,
einem durchschnittlichen Stromverbrauch von 5 000 Ki-
lowattstunden im Jahr, einem Heizölverbrauch von
2 500 Litern pro Jahr sowie einem PKW mit einem
Durchschnittsverbrauch von 8,9 Litern auf 100 Kilo-
meter und einer durchschnittlichen Fahrleistung von
12 700 Kilometern im Jahr bedeuten. Sie belasten diese
Familie im Jahr 2003 mit staatlich verursachten Abga-
ben in Höhe von 421,33 Euro.


(Ulrich Kelber [SPD]: Eigene Vorschläge!)

Zum Vergleich: Das Vorziehen der dritten Stufe Ihrer

vermurksten Steuerreform von 2005 auf 2004 bringt
brutto eine Entlastung von einmalig 16 Milliarden Euro.
Wenn man das umrechnet, kommt man zu dem Ergebnis,
dass für den einzelnen Bürger gerade einmal ein Bruch-
teil dessen übrig bleibt, was Sie ihm über die Energie-
und Stromabrechnung auf subtile Weise aus der Tasche
ziehen – Prinzip „rechte Tasche, linke Tasche“! Das ist
moderne Wegelagerei und nichts anderes.


(Beifall bei der CDU/CSU)

In der Wirtschaft sieht es nicht anders aus. Sie beein-

trächtigen auf diese Weise die Wettbewerbsfähigkeit
unserer Unternehmen. Ich kann Ihnen ein konkretes
Beispiel aus meinem Wahlkreis in der Region Stuttgart
nennen


(Ulrich Kelber [SPD]: Wir warten auf die eigenen Vorschläge! – Horst Kubatschka [SPD]: Wann kommen Sie denn auf Energie zu sprechen? Zukunft!)


– ich spreche gerade über die Zukunft Ihrer Energiepoli-
tik –: Ein mittelständisches Unternehmen aus dem Auto-
mobilzuliefererbereich hat eine Investitionsentscheidung
nicht zuletzt aufgrund der explodierenden Stromkosten
gegen Deutschland gefällt. Das werden wir nicht weiter
mitmachen. Verbraucher und Wirtschaft sind nicht unbe-
grenzt belastbar.

Jetzt zum EEG. Wie hat sich das EEG im Detail ent-
wickelt? Am Anfang stand das Stromeinspeisungsge-

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(C (D etz, das zu Beginn der 90er-Jahre übrigens nicht von Ihen, sondern von der Union eingeführt wurde. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Jörg van Essen [FDP]: Mit der FDP!)


Richtig, zusammen mit der FDP. – Das Vergütungsvo-
men betrug 50 Millionen DM pro Jahr. In diesem Jahr
ird das Vergütungsvolumen eine Höhe von 2,7 Milliar-
en Euro erreichen. Mir ist klar, dass man den Wert des
ingesparten Stroms entsprechend abzuziehen hat, aber
uch dann bleibt noch immer ein Subventionsvolumen
on knapp 2 Milliarden Euro übrig, das die Verbraucher
nd die Wirtschaft zu tragen haben. Wenn Sie das mit
er bisherigen Dynamik so weitertreiben, dann kommen
ir im Jahr 2010 auf ein direktes Vergütungsvolumen
on bis zu 7 Milliarden Euro allein aus dem EEG.


(Ulrich Kelber [SPD]: Unsinn!)

inzu kommen die Kosten für den Netzausbau und die
egelenergie. Das ist nicht zu schultern. Die Union wird
aher in den nächsten Wochen ein Konzept vorlegen,
ie wir den Ausbau erneuerbarer Energien vorantreiben
nd gleichzeitig die Belastung für Wirtschaft und Ver-
raucher begrenzen und das gesamte System effizienter
achen können.


(Ulrich Kelber [SPD]: Sagen Sie schon heute etwas dazu!)


Zum Photovoltaik-Vorschaltgesetz: Die Photovol-
ik ist unstrittig eine interessante und zukunftsträchtige
echnologie, und zwar nicht nur begrenzt auf den Ein-
atz in Deutschland, sondern vor allem auch für den Ex-
ort. Auf diesem Feld wollen wir Technologieführer,
arktführer bei der Produktion und im Verkauf sein. Die
hotovoltaik ist bei der regulären Stromerzeugung und
er Einspeisung in das Netz – das gilt zumindest für Mit-
leuropa – noch weit von der Wettbewerbsfähigkeit ent-
ernt. Wir befinden uns in der Entwicklungs-, bestenfalls
der Versuchs- und Demonstrationsphase. Es geht in
bsehbarer Zeit also nicht, wie bei anderen erneuerbaren
nergien, um die Markteinführung oder gar um die
ettbewerbsfähigkeit mit anderen Energieträgern aus

ossilen oder erneuerbaren Energiequellen, sondern vor
llem um Technologieforschung. Das wird auch an den
on Ihnen vorgeschlagenen Vergütungssätzen deutlich.
iese reichen von 45,7 Cent pro Kilowattstunde bis
2,4 Cent pro Kilowattstunde. Damit bewegen wir uns,
as die Kosten gegenüber anderen Energieträgern an-
eht, im Bereich von Faktor 10.
Die Photovoltaik ist heute aber bereits für den Insel-

etrieb und vor allem für die Nutzung in anderen, sonni-
eren Länder interessant. Um Märkte erschließen und
xportieren zu können, sind Größendegressionseffekte
ei der Fertigung zu erzielen. Die Frage ist nur: Soll die
xportförderung – das frage ich Sie ernsthaft – der eh
chon über Gebühr belastete Verbraucher zahlen? Ist die
xportförderung nicht vielmehr Aufgabe von For-
chungs- und Technologieförderung oder von Außen-
irtschaftsförderung? Ihr Vorschlag ist insofern system-
remd.


(Ulrich Kelber [SPD]: Wir warten immer noch auf Ihre Vorschläge!)


(B)







(A) )



(B) )


Dr. Joachim Pfeiffer

Kommen Sie mir nicht mit der Haushaltslage. Wo ein

Wille ist, ist auch ein Weg. Bei der Förderung der Zu-
kunftstechnologie Photovoltaik geht es um einige hun-
dert Millionen Euro. Das ist zwar viel Geld, aber Sie
sind auch nicht bereit, diese Mittel zur Verfügung zu
stellen. Herr Müller, Sie haben gerade dampfplaudernd
über viele Bereiche gesprochen, den Bereich Steinkohle
haben Sie aber vergessen. Ich will Ihnen in Erinnerung
rufen: In dieser Woche hat Ihr Kanzler in den öffentli-
chen Haushalten en passant 17 Milliarden Euro für die
Steinkohle bereitgestellt.

Sie haben wertvolle Zeit verplempert und die gesamte
Branche verunsichert. Spätestens seit Frühjahr dieses
Jahres wissen Sie dies. Nachdem Sie ein halbes Jahr
nichts unternommen haben, können Sie jetzt nicht an-
dere für Ihre Fehler verantwortlich machen. Machen Sie
endlich Ihre Hausaufgaben und beantworten Sie die ge-
stellten Fragen, damit wir für diese und für andere Bran-
chen Planungs- und Investitionssicherheit erreichen kön-
nen!


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Ohne Nachhilfe können die doch keine Hausaufgaben ma chen!)

Lassen Sie mich abschließend noch zu einem ande-

rem Thema, das in dieser verbundenen Debatte auch auf-
zurufen ist, einige Sätze sagen. Es geht um das „Nuklear-
package“. Wir lehnen – auch meine Vorredner haben das
gesagt – den Eingriff in originäre nationale Zuständig-
keiten ab. Die Rückstellungen der deutschen Energiever-
sorgungsunternehmen gehören zu den wenigen Wettbe-
werbsvorteilen, die wir innerhalb Europas noch haben.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Für den Rückbau der Nukleartechnik und die Entsor-
gung in Deutschland haben die deutschen Energieversor-
gungsunternehmen Rückstellungen in einer Größenord-
nung von 30 Milliarden Euro getätigt.


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Die SPD hat darin herumgewildert!)


In Frankreich, das im Bereich der Kerntechnik einen we-
sentlich höheren Anteil hat, sind es weniger als
20 Milliarden Euro. Andere haben noch viel geringere
Rückstellungen gebildet.

Wir lehnen die Sozialisierung dieser Rückstellungen
innerhalb Europas, die einen Wettbewerbsvorteil für un-
sere Unternehmen darstellen, im nationalen Interesse ab
und rufen die Bundesregierung auf, dies bei den jetzt an-
stehenden Beschlüssen zu verhindern, damit wir neben
den anderen Benachteiligungen, die Sie uns mit Ihrer
Politik schon auferlegt haben – ich habe es aufgeführt –,
nicht auch noch in diesem Bereich ins Hintertreffen ge-
raten und den letzten Wettbewerbsvorteil innerhalb
Europas verlieren.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Ulrich Kelber [SPD]: Unglaublich! – Weiterer Zuruf von der SPD: So viele Minuten ohne ein einziges vernünftiges Wort!)


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(C (D Ich erteile Bundesminister Jürgen Trittin das Wort. (Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Gibt es den noch?)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1507501200

Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Natur-
chutz und Reaktorsicherheit:
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich be-

eide die Kollegin Merkel nicht um ihre Aufgabe, die di-
ersen Positionen, die es in der Union gibt, zusammen-
uhalten. Heute muss sie den Herrn Pfeiffer und den
errn Paziorek zusammenbinden. Herr Paziorek sagt, es
ebe viel zu wenig für die Biomasse, und Herr Pfeiffer
agt, wir müssten mit der Förderung drastisch herunter-
ehen. Dies zusammenzubinden kann man nur im Pfeif-
erschen Drüsenfieber oder solange man auf der Opposi-
ionsbank sitzt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Morgen geht das Kernkraftwerk Stade vom Netz.
as ist der sichtbare Beleg dafür, dass die Atomenergie
Deutschland keine Zukunft hat.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Sie haben auch keine!)


n den USA sollen diese Altanlagen 60 Jahre laufen; wir
albieren die Laufzeit. Damit wird der Weg für eine si-
here und zukunftsfähige Energiestruktur frei. Abge-
chriebene und über Jahre hoch subventionierte Altanla-
en dürfen die Investitionen in die Energiestruktur von
orgen nicht länger blockieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


llein in Deutschland müssen wir Kraftwerkskapazitä-
en von 40 000 MW ersetzen; in ganz Europa sind es
00 000 MW. Die Mehrheit der Staaten in der Europäi-
chen Union ist heute frei von Atomenergie oder auf
em Weg heraus aus der Atomenergie. Explizit nenne
ch Belgien, Schweden und die Bundesrepublik; implizit
rifft das auch auf das Vereinigte Königreich und die
iederlande zu.
Kein Land steigt aber so schnell aus wie die Bundes-

epublik Deutschland. Bis 2020 werden wir die Kraft-
erke abgeschaltet haben. Das heißt, bis dahin gehen
0 Prozent der Kraftwerkskapazitäten allein aufgrund
ieser Tatsache vom Netz. Für uns alle gemeinsam be-
eutet das: Kein Land muss sich so schnell um Ersatz-
apazitäten bemühen wie die Bundesrepublik Deutsch-
and. Das geht nur mit einer Energiepolitik, die sich von
llen Vereinseitigungen verabschiedet. Sie muss auf drei
äulen begründet sein: auf erneuerbare Energien, auf Ef-
izienz und auf Energieeinsparung.
Wir haben uns in der Koalition zusätzlich vorgenom-
en, bis 2020 40 Prozent der Treibhausgase in
eutschland einzusparen. Wenn wir dies bis 2020 errei-
hen wollen – Herr Paziorek, das ist der Grund für
iese Maßzahl –, dann geht das nur mit konsequenter
nergieeinsparung. Man kann nicht hier im Bundestag






(A) )



(B) )


Bundesminister Jürgen Trittin

Energieeinsparung fordern und gleichzeitig alle dafür
erforderlichen Instrumente bekämpfen. Aus der von
Ihnen beschimpften Ökosteuer zahlen wir die 340 Mil-
lionen Euro für die CO2-Einsparungen im Bereich vonGebäuden. Sie haben dafür 12 Millionen Euro aufge-
wendet.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Was haben Sie eigentlich bei der Kohle gemacht?)


Wenn wir die Energieeffizienz wirklich verdoppeln
wollen, brauchen wir einen ökonomischen Anreiz für ef-
fizientere Kraftwerke. Dafür gibt es das Instrument des
Emissionshandels. Wir müssen den Ausbau erneuerbarer
Energien forciert fördern. Das ist Zweck des Gesetzes.
Deswegen haben wir in dem Gesetzentwurf quantifi-
ziert, dass wir bis zum Jahre 2020 20 Prozent unseres
Stroms aus erneuerbaren Energien erzeugen wollen. Es
spricht Bände, Herr Paziorek, wenn Sie immer betonen,
Sie seien für die erneuerbaren Energien, sich aber
gleichzeitig gegen diese Zweckbestimmung wenden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Kohle!)


Diese beiden Ziele, Steigerung der Energieeffizienz
und Ausbau erneuerbarer Energien, dürfen nicht gegen-
einander ausgespielt werden. Beides kann nur miteinan-
der funktionieren. 20 Prozent zu erreichen ist das Ziel
des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Aber wir wollen
denjenigen, die in diesem Sektor tätig sind, klar machen:
Am Ende muss für sie die Marktfähigkeit stehen. Des-
wegen haben wir die Degression durchgehend auch da
festgeschrieben, wo es dem einen oder anderen wehtut,
beispielsweise im Bereich der Biomasse, was Sie ange-
sprochen haben.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Da haben Sie zu viel gemacht!)


Dabei müssen wir auch darauf achten, dass die Kos-
ten für die erneuerbaren Energien die Haushalte nicht
übermäßig belasten. Deswegen haben wir dafür Sorge
getragen, dass beispielsweise nicht nur große, sondern
auch mittlere Unternehmen von der Härtefallregelung
profitieren können, aber gleichzeitig eine Deckelung
vorgenommen: Wenn heute der Klimaschutz durch die
Förderung erneuerbarer Energien 1 Euro pro Haushalt
und Monat kostet, dann darf das künftig nur 1,10 Euro
sein. Das ist Politik mit Augenmaß: Förderung der er-
neuerbaren Energien und Beachtung der Kostenseite,
aber keine Umgestaltung des Erneuerbare-Energien-Ge-
setzes in eine reine Konsumentenumlage!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Koalitionsfraktionen beschließen heute ein Vor-
schaltgesetz für die Photovoltaik, das die Mindestvergü-
tung für Strom aus diesen Anlagen auf 45,7 Cent pro Ki-
lowattstunde festschreibt. Ich will darauf verweisen,
dass wir die bürokratische Deckelung bei den großen
Anlagen abschaffen und dass die Fördersätze für die In-

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(C (D tallation an Gebäuden, insbesondere für den Einsatz on Photovoltaik in Fassaden – das ist eine der wesentlihen Zukunftsfragen –, erhöht werden. Damit wird künfig die Förderung der Photovoltaik, die in Deutschland nzwischen dazu geführt hat, dass wir in Europa Spitzeneiter bei der Anwendung der Photovoltaik sind, allein urch das Erneuerbare-Energien-Gesetz getragen. Das ist jedoch nicht nur eine umweltund klimapoliti che Frage. Ich war letzte Woche bei Solar-World in reiberg in Sachsen. Dort wird die gesamte Wertschöpungskette, von der Siliziumproduktion bis zur Fertigung er Module, in einer Fabrik abgearbeitet. Dort sind aus 20 Arbeitsplätzen im Jahr 2000 inzwischen 425 Areitsplätze geworden. Der Wirtschaftszweig der erneueraren Energien hat schon heute eines erreicht: Mit mehr ls 130 000 Menschen arbeiten in dieser Branche mehr ls in der Kohleund Nuklearindustrie zusammen. Dies verteilt sich sehr unterschiedlich auf das Bun esgebiet. Ein Schwerpunkt sind die nördlichen Bundesänder – Neustadt-Glewe ist bereits angesprochen woren –, im Osten der Republik tut sich einiges. Aber im üden, in Bayern und Baden-Württemberg, gibt es noch allische Dörfer, wo die Landesregierung nichts anderes u tun hat, als jede Anlage von erneuerbaren Energien it allen bürokratischen Mitteln zu schikanieren und zu erhindern. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf von der FDP: Quatsch!)


Reden Sie mal mit den Investoren von Ostwind, reden
ie mit denen, die beispielsweise nicht nur Windanla-
en, sondern auch Biomasseanlagen in Bayern genehmi-
en lassen wollten!
Dann wissen Sie, was bayerische Regelungswut und

ayerische Bürokratie alles bewirken kann, nämlich die
erhinderung von Investitionen und der Schaffung von
rbeitsplätzen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


as passt nicht mit den Reden über erneuerbare Ener-
ien zusammen.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Mit dem Dosenpfand machen Sie Arbeitsplätze kaputt!)


Über das Dosenpfand brauchen Sie mir nichts zu er-
ählen. Ich habe gegen die Bayerische Staatsregierung
ie Vernichtung der bayerischen mittelständischen und
leinen Brauereien verhindert. Das sehen die genauso.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Lachen und Widerspruch bei der CDU/CSU)


Zu der Frage der Energieeffizienz in der Energiepoli-
ik.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1507501300

Herr Kollege Trittin, gestatten Sie eine Zwischen-

rage des Kollegen von Klaeden?






(A) )



(B) )


Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Natur-

schutz und Reaktorsicherheit:
Bitte schön, Herr von Klaeden.

Eckart von Klaeden (CDU):
Rede ID: ID1507501400

Herr Bundesminister, da Sie eben selber das Dosen-

pfand angesprochen haben,

(Marco Bülow [SPD]: Hat er nicht! – Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Er hat es aufgegriffen!)


darf ich Sie fragen, ob Ihnen bekannt ist, dass mittler-
weile eine eidesstattliche Erklärung von acht Personen,
allesamt Arbeitnehmervertreterinnen und -vertreter
– von Beruf sind diese Linienführer, Dreher, Maschinist,
Industriemeister, Maschinenschlosser, Maschinenführer,
Elektroniker –, vorliegt, die an einem Gespräch mit Ih-
rem Staatssekretär teilgenommen haben,


(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach nein! – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


wonach auf die sinngemäße Feststellung eines Betriebs-
rats, dass die Einwegindustrie und die Arbeitsplätze den
B
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1507501500
„Ja, meine Herren, dies ist politisch auch so
gewollt.“


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Was?)

Sie haben hier vor dem Deutschen Bundestag genau das
Gegenteil behauptet. Ich darf Sie bitten, zu dieser eides-
stattlichen Erklärung Stellung zu nehmen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Natur-

schutz und Reaktorsicherheit:
Herr von Klaeden, Sie können sich ganz schnell wie-

der hinsetzen. Ich habe der Feststellung – die ich hier
schon gemacht habe –, dass mein Staatssekretär diese
Unterstellung schon mehrfach zurückgewiesen hat,
nichts, aber auch gar nichts hinzuzufügen.


(Abg. Eckart von Klaeden [CDU/CSU] will wieder Platz nehmen)


– Bevor Sie sich hinsetzen,

(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Sie haben doch gerade gesagt, ich solle mich hinsetzen!)

möchte ich Sie fragen – dann ist die Frage abschließend
beantwortet, Herr Parlamentarischer Geschäftsführer –,
ob es mit den Regeln, die sich dieses Haus gegeben hat,
vereinbar ist, Debatten zu Themen auf diese Weise zu
gebrauchen, um nicht das Wort „missbrauchen“ zu ver-
wenden.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Das entscheiden Sie noch lange nicht!)


Das müssen die Parlamentarischen Geschäftsführer un-
tereinander klären; dafür fehlt mir die Beurteilung.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Jetzt sind Sie sprachlos!)


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(C (D Wir kommen zum Thema zurück: Wie sieht die Energieersorgung von morgen aus? – Es bedarf auch der Effizienz. as knapp ist, wird sorgsam und kosteneffizient bewirtchaftet. Für die Knappheit gibt es ein Instrument, nämich den Vertrag von Kioto. Bis 2010 dürfen Industrie, nergiewirtschaft, Gewerbe, private Haushalte und Verehr in Deutschland nicht mehr als 841 Millionen Tonen CO2 ausstoßen. Das ist die Obergrenze und diesebergrenze gilt ohne Ausnahme. Damit bekommt der CO2-Ausstoß einen Preis, der inonnen gemessen wird. Künftig kostet übermäßige Kliabelastung den Verursacher Geld. (Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/CSU]: Sie können den Zeigefinger wieder einfahren!)


insparungen aber kann man überall in Europa verkau-
en. Grundlage für die Vergabe dieser Mittel wird der
O2-Emissionshandel sein. Das Einsparziel der deut-chen Industrie von 45 Millionen Tonnen ist maßgebend,
icht mehr, aber auch nicht weniger.
Sie werden sich mit dem zugrunde liegenden Gesetz,

as heißt mit der Frage der wesentlichen Regeln, auf de-
en Basis wir diese Emissionsrechte verteilen, hier im
undestag beschäftigen müssen. Die Bundesregierung
ird im Dezember das Treibhausgas-Emissionshandels-
esetz verabschieden und danach haben Sie zu entschei-
en. Sie haben danach nicht nur über diese allgemeinen
egeln zu entscheiden, sondern Sie werden sich unter-
inander – auch zwischen den Positionen von Herrn
feiffer und Herrn Paziorek – zu einigen haben.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Das lassen Sie mal unsere Sorge sein!)


ie werden sich über die Frage zu einigen haben, wie
iele Millionen Tonnen CO2 die privaten Haushalte, wieiele Millionen Tonnen CO2 der Verkehr, wie viele Mil-ionen Tonnen CO2 die Energiewirtschaft, die Industriend das Gewerbe emittieren dürfen, und zwar bis 2020,
pezifiziert nach nachrechenbaren Tonnen.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Klären Sie das mal mit Clement!)


Ich bin sehr gespannt,

(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Was Herr Clement sagt!)

b Sie das Vorgehen, das Sie hier an den Tag legen – näm-
ch die von Ihnen selbst bewirkte Verfehlung klimapoliti-
cher Ziele zu bejammern, aber gleichzeitig jede kon-
rete Maßnahme zur Erreichung dieser Ziele im
undestag zu blockieren –, auch weiter durchhalten wer-
en.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich bin der festen Überzeugung: Der Emissionshandel
ietet eine Chance für die deutsche Wirtschaft; er er-
ichtert ihr übrigens auch den Klimaschutz.
Mehr Effizienz ist eine der Säulen der Versorgungssi-

herheit von morgen. Effizienz, erneuerbare Energien
nd Energiesparen bilden die Grundlage für die Versor-






(A) )



(B) )


Bundesminister Jürgen Trittin

gungssicherheit, aber auch für einen vernünftigen Kli-
maschutz auch und gerade im Interesse künftiger Gene-
rationen.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1507501600

Ich erteile der Kollegin Birgit Homburger, FDP-Frak-

tion, das Wort.

(Beifall bei der FDP)



Birgit Homburger (FDP):
Rede ID: ID1507501700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

diskutieren heute ein sehr wichtiges Thema. Herr Minis-
ter Trittin, Sie haben in Ihrer Rede ausgeführt, der Aus-
stieg aus der Kernenergie sei der Einstieg in eine sichere
und zukunftsfähige Energieversorgung. Dem muss ich
entgegenhalten: Ohne ein konkretes Energiekonzept für
den Wirtschaftsstandort Deutschland


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: So ist es!)

ist der Ausstieg aus der Kernenergie noch lange kein
Einstieg in eine sichere Energieversorgung. Ein solches
Konzept fehlt, Herr Trittin!


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Deswegen möchte ich für meine Fraktion betonen:
Wir wollen ein Energiekonzept, das auf der einen Seite
die Versorgungssicherheit für dieses Land gewährleistet,
das aber auf der anderen Seite einen neuen Energiemix
beinhaltet, der Unabhängigkeit von politisch instabilen
Regionen schafft. Angesichts der beim Erdöl und Erdgas
bestehenden Abhängigkeit von Ländern, die politisch
bei weitem nicht stabil sind, ist ein umfassendes Ener-
giekonzept geboten.

Dazu gehören aber mehrere Komponenten, nämlich
das Energiesparen und die Energieeffizienz.


(Siegfried Scheffler [SPD]: Donnerwetter! Sie haben etwas gelernt!)


Einzubeziehen ist nicht nur der Strommarkt, sondern
sind auch der Wärmemarkt und – Herr Müller hat es an-
gesprochen – der Verkehrsbereich. Wenn Sie das alles
mit einbeziehen wollen, dann müssen Sie den Mut auf-
bringen, in moderne Technologien – auch in die Spei-
chertechnologie – einzusteigen. Nur dann werden Sie es
schaffen, den erneuerbaren Energien eine Zukunft zu ge-
ben.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Guten Morgen! – Weiterer Zuruf von der SPD: Das ist ganz neu!)


Das hat zum einen damit zu tun, dass die Verfügbarkeit
von erneuerbaren Energien zum Teil sehr schwankt.
Sie müssen zum anderen auch berücksichtigen, dass
beim Netzausbau und dem Vorhalten der Regelenergie-

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(C (D eserve Kosten entstehen. Deswegen ist es dringend erorderlich – aus diesem Grunde haben wir unseren Anrag zum Thema Speichertechnologie vorgelegt –, die etzunabhängigkeit der erneuerbaren Energien zu erreihen. (Ulrich Kelber [SPD]: Das ist eine falsche Schlussfolgerung!)


ur so können wir ihnen in Deutschland eine riesige Zu-
unftsperspektive geben.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Im Zusammenhang mit den beiden in Ihren Vorlagen
um Thema Atomenergie erwähnten Richtlinien der Eu-
opäischen Union, über die wir heute auch beraten,
öchte ich Ihnen eines sagen: Wir sind uns in einigen
unkten durchaus einig, aber Sie nutzen das wieder für
ine ideologische Kundgebung. Das kann ich nicht nach-
ollziehen.
Wenn wir über die sichere Energieversorgung dieses

andes diskutieren, dann geht es nicht um heute und
orgen. Es geht vielmehr um eine Perspektive für die
ächsten 50 Jahre oder mehr. Wenn wir in solchen Per-
pektiven denken, dann geht es nicht an, den Vorrang
on nicht nuklearer Energieforschung in Europa festzu-
chreiben, wie Sie das wollen. Wir müssen vielmehr die
hance ergreifen, mit dem internationalen Projekt ITER
ie Fusionsforschung in Europa zu halten und die Bun-
esrepublik Deutschland daran zu beteiligen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich möchte noch etwas zu der Feststellung der Kolle-
in Hustedt anmerken, dass die Energieversorger durch-
us in der Lage seien, schwankende Energiemengen zu
andhaben. Ich möchte Ihnen nur eines sagen, Frau
ustedt: Technisch ist das möglich. Aber Sie müssen
uch die finanziellen Auswirkungen einplanen. Wir sind
er Meinung, dass wir, wenn wir die Zukunftsfähigkeit
er erneuerbaren Energien sicherstellen wollen, eine in-
elligente Verknüpfung der Photovoltaik – über den Ent-
urf eines entsprechenden Vorschaltgesetzes reden wir
a heute morgen – mit dem Emissionshandel brauchen.
err Minister Trittin, Sie haben gesagt, dass Sie das ma-
hen wollen. Aber warum haben Sie das nicht schon
ängst getan? Das ist doch die Frage, die Sie sich stellen
assen müssen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Ich sage klar und deutlich: Wir können durch die Ver-

nüpfung mit dem Emissionshandel Exportmöglichkei-
en und riesige Chancen für die Photovoltaik eröffnen;
as will die FDP. Wenn wir den erneuerbaren Energien
icht nur in Deutschland, sondern weltweit eine Zukunft
eben wollen, dann müssen wir das Ganze effizient or-
anisieren und Kostensenkungspotenziale realisieren.
as sind wir den Menschen in diesem Lande schuldig.
Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)







(A) )



(B) )



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1507501800

Ich erteile das Wort Kollegen Marco Bülow, SPD-

Fraktion.

(Beifall bei der SPD)



Marco Bülow (SPD):
Rede ID: ID1507501900

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lange

Zeit haben konservative Kräfte geleugnet, dass die Erde
um die Sonne kreist. Doch sie konnten den Fortschritt
nicht aufhalten. Dieses Phänomen scheint sich nun zu
wiederholen. Vehement leugnen heute andere starke
Kräfte, dass bereits in absehbarer Zeit ein Großteil des
Energiehungers mit der Kraft der Sonne gestillt werden
kann. Ich bin fest davon überzeugt, dass sich der Fort-
schritt erneut durchsetzen wird.


(Beifall bei der SPD)

Diesmal steht allerdings mehr auf dem Spiel und wir

haben deutlich weniger Zeit. Der bildliche Satz „Nach
mir die Sintflut!“ könnte zur grausigen Realität werden.
Damit das nicht Realität wird, reicht nicht nur die Er-
kenntnis aus – diese haben auch einige aus der Opposi-
tion –, dass wir große Potenziale der erneuerbaren Ener-
gien, insbesondere der Sonnenenergie, nutzen können.
Das muss vielmehr auch in die Tat umgesetzt werden
und darf auf keinen Fall verhindert werden. Dem ist die
rot-grüne Koalition mit zahlreichen Initiativen und Ge-
setzen nachgekommen. Das wohl wichtigste – und auch
sehr erfolgreiche – Gesetz war das Erneuerbare-Ener-
gien-Gesetz, kurz EEG. Ich hoffe, dass auch in der Oppo-
sition in zunehmenden Maße die Erkenntnis wächst – ich
weiß, dass das bei einigen Abgeordneten bereits der Fall
ist –, dass es notwendig ist, mehr als nur vollmundige
Lippenbekenntnisse zu den erneuerbaren Energien abzu-
liefern. Dafür bieten die anstehenden Beratungen über
die Entwürfe einer Novelle zum EEG und eines Photo-
voltaik-Vorschaltgesetzes eine hervorragende Möglich-
keit.

Ich wollte heute eigentlich eine friedensstiftende Rede
halten, die uns zusammenbringt. Doch einige Meinungs-
bekundungen von der Opposition veranlassen mich, ein,
zwei Sätze zu sagen, die nicht in diesem Sinne sind. Herr
Paziorek, Sie spielen sich heute als Retter der erneuerba-
ren Energien auf. Dabei gibt es viele in der Union – das
ist auch heute wieder deutlich geworden –, die die erneu-
erbaren Energien eigentlich lieber verteufeln. Welchen
Stand Sie in der Branche haben, haben Sie selbst auf der
von Ihnen erwähnten Demonstration erlebt. Der Applaus
für Sie war nicht besonders groß.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Ganz im Gegenteil!)


Ich erinnere nur an 1998, als viele aus der Branche ge-
sagt haben: Wir haben Angst vor einem Regierungs-
wechsel. Deswegen bleiben uns die Kunden weg. – Das
ist die Realität in diesem Land. Die Branche weiß genau,
was sie an Rot-Grün hat und was sie mit Ihnen bekom-
men würde.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU/CSU)



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(C (D Angesichts Ihrer Zurufe möchte ich Ihnen Folgendes agen: Sie von der Union nehmen die Umweltschutznd die Energiepolitik so ernst, dass Sie Herrn Hohmann n den Umweltausschuss strafversetzen! (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Vorsicht! Vorsicht! Das war überzogen!)


Herr Pfeiffer, überprüfen Sie bitte Ihre Kostenberech-
ungen. In 14 Minuten haben Sie keinen einzigen Vor-
chlag gemacht, aus dem hervorgeht, wie Sie eine Erneu-
rbare-Energien-Politik machen wollen. Sie sind doch
och viel zu jung, um ein Dinosaurier zu sein.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Über den Entwurf der EEG-Novelle wollen wir mit

llen Fraktionen intensiv beraten und dann möglichst zü-
ig beschließen; denn die Branche braucht Planungssi-
herheit. Es darf in diesem innovativem Bereich zu kei-
em Fadenriss kommen. Ich weiß, dass es an einigen
tellen, beispielsweise in der Biogasbranche – hier gebe
ch Ihnen Recht –, trotzdem sehr eng werden wird.
Das Auslaufen des erfolgreichen 100 000-Dächer-
rogramms würde aber selbst bei einem reibungslosen
ovellierungsverfahren zumindest für einen Teil der
hotovoltaikbranche zu spät kommen. Ich habe eine
iste mit Firmen, die schon jetzt mehr als nur zu kämp-
en haben. Beispielsweise hat einer der größten deut-
chen Solarzellenproduzenten in den neuen Ländern we-
en der unsicheren politischen Lage für 2004 noch
einen einzigen festen Auftrag. Das ist ein Novum.
enn wir jetzt nicht handeln, dann sind über 10 000 zu-
unftsfähige Arbeitsplätze gefährdet, und das in einer
ungen Branche mit großem Potenzial. Ich brauche hier
icht zu erklären, dass eine junge Branche natürlich
eine großen Rücklagen gebildet haben kann, um in ei-
em solchen Fall darauf zurückzugreifen.


(Kurt-Dieter Grill [CDU/CSU]: Das gilt aber auch für andere in diesem Lande!)


Wir gefährden unsere gute Position auf dem Welt-
arkt. Mithilfe des 100 000-Dächer-Programms hat sich
ie deutsche Photovoltaikwirtschaft in einer Zukunfts-
chnologie an die internationale Spitze katapultiert.
em ging ein Gesetz voraus, das Rot-Grün auf den Weg
ebracht hat. Außerdem gefährden wir das Erreichen un-
erer Klimaziele. Wir begrüßen es deshalb, dass sich das
undesumweltministerium dem Vorschlag der Koali-
onsfraktionen nach einem Photovoltaik-Vorschaltge-
etz angeschlossen hat.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Die Förderbeiträge des vorliegenden Vorschaltgeset-

es sollen bereits am 1. Januar 2004 ihre Wirkung entfal-
n. Schon im Vorschaltgesetz sind die Änderungen
nthalten, die sich später in der großen Novelle wieder-
inden. Statt einer Vergütungsstufe plädieren wir für eine
asisvergütung und eine mögliche Zusatzvergütung.
ies ermöglicht eine zielgenauere Förderung und eine
evorzugung von Anlagen auf Fassaden, Dächern und
ärmschutzwänden. Für Anlagen auf Freiflächen ist die






(A) )



(B) )


Marco Bülow

Basisvergütung vorgesehen, sie unterliegen aber dem
Geltungsbereich des Bebauungsplans.

Die Förderung von Photovoltaik ist ein gutes Beispiel
für unsere Idee der Gesamtförderung der erneuerbaren
Energien. Durch die Maßstäbe, die wir anlegen, tragen
wir dazu bei, auch beim Klimaschutz Rücksicht auf den
örtlichen Umweltschutz zu nehmen. Wir bringen die In-
teressen der Ökologie und der Ökonomie zusammen, so-
dass beide profitieren. Außerdem setzen wir auf eine im-
mer effizientere Förderung.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal betonen: Die
Degression bei Photovoltaik beträgt 5 Prozent; das heißt,
die Förderung wird jedes Jahr um 5 Prozent zurückge-
fahren. Hinzu kommt die Inflation. Wir haben von An-
fang an, auch beim ersten Gesetz, auf die Wirtschaft-
lichkeit der erneuerbaren Energien gesetzt. Es wäre
äußerst wohltuend, wenn diese harten Auflagen bei-
spielsweise bei der Atomenergie gegolten hätten. Wenn
das der Fall gewesen wäre, dann hätten wir in diesem
Land einige Probleme weniger.

Gerade diejenigen, die bei den erneuerbaren Energien
mehr Abstriche fordern, drükken bei den herkömmli-
chen Energieressourcen gerne beide Augen zu. Dies ist
unangemessen und ungerecht. Die Diskussion über die
Kosten der erneuerbaren Energien war vom ersten Tag
an eine einzige Farce. Ich hoffe, wir werden die folgen-
den Diskussionen sachlicher und fairer führen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Dabei ist es keine Frage, dass einige Erneuerbare-
Energien-Branchen schon in absehbarer Zeit wettbe-
werbsfähig sind. Deren Innovationskraft und Effizienz-
steigerung – Frau Brunkhorst, hören Sie gut zu! – geben
uns dazu einen guten Anhaltspunkt. Hinzu kommt, dass
ein großer Teil des fossilen Kraftwerksparks erneuert
werden muss. Dies geht nicht zum Nulltarif. Selbst die
vorsichtige Schätzung von RWE Schott Solar besagt,
dass die Wettbewerbsfähigkeit von Solarstrom in zehn
Jahren in Südeuropa und in weiteren zehn Jahren in Mit-
teleuropa erreicht wird. Das ist die Realität.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Kostenschere zwischen den erneuerbaren und den
herkömmlichen Energien wird sich schließen, selbst
ohne Einbeziehung der externen Kosten, also beispiels-
weise ohne Einbeziehung der Umweltkosten, die auf der
Stromrechnung niemals ihren Niederschlag finden, ob-
wohl wir und vor allen Dingen die nachfolgenden Gene-
rationen sie zu tragen haben.

Die Energiewende hin zu mehr Effizienz und einer
Steigerung des Anteils der erneuerbaren Energien ist
keine Utopie. Anders als uns einige immer weismachen
wollen, ist sie vor allen Dingen kein Luxus, den man
sich nur leisten kann, wenn man genug Geld dazu hat.
Luxus ist vielmehr, die Chancen von heute verstreichen
zu lassen. Dies würden uns unsere Kinder niemals ver-
zeihen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Die Energiewende ist unser nachhaltigstes Projekt berhaupt: Sie schafft Arbeitsplätze, sichert unsere Leensgrundlage und ist die Basis unserer Wirtschaft. Der reidenker Ludwig Uhland hat einmal gesagt: Umsonst bist du von edler Glut entbrannt, wenn du nicht sonnenklar dein Ziel erkannt. ir haben unser Ziel erkannt. Dieses Ziel heißt: Auf zur utzung „der edlen Glut“ der Sonne! Vielen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1507502000

Ich erteile der Kollegin Doris Meyer, CDU/CSU-

raktion, das Wort.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Doris Meyer (CSU):
Rede ID: ID1507502100

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen

nd Herren! Die Photovoltaikbranche wird heute ver-
utlich aufatmen und vorsichtigen Optimismus an den
ag legen, Optimismus, weil ihr geholfen werden kann.


(Beifall des Abg. Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Wohl wahr!)


ach dem Wegfall des 100 000-Dächer-Programms
itte dieses Jahres verspürte sie keine oder nur noch ge-

inge Motivation, in neue Anlagen zu investieren. Es
usste Abhilfe geschaffen werden. Abhilfe verspricht
an sich nun von dem heute vorliegenden Vorschaltge-
etz, dem 2. EEG-Änderungsgesetz.
Bereits das 1. Änderungsgesetz zum EEG sollte Ab-

ilfe schaffen. Die durch das EEG bedingten Schmerzen
er besonders energieintensiven Unternehmen sollten
amit beseitigt werden. Beseitigt werden sollten aber
uch wieder einmal handwerkliche Fehler der rot-grünen
oalition.


(Beifall bei der CDU/CSU)

ie rot-grüne Koalition hat sich in den Diskussionen
ber das Für und Wider einer Härtefallregelung verhed-
ert. In einem Schnellschussverfahren hat sie die Härte-
allregelung in Gesetzesform gegossen.
Genauso ist es nun mit dem Vorschaltgesetz zur Pho-

ovoltaik. Das schon erwähnte Förderprogramm ist
itte dieses Jahres ausgelaufen. Nun stellt sich heraus:
ie Photovoltaik kommt nicht mehr vorwärts. Die Solar-
ndustrie ist in ihrer Existenz bedroht.
Bereits Mitte August wurde mit dem Referentenent-
urf des BMU die neue Runde der EEG-Novellierung
ingeläutet. Sie ist bei den Ressortabstimmungen oder,
esser gesagt, bei den Streitereien zwischen dem Um-
eltminister Jürgen Trittin und seinem Kollegen Wirt-
chaftsminister Wolfgang Clement unter die Räder ge-
ommen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)







(A) )



(B) )


Doris Meyer (Tapfheim)


Wer von den beiden den Streit angezettelt hat, vermag

schon niemand mehr zu sagen. Hat nun der eine das zum
Energiegipfel hochstilisierte Treffen beim Kanzler ohne
Beteiligung des anderen stattfinden lassen oder hat der
andere seinen Referentenentwurf noch kurz vorher vor-
gelegt, um den einen zu ärgern?


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Interessant! – Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: So war es!)


Es fällt schwer, unter den beiden einen Verantwortlichen
auszumachen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das Problem bei solchen Streitereien unter den Res-

sortchefs ist die Verzögerung, die sich daraus unweiger-
lich ergibt. Sie lähmt die dringend notwendige Sachar-
beit. Ob einem der beiden geholfen ist, wenn er über
seinen Kollegen obsiegt, interessiert vielleicht noch die
rot-grüne Koalition, aber nicht die von den Gesetzen be-
troffenen Unternehmen. Die interessiert, wie sich die
Gesetze für sie und auf ihre Pläne in den nächsten Jahren
auswirken.

Ergebnis dieser Streitereien ist das Herauslösen bzw.
Vorziehen der Regelung zur Photovoltaik. Nach der Här-
tefallregelung ist das heute vorliegende Vorschaltgesetz
also ein zweiter Schnellschuss. Wir als verantwortungs-
bewusste Parlamentarier müssen uns gegen diese Art
und Weise des Zustandekommens vehement wehren.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Dem Änderungsgesetz können wir von den Unions-
fraktionen zwar grundsätzlich zustimmen; zu den einzel-
nen Vergütungssätzen besteht aber noch Diskussions-
bedarf.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Wohl wahr!)

Die Erhöhung der Mindestvergütungen für die so ge-
nannten gebäudeintegrierten Fassadenanlagen geht in
die richtige Richtung. Wir dürfen die Flächenversiege-
lung nicht forcieren. Die Solaranlagen müssen konse-
quent in die Gebäudeflächen einbezogen werden. Solar-
anlagen an oder auf Gebäuden und baulichen Anlagen
sind eindeutig solchen auf Freiflächen vorzuziehen. Das
bislang erzielte Abstimmungsergebnis zwischen den bei-
den Ministerien kann wieder nur eine Grundlage bilden,
auf der wir verhandeln. Wir müssen alles im Einzelnen
genau betrachten.

Mit Einführung des Stromeinspeisungsgesetzes An-
fang der 90er-Jahre war fraktionsübergreifend die Ziel-
richtung klar. Die meisten Energieträger sind endlich.
Deshalb musste im Sinne der Nachhaltigkeit eine Ände-
rung herbeigeführt werden. Langfristig kann somit nur
ein Mix aus herkömmlichen und regenerativen Energien
helfen, die Energieversorgung zu sichern. Dies sollten
gelegentlich auch die Gegner der einen oder anderen
Energieart einmal bedenken.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Das ist richtig!)


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(C (D lle wissen um diese Notwendigkeiten, aber nur die weigsten handeln danach. Die meisten sind immer noch lten Denkstrukturen verhaftet. Das führt uns eines Taes in die energiepolitische Sackgasse, meine Damen nd Herren. Besser ist es, Chancen und Potenziale zu nutzen, die ie verschiedenen Energiearten bieten, und deren Voreile miteinander zu kombinieren. Die Wasserkraft beipielsweise ist eine jahrhundertealte Energieart. Dem üngsten Gutachten von Professor Ripl ist zu entnehmen, ie positiv sich Kleinwasserkraftwerke auf die Natur uswirken. Dieses Werk kann ich allen Skeptikern zur ektüre empfehlen. Die so genannte kleine Wasserkraft ber durch noch strengere Vorgaben als die der Wasserahmenrichtlinie und der Naturschutzgesetze zu hemmen st unsinnig. Bei der Biomasse das gleiche Spiel: Gerade die Be eiber kleinerer Anlagen brauchen ein deutliches Signal, ohin die Reise gehen soll. Ist wirklich eine dezentrale nergieversorgung gewünscht oder nicht? Wir müssen ns entscheiden, meine Damen und Herren: Es ist unverntwortlich, die Dauer des Mindestvergütungsanspruchs ei Strom aus Biomasse auf 15 Jahre herunterzufahren, tatt sie bei den 20 Jahren zu belassen, die für alle andeen Stromarten gelten. ine solche Maßnahme gibt ein falsches Signal an die nlagenbetreiber und -bauer. Wir von der Union wollen bei der EEG-Novelle kein auruckverfahren wie jetzt bei der Photovoltaik-Fördeung, sondern genügend Zeit für Beratungen. (Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)


ir halten am Ziel fest, den Anteil der erneuerbaren
nergien bis 2010 auf 12,5 Prozent zu steigern. Wir wol-
n eine nachhaltige Klimaschutzpolitik. Wir wollen
ffiziente Anreize zur Verbesserung der Technologien
chaffen. Wir wollen Anreize zur Senkung der Produkti-
nskosten geben. Wir wollen den Standort Deutschland
ür die erneuerbaren Energien erhalten. Schließlich wol-
n und müssen wir die regenerativen Energien zur Wett-
ewerbsfähigkeit führen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1507502200

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf

en Drucksachen 15/1974, 15/1605 und 15/1813 an die
n der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge-
chlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der
all. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.
Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-

chusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit






(A) )



(B) )


Präsident Wolfgang Thierse

auf Drucksache 15/1781 zu zwei Unterrichtungen durch
die Bundesregierung über EU-Vorlagen zur nuklearen
Sicherheit. Der Ausschuss empfiehlt in Kenntnis der Un-
terrichtungen durch die Bundesregierung die Annahme
einer Entschließung. Wer stimmt für diese Beschluss-
empfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? –
Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen von SPD
und Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen von
CDU/CSU und FDP angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 4 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Peter
Paziorek, Marie-Luise Dött, Dr. Klaus W. Lippold

(Offenbach), weiterer Abgeordneter und der

Fraktion der CDU/CSU
Nationalen Allokationsplan als Parlaments-
gesetz gestalten
– Drucksache 15/1791 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Auswärtiger Ausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem
Kollegen Klaus Lippold, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Klaus W. Lippold (CDU):
Rede ID: ID1507502300

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Lassen Sie mich eine kurze Vorbemerkung ma-
chen, bevor ich zum Sachthema komme. Ich habe gerade
erlebt, wie Sie, Herr Trittin, im Zusammenhang damit,
dass Sie, wie Ihr Staatssekretär gesagt hat, durch die Ver-
packungsverordnung mutwillig Arbeitsplätze vernich-
ten, wiederum ausweichend geantwortet und faktisch so
getan haben, als sei die eidesstattliche Erklärung der acht
Betriebsräte infrage zu stellen. Ich sage ganz offen: Ich
habe für Ihre Haltung kein Verständnis.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Es passt aber zu Ihrer Grundhaltung, Herr Trittin.

Denken wir nur an die Verlautbarung Ihres Pressespre-
chers, dass Sie die Abschaltung des Kernkraftwerkes
Stade – die Vernichtung von Arbeitsplätzen – mit einem
Empfang, einer Fete mit Musik und allem Drum und
Dran, verbinden. Das ist doch zynisch, Herr Trittin. Dass
Sie in Ihrem Ministerium die Vernichtung von Arbeits-
plätzen feiern und zu dieser Feier alte Kampfgefährten
einladen –


(Birgit Homburger [FDP]: Mit Steuergeldern!)

das kann ich so nicht akzeptieren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Das wäre ein Punkt, an dem wir einmal über die Streihung von Haushaltsmitteln in Ihrem Etat nachdenken üssten. Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Klima chutz ist eine der größten Herausforderungen der Geenwart. Das ist ein Punkt, über den zwischen allen raktionen dieses Hauses Einvernehmen herrscht. Ich laube, dass die Klimakatastrophe nicht nur entschiedees nationales, sondern auch internationales Handeln erordert. Mit dem Kioto-Protokoll machen wir einen Veruch, aber noch ist das Kioto-Protokoll nicht ratifiziert. eshalb ist der Versuch der Europäischen Union, verchiedene Instrumente zum Klimaschutz zu aktivieren, amit wir die Situation verbessern, zu begrüßen. Insoern begrüßen wir die Richtlinie zum Emissionszertifikaehandel. Ich glaube, auch das ist ein Punkt, in dem wir ns einig sind. Allerdings – das sage ich ganz deutlich – ollen wir festhalten, dass wir ein Verfahren wählen, das nbürokratisch und flexibel ist. Es gibt, meine sehr verehrten Damen und Herren, ei en Punkt, den man sich klar machen muss: Das Kerntück der Richtlinie ist der nationale Allokationsplan. it dem Allokationsplan wird die Gesamtmenge der in iner Handelsperiode zuzuteilenden Emissionsberechtiungen festgelegt. Das klingt sehr abstrakt – was bedeuet das? Wir legen fest, wie viel CO2 ein Unternehmenmittieren darf, also wie viel Energie es verbrauchen arf. Wir legen fest, wie viel Energie ein Sektor der irtschaft verbrauchen kann. Wir legen fest, wie die erteilung der Emissionen auf die Sektoren der Wirtchaft vorgenommen wird. Da bleiben im Moment noch eine ganze Reihe von entralen Fragen zu stellen. Warum? Mit der Zuteilung on Energie ist auch die Zuteilung von Chancen oder das ersagen von Chancen verbunden. Wenn jemandem zu enig Emissionsberechtigungen zugeteilt werden, muss r seine Produktion einschränken, Arbeitsplätze zurückahren, Arbeitsplätze abbauen. Wenn ich diese Fragen ehandle, muss ich wissen, wie es weitergehen soll: reffe ich eine Regelung, die für den Betrieb, die für den ektor adäquat ist? Wir sind in einer von dieser rot-grünen Regierung mit u verantwortenden rezessiven Phase. Es stellt sich die rage, was geschieht, wenn eine wirtschaftliche Erhoung – trotz Ihrer Politik – eintritt. Die Aufwärtsentwickung in den USA könnte ja der Anlass dafür sein, dass ie Wirtschaft auch bei uns anspringt, dass die Wirtchaftler sagen: Die weltweite Entwicklung überspielt ie katastrophale Wirtschaftspolitik dieser Bundesregieung. – Was wird dann mit den einzelnen Unternehmen? aben wir die nötigen Reserven, um den Unternehmen ann mehr Emissionsberechtigungen zuzuteilen? (Zuruf von der CDU/CSU: Für uns ist das eine wichtige Frage!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Schließlich sollen sich trotz der Politik dieser Bun-
esregierung auch neue Unternehmen gründen können.






(A) )



(B) )


Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach)


Diesen neuen Unternehmen müssen wir Emissionsbe-
rechtigungen kostenlos zuteilen können, denn wenn sie
sie nicht kostenlos erhalten, werden sie unter Umständen
überlegen, ob sie einen anderen Standort wählen. Die
Arbeitsplätze würden dann an einem anderen Standort
entstehen. Das kann nicht angehen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Es ist auch eine Frage, wie es aussieht, wenn Sie – was
nicht eintreten wird, aber was ja sein könnte – den Ausstieg
aus der Kernenergie wirklich durchsetzen. Dafür ist – das
war heute schon zu hören – ein völlig emissionsfreier Er-
satz nicht möglich.

Es kann doch nicht sein, dass die Wirtschaft, die
Haushalte und auch der Verkehrssektor dafür bestraft
werden, dass Sie eine falsche Entscheidung treffen. Es
müssen vielmehr Vorkehrungen getroffen werden, mit
denen sichergestellt wird, dass die zusätzlichen Emissio-
nen aus einer Reserve, die die Bundesrepublik Deutsch-
land und niemand anders bereitstellt, abgedeckt werden.
All diese Fragen, die sich in der derzeitigen Situation er-
geben, sehe ich überhaupt noch nicht geregelt.

Ich sage ganz deutlich: Die Antworten auf diese Fra-
gen sind für den Arbeitsmarkt und für die zukünftige
Entwicklung von Ausbildungsplätzen – mit der Ausbil-
dungsplatzabgabe werden Sie das Gegenteil bewirken –
so wichtig, dass sie nicht en passant von der Bundesre-
gierung allein beantwortet werden können. Über diese
Fragen muss im Parlament diskutiert werden; sie sind zu
wichtig, als dass die Regierung allein darüber entschei-
den kann.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dass in unserem Antrag – ich sage das einmal so –

ein gewisses Misstrauen gegenüber der Bundesregierung
und ihren Ansätzen mitschwingt,


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Berechtigt!)

ist wohl mehr als berechtigt. Es ist schade, dass Herr
Trittin im Moment nicht auf der Regierungsbank sitzt;
ich hoffe aber, dass er im Saal anwesend ist.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Der muss sich gerade zum Dosenpfand oder zu den eidesstattlichen Erklärungen äußern!)


– Das könnte durchaus sein. – Ich sehe bislang nicht,
dass sich der Minister für Umwelt und die Spitze seines
Hauses bewegen und entsprechende Positionen artikulie-
ren. Diese zentrale Frage kann nicht unter der Hand ge-
regelt werden. Hier muss das Parlament entscheiden.

Eine ähnliche Korrektur haben wir schon früher in an-
deren Bereichen erlebt. Nachdem wir das Kreislauf-
wirtschafts- und Abfallgesetz verabschiedet hatten, ha-
ben wir festgestellt, dass wesentliche politische Inhalte
nicht im Gesetz selber, sondern in Verordnungen gere-
gelt sind. Daraufhin hat dieses Haus beschlossen, die
wesentlichen Verordnungen zum Kreislaufwirtschafts-
und Abfallgesetz zustimmungspflichtig zu machen. Da-
mit wurde die Entscheidung in das Parlament zurück

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(C (D erlagert, wo sie auch hingehört. Daran sollten wir uns in Beispiel nehmen. Auch hinsichtlich des nationalen Allokationsplans ollte dieses Haus so handeln. ch möchte gerne wissen, wie hierzu der Stand der Disussion ist und welche Verteilungsmengen für die Sektoen Verkehr, Haushalte, Industrie und Gewerbe vorgeseen sind. (Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Das wird auch allmählich Zeit!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


m dieses Thema von der anderen Seite politisch aufar-
eiten zu können, möchte ich von Ihnen auch gerne wis-
en, wie Überschreitungen der Mengen in einem Sektor
usgeglichen werden sollen. Auch da kann ich nicht er-
ennen, dass Sie eine entsprechende Vorsorge betreiben.
Es gibt noch einen anderen Punkt. Durch Ihre Verkehrs-

olitik wird kein reibungsloser Ablauf des Verkehrs er-
öglicht; durch Ihre Verkehrspolitik werden Stauemis-
ionen und Emissionen auf der Straße vergrößert. Das
sst sich alles im Einzelnen nachweisen. Wie sollen
iese erhöhten Emissionen ausgeglichen werden? Ich
ehe nicht, dass hierfür schon Abhilfe vorgesehen ist.
Ich fasse zusammen. Lassen Sie uns die Diskussion in

iesem Hause führen. Lassen Sie uns Antworten auf die
rage gemeinsam erarbeiten, wie wir im Falle einer wirt-
chaftlichen Erholung, im Falle von Existenzgründun-
en und bei der Erweiterung von Produktion verfahren.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Das wollen wir!)


azu gehört auch die Frage, wie es mit der Kernenergie
eitergeht.
Lassen Sie uns in Ergänzung dazu darüber diskutie-

en, wie wir auf die internationale Politik Einfluss neh-
en können, damit das Kioto-Protokoll ratifiziert wird
nd in Kraft treten kann und wir die Instrumente Clean
evelopment Mechanism und Joint Implementation nut-
en können. Ich bin dafür, dass wir hier keine Caps set-
en oder zumindest nur solche, die wesentlich oberhalb
er derzeitigen Caps liegen. Ich glaube, das ist eine rich-
ge Vorgehensweise.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie vergeben sich nichts, wenn Sie unserem Antrag

ustimmen. Wir können die Auseinandersetzung in der
ache führen, aber wir sollten sie hier und öffentlich
ühren. Wir sollten diese Diskussion nicht in die Arbeit
on Kommissionen oder in die Verhandlungen einzelner
inisterien verlagern, wie es in anderen Politikberei-
hen – ich erinnere an den Nachhaltigkeitsrat – bedauer-
cherweise der Fall ist.
Ich bitte Sie um Ihre Zustimmung. Unsere Koopera-

on in dieser Grundsatzfrage ist Ihnen gewiss.
Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Birgit Homburger [FDP])







(A) )



(B) )



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1507502400

Ich erteile dem Kollegen Jürgen Trittin das Wort zu

einer Kurzintervention.

Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507502500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will

gern – auch für diejenigen, die vorhin vielleicht nicht
ganz richtig zugehört haben oder eventuell nicht da ge-
wesen sind – das wiederholen, was ich vorhin gesagt
habe, weil mir sehr daran gelegen ist, die gemeinsame
Kooperation an dieser Stelle zu pflegen.


(Birgit Homburger [FDP]: Ach, seit wann das denn?)


Die Bundesregierung wird Ihnen einen Gesetzentwurf
zum Handel mit Emissionszertifikaten vorlegen,


(Tanja Gönner [CDU/CSU]: Wann denn?)

der beinhalten wird, dass der Gesetzgeber über die wesent-
lichen Regeln – das ergibt sich übrigens schon aus dem
Grundgesetz, Wesentlichkeitstheorie – bei der Verteilung
der Emissionsrechte entscheidet und dass er eine Verord-
nungsermächtigung für die Einzelverteilung hat. Das ist,
glaube ich, eine sinnvolle Arbeitsteilung. Insbesondere
wird er den Gesetzgeber in die Lage versetzen, über die
Verteilung auf die einzelnen Makrosektoren zu entscheiden.
Ich wiederhole: Wir dürfen im Jahre 2010 – genauer ge-
sagt, zwischen 2008 und 2012 – im Jahresmittel nicht
mehr als 846 Millionen Tonnen CO2 ausstoßen. Das istkein erfundener Cap, das ist die absolute Grenze im
Kioto-Protokoll, dem Sie und wir alle zugestimmt ha-
ben. Dieses Haus hat über die Verteilung der daraus
resultierenden Emissionsreduktionen auf die einzelnen
Sektoren der Gesellschaft zu entscheiden. Das wird der
Punkt sein, über den der Bundestag zu entscheiden hat.

Ich habe vorhin gesagt, um auf Ihren Zwischenruf zu
antworten, liebe Frau Dött: Die Bundesregierung wird
noch im Dezember nach der Anhörung der Verbände, die
zurzeit stattfindet, also noch vor Weihnachten, über die-
sen Gesetzentwurf entscheiden und ihn Ihnen zuleiten.
Wir werden ihn zustimmungsfrei gestalten. Wir werden
ihn aber so gestalten, dass der Bundesrat in der Sitzung
im Februar seine Stellungnahme dazu abgeben kann. Ich
vermute, es wird eine parallele Einbringung geben. Das
heißt, die Beteiligungsrechte des Bundestages und des
Bundesrates sind in vollem Umfang erfüllt. Insofern
können Sie sich jeden Verdacht sparen, wir wollten die
Rechte des Parlaments einschränken. Wir sind in dieser
Frage sehr an Ihrer Kooperation und konstruktiven Hal-
tung interessiert.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1507502600

Kollege Lippold, Sie haben die Chance zur Reaktion,

bitte.

Dr. Klaus W. Lippold (CDU):
Rede ID: ID1507502700

Herr Minister Trittin, ich habe Ihnen sowohl vorhin

wie auch jetzt sehr aufmerksam zugehört und dabei ist

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(C (D ir aufgefallen, dass Sie eine Teilmenge meiner Fragen n die Parlamentsdiskussion einbeziehen wollen. Sie haen aber weder etwas zur Frage der notwendigen Reserebildung noch dazu gesagt, wie Sie die Abgrenzung zu nderen Instrumenten, die ich vorhin aus Zeitgründen icht erwähnt habe, wie zum Beispiel Ökosteuer, KWKerpflichtungen und eine ganze Reihe anderer Fragen, egeln wollen. Uns geht es auch um diese Fragen, weil sie von ge auso zentraler Bedeutung sind, gerade die Frage der eservebildung. Wenn wir uns darauf einigen könnten, err Trittin, dass Sie auch diese Punkte mit in das Geetz aufnehmen, ist das etwas anderes. Wenn diese unkte jedoch außen vor bleiben sollten, bleibt unser ntrag nach wie vor aktuell. Danke. Ich erteile dem Kollegen Ulrich Kelber, SPD-Frak ion, das Wort. Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her en! Deutschland ist Spitzenreiter beim Klimaschutz nd wir müssen auch einfach einmal selbstbewusst saen: Kein anderes großes Industrieland hat ähnliche Erolge beim Klimaschutz vorzuweisen wie Deutschland. ir haben unsere Verpflichtungen aus den internationa en Klimaschutzvereinbarungen schon fast erfüllt. Dabei st die Erreichung der Ziele in diesen Vereinbarungen rst für das Jahr 2010 vorgesehen und wir haben noch ieben weitere Jahre vor uns, in denen wir erfolgreich olitik machen können. Zunehmend zeigt sich, dass Klimaschutz eben nicht ur ein moralisches und ökologisches Erfolgsthema für eutschland ist, sondern dass Klimaschutz auch ein irtschaftlicher Knüller für unser Land ist. Wir verkauen weltweit die Technologien für Emissionsmindeung, für Energieeffizienz und für erneuerbare Enerien. In all diesen Bereichen sind wir seit 1998 eltmarktführer geworden. Eine kleine Anlehnung an ie vorherige Debatte: Wenige Monate vor dem Regieungswechsel im September 1998 hatte der letzte Herteller von Solarzellen das Land verlassen, weil die Poitik der Vorgängerregierung aus CDU/CSU und FDP eine Grundlage mehr bot, hier mit der Herstellung von echnologien für erneuerbare Energien Geld verdienen u können. (Vorsitz: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1507502800
Ulrich Kelber (SPD):
Rede ID: ID1507502900

Außerdem werden die deutschen Firmen, die am
missionshandel teilnehmen werden, ab dem Jahr 2005
n Firmen in anderen EU-Ländern Emissionsrechte
erkaufen dürfen, weil die Firmen in anderen EU-Län-
ern ihre Klimaschutzvereinbarungen nicht eingehalten
aben. Klimaschutz ist damit zum Innovationsmotor für
eutschland geworden; gerade der Emissionshandel
eigt dies.






(A) )



(B) )



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1507503000

Herr Kollege Kelber, erlauben Sie eine Zwischen-

frage des Kollegen Grill?

Ulrich Kelber (SPD):
Rede ID: ID1507503100

Ja, selbstverständlich.

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1507503200

Bitte, Herr Grill.

Kurt-Dieter Grill (CDU):
Rede ID: ID1507503300

Herr Kollege Kelber, Sie haben eben gesagt, dass vor

dem Regierungswechsel die letzten Solarzellenherstel-
ler das Land verlassen haben. Ist Ihnen bekannt, dass der
damalige Bundesforschungsminister Rüttgers sowohl in
Nordrhein-Westfalen, in Gelsenkirchen, als auch in Bay-
ern mithilfe von Bundesmitteln zwei Solarzellenfirmen
mit auf den Weg gebracht hat und bei der Grundsteinle-
gung anwesend war? Wie bewerten Sie die Tatsache,
dass die alte Bundesregierung zwei Solarzellenfabriken
in Deutschland initiiert hat?


Ulrich Kelber (SPD):
Rede ID: ID1507503400

Zunächst weiß ich, dass Jürgen Rüttgers der Minister

für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie
war, der als Erster in der Geschichte der Republik die
Mittel für diesen Etat gekürzt hat, was danach wieder ge-
ändert wurde.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Aber Herr Kelber, die Frage ist doch richtig, die er gestellt hat!)


Entscheidend ist aber die Frage, welchen Stand wir
auf dem Weltmarkt im Jahre 1998 hatten und welchen
wir heute haben. Damals lagen wir bei der Photovoltaik
am Ende der Skala. Heute sind wir hinter den Japanern
die Nummer zwei.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Weil diese Fabriken vor allem mit öffentlichen Mitteln gebaut worden sind!)


Bei den anderen Technologien sind wir vorne. Der ent-
scheidende Punkt ist dabei: Es wird ein marktwirtschaft-
liches Instrument angewandt; die Investitionen tragen
nämlich heute die Unternehmen selbst.


(Beifall bei der SPD – Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Zu kurz gesprungen, Herr Kelber!)


Der Bundestag debattiert heute ausführlich über einen
ganz bestimmten Aspekt des Emissionshandels: über
den nationalen Allokationsplan. Der Bundestag zeigt da-
mit – das ist wichtig –, für wie wichtig er die Maßnahme
des Emissionshandels im Rahmen des Klimaschutzes
hält; denn er ergänzt andere erfolgreiche Maßnahmen.
Ich nenne als Beispiele die Förderung der erneuerbaren
Energien, die Energieeinsparverordnung und die Öko-
steuer.

Wir können festhalten: Deutschland ist heute beim
Klimaschutz auf einem guten Weg. Wir werden alle in-
ternationalen Vereinbarungen voll erfüllen. Dabei
sollten wir uns nicht davon abbringen lassen, bereits

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(C (D etzt über neue, noch ehrgeizigere Ziele für die Zeit nach 010 nachzudenken. Durch den Verkauf von Klimaschutztechnologie nd von Emissionsrechten wird der Emissionshandel für eutschland zum wirtschaftlichen Gewinn. Voraussetung ist ein vernünftiges Emissionshandelssystem inneralb der EU. Es ist vor allem wichtig – Herr Lippold hat ies angesprochen; dies ist ein Nachklapp aus einer ebatte der letzten Woche –, bei der Anrechnung von illigstmaßnahmen im Ausland, die den Klimaschutz zu ause ersetzen sollen, eine Obergrenze einzuhalten. iese Obergrenze wollen CDU/CSU und wohl auch wenn ich an den damaligen Applaus denke – die FDP treichen, obwohl sich alle Umweltgruppen, die meisten irtschaftsverbände, die Wissenschaft, die Mehrheit des undestages, die Gesamtheit des Bundesrates sowie die undesregierung für die Beibehaltung dieser Oberrenze aussprechen – und dies aus guten Gründen: Die ufhebung dieser Obergrenze wäre schlecht für den Kliaschutz und für unsere Wirtschaft. enn dann könnten sich die Klimasünder in Europa, die isher nichts getan haben, billig davonstehlen, anstatt it den gleichen Technologien arbeiten zu müssen, mit enen wir unsere Erfolge an dieser Stelle erreicht haben. uch diese Wahrheit gehört zur Debatte über den natioalen Allokationsplan. Man kann nach außen eine gewisse Beruhigung hin ichtlich Ihres Planes signalisieren: Gott sei Dank haben hn Ihre eigenen Parteifreunde im Bundesrat bereits abelehnt. Die nationalen Regeln des Emissionshandels be timmt der nationale Allokationsplan: Welcher Sektor er Volkswirtschaft soll welche Verpflichtungen überehmen? Mit welchen Klimaschutzprogrammen sind iese Ziele real hinterlegt? Welche Vorgaben erhalten die inzelnen Branchen? Dabei muss man immer berückichtigen, welche Emissionsminderungen sie physikaisch wirklich noch herausarbeiten können. Wie sieht ach Bedarfsoder Effizienzgrad die Erstausstattung beroffener Anlagen aus? Wie wird mit dem Atomausstieg mgegangen? Wie sieht es mit einer Reserve aus? Wie ird mit neuen Anlagen umgegangen, wie mit Stillleungen? Welchen Schutz bekommen getätigte Investitonen? All das müssen wir am Ende im nationalen Allokati nsplan regeln. (Birgit Homburger [FDP]: Nicht nur da! Das müssen wir auch im Gesetz regeln!)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

amit wird der Klimaschutz Bestandteil von Börsenbe-
ertungen und Bestandteil der Finanzrechnung von
nternehmen.
Wenn wir sagen, der Emissionshandel mache
eutschland zu einem wirtschaftlichen Gewinner, dann
ird der nationale Allokationsplan natürlich darüber ent-
cheiden, welche Branchen innerhalb Deutschlands zu
en Gewinnern gehören und welche Branchen besondere
nstrengungen unternehmen müssen.






(A) )



(B) )


Ulrich Kelber

Deswegen muss der nationale Allokationsplan selbst-

verständlich im Parlament beraten und beschlossen
werden: seine Eckpunkte, die wichtigsten Regelungen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

An dieser Stelle gibt es aus meiner Sicht keinen Unter-
schied zwischen den Meinungen von Abgeordneten der
Koalition und der Opposition. Vielen Dank, Herr Bun-
desminister, dass Sie klargestellt haben, dass die Kern-
punkte des nationalen Allokationsplans, dass die wesent-
lichen Regelungen in einem Gesetz festgelegt werden,
das im Parlament beraten wird. Sie sind damit nicht nur
der antragstellenden Opposition entgegengekommen,
sondern auch den eindringlichen Forderungen der Koali-
tionsabgeordneten.


(Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Stimmen Sie jetzt unserem Antrag zu?)


Dass die Regelungen des nationalen Allokationsplans
als Gesetz diskutiert werden, hat aber nicht nur mit dem
Selbstverständnis des Parlaments zu tun. Die Diskussion
über den nationalen Allokationsplan ist auch der Augen-
blick, wo im Klimaschutz einmal Butter bei die Fische
muss. An dieser Stelle kann man sich nicht mehr hinter
Sonntagsreden verstecken.

Die Klimaschutzvereinbarungen der Europäischen
Union geben eine klare Obergrenze für die Emissionen
eines jeden Staates vor. Diese Verpflichtung muss auf
Sektoren aufgeteilt werden: private Haushalte, Wirt-
schaft, Verkehr, Energieerzeugung. Die vom Emissions-
handel betroffenen Anlagen bekommen weitere Redukti-
onsziele vorgegeben; die anderen Sektoren müssen dann
den Rest erfüllen. Damit das zu einem echten Ergebnis
führt, müssen die Staaten ihre nationalen Allokations-
pläne von der Europäischen Union sozusagen genehmi-
gen lassen. Hinter den Zielen müssen auch reale Pro-
gramme stehen: kein Wolkenkuckucksheim, kein „Wir
haben doch vor“, kein „Wir wollen doch fördern“, son-
dern ganz konkrete Programme, die bewertet werden
können.

Damit wird die Luft für die Klimasünder in der Euro-
päischen Union dünner. Diese Verpflichtung zu konkre-
ten Programmen und Zahlen hat aber auch für Deutsch-
land Folgen. Jede Tonne CO2, die nicht in Industrie undEnergieerzeugung eingespart werden soll, müssten pri-
vate Haushalte und Verkehr zusätzlich erbringen.
Schutzzäune, die die Opposition für bestimmte Indus-
trien und Energieerzeuger aufstellen will, führen zu
Mehrbelastungen anderer Unternehmen und der privaten
Haushalte.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wer den Vorschlag der Bundesregierung zur Auftei-

lung auf die Sektoren und Branchen ändern will, muss
sagen, mit welchen Mitteln er das tun möchte und wen er
mehr als vorher belasten will. Das ist das Schöne für die
Koalition: Für die Opposition ist das Ende der Worthül-
sen in der Klimaschutzdebatte gekommen. Bisher haben
Sie nämlich einfach alle konkreten Maßnahmen abge-
lehnt. Jetzt kommt diese neue Pflicht dazu. Ablehnen
reicht nicht mehr. Jetzt braucht die Opposition eigene

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(C (D orschläge. Dann kann Herr Pfeiffer nicht noch einmal 4 Minuten von einem Thema zum anderen springen, hne einen einzigen eigenen Vorschlag vorzutragen. ann muss Butter bei die Fische. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Bei der Debatte über den nationalen Allokationsplan
nd die technischen Fragestellungen rund um den Emis-
ionshandel darf man nicht vergessen: Der Emissions-
andel ist kein Selbstzweck. Er ist ein Mittel, um die
mission von Treibhausgasen zu reduzieren. Der Emis-
ionshandel soll den Innovationsmotor Klimaschutz un-
erstützen. Der Emissionshandel sorgt dafür, dass An-
trengungen und Investitionen für den Klimaschutz sich
och schneller wirtschaftlich amortisieren. Dadurch be-
ommen verfügbare effiziente Technologien bessere
arktchancen.
Ein einfaches Beispiel: Veraltete Kraftwerke werden

urch den Emissionshandel für den Besitzer zu einer fi-
anziellen Belastung. Die Investition in neue, effizien-
ere Technologien lohnt sich. Also werden wir die
odernisierung schneller bekommen als ohne Emissi-
nshandel. Das ist ein einfacher Vorteil, den man bele-
en kann.
Da der Emissionshandel aber auch langfristige Per-

pektiven öffnet, wird sich die Entwicklung neuer Tech-
ologien beschleunigen – vorausgesetzt, Deutschland
nd die Europäische Union setzen sich auch für die Zeit
ach 2010, nach 2012 anspruchsvolle Klimaschutzziele.
it diesen neuen Technologien könnten wir erreichen,
ass über Energieeinsparungen und den Ausbau erneuer-
arer Energien die Strommenge ersetzt wird, die bis
020 durch den notwendigen Ausstieg aus der Atom-
nergie wegfallen wird. Die Modernisierung des Kraft-
erksparks und ein klimafreundlicherer Verkehr ermög-
ichen weitere Emissionsminderungen.
Zwei Punkte, die in der Energiedebatte fast schon
ieder in Vergessenheit geraten sind, nämlich „Nega-
att statt Megawatt“ und Least-Cost-Planning, wer-
en mit dem Emissionshandel zu einer Renaissance fin-
en. Sie waren gute Instrumente und sind in einer rein an
etriebskosten – nicht volkswirtschaftlichen Kosten –
rientierten Debatte fast in Vergessenheit geraten.
Voraussetzung für diese positive Vision von einer

nergieeffizienten Zukunft sind weitere ambitionierte
iele im Klimaschutz für die Zeit nach 2010. Nur wenn
ie Marschrichtung klar ist, kann die Effizienzrevolution
uch kommen. Wir brauchen quantitative Ziele für die
ahre 2020 und 2050 und auch für das Jahr 2100. Des-
egen ist es richtig, sich eine Emissionsminderung bei
en Treibhausgasen um 40 Prozent bis zum Jahre 2020
orzunehmen, wenn sich gleichzeitig die EU auf eine
enkung um 30 Prozent einlässt. Es ist keine Zeit, bis
010 abzuwarten. Es ist aber der neue Trend der Opposi-
ion, zu sagen: Wir warten einmal ab. Klare Vorgaben
um richtigen Zeitpunkt sind die beste Methode, die Ef-
izienz aus der Industrie, aus den privaten Haushalten
nd aus der Forschung herauszukitzeln.






(A) )



(B) )


Ulrich Kelber

Wir sind in der Lage, die Emissionen bis zum Jahre

2050 um 80 Prozent zu reduzieren. Wir sind in der Lage,
noch in diesem Jahrhundert vollständig auf eine Solar-
wirtschaft umzusteigen. Das ist nicht nur ökologisch
vernünftig. Spätestens seit dem Bericht der Enquete-
Kommission wissen wir, dass dies auch wirtschaftlich
für Deutschland eine riesige Chance bietet: neue Pro-
dukte, neue Dienstleistungen und damit auch neue Jobs
durch den Klimaschutz.


(Beifall bei der SPD)

Für diese Ziele brauchen wir einen funktionierenden

Emissionshandel, aber auch ergänzende Maßnahmen, so
etwa den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien.
Hier haben wird die Weltmarktführerschaft gewonnen
und die lassen wir uns auch nicht wieder nehmen.

Auch im Verkehrsbereich müssen wir weitere Fort-
schritte erzielen. Wir sind das erste Industrieland, das es
in den letzten drei Jahren geschafft hat, den Trend hin zu
immer mehr CO2-Emissionen im Verkehr zu stoppenund umzudrehen. Jetzt aber kommt die große Herausfor-
derung durch die EU-Osterweiterung mit dem zusätzli-
chen Güterverkehr auf uns zu. Gerade in diesem Zusam-
menhang ist es eine Ungeheuerlichkeit, dass sich die
europäischen Automobilhersteller von ihrer Selbstver-
pflichtung zum Klimaschutz verabschieden wollen.
Nach meiner Information stehen an der Spitze übrigens
die deutschen Automobilbauer.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wenn diese Selbstverpflichtung nicht eingehalten
wird, muss aus meiner Sicht eine gesetzliche Obergrenze
für den Flottenverbrauch her. Wenn sich die Automobil-
industrie von dem Klimaschutzziel verabschieden will,
können wir das nicht akzeptieren. Wir können die bisher
im Verkehrsbereich erzielten Erfolge beim Klimaschutz
nicht wieder zunichte machen lassen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Für die Zeit nach 2010 müssen wir uns um neue inter-
nationale Ziele im Klimaschutz bemühen. Es reicht
nicht, allein nationaler Vorreiter zu sein. Eine stärkere
Einbeziehung der Schwellen- und Entwicklungsländer
ist nur dann möglich, wenn wir im eigenen Land mit gu-
tem Beispiel vorangehen. Dafür sind ein konsequenter
nationaler Allokationsplan und ein funktionierendes
Emissionshandelssystem eine gute Voraussetzung. Wir
brauchen allerdings auch andere Maßnahmen. Für diese
anderen konkreten Maßnahmen wünsche ich mir das
gleiche Engagement der Opposition wie beim nationalen
Allokationsplan und beim Emissionshandel.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU])


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(C (D Das Wort hat jetzt die Kollegin Birgit Homburger von er FDP-Fraktion. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1507503500


Birgit Homburger (FDP):
Rede ID: ID1507503600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

iskutieren heute über ein ganz zentrales Instrument des
limaschutzes: über den Emissionshandel und damit
erbunden über den nationalen Allokationsplan. Am Be-
inn einer solchen Debatte steht immer die Frage nach
ielen. Herr Kelber, Sie haben völlig Recht, wenn Sie
agen, wir müssten uns ehrgeizige Ziele setzen. Ich
öchte Sie aber auf eines hinweisen: Wir, die FDP-
DU/CSU-Koalition, haben uns in der Klimapolitik ehr-
eizige Ziele gesetzt und damit die Klimapolitik in
eutschland angeschoben.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Ich möchte Ihnen sehr deutlich sagen: Wir halten am

ationalen Emissionsminderungsziel von 25 Prozent
is zum Jahre 2005 fest.


(Ulrich Kelber [SPD]: Mit welchen Maßnahmen unterlegt?)


ir halten auch am europäischen Klimaschutzziel und
m europäischen Burden-Sharing fest. Sie können sich
icht hier hinstellen und en passant sagen: Dieses Ziel
ird erreicht, deswegen setzen wir jetzt neue Ziele. Sie
üssen zur Kenntnis nehmen, dass Ihnen das Deutsche
nstitut für Wirtschaftsforschung mehrfach – zuletzt in
iesem Jahr – deutlich gesagt hat, dass Sie das nationale
O2-Minderungsziel nicht erreichen werden.


(Beifall bei der FDP)

Bevor Sie über neue Ziele reden, reden Sie erst ein-
al darüber, wie Sie die jetzigen Ziele erreichen wollen.
a ist noch sehr viel zu tun. Angesichts dessen kann
an nur feststellen, dass Sie die ganze Diskussion und
or allen Dingen die Notwendigkeit, dafür in Deutsch-
and Regelungen zu schaffen, schlicht verschlafen ha-
en.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Wir haben im Deutschen Bundestag den Emissions-

andel mehrfach diskutiert, nicht aber auf Antrag von
PD und Grünen und auch nicht deswegen, weil diese
lorreiche Bundesregierung irgendetwas vorgelegt ge-
abt hätte; wir haben über diese Fragen im Wesentlichen
eshalb diskutiert, weil die FDP-Bundestagsfraktion
ehrere Anträge dazu vorgelegt hatte. Daher werden wir
as Emissionshandelsgesetz, das Sie jetzt im Deutschen
undestag vorlegen wollen, ganz intensiv und kritisch
egleiten. Wir nehmen uns das Recht dazu heraus, weil
ir die einzige Fraktion im Deutschen Bundestag sind,
ie schon vor Jahren einen Antrag vorgelegt hatte, in
em vorgeschlagen wurde, wie die Selbstverpflichtung
er deutschen Wirtschaft beim Klimaschutz mit dem
nternationalen Emissionshandel verknüpft werden
ann. Damals haben wir Sie aufgefordert, beizeiten die






(A) )



(B) )


Birgit Homburger

nötigen Regelungen zu schaffen. Sie haben es nicht ge-
tan. Deswegen sind wir jetzt unter Druck und in Schwie-
rigkeiten.


(Ulrich Kelber [SPD]: Wir sind nicht in Schwierigkeiten!)


Trotzdem werden wir uns jetzt daran beteiligen und uns
das Recht herausnehmen, Herr Kelber, an den Stellen, an
denen die Vorlage nichts taugt, es auch deutlich zu ma-
chen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Ulrich Kelber [SPD]: Und Gegenvorschläge zu machen!)


Es spricht Bände, dass der Herr Bundesminister
Trittin in dieser Debatte nicht ans Rednerpult tritt. Er hat
sich hier in einer kurzen Erklärung dahin gehend geäu-
ßert, er wolle die Rechte des Parlaments schon irgend-
wie wahrnehmen. Wenn man aber die Rechte des Parla-
ments wahrnehmen will, meine Damen und Herren von
der Koalition, dann muss man den Gesetzentwurf recht-
zeitig vorlegen. Sie wissen, dass bis Ende dieses Jahres
das Gesetz beschlossen sein muss. Bis heute ist es weder
im Kabinett beschlossen noch dem Deutschen Bundes-
tag vorgelegt. Wir sollen bis Ende März nächsten Jahres
den Allokationsplan zu Ende beraten haben. Dafür fehlt
aber die Grundlage, das Gesetz. Deswegen sage ich Ih-
nen in aller Deutlichkeit: Sorgen Sie dafür, dass die Vor-
lage schnell eingebracht wird, damit wir wirklich genug
Zeit haben, darüber zu diskutieren. Nur dann werden die
Rechte des Parlaments tatsächlich wahrgenommen
werden können.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Der nationale Allokationsplan ist das Herzstück die-

ses Emissionshandels. In ihm geht es um die Anfangs-
zuteilung von Emissionsrechten; insofern ist er für die
Anlagen betreibenden Unternehmen von zentraler, he-
rausragender Bedeutung. Daher ist die Feststellung in
dem Antrag, den wir heute diskutieren, zutreffend, dass
die erforderlich werdende staatliche Zuteilung von
Emissionsrechten sowohl die Freiheit der Berufsaus-
übung als auch das Grundrecht auf Eigentum wesentlich
berührt. Die Forderung, bei so weit reichenden Eingrif-
fen die Parlamente maßgeblich einzubeziehen, ist mei-
nes Erachtens selbstverständlich. Das betrifft sowohl die
Mitwirkungsrechte des Deutschen Bundestages als auch
die der Länderkammer, des Bundesrates. In diesem
Punkt teilt die FDP die Einschätzung des vorliegenden
Antrages.

Allerdings ist die Schlussfolgerung, die daraus gezo-
gen wird, dass der nationale Allokationsplan als formel-
les Gesetz rechtlich eigenständig ausgestaltet werden
solle, meines Erachtens nicht zwingend; darüber sollten
wir noch einmal reden. Dabei ist es hilfreich, sich in Er-
innerung zu rufen, worum es bei dem nationalen Alloka-
tionsplan geht: um die konkrete Festlegung der Zutei-
lungsmengen für jede einzelne der 4 000 bis 5 000
Anlagen in Deutschland, um die Spezifizierung be-
stimmter Technologien, um die rechtsverbindliche Be-
schreibung von Tätigkeiten in Bezug auf Neuanlagen
und Anlagenerweiterungen, um Regelungen zu Anla-

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(C (D enstilllegungen und Ersatzanlagen, über die Kostenflichtigkeit der Zuteilung und ihre nachträgliche Korektur sowie ihre Überführung in die nachfolgende uteilungsperiode und vieles andere mehr. Ich habe dies eswegen hier aufgezählt, weil ich deutlich machen will, ass es sich um die Festlegung einer Fülle technischer etails handelt. Hier wäre nach meiner Meinung die echtsverordnung der Weg, der für solche Dinge aus uten Gründen üblicherweise gewählt wird. Deshalb schlagen wir vor, diese Details auch im Rahen einer Rechtsverordnung zu regeln. Das muss aber och lange nicht am Parlament vorbeigehen. Wir haben owohl im Abfallrecht als auch nach dem Bundes-Imissionsschutzgesetz heute schon die Möglichkeit, bei erordnungen eine Zustimmungspflicht von Bundestag nd Bundesrat vorzusehen. Dafür haben wir beispielseise in § 48 b Bundes-Immissionsschutzgesetz ein Verahren festgelegt, das hier Anwendung finden könnte. ir wollen also eine Beteiligung des Parlaments, aber es uss nicht unbedingt im Rahmen eines Gesetzes sein, ie es von der CDU/CSU vorgeschlagen wurde. In höchstem Maße ärgerlich ist in diesem Zusammen ang, dass die Bundesregierung nach wie vor kein Geetz zum Emissionshandel eingebracht hat. Wir sind pät, eigentlich schon zu spät dran. Die Wirtschaft wird ich nicht mehr darauf einstellen können. Ein großes roblem ist vor allem, dass im Referentenentwurf eines missionshandelsgesetz, der bekannt wurde – ein Geetzentwurf liegt dem Deutschen Bundestag noch nicht or –, eine Regelung zu wesentlichen Fragen bisher chlichtweg fehlt. Ich nenne einige Beispiele: Es muss eine Regelung in as Emissionshandelsgesetz aufgenommen werden, die ie Vorausleistungen der deutschen Wirtschaft im Kliaschutz bei der Zuteilung der Emissionsrechte berückichtigt. Wir brauchen eine Regelung der Frage, wie euanlagen, die nach 2005 in Betrieb gehen, behandelt erden sollen. Es bedarf im Gesetz auch einer grundätzlichen Regelung der Frage einer nationalen Reserve ei den Emissionshandelsrechten. Das sind die Punkt an enen sich entscheidet, ob das Emissionshandelsgesetz in Erfolg oder ein Desaster werden wird. Regelungen ierzu fehlen zurzeit und sind auch nicht vorgesehen. ir fordern, sie aufzunehmen; Art. 80 des Grundgesetes erfordert das geradezu. Der Referentenentwurf von inister Trittin wird sowohl den rechtlichen Grundsäten wie auch den inhaltlichen Notwendigkeiten in dieser insicht in keiner Weise gerecht. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP)


Bei der Ausgestaltung des Gesetzes ist natürlich auch
ie Frage der Mitwirkungsrechte der Länder zu klä-
en. Wir müssen darüber nachdenken, wer den Emissi-
nshandel in Deutschland vollziehen soll, also ob es ei-
en Zentralvollzug des Emissionshandels gibt oder einen
ollzug, an dem die Länder beteiligt sind. Das ist eine
achfrage, die sehr intensiv diskutiert werden muss.
enn es kann nicht sein – das sage ich an dieser Stelle






(A) )



(B) )


Birgit Homburger

ausdrücklich –, dass die Handelsrechte vom Bund verge-
ben werden und die Länder den Vollzug vorzunehmen
haben. Wenn es dann nämlich zu Streitigkeiten und wo-
möglich zu Klagen kommt, sind die Länder die Beklag-
ten. Eine solche Konstruktion halte ich für nicht akzepta-
bel und für unfair.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich freue mich auf die inhaltliche Diskussion über
Fachfragen. Ich hoffe, dass die Verantwortung, die hierbei
besteht, von allen Fraktionen im Deutschen Bundestag
gleichermaßen wahrgenommen wird. Wir müssen dieses
Thema im Parlament beraten. Auch könnte das Parlament
mal wieder einen Änderungsantrag formulieren.


(Ulrich Kelber [SPD]: Das wäre schön!)

Das haben wir lange Zeit nicht mehr gemacht. Sie von
Rot-Grün sind nämlich dazu übergegangen, alles, was
die Bundesregierung einbringt, im Schweinsgalopp
durchzuwinken, ohne darüber nachzudenken.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das können wir uns bei einer solch zentralen Frage nicht
leisten.

Wir müssen gemeinsam daran arbeiten, dass der
Emissionshandel ein Erfolg wird, wenn er entscheidend
zur Reduzierung von CO2-Emissionen in Deutschlandund der Welt sowie zur Realisierung von Kostensen-
kungspotenzialen im Klimaschutz beitragen soll. Wenn
wir das schaffen, haben wir ein großes Ziel erreicht. Das
müssen wir aber auch erreichen; denn wenn dieses In-
strument durch Missmanagement dieser Regierung an
die Wand gefahren wird, dann stehen wir klimapolitisch
ziemlich nackt da.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1507503700

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Reinhard Loske,

Bündnis 90/Die Grünen.


Dr. Reinhard Loske (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507503800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

möchte mit einer Kritik an der Sprache beginnen, die an
uns alle gerichtet ist. Wenn man die Debatte verfolgt,
dann hört man Begriffe wie Allokation, Innovation, Effi-
zienz, Grenzkosten, Mikroplan oder Makroplan. Wir
müssen aufpassen, dass wir dieses Thema so darstellen,
dass die Öffentlichkeit es nachvollziehen kann.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der SPD)


Denn wenn es um Klimaschutz geht, ist es wichtig, zu
erklären, warum wir diese Regelungen vorsehen und
welche Ziele wir damit verfolgen. Das darf man nicht
vergessen; denn sonst gleitet diese Diskussion in eine
Technokratendiskussion ab, die vielleicht nur eine Hand
voll Leute verfolgen kann, die aber niemanden wirklich
noch erreicht.

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(C (D Wir unternehmen diese Anstrengung, weil Klimachutz eine der größten globalen Herausforderungen unerer Zeit und ein Beitrag zur Generationengerechtigkeit st und weil die Kosten unterlassenen Handelns im Kliaschutz wesentlich größer sein können, als wir alle erarten. Das sind die Motive. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir unternehmen diese Anstrengung aber auch, weil
ir glauben, dass ökologischer Strukturwandel ein
ichtiger Beitrag zur Lösung unserer wirtschaftlichen
robleme und der Beschäftigungsprobleme ist. Wir in
er Bundesrepublik, wir in Europa müssen zeigen, dass
irtschaftliche Prosperität auf der einen Seite und das
erfolgen ökologischer Ziele auf der anderen Seite Hand
n Hand gehen können. Dafür ist der Emissionshandel
in ganz wichtiger Beitrag.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir tun das übrigens auch, weil das ein Beitrag zur
laubwürdigkeit ist. Das knüpft ein wenig an das an,
as Uli Kelber gesagt hat. Es geht natürlich darum, dass
an auf dem internationalen Parkett bei den Klimaver-
andlungen und anderswo wirklich nur dann glaubwür-
ig agieren kann, wenn man seine Hausaufgaben erle-
igt und zeigt, dass es geht. Dieser Zusammenhang ist
anz klar.
Bei aller Freundschaft zum CDM und zur Joint Imple-
entation, also dem Recht, die Maßnahmen auch außer-
alb des Landes durchführen zu können, ist zu sagen: Es
t schön und gut, dass man flexibel ist, wichtig ist aber,
ass wir zeigen, dass es geht, dass wir unsere technologi-
che und ökonomische Kompetenz in dieser Richtung
eiterentwickeln und dass wir keinen Innovationsdruck
us dem Kessel herausnehmen, sondern ihn aufrechter-
alten. Das ist der Sinn und Zweck des Emissionshan-
els.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich komme zum Verfahren. Frau Kollegin Homburger,
ch muss schon sagen: Das, was Sie sagen, ist einfach
icht richtig. Das Europaparlament hat im Juli in ab-
chließender Lesung entschieden. Seit Oktober ist es in
raft. Wenn ich es richtig sehe, haben wir jetzt Novem-
er. Das heißt, die Bundesregierung ist bei der Bearbei-
ung rasend schnell.


(Birgit Homburger [FDP]: Aber nicht in der Vorbereitung!)


s ist allerdings ganz klar, dass wir ein Dilemma haben:
ie Exekutive muss handeln – es geht um die Erarbei-
ung eines nationalen Allokationsplans –, ohne dass es
afür eine Grundlage gibt, nämlich ein Gesetz, legislati-
es Handeln. Dieses Defizit werden wir sehr bald behe-
en. Ich gehe davon aus, dass das Kabinett im Dezember
eschließen wird und dass wir uns, nachdem wir wieder
usammengekommen sind, im Januar oder Februar mit
em Thema beschäftigen können. Insofern kann man
ier überhaupt nicht den Vorwurf erheben, das Verfahren






(A) )



(B) )


Dr. Reinhard Loske

werde verschleppt oder es sei zu langsam. Es ist ganz
wichtig zu sagen: Wir sind in time.

Ich komme zu den Zielen. Bei dem Beitrag des Kolle-
gen Paziorek in der letzten Debatte habe ich eine ge-
wisse Inkonsistenz festgestellt. Einerseits haben Sie ge-
sagt, wir brauchten endlich ein Konzept, das weit über
den Tag hinausweist, damit alle Investoren Planungssi-
cherheit haben. Dazu kann ich nur sagen: Jawohl, das
dauert aber; hierfür muss man eine Perspektive von 20,
30 oder auch 50 Jahren ins Auge fassen. Andererseits
haben Sie beim Erneuerbare-Energien-Gesetz beklagt,
dass man sich auf gar keinen Fall Ziele über das Jahr
2010 hinaus vornehmen sollte.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Für die erneuerbaren Energien!)


Das passt einfach nicht zusammen, das ist nicht logisch.

(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Das passt ge rade zusammen!)

Deswegen sagen wir: Wir brauchen mittel- und lang-

fristige Ziele – zum Beispiel die Reduktion bis zum
Jahre 2020 um 40 Prozent –, damit wir ein klares Inves-
titionsfenster haben. Das ist der Korridor, in dem Inves-
titionen getätigt werden können und auch willkommen
sind. Das ist unsere Botschaft.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Mit den langfristigen Zielen stehen wir keineswegs al-
leine. Großbritannien hat sich vor kurzem das Ziel ge-
setzt, bis zum Jahre 2050 60 Prozent seiner Emissionen
zu reduzieren. Das ist ein ganz zentraler Punkt.

Ich gebe Ihnen allerdings Recht: Mit dem Verweis auf
morgen und übermorgen kann man nicht begründen,
weshalb man die Ziele von heute leider nicht erreichen
kann. Wir müssen aufpassen, dass wir uns kurz-, mittel-
und langfristige Ziele setzen. Wenn wir bestimmte Ziele,
wie zum Beispiel das 2005-Ziel, nicht erreichen – es
sieht ja danach aus, dass wir vielleicht bei 20 Prozent
und nicht bei 25 Prozent liegen werden –, dann müssen
wir genau analysieren, warum das so ist und was geän-
dert werden muss, damit wir den Zielen näher kommen.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der
CDU/CSU und der FDP, um einmal ganz ehrlich zu sein:
So ganz glaube ich Ihnen Ihre Krokodilstränen bezüglich
des Verfehlens des 25-Prozent-Ziels nicht. Sie haben
gegen die ökologische Steuerreform, gegen das Erneuer-
bare-Energien-Gesetz, gegen das Marktanreizprogramm
für erneuerbare Energien, gegen das 100 000-Dächer-
Programm bei der Photovoltaik, gegen das Altbausanie-
rungsprogramm und gegen das KWK-Gesetz gestimmt.
Das passt nicht zusammen. Man kann nicht einerseits
über das Verfehlen des Ziels klagen und andererseits im-
mer fordern: weniger, weniger, weniger. Sie haben hier
eine echte Glaubwürdigkeitslücke. Das haben Sie bei der
letzten Wahl ja auch gemerkt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


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(C (D Ich komme jetzt zu einem Aspekt, der mir sehr wichig ist. Ich glaube, dass der Emissionshandel ein wunderarer Beitrag auch zum Bürokratieabbau ist, wenn wir hn richtig aufziehen; das ist ganz zentral. Beim Emisionsschutzrecht und der ganzen Bürokratie können wir u deutlichen Reduzierungen kommen, wenn wir in den missionshandel einsteigen; das muss man einmal saen. Wir können die Ziele ökologische Effizienz und ürokratieabbau gut miteinander verbinden. Beim Emissionshandel reduziert der Staat seine Rolle m Prinzip darauf, die Ziele zu setzen und den Rahmen orzugeben. Innerhalb dieses Rahmens sind die Akteure ei der Entscheidung, wie sie diese Ziele erreichen, volltändig frei. Der Staat kommt am Anfang, wenn er die missionsrechte ausgibt, und am Ende vor, wenn er chaut, ob die Ziele auch tatsächlich erreicht worden ind. All das, was dazwischen stattfindet, also Handel, ertifizierung und verschiedene Dienstleistungsaktivitäen, sind neue Wirtschaftsaktivitäten, aus denen sich der taat völlig heraushält. Ich glaube, das passt sehr gut in ie aktuelle Debatte über Bürokratieabbau. Vor allen ingen entstehen auch viele neue strategische Gechäftsfelder. Ich komme jetzt zu dem Antrag der CDU/CSU-Frak ion. Ich kann ganz klar sagen: Zu 50 Prozent können ir ihm zustimmen und zu 50 Prozent nicht. (Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Geben Sie sich doch einmal einen Ruck!)


ir können dem Antrag der CDU/CSU in dem Punkt
ustimmen, dass Sie ein transparentes Verfahren unter
rößtmöglicher Beteiligung der interessierten Öffent-
ichkeit fordern.
Wir brauchen im Gesetz eine Festlegung der Ziele

nd der Prinzipien. Das unterstützen wir. Wir wollen vor
llen Dingen auch, dass die Umweltverbände in diesem
ialogprozess in angemessener Weise berücksichtigt
erden; denn sie besitzen sehr große Kompetenz. Da-
um geht es uns. Dazu können wir uneingeschränkt Ja
agen.
Den Teil jedoch, in dem Sie fordern, dass der natio-

ale Allokationsplan im Parlament behandelt werden
oll, können Sie nicht ernst meinen. Es geht hier um
missionsrechte für 5 000 Anlagen. Wir sind keine Be-
mte, sondern Politiker. Unser Werkzeug ist das Argu-
ent, nicht der Rechenschieber. Darüber möchte ich hier
m Parlament im Einzelnen wirklich nicht diskutieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich komme kurz zu einzelnen Punkten. Erstens. Un-

ere Position ist, angemessene absolute Reduktionsziele
urz- und mittelfristig umzusetzen. Ich habe schon ge-
agt, es muss erkennbar sein, dass wir uns auf dem rich-
igen Weg befinden.
Zweitens. Wir erwarten von der Industrie, dass sie die

ugesagte Reduktion des Kohlendioxidausstoßes von
5 Millionen Tonnen bis 2010 gegenüber 1998 tatsäch-
ich erbringt. Wir haben immer klar gemacht: Die Indus-
rie muss sich keine Sorgen machen. Im Rahmen des
missionshandels verlangen wir von der Industrie nicht






(A) )



(B) )


Dr. Reinhard Loske

mehr als das, was sie im Zuge der freiwilligen Selbstver-
pflichtung in der ersten Verpflichtungsperiode bis 2010
zugesagt hat. Wir halten unser Wort. Wir erwarten aber
von der Industrie, dass auch sie ihr Wort hält. Das ist ein-
deutig.

Es darf nicht zu einer Querabwälzung kommen. Die
Industrie darf ihre Kosten nicht anderen aufbürden, so-
dass den privaten Haushalten und dem Verkehr überpro-
portionale Kosten entstehen. Es muss schon eine ge-
wisse intersektorale Gerechtigkeit herrschen. Dafür
werden wir uns einsetzen. Wir erwarten von der Bundes-
regierung, dass sie das berücksichtigt.

Drittens. Natürlich muss es einen Reservefonds ge-
ben; das ist völlig klar. Es wird hoffentlich neue Akteure
und neue Unternehmen geben. Aufgrund der Konjunktur
und des Strukturwandels entstehen viele Unwägbarkei-
ten. Insofern brauchen wir einen Reservefonds. Wir be-
trachten es jedoch nicht als Aufgabe des Staates, diesen
Reservefonds bereitzustellen, sondern dieser muss aus
dem gesamten Emissionsbudget aufgebracht werden.
Am Ende des Tages wird sowohl im Rahmen der EU-
Lastenteilung, des Burden Sharing, als auch des Kioto-
Protokolls abgerechnet, um zu sehen: Was haben wir insge-
samt erreicht? Wir können nicht einfach Geld zur Verfü-
gung stellen; das geht nicht. Ich möchte in diesem Zusam-
menhang einen berühmten Oggersheimer Philosophen
zitieren: Entscheidend ist, was hinten herauskommt. Ge-
nau das ist die Frage.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD])


Wichtig sind für uns auch Privilegien für die Kraft-
Wärme-Kopplung; denn sie ist mit die effizienteste
Form der Energieerzeugung. Das heißt, wir wollen bei
der Kraft-Wärme-Kopplung eine wie auch immer gear-
tete Form der Bonuszuteilung. Für die Kernenergie leh-
nen wir eine pauschale Kompensation ab. Es kann nicht
sein, dass den Unternehmen der Kernenergieausstieg ex-
tra bezahlt wird.

Vor allen Dingen wollen wir – das sagte ich schon – den
Emissionshandel mit Bürokratieabbau verbinden, also
weniger Ordnungsrecht und mehr moderne, effiziente
Umweltinstrumente mit einem größtmöglichen Frei-
heitsgrad für die Akteure zur Erreichung der Ziele. Ich
bin zuversichtlich, dass wir das schaffen werden. Ich
freue mich, dass die Opposition hier Zusammenarbeit si-
gnalisiert hat.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1507503900

Das Wort hat jetzt die Kollegin Marie-Luise Dött von

der CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)


Marie-Luise Dött (CDU):
Rede ID: ID1507504000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir wer-

den bald eine neue Währung bekommen, eine Währung

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(C (D ür den Klimaschutz, eine Währung für Kohlendioxidmissionen. In wenig mehr als einem Jahr wird der euroaweite Emissionshandel auch in Deutschland Wirklicheit. Die Einführung dieser neuen Klimaschutzwährung st in ihren Auswirkungen durchaus mit der Einführung es Euro vergleichbar. Immerhin steht uns ein grundleender Systemwechsel bevor: vom traditionellen Ordungsrecht hin zu einem marktwirtschaftlichen Steueungsinstrument. Starttermin ist der 1. Januar 2005. Bereits vorher, chon in fünf Monaten, hat die Bundesregierung der Euopäischen Kommission den nationalen Allokationsplan orzulegen. Es ist also langsam an der Zeit, die Bürger nd vor allem die Unternehmen darüber zu informieren, as sie erwarten wird. Tatsächlich aber ist genau das egenteil der Fall: Es macht sich gerade bei der Bundesegierung und im Umweltministerium erschreckende hnungslosigkeit breit. Bisher hat das Umweltministeium lediglich einen Referentenentwurf für das Treibhusgas-Emissionshandelsgesetz vorgelegt. Doch in dieem Gesetz steht nichts Substanzielles. Die wesentlichen unkte werden auf den wenigen Seiten, die der Entwurf mfasst, nicht angesprochen. Der Gesetzentwurf trifft keine Aussage zur Berech ung der zuzuteilenden Zertifikatmengen, keine Ausage zur Einbeziehung von Vorleistungen, keine Ausage zur Kostenpflichtigkeit der Zuteilung, keine ussage zu Anlagenerweiterungen, keine Aussage zu nlagenstilllegungen, (Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Was sagt er denn überhaupt?)


eine Aussage zu Neuanlagenzulassungen und auch
eine Aussage zu Reservebildungen und Puffern.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Steht überhaupt was drin?)


Wenig. – Stattdessen finden sich in nur 23 Paragraphen
sgesamt zehn Verordnungsermächtigungen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Oh, sehr gut!)

Auch das Herzstück der nationalen Umsetzung, die
egeln der Allokation, sollen in einer Rechtsverordnung
nd nicht in einem Gesetz stehen. Herr Trittin, ich ver-
tehe, dass Sie die alleinige Entscheidungsgewalt in Ih-
em Haus behalten wollen. Sie umgehen damit aber die
eteiligung des Parlaments.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

iese Praxis ist verfassungsrechtlich bedenklich. Nam-
afte deutsche Verfassungsrechtler stimmen mir in die-
er Aussage zu, zum Beispiel Professor Eckard
ehbinder von der Universität Frankfurt. Es besteht die
efahr, dass der verwaltungsgerichtliche Rechtsschutz
er Anlagenbetreiber beschränkt wird, wenn die Zutei-
ungsentscheidung zunächst auf der Grundlage eines
lanes und erst später als Verwaltungsakt getroffen wird.
Wichtiger im Zusammenhang mit unserem Antrag er-

cheint mir jedoch die Entscheidung der Bundesregie-
ung, auch die Regeln der Zuteilung ohne Beteiligung des
arlaments festzusetzen. Es ist Ausdruck unseres Rechts-






(A) )



(B) )


Marie-Luise Dött

staatssystems, dass solche wesentlichen Entscheidungen
durch den demokratisch legitimierten Gesetzgeber getrof-
fen werden. Dieser Gedanke liegt dem verfassungsrechtli-
chen Bestimmtheitsgebot in Art. 80 Abs. 1 Satz 2 des
Grundgesetzes zugrunde.

Der Grundsatz verlangt, dass sich das gesetzliche Pro-
gramm nach Zweck, Art und Umfang aus der Verord-
nungsermächtigung ergibt. Um es einfacher zu sagen:
Wenn ein Bürger in das TEHG schaut, muss er dem Ge-
setz entnehmen können, mit welcher Tendenz und mit
welchem Inhalt das Bundesministerium für Umwelt von
der Befugnis Gebrauch machen kann, den nationalen Al-
lokationsplan zu erstellen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Unter diesem Gesichtspunkt birgt die Verlagerung der

Regelungsgewalt auf die Exekutive zweierlei Probleme.
Zum einen kommt der angesprochene Systemwechsel im
TEHG nicht mit hinreichender Deutlichkeit zum Aus-
druck. Zum anderen ist aus dem Gesetzentwurf nicht zu
erkennen, wie die Frage der Zuteilung der Zertifikate
durch den Verordnungsgeber angegangen werden soll.
Das Gesetz lässt also völlig offen, wie der nationale Al-
lokationsplan aussehen soll. Die zentralen Fragen der
Erstzuteilung, der Behandlung von early actions und des
Marktzugangs für Neuanlagen sind in dem Entwurf zum
TEHG nicht hinreichend bestimmt.

Da keine aussagekräftigen Kriterien genannt werden,
ist nicht erkennbar, in welcher Richtung die Regelung
durch das Umweltministerium erfolgen soll. Dabei ent-
scheidet der nationale Allokationsplan über Wohl und
Wehe der betroffenen Unternehmen. Er legt fest, wel-
ches Unternehmen wie viele Zertifikate bekommt. Da-
mit werden den Betrieben wirtschaftliche Entfaltungs-
möglichkeiten direkt zugestanden oder aber auch
versagt.

Wir fordern Sie daher auf, die wesentlichen Fragen der
nationalen Ausgestaltung nur mit Beteiligung des Parla-
ments zu treffen. Sie, Herr Minister Trittin, scheinen auch
so langsam zu dieser Einsicht zu kommen. Der von der
Rechtsprechung entwickelte Wesentlichkeitsgrundsatz
verpflichtet Sie dazu. Verlagern Sie die wesentlichen Ent-
scheidungen nicht auf die Verordnungsebene, sondern ge-
stalten Sie den nationalen Allokationsplan als formelles
Gesetz!

Ich bin gespannt auf Ihren Gesetzentwurf, den Sie für
Dezember angekündigt haben. Aber erlauben Sie mir, in
dieser Sache sehr skeptisch zu sein.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1507504100

Das Wort hat jetzt Herr Kollege Professor Ernst

Ulrich von Weizsäcker von der SPD-Fraktion.

Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker (SPD):
Rede ID: ID1507504200

Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren!

Ich suche zunächst einmal nach den gemeinsamen Punk-
ten. Das heutige Beratungsziel ist die Überweisung an
die zuständigen Ausschüsse. Darin sind wir uns sicher-

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(C (D ich einig. Dieses Ziel werden wir erreichen. Das ist chon einmal ein gutes Symbol. Darüber hinaus – das sehe ich ähnlich wie Herr Loske – ind wir uns darüber einig, dass das Parlament intensiv eteiligt werden muss. Eine andere Frage ist, ob wir groen Spaß daran finden, über 5 000 oder 6 000 einzelne nlagen zu beraten und in das Feilschen über die Startlienzen einzutreten. Das wäre ziemlich abwegig. Ich abe aber nicht den Eindruck, dass dies das Ziel Ihres ntrags ist, Herr Dr. Paziorek. enn das der Fall wäre, dann müssten wir darüber strei en. Denn es entspricht nicht dem, was wir im Bundestag it der Klimapolitik beabsichtigen. Bei der Klimapolitik handelt es sich – das haben schon iele Redner festgestellt – um eine sehr langfristige Aufabe. Sie erfordert eine größere Gemeinsamkeit und eien stärkeren Willen zur Gemeinsamkeit, als es bisher ielleicht zum Ausdruck gekommen ist. Unseren Enkeln ird es ziemlich egal sein, wer im Jahr 2003 im Bundesag die schönere Rede gehalten hat. Es wird ihnen aber ehr darauf ankommen, was in der Praxis wirklich gechieht. In einem solchen Zeitraum wechseln auch schon einal die Mehrheiten. Man sollte nicht darauf bauen, dass ich eine bestimmte Doktrin 50 Jahre lang hält. Insofern st auch Flexibilität erforderlich. Ich sehe den eigentlichen Charme des Emissionshan els darin, dass der Markt hinsichtlich der höchsten Effiienz immer wieder neu justiert werden kann. Es sind icht ständig neue Entscheidungen notwendig. Wenn ich s richtig verstanden habe, liegt die Logik des bisherigen eferentenentwurfs zum Teil darin, Frau Dött, dass nicht lles von vornherein festgelegt wird. (Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Aber die Unternehmen brauchen Planungssicherheit!)


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Nein!)


Für die Planungssicherheit ist der mit der Senkung der
missionen auf 846 Millionen Tonnen CO2 eingezogeneeckel notwendig. Der Markt erlaubt keine wirkliche
lanungssicherheit; das ist der Sinn der Marktwirtschaft.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Eben!)


arüber kann man sich nicht beim Ministerium bekla-
en.
Ich bin aber sehr froh darüber, dass zum Beispiel Herr

ippold die Festlegungen durch das Kioto-Protokoll und
ie EU-Richtlinie ausdrücklich begrüßt hat, dass sich
err Paziorek in der Diskussion zum vorhergehenden
agesordnungspunkt zum Anwalt der erneuerbaren
nergien gemacht hat – das ist sehr erfreulich – und dass
rau Homburger die Rolle der FDP bei der Entwicklung
es Grundgedankens des Emissionshandels herausge-
tellt und die Notwendigkeit der Effizienztechnologien
nd – im Zusammenhang mit den erneuerbaren Ener-
ien – auch der Speichertechnologien betont hat. Ich






(A) )



(B) )


Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker

habe den Eindruck, dass es einen breiten Spielraum für
eine Einigung gibt.

Konkret werden wir den Antrag in den zuständigen
Ausschüssen einschließlich des Umweltausschusses be-
raten. Ich werde mich dafür einsetzen, dass die Beratun-
gen zu einer Stärkung des Parlaments in den Grundsatz-
fragen führen.

Der Emissionshandel ist insgesamt ein Novum. Das
hat Frau Dött sehr zutreffend dargestellt. Gleichzeitig
stehen wir unter einem von außen erzeugten enormen
Zeitdruck. Das impliziert für den Gesetzgeber und das
Ministerium, sich zunächst pragmatisch auf das zu be-
schränken, was wenigstens einigermaßen einfach und
durchschaubar ist. Darin liegt der Sinn des nationalen
Allokationsplanes, den auch die anderen europäischen
Länder erstellen müssen. Das stellt eine in pragmatischer
Hinsicht unvermeidliche Selbstbeschränkung auf einen
Bereich des Klimaschutzes dar, in dem man es mit weni-
gen großen Akteuren zu tun hat. 5 000 Akteure sind rela-
tiv wenig.

Auf die Dauer wird aber der Klimaschutz nicht kosten-
günstig möglich sein, wenn nicht auch die Millionen von
kleinen Akteuren berücksichtigt werden, die bisher nichts
von einer Verwirklichung des nationalen Allokations-
planes haben. Es muss den Bundestag auf die Dauer inte-
ressieren, wie wir den Strukturwandel über die großen
Akteure hinaus ausdehnen und den Preis, der den CO2-Emissionen jetzt zugewiesen wird, transparent machen
können. Das muss zum Teil mit anderen Instrumenten als
mit einem nationalen Allokationsplan geschehen. Aber
das muss jedenfalls im Visier der Energiepolitik sein.

Heute früh ist schon darauf hingewiesen worden, dass
wir in diesem Jahrzehnt vor grundlegenden energiepoli-
tischen Entscheidungen stehen und dass es in den kom-
menden Jahren – vielleicht anderthalb Jahrzehnten – not-
wendig sein wird, etwa 40 000 Megawatt der heutigen
Kraftwerkskapazität zu ersetzen, weil zahlreiche
Kraftwerke aus Altersgründen vom Netz genommen
werden müssen. Die entscheidende Frage ist, wie diese
Kapazitäten ersetzt werden sollen. Eine Möglichkeit ist
– diese wird von den Kraftwerksbetreibern ständig
propagiert –, effizientere Kraftwerke, zum Beispiel Gas-
Dampf-Kombinationskraftwerke, zu bauen. Hier ist die
Arena für den Emissionshandel nach dem nationalen Al-
lokationsplan; das ist auch richtig so.

Nach meiner Vision können so aber nur 40 Prozent der
40 000 Megawatt ersetzt werden. Weitere 20 Prozent kann
man durch die Nutzung erneuerbarer Energiequellen abde-
cken; auch das ist in der Zielsetzung. Die restlichen 40 Pro-
zent sollten durch die Steigerung der Endnutzereffizienz
erzielt werden, die bisher kaum im Gespräch ist. Das be-
trifft also die Haushalte und den Verkehr. Natürlich sind
die großen Energieverbraucher in Industrie und Gewerbe
schon jetzt einbezogen. Wir müssen uns also zusätzlich
in eine andere große Arena begeben, wenn wir die ener-
giepolitischen Entscheidungen dieses Jahrzehnts mit
Vernunft und einer langfristigen Zielsetzung angehen
wollen.

Ich glaube, es war Herr Kelber, der darauf hingewie-
sen hat, dass es nicht angeht, dass sich eine große Bran-

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(C (D he, die in Deutschland einiges Ansehen genießt, stillchweigend von einer Selbstverpflichtung verabschiedet. as ruft den Gesetzgeber geradezu auf den Plan, nun ndlich feste Rahmenbedingungen – auch um der Plaungssicherheit willen – zu setzen; denn wir können es ns nicht leisten, noch in zehn Jahren eine Dinosaurierutomobilflotte und entsprechende Gebäude zu haben. ir müssen jetzt in die Energie sparende Technologie insteigen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich freue mich sehr auf die Debatte über den im
rundsatz sehr vernünftigen Antrag der CDU/CSU-
raktion auf parlamentarische Beteiligung an der Erar-
eitung eines nationalen Allokationsplans. Ich bin sehr
rfreut und auch beruhigt über die Auskunft des Herrn
inisters, dass er selbstverständlich das Parlament, wie
s sich gehört, im Zusammenhang mit der Ermächtigung
ür eine Verordnung in die Beratungen über den Entwurf
ines Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes einbezie-
en will.
Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1507504300

Das Wort hat jetzt der Kollege Ulrich Petzold von der
DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ulrich Petzold (CDU):
Rede ID: ID1507504400

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Da-
en und Herren! Leider sind die Vorstellungen der Bun-
esregierung zur Umsetzung eines nationalen Emissions-
uteilungsplanes – um das einmal so auszudrücken – noch
ehr im Dunkeln und sorgen gerade in den neuen Bundes-
ändern für erhebliche Unruhe. Immer wieder werden
ragen nach der Berücksichtigung von bereits erbrachten
missionsminderungen, den so genannten early actions,
nd deren Vorhaltemöglichkeit an mich gerichtet.
Wenn wir ohne Voreingenommenheit zurückblicken,

ann stellen wir fest: Die beträchtlichen Minderungen
eim CO2-Ausstoß, die Deutschland seit 1990 erreichtat, wurden im Wesentlichen durch den schmerzlichen
mbau der Wirtschaft in den neuen Bundesländern er-
racht.


(Ulrich Kelber [SPD]: Richtig!)

es Weiteren wurden dort Betriebe zum großen Teil
ach dem neuesten Stand der Technik errichtet, sodass
ie kaum noch über Minderungspotenziale bei Klima-
asen verfügen. Durch eine restriktive Zuteilung von
missionsrechten würde in den neuen Bundesländern
in Zustand verfestigt, der dort eine selbst tragende Wirt-
chaft auf Dauer verhindern und diese Länder zu dauer-
aften Subventionsempfängern machen würde. Aus die-
er Situation würden sie nicht wieder herauskommen.
Es liegt bei der Zuteilung von Emissionsrechten daher

m gesamtstaatlichen Interesse, die den Mitgliedstaaten






(A) )



(B) )


Ulrich Petzold

von der Europäischen Union eingeräumten Ermessens-
freiräume zu nutzen. Diese Freiräume bestehen zum Bei-
spiel bei den als early actions bezeichneten Vorleistun-
gen, bei einer für die wirtschaftliche Entwicklung
notwendigen Zertifikatsreserve und beim Banking, also
einem Ansparen von Emissionszertifikaten.

Das Gutachten von Professor Arndt von der Universi-
tät Mannheim zeigt uns exemplarisch auf, wie weit wir
bei der Gestaltung dieser verteilungspolitischen Aspekte
in unseren nationalen Gesetzen und Verordnungen gehen
können, um Verwerfungen in unserer Wirtschaft zu ver-
meiden.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: So ist es!)

Er greift unter anderem vier Problemfelder auf, auf de-
nen sich die Bundesregierung im Hinblick auf ihr weite-
res Handeln anscheinend noch unschlüssig ist und auf
denen sie in streitiger Diskussion mit den betroffenen
Ländern steht.

Erstens. Der Zeitpunkt, ab dem early actions als Vor-
leistungen für den Klimaschutz angerechnet werden soll-
ten, sollte sich eindeutig auf das Jahr 1990 beziehen.
Wie könnte die Bundesrepublik eine CO2-Minderung be-zogen auf das Jahr 1990 abrechnen, wenn man dieses
Jahr nicht gleichzeitig als Basisjahr ihres nationalen Al-
lokationsplanes festlegte?

Zweitens. Professor Arndt fordert in seinem Gutach-
ten geradezu einen Vertrauensschutz für early actions in-
folge der strikten Klimavorsorgeanforderungen in der
Bundesrepublik an die Wirtschaft bereits seit Anfang der
90er-Jahre. Eine Gleichstellung von Vorreitern und
Nachzüglern im Klimaschutz verbietet sich danach sogar
in Anbetracht von Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes. Eine
Gleichbehandlung von Ungleichen würde jeden Vertrau-
ensschutz und jede zukünftige Aktivität von Vorreitern
torpedieren. Auch bereits erfolgte Stilllegungen müssten
als Klimaschutzvorleistungen anerkannt werden, wenn
Betreiber zukünftiger Stilllegungen mit ihren Zertifika-
ten handeln dürften. Im Zweifel müssten die Klima-
schutzvorleistungen durch bereits erfolgte Stilllegungen
einer Reserve der förderungsbedürftigen Länder zuge-
führt werden, die einer Ausstattung von Neuansiedlun-
gen dient.

Drittens. Ich trete der Auffassung energisch entgegen,
dass beihilferechtliche Bestimmungen einer Zuteilung
bei early actions entgegenstehen. Diese Zuteilungen er-
folgen kostenlos und ohne Belastung des Staatshaushal-
tes. Damit sind wesentliche Voraussetzungen für die Be-
wertung als Beihilfe nicht gegeben. Außerdem bedeutet
die Einführung des Zertifizierungsmodells für ein Unter-
nehmen nicht von vornherein einen Vorteil, sondern ist
eher eine Belastung, die von uns nicht künstlich zu ei-
nem Vorteil schöngeredet werden sollte.

Viertens. Ein Banking, also eine Übertragung von
Vorleistungen in eine nachfolgende Handelsperiode,
sollte für uns – da es für spätere Phasen zwingend zuge-
lassen wird – auch für den Übergang von der ersten zur
zweiten Handelsperiode gelten. Es wäre unverständlich,
wenn Unternehmen, die ihre Emissionen durch die Mo-
dernisierung von Anlagen um mehr als zwei Drittel ge-

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(C (D indert haben, in ihrer Fähigkeit zum Wachstum geemmt werden, indem sie für die Erweiterung ihrer roduktion nicht den Zeitraum nutzen können, der für ie wirtschaftlich am vorteilhaftesten ist. Ich hoffe, es wurde deutlich, dass wir Parlamentarier enauso wie die betroffenen Bundesländer auf unserer eteiligung an der Umsetzung der Richtlinie bestehen üssen; ansonsten werden wir in der Folgezeit nur den eparaturdienst im wirtschaftlichen und sozialen Beeich zu leisten haben. Danke schön. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1507504500

Das Wort hat jetzt die Kollegin Michaele Hustedt

om Bündnis 90/Die Grünen.

Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507504600

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kanada

at verkündet, dass es aufgrund von Naturkatastrophen
eutliche wirtschaftliche Einbußen hinnehmen musste.
it Naturkatastrophen waren Dürren, Stürme und Kata-
trophen im Zusammenhang mit landwirtschaftlichen
ehlplanungen gemeint. Auch uns in Deutschland haben
ie Folgeschäden der Überschwemmungen und der
ürre getroffen. Diese Schäden sind wirtschaftlich keine
eanuts mehr, sondern kommen uns mittlerweile richtig
euer zu stehen.
Wenn wir den Klimaschutz nicht ernst nehmen und
enn wir das Anwachsen des Treibhauseffekts nicht be-
renzen können, dann hat das tatsächlich weitreichende
irtschaftliche Konsequenzen und kann auch Wirt-
chaftssysteme sehr stark gefährden. Deswegen ist Kli-
aschutz keine grüne Spielwiese – wir machen das
icht, um Menschen zu ärgern –, sondern Klimaschutz
st eine objektive Notwendigkeit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Hier wird immer Planungssicherheit eingefordert,
peziell im Emissionshandel, aber auch allgemein für die
ukunft. Wer dies fordert, muss die Grünen unterstützen,
enn sie sagen: Wir brauchen neue Klimaschutzziele
ber das Jahr 2010 bzw. 2012 hinaus. Nur dann, wenn
ir Klimaschutzziele festlegen, gibt es Planungssicher-
eit. Ansonsten wird aufgrund der geschilderten objekti-
en Notwendigkeit, die sich Bahn brechen wird, jede
egierung ruckartig handeln müssen und dann entsteht
as Gegenteil von Planungssicherheit. Wer Planungssi-
herheit einfordert, der muss sich also auch dafür einset-
en, dass wir uns auf nationale und auf europäische
limaschutzziele über die jetzt bestehenden hinaus ver-
tändigen.
Die Basis dafür kann natürlich die objektive Notwen-

igkeit sein. Die objektive Notwendigkeit ist, bis zum
ahr 2020 die Treibhausgasemissionen gegenüber dem
tand von 1990 um 40 Prozent zu reduzieren.






(A) )



(B) )


Michaele Hustedt

Über einen Eckpunkt haben wir vorhin schon disku-

tiert: Die erneuerbaren Energien sollen zukünftig 20 Pro-
zent der Energieversorgung sicherstellen. Es wurde da-
rauf hingewiesen, dass es sehr notwendig ist, bis dahin
eine absolute Energieeinsparung von mindestens 10 Pro-
zent durchzusetzen. Wenn wir aus der Atomkraft ausge-
stiegen sein werden, wird für die fossilen Energieträger
im Jahr 2020 ein Anteil von circa 70 Prozent bleiben.

Das bedeutet: Wenn wir ambitionierte Klimaschutz-
ziele durchsetzen wollen, dann müssen wir in dem Be-
reich eine drastische Effizienzsteigerung durchsetzen.
Das entscheidende Instrument dafür ist der Emissions-
handel. Jetzt müssen die Hälfte der Kraftwerkskapazitä-
ten in Deutschland und 200 000 Megawatt in der Euro-
päischen Union ersetzt werden. Da muss der
Emissionshandel dafür sorgen, dass es im neuen Kraft-
werkspark zu drastischen Einsparungen von CO2kommt. Das ist auch möglich. Ersetzt man ein altes Koh-
lekraftwerk durch ein neues, kann man 30 Prozent CO2einsparen. Ersetzt man ein altes Kohlekraftwerk durch
ein Gaskraftwerk, kann man 50 Prozent CO2 einsparen.Ersetzt man ein altes Kohlekraftwerk gar durch ein
Kraftwerk mit Auskopplung von Wärme, also durch ein
Kraftwerk, bei dem man die Wärme für die Stromerzeu-
gung nutzt, dann kann man 80 bis 90 Prozent der CO2-Emissionen einsparen. Das heißt, das Ziel 40 Prozent
CO2-Reduktion, also Klimaschutz, und der Atomaus-stieg sind miteinander vereinbar.

Wir brauchen eine Vielfalt der Technologien in
Deutschland. Wir brauchen Deutschland als Schaufens-
ter auch für den Export. Weltweit wird der Energiever-
brauch um 30 Prozent steigen. Angesichts dessen sind
Technologien gefragt. Es müssen moderne Technologien
sein. Moderne Technologien sind Klimaschutztechnolo-
gien. Da wollen wir alles im Einsatz haben: die Kraft-
Wärme-Kopplung, die Brennstoffzelle, die Mikrotur-
bine, die Blockheizkraftwerke und die gesamte Palette
der erneuerbaren Energien.

Ein Problem wird sein, den Emissionshandel mit der
Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung zu verzahnen.
Auf gar keinen Fall darf es durch den Emissionshandel
eine Benachteiligung der Kraft-Wärme-Kopplung ge-
ben. Was den Strom angeht, so sinkt der Effizienzgrad
zwar etwas, insgesamt allerdings wird der Energieträger
optimaler ausgenutzt.

Eine spezielle KWK-Regelung ist unabdingbar. Sie
muss Lösungen bringen, ohne dass es zu einer Überfrach-
tung des Systems kommt. Ein optimaler Weg wäre eine
Befreiungsregelung für den Brennstoffeinsatz, der der
Wärmeerzeugung zuzurechnen ist. Ob das im Rahmen
der EU-Richtlinie machbar ist, muss man überprüfen.

Wir werden uns das Ergebnis des Emissionshandels
angucken und werden genau prüfen müssen, ob auch ein
ausreichendes Signal gesetzt wird, Kraft-Wärme-Kopp-
lung in diesem Land tatsächlich zu fördern. Wenn der
Emissionshandel dazu nicht ausreicht, dann wird man
nachgelagert im Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz zusätz-
liche Anreize setzen müssen.

Ich sage abschließend: Der Emissionshandel wird ne-
ben dem EEG zu einem zentralen Instrument werden,

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(C (D m eine zukunftsfähige Energieversorgung durchzuseten. Zusammen mit dem Energiewirtschaftsgesetz bilen sie die drei zentralen Säulen einer zukünftigen Enerieversorgung. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1507504700

Das Wort hat jetzt der Kollege Kurt-Dieter Grill von

er CDU/CSU-Fraktion.


Kurt-Dieter Grill (CDU):
Rede ID: ID1507504800

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en! Ich würde gerne die Gelegenheit nutzen, bevor ich
ich mit dem nationalen Allokationsplan und der Kli-
apolitik im europäischen Kontext auseinander setze,
ier festzuhalten, dass Sie, Herr Kelber, meiner Frage
usgewichen sind. Ich möchte hier auch für die Öffent-
ichkeit noch einmal deutlich machen, dass Ihre Behaup-
ung, dass Produzenten von Solarzellen vor dem Regie-
ungswechsel 1998 Deutschland den Rücken gekehrt
aben, schlicht und einfach falsch ist.


(Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Nein!)

er damalige Minister Rüttgers hat nämlich noch kurz
or der Wahl die Grundsteinlegung von zwei Solarzel-
enfabriken begleitet.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. Peter Paziorek [CDU/ CSU]: Der kennt Gelsenkirchen nicht!)


Weiterhin haben Sie, Herr Kollege Kelber, auf die Er-
olge der Klimaschutzpolitik in der Bundesrepublik
eutschland abgehoben. Ich möchte Sie dabei auf fol-
ende Dinge hinweisen:
Erstens. An der Bilanz, die Sie jetzt vorlegen können,

rägt die Klimaschutz- und Energiepolitik der Regierung
ohl und der CDU/CSU-FDP-Koalition einen erhebli-
hen Anteil.
Zweitens. Die internationalen Vereinbarungen, die die
rundlage für Kioto bildeten, sind eine Folge der inter-
ational engagierten Entwicklungs- und Umweltpolitik
on Helmut Kohl, Klaus Töpfer und Angela Merkel.
berhaupt nur auf diesen Fundamenten können Sie über
eutige Erfolge in Deutschland reden. Sie bilden die Ba-
is dafür, dass es überhaupt eine international verbindli-
he Klimaschutzpolitik geben kann.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zurufe von der SPD)


Ich sage das nur deswegen, weil Sie hier immer den
indruck zu erwecken versuchen, die Ära der erneuerba-
en Energien und der Klimaschutzpolitik hätte 1998 be-
onnen.


(Ulrich Kelber [SPD]: Es geht um heutige Politik!)


enn Sie das nicht ständig wider besseres Wissen wie-
erholten, bräuchte ich eine solche Bemerkung an dieser
telle nicht zu machen.






(A) )



(B) )


Kurt-Dieter Grill

Drittens. Sie beklagen beredt die Haltung der europäi-

schen Automobilwirtschaft und -industrie. Ich teile diese
Einschätzung und kritisiere sie auch. Vielleicht setzen
Sie aber an dieser Stelle einmal Ihren Autokanzler in Be-
wegung, der immer dann aufgetreten ist, wenn es darum
ging, wirtschaftliche Belastungen von der Automobilin-
dustrie fern zu halten. Das ist meine herzliche Bitte. Sie
haben ja alle Möglichkeiten dafür, wenn ich mir be-
stimmte Habita des Herrn Bundeskanzlers anschaue.


(Zurufe von der SPD: Habita?)

Viertens. Ich habe zwar eine Reihe von Argumenten

für die Energiepolitik dieser Koalition und der Bundes-
regierung gehört, aber ein schlüssiges Konzept dazu, wie
der Ausstieg aus der Kernenergie ökonomisch ver-
nünftig und CO2-neutral durchgeführt werden kann, ha-ben Sie auch heute hier nicht vorgetragen. Das können
Sie nämlich nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU)

In dieser Woche sind 17 Milliarden für die deutsche

Steinkohle auf den Tisch gelegt worden. Frau Hustedt
hat hier über 70 Prozent fossile Kraftwerke – vorgestern
waren es noch 80 Prozent – geredet. Ich bin ja durchaus
der Meinung, dass das eine der Möglichkeiten ist,
möchte dazu aber zwei Anmerkungen machen: Wenn
diese Kraftwerke den Anteil der Kernkraftwerke kom-
pensieren sollen, dann müssen Sie zunächst sagen, dass
dadurch mehr CO2 ausgestoßen wird.


(Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber nein!)


– Aber natürlich. – Weiterhin sollten Sie sich in dieser
Bundesregierung dann dazu entschließen, gemeinsam
mit Nordrhein-Westfalen ein modernes, hocheffizientes
Kohlekraftwerk zu bauen. Das müssen wir ja überhaupt
erst einmal erproben, denn wir haben in Deutschland auf
diesem Sektor sozusagen einen Negativtrend, weil es in
Deutschland keinen Kraftwerkshersteller mehr gibt. Wir
müssen daher erst einmal Technologien für hocheffi-
ziente Kohlekraftwerke erproben.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Im Haushalt sind für die Forschung zur Energiegewin-
nung aus Kohle nur 10 Millionen Euro vorgesehen. Das
steht doch in keinem Verhältnis zu den 17 Milliarden
Subventionen für die Steinkohle.

Herr Minister Trittin sprach ja eben davon, dass seine
Energiepolitik auf drei Säulen basiere: erneuerbare
Energien, Einsparungen und Effizienzsteigerung. Ich
will mich an der Stelle gar nicht mit der Frage der erneu-
erbaren Energien auseinander setzen, denn die Defizite
Ihrer Politik liegen in den Punkten Effizienzsteigerung
und Energieeinsparung. Das können Sie unter der Hand
von jedem besseren Umweltverband in Deutschland hö-
ren.

Ihr Kollege Müller hat vor dem Regierungswechsel
1998, als Sie noch in der Opposition waren, gesagt:
Wenn wir an der Regierung sind, werden wir bis 2010
einen Rückgang der Emissionen um 30 Prozent errei-
chen; das schaffen wir locker. – Ihre Bilanz ist, gemes-

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(C (D en an Ihren Ansprüchen und Versprechungen, jämmerch. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir müssen uns über die Förderinstrumente unterhal-
en. Die KfW-Programme werden nicht akzeptiert.


(Zuruf von der SPD: So ein Quatsch! – Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stimmt doch gar nicht! Das CO2-Min-derungsprogramm wird akzeptiert!)


Lieber Herr Loske, wir haben uns gerade, auch im Bei-
at der Dena, über den Erfolg dieser Dinge unterhalten.
enken Sie bitte auch an die Situation im Hausbau. Wir
üssen über den Gebäudebestand reden – das will ich
berhaupt nicht bestreiten – und sicherlich mehr tun, als
ir bis 1998 gemacht haben; das gebe ich freimütig zu.
ie Versuche unserer damaligen Umweltgruppe, etwas
ehr zu machen, waren nicht von Erfolg gekrönt. Aber
m Neubau setzen Sie – ich sage das nicht als Vorwurf;
etzen wir, wenn Sie so wollen – die Energieeinsparver-
rdnung nicht um. Nach den Untersuchungen zu diesem
ereich genügen maximal 40 Prozent der Neubauten
em Anspruchsbereich von Wärmeschutzverordnung
nd Energieeinsparverordnung. Deswegen müssen wir
ber das Ganze noch einmal nachdenken.
Wir haben über den Export gesprochen. Gerade in

iesen Tagen ist deutlich geworden, dass Ihre Exportpo-
itik gescheitert ist.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Wohl wahr! Wir konnten es nachlesen!)


ir haben Ihnen von dieser Stelle aus gesagt, dass das,
as Sie planen, zu bürokratisch ist und nicht greift. Ich
ann nur sagen: Wer will, dass erneuerbare Energien und
ndere Technologien aus Deutschland Exportschlager
eien, der muss auch die Weichen dafür stellen, dass
iese in der Welt akzeptiert und gekauft werden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Hören wir noch was zum Thema Ihres eigenen Antrags?)


Ich bin dabei, mich mit Ihren Argumenten auseinander
u setzen, Herr Kelber. Wenn Sie das nicht gemerkt ha-
en, kann ich nichts dafür.


(Ulrich Kelber [SPD]: Es war ja Ihr eigener Antrag!)


Zu diesem Antrag ist hier vieles gesagt worden. Ich
etze mich mit Ihren Argumenten auseinander. Aber
ielleicht können Sie das ja nicht ganz begreifen.


(Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Sie haben ja etwas anderes beantragt!)


Der Kioto-Prozess steht – deswegen ist es notwen-
ig, dass wir uns im Parlament mit diesen Fragen aus-
inander setzen – möglicherweise vor dem Scheitern.
enn aus den USA ähnliche Nachrichten gekommen
ären, wie wir sie diese und letzte Woche aus Russland
ehört haben, nämlich dass das russische Parlament das






(A) )



(B) )


Kurt-Dieter Grill

Kioto-Protokoll nicht ratifizieren will, dann hätten Sie
sich heute Morgen an diesem Pult in Ihrer Kritik an
Bush und den USA und der Verletzung der internationa-
len Verpflichtungen in der Klimapolitik überboten. Sie
wissen genauso gut wie ich, dass es bei der Frage, ob
Russland das Kioto-Protokoll ratifiziert oder nicht, um
mehr geht als um die Frage, ob ein Land ratifiziert: Es
geht darum, ob diese Vereinbarung völkerrechtlich ver-
bindlich wird oder nicht.

Wenn wir in diesem Zusammenhang über die natio-
nale Umsetzung europäischer Politik reden, müssen wir
zwei Ereignisse berücksichtigen, die bedauerlicher-
weise passiert sind: Erstens. Auf dem deutsch-russischen
Gipfel ist über das Kioto-Protokoll überhaupt nicht gere-
det worden. Zweitens. Wir haben mit Entsetzen festge-
stellt, dass Herr Berlusconi als Ratspräsident gegen alle
Regeln verstoßen hat. Die Folge ist, dass in dem Proto-
koll von Russland und Europa das Wort Kioto überhaupt
nicht auftaucht, geschweige denn die Ratifizierung die-
ses Protokolls durch Russland. Somit befinden wir uns
in der katastrophalen Situation, dass wir zwar über eine
Politik reden, die im Kern, auch bezüglich der markt-
wirtschaftlichen Komponenten, richtig angelegt ist – das
will ich hier ausdrücklich betonen –, aber in eine Wett-
bewerbssituation geraten, die sich angesichts der außen-
wirtschaftlichen Entwicklung für die deutsche Wirt-
schaft negativ darstellt. Zudem wird dadurch auch die
Frage der Entwicklungspolitik berührt; denn wenn das
Kioto-Protokoll völkerrechtlich nicht verbindlich wird,
werden Joint Implementation und CDM massiv berührt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Deswegen müssen wir von dieser Stelle aus die russi-

sche Regierung, aber auch unsere Kollegen in der russi-
schen Duma nachhaltig auffordern, die Ratifizierung
nicht zu verweigern. Russland braucht – das weiß ich
aus persönlicher Erfahrung – einen solchen Strategie-
wandel, und zwar vor dem Hintergrund dessen, was hier
vorgetragen worden ist, nur umgekehrt: Die Russen ha-
ben offensichtlich geglaubt, sie könnten mit dem Ver-
kauf von CO2-Emissionszertifikaten Geld verdienen.Jetzt aber gibt es in Russland Wirtschaftswachstum. –
Eine Nebenbemerkung: Wenn wir das Wachstum hätten,
von dem Sie träumen, dann müssten wir über eine ganz
andere CO2-Bilanz in diesem Lande reden. – Aufgrundihres Wachstums benötigen die Russen ihren Emissions-
anteil selber und können daher mit dem entsprechenden
Handel von Zertifikaten kein Geld mehr verdienen.

Wenn Joint Implimentation und CDM als ein Element
der kostengünstigeren Emissionsbeseitigung ausfallen,
dann schaffen wir ein ökonomisches Problem, was die
Kosten der CO2-Politik in der Europäischen Union an-geht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Es war deshalb ausgesprochen gut, Herr Kollege von

Weizsäcker, dass Sie deutlich gemacht haben, dass es zu
einem Dialog im Umweltausschuss und in den anderen
Gremien des Deutschen Bundestages kommen wird. Ich
kann nur hoffen, dass unser Antrag die Basis dafür ist,
das Parlament in dieser Frage angemessen zu beteiligen.

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(C (D Herzlichen Dank. Das Wort hat jetzt der Kollege Rolf Hempelmann von er SPD-Fraktion. (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Einzige, der Vorschusslorbeeren kriegt!)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1507504900


Rolf Hempelmann (SPD):
Rede ID: ID1507505000

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!
an kann zum Ende dieser Debatte feststellen, dass sie
das gilt zumindest für den Zeitraum bis zur Rede des
ollegen Kurt-Dieter Grill –, weitgehend sachlich ver-
ief. Viele haben sogar zum Thema gesprochen.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

uch ich will das versuchen und deshalb eine Änderung
m Stil im Vergleich zum letzten Redebeitrag einführen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Emissionshan-

el ist in der Tat ein völlig neues Instrument, das eine sehr
roße Chance bietet. Wenn dieses Instrument gut ent-
ickelt wird – der Allokationsplan, über den heute ge-
prochen wird, ist da natürlich eine ganz entscheidende
eichenstellung –, dann haben wir eine große Chance,
ass es ein sehr integratives Instrument sein kann. Ich
edenfalls glaube, dass wir im weiteren Verlauf – nicht am
nfang des Prozesses der Entwicklung dieses Instrumen-
es – die Möglichkeit haben, unser gesamtes energiepo-
itisches Instrumentarium daraufhin zu überprüfen,
nwieweit nicht manches in Zukunft durch den Emis-
ionshandel erledigt werden kann, was bisher mithilfe
on Einzelinstrumenten erledigt werden musste.
Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, dass die

PD-Bundestagsfraktion einer Aufforderung, die von
nderen Fraktionen gelegentlich an sie gestellt wurde,
achgekommen ist und eine energiepolitische Agenda
ormuliert hat. Damit wird der Versuch unternommen,
ie verschiedenen energiepolitischen Themen und He-
ausforderungen der nächsten Zeit miteinander zu ver-
inden und daraus ein ganzheitliches Konzept zu ma-
hen.


(Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Das ist eine sinnvolle Geschichte! Sehr gut!)


Dass wir im Instrument des Emissionshandels auch
ie Chance sehen, Themen miteinander zu verbinden,
ehen Sie daran, dass der Emissionshandel in diesem Pa-
ier eine besondere Erwähnung findet. Ich will die ent-
prechende Stelle, die Ihre Forderung aufgreift, einmal
orlesen:

Bei der Umsetzung der EU-Richtlinie zum Handel
mit Treibhausgasemissionen werden wir die mit den
flexiblen Mechanismen des Kyoto-Protokolls er-
möglichten kostengünstigen CO2-Minderungsstra-tegien mit industrie- und strukturpolitischen Wert-
schöpfungsaspekten verbinden. Wir werden dieses
potenziell hocheffiziente Instrument so einsetzen,






(A) )



(B) )


Rolf Hempelmann

dass gleichzeitig auch standortpolitische Aspekte
sowie die nationalen Vorleistungen berücksichtigt
und internationale Wettbewerbsverzerrungen ver-
mieden werden. Dabei ist sicherzustellen, dass der
Emissionshandel mit den weiteren existierenden
bzw. vorgesehenen nationalen und internationalen
Klimaschutzmaßnahmen so harmonisiert wird, dass
ein optimaler Beitrag zur Bewältigung der globalen
Aufgabe des Klimaschutzes geleistet wird.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich denke, hieran wird deutlich, dass vieles von dem,
was von den verschiedenen Fraktionen zu Recht ange-
sprochen worden ist, auch von uns als Aufgabe im Rah-
men des Emissionshandels und seiner Entwicklung gese-
hen wird.

Ich freue mich im Übrigen – auch das darf ich hier sa-
gen –, dass auch der Koalitionspartner, die Grünen, ein
Energiekonzept entworfen und in dieser Woche verab-
schiedet hat. Wir können dort, wie ich gehört habe, eine
Vielzahl an Schnittmengen entdecken und werden versu-
chen, daraus etwas Gemeinsames zu entwickeln.

Das Bundeswirtschaftsministerium hat uns gestern im
Wirtschaftsausschuss des Deutschen Bundestages mitge-
teilt, dass auch die beiden bei Energiefragen federfüh-
renden Häuser, also das Wirtschaftsministerium und das
Umweltministerium, sich über ein gemeinsames Ener-
giekonzept abstimmen werden. Damit entspricht diese
Bundesregierung einer lange formulierten Forderung so-
wohl aus dem Parlament als auch aus dem außerparla-
mentarischen Raum. Ich freue mich sehr darüber.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, der Emis-
sionshandel soll die Kosten für den Klimaschutz, insbe-
sondere in den Industrieländern, deutlich verringern. Das
ist der eigentliche Grund, warum die Industrieländer, fe-
derführend die USA, dieses Instrument sozusagen erfun-
den haben. Und es ist schon interessant, dass auch große
transnationale Konzerne dieses Instrument seit Jahren
entwickeln und konzernintern ausprobieren. Wenn der
Vorstand von BP Deutschland im Rahmen einer Sitzung
des Umweltausschusses des Deutschen Bundestages
sagt, der Emissionshandel „erbringt klimapolitische Effi-
zienz im volkswirtschaftlichen Schongang, spürbarer
Klimaschutz zu spürbar geringeren Kosten“, sollte uns
das jedenfalls insgesamt zuversichtlich stimmen und uns
veranlassen, dieses Instrument jetzt auch bei uns zu ent-
wickeln.

Einige Redner haben darauf hingewiesen, dass wir im
Zusammenhang mit dem Emissionshandel auch Joint
Implementation und Clean Development Mechanisms
integrieren müssen. Ich denke, das ist in der Tat auch
eine große Chance dieses Instrumentes. Es ist eben nicht
nur ein nationales, sondern es ist ein international ange-
legtes Instrument.

Schon im Zusammenhang mit dem klassischen Um-
weltschutz kennen wir die Grenzkostenproblematik und

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(C (D issen, dass die Vermeidung der letzten Prozente in der rößenordnung von Mikrooder Nanogramm zu imensen Kosten führt. Insofern ist es sinnvoll, dass wir m Rahmen dieses Instruments auch die Chance suchen, ine Kostenoptimierung dadurch zu erzielen, dass wir nsbesondere CO2-Reduzierungen dort vornehmen, woie kostengünstig zu erreichen sind. as heißt allerdings nicht, dass wir uns im nationalen ahmen vor notwendigen CO2-Reduzierungen drückenürfen. Diese beiden Dinge müssen zusammengebunden erden. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Zustimmung bei Abgeordneten der SPD)


Einige Stichworte, die ich noch aufgreifen will, sind
on verschiedenen Rednern aller Fraktionen hier eben-
alls genannt worden. Ich denke, es ist von zentraler Be-
eutung, dass bei der Umsetzung des Allokationsplans
ine ausgewogene Makro- und Mikroallokation gelingt.
ch will hier auch deutlich sagen: Ich bin der festen
berzeugung, dass wir als Parlament insbesondere bei
er Makroallokation ein deutliches Wort mitzureden ha-
en. Deswegen begrüße ich ausdrücklich die heutige
nkündigung von Minister Trittin, dass auch die Regie-
ung die Auffassung teilt, insbesondere die wesentlichen
egeln des Emissionshandels seien durch den Gesetzge-
er, also durch uns, zu definieren. Ich denke, das ist eine
erechtigte Forderung, in der sich die Fraktionen in kei-
er Weise voneinander unterscheiden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit dem Emissions-
andel und mit dem jetzt vorzulegenden Allokationsplan
röffnen wir vor allen Dingen Chancen für die deutsche
irtschaft. Natürlich sind wir in einer Phase offener Fra-
en. Es gibt zurzeit den Dialog innerhalb der Branchen
nd den Dialog der Branchen mit der Bundesregierung.
icherlich gibt es auch unterschiedliche Interessen inner-
alb der deutschen Wirtschaft. Wer in Veranstaltungen,
twa mit dem BDI, über den Emissionshandel redet,
pürt das. Es gibt nicht das homogene Interesse daran,
ie denn der Emissionshandel und der Allokationsplan
u organisieren sind. Es geht hier um Verteilung.
Deshalb gilt, was der Kollege Kelber eben gesagt hat:
er dann, wenn ein Vorschlag zum Allokationsplan vor-

iegt, anderer Auffassung ist, muss nicht nur sagen, wo
r jemanden entlasten will, sondern muss auch sagen, wo
r dann belasten will. Das ist eine Forderung, die nicht
ur den Koalitionsfraktionen, sondern allen Mitgliedern
ieses Hauses gilt. Ich denke, das macht die Diskussion
m Deutschen Bundestag in den nächsten Monaten be-
onders spannend.
Die Opposition ist hier zu konstruktiver Mitarbeit

ufgefordert. Ein bloßes Nein reicht nicht.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Rolf Hempelmann

Ich glaube aber, in dieser Debatte einige Stimmen gehört
zu haben, die deutlich machen: Es gibt – jedenfalls in
Teilen der Opposition – durchaus Bereitschaft zur Mitar-
beit.

Abschließend ein Wort zu Russland: Es ist richtig,
dass wir Besorgnis darüber haben müssen, dass in Russ-
land – jedenfalls zurzeit – keine Bereitschaft zu erken-
nen ist, das Kioto-Protokoll und die Energiecharta zu un-
terzeichnen. Auch die deutsche Bundesregierung ist
gefordert, im Dialog mit Russland deutlich zu machen,
dass wir eine bestimmte Erwartung an Russland haben.
Aber genauso falsch wäre es, daraus abzuleiten, dass wir
im Deutschen Bundestag so lange die Hände in den
Schoß legen, bis dieses Problem gelöst ist.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Eine „Arbeitsniederlegung“ im Deutschen Bundestag
hilft uns in dieser Sache überhaupt nicht weiter.

Insoweit ist es begrüßenswert, dass jetzt ein Entwurf
vorliegt und wir bald sehr konkret über den Emissions-
handel und den Allokationsplan in Deutschland diskutie-
ren können.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1507505100

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 15/1791 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 23 a bis 23 h sowie
die Zusatzpunkte 2 a und 2 b auf:
23 a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-

gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem
Vertrag vom 6. März 2002 zwischen der Bun-
desrepublik Deutschland und der Republik
Mosambik über die Förderung und den gegen-
seitigen Schutz von Kapitalanlagen
– Drucksache 15/1845 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit

b) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ver-
trag vom 6. August 2001 zwischen der Bundes-
republik Deutschland und dem Königreich
Marokko über die gegenseitige Förderung und
den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen
– Drucksache 15/1846 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit

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gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ver-
trag vom 18. Oktober 2001 zwischen der Bun-
desrepublik Deutschland und Bosnien und
Herzegowina über die Förderung und den ge-
genseitigen Schutz von Kapitalanlagen
– Drucksache 15/1847 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit

d) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuord-
nung der Statistiken der Rohstoff- und Produkti-
onswirtschaft einzelner Wirtschaftszweige

(Rohstoffstatistikgesetz – RohstoffStatG)

– Drucksache 15/1849 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit

e) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Vierunddreißigsten
Gesetzes zur Änderung des Lastenausgleichs-
gesetzes (34. ÄndGLAG)

– Drucksache 15/1854 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss

f) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes über die Finanzierung
der Beseitigung von Rüstungsaltlasten in der

(Rüstungsaltlastenfinanzierungsgesetz – RüstAltFG)

– Drucksache 15/1888 –
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss (f)

Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

g) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Führung des Han-
delsregisters, des Genossenschaftsregisters, des
Partnerschaftsregisters und des Vereinsregisters

(Register-Führungsgesetz – RFüG)

– Drucksache 15/1890 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit

h) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-
gierung
Bericht der Bundesregierung über die Umset-
zung von Gender Mainstreaming in Wissen-
schaft und Forschung
– Drucksache 15/720 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

P 2a)Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(1. MADGÄndG)

– Drucksache 15/1959 –
Überweisungsvorschlag:
Verteidigungsausschuss (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss

b) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD,
der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN und der FDP eingebrachten Entwurfs
eines … Gesetzes zur Änderung rehabilitie-
rungsrechtlicher Vorschriften
– Drucksache 15/1975 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Haushaltsausschuss

Es handelt sich um Überweisungen im vereinfachten
Verfahren ohne Debatte.

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen an
die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu
überweisen.

Dem Entwurf eines Gesetz der Fraktionen der SPD,
der CDU/CSU und des Bündnisses 90/Die Grünen zur
Änderung rehabilitationsrechtlicher Vorschriften auf
Drucksache 15/1975 ist die Fraktion der FDP als Initiant
beigetreten.

Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall.
Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 24 a und 24 c bis
24 h sowie die Zusatzpunkte 3 a und 3 b auf. Es handelt
sich um Beschlussvorlagen, zu denen keine Ausspra-
che vorgesehen ist.

Tagesordnungspunkt 24 a:
Zweite Beratung und Schlussabstimmung des
von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes über die Zustimmung zur Än-
derung der Satzung des europäischen Systems
der Zentralbanken und der Europäischen
Zentralbank
– Drucksache 15/1654 –

(Erste Beratung 66. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzaus-
schusses

(7. Ausschuss)

– Drucksache 15/2008 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Ortwin Runde
Georg Fahrenschon

Der Finanzausschuss empfiehlt auf Drucksache 15/2008,
den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die
dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist
damit einstimmig angenommen.

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(C (D Tagesordnungspunkt 24 c: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 2. Juli 2001 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über den Verlauf der gemeinsamen Staatsgrenze im Grenzabschnitt „Salzach“ und in den Sektionen I und II des Grenzabschnitts „Scheibelberg-Bodensee“ sowie in Teilen des Grenzabschnitts „Innwinkel“ – Drucksache 15/1655 – Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses – Drucksache 15/2006 – Berichterstattung: Abgeordnete Petra Ernstberger Dr. Andreas Schockenhoff Claudia Roth Dr. Rainer Stinner Der Auswärtige Ausschuss empfiehlt auf Drucksache 5/2006, den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich bitte dieenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um as Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltunen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung instimmig angenommen. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Wer zustimmen will, möge sich itte erheben. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der esetzentwurf ist einstimmig angenommen. Tagesordnungspunkt 24 d: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 18. September 2002 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland, den Vereinten Nationen und dem Sekretariat des Übereinkommens zur Erhaltung der wandernden wild lebenden Tierarten über den Sitz des Sekretariats des Übereinkommens – Drucksache 15/1473 – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit – Drucksache 15/1826 – Berichterstattung: Abgeordnete Gabriele Lösekrug-Möller Dr. Maria Flachsbarth Winfried Hermann Angelika Brunkhorst Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktoricherheit empfiehlt auf Drucksache 15/1826, den Gesetzntwurf anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die zustimmen Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms wollen, um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung einstimmig angenommen. Dritte Beratung und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die zustimmen wollen, sich zu erheben. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist einstimmig angenommen. Wir kommen zu den Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses. Tagesordnungspunkt 24 e: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 74 zu Petitionen – Drucksache 15/1881 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Sammelübersicht 74 ist einstimmig angenommen. Tagesordnungspunkt 24 f: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 75 zu Petitionen – Drucksache 15/1882 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Sammelübersicht 75 ist einstimmig angenommen. Tagesordnungspunkt 24 g: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 76 zu Petitionen – Drucksache 15/1883 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Sammelübersicht 76 ist einstimmig angenommen. Tagesordnungspunkt 24 h: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 77 zu Petitionen – Drucksache 15/1884 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Sammelübersicht 77 ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP angenommen. Zusatzpunkt 3 a: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung aufsichtsrechtlicher Bestimmungen zur Sanierung und Liquidation von e w d – i o A u s s d g l P B ß g l G a 1)


(Erste Beratung 66. Sitzung)


(Erste Beratung 63. Sitzung)





(A) )


(B) )

(C


(D Versicherungsunternehmen und Kreditinstituten – Drucksache 15/1653 – Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses – Drucksache 15/2009 – Berichterstattung: Abgeordnete Ortwin Runde Klaus-Peter Flosbach Hubert Ulrich Carl-Ludwig Thiele Der Finanzausschuss empfiehlt in seiner Beschlussmpfehlung auf Drucksache 15/2009, den Gesetzenturf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte iejenigen, die zustimmen wollen, um das Handzeichen. Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf st in zweiter Beratung bei Enthaltung der beiden fraktinslosen Abgeordneten mit den Stimmen aller anderen bgeordneten angenommen. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Geetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Gegentimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist mit em gleichen Stimmenverhältnis angenommen. Zusatzpunkt 3 b: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Kultur und Medien ten Günter Nooke, Bernd Neumann Renate Blank, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU Umsetzung des Bundestagsbeschlusses zur Wiedererrichtung des Berliner Stadtschlosses – Drucksachen 15/1094, 15/2002 – Berichterstattung: Abgeordnete Eckhardt Barthel Günter Nooke Dr. Antje Vollmer Hans-Joachim Otto Zu diesem Tagesordnungspunkt liegen zwei Erklärunen nach § 31 der Geschäftsordnung der beiden Koleginnen Petra Pau und Gesine Lötzsch vor, die wir zu rotokoll nehmen.1)


(Erste Beratung 66. Sitzung)


(7. Ausschuss)


(21. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordne-

Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe a seiner
eschlussempfehlung die Annahme einer Entschlie-
ung. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Ge-
enstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfeh-
ung ist mit den Stimmen aller Fraktionen bei
egenstimmen der beiden fraktionslosen Kolleginnen
ngenommen.

Anlage 2 und 3






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms

Unter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung emp-

fiehlt der Ausschuss, den Antrag auf Drucksache 15/1094
für erledigt zu erklären. Wer stimmt für diese Be-
schlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer ent-
hält sich? – Die Beschlussempfehlung ist wiederum mit
den Stimmen aller Fraktionen bei Gegenstimmen der
beiden fraktionslosen Kolleginnen angenommen.

Ich rufe den Zusatzpunkt 4 auf:
Aktuelle Stunde
auf Verlangen der Fraktion der CDU/CSU
Die aktuelle Russlandpolitik der Bundesregie-
rung

Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner hat für
den Antragsteller der Kollege Dr. Friedbert Pflüger von
der CDU/CSU-Fraktion das Wort.


Dr. Friedbert Pflüger (CDU):
Rede ID: ID1507505200

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Es ist keine Frage: Russland hat in den letzten
Jahren große Fortschritte gemacht. Unter Präsident Putin
hat es die strategische Grundsatzentscheidung getroffen,
die Modernisierung des eigenen Landes über ein breites
Engagement mit dem Westen zu erreichen.

In der nach dem 11. September 2001 gebildeten Anti-
terrorallianz hat Moskau großes Verantwortungsbe-
wusstsein bewiesen. Putin gelang es ferner – anders als
Schröder und Chirac –, ein Kunststück zu vollbringen,
nämlich gegen den Irakkrieg zu sein und trotzdem aus-
gezeichnete Beziehungen zu Amerika zu pflegen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Russland ist heute Teil der G 8, in Kürze Mitglied der

WTO. Keine Frage: Putin hat die neuen Konstellationen
nach dem 11. September 2001 geschickter als alle ande-
ren genutzt. Nach Jahren des Chaos und des Nieder-
gangs erscheint Russland heute wieder verlässlich und
stabil. Diese Entwicklungen liegen in unserem Interesse.
Für CDU und CSU sage ich deshalb: Wir wollen enge
partnerschaftliche und vertrauensvolle Beziehungen zu
Russland.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Karlheinz Guttmacher [FDP])


Wir sagen aber ebenso: Partnerschaft erfordert klare
Worte vonseiten der Bundesregierung und der Euro-
päischen Union, wenn in Russland rechtsstaatliche Prin-
zipien missachtet und Menschenrechte verletzt werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kein Widerspruch!)


Wenn sich sogar der russische Ministerpräsident Kasja-
now über die Verhaftung von Chodorkowski „sehr beun-
ruhigt“ äußert, hätte das dann nicht auch die Bundesre-
gierung tun müssen? Hätte es ihr nicht gut angestanden,
in dieser Situation ein deutliches Wort der Kritik in
Richtung Moskau auszusprechen?


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Chodorkowski ist gewiss kein Säulenheiliger. Die ligarchen sind in Russland in kurzer Zeit im Zuge der o genannten Raubtierprivatisierung zu extremem eichtum gekommen. Chodorkowski hat aber als erster ligarch seine Eigentumsverhältnisse offen gelegt. Ich enne ihn aus der gemeinsamen Arbeit im Vorstand der nternational Crisis Group. Dort hat er großes internatioales Engagement und großes Verantwortungsbewusstein gezeigt. In Russland fördert er soziale Projekte im anzen Land. Er unterstützt den mutigen Putin-Kritiker awlinski und dessen Jabloko-Partei. In einer Erklärung der Gesamtrussischen Konferenz ivilgesellschaftlicher Organisationen vom 28. Oktober ieses Jahres heißt es: Die Verhaftung Chodorkowskis ist kein Beweis für die Gleichheit der Bürger vor dem Gesetz. Es ist eine Demonstration der Gleichheit der Bürger vor der Willkür. Die Hauptaufgabe besteht heute darin, sich dem Zerfall der Demokratie und der Freiheit in unserem Land entgegenzustellen. Das sagen Menschenrechtler in Russland. Diese Menchenrechtler schauen auf die Bundesregierung und erarten sich von uns im Westen, von der EU, von eutschland, dass wir ihnen helfen und sie nicht allein assen im Kampf gegen die autokratischen Tendenzen, ie wir seit einiger Zeit in Russland wieder verstärkt bebachten. Wir helfen weder den Menschen in Russland noch em Präsidenten Putin, indem wir zu all diesen Vorgänen schweigen. Wir müssen diese Dinge ansprechen. ier, meine Damen und Herren von der Bundesregieung und der Regierungskoalition, hat die Bundesregieung kläglich versagt. Das Gleiche gilt für die Vorgänge und die Menschen echtsverletzungen in Tschetschenien. Was wir dort voneiten der Bundesregierung gegenüber der russischen egierung erleben, grenzt geradezu an Selbstverleugung. In Tschetschenien wurden mehr als 100 000 Menchen getötet. 400 000 sind geflüchtet. Nicht Bagdad, rosny liegt in Schutt und Asche! irgendwo auf der Welt gibt es mehr Gewalt als in schetschenien. Vor diesem Hintergrund ist es schon etas verwunderlich, dass Herr Schröder dazu schweigt nd gar die Chuzpe hat, mit Russland eine Friedensachse egen Amerika aufzubauen. Herr Fischer, der jetzige Außenminister, sagte, wie ch finde, zu Recht: Bei Menschenrechtsverletzungen gibt es kein Einmischungsverbot. Bei Menschenrechtsverletzungen gibt es vielmehr nur eines: die Pflicht zur Wahrheit, Klarheit und zur öffentlich bekundeten klaren Position. Dr. Friedbert Pflüger Dies sagte er am 19. Januar 1995 hier im Deutschen Bundestag. Heute hört man von ihm solche Worte leider nicht mehr. Zu den Themen Russland und Menschenrechte sowie Russland und Tschetschenien gibt es keine Aussagen des Herrn Bundesaußenministers. Sie in der grünen Fraktion sollten darüber einmal nachdenken und ein ernstes Wort mit ihm sprechen; denn Sie stehen doch auch für Menschenrechte und die Unterstützung zivilgesellschaftlicher Organisationen. Sorgen Sie dafür, dass die Bundesregierung endlich ihr Schweigen bricht und dass wir hier im Deutschen Bundestag endlich eine Regierungserklärung von Herrn Schröder oder Herrn Fischer über die Vorgänge in Tschetschenien und Russland bekommen! Wir wollen ein stabiles Russland, zu dem wir gute Beziehungen haben. Aber wir wollen auch ein freies Russland, in dem die Menschenrechte gelten. Wenn sich Russland dafür entscheidet, zum Westen zu kommen und seine Modernisierung mithilfe des Westens zu bewerkstelligen, dann muss Moskau es auch ertragen, dass wir bei aller Sympathie und Partnerschaft nachfragen und deutlich Kritik üben. Dazu muss auch die Bundesregierung endlich einen Beitrag leisten. Vielen Dank. Für die Bundesregierung hat Herr Staatsminister Hans Martin Bury das Wort. Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her ren! Deutschland in der Mitte Europas hat ein überragendes und langfristiges Interesse an einem stabilen Russland, mit dem wir in einem Raum gemeinsamer Werte leben und mit dem wir gemeinsam internationale Herausforderungen annehmen und lösen können. Im Mittelpunkt steht für uns das Wohl der Menschen in Deutschland und Russland, die Festigung von Frieden, Sicherheit und Stabilität im gemeinsamen europäischen Raum, die Entwicklung von Demokratie, Rechtsstaat, Menschenrechten und Marktwirtschaft in Russland sowie, damit verbunden, die weitere Annäherung Russlands an die EU als Werteund Wirtschaftsgemeinschaft. Unsere bilateralen Beziehungen ruhen auf vier Pfeilern: erstens auf einem intensiven und vertrauensvollen politischen Dialog, in dem auch kritische Punkte wie die Lage in Tschetschenien offen angesprochen werden. Zweitens. Auch aufgrund der Rolle Deutschlands als wichtigster Handelsund Investitionspartner Russlands und dessen Bedeutung als größter Energielieferant für Deutschland beobachtet die Bundesregierung Entwicklungen wie die Ermittlungen gegen die Firma Jukos und Herrn Chodorkowski sehr aufmerksam. Die Bundesregierung erwartet, dass bei den laufenden Verfahren rechtsstaatliche Grundsätze beachtet werden. Rechtssi c t s E i 2 s b s G i d u d R i u h s E d e R w s k m R n g k d K h a l s s s s d d S t r W m d z s u l g (C (D herheit ist eine wesentliche Voraussetzung für die weiere Integration Russlands in die internationale Wirtchaft, für eine Vertiefung der Zusammenarbeit mit der uropäischen Union und für ausländische Investitionen n die russische Wirtschaft. Drittens. Die deutsch-russischen Kulturbegegnungen 003/04 sind ein besonders gut sichtbares aktuelles Beipiel für den weit entwickelten kulturellen Austausch. In isher einmaliger Dichte und Breite präsentiert Russland eine Kultur 2003 in Deutschland, wir präsentieren im egenzug die deutsche Kultur 2004 in Russland. Viertens. Eine lebendige und freie Zivilgesellschaft st wie auch eine freie Presse wichtige Voraussetzung für ie Entwicklung von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit nd Marktwirtschaft. Die Bundesregierung unterstützt eshalb den Aufbau eines aktiven Bürgerengagements in ussland und fördert entsprechende Kontakte. Dies gilt nsbesondere für den Petersburger Dialog als regierungsnabhängiges, öffentlich sichtbares Forum, das Gelegeneit zu einem offenen Gedankenaustausch auch über chwierige Themen bietet. Schließlich gestalten wir die Russlandpolitik der uropäischen Union aktiv mit. Allerdings kommt hier er jeweiligen EU-Präsidentschaft und der Kommission ine zentrale Rolle zu. So wurden beim jüngsten EUussland-Gipfel in Rom mit Russland auch die für uns ichtigen kritischen Themen wie die Lage in Tschetchenien oder die Ratifizierung des Kioto-Protokolls disutiert. Deshalb bedauert es die Bundesregierung umso ehr, dass es in den Gesprächen zwischen der EU und ussland nicht gelungen ist, bei diesen Themen zu eiem gemeinsamen Ergebnis zu kommen. Wir hätten uns ewünscht, dass diese Themen in der gemeinsamen Erlärung deutlich angesprochen worden wären. Ungeachtet dessen wird die Bundesregierung weiter arauf drängen, dass Russland so bald wie möglich das ioto-Protokoll ratifiziert. In der Tschetschenien-Frage at die Bundesregierung die russische Seite wiederholt ufgefordert, ihr Möglichstes zur Förderung eines wirkichen politischen Prozesses beizutragen und ihre Zuammenarbeit mit internationalen Organisationen, insbeondere mit der OSZE, zu verstärken. Insgesamt konnten beim Gipfel eine Reihe von Fort chritten erzielt werden, so beispielsweise bei dem weentlich auf deutsche Initiative zurückgehenden und auf em Gipfel in Sankt Petersburg vereinbarten Konzept er „vier Räume“ in den Bereichen Wirtschaft, innere icherheit, äußere Sicherheit sowie Forschung und Kulur. Einigkeit besteht auch bei dem Wunsch, Erleichteungen bei der Visaerteilung zu erreichen. Dieser unsch wie auch die bilateralen deutsch-russischen Beühungen um Visaerleichterungen sind darauf gerichtet, en Austausch zwischen unseren beiden Gesellschaften u fördern und damit auch die Zivilgesellschaften zu tärken. Liebe Kolleginnen und Kollegen, nur ein intensiver nd vertrauensvoller bilateraler wie multilateraler Diaog mit Russland ermöglicht es, unsere Ziele und Anlieen zum Tragen zu bringen, sowohl bei Themen, bei de Staatsminister Hans Martin Bury nen wir uns einig sind und gemeinsame Ziele verfolgen, als auch bei den Themen, bei denen das nicht der Fall ist. So kann eine wirkliche Annäherung Russlands an Europa gelingen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall des Abg. Carl-Ludwig Thiele [FDP])


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )


(B) )


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Leider wahr!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1507505300
Hans Martin Bury (SPD):
Rede ID: ID1507505400




(A) )


(B) )



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1507505500

Das Wort hat jetzt der Kollege Harald Leibrecht von

der FDP-Fraktion.

Harald Leibrecht (FDP):
Rede ID: ID1507505600

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Wir machen uns sehr große Sorgen um die ge-
genwärtige Entwicklung in Russland. Deshalb ist es gut,
dass heute im Deutschen Bundestag eine Aktuelle
Stunde zu diesem Thema angesetzt ist.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sehr richtig!)

Die Festnahme Chodorkowskis, das nicht öffentliche

Verfahren, die viel zu lange U-Haft, die Durchsuchung
von Anwaltskanzleien sowie die Beschlagnahmung der
Jukos-Aktien sind Ereignisse, die angesprochen werden
müssen. Dass die russischen Oligarchen keine Engel
sind, darin gebe ich Ihnen völlig Recht, Herr Pflüger.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat er nicht gesagt!)


Wenn in Russland gegen Korruption wirklich Front ge-
macht und die Abwicklung dunkler Geschäfte wirklich
bekämpft werden würde, dann könnte man nur schwer-
lich etwas dagegen sagen. Aber gerade das Herauspi-
cken Chodorkowskis, die Singularität dieses Vorgehens
und die gesamte Jukos-Affäre werfen ein mehr als zwei-
felhaftes Licht auf die jüngsten Vorgänge in Russland.
Denn sie ereignen sich ja nicht im luftleeren Raum, son-
dern finden kurz vor wichtigen Parlamentswahlen statt
und richten sich gegen einen mächtigen Ölmagnaten, der
angefangen hatte, sich politisch einzumischen und oppo-
sitionelle Kräfte zu stärken.

Diese Vorgänge werden von massiven Eingriffen in
die Pressefreiheit begleitet. Sie stehen darüber hinaus im
Zusammenhang mit der Entwicklung in Tschetschenien,
der Wahl, die dort stattgefunden hat – diese Wahl war
eine echte Farce –, und mit den noch immer stattfinden-
den schlimmen Menschenrechtsverletzungen. Herr Bury,
ich hätte mir gewünscht, dass Sie in Ihrem Bericht auch
auf dieses Thema eingegangen wären und nicht nur über
die russischen Kulturwochen gesprochen hätten.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

All das lässt massiven Zweifel aufkommen, ob in

Russland bei den Parlamentswahlen am 7. Dezember
und bei den Präsidentschaftswahlen im April alles mit
rechten Dingen zugehen wird. Woran es in Russland
heute vor allem fehlt, sind Transparenz, Berechenbarkeit
und Offenheit. Michail Gorbatschow hat das Ende der
80er-Jahre als Glasnost bezeichnet, das Kernelement der
Perestroika. Russland war in dieser Hinsicht schon wei-
ter. Nun aber sehen wir gefährliche Tendenzen hin zu ei-
nem Rückfall auf den Stand vergangener Zeiten.

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(C (D Mit dieser Affäre schadet sich Russland selbst am alermeisten. Die Oligarchen verlassen fluchtartig das and und nehmen ihr für den Aufbau Russlands so wichiges Kapital mit. Investitionen aus dem Ausland werden usbleiben. Der stellvertretende Außenhandelsminister workowitsch warnt ausdrücklich, dass das Risiko betehe, dass die Sünden der Vergangenheit wieder aufgeommen werden, und rät sogar von Investitionen in ussland ab. Der russische Innenminister Gryslow wird m Zusammenhang mit der Jukos-Affäre mit der Ausage zitiert: „Die Rohstoffe gehören dem Volk“. Da müsen doch alle Alarmglocken schrillen; denn Gryslow tellt so die Existenz der Privatwirtschaft, die gerade in ussland jetzt erst richtig entsteht, fundamental infrage. ngesichts solcher Äußerungen muss man sich fragen, b Russland überhaupt dazu fähig ist, in die WTO, in die elthandelsorganisation, aufgenommen zu werden. Man ragt sich auch, was ein Land, das eine so unsichere irtschaftspolitik betreibt, eigentlich in der G 8 zu suhen hat. Was tut die Bundesregierung in dieser Situation? Sie, err Erler – Sie sind Koordinator der Regierung für die eutsch-russischen Beziehungen –, haben Anfang Noember gesagt, dass der Schaden durch die Jukos-Affäre berschaubar sei, solange es sich mit Chodorkowski nur m einen Einzelfall handelt. Ich sage Ihnen: Genau das egenteil ist der Fall. Gerade dieses Herauspicken von hodorkowski, also eines Einzelnen, lässt doch den Veracht aufkommen, dass hinter der Affäre politische Moive stehen: Ein zu mächtig werdender Mann soll mundot gemacht werden. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


hne die stillschweigende Unterstützung von Präsident
utin wäre das sicherlich so nicht gelaufen; ich glaube,
arin sind wir uns alle einig.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Wohl wahr!)

Putin versucht sehr geschickt, die weltpolitischen

erwerfungen um den Irakkrieg und den Kampf gegen
en internationalen Terrorismus zu missbrauchen, um
ür sein Vorgehen in Tschetschenien Verständnis und
kzeptanz zu erhalten. Unser Bundeskanzler geht ihm
abei auf den Leim. Er hat seine Männerfreundschaft zu
utin ja erst entdeckt, als er einen Verbündeten im
ampf gegen den Irakkrieg suchte. Seitdem funktioniert
ie deutsch-russische Achse wunderbar. Die Bundesre-
ierung hat sich dabei aber offensichtlich von den bishe-
igen Zielen der deutschen Russlandpolitik verabschie-
et. Bislang galt, dass man Russland als Partner, als
reund, aber durchaus auch als kritischer Mahner auf
einem Weg zu Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und
arktwirtschaft nach Kräften unterstützen wollte. Jetzt
ilt offensichtlich nur noch, dass man in Moskau einen
tabilen Partner für eigene weltpolitische Ambitionen
ucht.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1507505700

Herr Leibrecht, denken Sie bitte an die Zeit.






(A) )



(B) )



Harald Leibrecht (FDP):
Rede ID: ID1507505800

Ja.
Meine Damen und Herren, wir meinen, die deutsch-

russischen Beziehungen sind wichtig. In einer guten po-
litischen Freundschaft, unter Freunden, muss man sich
aber auch unangenehme Dinge sagen können. Ich for-
dere unseren Bundeskanzler auf, auf Präsident Putin ein-
zuwirken und ihn auf die Jukos-Affäre und auch auf die
furchtbaren Menschenrechtsverletzungen in Tschetsche-
nien anzusprechen. Ich denke, damit wäre uns schon
sehr geholfen. Ich hoffe, dass die deutsch-russischen Be-
ziehungen von unserer Bundesregierung wieder auf eine
ehrliche Basis gestellt werden.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1507505900

Das Wort hat die Kollegin Claudia Roth vom

Bündnis 90/Die Grünen.

Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Russland ist auch ohne die EU-Mitgliedschaft ein großes
europäisches Land. Seine und die Geschichte der Bezie-
hungen zu anderen Ländern Europas – auch zu Deutsch-
land – haben gezeigt, dass es uns alles andere als gleich-
gültig sein kann, was dort geschieht. Lieber Friedbert
Pflüger, es ist uns auch alles andere als gleichgültig, was
dort geschieht.

Schon seit Gorbatschow 1985 Perestroika und Glas-
nost verkündete, keimte im Westen, aber vor allem auch
in der russischen Gesellschaft die Hoffnung auf eine
freiere Gesellschaft, auf Rechte für jeden und jede auf,
darauf, dass nicht jeder Mensch wie selbstverständlich
Eigentum des Staates ist. Jede Entwicklung zu Wohl-
stand – auch das ist etwas Neues für die meisten Men-
schen in Russland – setzt eine funktionierende Wirt-
schaft voraus. Dazu gehören die Anerkennung
ökonomischer Gesetze und die Respektierung der indivi-
duellen Unabhängigkeit und Integrität, kurz: der Men-
schenrechte und des Rechtsstaates. Auch das alles ist in
Russland neu.

Seit Gorbatschow – fortgesetzt durch Jelzin und
Putin – begann all das Bedeutung zu erlangen und im-
mer mehr Menschen in Russland begannen, ihre Rechte
ernst zu nehmen, sie selbstbewusst einzuklagen und
sich so zu verhalten, wie es Menschen mit ihren unver-
äußerlichen Rechten eben zu Recht tun. Nach außen
– auch in unsere Richtung – versicherten die Mächti-
gen ihr Bestreben, die politisch-bürgerlichen Freiheits-
rechte und die sozialen, wirtschaftlichen und kulturel-
len Menschenrechte zu verwirklichen und zu
garantieren, um damit die russische Gesellschaft bzw.
Russland überhaupt zukunftsfähig zu machen.

Wir sollten sie darin ernst nehmen. Wir sollten sie
beim Wort nehmen. Deshalb stimme ich der Kritik der
EU-Kommission an den unakzeptablen Äußerungen

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(C (D erlusconis anlässlich des EU-Russland-Gipfels ausrücklich zu: (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


ussland ist noch längst kein Rechtsstaat. Die Tsche-
schenienpolitik der russischen Regierung ist falsch. Die
ortigen Wahlen waren eine Farce. Nicht nur tschetsche-
ische Terroristen, sondern auch russische Sicherheits-
räfte verüben dort Verbrechen. Wer Gewalt gegen die
ivilbevölkerung, wer die bedrückende Situation der
lüchtlinge, wer die Realität in Tschetschenien, die
enschenrechtsverletzungen, als Märchen der Medien
iskreditiert, verhöhnt die Opfer und zeigt sein gespalte-
es Verhältnis zur Unabhängigkeit der Presse.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Eine Farce ist aber keine politische Lösung. Die
cheinbare Übertragung der Verantwortung für eine fal-
che Politik auf eingesetzte Kollaborateure entbindet die
ussische Regierung nicht von ihrer Verantwortung und
er Notwendigkeit einer politischen Lösung, die die
enschen in Tschetschenien einbezieht, um überhaupt
ussicht auf Erfolg zu haben. Es ist tatsächlich im ur-
igenen Sinne Russlands, politische Lösungen zu su-
hen, weil dieser Krieg das ganze Land verändert.
Der Zusammenhang zwischen Demokratie, Rechts-

taat, Menschenrechten und Wirtschaft spielt im heuti-
en Russland und für die gegenwärtigen Vorgänge um
en Oligarchen Chodorkowski eine wichtige Rolle. Der
ür uns eher merkwürdige Vorgang eines gemeinsamen
ffenen Briefes an Putin von mehreren, auch mittelstän-
ischen Wirtschaftsverbänden und zivilgesellschaftlichen
rganisationen – von Menschenrechtsgesellschaften wie
EMORIAL bis zu Verbraucherschutzverbänden –
eigt das.
Was aber verbündet diese hierzulande traditionell

her in distanziertem Misstrauen zueinander stehenden
nteressengruppen? Natürlich ist der bisherige Jukos-
hef ein Oligarch. Zweifellos hat er seinen Reichtum
icht nur legal erworben. Niemand, so sagt der Vorsit-
ende der Gesellschaft MEMORIAL, kann in Russland
ie Steuergesetze einhalten, auch MEMORIAL nicht.
ür ihn stellen sie ein ganz spezielles politisches Instru-
ent dar, das Missbrauch Tür und Tor öffnet und jede
uristische Person erpressbar machen und unter Druck
etzen kann. Nicht zuletzt mit ihrer Anwendung wurde
llen unabhängigen elektronischen Medien die Existenz-
rundlage entzogen.


(Arnold Vaatz [CDU/CSU]: Richtig!)

Nicht jedoch um die Rechtfertigung des Milliardärs
hodorkowski geht es. Auch den Menschenrechtsgrup-
en in Russland ist er nicht besonders sympathisch. Es
eht um etwas anderes. Es geht um den Kampf um das
echt, vom Staat und seinem Willen unabhängig han-
eln zu können.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)







(A) )



(B) )


Claudia Roth (Augsburg)


Dafür, das getan zu haben, dafür, dass er soziale Aufga-
ben als Pflicht eines Unternehmers ansah und dass er an-
dere Parteien als die der Macht unterstützte,


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der CDU/CSU)


wurde der Bürger Chodorkowski verhaftet, begleitet von
gefährlich antisemitischen Tönen. Niemand bestreitet
das ernsthaft in Russland.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der CDU/CSU)


Das ist der Grund für das Bündnis zwischen Wirt-
schaft und Zivilgesellschaft in Russland. Ihr gemeinsa-
mes Ziel ist ein Gesellschaftsvertrag zwischen ihnen und
der politischen Macht, der die Unternehmen auf Geset-
zestreue und soziale Verantwortung verpflichtet und die
Respektierung der Rechte des Einzelnen garantiert.


(Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU]: Das hört sich aber anders als bei Schröder an!)


Putin hat den Vorschlag für einen Gesellschaftsvertrag
bisher leider schlichtweg abgelehnt. Wir jedoch sollten
diesen Vorschlag ausdrücklich unterstützen. Er enthält
den Kern unserer Vorstellungen vom Funktionieren einer
demokratischen Gesellschaft. Eine solche soll und muss
Russland werden. Auf diesem Weg wird Russland all un-
sere Unterstützung bekommen.

Am Konzept einer so genannten gelenkten Demokra-
tie haben wir dagegen erhebliche Zweifel; denn dies ist
im Grunde die modernisierte Variante des autoritären
Staates, der in Russland schon eine lange und verhäng-
nisvolle Tradition hat. Das laut zu sagen ist unsere
demokratische Verantwortung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1507506000

Das Wort hat jetzt der Kollege Arnold Vaatz von der

CDU/CSU-Fraktion.

Arnold Vaatz (CDU):
Rede ID: ID1507506100

Herr Präsident! Frau Kollegin Roth, Sie haben mir in

weiten Teilen Ihrer Rede aus der Seele gesprochen. Ich
bin außerordentlich dankbar, dass Sie sich so eindeutig
geäußert haben. Der Grund, weshalb unsere Fraktion
diese Aktuelle Stunde beantragt hat, war, dass es unser
Wunsch ist, dass sich Vertreter der Regierung der Bun-
desrepublik Deutschland, nämlich der Herr Bundeskanz-
ler und der Herr Außenminister, ähnlich deutlich und
eindeutig hier vor dem Deutschen Bundestag artikulie-
ren.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Karlheinz Guttmacher [FDP])


Als der Kollege Pflüger gerade festgestellt hat, wie
sehr ihm das Schweigen der Regierung auffällt, hat der
Kollege Volmer geantwortet: Ja, wären Sie einmal in den
Menschenrechtsausschuss gekommen.


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(C (D (Dr. Ludger Volmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das habe ich nicht gesagt! Das sage ich gleich noch!)


Aber es ist aus Ihrer Ecke gekommen. Vielleicht gibt
s bei Ihnen jemanden, der sich dazu bekennt, das gesagt
u haben. Ich habe es deutlich gehört.
Ich kann Ihnen dazu sagen: Wir wünschen uns einen
undeskanzler oder einen Außenminister, der in die Öf-
entlichkeit tritt und das dort klar macht und nicht unbe-
ingt das relativ abgeschlossene Gremium eines parla-
entarischen Ausschusses braucht, um dort zu sagen,
as er eigentlich denkt. Das ist nicht das Wesen unserer
emokratie.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dass wir stabile Beziehungen zu Russland brauchen

nd diese freundschaftlich und konstruktiv sein sollen,
st nicht alleine aufgrund unserer engen Verbindungen
m energiepolitischen Bereich notwendig. Jeder, der mit
ffenen Augen die Geschichte des 20. Jahrhunderts ge-
ehen hat, muss zu der Erkenntnis kommen, dass ein
roßer Teil der Probleme in Deutschland, die wir heute
aben, dadurch verursacht worden ist, dass die Bezie-
ungen zu Russland lange Zeit das zuvor erwähnte Attri-
ut gerade nicht verdient haben. Es ist die Abwesenheit
ines Verhältnisses zu den Menschenrechten und die Ab-
esenheit der Rechtsstaatlichkeit in Russland gewesen,
ie in Ostdeutschland die Probleme verursacht hat, die
ir heute haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Daraus folgt, dass wir ein existenzielles Interesse da-

an haben, solche Verhältnisse, wie sie sich im Augen-
lick in Russland andeuten, und solche Signale politisch
u bewerten. Dass Sie das können, haben Sie uns mehr-
ach bewiesen. Die Regierung war außerordentlich
chnell bei der Hand, als es darum ging, das kleine Ös-
erreich infolge eines Wahlergebnisses, das ihr nicht in
en Kram passte,


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

it einer grotesken Strafaktion zu überziehen, die sie
päter selbst als Fehler erkannt hat und zurücknehmen
usste.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: So sind die Brüder und Schwestern! – Dr. Ludger Volmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sollen wir jetzt den gleichen Fehler machen, oder was?)


In Russland legt man völlig andere Maßstäbe an.

(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer)


ch kann Ihnen sagen, welcher Fall sich erst in der letz-
en Woche ereignet hat. Da war eine Menschenrechts-
elegation unter Führung von Herrn Ponomarjow in
erlin. Außerdem waren der Duma-Abgeordnete Ba-
uschkin von Jabloko und die Rechtsanwälte des inhaf-
ierten Unternehmers Chodorkowski dabei. Sie haben
ier in Berlin mit einigen für Außenpolitik verantwort-
ichen Kollegen der Fraktionen des Deutschen Bundesta-
es gesprochen, aber dem Auswärtigen Amt wurde von






(A) )


)

Arnold Vaatz

der Regierung selbst jeder hochrangige Kontakt mit die-
ser Gruppe untersagt.


(Hermann Gröhe [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

Dabei hatte diese Gruppe zu berichten, dass man inzwi-
schen in Russland so weit gegangen ist, die Büros der
Anwälte Chodorkowskis durchsuchen zu lassen und so
sein Recht auf Verteidigung anzutasten. Wenn Sie von ei-
ner Werte- und Wirtschaftsgemeinschaft sprechen, Herr
Kollege Bury, dann frage ich Sie: Ist das die Werte- und
Wirtschaftsgemeinschaft, die Sie sich vorstellen, oder
müssen Sie dagegen Einspruch erheben? Oder betrachten
Sie es als den richtigen Weg, diejenigen, die diese Werte-
gemeinschaft einklagen, in Berlin abzuweisen?


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Harald Leibrecht [FDP])


Das sind Handlungsweisen, die wir von einer deutschen
Bundesregierung nicht erwarten und die wir scharf kriti-
sieren müssen. Ich bin gespannt, was Sie dem Deutschen
Bundestag zur Erklärung dieses Verhaltens vorzutragen
haben.


(Peter Hintze [CDU/CSU]: Wahrscheinlich nichts!)


Wenn durch die Menschenrechtsverletzungen in
Russland weiter der Eindruck erweckt wird, dass die De-
mokratie dort einem langsamen Zerfallsprozess ausge-
setzt ist, dann sind wir hier in Deutschland an erster
Stelle für diese Entwicklung mit verantwortlich, wenn
wir schweigen.

Aus diesem Grunde fordere ich uns alle auf, eine
klare Sprache zu sprechen, ohne den Boden der freund-
schaftlichen und konstruktiven Auseinandersetzungen
zu verlassen. Beides zu beherrschen ist eine Grundanfor-
derung, die an einen deutschen Außenminister und Bun-
deskanzler zu stellen ist. Es genügt nicht, Artigkeiten
auszutauschen. Dabei ist politische Substanz gefragt und
die vermissen wir.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507506200

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Gernot Erler.

Dr. h.c. Gernot Erler (SPD):
Rede ID: ID1507506300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich bin mit vielem einverstanden, was aus der analyti-
schen Beobachtung heraus vorgetragen worden ist. Aber
ich möchte an die rechte Seite des Hauses gewandt, auf
der viele Kollegen aus der deutsch-russischen Parlamen-
tariergruppe sitzen, die noch in diesen Tagen mit mir und
auch mit russischen Journalisten sehr offene Worte ge-
wechselt haben, die Frage richten: Ist der Umgang mit
diesem Thema, indem Sie die Bundesregierung, die Fra-
gen stellt und sich zu dem Thema äußert, auffordern, et-
was lauter zu reden, eigentlich angemessen? Ich glaube
nicht, dass das dem Problem, das wir in diesem Zusam-
menhang haben, angemessen ist.


(Beifall bei der Abgeordneten der SPD)


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(C (D Wir sind sehr besorgt über das, was hier vorgeht, weil s den langen Weg der russischen Politik, den wir kolleial und partnerschaftlich begleitet haben und an dessen uten Resultaten wir gemeinsam interessiert sind, mögliherweise infrage stellt. In Russland ist ein wichtiger nternehmer – der reichste Mann Russlands, aber auch in Mann des öffentlichen Lebens mit einer sehr wirksaen, großen Stiftung, der Stiftung „Offenes Russland“ – erhaftet worden, wobei kein einziger Russe glaubt, dass as kein politischer Vorgang war. Daher brauchen auch ir das nicht zu glauben, Herr Leibrecht; das ist völlig ichtig. Sie haben aber auch Boris Grislow, den Vorsitenden der putinschen Reformpartei, zitiert: Die russichen Bodenschätze gehören dem russischen Volk. In diesem Zusammenhang stellt sich sofort die Frage, b es hierbei um ein Strafverfahren geht oder ob sich dait eine Revision der Politik der 90er-Jahre ankündigt, n denen, wie wir alle wissen, eine mehr oder weniger esetzlose und oft wilde Aneignung von Volksvermögen tattgefunden hat. Soll das revidiert werden? Aber unsere russischen Kollegen stellen ferner eine ndere Frage, die ich noch gravierender finde. Sie fragen anach, ob vielleicht nicht nur eine ökonomische, sonern auch eine politisch-gesellschaftliche Revision evorsteht. Der uns allen bekannte liberale Politiker rigorij Jawlinskij hat festgestellt: Von der gesteuerten emokratie Putins bleibt im Augenblick nur noch die teuerung übrig. Noch deutlicher hat sich Gleb Pawlowskij – keinesegs jemand, der verdächtigt ist, ein Kritiker des Kreml u sein – geäußert: Es ist klar, dass es sich um die Vorbeeitung eines politischen Schauprozesses handelt. (Arnold Vaatz [CDU/CSU]: Ja! – Harald Leibrecht [FDP]: Ja!)


Boris Nemcow – auch er ist als ehemaliger Gouver-
eur von Nischnij Novgorod in Deutschland gut
ekannt – hat zu dem Zusammenhang und den Verände-
ungen an der Kremlspitze am 28. Oktober in der „Neza-
isimaja Gazeta“ Folgendes festgestellt:

Ein Sieg der Silaviki,
das ist die Machtgruppe aus den Diensten –

die auf die wirtschaftlichen Interessen des Landes
pfeifen, ist eine feste Wendung in Richtung Dikta-
tur.

Schauprozess, Diktatur, möglicherweise eine völlige
eränderung innerhalb der russischen Gesellschaft – das
ind keine von uns gewählten Begriffe, sondern sie wur-
en von unseren Kollegen in Russland verwendet. Ich
laube, das macht deutlich, um welche Dimension es
ierbei geht. Man muss sich sehr genau überlegen, wie
an damit umgeht. Es geht nicht darum, sich gegensei-
ig vorzuwerfen, dass der eine zu leise und der andere zu
aut redet. Ich meine, wir haben sehr ernste Fragen zu
tellen. Dabei sollten wir immer im Blick behalten, was
nsere Interessen sind. Unsere Interessen sind, dass all
ie Befürchtungen, die unsere Kollegen aus Russland
vielleicht auch angespornt durch den Wahlkampf, der
egonnen hat – vortragen, nicht eintreten. Wir sind an ei-

(B)







(A) )



(B) )


Gernot Erler

nem Erfolg des russischen Transformationsprozesses
und auch der wichtigen Reformen interessiert, die sich
mit dem Namen Putin und seinen letzten vier Regie-
rungsjahren verbinden. Wir müssen bei allem, was wir
hier tun, abwägen, ob es dazu beiträgt oder nicht.

Ich hoffe sehr, dass unsere Debatte – wenn sie in die-
sem Ton geführt wird; es ist das gute Recht nicht nur der
Regierung, sondern auch des Parlaments, das zum Aus-
druck zu bringen; deswegen finde ich es gut, dass Sie
von der CDU/CSU diese Aktuelle Stunde beantragt ha-
ben; das findet meine Unterstützung – der russischen
Seite unsere Erwartung deutlich macht, bald befriedi-
gende und auch zutreffende Antworten auf unsere erns-
ten Fragen – wir erfinden das Thema nicht; es ist viel-
mehr ein Thema der russischen Gesellschaft – zu
bekommen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507506400

Das Wort hat die Abgeordnete Melanie Oßwald.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Melanie Oßwald (CSU):
Rede ID: ID1507506500

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ange-

sichts der schwierigen Situation in Tschetschenien sind
wir uns eigentlich einig – Frau Roth, Sie haben das be-
reits ausgeführt –: Wir verurteilen die Anschläge tschet-
schenischer Terroristen. Wir wollen, dass Russland die
Menschenrechte einhält. Wir setzen uns vehement für
die tschetschenische Zivilbevölkerung ein. Wir wollen
das Leid der Flüchtlinge beenden, die immerhin fast die
Hälfte des tschetschenischen Volkes ausmachen und er-
heblichen Diskriminierungen in der Russischen Födera-
tion ausgesetzt sind. Wir wollen verhindern, dass sich
der Konflikt auf den ganzen Kaukasus oder sogar auf
ganz Russland ausweitet. Das unendliche und unge-
rechte Leid des Tschetschenienkrieges muss nicht nur im
Namen der CDU/CSU-Fraktion ein Ende haben. Die
Tschetschenen haben ein Recht, in Frieden und Würde
zu leben. Auch die jungen russischen Soldaten haben
Anspruch auf eine politisch durchdachte und vernünftige
Lösung des Bürgerkrieges.

Es besteht weiterhin dringendster Handlungsbedarf
seitens der Bundesregierung. Besorgnis alleine reicht
nicht aus; denn Tschetschenien ist keinesfalls, wie in der
russischen Öffentlichkeit oft behauptet wird, weitgehend
befriedet und nun in der Lage, legitime Institutionen zu
schaffen, und zwar auch nicht nach dem Referendum
und den Präsidentschaftswahlen, die – auch darin sind
wir uns einig – eine reine Farce des Kremls waren.

Diese Wahlen waren im wahrsten Sinne des Wortes
ein Urnengang. Die letzte Hoffnung auf Frieden wurde
begraben. Ich frage Sie: War das die politische Lösung,
die wir gefordert haben und die Hilfe bringen sollte? Ich
sage Ihnen: Nein! Wir Abgeordnete haben völlig zu

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(C (D echt die Wahlbeobachtung verweigert, um keine Legiimation zu ermöglichen. Ich frage Sie aber: Wo sind die Konsequenzen daraus ezogen worden? Es liegt eigentlich in der Verantworung einer deutschen Regierung, in einer europäischen emeinschaft einem Nachbarstaat aus einer anscheinend usweglosen Situation herauszuhelfen. Es geht nicht nur arum, von der Russischen Föderation zu fordern, sonern zu vermitteln und ihr zu helfen, ein demokratischer taat zu bleiben. Die besten Voraussetzungen dafür sind a gegeben. Noch nie waren laut Herrn Bury die deutschussischen Beziehungen – wenn auch im Kulturbereich – o eng. Doch die Bundesregierung schafft es ja nicht inmal – das ist gerade wieder deutlich geworden –, das hema jenseits verschlossener Türen ausführlicher als in inem Satz anzusprechen. Stabile deutsch-russische Beziehungen sind gut und otwendig. Aber der Schmusekurs Schröders gegenüber utin muss bei den Menschenrechten endlich ein Ende aben. Setzen Sie sich dafür ein, dass Hilfsorganisatioen wieder ohne Gefahr in der Krisenregion arbeiten önnen! Ich erinnere nur an den entführten Arjan Erkel on „Ärzte ohne Grenzen“ – ich habe das bereits in meier ersten Rede erwähnt –, der nach anderthalb Jahren och immer nicht befreit ist. Es ist die Aufgabe der Bundesregierung, Russland azu zu drängen, Hilfe vonseiten des Europarates, der SZE und der Vereinten Nationen zu akzeptieren. Auerdem muss sie sich schnellstens dafür einsetzen, dass as Mandat der OSZE wieder zustande kommt. (Beifall bei der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU)


Der Tschetschenienkrieg ist nicht nur für Russland
ine Schande, sondern auch für Deutschland und die
elt, vor deren Augen unter dem Deckmantel der Be-
ämpfung des internationalen Terrorismus ein ganzes
olk seines Landes und seiner Lebensmöglichkeiten be-
aubt wird. Die westlichen Demokratien dürfen dieser
inseitigen Logik der russischen Führung nicht folgen.
ir müssen darum gemeinsam eine internationale Frie-
enslösung anstreben. Von deutscher wie auch von euro-
äischer Seite muss dringend ein fundiertes Konzept
um Tschetschenienkonflikt erarbeitet werden.
Die Suche nach Auswegen aus einer derart kompli-

ierten Konfliktsituation ist sehr schwer: Der europäi-
che Gerichtshof für Menschenrechte kann bis zur
tunde zwei Beschwerdeführer nicht auffinden. Diese
nkläger müssen geschützt werden. Menschenrechts-
erletzungen müssen konsequent aufgeklärt und die Tä-
er müssen bestraft werden. Außerdem müssen in
schetschenien eine effektive Verwaltung und eine ef-
ektive Justiz geschaffen werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es reicht nicht, zu hoffen und besorgt zu sein; denn es
ürfen nicht noch mehr unschuldige Menschen ihr






(A) )



(B) )


Melanie Oßwald

Leben lassen. Eine friedliche politische Lösung in
Tschetschenien muss schnellstens angestrebt werden.
Sie können sicher sein: Dafür werde ich weiter kämpfen,
wenn ich im Dezember als Wahlbeobachterin in Moskau
bin. Ich appelliere an Sie: Schauen Sie nicht weg, wenn
einem freiheitsliebenden Volk die Lebensgrundlage ent-
zogen wird!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507506600

Das Wort hat der Abgeordnete Ludger Volmer.


Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507506700

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Ich habe den Eindruck, dass die Debatten über
Russland, die wir hier seit Jahren führen, an zwei sich
gegenseitig ergänzenden Vereinseitigungen leiden: Ent-
weder haben wir Menschenrechtsverletzungen und den
Demokratiemangel im Visier und kritisieren Russland
massiv und öffentlich – dabei vergessen wir aber die
Notwendigkeit der Kooperation, die uns nach dem Ende
des Kalten Krieges als Chance zugewachsen ist – oder
wir thematisieren die Sicherheitspolitik sowie die Wirt-
schaftspolitik und neigen dazu, Menschenrechtsverlet-
zungen und den Demokratiemangel aus den Augen zu
verlieren.

Die heutige Debatte ist vielleicht eine rühmliche Aus-
nahme. Man hat hier nämlich versucht, diese beiden
Punkte zusammenzubringen. Im Hinblick auf unsere
Russlandpolitik ist es notwendig, die Friedensdividende,
die wir uns 1989/90 mit dem Ende des Warschauer Pakts
eingehandelt haben, auch zur Verbesserung unserer Si-
cherheit zu nutzen. Da Demokratie und Menschenrechte
in Russland eine Funktion der Sicherheit sind, dürfen
wir sie aus der Debatte nicht ausschließen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Wir brauchen Russland nach wie vor als verlässlichen
Kooperationspartner für die Sicherheit in Europa. Wir
brauchen Russland für eine kooperative Sicherheitspoli-
tik bezogen auf Regionalkonflikte. Ich denke etwa an die
Kooperation im Nahostkonflikt – Stichwort Roadmap –,
wo es übrigens keine deutsch-russische Achse gegen die
USA gibt; vielmehr handeln wir zusammen mit den
USA und mit der UNO. Die Zusammenarbeit mit Russ-
land in Sachen Irak war gut und sinnvoll. Das ist auch
dann so, wenn Sie, Herr Pflüger, dies als „Achse“ be-
zeichnen.

Wir brauchen Russland auch im Kampf gegen den
Terror. Wir können aber nicht akzeptieren, dass Men-
schenrechte in Tschetschenien unter dem Label „Kampf
gegen den Terrorismus“ massiv verletzt werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


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(C (D ir sollten grundsätzlich für eine Kooperation auch auf irtschaftlichem Gebiet eintreten, die die Thematisieung der Menschenrechtsund der Demokratiefrage icht ausschließt. Eine solche Kooperation kann geraezu als Medium benutzt werden, um diese Frage immer ieder systematisch anzusprechen. Ich habe übrigens nicht den Eindruck, dass die Bun esregierung diese Fragen nicht anspricht, nur weil sie s nicht durch öffentliche Proklamationen tut. Man kann ich zwar wünschen, dass hin und wieder ein lautes Wort ällt; aber ich weiß aus eigener Beobachtung, dass dieses hema immer wieder angesprochen wird. Das geschieht llerdings so, wie es Diplomaten gern tun, wenn sie beürchten, dass Interessen wie diejenigen, die ich gerade eschrieben habe, durch eine falsche Tonlage in Mitleienschaft gezogen werden könnten. (Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU]: Was habt ihr das früher immer kritisiert, als ihr noch in der Opposition wart!)


Wir kritisieren die Verhaftung von Chodorkowski
Claudia Roth und andere haben es eben getan – nicht,
eil wir meinen, dass Oligarchen wie in der Vergangen-
eit agieren sollen. Oligarchie ist das Gegenteil von De-
okratie und nicht deren Erfüllung.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


er Liberalismus der Oligarchen ist kein Liberalismus in
nserem – demokratischen – Sinne. Deshalb gibt es ein
ewisses berechtigtes Interesse, da-rauf zu achten, dass
ie Liberalisierung in Russland nicht so weit geht, dass
ie strategischen Rohstoffe des Landes an internationale
onzerne ausverkauft werden.


(Beifall des Abg. Detlef Dzembritzki [SPD])

ch weiß nicht, worin der Vorteil für uns bestehen soll,
enn die russische Oligarchie durch die Oligarchie der
nternationalen Ölkonzerne ausgetauscht wird. Das kann
icht die Alternative sein.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wenn wir ein Interesse daran haben, dass Russland

eine Öl- und Gasreserven insbesondere mit uns aus-
auscht – so könnten wir unsere einseitige Abhängigkeit
on der Golfregion endlich verlieren; so würde aber
uch zu einer Beruhigung im Mittleren Osten beigetra-
en –, dann sollten wir parallel zu allen Diskussionen
nd Verhandlungen über eine Gaspipeline durch die Ost-
ee systematisch mit thematisieren, dass die Oligarchie
angsam, aber sicher in Demokratie überführt wird. Das
ind zwei Elemente in der Politik, die unmittelbar zu-
ammengehören.
In der Soziologie gibt es eine harte These: Demokra-

ie ist die Regierungsform der bürgerlichen Gesellschaft.
n dieser Striktheit finde ich die These falsch. Aber als
eiche These finde ich sie richtig: Die Existenz einer
ürgerlichen Gesellschaft befördert die Entwicklung von
emokratie.
Nun frage ich, wie es um die demokratische Gesellschaft

zw. um die bürgerliche Gesellschaft in Russland bestellt






(A) )



(B) )


Dr. Ludger Volmer

ist. Nach all den Transformationsprozessen der letzten
zehn, 15 Jahre können wir sagen: Sie ist immer noch viel zu
schwach. Es gibt ein Bürgertum im Wirtschaftsbereich, das
auf der einen Seite durch die Oligarchen geprägt ist – das ist
alles andere als demokratisch – und auf der anderen Seite
durch einen Bodensatz, den man nur als mafios bezeich-
nen kann; auch das ist alles andere als demokratisch.
Was wir im Auge haben – das politische Bürgertum, den
Mittelstand, die sozialen Mittelschichten der urbanen
Welt –, ist noch sehr schwach. Auch die Zivilgesell-
schaft ist leider noch viel zu schwach.

Wenn wir wollen, dass sich in Russland Demokratie
entwickelt, dann müssen wir den staatlichen Diskurs
führen und müssen auch mit Putin und anderen deutlich
darüber reden. Wir sollten aber gleichgewichtig zum
Ausbau unserer wirtschaftlichen Beziehungen unsere ge-
sellschaftlichen Dialoge mit dem kleinen Kern von De-
mokratie, mit der Keimzelle von Demokratie, verstär-
ken, das heißt unsere Zusammenarbeit insbesondere mit
der Zivilgesellschaft und mit den Reformern im gesell-
schaftlichen Bereich intensivieren.

Danke.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507506800

Das Wort hat der Abgeordnete Hermann Gröhe.

Hermann Gröhe (CDU):
Rede ID: ID1507506900

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe

Kolleginnen! Liebe Kollegen! Lassen Sie mich zunächst
eine Vorbemerkung machen. Wir alle betonen immer
wieder, dass Menschenrechtspolitik eine Querschnitts-
aufgabe ist. Aber im Durchschnitt ist die Regierungs-
bank bei Menschenrechtsdebatten ziemlich leer.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Herr Kollege Volmer, Sie haben gesagt: Wir dürfen

hier keine Arbeitsteilung machen nach dem Motto: Hier
sind die, die über die Menschenrechtsfragen reden, und
dort sind die, die über Sicherheits- oder Wirtschaftspoli-
tik reden. Die Abwesenheit jedes Bundesministers ent-
larvt, dass genau dies die Arbeitsteilung von Rot-Grün ist.


(Beifall bei der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Was soll denn dieser Unsinn? Dies ist eine Aktuelle Stunde! Sie hätten doch mal einen Antrag zusammenstellen können!)


– Wir haben das auch in den letzten Menschenrechtsde-
batten so erlebt, Herr Schmidt. Schreien Sie doch nicht
auf, nur weil sie erwischt worden sind! Wir haben das in
all den letzten Menschenrechtsdebatten genau so erlebt.


(Beifall bei der CDU/CSU – Detlef Dzembritzki [SPD]: Bei der CDU/CSU-Fraktion sind zwölf Kollegen da!)


Zu der Wahlfarce in Tschetschenien und zu den anhal-
tenden Menschenrechtsverletzungen ist Deutliches ge-

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(C (D agt worden. Die Menschenrechtsverletzungen werden on den Sicherheitskräften wie von den Rebellen beganen. Für den Dialog mit der russischen Regierung ist ntscheidend, dass das zutrifft, was der Kollege Bindig as Klima der Straflosigkeit genannt hat. Die russische egierung hat ihr Versprechen, dass auch Menschenechtsverletzungen, die von staatlichen Sicherheitskräfen begangen werden, geahndet werden, bis heute nicht ingelöst. Die wenigen Strafverfahren, die es gegeben at, entsprechen in keiner Weise dem Umfang der beangenen Menschenrechtsverletzungen. Einigkeit besteht doch wohl darüber, zumindest unter en Menschenrechtspolitikern, dass es eine nicht akzepable Leisetreterei der europäischen Regierungschefs ibt. So erklärte die Vorsitzende des Ausschusses für enschenrechte und Humanitäre Hilfe, Christa Nickels, m Vorfeld der Wahlen in Tschetschenien – ich zitiere örtlich –: Im Vorfeld der Wahl hört man von den europäischen Regierungschefs nichts. Kollege Bindig kritisierte vor einigen Tagen bei einer eranstaltung des Deutschen Instituts für Menschenechte den Einsatz westlicher Staatsund Regierungshefs – ich zitiere wörtlich – als nicht hinreichend. Die schlimmen Äußerungen des italienischen Regie ungschefs sind hier schon erwähnt worden. Da kann an gen Rom nur rufen: Si tacuisses! – Wenn du doch ur geschwiegen hättest! (Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber Philosoph wäre er trotzdem nicht!)


(Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU]: Leider!)


ber auch Bundeskanzler Schröder hat durch fragwür-
ige Äußerungen zu dem Eindruck beigetragen, dass mit
em Kampf gegen den Terrorismus eine größere Nach-
icht gegenüber der russischen Politik im Kaukasus ver-
unden ist. So sprach er unmittelbar nach den schreckli-
hen Terroranschlägen vom 11. September 2001 von der
otwendigkeit einer „Neubewertung“ der Lage in
schetschenien. Ja, im Vorfeld des seinerzeitigen Refe-
endums in der Kaukasusrepublik lobte er sogar „gute
nsätze“ in der russischen Tschetschenienpolitik.
Welche Verbitterung solche beschönigenden Formu-

ierungen vor allem bei den Menschenrechtsorganisatio-
en in Russland auslösen, die unter schwierigsten Bedin-
ungen für Menschenrechte in ihrem Land und vor allen
ingen für eine politische Lösung im Kaukasus eintre-
en, macht die Äußerung von Oleg Orlow, dem Vorsit-
enden von Memorial – auf die wertvolle Arbeit von
emorial hat ja Kollegin Roth zu Recht hingewiesen –,
eutlich. Oleg Orlow erklärte wörtlich: „Entweder ist
chröder ein Zyniker oder er zeichnet sich durch Inkom-
etenz aus.“


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Längst haben sich Befürchtungen bewahrheitet, der
ille der russischen Regierung, den Konflikt gewaltsam
u lösen, werde sich als schleichendes Gift gegen






(A) )



(B) )


Hermann Gröhe

Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte auch in der üb-
rigen Russischen Föderation auswirken. Zunehmende
Einschränkungen der Meinungsfreiheit sind zu beobach-
ten: Das Fernsehen ist weitgehend wieder unter Kon-
trolle der politischen Machthaber.

Als ich im Oktober die Büros von Memorial in Mos-
kau und St. Petersburg besuchte, lag ein Einbruch Unbe-
kannter im Büro von Memorial in St. Petersburg erst we-
nige Wochen zurück. Wichtige Unterlagen und alle
Computer waren dabei entwendet worden. Wie selbst-
verständlich ging man in beiden Büros davon aus, durch
Sicherheitskräfte abgehört zu werden.

Vor wenigen Wochen durchsuchten Staatsanwälte die
Werbeagentur der liberalen Jabloko-Partei und beschlag-
nahmten Geld, Computer und zentrale Wahlkampfunter-
lagen. Der Vorsitzende dieser Partei spricht vom „Kapi-
talismus mit stalinistischem Gesicht“. Seine Partei
befürchtet zu Recht, dass ein fairer Wettbewerb nicht
möglich ist, wenn der politische Gegner die zentralen
Ideen für den eigenen Wahlkampf, die Strategien und
das Programm erhält.

Meine Damen und Herren, nicht Lautstärke ist gefor-
dert, verehrter Herr Kollege Erler; vielmehr muss end-
lich Klartext gesprochen werden. Dazu leisten viele Ab-
geordnete aus allen Fraktionen dieses Hauses einen
Beitrag. Die Bundesregierung ist aufgefordert, endlich
diesem Beispiel zu folgen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507507000

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Rolf Mützenich.


Dr. Rolf Mützenich (SPD):
Rede ID: ID1507507100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Deutschland trägt maßgeblich zur Unterstützung des
wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandels in
Russland bei. Es ist offenkundig: Das ist ein schwieriger
Balanceakt. Wir haben ein Interesse an einem stabilen
Russland. Stabilität und Verlässlichkeit sind ohne
Rechtsstaatlichkeit aber nicht denkbar. Darauf wirken
wir ein; das macht die heutige Debatte deutlich.

Ich bin gegen Schwarzweißmalerei. Wir müssen klug
und behutsam für die Demokratie in Russland arbeiten.
Den Demokraten in Russland ist aber nicht mit Laut-
stärke geholfen. Wir müssen vielmehr die Rahmenbedin-
gungen beeinflussen, um die Strukturen und die Grund-
lagen der Demokratie zu stabilisieren. Daran arbeitet
diese Bundesregierung.


(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Thema ist die deut-

sche Russlandpolitik. Deshalb möchte ich gerne auf drei
Aspekte aufmerksam machen, die bisher noch keine
Rolle gespielt haben:

Erstens. Die USA, Russland und Deutschland haben
im Juni 2002 eine Initiative zur Beseitigung von militäri-
schen Altlasten in Russland angestoßen. Ziel des mehr-

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(C (D ährigen Programms ist eine globale Partnerschaft gegen ie Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und -maerialien. Zu den vorrangigen Anliegen der globalen Parterschaft gehören die Zerstörung chemischer Waffen, die emontage von außer Dienst gestellten U-Booten, die ntsorgung spaltbaren Materials und die Beschäftigung rüherer Rüstungsforscher. Auch dies trägt, wie ich enke, dazu bei, dass wir Russland stabilisieren und ihm uf dem Weg zur Demokratie helfen. Deshalb bin ich der undesregierung für ihr Engagement in diesem Bereich ankbar. Denn diese Initiativen können sich sehen lassen. Sie unterstreichen unser Interesse an Sicherheit und tabilität. Die Programme sind ein wichtiger Beitrag, dait die schrecklichen Hinterlassenschaften aus dem Ostest-Konflikt nicht in die Hände von Terroristen gelanen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte auf ei en zweiten Aspekt aufmerksam machen, der die Bedeuung der deutschen Russlandpolitik unterstreicht. Die undesregierung setzt sich für Abrüstung und Rüstungsontrolle ein. Wir brauchen in einem vereinten Europa eine großen Armeen mehr. Ein Meilenstein dabei ist er Vertrag über die Reduzierung der konventionellen treitkräfte in Europa, kurz: KSE-Vertrag. Das Abkomen ist für Frieden, Stabilität und Sicherheit an den renzen Russlands von großer Bedeutung. Wir müssen aher alles dafür tun, dass der angepasste KSE-Vertrag o schnell wie möglich in Kraft tritt. Die erfolgreichen Anstrengungen Russlands, seine treitkräfte auf die im Art. V des Vertrages vereinbarten bergrenzen zu reduzieren, verdient Anerkennung; leichwohl brauchen wir eine Klärung der noch offenen ragen zwischen Russland und Georgien. Hier hat die undesregierung geholfen, Vertrauen und Verständigung u fördern. Auch dies ist ein Aspekt, auf den wir, wenn ir über deutsche Russlandpolitik sprechen, hinweisen üssen. Erst vor kurzem hat eine georgische Delegation uf Einladung der Bundesregierung in Deutschland an inem Seminar über die Lage im Südkaukasus und den ngepassten KSE-Vertrag teilgenommen. Auch wenn sich der erwartete vollständige Abzug ussischer Truppen aus Moldau weiter verzögert, besteht ie Hoffnung, dass Russland die vollständige Erfüllung ieser Verpflichtungen bis Ende 2003 erreichen kann. ch bin mir daher sicher, dass die Bundesregierung dieen Prozess im Rahmen der OSZE weiter fördern wird. ie Erfüllung der noch offenen Istanbuler Verpflichtunen bezüglich Georgien und Moldau wird die Voraussetungen dafür schaffen, dass die Mitgliedsländer des ündnisses und andere Vertragsstaaten die Ratifizierung es angepassten KSE-Vertrags weiterführen können und ieser in Kraft treten kann. Dies ist die Voraussetzung ür weitere, mutige Abrüstungsschritte in Europa. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte die Ge egenheit nutzen, um ein drittes Thema anzusprechen: ie Bekämpfung des internationalen Terrorismus ist ine schwierige Aufgabe. Militärische Mittel sind dabei ur begrenzt hilfreich und angemessen. Leider müssen Dr. Rolf Mützenich wir beobachten, dass im Windschatten dieser Aufgabe neue Unsicherheiten zwischen Staaten provoziert werden. Dazu zählt die Absicht, ohne Beachtung des Völkerrechts Gewalt in Form von militärischer Prävention einzusetzen. Vor einem Monat wurden Teile der neuen russischen Militärdoktrin bekannt. Auch darin sind offenbar Präventivschläge gegen Staaten und Regionen vorgesehen, von denen „eine Gefahr für die nationale Sicherheit Russlands ausgeht“. Darüber hinaus wurde die Aufstellung neuer Atomraketen mit Mehrfachsprengköpfen angekündigt. Dies sind Entwicklungen, die uns beunruhigen müssen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall bei der SPD)





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Die SPD-Fraktion bekräftigt, dass das offenbar von
immer mehr Staaten in Anspruch genommene Recht zu
Präventivschlägen nicht der richtige Weg sein kann, um
die internationale Politik zu gestalten. Dies gilt selbst-
verständlich nicht nur für die USA, sondern auch für
Russland.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich bitte daher die Bundesregierung, mit Russland über
die Folgen einer neuen Militärdoktrin zu sprechen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Debatte hat
deutlich gemacht: Die Bundesregierung unterstützt die
Reformen von Präsident Putin. Wir brauchen ein stabiles
und demokratisches Russland. Rechtsstaatlichkeit, Ge-
waltenteilung und soziale Sicherheit sind Voraussetzun-
gen für den Frieden in Europa. Wir müssen Russland
weiterhin als kooperativen Partner in die internationale
Politik einbinden. Ich ermutige die Bundesregierung,
diesen Weg weiterzugehen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507507200

Und wir, lieber Herr Kollege Mützenich, gratulieren

Ihnen zu Ihrer ersten Rede hier im Plenum.

(Beifall)


Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Erich Fritz.

Erich G. Fritz (CDU):
Rede ID: ID1507507300

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Bury, Sie ha-

ben für die Regierung gesprochen. Vielleicht ist Ihnen
aufgefallen, dass in der Debatte niemand auf Sie einge-
gangen ist. Womit hängt das zusammen? Das hängt da-
mit zusammen, dass sich niemand mehr daran erinnern
kann, was Sie vorgetragen haben. Es war eine belanglose
Erklärung, die allem ausgewichen ist, worum es hier ei-
gentlich geht. Herr Kollege Erler, es geht nicht darum,
jetzt großmännisch gegenüber Russland aufzutreten,
überhaupt nicht. Aber es geht auch nicht, dass die Regie-
rung nur ausblendet, ignoriert, wegsieht und ein gutes

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(C (D lima verbreitet. Denn jeder, der jetzt schweigt, vergröert den Spielraum derer, die die russische Gesellschaft ieder autoritär umgestalten wollen. Deshalb besteht jetzt die Notwendigkeit, angemessen, ber deutlich zu sagen, was wir von der möglichen Enticklung halten. Das ist die Aufgabe der Bundesregieung; dieser weicht sie aber aus, was in dieser Situation alsch ist. Angesichts der sich verschlechternden Verhältnisse ür ausländische Investoren in Russland fragt man sich, orauf man sich noch verlassen kann. Man muss wieder igenheiten der russischen Bürokratie beachten, von deen man glaubte, dass sie ausgeräumt seien. Man muss ieder Kreml-Astrologen befragen. Diese Zeit sollte ussland eigentlich hinter sich haben. Stabilität und Berechenbarkeit sind gefragt. Deshalb ommt der Frage der Unabhängigkeit der Justiz und der ressefreiheit eine so enorme Bedeutung zu. (Beifall des Abg. Dr. Friedbert Pflüger [CDU/ CSU])


ie Bedenken, ob die Unabhängigkeit der Justiz gewahrt
st, zeigen, wie ernst diese Probleme in der Zusammen-
rbeit mit Russland genommen werden. Ein Gesetz mit
em Titel „Gesetz gegen Agitation im Wahlkampf“ zeigt
ir, wie die Verhältnisse in Russland sind.


(Gernot Erler [SPD]: Das ist aber kassiert worden!)


s geht um die Unterbindung demokratischer Freiheiten.
s wird der Versuch unternommen, eine uniforme Ge-
ellschaft wiederherzustellen.
All diejenigen, die es mit Russland gut meinen und

ie an einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit sowie
n der Entwicklung gemeinsamer Ideen für den Bau des
auses Europa – ich will diesen alten Begriff einmal
erwenden – interessiert sind, müssen jetzt Farbe beken-
en.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Markus Meckel [SPD])


ch will daher sagen, dass sich der Beitrag von Frau Roth
o angenehm von dem unterscheidet, was vonseiten der
undesregierung vorgetragen worden ist.
Deutschland ist mit einem Anteil von 10 Prozent am
esamthandel der größte Außenhandelspartner Russ-
ands. Der bilaterale Handel liegt bei knapp 25 Milliar-
en Euro. Im ersten Halbjahr 2003 stiegen unsere Ex-
orte nach Russland um 4,7 Prozent. Die deutschen
nvestitionen in Russland liegen bei 4 Milliarden Dollar.
amit ist Deutschland der größte Investor in Russland.
Auch für die Zukunft zeichnet sich ein großes Poten-

ial ab – aber nur dann, wenn es gelingt, die Vorhaben,
ie jetzt in der Pipeline sind, in einem störungsfreien
mfeld weiter voranzutreiben. Daneben muss eine
truktur in Russland entwickelt werden, die einen Han-
el auf Gegenseitigkeit ermöglicht und nicht auf dau-
rnde Rohstoffabhängigkeit setzt.
Das Ziel der russischen Führung muss es sein, das

ertrauen der ausländischen Investoren zu erhalten bzw.






(A) )



(B) )


Erich G. Fritz

wiederzugewinnen. Ohne zusätzliche Auslandsinvesti-
tionen und ohne verlässliche Rahmenbedingungen ist
der Beitritt Russlands zur WTO im nächsten Jahr sehr
infrage gestellt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Markus Meckel [SPD])


Am Beispiel China kann man nachvollziehen, wie
enorm die Anstrengungen sein müssen, um den Prozess
der Angleichung an die Verhältnisse der WTO-Mit-
gliedsländer zu schaffen. In Russland geschieht hinsicht-
lich der Vorbereitungen auf diesen Beitritt genau das Ge-
genteil. Das ist schlecht für beide Seiten: Das ist schlecht
für unsere Wirtschaftsbeziehungen und das ist auch
schlecht für die Möglichkeit Russlands, selbst voranzu-
kommen.

Dass noch viel Vertrauen gewonnen werden muss,
zeigt auch ein Vergleich mit Polen. Während es in Russ-
land im Jahr 2002 Auslandsinvestitionen in Höhe von
23 Milliarden Euro gegeben hat, waren es in Polen und
China immerhin schon 45 Milliarden Euro. Daran sieht
man, welchem Land man bei vergleichbaren politischen
Verhältnissen mehr zutraut, dass die Richtung stimmt
und dass eine einheitliche Entwicklung, die zu einer sta-
bilen Rahmenordnung führt, möglich ist.


(Markus Meckel [SPD]: Soll das heißen, dass China demokratischer ist als Russland?)


– Nein, genau das habe ich nicht gesagt, Herr Meckel.
Das Vertrauen, dass die Entwicklung in die richtige
Richtung geht, ist im Falle Chinas größer. Viele wissen
nämlich im Augenblick nicht, wohin der Weg Russlands
geht.


(Markus Meckel [SPD]: Wirtschaftlich, meinen Sie! Aber Sie meinen doch nicht demokratisch!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507507400

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist schon abgelaufen. Sie

können jetzt keine Dialoge mehr führen.

Erich G. Fritz (CDU):
Rede ID: ID1507507500

Vielen Dank für den Hinweis, Frau Präsidentin.
Ich will zum Schluss noch das Wort von der Bürger-

gesellschaft aufgreifen, das Herr Volmer gebraucht hat.
Natürlich ist es das Problem Russlands, dass sich eine
demokratisch strukturierte Gesellschaft in seiner 70-jäh-
rigen Geschichte nicht entwickeln konnte. Aber umso
mehr muss jetzt natürlich alles dafür getan werden, dass
diejenigen nicht hoffnungslos werden, die auf dem Weg
sind, genau eine solche Gesellschaft zu bilden.


(Dr. Ludger Volmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sage ich doch!)


Deshalb vielen Dank für Ihre Beiträge. Deshalb aber
auch weiterhin die Kritik an der Regierung: So geht es
nicht, meine Damen und Herren.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Ludger Volmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ohne den Schlusssatz hätten wir auch geklatscht!)


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(C (D Das Wort hat jetzt die Kollegin Jelena Hoffmann. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und ollegen! Bei meinen politischen Gesprächen in Mosau im September wurde mir klar, dass die Verbindung wischen Politik und Oligarchen in Russland zu einem ahlkampfthema gemacht wird, und zwar von fast allen arteien. Und nun beschäftigen wir uns im Bundestag it der Verhaftung des Oligarchen Chodorkowski – auch ch musste lernen, den Namen auszusprechen – und den ventuellen Folgen dieser Verhaftung auf die deutschussische Politik. Ich möchte davor warnen, die Beziehungen zu Russ and und Russland als Land auf diesen Vorfall zu reduieren. Es liegt der Verdacht nahe, dass die Opposition erade mit diesem Ziel die Aktuelle Stunde beantragt at. Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie ollten sich nichts vormachen und in der sicherheitspoliischen Realität von heute ankommen. Wir brauchen eien starken – ich betone ausdrücklich: einen starken – artner Russland, der mit uns, Europa und den USA zuammenarbeitet. Ohne Russland wird es auf Dauer keien Frieden in Europa geben. Deshalb unterstützt eutschland Russlands Annäherung an die NATO und ie Europäische Union und vor allem auch die Mitgliedchaft Russlands in der WTO. Natürlich müssen wir von beiden Seiten des Parlaents vieles von dem aufzählen, was in Russland unseem Demokratieverständnis nicht entspricht. Das tun wir uch heute mit dieser Debatte. Doch wir sollten uns vor ugen führen, welche gewaltigen Reformen Russland in en letzten Jahren durchgeführt hat. Das Gesellschaftsystem, die Staatsstrukturen, die Wirtschaftsordnung, ja uch Kultur und Wissenschaft haben einen gewaltigen mbruch und Wandel erfahren. Und dieser Prozess ist ei weitem noch nicht abgeschlossen. Im Jahr 2002 hat die Modernisierungsstrategie Putins rößere Erfolge erzielt. Die drei wichtigsten Säulen der irtschaftspolitik, Energie, Rüstung und Transportwe en, konnten als Grundlage für die Entwicklung des Lanes erhalten werden. Leider wurde die schon oft verchobene Bankenreform erneut auf das Jahr 2005 erschoben und die bitter notwendigen Gesetze zur Unerstützung des Mittelstands wurden kaum durchgesetzt. Doch die russische Wirtschaft entwickelt sich, vor al en Dingen auch aus unserer Sicht, mit 4 bis 6 Prozent uwachs ziemlich gut, und zwar nicht nur aufgrund des lpreises. Man sollte nicht vergessen, dass die EU Russand im letzten Jahr den marktwirtschaftlichen Status zurkannt hat. Diese Tatsache wird auch durch die Intensiierung der Tätigkeit deutscher Unternehmen in ussland dokumentiert. Anfang der 90er-Jahre konnte man einem Unternehen kaum empfehlen, nach Russland zu gehen. Es exisierten keine an der Marktwirtschaft orientierten Gesetesgrundlagen. Die Gesetze änderten sich schneller, als ie gedruckt waren, und wenn Gesetze da waren, hat an sich an die Gesetze nicht gehalten. Doch jetzt sind Jelena Hoffmann über 1 200 Repräsentanzen deutscher Unternehmen in Russland tätig. Deutschland als Handelspartner der Russischen Föderation nimmt mit einem Anteil von etwa zehn Prozent am gesamten Handelsvolumen den ersten Platz ein. Russland hat ein hohes Wirtschaftswachstum und ist ein Markt der Zukunft. Daraus ergeben sich Chancen, die man nutzen sollte. Vor kurzem haben in Jekaterinenburg die deutsch-russischen Regierungskonsultationen stattgefunden. Sie haben eindrucksvoll die erfolgreiche Entwicklung der wirtschaftlichen Beziehungen der beiden Staaten bestätigt. Der Bundeskanzler wurde von einer hochrangigen Wirtschaftsdelegation begleitet, was das große Interesse der deutschen Wirtschaft an einer Verstärkung der Zusammenarbeit mit Russland beweist. Die deutsche und die russische Bahn haben vereinbart, den bilateralen Personenund Güterverkehr auszubauen. Touristen sollen von Berlin über Kaliningrad nach Sankt Petersburg fahren können. Der deutsche Energiekonzern Eon beabsichtigt, gemeinsam mit russischen Partnern ein hochmodernes Gaskraftwerk nicht weit von Moskau zu bauen und zu betreiben. Ein Abkommen zur Entsorgung der russischen Atom-U-Boote sowie zahlreiche Vereinbarungen und Verträge zwischen Unternehmen, vor allem auch zwischen Unternehmen aus dem mittelständischen Bereich, sind unterzeichnet worden. Die Gespräche in Jekaterinenburg haben gezeigt, dass die von Bundeskanzler Schröder und Präsident Putin im Jahr 2000 ins Leben gerufene deutsch-russische Strategiearbeitsgruppe zu einem bewährten Instrument in den bilateralen wirtschaftlichen Beziehungen geworden ist. Insgesamt sind diese Beziehungen von einer steigenden Dynamik geprägt und besitzen große Potenziale. Natürlich verläuft die Entwicklung nicht immer reibungslos und für unsere Unternehmen nicht schnell genug. Dennoch kommen viele deutsche Unternehmen gut voran. Sehr geehrte Damen und Herren von der Opposition, als Echo der amerikanischen Presse rufen Sie immer nach Sanktionen oder politischen Rügen gegenüber Russland. Hören Sie doch lieber, was der Vorsitzende des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, Herr Mangold, über den Jukos-Fall gesagt hat – ich erlaube mir, zu zitieren –: Dies in aller Klarheit: Die Jukos-Affäre ist weder der Anfang vom Rückfall in alte Zeiten noch das Ende von Reformen und Privatisierung. Zur Reformpolitik Russlands gibt es nämlich keine Alternative. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507507600
Jelena Hoffmann (SPD):
Rede ID: ID1507507700




(A) )


(B) )


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507507800

Frau Kollegin!

Jelena Hoffmann (SPD):
Rede ID: ID1507507900

Meine letzten Sätze, Frau Präsidentin.
Auch wir beobachten die Entwicklung Russlands kri-

tisch. Aber dieses Land muss die Chance erhalten, Ver-

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(C (D rauen zu erwerben und mit internationalen Partnern wie eutschland eine langfristige Perspektive zu entwickeln. eshalb können und müssen wir die Bundesregierung in hrer Russlandpolitik unterstützen. Danke. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507508000

Jetzt möchte ich das noch einmal für alle klären: Eine
ktuelle Stunde ist eigentlich so gedacht, dass man ei-
en ganz kurzen, freien Redebeitrag zu dem aktuellen
unkt macht. Lange Redebeiträge bzw. eine Rede von
ieben Minuten entsprechen eigentlich nicht dem Stil.
ch bitte, dass das die Nächsten bedenken.
Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Gesine Lötzsch.

Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1507508100

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr ge-

hrte Gäste! Ich bin Abgeordnete der PDS. – Es ist gut
nd richtig, dass sich die Bundesregierung um gute Be-
iehungen zu Russland bemüht. Das gebietet nicht nur die
eutsche Geschichte, sondern allein schon die Vernunft.
ber gute Beziehungen sollten auch eine kritische Sicht
uf die Politik des anderen beinhalten. Aus dieser kriti-
chen Sicht sollten Schlussfolgerungen gezogen werden.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])

Wir haben erlebt, dass in der Frage der Menschen-

echte schon immer eine unterschiedliche Messlatte an-
elegt worden ist. Ich darf Sie an die Ereignisse im ver-
angenen Jahr im Dubrowka-Theater, dem Theater
Nord-Ost“, erinnern. Tschetschenen hatten in diesem
oskauer Theater einen Saal voller Menschen als Gei-
eln genommen. Das ist ein Verbrechen, das nicht zu
echtfertigen ist. Es ist aber auch ein Verbrechen gewe-
en, das aus Verzweiflung geboren war.
Wie wurde reagiert? – Die russischen Behörden leite-

en Nervengas in das Theater, richteten die Geiselneh-
er per Genickschuss hin und nahmen darüber hinaus
en Tod von unschuldigen Geiseln in Kauf. Wie war die
nternationale Reaktion? – Die internationale Öffentlich-
eit hielt sich zurück. Wie groß wäre der Aufschrei ge-
esen, hätte – sagen wir es einmal ganz allgemein – je-
and, der sowieso als unberechenbarer Diktator gilt,
ervengas in ein Theater geleitet?
Wir kritisieren die Zurückhaltung der Bundesregie-

ung in der Tschetschenienfrage außerordentlich. Meine
amen und Herren von der CDU/CSU, damit unter-
cheidet sie sich nicht wesentlich von der Vorgängerre-
ierung.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])

Bereits zum vierten Mal wird gegen das tschetscheni-

che Volk ein Ausrottungskrieg geführt. Der erste endete
ach 30 Jahren im Jahre 1859 mit der Flucht, der Ermor-
ung und dem Tod Tausender Menschen.


(Dr. Ludger Volmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die SED fand das immer schon schlimm!)







(A) )



(B) )


Dr. Gesine Lötzsch

– Ihr Zwischenruf, Herr Volmer, war mehr als unquali-
fiziert.


(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Der zweite Krieg gegen die Tschetschenen war die
Deportation des tschetschenischen Volkes durch
Stalin. – Ich weiß nicht, was die Grünen da zu lachen
haben. – Bei dieser Deportation nach Mittelasien ist ein
Viertel des tschetschenischen Volkes ermordet worden. –
Und Herr Volmer sitzt hier und grinst.

Der dritte Krieg gegen das tschetschenische Volk
wurde von 1994 bis 1996 unter Jelzin geführt. Der vierte
Krieg begann im September 1999 unter Putin.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das kann man aber auch nicht ernst nehmen, wie Sie hier auftreten!)


Ich möchte gerne wissen, warum die Bundesregierung
ihre guten Beziehungen zu Russland nicht nutzt, um hier
mehr Einfluss zu nehmen. Ich möchte gerne wissen, wa-
rum diese Verletzung der Menschenrechte geduldet wird.
Warum hat die Bundesregierung nicht schärfer auf die
Wahlfarce im März und im Oktober reagiert?


(Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU]: Wo sie Recht hat, hat sie Recht!)


Warum wurde zum Beispiel auf eine mündliche Anfrage,
die ich hier gestellt habe, mehr als ausweichend reagiert?

Ich möchte für die Besucherinnen und Besucher er-
klärend hinzufügen, dass bei diesen Wahlen im März
und im Oktober die Besatzungssoldaten in Tschetsche-
nien mit abstimmen durften.

Die Rede von Frau Roth wurde hier von mehreren
Kolleginnen und Kollegen sehr gelobt. Frau Roth, als
Sie noch nicht Menschenrechtsbeauftragte des Deut-
schen Bundestages waren, haben Sie vor der russischen
Botschaft Reden gegen den Krieg in Tschetschenien ge-
halten.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch als ich es war, im Gegensatz zu Ihnen, Frau Lötzsch!)


Leider haben Sie heute in Ihrer Rede nicht dargestellt,
was Sie in Ihrer Funktion als Menschenrechtsbeauftragte
konkret getan haben. Sie haben uns auch nicht berichtet,
wann Sie das letzte Mal mit Verantwortlichen in Russ-
land über diese Frage gesprochen haben. Das hätte mich
sehr interessiert.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos] – Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh, oh!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507508200

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Rudolf Bindig.

Rudolf Bindig (SPD):
Rede ID: ID1507508300

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Ich finde es richtig und wichtig, dass wir bei unse-

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(C (D er Debatte über unsere Beziehungen zur Russischen öderation die Menschenrechte ins Zentrum der Arguentation stellen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ier ist ein breites Spektrum von Aufgaben zu bewälti-
en.
Dabei geht es um wichtige Reformen in vielen Poli-

ikfeldern: die Reform des Justizwesens, die Übertra-
ung des Strafvollzugssystems vom Innenministerium
uf das Justizministerium, die Reform der Staatsanwalt-
chaft, die Anwendung der neuen Strafprozessordnung,
as Angehen gegen die Verletzungen der Menschen-
echte Wehrpflichtiger, den alternativen Militärdienst,
ie Praxis der Religions- und der Medienfreiheit.
Vorhin ist kritisiert worden, dass es ein Gesetz über

ie Begrenzung der Medien in Wahlkämpfen gibt. Es ist
in ermutigendes Zeichen, dass ein Gericht dieses Ge-
etz zwischenzeitlich aufgehoben hat.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


as zeigt, dass die Justiz anfängt, sich von der Gänge-
ung durch die zentrale Administration zu lösen.
Es geht auch um die Errichtung eines menschenrecht-

ichen Ombudsmannsystems. Es geht um die Lage im
trafvollzug.
Vor 14 Tagen habe ich in der Fernostregion der Russi-

chen Föderation eine Strafkolonie für Frauen und zwei
ntersuchungsgefängnisse besucht und dort teilweise
nakzeptable Zustände angetroffen. Wichtig ist es, dann
mmer klar zu kritisieren, was vom europäischen Stan-
ard abweicht, klar zu sagen, was verändert werden
uss, aber auch anzuerkennen, wenn der Koloss sich be-
egt, wenn es in Teilbereichen Fortschritte gibt.


(Beifall bei der SPD)

Ohne Zweifel ist die Menschenrechtslage in Tsche-

schenien der größte Problembereich. Praktisch täglich
ommt es zu neuen schweren Menschenrechtsverletzun-
en vonseiten russischer Sicherheitskräfte und der Re-
ellen, aber zunehmend auch von den neu aufgebauten
o genannten Sicherheitskräften des amtierenden tsche-
schenischen Präsidenten Kadyrow.
Das Verfassungsreferendum ist durchgedrückt wor-

en. Die so genannten Präsidentenwahlen waren Schein-
ahlen. Das Klima der Straflosigkeit dauert weiter an.
Erschreckend ist auch der krasse Gegensatz zwischen

er Darstellung der Politik in Tschetschenien durch die
ussischen offiziellen Stellen, die sagen, man habe die
age stabilisiert und die Sicherheitsprobleme weitge-
end überwunden, und der praktischen Realität, die vor
rt vorzufinden ist. Verschleppungen und Folter von sei-
en der Behörden bleiben an der Tagesordnung. Die
enschenrechtslage in Tschetschenien und in Ingusche-

ien hat sich verschlechtert. Nach den Aussagen von Me-
orial hat sich die Menschenrechtssituation insgesamt
icht verbessert. Vielmehr hat sich das Problem verla-






(A) )



(B) )


Rudolf Bindig

gert. Die früheren groß angelegten Säuberungen sind
durch kleine, gezielte, in der Summe aber gleich blei-
bende Aktionen ersetzt worden. Die Anzahl der ver-
schwundenen Personen ist so hoch wie vor eineinhalb
Jahren. Das muss sich ändern.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir müssen mit unseren Möglichkeiten überall auf
eine Veränderung hinwirken. Es ist notwendig, dass
diese Frage bei allen Gesprächen, die auf der Ebene der
Staats- und Regierungschefs sowie der Außenminister
geführt werden, angesprochen wird.

Ich sage durchaus: Wenn der Eindruck entsteht, das
würde dort nicht intensiv angesprochen und debattiert
– wobei wir allerdings hören, dass das Thema immer an-
gesprochen wird –, muss man eben klarer sagen, was
denn dort angesprochen worden ist, um das für die Öf-
fentlichkeit transparent zu machen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich weiß, dass der Regierungskoordinator für die Be-
ziehungen zur Russischen Föderation, Gernot Erler, die-
ses Thema anschneidet, wenn er in Moskau Gespräche
mit Vertretern der Zivilgesellschaft und den Offiziellen
führt. Auch ich habe im Auftrag des Europarates eine
Reihe von Berichten angefertigt und durch diese Doku-
mentation der Menschenrechtsverletzungen die Informa-
tionslage in Europa mit beeinflussen können.

Leider muss ich allerdings sagen, dass ich in der letz-
ten Zeit durch die Weigerung der CDU/CSU-Fraktion,
ein Pairing-Abkommen für internationale parlamentari-
sche Verpflichtungen abzuschließen, bei der Wahrneh-
mung dieser Aufgabe behindert werde.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Sie sollten wirklich noch einmal darüber nachdenken, ob
man das nicht ändern kann.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: So ist es!)


Ich bin der festen Überzeugung, dass die Kritik an der
Menschenrechtssituation in Tschetschenien gegenüber
den russischen Politikern weitergeführt und noch ver-
stärkt werden muss.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Die Misshandlungen und Tötungen von Menschen in
Tschetschenien müssen aufhören. Die Verantwortlichen
für Menschenrechtsverletzungen müssen zur Rechen-
schaft gezogen werden. Für den Tschetschenienkrieg
muss eine politische Lösung gefunden werden, die nicht
darin bestehen kann, mit Gewalt ein einseitig moskau-
orientiertes Konzept durchzusetzen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


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(C (D Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Ruprecht Polenz. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bisher errschte in der deutschen Russlandpolitik weitgehend bereinstimmung. Wir wollten und wollen die Reforen dort, die Transformation zu Demokratie, Rechtstaat und Marktwirtschaft sowie zur Wahrung der Menchenrechte unterstützen, entsprechende Anstrengungen ördern und natürlich auch kritisieren, wenn von diesem eg abgewichen wird. Vor diesem Hintergrund haben Sie, Herr Kollege rler, die Frage gestellt, ob es angemessen sei, die Bunesregierung zu lauterem Reden aufzufordern. Es geht m die auffälligen Unterschiede in der Lautstärke bei em, was die Bundesregierung macht. Denken Sie zum eispiel an die Reaktionen auf die Entwicklung in Östereich und Italien. Zu den aktuellen Vorfällen in Russland tellen wir jetzt ein eher beredtes Schweigen fest; das ann ja einen eigenen Symbolgehalt bekommen. Dabei üssten wir gemeinsam Sorge um Russland haben; denn enn ich die Debatte richtig verfolge, teilen auch Sie iese Einschätzung ein wenig. Herr Kollege Volmer, Sie haben gesagt, die Bundesre ierung spreche die Fragen der Menschenrechtsverletungen und der Demokratieentwicklung nicht offen, ondern eher diplomatisch an. Dann wäre es ein schönes iplomatisches Signal gewesen, das auch sicherlich reistriert worden wäre, wenn die Bundesregierung diese ktuelle Stunde zum Anlass genommen hätte, auf der abinettsbank entsprechend mit Ministern vertreten zu ein. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Ludger Volmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist sie doch! Herr Bury ist doch Staatsminister!)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507508400
Ruprecht Polenz (CDU):
Rede ID: ID1507508500

Herr Kollege Erler, Sie haben die russischen Kollegen
itiert, die von drohenden Schauprozessen und von mög-
ichen Entwicklungen hin zu einer Diktatur sprechen.
rau Kollegin Roth und Herr Kollege Bindig haben
eide – dafür möchte ich mich ausdrücklich bedanken –
lare und deutliche Worte zu den Menschenrechtsverlet-
ungen und zur Lage in Tschetschenien sowie zu den
orfällen um Chodorkowski gefunden. In diesem Punkt
ind wir uns einig.
Aber, Herr Bury, solche klaren Worte hätten wir gern

on der Bundesregierung gehört.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


tattdessen haben Sie davon gesprochen, dass Sie die
ntwicklung aufmerksam beobachteten und ein rechts-
taatliches Verfahren erwarteten. Als hätte der bisherige
ang des Verfahrens nicht längst das Gegenteil von
echtsstaatlichkeit bewiesen! Dazu kein Wort von der
undesregierung!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU]: Unglaublich!)







(A) )



(B) )


Ruprecht Polenz

Der liberale Politiker Boris Nemzow beschreibt die

gegenwärtige Situation wie folgt: „Russland wird nur
selten glücklich, aber wir hatten eine Chance. Jetzt ver-
lieren wir sie.“ Was hätten unsere Kollegen wie Grigori
Jawlinski, Nemzow oder Ryschkow gesagt, wenn sie Ih-
ren Erklärungen heute hier im Deutschen Bundestag hät-
ten zuhören können? Ich glaube, sie wären entsetzt und
enttäuscht gewesen, weil sie sich von einem wichtigen
Partner Russlands im Stich gelassen gefühlt hätten, der
zu den Vorfällen, die sie bitter besorgt machen, einfach
schweigt und eine so blasse und nichts sagende Erklä-
rung abgibt, wie Sie es heute für die Bundesregierung
getan haben.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Man muss die Besorgnis haben, dass es so etwas wie

einen westlichen Deal, an dem ja nicht nur die Bundesre-
gierung beteiligt ist, gibt, der besagt: Wir schweigen zur
Entdemokratisierung Russlands, dafür garantiert Putin
dort Stabilität. Wir kritisieren die Tschetschenienpolitik
nicht länger, dafür macht Russland im Kampf gegen den
internationalen Terrorismus mit. Wir sind Russland beim
Zugang zu den globalen Wirtschaftsorganisationen be-
hilflich, dafür können wir Öl und Gas importieren und in
Sibirien investieren. Eine solche Rechnung würde aber
nicht aufgehen, wenn man sie denn machte: Auf längere
Sicht könnte der Westen bei einem Sieg der Silowiki
nicht sicher sein, ob nicht der alte imperiale Staat, die
alte aggressive, antiwestliche Supermacht, wiederbelebt
würde. Dies sagt nicht jemand, der aus dem kalten Krieg
übrig geblieben ist, sondern das hat unser Kollege
Wladimir Ryschkow, Mitglied der Duma, in einem Inter-
view der „Zeit“ zum Ausdruck gebracht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das alles sollten wir
ernst nehmen. Deshalb ein paar ganz klare Forderungen
zum Schluss: Leisetreterei hilft dem Westen nicht. Wir
müssen für die Liberalisierer in Russland klar Partei er-
greifen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Unsere Forderungen müssen lauten: wirklich freie Parla-
mentswahlen im Dezember, private Fernsehstationen,
eine unabhängige Justiz, freies Unternehmertum, Bürger-
rechtsvereinigungen und Zivilgesellschaft. Nicht Putin,
meine Damen und Herren, sondern nur ein demokrati-
scheres Russland kann auf Dauer Stabilität garantieren.
Für diejenigen, die vor allem an Wirtschaftsfragen inte-
ressiert sind, füge ich hinzu: Nur ein demokratischeres
Russland kann in Zukunft auch den steten Fluss von Öl
und Erdgas garantieren. Diese Forderungen sind nicht
weltfremde Illusionen, sondern echte Realpolitik im Inte-
resse unseres Landes.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


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(C (D Danke schön. – Die Aktuelle Stunde ist damit been et. Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 5 auf: Erste Beratung des von den Abgeordneten Joachim Stünker, Hermann Bachmaier, Sabine Bätzing, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der SPD sowie den Abgeordneten Jerzy Montag, Irmingard Schewe-Gerigk, Hans-Christian Ströbele, weiteren Abgeordneten und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von Verletzten im Strafverfahren – Drucksache 15/1976 – Überweisungsvorschlag: Rechtsausschuss Innenausschuss Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre keinen iderspruch. Dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst er Abgeordnete Joachim Stünker. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ür die Opfer einer Straftat kann die Durchführung des araus resultierenden Strafverfahrens eine eminent roße Belastung bedeuten. Es ist deshalb Aufgabe eines ozialen Rechtsstaates, nicht nur darauf zu achten, dass ie Straftat aufgeklärt und Schuld oder Unschuld des Bechuldigten in einem rechtsstaatlichen Verfahren festgetellt wird, sondern ebenso darauf, dass die Belange des pfers gewahrt bleiben. Die mit dem vorliegenden Opferrechtsreformgesetz orgeschlagene Reform verfolgt daher das Ziel, in dem trafverfahren die Interessen der Opfer noch stärker zu erücksichtigen. Die Reform setzt daher die mit dem pferschutzgesetz aus dem Jahre 1986 begonnene Geetzgebung, die mit dem Zeugenschutzgesetz im Jahre 998 und der Verankerung des Täter-Opfer-Ausgleichs m Jahre 1999 ergänzt worden ist, zur Verbesserung der echte der Verletzten fort. Mit dem genannten Opferchutzgesetz erfolgte seinerzeit die Abkehr von der bis ahin gängigen Betrachtungsweise im Strafprozess, woach die Opfer im Strafverfahren vornehmlich die Stelung als Zeuge und damit letztlich als Beweismittel inneatten. Der Ihnen jetzt vorliegende Entwurf eines pferrechtsreformgesetzes nimmt zudem Impulse auf, ie der Rahmenbeschluss der Europäischen Union ber die Stellung des Opfers im Strafverfahren vom 5. März 2001 für die nationale Gesetzgebung entwikelt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich wiederhole, was ch bereits am 8. Mai dieses Jahres in diesem Hohen ause gesagt habe: Lassen Sie uns die Aufgabe der Veresserung des Opferschutzes gemeinsam angehen. Sie Joachim Stünker ist es wert – im Interesse der Opfer von Straftaten –, dass sie gemeinsam gelöst wird. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507508600

(Opferrechtsreformgesetz – OpferRG)

Joachim Stünker (SPD):
Rede ID: ID1507508700




(A) )


(B) )


Alle Fraktionen des Hohen Hauses stimmen darin über-
ein, dass wir die Rechte der Opfer von Straftaten im
Strafverfahren verbessern wollen. Die Unionsfraktion
hatte bereits im Mai dieses Jahres – ich habe darauf hin-
gewiesen – ein entsprechendes Opferschutzgesetz einge-
bracht. Die Regierungskoalition und die Bundesre-
gierung folgen nunmehr mit dem vorliegenden
Opferrechtsreformgesetz.

Wir stimmen, wie ich denke, aber auch darin überein,
dass es kein Urheberrecht auf den Opferschutzgedanken
gibt. Ich appelliere daher – wie schon vor einigen Mona-
ten – an Sie: Lassen Sie uns eine angemessene sachliche
Debatte führen, eine Debatte frei von Gezänk und politi-
scher Rechthaberei. Die Aufgabe, die wir zu lösen ha-
ben, ist anspruchsvoll; darauf werde ich noch zurück-
kommen. Wir sollten daher gemeinsam nach der besten
Lösung suchen.

Lassen Sie mich in der ersten Lesung kurz die drei
zentralen Ansatzpunkte unseres Entwurfes zusammen-
fassend skizzieren:

Erstens. Wir wollen die Belastungen für das Opfer
durch das notwendige Strafverfahren so gering wie mög-
lich halten. Wir wollen, dass die Verfahrensrechte des
Opfers im Strafverfahren gestärkt werden. Zu diesem
Zweck sollen wiederholte Vernehmungen des Opfers,
die ganz besondere Belastungen hervorrufen können, so
weit wie möglich vermieden werden. Dem Opfer soll
eine stärkere aktive Teilnahme am Verfahren ermöglicht
werden. Hierzu dienen insbesondere die vorgeschlage-
nen Verbesserungen bei der Nebenanklage und beim Op-
feranwalt.

Zweitens. Wir wollen für das Opfer, das ja zugleich
Verletzter ist, die Möglichkeit verbessern, bereits im
Strafverfahren vom Angeklagten Ersatz für den aus der
Straftat entstandenen Schaden zu verlangen und diesen
gleichzeitig durchzusetzen. Der Entwurf enthält daher in
einem, wie ich finde, in sich geschlossenen Konzept die
notwendigen Regelungsvorschläge für eine spürbare
Verbesserung und Stärkung des in der Strafprozessord-
nung bereits heute möglichen Verfahrens, das aber we-
nig angewendet wird. Hierdurch werden zugleich die
Ressourcen der Justiz effizienter genutzt; denn wenn das
Opfer als Verletzter bereits im Strafverfahren einen voll-
streckbaren Titel erlangt, wird ein nachfolgender Zivil-
prozess überflüssig.

Drittens. Wir wollen eine verbesserte Information
des Opfers als des Verletzten über seine Rechte und den
Ablauf des Strafverfahrens. Hierzu dienen weit gehende
Mitteilungen über eine Einstellung des Verfahrens, die
Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens,
den Sachstand des Verfahrens einschließlich des Termins
der Hauptverhandlung sowie über freiheitsentziehende
Maßnahmen. Weiter wird die Verpflichtung zur Unter-
richtung des Opfers über seine Schutz-, Beistands-, In-
formations- und Verfahrensrechte erheblich ausgebaut.

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(C (D ie Quintessenz ist: Der Verletzte als Opfer einer Strafat soll, wenn es für das Verfahren nicht notwendig ist, em Täter im Strafverfahren nicht wieder begegnen üssen, wenn er nicht will. Warum ist die Implementierung eines verbesserten pferschutzes in die Strafprozessordnung – ich habe es ereits mehrfach angedeutet – so kompliziert, schwierig nd problembehaftet? Ich möchte auf die Beantwortung ieser Frage mein Augenmerk lenken. Die Schwierigeiten liegen darin begründet, dass die Strafprozessrdnung in ihrer seit Jahrzehnten fortentwickelten rundkonzeption vornehmlich die Interessen des Bechuldigten und das Interesse des Staates an einer effekiven Strafverfolgung austariert. Die Strafprozessordnung wird zu Recht als die Magna harta des Beschuldigten bezeichnet. Dem widerstreiten olgerichtig in vielen Bereichen der einzelnen Verfahensabschnitte eines Strafverfahrens die, wie wir alle issen, berechtigten Interessen des durch die Straftat erletzten. Der Deutsche Anwaltverein weist in seiner tellungnahme daher zu Recht darauf hin, dass auch bei iner zunehmend größeren Bedeutung des Opferschutzes ie grundlegenden Prozessrechte eines Beschuldigten, nsbesondere die Unschuldsvermutung und der Anpruch auf ein rechtsstaatliches und faires Verfahren, in hrer Bedeutung nicht geschmälert werden dürfen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ebenso zutreffend weist der Deutsche Richterbund in
einer Stellungnahme darauf hin, dass durch die Stär-
ung der Beteiligungsrechte des Opfers am Strafver-
ahren die Kernaufgabe der Justiz, nämlich schnellst-
öglich unter eigener Überzeugungsbildung zu einer
ntscheidung zu gelangen, die vom Täter und vom Op-
er akzeptiert werden kann, nicht beeinträchtigt werden
arf. Ich stimme auch zu, dass gerade die konsequente
nd zeitnahe Durchsetzung des staatlichen Strafanspru-
hes als solchen einen präventiven Opferschutz gewähr-
eistet und damit letztendlich zugleich auch eine Genug-
uungsfunktion erfüllt wird. Ich denke, das alles dürfen
ir, wenn wir in den vor uns liegenden Wochen und Mo-
aten in den Ausschussberatungen über Opferschutz
eden, angesichts der Systematik der Strafprozessord-
ung nicht aus den Augen verlieren.
Ich komme nun zu der Frage, die uns alle umtreibt

nd die ich eben auch schon angesprochen habe: Wie lö-
en wir das Problem der Umsetzung, dass das Opfer
iner Straftat bereits im Strafprozess einen Schadenser-
atzanspruch, einen Strafanspruch, realisieren kann? In
iner grundlegenden Entscheidung hat der Bundesge-
ichtshof bereits vor einigen Jahren Ausführungen dazu
emacht, die ich hier zitieren darf. Dort heißt es nämlich:

Es ist zu vermeiden, dass sich ein Angeklagter – zu-
mal nach einem Geständnis –, um keine Zweifel an
seiner Einsicht, Reue und seinem Wiedergutma-
chungswillen aufkommen zu lassen, gedrängt sieht,
einen in diesem Verfahren verfolgten Anspruch
– auch wenn ihm die Höhe der Forderungen zwei-
felhaft erscheint – unbedingt anzuerkennen.






(A) )



(B) )


Joachim Stünker

Der Richter darf daher auch nicht den Anschein
eines unsachlichen Drucks auf den Angeklagten,
zum Beispiel zum Abschluss eines Vergleichs, ent-
stehen lassen.

Indem ich das zitiere, möchte ich verdeutlichen, in
welchem Spannungsverhältnis diejenigen, die mit dem
Gesetz hinterher zu arbeiten haben – sprich: Staatsan-
waltschaft, Justiz, die entsprechenden Organisationen,
die im Bereich des Täter-Opfer-Ausgleichs arbeiten, und
andere –, stehen. Deshalb müssen wir ihnen ein Instru-
mentarium an die Hand geben, mit dem sie in diesem
Spannungsverhältnis, das dort nun einmal gegeben ist,
arbeiten können.

All diese mahnenden, aber, wie ich meine, doch sehr
prononciert ausgesprochenen Hinweise werden wir jetzt
in den Beratungen zur Gesetzgebung im Ausschuss und
insbesondere auch in der Sachverständigenanhörung so-
wie in den Berichterstattergesprächen zu beachten ha-
ben. Wir müssen dabei den gemeinsam als richtig er-
kannten Mittelweg zu dem gemeinsam als richtig
erkannten Ziel finden und diesen einschlagen.

Zusammengefasst kann man sagen: Die Wahrung der
rechtsstaatlichen Rechte des Täters, die berechtigten In-
teressen des Opfers und die Durchsetzung des Strafan-
spruch des Staates müssen miteinander kompatibel
gemacht und vereinbart werden. Ich bin davon über-
zeugt, dass wir diesen Mittelweg mit der entsprechenden
Unterstützung der Fachöffentlichkeit in den Beratun-
gen hier im Parlament finden und auch gehen werden.

Wenn man die beiden jetzt vorliegenden Gesetzent-
würfe, die ich genannt habe – den der Union vom Mai,
und den, den wir jetzt vorgelegt haben –, nebeneinander
legt und miteinander vergleicht, dann stellt man fest,


(Zuruf von der CDU/CSU: Dass Ihrer später vorgelegt wurde!)


dass die rechtspolitische Philosophie, die darin zum Tra-
gen kommt, identisch ist und dass die einzelnen Rege-
lungsvorschläge, die dort gemacht werden, nicht tief
greifend oder gar unüberbrückbar differieren. Wenn man
genau hinschaut, dann sieht man, dass es eigentlich nur
zwei oder drei Punkte gibt, die wirklich sehr unter-
schiedlich gesehen werden. Ansonsten gibt es hier eine
weitgehende Übereinstimmung. Wir haben ja auch seit
Jahren an diesem Themenbereich gearbeitet. Ich habe
bereits im Mai auf unser Eckpunktepapier – es ist
mittlerweile drei Jahre alt – hingewiesen.

Lassen Sie mich unter dem Eindruck der gestrigen
Sachverständigenanhörung – einige waren dabei – auf
einen Sachverhalt hinweisen, der mir etwas Sorge macht
und worüber wir nachdenken müssen. Uns liegen
mittlerweile insgesamt vier Gesetzentwürfe zur Ände-
rung der Strafprozessordnung vor: das Justizmodernisie-
rungsgesetz, das Justizbeschleunigungsgesetz und zwei
Entwürfe eines Opferrechtsreformgesetzes. In absehba-
rer Zeit wird als fünfter Entwurf – das habe ich Ihnen
schon angekündigt; dieser Entwurf wird noch in diesem
Herbst eingebracht – ein umfassender Gesetzentwurf zur
Änderung der Strafprozessordnung als solcher vorliegen.

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(C (D Dies kann im Ergebnis Verwirrung schaffen. Deshalb ird es unsere Aufgabe sein, diese Änderungen zusamenzuführen. Ich hoffe, dass wir diese Arbeiten gemeinam möglichst zügig abschließen können: im Interesse es Rechtsstaates, im Interesse des rechtsstaatlichen chutzes der Opfer, aber auch im Interesse der Strafverolgung in unserem Land. Schönen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507508800

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Siegfried Kauder.

Siegfried Kauder (CDU):
Rede ID: ID1507508900

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegin-

en und Kollegen! Liebe Gäste! Als ich zum Rednerpult
ing, bekam ich auf den Weg mit: Das alles können Sie
ohl nur noch loben.
Keiner in diesem Haus will, dass Opfer von Gewalt

nd Straftaten nicht zu ihrem Recht kommen. Jeder von
ns will, dass die Belastungen von Opfern im Strafver-
ahren möglichst gering sind. Aber, Herr Stünker, erlau-
en Sie mir einen Hinweis: Es kann nicht angehen, dass
ie sich immer wieder als opferpolitischer Bedenkenträ-
er outen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

an muss Opferschutz nicht nur wollen, sondern ihn
uch so umsetzen, dass er zu einem abgeschlossenen
ystem wird, damit man den Opfern nicht Steine statt
rot gibt.


(Joachim Stünker [SPD]: Das habe ich doch gerade gesagt!)


Die Frau Bundesjustizministerin hat auf der Home-
age ihres Ministeriums am 5. November veröffentlicht:

Der Oppositionsentwurf beinhaltet kein abge-
schlossenes Gesamtkonzept und greift bei einzel-
nen Regelungen zu kurz.

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ie haben aus unserem Entwurf – zu Recht – die Rege-
ungen zum Hinterbliebenenanwalt übernommen.
ier werden wir zustimmen. Das ist ein weiterer Vorteil
ür die Hinterbliebenen von Tatopfern. Sie haben von
ns auch übernommen, dass Bild-Ton-Aufzeichnungen
er Vernehmungen von Tatopfern für den Beschuldigten
esperrt werden. Sie haben unsere Idee übernommen,
ass das Adhäsionsverfahren, also das Verfahren, mit
em Opfer in Strafverfahren Entschädigung bekommen,
eformiert werden muss. Aber Sie haben es so gemacht,
ass es nicht praktikabel ist. Sie wollen das Adhäsions-
erfahren kaputtsanieren.


(Joachim Stünker [SPD]: Sie werden den Oberlehrer nie ablegen können! Unerträglich!)


Herr Kollege Stünker, auch Sie werden es vielleicht
och verstehen. Wenn nicht, verweise ich Sie auf einen






(A) )



(B) )


Siegfried Kauder (Bad Dürrheim)


wissenschaftlichen Beitrag, den ich demnächst veröf-
fentliche.

In Ihrem Vorschlag wird der Rechtsmittelweg, den
Sie im Adhäsionsverfahren eröffnen, aufgespalten: Ein
Teil landet zum Beispiel beim Oberlandesgericht, ein an-
derer Teil beim Landgericht. Dabei wurde noch überse-
hen, dass § 305 StPO korrigiert werden muss, weil sich
sonst ein Widerspruch im Ablauf ergibt. So, wie Sie das
Adhäsionsverfahren sanieren und reformieren wollen,
wird es in der Praxis nicht gehen. Ich weiß, dass man im
Ministerium darüber nachdenkt, wie man diesen Mangel
beheben kann.


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU], zu Abg. Joachim Stünker [SPD] gewandt: Sie können vielleicht eine Kopie bekommen!)


Wenn Sie schon davon sprechen, dass Ihr Entwurf ein
abgeschlossenes Gesamtkonzept sei, dann hätte ich er-
wartet, dass Sie sich Gedanken nicht nur zum Erwachse-
nenstrafverfahren machen, sondern insbesondere über
die Stellung des Opfers im Jugendstrafverfahren nach-
denken. Das gehört zu einem abgeschlossenen Konzept
dazu.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Die Nebenklage im Jugendstrafverfahren ist nicht zuge-
lassen.


(Joachim Stünker [SPD]: Darüber haben wir gestern lange gesprochen!)


Überlegen Sie sich, welche fatalen Folgen das für das
Opfer hat! Das Opfer im Jugendstrafverfahren bekommt
keinen Opferanwalt auf Staatskosten wie ein Kind als
Zeuge im Erwachsenenstrafverfahren,


(Joachim Stünker [SPD]: Sie hätten gestern zuhören und die Ohren aufmachen sollen!)


sondern nur einen Zeugenbeistand. Diesen Zeugenbei-
stand muss das Opfer aus eigenen finanziellen Mitteln
bezahlen.

Ist es das, was Sie beim Opferschutz wollen, oder ist
es das nicht? Im Jugendstrafverfahren erhält der Zeugen-
beistand nicht einmal uneingeschränkte Akteneinsicht,
weil diese nach § 406 e StPO beschränkt werden kann.

Die Nebenklage gegen Heranwachsende ist zugelas-
sen,


(Joachim Stünker [SPD]: Darüber haben wir gestern gesprochen)


das heißt: volle Opferrechte im Verfahren gegen 18- bis
21-Jährige. Aber das Adhäsionsverfahren – also die
Möglichkeit, Schmerzensgeld geltend zu machen – ist
nur dann zugelassen, wenn sich am Ende des Prozesses
herausstellt, dass man Erwachsenenstrafrecht anwendet.
Wird Jugendstrafrecht angewendet, steht das Opfer
schutzlos da.


(Joachim Stünker [SPD]: Sie hätten gestern einmal zuhören sollen! Mal die Ohren aufmachen, wenn andere reden!)


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(C (D Mit einem Problem scheinen Sie sich nicht befassen zu ollen, weil es so schwierig ist, Herr Stünker – schwieige Probleme klammert man lieber aus, als dass man sie öst –: (Hans-Joachim Hacker [SPD]: Nicht so überheblich!)


achen Sie sich einmal Gedanken, welche Position das Op-
er einer Straftat im so genannten verbundenen Verfahren
at! Das verbundene Verfahren ist ein Strafverfahren ge-
en Heranwachsende, gegen Jugendliche und gegen er-
achsene Straftäter. Wenn diese drei Gruppen eine
traftat gemeinsam begangen haben, wird das Tatopfer
o behandelt, als wenn es sich um ein nicht öffentliches
erfahren gegen einen Jugendlichen handelte. Das heißt
lso, im verbundenen Strafverfahren steht das Tatopfer
chlechter da, als wenn nur ein Verfahren gegen einen
rwachsenen durchgeführt werden würde. Das Tatopfer
st in diesem verbundenen Verfahren völlig schutzlos;
eine Rechte werden nicht berücksichtigt.
Sie sehen also, meine Damen und Herren: Opfer-

chutz wollen ist die eine Seite, ihn aber konsequent und
n einem geschlossenen Konzept umzusetzen ist die an-
ere Seite. Das ist Ihnen mit Ihrem Entwurf nur insoweit
elungen, als Sie Vorstellungen aus unserem Entwurf
bernommen haben.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Quatsch!)


Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507509000

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Irmingard

chewe-Gerigk.

(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
ie Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen le-
en Ihnen heute einen Gesetzentwurf vor, der die Be-
ange der Opfer im gesamten Strafprozessverfahren um-
assend verbessert, ohne dabei berechtigte Interessen der
ngeklagten zu vernachlässigen. Die Menschen, um die
s geht, meist Frauen und Kinder, haben schlimme Ge-
altverbrechen erlitten, grausamste Verletzungen an
örper und Seele, sexualisierte Gewalt, Zwangsprostitu-
ion. An den Folgen der Taten tragen sie meist noch
ahre später, oft sogar ein Leben lang.
Darum ist es notwendig, die Folgen einer Tat für die Opfer

erstärkt in das Blickfeld zu rücken, um das gesamte Ermitt-
ngs- und Strafverfahren so zu gestalten, dass es für sie ohne
usätzliche Verletzungen abläuft und sie die Tat nicht doppelt
rleben müssen. Für viele Opfer – insbesondere die Kinder –
tellt die nochmalige Konfrontation mit den Tätern im
rmittlungsverfahren oder als Zeuge bzw. Zeugin vor
ericht eine unzumutbare Belastung dar.
Darum wollen wir eine Vernehmung insbesondere der

indlichen Opfer aus einem Nebenraum heraus per Video-
tandleitung ermöglichen. Zum Teil wird das jetzt schon






(A) )



(B) )


Irmingard Schewe-Gerigk

gemacht, aber wir stellen das jetzt auf eine andere
Grundlage. Darin sind wir uns auch hier im Hause einig.

Allerdings sieht unser Vorschlag vor, dass der oder
die Vorsitzende im Gerichtssaal verbleibt und nur das
Kind außerhalb des Sitzungssaales vernommen wird.
Wir ziehen dieses Verfahren dem Mainzer Modell vor,
das Sie, meine Damen und Herren von der CDU, in Ih-
rem Gesetzentwurf präferieren, wonach der Richter oder
die Richterin und das Opfer außerhalb des Gerichtssaals
sind. Wir glauben, dass es für die Unmittelbarkeit des
Verfahrens in der Hauptverhandlung besser ist, wenn der
Richter oder die Richterin im Saal bleibt.

Ich persönlich bin sehr froh, dass die Herausgabe von
Videobändern über die Vernehmung von Kindern an die
Täter nicht erfolgt und nur den zur Akteneinsicht Be-
rechtigten diese Aufzeichnungen überlassen werden.
Das verhindert, dass sich Täter jederzeit an dem durch
sie verübten Leid auch noch ergötzen können.

Daneben wollen wir besonders schutzbedürftige Zeugin-
nen und Zeugen wie zum Beispiel Opfer von Sexualverbre-
chen vor Belastungen durch mehrfache Vernehmungen
zum gleichen Gegenstand bewahren. So kann künftig di-
rekt beim Landgericht Klage erhoben werden, anstatt
wie bisher zunächst beim Amtsgericht und dann erst in
zweiter Instanz beim Landgericht. Damit ersparen wir
den Opfern die nochmalige Vernehmung in einer etwai-
gen zweiten Tatsacheninstanz.

Wir stärken mit diesem Gesetzentwurf – dabei sollte
auch mit der Zustimmung der Opposition zu rechnen
sein – konsequent die Rechte aller Opfer von schweren
Straftaten im gesamten Verfahren. Prostituierte zum Bei-
spiel, die durch einen Zuhälter ausgebeutet wurden, kön-
nen sich damit einem Strafverfahren gegen diesen mit
der Nebenklage anschließen. Ich glaube, das ist ein gro-
ßer Erfolg. Die CDU/CSU sieht in ihrem Entwurf ledig-
lich ein Fragerecht von Staatsanwalt und Verteidiger für
Straftaten nach § 181 StGB vor. Den Zuhälter zu stärken
und ihm mehr Rechte zu geben als seinen Opfern, den
Prostituierten – das wollen wir nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Prostituierte schlechter zu behandeln als alle anderen
Opfer – das ist durch nichts zu legitimieren.

Was die körperliche Untersuchung angeht, so haben
wir geändert, dass nicht nur bei Frauen die Untersu-
chung von Personen gleichen Geschlechts vorgenom-
men wird, wie Sie es in Ihrem Gesetzentwurf vorschla-
gen. Auch Männer können ein Schamgefühl haben, sehr
geehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU.
Bei berechtigtem Interesse – ich denke dabei gerade an
kleine Jungen, die von Männern missbraucht wurden –
kann es auch wichtig sein, dass das Opfer das Ge-
schlecht der untersuchenden Person selbst bestimmen
kann. Das ist Opferschutz, der sich an der Realität orien-
tiert.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


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(C (D Daneben besteht das grundsätzliche Recht, sich durch ine Person seines Vertrauens in Vernehmungen beglein zu lassen. Außerdem – Herr Kollege Kauder, Sie haen das schon erwähnt – werden nahe Angehörige von etöteten künftig im Strafverfahren Anspruch auf die ostenlose Beiordnung eines Opferanwalts – Sie nennen n Hinterbliebenenanwalt – haben. Liebe Kolleginnen und Kollegen, nur wer informiert t, kann seine Rechte wahrnehmen und sich schützen. arum werden die Verletzten künftig nicht nur besser ber ihre Rechte, sondern auch über den Ablauf des trafverfahrens informiert, zum Beispiel über Verfahenseinstellung, Eröffnung der Hauptverhandlung, Haft, nterbringung, Vollzugslockerungen und – was ich sehr ichtig finde – die Entlassung des Täters. Dies gilt nicht ur auf Antrag, wie Sie es vorsehen, sondern dieses echt besteht von vornherein. Gerade Opfer von Gewaltverbrechen wollen wissen, b und wann sich ihr Peiniger auf freiem Fuß befindet. ersetzen Sie sich doch einmal in die Situation einer verewaltigten Frau, die sich aufgrund des verhängten trafmaßes sicher fühlt und den Täter in Haft vermutet, iesen aber plötzlich in der Nähe ihrer Wohnung trifft! ch meine, es ist nicht schwer, sich vorzustellen, dass bei r die Angst und das Gefühl von Unsicherheit sofort zuückkehren. Darum ist es wichtig, dass diese Opfer auch ber den Termin der Haftentlassung Bescheid wissen. ir wollen den Opfern schwerer Straftaten zukünftig olche Situationen ersparen. Ich komme zum Schluss zu einem weiteren für die Op er wichtigen Bereich, dem Ausgleich des Schadens. In en allermeisten Fällen wird durch die Straftat auch ein chaden verursacht. Gegenwärtig ist es in der Praxis die egel, dass über die meisten Schadensersatzansprüche er Opfer in einem weiteren zivilrechtlichen Verfahren ntschieden wird. Damit sind für die Opfer eine weitere lageerhebung und wiederum Ladung und Aussagen vor ericht verbunden. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf verbessern wir ie Möglichkeiten, gleich im Strafverfahren auch Ersatz es aus der Straftat entstandenen Schadens festsetzen zu ssen. Durch die Möglichkeiten eines insofern erweitern so genannten Adhäsionsverfahrens kann eine zuätzliche Klage vor einem Zivilgericht erspart werden. n Frankreich ist das bereits üblich. Herr van Essen hat der ersten Lesung des Gesetzentwurfs der CDU/CSU arauf hingewiesen. Ich glaube, das ist ein guter Vorchlag, der zudem sicherlich die Justiz entlasten wird. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Jörg van Essen [FDP] – Siegfried Kauder [Bad Dürrheim] [CDU/CSU]: Das ist nichts Neues!)


Erlauben Sie mir eine abschließende Bemerkung: Der
orliegende Gesetzentwurf enthält so viele Verbesserun-
en zugunsten der Opfer von Straftaten, dass man mit al-
m Recht von einer umfassenden Reform der Opfer-
echte sprechen kann, Herr Kauder. Das Gesetz, das wir
tzt auf den Weg bringen, ist dabei ein wichtiger Schritt
Rahmen der bevorstehenden Gesamtreform der Straf-






(A) )



(B) )


Irmingard Schewe-Gerigk

prozessordnung; der Kollege Stünker hat vorhin darauf
hingewiesen.

Wir haben vereinbart, dass im Dezember eine Sach-
verständigenanhörung über die einzelnen Punkte, insbe-
sondere über die Regelungen im Adhäsionsverfahren,
stattfindet. Es würde mich sehr freuen, wenn wir gerade
bei diesem Thema, in dem wir bekanntermaßen in vielen
Fragen übereinstimmen, gemeinsam zum Wohle der Op-
fer und zugunsten eines besseren Opferschutzes ent-
scheiden könnten.

Ich danke Ihnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507509100

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Jörg van Essen,

FDP.

Jörg van Essen (FDP):
Rede ID: ID1507509200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Nachdem wir unter dem liberalen Justizminister Edzard
Schmidt-Jortzig Ende der 90er-Jahre einige, wie ich
finde, wesentliche Fortschritte bei der Stärkung der Op-
ferrechte erzielt haben, gab es leider eine Phase von vier
Jahren, in der kaum etwas geschehen ist. Der Täter-Op-
fer-Ausgleich ist in dieser Zeit nur geringfügig verbes-
sert worden. Trotz vieler Initiativen meiner Fraktion,
aber auch der CDU/CSU-Bundestagsfraktion geschah
nicht wirklich etwas. Deshalb freue ich mich ganz außer-
ordentlich, Frau Ministerin – ich finde, dass es kein
Mangel ist, wenn ein Oppositionspolitiker etwas Positi-
ves anspricht –, dass wir mit dem vorliegenden Entwurf,
der unter Federführung Ihres Justizministeriums erarbei-
tet wurde, wieder einen ganz wesentlichen Schritt nach
vorne tun.

Die heutige Debatte zeigt, dass wir ein ganzes Stück
weiter sind. Alle Fraktionen sind der Auffassung, dass
die Rechte der Opfer weiter gestärkt werden müssen und
dass wir von dem wegkommen müssen, was beispiels-
weise die Strafrechtsdiskussion der 70er-Jahre aus-
schließlich bestimmt hat, nämlich die Rolle des Täters
im Strafverfahren. Natürlich müssen wir auch die Rolle
des Täters im Strafverfahren berücksichtigen. Herr
Stünker hat deutlich gemacht, dass Beschuldigtenrechte
nicht eingeschränkt werden dürften. Aber ich sage ganz
ehrlich: Wenn ich mir die verschiedenen Möglichkeiten,
die Position des Opfers zu stärken, anschaue, dann stelle
ich fest, dass es nur ganz wenige Punkte gibt, in denen
überhaupt die Gefahr besteht, dass Beschuldigtenrechte
eingeschränkt werden. Die Stärkung der Opferrechte be-
deutet nicht gleichzeitig die Einschränkung von Be-
schuldigtenrechten. Die Rechte der beiden Gruppen soll-
ten wir nicht gegenüberstellen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Selbstverständlich will niemand Beschuldigtenrechte
einschränken, die notwendig sind. Aber wir wollen die
Stärkung der Opferrechte.

Frau Schewe-Gerigk hat einen Aspekt angesprochen,
der auch für mich im Mittelpunkt steht: das Adhäsions-

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(C (D erfahren. Frankreich ist ja nur ein Beispiel dafür, dass as in unseren Nachbarländern ganz selbstverständlich unktioniert. Die deutsche Justiz – ich selbst komme ja us diesem Bereich – will es aber einfach nicht annehen. Deshalb werden wir Druck machen müssen, Frau inisterin, dass dieses Verfahren auch in deutschen Ge ichtssälen Praxis wird. Ein weiterer Punkt, bei dem ich Sorge habe, dass er ängst nicht so angenommen worden ist, wie wir uns das ünschen, ist die Videovernehmung. Die Videovernehung und der Gebrauch von aufgezeichneten Vernehungen können natürlich dazu führen, dass das Opfer icht noch einmal aussagen muss. Eine einmal auf Video estgehaltene Vernehmung dient dann allen weiteren ernehmungen als Grundlage. Das ist gerade bei Kinern eine ganz erhebliche Hilfe; denn sie können nach iner einmaligen Vernehmung vergessen und werden icht mehr durch ständige Vernehmungen an schlimme aten erinnert. Auch hier werden wir Druck auf die Jusiz ausüben müssen, im Interesse der Opfer öfter davon ebrauch zu machen. Ich weiß, dass über ein paar Punkte noch einmal dis utiert werden muss. Dazu gehören für mich in erster Liie – das möchte ich auch deutlich machen – die Fragen etreffend das Jugendrecht. Ich wiederhole das, was ich ereits während der ersten Lesung des CDU/CSU-Geetzentwurfes gesagt habe und worauf der Kollege auder vorhin aufmerksam gemacht hat: Ich halte es icht für einen Widerspruch zu dem pädagogischen Anatz des Jugendrechts, dass sich der bzw. die jugendliche eschuldigte mit dem Opfer auseinander setzen muss nd auch damit, dass das Opfer gegebenenfalls eigene echte geltend macht. n diesem Punkt halte ich den vorliegenden Gesetzenturf für dringend nachbesserungsbedürftig. Auch Juendliche müssen mit dem Opfer und dessen Rechten onfrontiert werden. Ich vermisse sehr – darauf habe ich mehrfach hingeiesen; ich würde mich freuen, wenn hier eine Nachbeserung möglich ist – eine Regelung im Opferentschädiungsgesetz, wonach die psychologische Betreuung der pfer staatlich getragen wird. Wer die Nachund Ausirkungen insbesondere eines Mordes an einem Kind in iner Familie kennt, weiß, dass die betroffene Familie ange darunter leidet und dass sie deshalb dringend der etreuung bedarf. Eine entsprechende Regelung müssen ir in das Opferentschädigungsgesetz aufnehmen. Die pferschutzverbände wie der Weiße Ring weisen uns arauf ständig und nachdrücklich hin. Ich denke, da muss in den Beratungen nachgebessert erden. Ich wiederhole im Namen der Fraktion der FDP: Wir alten das Ganze für eine gute Beratungsgrundlage. Wir lle sollten uns einbringen, um Folgendes zu erreichen: ie Opfer sollen im Strafverfahren nicht das Gefühl haen, noch einmal Opfer zu sein. Jörg van Essen Herzlichen Dank. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)





(A) )


(B) )



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507509300

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Daniela Raab.

Daniela Raab (CSU):
Rede ID: ID1507509400

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen

und Kollegen! Es ist gerade einmal ein halbes Jahr ver-
gangen, seitdem die Unionsfraktion im April den Ent-
wurf eines zweiten Opferschutzgesetzes hier eingebracht
hat und schon liegt prompt – so möchte man meinen –
ein fast gleich lautender Entwurf der Regierungsfraktio-
nen vor. Man freut sich natürlich über so viel Einsicht
– das ist ungewöhnlich – von Ihrer Seite.


(Joachim Stünker [SPD]: Sie haben nicht zugehört!)


– Sie brauchen mich nicht schon jetzt zu unterbrechen. –
Man liest dieses Werk, freut sich und stellt erstaunt fest:
Es wurde abgeschrieben, und das auch noch schlecht.


(Widerspruch bei der SPD – Joachim Stünker [SPD]: Das ist doch glatt gelogen! Die lügt hier rum!)


Der von der CDU/CSU-Fraktion im April vorgelegte Ge-
setzentwurf und der Entwurf des Bundesrates aus dem
Jahr 2000 haben eigentlich schon frühzeitig den richtigen
Weg aufgezeigt. Dies gilt im Übrigen für so vieles, das
von uns im Bereich Opferschutz schon früher umgesetzt
wurde. Anstatt jetzt aus unserem Entwurf abzuschreiben,
hätten Sie damals gleich zustimmen können.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Warum haben Sie sich überhaupt noch die Mühe ge-

macht, aus unserem praxisnahen und vor allem opferori-
entierten Entwurf ein solches Stückwerk zu machen?


(Joachim Stünker [SPD]: Wissen Sie überhaupt, wovon Sie reden? Wer hat Ihnen denn die Rede aufgeschrieben?)


Ich habe noch immer die Hoffnung, dass Sie sich spätes-
tens bei der für Dezember geplanten Expertenanhörung
davon überzeugen lassen, dass Sie auch noch die letzten
Punkte aus unserem Entwurf in Ihren übernehmen oder
Ihre Fehler korrigieren.

Zum Adhäsionsverfahren ist schon vieles gesagt
worden. Auch in diesem Punkt war unser Entwurf weit-
reichender und besser;


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weitreichender, aber nicht besser!)


aber auch dieser Punkt ist Ihrer halbherzigen Abkupfe-
rung zum Opfer gefallen.


(Zurufe des Abg. Joachim Stünker [SPD])

Ich möchte jedoch nicht nur über das sprechen, was

Sie schlecht abgeschrieben haben,

(Anhaltende Zurufe des Abg. Joachim Stünker [SPD])


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(C (D ondern auch über das, was Sie – aus welchem Grund uch immer – gar nicht übernommen haben. Vielen Dank. (Joachim Stünker [SPD]: Das regt doch auf! Wenn man sich so etwas anhören muss, kann man nicht ruhig bleiben!)


(Glocke der Präsidentin)


Das macht ja nichts, Herr Stünker. Wir wissen schon,
ass Sie sich schnell aufregen.

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507509500

Herr Kollege Stünker, bitte!


(Joachim Stünker [SPD]: Entschuldigen Sie, Frau Präsidentin!)



Daniela Raab (CSU):
Rede ID: ID1507509600

Nach Ihrem Entwurf können weiterhin Kopien von
ild- und Tonaufzeichnungen einer Opfervernehmung
n den Verteidiger herausgegeben werden. Unser Ent-
urf sah ganz klar die notwendige Zustimmung des Op-
ers vor; denn in dessen Persönlichkeitsrecht wird damit
un einmal massiv eingegriffen. Die von Ihnen hier vor-
eschlagene Formulierung des § 58 a StPO ist in meinen
ugen unklar und beseitigt in keiner Weise die noch im-
er vorhandenen Missstände. Lesen Sie also besser noch
inmal in unserem Entwurf nach! Dann wird es besser!
Wir haben außerdem vorgeschlagen – auch Kollegin
oll wird darauf eingehen –, dass kindliche Opferzeu-
en in einem Prozess vom Vorsitzenden in einem separa-
en Raum vernommen werden können. Das halten wir
ür sehr wichtig; denn erste praktische Erfahrungen mit
em Zeugenschutzgesetz aus dem Jahre 1998 zeigen
ns, dass bei der noch immer gängigen Vernehmungs-
raxis insbesondere den Belangen kindlicher Opferzeu-
en nicht ausreichend Rechnung getragen wird. Auch
ier gilt: Unser Entwurf beseitigt Lücken, Ihrer nicht.
Sie hätten bei Ihren eigenen Ideen durchaus darauf

erzichten können, die Normierung eines Rechts- und
ooperationsgesprächs zwischen allen Verfahrensbe-
eiligten – zum Beispiel im Ermittlungsverfahren – vor-
unehmen. Es erscheint beinahe grotesk, die vollkom-
en unterschiedlichen Interessen quasi an einem runden
isch schon zu solch einem frühen Zeitpunkt zusam-
enführen zu wollen. Wozu soll das führen?
Der Täter möchte immer im besten Licht erscheinen,

m eine für ihn günstige Entscheidung herbeizuführen.
ein Verteidiger wird ihn dabei unterstützen. Staatsan-
altschaft und Gericht sollen die objektive Wahrheit he-
ausfinden und ein materiell richtiges Urteil fällen. Das
pfer erwartet in erster Linie Gerechtigkeit und Genug-
uung. In meinen Augen sind das Interessen, die sich
aum zusammenführen lassen. Wieso führt man dann
olch eine Sollvorschrift ein? Sie ist in meinen Augen
berflüssig. Es ist in der Praxis gängig, dass solche Ge-
präche – zum Beispiel über die Reduzierung des Ver-
ahrensstoffes – geführt werden. Auch diese Vorschrift
st im Prinzip unnötig.
Auch wenn es Herrn Stünker wieder ärgert: Abschrei-

en ist zwar schön und gut; aber es fällt früher oder spä-






(A) )



(B) )


Daniela Raab

ter auf. Es ist uns jetzt aufgefallen. Sie haben noch ver-
sucht, Ihren Entwurf durch das Einbringen eigener Ideen
von unserem unterscheidbar zu machen. Der Versuch ist
Ihnen, wenn Sie so wollen, gelungen; denn die Unter-
schiede sind praxisfern, irrelevant und schlicht un-
brauchbar.

Zuletzt möchte ich Ihnen aber doch noch ein Lob aus-
sprechen – Sie werden sich wundern –: Sie halten es in
diesem Fall wie die Schüler. Sie schreiben von den Bes-
seren ab.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Alfred Hartenbach [SPD]: Können Sie mal deutsch reden? Das haben wir nicht verstanden! Ich wollte gern mitklatschen! – Gegenrufe von der CDU/CSU: Dafür haben Sie gut dazwischengerufen! – Herr Hartenbach war ganz friedlich! – Hartenbach war heute vorbildlich! – Unruhe)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507509700

Liebe Kolleginnen und Kollegen, aus gegebenem An-

lass möchte ich jetzt doch einmal sagen, dass ich insbe-
sondere bei jungen weiblichen Abgeordneten den Zwi-
schenruf „Wer hat Ihnen denn die Rede aufgeschrieben?“
etwas chauvinistisch finde.


(Beifall bei der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Das Wort hat jetzt die Frau Bundesministerin Brigitte
Zypries.


(Daniela Raab [CDU/CSU]: Vorsicht! Das ist auch eine Frau! – Zuruf von der CDU/CSU: Jetzt sind wir auch vorsichtig! – Weitere Zurufe)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1507509800

Ich kann Ihnen sagen, wer mir das aufgeschrieben

hat, wenn Sie es wissen möchten.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU)


Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist
jetzt schon mehrfach betont worden, dass wir mit diesem
Gesetz die Position der Opfer im Strafprozess eindeu-
tig verbessern. Bei allem Streit, der noch zu Einzelheiten
besteht, sollten wir uns in dieser Gesamteinschätzung ei-
nig sein und versuchen, den Streit ein bisschen tiefer zu
hängen; denn Gegenstand des Entwurfs und Gegenstand
der Aussprache sind Menschen und die Rechte der Men-
schen, die Opfer von Straftaten geworden sind und die
im Strafprozess als Opfer einem Beschuldigten, einem
Angeklagten gegenüberstehen. Es sind Menschen, denen
Leid an Körper, an Seele oder Besitz zugefügt wurde.
Sie können erwarten, dass sich der Staat ihrer mit Würde
und Respekt annimmt.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


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(C (D eswegen meine Bitte: Lassen Sie uns trotz aller noch estehenden Unterschiede eine angemessene, sachliche ebatte führen und uns bemühen, die Profilierung hintnzustellen. Der Weiße Ring hat in seiner letzten Presseerklärung o schön formuliert: Der Weiße Ring fordert nach der Kabinettsentscheidung für eine nachdrückliche Stärkung der Opferrechte im Strafverfahren die zügige und konsequente Umsetzung der lange überfälligen Reformen. „Das Thema Opferschutz ist weder regional aufteilbar, noch darf es parteipolitischem Kalkül ausgesetzt werden“ … em kann ich mich nur anschließen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es geht um vier wesentliche Punkte, die hier schon

enannt worden sind:
Erstens. Die Belastungen der Verletzten sollen verrin-

ert werden, das heißt, Mehrfachvernehmungen sollen
ermieden werden. In dem Entwurf der CDU/CSU ist
ine Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes dahin
ehend, dass gleich Anklage beim Landgericht erhoben
erden kann, nicht vorgesehen. Wir glauben aber, dass
s in bestimmten Fällen ein erheblicher Opferschutz sein
ann, wenn wir nur eine einmalige Vernehmung vorse-
en. Mit der Revision zum Bundesgerichtshof bleibt
uch dann ein Rechtsmittel erhalten. Damit tun wir einen
ntscheidenden Schritt. So erreichen wir, dass die noch-
alige Vernehmung von Opfern vermieden wird.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Auch in den Fällen, die ihren Ausgang beim Amtsge-
icht nehmen, werden wir zu einer Reduzierung der Zahl
er Vernehmungen kommen. Die Ergebnisse sollen nicht
ehr wie bisher nur schriftlich protokolliert werden,
ondern wir wollen eine Aufzeichnung auf Tonträger
nsgesamt, sodass das Ganze auch wieder abgehört wer-
en kann.
Zum Streitpunkt „Mainzer Modell, ja oder nein?“.

ch habe schon in der Befragung der Bundesregierung
esagt, dass das 1998 ausdrücklich und sehr umfänglich
iskutiert worden ist. Es gab damals gute Gründe, das
odell nicht einzuführen. Diese Gründe bestehen mei-
es Erachtens fort. Insofern gibt es eben ein Dilemma.
uf der einen Seite ist die vertrautere Verhandlungsposi-
ion, die Sie auch hervorheben – der Richter sitzt mit
em Kind in einem Raum und kann anders auf das Kind
ingehen, wobei ich in Klammern hinzufüge: so er das
ann; das muss nicht immer so sein –, und auf der ande-
en Seite gibt es die rechtsstaatlichen Bedenken, dass
ämlich der Vorsitzende die Verhandlung nicht richtig
eiten kann, weil er nicht mehr im Saal ist. Es stellt sich
ie Frage, ob man dem Anspruch der Strafprozessord-
ung, dass das Gericht aus der Hauptverhandlung heraus
rteilen muss, überhaupt noch gerecht werden kann. Das






(A)



(B) )


Bundesministerin Brigitte Zypries

waren die rechtsstaatlichen Bedenken, die seinerzeit ge-
gen das Mainzer Modell sprachen.

Wir wollen jetzt etwas anderes einführen. Mir scheint
es so zu sein, dass die Länder damit einverstanden sind.
Zumindest haben wir von keinem Bundesland die Rück-
meldung bekommen, dass es statt unseres Vorschlags
lieber das Mainzer Modell will. Es spricht also doch ei-
niges dafür, dass die Länder das inzwischen als richtig
erkannt haben.

Der zweite Punkt ist die Stärkung der Verfahrens-
rechte von Verletzten. Der Opferanwalt ist erwähnt wor-
den. Frau Schewe-Gerigk hat auch schon darauf hinge-
wiesen, dass wir die Nebenklagemöglichkeiten für
Frauen, die zum Beispiel Opfer von Prostitution oder
Zuhälterei geworden sind, erweitern werden. Das ist,
wie ich glaube, ebenso wichtig wie die Erweiterung der
Rechte ausländischer Opfer. Dies soll dadurch gesche-
hen, dass nebenklageberechtigte Personen, die der deut-
schen Sprache nicht mächtig sind, Anspruch darauf ha-
ben, unentgeltlich einen Dolmetscher zu erhalten, und
zwar nicht nur auf Nachfrage.

Ein weiterer Gesichtspunkt ist die Möglichkeit, eine
Person des Vertrauens in das Verfahren einzuführen,
die auch schon bei den Ermittlungsgesprächen als Stütze
dabei sein darf. Das kann jemand aus der Familie sein,
jemand Befreundetes oder eine Person, die psychologi-
sche Beratung wahrnimmt. Da muss dann jede und jeder
für sich selber entscheiden, wer es sein wird. Das stellt
eine deutliche Verbesserung gegenüber der jetzigen
Rechtslage dar. Im Moment ist es ja so, dass derjenige,
der die Vernehmung leitet, darüber entscheidet und nicht
das Opfer selbst. Diesen Grundsatz drehen wir also um.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Drittens werden wir die Möglichkeiten des Adhä-
sionsverfahrens verbessern. Damit wollen wir den Ver-
letzten den zusätzlichen Gang vor das Zivilgericht erspa-
ren. Auch das ist schon mehrfach erwähnt worden.
Entgegen der bisherigen Praxis sehen wir eine Art Um-
kehrung vor, die übrigens in Ihrem Entwurf fehlt. Viel-
leicht lesen Sie, meine Kolleginnen und Kollegen von
der CDU/CSU, das noch einmal nach. Unser Ziel ist es,
die bisherigen Entscheidungsformen über den zivilrecht-
lichen Schadensersatzanspruch hinaus zu erweitern. Wir
wollen noch ein Anerkenntnisurteil einführen und auch
einen vollstreckbaren Vergleich über die Ansprüche des
Verletzten aus der Straftat ermöglichen.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507509900

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen

Kauder?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1507510000

Ja, in der Hoffnung, dass ich sie beantworten kann.

Falls wieder streitige Absätze zitiert werden, kann ich
das nicht garantieren.


Siegfried Kauder (CDU):
Rede ID: ID1507510100

Frau Justizministerin, würden Sie bitte zur Kenntnis

nehmen, dass wir eine Entscheidung des Gerichts über

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(C (D ie Zulassung des Adhäsionsverfahrens nicht brauchen, eil wir bei besonders schweren Straftaten eine besonere Verletztheit des Opfers unterstellen und unser Enturf in diesen Fällen das Adhäsionsverfahren zwingend orsieht? Ich bitte auch zur Kenntnis zu nehmen, dass wir des alb das Problem bezüglich des Rechtsmittelweges, das ie in Ihrem Entwurf nicht gelöst haben, nicht haben. Ich abe inzwischen selbst Überlegungen angestellt. Es ist ußerordentlich schwer, den Rechtsmittelweg in den riff zu bekommen. Ich kann Sie, Herr Kollege Stünker, beruhigen: Wenn ie sich vertrauensvoll an mich wenden, werde ich Ihnen ie Lösung des Problems nennen. (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eine Frage haben wir nicht gehört!)


(Joachim Stünker [SPD]: Das ist keine Frage!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1507510200

Herr Kauder, ich halte es für sehr schwierig, dem Op-

er – und damit dem zivilrechtlich Geschädigten – eine
estimmte Verfahrensart aufzuzwingen.


(Widerspruch des Abg. Siegfried Kauder [Bad Dürrheim] [CDU/CSU])


Das ist das, was Sie vorsehen; das haben Sie eben refe-
iert. Sie haben gesagt, in bestimmten Fällen muss das
dhäsionsverfahren durchgeführt werden. Das heißt
ichts anderes, als dass das – –


(Siegfried Kauder [Bad Dürrheim] [CDU/ CSU]: Nur auf Antrag!)


Jetzt kann ich auch noch einmal ausreden.

(Siegfried Kauder [Bad Dürrheim] [CDU/ CSU]: Nur auf Antrag! – Joachim Stünker [SPD]: Frau Präsidentin, er ist gar nicht dran!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507510300

Das Wort hat jetzt die Justizministerin.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1507510400

Okay, auf Antrag muss es durchgeführt werden. Des-
egen brauchen Sie keine Rechtsmittel. Das ist eine
öglichkeit, die man erwägen kann.
Wir meinen, dass das Rechtsmittelproblem lösbar ist,
enngleich ich Ihnen zugestehe, dass wir daran noch ar-
eiten müssen. Wir haben aber inzwischen vom Deut-
chen Richterbund die Stellungnahme erhalten, dass er
it diesem Vorgehen sehr einverstanden ist und es für ei-
en richtigen Weg hält, um das Adhäsionsverfahren bes-
er handhabbar werden und häufiger zur Anwendung
ommen zu lassen. Das fehlt uns ja im Moment. Wir kön-
en in der Anhörung gerne darüber diskutieren, ob wir
it Ihrem Vorschlag weiterkommen oder ob wir es schaf-
en, die Rechtsmittelfrage so zu regeln, dass der von Ih-
en zitierte doppelte Gang zum Gericht nicht erfolgt.
Als vierten Punkt würde ich gerne noch die Informa-

ion der Opfer über ihre Rechte im Strafverfahren und
ber den Ablauf desselben erwähnen. Wir wollen künf-
)






(A) )



(B) )


Bundesministerin Brigitte Zypries

tig informieren über die Einstellung eines Verfahrens,
über die Entscheidung der Eröffnung einer Hauptver-
handlung, den Sachstand des Verfahrens und auch über
die Folgeentscheidungen, das heißt: Wann rückt der
dann Verurteilte in Haft ein? Gibt es Vollzugslockerung?
Wann wird er entlassen? Das ist ein Punkt, der übrigens
auch in Ihrem Gesetzentwurf fehlt, wenn ich das nicht
übersehen haben sollte.

Aufgrund der Punkte, die ich jetzt genannt habe,
meine ich, Herr Kauder, dass man nicht mit einer so pau-
schalen Kritik sagen kann, dass unser Entwurf nicht um-
fassender sei als Ihrer.


(Siegfried Kauder [Bad Dürrheim] [CDU/ CSU]: Nicht umfassend genug!)


Ich glaube, es ist schon richtig, wenn wir sagen, dass wir
einige Punkte mehr geregelt haben.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Einige mehr und einige weniger! – Siegfried Kauder [Bad Dürrheim] [CDU/CSU]: Zum Jugendstrafrecht höre ich gleich noch was?)


– Zum Jugendstrafrecht kommt gleich noch etwas.
Wir halten die Informationspflicht für wichtig, weil es

für die Opfer eine furchtbare Situation sein kann, wenn
sie unvorbereitet auf der Straße ihrem früheren Peiniger
entgegentreten müssen. Diese Situation wollen wir künf-
tig gerne vermeiden.

Wir verbessern also insgesamt die Lage der Opfer.
Dabei wahren wir – wie Herr Stünker richtig gesagt hat –
die Verfahrensrechte der Angeklagten und den Charakter
des Strafverfahrens; denn im Vordergrund steht – auch
darauf hat Herr Stünker hingewiesen –, den Strafan-
spruch des Staates durchzusetzen. Auch aus diesem
Grund kann dem Opfer durch das Strafverfahren nicht
unbedingt geholfen werden, wenngleich es für manche
Opfer sicherlich auch zur Verarbeitung der Straftat ge-
hört, den Strafprozess mit zu durchleben.

Ich möchte noch auf einige Punkte außerhalb der Ge-
setzgebung eingehen, die für die Opfer wichtig sind. Das
ist zum Beispiel die Betreuung von Zeugen vor und
während eines Strafprozesses. Während dieser Zeit sind
persönliche Ansprache und Zuwendung ganz besonders
wichtig. Das gilt natürlich in besonderem Maße für Op-
fer von sexueller Gewalt sowie für kindliche und jugend-
liche Opferzeugen. Diese verdienstvolle Arbeit wird in
Deutschland durch Zeugenbetreuungsstellen und Ein-
richtungen der Opferhilfe in privater und öffentlicher
Trägerschaft geleistet. Ich möchte die Gelegenheit nut-
zen, all denen, die mit viel Engagement und Idealismus
und sehr oft ehrenamtlich daran beteiligt sind, für ihren
Einsatz ganz herzlich zu danken und ihnen unsere Aner-
kennung auszusprechen.


(Beifall im ganzen Hause)

Danken möchte ich auch den Ländern, die mit finan-

ziellem und organisatorischem Einsatz bei der Einrich-
tung oder Förderung von Zeugenberatungsstellen sehr

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(C (D iel geleistet haben. Ich ermutige sie, trotz der knappen ffentlichen Haushalte in ihren Bemühungen nicht nachulassen. Wir haben, um Opfer zu informieren, eine Opferfibel erausgegeben, bundesweit verfügbar und jetzt bereits in weiter Auflage erschienen. Sie ist auch über das Interet abrufbar. Die Nachfrage nach dieser Opferfibel war ehr groß. Aufgrund der guten Erfahrungen möchte ich un eine spezifische Opferfibel für kindliche Opfer erareiten lassen, die sich damit auseinander setzt: Wie kann an Kindern Strafverfahren näher bringen? Wie kann an ihnen erklären, was dabei auf sie zukommt und woauf sie sich einstellen müssen? Welche Rechte haben sie n diesem Verfahren? Viele kindliche Opferzeugen haen schließlich Hemmungen, über das Erlebte zu sprehen; sie wissen nicht genau, was sie erwartet. Dieses Projekt haben wir in Angriff genommen. Bei er Justizministerkonferenz letzte Woche habe ich die änder eingeladen, sich daran zu beteiligen – nicht fianziell, sondern an der Erarbeitung der Texte. (Beifall der Abg. Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Meine Damen und Herren, ich bin sicher, dass wir
ithilfe der Sachverständigenanhörung, die für den
0. Dezember anberaumt ist, einige der noch offenen
unkte klären können. Dann werden wir auch darüber zu
iskutieren haben, ob und in welcher Form es einer Ne-
enklage im Jugendstrafprozess bedarf. Dazu habe ich,
hrlich gesagt, in Ihrem Gesetzentwurf nichts gefunden.
ielleicht habe ich es ja übersehen.


(Joachim Stünker [SPD]: Steht nicht drin! – Siegfried Kauder [Bad Dürrheim] [CDU/ CSU]: Was bei uns nicht drinsteht, nehmen Sie nicht auf?)


Ich habe es als Vorwurf empfunden, dass wir Ihre
exte nicht übernommen hätten. Aber wenn dieser
spekt in Ihrem Text gar nicht steht, kann ich auch nicht
arauf eingehen.


(Siegfried Kauder [Bad Dürrheim] [CDU/ CSU]: Dann nehmen Sie es jetzt bitte als Gedankengut mit! – Joachim Stünker [SPD]: Die haben doch alles abgeschrieben!)


Wir können gerne darüber diskutieren. Bei den spezi-
ischen Fällen, die Sie, Herr Kauder, genannt haben,
üsste man im Zweifel immer Rücksicht auf das
chwächste Glied und damit auf den jugendlichen Ange-
lagten nehmen. Bei der Dreierkombination, die Sie dar-
estellt haben, sehe ich, ehrlich gesagt, kein Problem; da
ann ich Ihre Worte auch nicht als Kritik anerkennen.
Ob das generell erforderlich und möglich ist, darüber

ollten wir diskutieren. Sie wissen, dass es in der Wis-
enschaft gewichtige Stimmen gibt, die das aus dem
rundgedanken des Erziehungsanspruchs im Jugend-
trafrecht nicht für richtig halten. Von daher werden wir
ie Sachverständigen brauchen, um in dieses kontrovers
ebattierte Themenfeld etwas Licht zu bringen. Das wird
ns gelingen. Ich kann Ihnen versichern, dass es wie bei






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(B) )


Bundesministerin Brigitte Zypries

allen anderen Gesetzesvorhaben ist: Wir haben ein Inte-
resse an sachgerechten Lösungen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507510500

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Norbert Röttgen.

Dr. Norbert Röttgen (CDU):
Rede ID: ID1507510600

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol-

legen! Der Gesetzentwurf der Koalition wird von der
CDU/CSU-Fraktion sowohl mit Erleichterung als auch
mit Enttäuschung aufgenommen. Die Erleichterung folgt
aus der Tatsache, dass eine jahrelange Verweigerungs-
haltung von SPD und Grünen auf dem Gebiet des Opfer-
schutzes nunmehr beendet ist.

Die Entstehungsgeschichte dieses Gesetzes, über
das wir heute debattieren, ist über vier Jahre alt; sie hat
1999 begonnen. Sie haben die gesamte vergangene Le-
gislaturperiode vertan, was zur Folge hatte, dass dieser
Gesetzentwurf dem Prinzip der Diskontinuität zum Op-
fer gefallen ist. Auf dem Gebiet des Opferschutzes saßen
Sie vier Jahre lang im Bremserhäuschen. Auch darüber
muss heute geredet werden.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Es muss nicht deswegen darüber geredet werden, weil

wir das Bedürfnis haben, Recht zu bekommen, sondern
deswegen, weil in den vergangenen vier Jahren die Op-
fer nicht in den Genuss der Rechte und Möglichkeiten
gekommen sind, die wir heute fast übereinstimmend für
notwendig halten. Die Opfer sind die Verlierer Ihrer Un-
tätigkeit, meine Damen und Herren von Rot-Grün.


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das ist das Problem!)


Das muss heute einmal gesagt werden.

(Beifall bei der CDU/CSU – Alfred Hartenbach [SPD]: Und in den 16 Jahren davor?)

– In den 16 Jahren davor – ich habe das in der letzten
Debatte zu diesem Thema gesagt; Herr Kollege van
Essen hat es heute angesprochen – ist sehr viel auf dem
Gebiet des Opferschutzes geschehen.


(Joachim Stünker [SPD]: Das stimmt überhaupt nicht!)


1994 wurde das Opferschutzgesetz verabschiedet und
1998 gab es die Regelungen zum Zeugenschutz. Lesen
Sie es nach! CDU/CSU und FDP waren immer die füh-
renden Fraktionen auf dem Gebiet des Opferschutzes.


(Joachim Stünker [SPD]: Das ist doch nicht wahr!)


Bis auf Kleinigkeiten haben Sie bislang nichts getan.
Das ist die reine Wahrheit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Opferschutz ist immer eines unserer Hauptthemen ge-

wesen. Wir freuen uns wirklich, dass Sie dieses Thema
entdeckt haben. Bei aller Freude muss ich dennoch sa-
gen, dass auch Enttäuschung mitschwingt.

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(C (D Es ist schon angesprochen worden: Seit über einem alben Jahr liegt ein umfassender Gesetzentwurf der DU/CSU-Fraktion vor. Diesen Gesetzentwurf, den ir nie der Diskussion entziehen wollten, haben wir icht erarbeitet. Er stammt aus dem Bundesrat, initiiert on der sozialdemokratischen Justizsenatorin Peschelutzeit. Daran schloss sich eine breite Debatte im Bunesrat an. Die Frage ist, warum Sie so lange gebraucht aben, sich dieser breiten Koalition für mehr Opferchutz anzuschließen. Sie regen sich gelegentlich auf, wenn wir Sie kritisie en. Ich will deshalb die Regierung zu Wort kommen assen. Angesichts dieser Äußerung ist es völlig unvertändlich, warum so lange nichts passiert ist. Ich zitiere rau Zypries aus der Regierungsbefragung vom . November 2003: Es liegt zum Beispiel ein Entwurf der CDU/CSUFraktion vor, dessen wesentliche Punkte sich in unserem Gesetzentwurf wiederfinden … Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des ollegen Stünker? Ja, bitte. Bitte sehr. Herr Kollege Dr. Röttgen, da ich mich sehr erregt abe, als es vorhin um das Thema Abschreiben ging die Frau Präsidentin hat mich wegen meiner Reaktion erügt; aber das ist ein anderes Thema –, möchte ich Sie ragen: Stimmen Sie mir zu, dass Grundlage Ihres Geetzentwurfs, den wir im Mai diskutiert haben, der Geetzentwurf der Freien und Hansestadt Hamburg geween ist, der in der 14. Legislaturperiode eingebracht orden ist? Sie haben also diesen Entwurf nur übernomen. Ich freue mich sehr über diese Frage und möchte dar uf in zweierlei Hinsicht antworten. Erstens. Ich habe vorhin ausdrücklich erklärt, dass ir für unseren Gesetzentwurf kein Urheberrecht in Anpruch nehmen. Auch bei der Einbringung im Mai habe ch darauf hingewiesen, dass unser Beitrag in Bezug auf iesen Gesetzentwurf darin liegt, dass wir ihn sozusagen us der Diskontinuitätsfalle herausgeholt haben und ihn ieder eingebracht haben. (Manfred Grund [CDU/CSU]: Das hat er gesagt! Beim ersten Hinhören wäre es schon zu verstehen gewesen!)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507510700
Dr. Norbert Röttgen (CDU):
Rede ID: ID1507510800
Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507510900
Joachim Stünker (SPD):
Rede ID: ID1507511000
Dr. Norbert Röttgen (CDU):
Rede ID: ID1507511100

Ich habe ausdrücklich gesagt, das Positive an diesem
esetzentwurf ist, dass er von einer breiten Koalition ge-
ragen wird. Sozialdemokratisch regierte Länder haben
hn unterstützt. Ich habe in diesem Zusammenhang Frau






(A) )



(B) )


Dr. Norbert Röttgen

Peschel-Gutzeit erwähnt, die nicht Mitglied unserer Par-
tei ist.


(Zuruf des Abg. Joachim Stünker [SPD])

– Zum Thema Abschreiben komme ich noch. – Ich habe
ferner gesagt, dass darin die Chance liegt, einen Konsens
zu finden.


(Abg. Joachim Stünker [SPD] nimmt seinen Platz wieder ein)


– Ich bin mit der Beantwortung Ihrer Frage noch nicht
fertig. Ich darf Sie also bitten, stehen zu bleiben. – Ich
komme gleich darauf zu sprechen, wie Sie auf dieses
Angebot reagiert haben.

Zweitens. Sie haben der Kollegin Raab in Ihrer Erre-
gung – das habe ich nicht anders erwartet – nicht richtig
zugehört. Denn der primäre Vorwurf der Kollegin Raab
an Sie war nicht, dass Sie unsere Vorschläge übernommen
haben, dass Sie abgeschrieben haben. Unsere Vorschläge
werden dadurch nicht falsch, dass Sie sie übernehmen.
Der Vorwurf ist, dass Sie schlecht abgeschrieben haben,
meine Damen und Herren. Sie haben eine schlechte Ko-
pie erstellt.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Das ist unser Vorwurf, den wir Ihnen machen, und das ist
auch das Enttäuschende.


(Alfred Hartenbach [SPD]: Es geht doch gar nicht schlechter!)


– Doch, Sie schaffen es immer wieder, schlecht abzu-
schreiben. An sich ist das relativ schwer, da gebe ich Ih-
nen Recht, Herr Kollege.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507511200

Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

Dr. Norbert Röttgen (CDU):
Rede ID: ID1507511300

Ja.

Joachim Stünker (SPD):
Rede ID: ID1507511400

Herr Kollege Röttgen, würden Sie mir bestätigen,

dass ich bereits im Mai hier vorgetragen und darauf hin-
gewiesen habe – Sie können das im Protokoll der Sit-
zung nachlesen; mich erbost der Vorwurf des Abschrei-
bens, weil er in der Tat einfach falsch ist –, dass alle
Punkte, die jetzt in Ihrem Entwurf stehen, auch Gegen-
stand des Eckpunktepapiers sind, das Rot-Grün in der
14. Legislaturperiode vorgelegt hat?


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Soweit sie vernünftig waren!)


Können Sie das bestätigen?

Dr. Norbert Röttgen (CDU):
Rede ID: ID1507511500

Ich werde jetzt nicht wieder durch die Beantwortung

Ihrer Frage Redezeit in Anspruch nehmen. Wenn Sie da-
mit einverstanden sind, werde ich Sie aus der Debatte
am 8. Mai gleich zu Wort kommen lassen. Ich werde die
Kritik vortragen, die Sie damals an unserem Entwurf ge-
übt haben, von dem Sie jetzt behaupten, er sei im We-

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(C (D entlichen identisch mit Ihrem heutigen Entwurf. Ich erde zitieren, wie Sie ihn damals kritisiert haben; denn as ist die Kritik, die Sie eigentlich an dem Entwurf der undesministerin üben. Ich betone es noch einmal. Die Bundesministerin agt, wesentliche Punkte seien identisch. Mit welchen ründen haben Sie, obwohl die Gesetzentwürfe in weentlichen Punkten identisch sind, unseren Entwurf daals zurückgewiesen? Von den Gründen haben Sie sich eute nicht distanziert, sondern Sie haben sie gerade soar wieder vorgetragen. Darum will ich jetzt einmal Stünker zitieren. Der dressat ist allerdings heute nicht mehr Röttgen, sonern Zypries, weil das Gesetz im Wesentlichen gleich st. Es geht auch um den Einwand an der Methode, denn ie haben ja nicht nur den Inhalt, sondern auch die Mehode kritisiert. Sie haben nämlich gesagt, man könne as Ganze nicht punktuell machen. Jetzt zitiere ich tünker aus der Debatte: … denn eine Strafprozessordnung können Sie nicht stückweise ändern, wie Zypries es jetzt macht – sonst passt nachher nichts mehr zusammen … wir werden Ihnen noch im Herbst dieses Jahres eine umfassende Novellierung der Strafprozessordnung … vorlegen. Meine Damen und Herren, ich frage: Wo ist die umassende Novellierung der Strafprozessordnung? Die haen Sie nicht vorgelegt. Sie haben sie angekündigt und aben es wieder nicht geschafft. Ich zitiere weiter Stünker. (Zuruf des Abg. Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich zitiere gleich auch Sie, Kollege Montag. Stellen
ie sich schon einmal darauf ein. – Jetzt zitiere ich aber
tünker und richte das damit an Frau Zypries:

Teillösungen geben den Menschen im Ergebnis
Steine statt Brot. Das ist blinder Aktionismus,
Rechtspolitik, die nicht durchdacht ist und nur ta-
gespolitisch opportun erscheint …

Das ist die Kritik, die Sie im Mai 2003 an einem Ge-
enstand geübt haben, der zu 80 Prozent identisch ist mit
em, was Sie jetzt selber einbringen, meine Damen und
erren. Sie haben ein Glaubwürdigkeitsproblem in
ieser Frage.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Auch der Kollege Montag hat Ihnen zugestimmt. Ich

itiere auch ihn:
Herr Röttgen, Opferschutz wird von uns so ge-
macht werden, wie der Kollege Stünker es skizziert
hat. Diesen Gesetzentwurf

der im Wesentlichen identisch ist –






(A) )



(B) )


Dr. Norbert Röttgen

werden wir mit Ihnen sicherlich nicht weiterverfol-
gen.

Herr Montag, jetzt sind Sie doch bei der Verfolgung da-
bei.

Sie haben ein massives Erklärungsproblem im Hin-
blick auf die Aussagen, die Sie noch vor einem halben
Jahr gemacht haben. Das ist das, was ich kritisiere. Der
Ton in der heutigen Debatte, den alle Koalitionsredner
angeschlagen haben – sensibel, sachlich, die Opfer beto-
nend –, steht in einem völligen Gegensatz zu dem Ton,
den Sie in der Debatte angeschlagen haben, in der wir
unseren Gesetzentwurf vorgelegt haben. Das ist Ihr Pro-
blem, das haben Sie zu verantworten.


(Beifall bei der CDU/CSU – Michaela Noll [CDU/CSU]: Das stimmt! – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Seien Sie doch nicht so beleidigt!)


– Ich bin nicht beleidigt. – Hier geht es um die Art und
Weise, wie Rechtspolitik gemacht wird. Das ist meine
letzte Bemerkung, mit der ich Kritik üben möchte. Es
geht um die Art und Weise, wie Sie Rechtspolitik ma-
chen, und die müssen Sie ändern.

Es immer das gleiche rot-grüne Muster:
Erstens. Die CDU/CSU macht einen Vorstoß. In die-

sem Fall waren Sie völlig unvorbereitet.
Zweitens. Bei besonders guten Initiativen sehen Sie

sich veranlasst, besonders heftig zurückzuweisen, und
zwar nicht mit Argumenten, sondern mit der Ankündi-
gung eines großes Vorhabens.

Dritte Stufe: Sie arbeiten an diesem großen Vorhaben
– das nehme ich Ihnen ab – und Sie scheitern daran. Sie
haben es doch in Wahrheit wieder nicht geschafft, eine
umfassende Novellierung zu erreichen. Sie haben daran
gearbeitet, aber Rot und Grün waren sich wieder nicht
einig.

Viertens. Es kommt am Ende die schlechte Kopie der
CDU/CSU-Entwürfe.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)


Meine Damen und Herren, hören Sie auf, so Rechts-
politik zu machen. Nehmen Sie nicht immer nur
schlechte Kopien, nehmen Sie die besseren Originale der
CDU/CSU, wir werden Sie da weiterhin antreiben. Dann
wird bei Ihrer Rechtspolitik am Ende wenigstens noch
ein bisschen herauskommen. Sie selber kriegen ja nichts
hin.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507511600

Nächste Rednerin ist die Kollegin Michaela Noll,

CDU/CSU-Fraktion.

Michaela Tadjadod (CDU):
Rede ID: ID1507511700

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Op-
ferschutz ist eine Thematik, die uns allen wirklich am

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(C (D erzen liegt. In diesem Punkt besteht, glaube ich, Konens in diesem Haus. Nur, der entscheidende Anstoß zur Verbesserung der echte von Verletzten im Strafverfahren – da können Sie ich drehen und wenden, wie Sie wollen – ist von uns geommen. Dankenswerterweise haben Sie das selber – Frau inisterin, jetzt muss ich Sie ansprechen – in der Regie ungsbefragung der letzten Woche eingeräumt. Sie haen nämlich wörtlich gesagt – das hat gerade auch mein ieber Kollege Röttgen betont –: Es liegt … ein Entwurf der CDU/CSU-Fraktion vor, dessen wesentliche Punkte sich in unserem Gesetzentwurf wiederfinden … Da muss ich Sie fragen: Sie haben sechs Monate daür gebraucht, um einen ähnlichen Entwurf vorzulegen? ber ich sage immer: Nicht die Hoffnung aufgeben, beser spät als nie! Leider sind Sie auch in diesem Entwurf n wesentlichen Punkten hinter unseren Forderungen zuückgeblieben; vieles davon haben meine Kollegen beeits erwähnt. Liebe Frau Ministerin, ich lasse nicht locker, wenn es m das Mainzer Modell geht. Ich glaube, niemand in iesem Hohen Hause wird in Abrede stellen, dass die urchführung eines Strafverfahrens für jedes Opfer eine roße Belastung ist. Bei erwachsenen Zeugen ist es hinehmbar – da stimme ich zu –, dass der Vorsitzende im erichtsaal bleibt und die Vernehmung des Zeugen geebenenfalls über Videotechnik erfolgt. Aber etwas anderes muss gelten, wenn es sich um indliche Opferzeugen handelt. Ich möchte erneut – desegen stehe ich heute wieder an dieser Stelle – für diese ersonengruppe das Wort ergreifen; denn dort hat der taat eine besondere Schutzpflicht. Meine Forderung autet: das so genannte Mainzer Modell durch eine Änerung des § 247 a StPO in die Strafprozessordnung aufehmen! Ziel ist es, ein persönliches Gespräch mit dem ind fernab vom Täter durchführen zu können. Das eißt, Richter und Kind gehen in ein separates Vernehungszimmer. Per Videotechnik wird die richterliche ernehmung zeitgleich in den Sitzungssaal übertragen. rst diese menschliche Nähe und diese persönliche Anprache schaffen eine vertrauensvolle Atmosphäre für as Kind, die es überhaupt in die Lage versetzt, auszusaen. Versetzen Sie sich einmal ganz kurz in folgende Lage oben auf der Tribüne sitzen sehr viele unbescholtene ürger; davon gehe ich jetzt einmal aus –: (Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP – Zurufe von der CDU/CSU: Und hier? – Zurufe von der SPD: Unten auch!)


(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


ie bekommen per Hauspost ein Schreiben vom Gericht.
arin steht dann: Termin zur Ladung am … Gerichtster-
ine gehören für die Menschen, die dort oben sitzen,
icht unbedingt zum Alltagsgeschäft. Hier unten unter






(A) )



(B) )


Michaela Noll

den Kollegen sitzen Richter und Staatsanwälte – natür-
lich auch andere Bundestagsabgeordnete –,


(Zurufe von der CDU/CSU: Auch die sind unbescholten!)


für die das Routine ist.
Jetzt seien Sie einmal ganz ehrlich und stellen Sie

sich ein achtjähriges Mädchen vor, das Opfer von sexu-
ellem Missbrauch geworden ist, sich nun in einem frem-
den Umfeld mit vielen Menschen in schwarzen Roben
befindet, oftmals lange Wartezeiten während des Ver-
handlungstermins aushalten muss, in einem separaten
Raum sitzt und auf sich gestellt ist. In einer solchen Situ-
ation soll das Kind über seine furchtbaren Erlebnisse in
eine Kamera sprechen? Ich sage Ihnen klipp und klar:
Das ist lebensfremd.


(Beifall bei der CDU/CSU – Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch falsch verstanden! Das Kind wird betreut in dem Raum!)


Das hat nichts mit einer versteckten Kamera aus dem
Samstagnachmittagsprogramm zu tun. Das ist für das
Kind eine schwierige Situation. Manche Kinder – da
gebe ich Ihnen Recht – schaffen das. Aber schwache
Kinder werden dazu nicht in der Lage sein. Das ist und
bleibt eine große Belastung für kindliche Opferzeugen.

Etwas mehr Sensibilität und Feingefühl sind wir den
kindlichen Opferzeugen schuldig. Meine Forderung lau-
tet nach wie vor: Eine erneute Traumatisierung durch die
Vernehmung muss verhindert werden. Liebe Kollegin-
nen und Kollegen, steter Tropfen höhlt den Stein; ich
bleibe am Ball. Denn Opferschutz für Kinder muss hei-
ßen: am Wohl des Kindes orientiert. Wer das Kindes-
wohl ernst nimmt, muss sich unserer Forderung nach
Einführung des Mainzer Modells anschließen.

Es gibt einen weiteren Bereich, zu dem ich sage: Da
geschieht wenig. Das ist das Jugendstrafverfahren.
Hier findet kein Opferschutz statt. Ich finde in Ihrem
Entwurf nicht eine Zeile dazu. Glauben Sie allen Erns-
tes, dass es für eine 21-jährige Frau einen Unterschied
macht, ob sie von einem Jugendlichen oder von einem
Erwachsenen brutal vergewaltigt worden ist? Ich sage:
Nein. Die Tatfolgen sind für das Opfer die gleichen. Fakt
ist nur, dass die Täter immer brutaler und immer jünger
werden. 30 Prozent aller Tatverdächtigen sind Kinder,
Jugendliche und Heranwachsende.

Alle Abgeordneten bekommen die Tageszeitung „Ber-
liner Morgenpost“ ins Büro. Darin steht in der Über-
schrift ganz groß: „Polizei ermittelt gegen 1 000 Kinder“.
Darunter heißt es:

Ein 14-Jähriger erregt die Gemüter der Hauptstadt.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Jungen … vor, er
habe seine 21-jährige Freundin zum Teil mit bruta-
ler Gewalt gezwungen …

Das ist Realität. Wir müssen also etwas tun. Auch diese
Opfer bedürfen des Schutzes durch die Rechtsordnung.

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(C (D Nachdem mein Kollege Herr Kauder Ihnen bereits die andwerklichen Fehler im Adhäsionsverfahren vorgealten hat, wird es uns vielleicht jetzt gelingen, gemeinam das Adhäsionsverfahren aus dem Dornröschenchlaf zu wecken. Sehr geehrte Damen und Herren, ich denke, in der Sa he sind wir nah beieinander. (Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei dem, was Sie gesagt haben?)


assen Sie uns gemeinsam in die kommenden Gesetzes-
eratungen gehen. Wir werden es gemeinsam schaffen.
ir werden gemeinsam etwas für den Opferschutz tun.


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Sie brauchen immer etwas länger, aber dann kommt es! – Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da möchte ich nie hin, wo Sie gerade sind! Das ist populistisch! – Alfred Hartenbach [SPD]: Ihr habt das Tischtuch zerschnitten!)


Dann sind Sie auf dem falschen Weg. Es tut mir Leid.
ch stehe hinter den Opfern und hinter den Schwachen in
er Gesellschaft.
Unnachgiebig wiederhole ich meine Forderung: Op-

er dürfen nicht erneut zu Opfern werden.
Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507511800

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
urfs auf Drucksache 15/1976 an die in der Tagesord-
ung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es
azu anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall.
ann ist die Überweisung so beschlossen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 6 auf:

Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-
gierung
Bericht der Bundesregierung zu den Auswir-
kungen des Gesetzes zur Neuregelung der ge-
ringfügigen Beschäftigungsverhältnisse auf
den Arbeitsmarkt, die Sozialversicherung und
die öffentlichen Finanzen
– Drucksache 15/758 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Tourismus
Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre keinen
iderspruch. Dann ist das so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege

ranz Thönnes.






(A) )



(B) )


Fr
Franz Thönnes (SPD):
Rede ID: ID1507511900

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Wenn wir uns heute mit dem Bericht der Bun-
desregierung zu den Auswirkungen des Gesetzes zur
Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhält-
nisse auf den Arbeitsmarkt, die Sozialversicherung und
die öffentlichen Finanzen befassen, so sprechen wir über
ein sehr gutes, durchaus beschäftigungswirksames und
sozialpolitisch erfolgreiches Reformwerk.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wie sah es denn vor 1999 aus? Über 4 Millionen ge-
ringfügige Jobs mit steigender Tendenz, ohne soziale Si-
cherung und ohne wirksame Kontrolle, gepaart mit zuneh-
mender Gefährdung der Vollzeitjobs durch Aufspaltung.
Das war damals die Realität. Die Realität war aber auch
eine CDU/CSU/FDP-Koalition, die sich nicht in der
Lage sah und nicht die Kraft hatte, diese verhängnisvolle
Entwicklung zu stoppen.


(Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Oh Gott!)

Mit dem Gesetz zur Neuregelung der geringfügigen

Beschäftigungsverhältnisse hat die Koalition aus SPD
und Bündnis 90/Die Grünen der weiteren Erosion sozial
gesicherter Arbeit und der Flucht aus der Sozialversiche-
rung eine deutliche Grenze gesetzt.


(Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Sie reden doch Unfug!)


Unsere Ziele waren die soziale Absicherung der bis
dahin ungesicherten Beschäftigungsverhältnisse, die fi-
nanzielle Stabilisierung der Sozialkassen, ein Stopp der
Aufspaltung von Vollzeitverhältnissen und ein Melde-
verfahren, das Übersicht ermöglicht und Schutz vor
Missbrauch möglich macht. Ich stelle fest: Mit den ver-
schiedenen Reformschritten haben wir diese Ziele er-
reicht.

Erstmals wurden gut 4 Millionen geringfügige Jobs in
die Systeme der sozialen Sicherung einbezogen. Durch
das Gesetz selbst konnte die Rentenversicherung jährlich
gut 1,9 Milliarden Euro an Mehreinnahmen verzeichnen.
Für die gesetzliche Krankenversicherung gab es 2000
und 2001 allein aufgrund der ausschließlich geringfügig
Beschäftigten Mehreinnahmen von rund 1,2 Milliarden
Euro. Mehr noch: Die unzureichende soziale Absiche-
rung von Frauen, die vor der Reform besonders benach-
teiligt waren, wurde beseitigt.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wie viel Prozent machen davon Gebrauch, Herr Thönnes?)


Denn wir haben die Möglichkeit eingeführt, freiwillig in
die Rentenversicherung einzuzahlen und auf volle
Pflichtbeiträge aufzustocken. Damit haben wir die
Chance eröffnet, Lücken in Erwerbsbiografien durch
Pflichtbeitragszeiten zu schließen. Es wurde die Gele-
genheit eröffnet, Ansprüche auf Rehabilitationsmaßnah-
men, Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und vorgezogene
Altersrente zu erwerben. Von dieser Möglichkeit machen
inzwischen weit mehr als 140 000 Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer Gebrauch.

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(C (D (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Prozente, Herr Thönnes!)


ut zwei Drittel davon sind Frauen. Das ist ein Erfolg.

(Beifall bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507512000

Herr Staatssekretär, lassen Sie eine Zwischenfrage

es Kollegen Kolb zu?
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Franz Thönnes (SPD):
Rede ID: ID1507512100

Ich würde sagen, Sie warten noch einen kleinen Mo-
ent, dann können Sie die Prozente selbst ausrechnen.


(Heiterkeit bei der FDP)

Das zeigt: Mit der Reform von 1999 ist ein solides

undament gelegt worden, das durch die Neuregelungen
es letzten Jahres, durch Hartz II und durch das Zusam-
enbringen verschiedener Vorstellungen auch hier aus
iesem Hause modernisiert und weiterentwickelt worden
st.


(Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: So ist es!)

Mit Hartz II wurde die Arbeitsentgeltgrenze für alle

eringfügigen Beschäftigungen von 325 Euro auf
00 Euro monatlich angehoben. Wir haben Neuregelun-
en für Privathaushalte geschaffen und für die Arbeitge-
er – privat wie unternehmerisch – wurde das Beitrags-
nd Meldeverfahren ganz entscheidend vereinfacht und
amit entbürokratisiert.
Die zentrale Meldestelle bei der Bundesknappschaft

rfüllt ihre Arbeit in hervorragender Weise. Sie ist bür-
ernah und kundenorientiert. Das hilft der Wirtschaft
nd den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern glei-
hermaßen. Und sie gibt uns einen guten Überblick.
Seit dem In-Kraft-Treten der Neuregelungen ist ein

räftiger und deutlicher Zuwachs von geringfügigen Be-
chäftigungsverhältnissen zu verzeichnen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das sind die, die Sie vorher wegkalkuliert haben!)


asierend auf den Daten der Bundesknappschaft konnte
eren Erster Direktor, Herr Georg Greve, am 4. Novem-
er 2003 bekannt geben, dass die Zahl der gemeldeten
obs inzwischen auf 5,9 Millionen angestiegen ist. Da-
it sind in diesem Bereich gegenüber dem Vorjahr gut
Million neue Jobs, in den letzten drei Monaten gar
60 000 neue Jobs entstanden.


(Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: So ist es! Das Einzige, was funktioniert hat!)


s sind 6,7 Millionen Jobs gemeldet, wenn man die
urzfristigen Jobs und die in den privaten Haushalten
inzunimmt. Es freut uns, von Herrn Greve zu hören,
ass eine Aufspaltung regulärer Arbeitsverhältnisse in
inijobs nicht stattgefunden hat.


(Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: So ist es!)

Mit den Regelungen für die Jobs in der Gleitzone

wischen 400 und 800 Euro mit gestaffelten Sozialversi-






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Franz Thönnes

cherungsabgaben haben wir deutlich gemacht, wie sozial
verantwortbar Beschäftigung im unteren Einkommens-
bereich gestaltet werden kann. Damit ist klar: Es ist uns
gelungen, diesen Bereich der Beschäftigungspolitik in
seiner gesamten Bandbreite unter Wahrung des notwen-
digen sozialen Schutzes zukunftsfähig zu machen.

Angemerkt sei auch, dass sich allein die Beschäfti-
gungsverhältnisse in Privathaushalten noch nicht so
entwickeln, wie wir uns das vorgestellt haben. Gleich-
wohl sind inzwischen 33 000 Minijobs in Privathaushal-
ten gemeldet. Das sind immerhin schon 6 000 mehr.
Auch hier machen sich das einfache Haushaltsscheck-
verfahren sowie die steuerliche Förderung positiv be-
merkbar. Gleichwohl müssen wir an dieser Stelle zusätz-
liche Anstrengungen unternehmen, müssen mehr über
die Optionen informieren und damit auch gleichzeitig ei-
nen Weg aus illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit
aufzeigen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das wird aber nicht reichen!)


Nicht unerwähnt bleiben dürfen in diesem Zusammen-
hang die Erleichterungen im Bereich des Ehrenamtes.
Das wird allzu häufig vergessen. So wurde die bekannte
Übungsleiterpauschale von 2 400 Euro auf 3 600 Euro
im Jahr angehoben


(Doris Barnett [SPD]: Hört! Hört!)

und damit eine langjährige Forderung, insbesondere aus
dem Bereich des Sports, erfüllt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Hinzu kommt die erweiterte Steuerfreistellung ehren-
amtlicher Tätigkeiten sowie für Aufwandsentschädigun-
gen, die aus öffentlichen Haushalten geleistet werden.
Hier sind bis zu 300 Euro im Monat steuerfrei.

Aufbauend auf der ersten Reform der so genannten
Minijobs durch die SPD-geführte Bundesregierung hat
sich durch die Vorschläge der Hartz-Kommission, durch
die Aufnahme der Kritiken und der Erfahrungen aus der
Praxis und die Einbeziehung politischer Initiativen aus
diesem Haus bis hin zu den Ergebnissen des Vermitt-
lungsausschusses nun eine gute gesetzliche Grundlage
für die Regelung der geringfügigen Beschäftigungsver-
hältnisse entwickelt.

Sie gewährleistet weiterhin die soziale Absicherung
einstmals ungesicherter Arbeitsverhältnisse. Sie stärkt
Beschäftigungsoptionen im Bereich der geschaffenen
Gleitzone, also im unteren Einkommensbereich. Sie ist
nutzerfreundlich für die Wirtschaft und die Arbeitneh-
merinnen und Arbeitnehmer. Die wachsenden Zahlen
belegen das eindeutig. Sie grenzt Missbrauch ein. Sie
stärkt das Ehrenamt und ist damit alles in allem ein gutes
Fundament für die sozialverträgliche Gestaltung flexi-
bler Beschäftigungsformen.

Dies ist und wird auch künftig der Gradmesser für die
Arbeitsmarktpolitik dieser Bundesregierung sein. Die
Weichen für mehr Beschäftigung sind auf diesem wichti-

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(C (D en Streckenabschnitt der Arbeitsmarktpolitik in die ichtige Richtung gestellt. Schönen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507512200

Nächster Redner ist der Kollege Matthäus Strebl,
DU/CSU-Fraktion.

Matthäus Strebl (CSU):
Rede ID: ID1507512300

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Herr Staatssekretär Thönnes, der vorliegende
ericht ist symptomatisch für die letzten fünf Jahre Rot-
rün. Hier muss die Bundesregierung wieder einmal
inräumen, dass ihre Politik in einem weiteren wichtigen
ereich gescheitert ist.
Ich mache eine kurze Zeitreise vier Jahre zurück:
ach der Bundestagswahl im Jahr 1998 erklärte die
undesregierung die geringfügigen Beschäftigungsver-
ältnisse mit der 630-Mark-Job-Regelung zum großen
eformprojekt. Dieses Projekt wurde in unserem Land
ber vier Jahre getestet.


(Erika Lotz [SPD]: Ihr habt doch vorher nichts fertig gebracht! Ihr habt doch nur geredet!)


as war geschehen? In der Hauptsache wurden die ge-
ingfügigen Beschäftigungsverhältnisse wie auch die ge-
ingfügigen Nebenbeschäftigungen sozialversicherungs-
flichtig gemacht. Für geringfügig Beschäftigte hatte der
rbeitgeber 10 Prozent an die gesetzliche Kranken-
ersicherung und 12 Prozent an die gesetzliche Renten-
ersicherung abzuführen. Ziel der Regierung war es,
iesen Beschäftigungsbereich abzubauen und den Sozi-
lkassen mehr Einnahmen zu verschaffen.
Der Erfolg hielt, was versprochen war, wenn auch

icht von der Bundesregierung, sondern von etlichen
erbänden: Allein innerhalb des ersten Quartals 1999 ist
ie Zahl der geringfügig Beschäftigten um rund 700 000
uf 5,8 Millionen zurückgegangen. Dies bedeutete einen
ückgang um 10 Prozent im ersten Schritt. Ebenso ging
ie Zahl der Nebenbeschäftigten in diesem Zeitraum um
00 000 auf 1,1 Millionen Personen zurück. Was im Ko-
litionsvertrag von 1998 angestrebt war, ist also einge-
roffen. Man muss folglich der Bundesregierung zu die-
em Erfolg gratulieren, so möchte man im ersten
oment meinen. Aber diese Gratulation fällt bitter aus,
enn man die Folgen für den Arbeitsmarkt, die Wirt-
chaft und das Ehrenamt betrachtet. Hier zeigt sich, was
ot-Grün vor lauter falsch verstandener Sozialromantik
nd Ideologie übersehen hat.


(Beifall bei der CDU/CSU – Doris Barnett [SPD]: Wir sprechen hier von Menschen!)


Kanzler Schröder meinte, auf die Opposition nicht
ören zu müssen. Mit eiskalter Arroganz verkündete er
999 im Plenum des Deutschen Bundestages: „Wir brau-
hen die Opposition nicht zum Regieren.“ Der einzige
rfolg, wie wir heute wissen, war ein unübersichtlicher
erg an Reformplänen – fünf Jahre ruhige Hand. Schnell






(A) )



(B) )


Matthäus Strebl

machte der Spruch „Es gilt das gebrochene Wort“ die
Runde.


(Erika Lotz [SPD]: Das rührte doch von euch her! Das war euer Werk!)


Kritische Stimmen aus den eigenen Reihen, etwa von
Frau Ministerpräsidentin Heide Simonis oder dem dama-
ligen Sozialminister Florian Gerster, wurden schlicht
ignoriert. Auch die Unionsfraktion hatte bis zum Schluss
massiv auf die verheerenden Auswirkungen dieser Neu-
regelung vom 1. April 1999 – man könnte hier an einen
Aprilscherz denken – hingewiesen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, einzelne
Branchen sind von dem Prinzip der geringfügigen Be-
schäftigung geradezu abhängig. Sie brauchen flexible, oft-
mals zeitlich begrenzte Arbeitsplätze. Dementsprechend
groß war auch der Aufschrei in den einzelnen Verbänden:
vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband, dem Bun-
desverband Deutscher Zeitungsverleger und dem Bundes-
verband Deutscher Anzeigenblätter bis hin zur Land- und
Forstwirtschaft und dem gesamten Sozialbereich. Gering-
fügige Beschäftigung wurde so weit verteuert, dass sie für
die Verbände im Endeffekt abgeschafft worden ist. Die
zusätzliche Belastung durch die Sozialabgaben wurde
nicht durch eine entsprechende Steuerentlastung ausgegli-
chen. Die Folge waren Zehntausende von Kündigungen
allein im Zeitungs- und Anzeigenwesen.


(Erika Lotz [SPD]: Haben Sie Ihre Zeitung nicht bekommen?)


Somit war eine der großen Hoffnungen der Bundesregie-
rung, es käme zu mehr Festanstellungen, wie eine Sei-
fenblase zerplatzt. Das Institut der deutschen Wirtschaft
stellte damals fest, die Neuregelung der so genannten
630-DM-Jobs habe im Jahr 1999 kaum zu festen Stellen
geführt. Im Gegenteil, die Auswirkungen für die Wirt-
schaft und den Arbeitsmarkt waren verheerend.


(Peter Dreßen [SPD]: Na, na! Bleiben Sie bei der Wahrheit!)


Kanzler Schröder wollte sich nach seiner Wahl 1998 am
Abbau der Arbeitslosigkeit messen lassen. Stattdessen
brachte er es zu immer neuen historischen Rekorden,
wie wir auch derzeit wieder sehen.

Ob nun beim Wirtschaftswachstum oder beim Abbau
der Arbeitslosigkeit, meine sehr verehrten Damen und
Herren, Deutschland war stets das Schlusslicht der EU.

Es ist schon fast faszinierend, dass die Bundesregie-
rung Probleme zwar erkennt, aber stets falsche Lösungs-
ansätze bringt.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist allerdings wahr! Das ist schon fast genial!)


Richtig erkennt die Bundesregierung in ihrem Bericht, der
uns vorliegt, auf Seite 13, dass geringfügige Beschäfti-
gung speziell im Hinblick auf das Alter eine Brücke in
den Arbeitsmarkt sei. Als richtig stellt sie auch fest,
dass Schüler und Personen mit geringer bis gar keiner
Qualifizierung den größten Anteil der geringfügig Be-
schäftigten ausmachen. Also gerade die Gruppen sind
betroffen, die am schwierigsten in den Arbeitsmarkt zu

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(C (D ermitteln sind und somit am ehesten von Arbeitslosennd Sozialhilfe abhängig sind. Angesichts dessen frage ich mich, warum bei den ge ingfügigen Beschäftigungsverhältnissen Einschnitte erolgen sollten. Eine Beschneidung bei diesen Beschäftiungsverhältnissen zwingt diese Gruppen förmlich in ie Arbeitslosigkeit. Nicht umsonst forderte Arbeitgeerpräsident Hundt ein Jahr nach Einführung dieser Reelung, sie rückgängig zu machen. Denn die Neuregeung hat zu höheren Kosten für die Unternehmen, zu ehr Bürokratie und zum Verlust von Arbeitsplätzen eführt. Es liegt dabei auf der Hand, dass sich die eheals geringfügig Beschäftigten zu einem Teil in die chwarzarbeit geflüchtet haben. Damit haben sie dem taat, der Wirtschaft, aber auch den Sozialversicherunen, die laut Bundesregierung von der Neuregelung proitieren sollten, beträchtliche Summen entzogen. Auch für die Ehrenamtlichen und die Sportvereine tellte die Neuregelung der geringfügigen Beschäftiungsverhältnisse damals geradezu einen Anschlag dar. o wurden ehrenamtlich Tätige bei der Feuerwehr, in portvereinen und in Kirchen bis hin zu den Versicherenältesten immer öfter als sozialversicherungspflichtig ingestuft. Freiwilliges Engagement, Fleiß und Arbeitsereitschaft wurden damals mit Füßen getreten. (Beifall bei der CDU/CSU – Peter Dreßen [SPD]: Was soll denn das?)


Es stellt sich also die Frage, was die Neuregelung bei
en geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen für die
ozialversicherungen und die Haushaltskasse gebracht
at. Sie hat zum einen zu gewissen Mehreinnahmen bei
en Sozialversicherungen geführt, zum Beispiel zu
ehreinnahmen der Rentenkasse von etwa 1,9 Milliar-
en DM im Jahr 1999


(Peter Dreßen [SPD]: Das sind 0,2 Punkte!)

zw. circa 2,85 Milliarden DM in den Folgejahren sowie
u Mehreinnahmen der gesetzlichen Krankenversiche-
ung von 1,5 Milliarden DM bzw. 2,25 Milliarden DM in
en Folgejahren. Diesen Mehreinnahmen stehen jedoch
assenmäßige Steuermindereinnahmen einschließlich
es Solidaritätszuschlages zum Beispiel von allein 1,37
illiarden DM im Jahr 1999 gegenüber. Das macht rund
25 Millionen DM für den Bund, 553 Millionen DM für
ie Länder und 195 Millionen DM für die Gemeinden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, bereits in

en Jahren 1999 und 2000 haben ich und meine Kolle-
en von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Bundes-
ag auf dieses Ungleichgewicht hingewiesen. Die Haus-
alte und kleinen Unternehmen werden übermäßig
elastet, während sich große Unternehmen beim Energie-
erbrauch selbst entlasten können. Mein Fazit lautet:
chröder ist als umgedrehter Robin Hood aufgetreten – er
chont die Großen und plündert die Kleinen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Doris Barnett [SPD]: Als was? – Erika Lotz [SPD]: Mit dem Kopf nach unten, oder wie? Läuft er auf den Händen?)







(A) )



(B) )


Matthäus Strebl

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat sich seit der

Einführung der Neuregelung im Jahr 1999 stets um Ver-
besserungen bemüht, angefangen vom Antrag „630-DM-
Gesetz und Neuregelung der Scheinselbstständigkeit zu-
rücknehmen“ und die Anträge „Kurzfristige Beschäfti-
gungen im Rahmen des 630-DM-Gesetzes entlasten“
und „Arbeitnehmer entlasten – Vorfahrt für mehr Be-
schäftigung“ in der 14. Wahlperiode bis zum Entwurf des
„Kleine-Jobs-Gesetzes“ in der 15. Wahlperiode.

Stets kamen von Rot-Grün zuerst Bedenken. Doch
letztlich hat sich die Union beim Bereich Minijobs
durchgesetzt. Mittlerweile gilt, dass bis zu einer Ein-
kommensgrenze von 400 Euro im Monat der Arbeitneh-
mer bei einer gering entlohnten Beschäftigung brutto für
netto erhält. Das gilt auch für Nebenverdienste. Der Ar-
beitgeber zahlt einen Pauschalbetrag von 25 Prozent an
eine zentrale Einzugsstelle, die die Gelder an die Sozial-
versicherungen weitergibt. Es gibt daher keine umständ-
lichen Meldeverfahren mehr wie vorher. Vor allem gibt
es in den Krankenkassen keine unterschiedlichen An-
sprechpartner mehr. Bis zu einem Monatseinkommen
von 800 Euro werden die Sozialversicherungsbeiträge
der Arbeitnehmer schrittweise bis zum vollen Beitrag
angehoben. Für fast 1 Millionen Arbeitswillige gibt es
damit neue Beschäftigungsmöglichkeiten.

Durch die neue Regelung sind inzwischen 5,8 Millio-
nen Minijobs gemeldet worden. Rechnet man die kurz-
fristigen Beschäftigungsverhältnisse und die Tätigkeiten
in den privaten Haushalten hinzu, so kommt man auf
6,4 Millionen Beschäftigte im Niedriglohnbereich.
Hinzu kommt noch, dass nun jedermann, auch den rund
2 Millionen Menschen mit geringer Qualifikation, die
bislang ohne Job waren, der Weg in einen unbürokrati-
schen Niedriglohnsektor offen steht.

Auch für die Unternehmen rechnen sich die Minijobs.
Nach Berechnungen des Unternehmermagazins „Im-
pulse“ können Arbeitgeber und Mitarbeiter mit dem Mi-
nijob-Gesetz bis zu 434 Euro pro Mann und Monat spa-
ren. So lohnt sich auch niedrig entlohnte Arbeit wieder;
denn sie ist unbürokratisch, flexibel und rentabel. Nur so
kann man den Arbeitsmarkt und die Wirtschaft wieder
auf den richtigen Kurs bringen und den Menschen in un-
serem Land eine Perspektive aufzeigen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsver-
hältnisse ist dazu ein Schritt.

Am Schluss meiner Rede möchte ich sagen:

(Peter Dreßen [SPD]: Der Schluss Ihrer Rede ist das Beste!)

Ich bin nur froh, dass der Schutt, den uns der ehema-

lige Arbeitsminister Walter Riester bei den Minijobs hin-
terlassen hat, seit diesem Jahr endlich ausgeräumt ist;
denn nun ist der Weg für mehr Beschäftigung wenigs-
tens in diesem Bereich frei.

Ein Anfang ist getan. Um unser Land wegen der Glo-
balisierung und der EU-Osterweiterung zukunftsfähig zu
machen, müssen nun weitere Schritte im Allgemeinen

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(C (D owie im sozialen, wirtschaftlichen und finanzpolitichen Bereich folgen. Vielen Dank. Nächster Redner ist der Kollege Markus Kurth, Bünd is 90/Die Grünen. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! enn man Herrn Strebl hört und konstatiert, dass fast ie Hälfte der Redezeit einer Geschichtsstunde entprach, in der das Jahr 1999 behandelt wurde, dann kann an nur zu dem Schluss kommen, (Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Geistige Aufarbeitung für euch!)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507512400
Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507512500

ass wir bei der Reform der Minijobs, an der auch Sie
itgewirkt haben, so erfolgreich waren, dass Sie sich
cheuen, über die Perspektiven und Aussichten im Be-
eich der geringfügigen Beschäftigung zu reden. Ich
abe wirklich gedacht, dass Sie darüber reden würden;
enn Minijobs und die geringfügige Beschäftigung sind
n Ergänzung zu voll sozialversicherungspflichtigen Be-
chäftigungsverhältnissen wichtige Bausteine in der Ar-
eitswelt.


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Das hättet ihr 1999 auch einmal sagen sollen!)


Arbeitslose können durch ein geringfügiges Beschäfti-
ungsverhältnis den Kontakt zum Arbeitsleben halten und
ber den so genannten Klebeeffekt unter Umständen sogar
en Einstieg in einen regulären Job schaffen. Nach wie vor
ibt es bei uns – das ist der Unterschied zu Ihrer Regie-
ungszeit bis 1998 – die Sozialversicherungspflicht und
ie Möglichkeit, Zeiten anzurechnen. Durch die Reform
aben wir jetzt in der Tat erreicht, dass Jobs, in denen
chwarz gearbeitet wurde, in sozialversicherungspflich-
ige Minijobs überführt worden sind.


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Ihr habt vorher Schwarzarbeit produziert!)


Ich bin mir ganz sicher: Wir werden diesen Erfolg fort-
etzen und auch bei den haushaltsnahen Dienstleistungen
urchsetzen, da das dort Erreichte in der Tat noch nicht
ufriedenstellen kann. Daher müssen wir Informationen
erbreiten. Ich freue mich, dass die Bundesknappschaft
on einer Kampagne spricht, um den Bereich der Mini-
obs bis zu den haushaltsnahen Dienstleistungen auszu-
eiten. Ich freue mich auch darüber, dass es Initiativen
ie die in Nordrhein-Westfalen gibt. Dort werden zum
eispiel verschiedene Minijobverhältnisse über Dienstleis-
ngspools zusammengefasst und im Bereich der haushalts-
ahen Dienstleistungen perspektivisch in voll sozialversi-
herungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse überführt.
ir müssen aber auch sehen, dass Minijobs vorwiegend
usätzliche Beschäftigungsverhältnisse zu regulären Ar-
eitsverhältnissen sind. Sie stellen einen Zuverdienst
um Arbeitslosengeld oder zum Haushaltseinkommen
ar, der in der Regel von Hausfrauen erarbeitet wird.






(A) )



(B) )


Markus Kurth

Die Bundesanstalt für Arbeit schätzt den realen Arbeits-

markteffekt bislang nur auf circa 80 000. Ich denke, das
sollten wir natürlich berücksichtigen. Da zieht das Argu-
ment nicht, dass der Arbeitsmarkt durch die Minijobs
insgesamt belebt werden kann. Bei aller Freude über die
Akzeptanz der Minijobs und bei aller Genugtuung darü-
ber, dass dies offensichtlich nicht zu dem auch von mir
– das gebe ich zu – befürchteten Einbruch bei den Ein-
nahmen der Sozialversicherung geführt hat, sehen wir,
dass dies nur eine ergänzende Beschäftigungsform ist.

Sie erwecken – auch darüber muss man im Rahmen
dieser Debatte einmal reden – den Eindruck – Sie haben
von der Globalisierung gesprochen –, eine Niedriglohn-
und Minijobökonomie eröffne den Weg zu internationa-
ler Wettbewerbsfähigkeit oder gar Vollbeschäftigung.


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Woher haben Sie denn den Unsinn?)


– Das behaupten Sie doch permanent. In der Debatte um
Hartz IV hat hier Herr Koch von Stundenlöhnen in Höhe
von 4 Euro gesprochen und als Vergleich die Tschechi-
sche Republik angeführt. Er hat behauptet, über niedrige
Löhne könnten wir die internationale Wettbewerbsfähig-
keit wiedergewinnen. Aber auch wenn Sie diese Be-
hauptung wiederholen, wird sie dadurch nicht richtiger.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Manfred Grund [CDU/CSU]: Unglaublich! Das hat heute niemand gesagt!)


Insbesondere im internationalen Wettbewerb steht
Deutschland in einem Wettbewerb um Produktivität,
Qualität, Produkt- und Prozessinnovation. Die Lohnkos-
ten für sich betrachtet stellen nicht den entscheidenden
Wettbewerbsvorteil dar. Entscheidend sind die Lohn-
stückkosten. Hier liegen deutsche Unternehmen im in-
ternationalen Vergleich gar nicht so schlecht. Entschei-
dend ist auch, ob Produkte und Dienstleistungen über ein
Alleinstellungsmerkmal und Innovationsvorsprünge ver-
fügen. Man fragt sich, ob Sie die Theorie der komparati-
ven Kostenvorteile des Ökonomen David Ricardo – ein
klassischer Ökonom des 19. Jahrhunderts – überhaupt
kennen.


(Zurufe von der FDP: Oh!)

Seine Theorie ist das Rüstzeug jedes Studenten der
Volkswirtschaft. Offensichtlich haben Sie einen Grund-
kurs nötig.

Diese Theorie der komparativen Kostenvorteile be-
sagt, dass jede Volkswirtschaft im Rahmen der internatio-
nalen Arbeitsteilung ihre besondere Ausstattung mit Pro-
duktionsfaktoren wie etwa Arbeitskräften, Rohstoffen,
Wissen und Fertigungskapazitäten so ausrichtet, dass sie
sich auf die günstigste Kombination vergleichbarer Kos-
tenvorteile spezialisiert. Die Lohnkosten sind in einer
Ökonomie wie Deutschland mit Sicherheit nicht der
komparative Kostenvorteil, den es zu kultivieren gilt.


(Zurufe von der FDP: Oh!)

Ich will das an einem Beispiel verdeutlichen: Ein

Drei-Sterne-Restaurant, das in wirtschaftliche Schwie-

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(C (D igkeiten gerät, wird sich auf eine Weise bestimmt nicht etten können, nämlich indem es seine Köche als Miniobber zu McDonald’s-Löhnen und -Arbeitsbedingungen eschäftigt. Es wird auch nicht erfolgreich sein, wenn es ur noch Frikadellenbrötchen statt Haute Cuisine anbieet. Diese beiden Produkte stehen nämlich überhaupt icht in Konkurrenz zueinander. In diesem Sinne ist ein ortschreiten der internationalen Arbeitsteilung ein ganz ormaler Prozess. Es ist völlig normal, wenn etwa Prouktionen mit geringer Wertschöpfung ins Ausland veragert werden. Diese Entwicklung werden wir auch urch Minijobs nicht aufhalten können. Eine Debatte über Niedriglöhne anzuzetteln bedeutet n diesem Sinne auch, dass Sie die Debatte um den Wirtchaftsstandort Deutschland in die völlig falsche Richung lenken. Sie lenken mit der Lohnhöhe die Aufmerkamkeit auf einen Wettbewerbsfaktor, bei dem eutschland letzten Endes gar nicht gewinnen kann. Wo oll denn der Lohnwettbewerb enden, den Sie immer ieder propagieren? ind Sie zufrieden, wenn wir das Niveau der durchchnittlichen Stundenlöhne der Tschechischen Republik rreicht haben? der fangen Sie dann an, über die Lohnhöhe in China der Bangladesch zu philosophieren? (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Sind Sie Lafontaine-Schüler?)


(Peter Dreßen [SPD]: Ja!)


(Peter Dreßen [SPD]: Oder die in Indien!)


Es ist traurig, dass Binsenweisheiten in der politi-
chen wie öffentlichen Diskussion auch von manchem
irtschaftsforschungsinstitut wie dem Ifo-Institut hart-
äckig ignoriert werden. Es ist dringend notwendig, dass
ir von ideologischen Fiktionen wegkommen und zu ei-
er tatsachenbezogenen Politik zurückfinden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Rainer Brüderle [FDP]: Sagen Sie mal etwas Vernünftiges!)


on Ihrem ökonomischen Verständnis her befinden Sie
ich zum Teil auf dem gleichen Niveau wie die Weber
es 19. Jahrhunderts, die meinten, durch Maschinenstür-
erei dem unvermeintlichen Produktivitätsfortschritt zu
ntkommen.


(Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Mein Gott!)


Ein Vergleich der Bauindustrie Japans und Deutsch-
ands zeigt schon heute, dass eine Verengung des Wett-
ewerbs nur auf die Lohnhöhe den Produktivitätsfort-
chritt hemmt und die Wettbewerbsfähigkeit letztlich
efährdet; denn in der Bauindustrie Japans ist die Auto-
atisierung schon sehr weit fortgeschritten, während
ich auf deutschen Baustellen unterbezahlte Arbeits-
räfte aus Osteuropa gegenseitig im Weg stehen.






(A) )



(B) )


Markus Kurth

In diesem Sinne bieten Minijobs, insbesondere im

Hotel- und Gaststättengewerbe, eine ergänzende, quasi
Lücken füllende und unterstützende Funktion an. Sie
können in gewissen Bereichen Brücken in den ersten Ar-
beitsmarkt bauen. Aber das entbindet uns nicht von der
Pflicht, die Diskussion zu entideologisieren,


(Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Da sind Sie der Richtige!)


die Lohnhöhe zu akzeptieren, angemessen Löhne und
Produktivitätsfortschritt zu fördern und zu steigern. Bei-
des muss in ein vernünftiges Verhältnis zueinander ge-
setzt werden. Genau dazu ist Rot-Grün angetreten. Das
werden wir auch durchsetzen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507512600

Das Wort hat der Kollege Dr. Heinrich Kolb, FDP-

Fraktion.


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1507512700

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich schlage vor, Herr Kollege Kurth, dass wir uns jetzt
aus dem Soziologieseminar wieder zurück in die Realität
bewegen. Da sehen die Dinge schon ganz anders aus.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Die Geschichte der geringfügigen Beschäftigungsver-

hältnisse unter Rot-Grün ist – das sage ich auch an die
Adresse des Staatssekretärs – alles andere als eine Er-
folgsgeschichte. Sie ist bestenfalls eine Tragikkomödie,
die 1999 im Chaos begann und die sich durch Zutun der
Opposition zu Beginn dieses Jahres zum Erfolgsmodell
gewandelt hat. Das ist die Wahrheit, was die geringfü-
gige Beschäftigung anbelangt.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Ich will mich gar nicht lange bei der Vergangenheit

aufhalten, denn es gilt das Sprichwort: Wer immer nur in
den Rückspiegel guckt, fährt zwangsläufig gegen die
Wand. Das ist ja Ihr Problem in der letzten Legislaturpe-
riode gewesen. Es genügt, wenn man einen Hinweis auf
das Waterloo gibt, das Sie 1999 mit den geringfügigen
Beschäftigungsverhältnissen erlebt haben. Das ist Ihnen
alles noch in bester Erinnerung.


(Peter Dreßen [SPD]: Sie haben doch 16 Jahre das Chaos produziert! – Gegenruf des Abg. Manfred Grund [CDU/CSU]: Bei Ihnen haben vier Jahre gereicht!)


– Wenn Sie wollen, können Sie sich das wieder in Erin-
nerung rufen.

Es genügt auch ein Hinweis auf das Zustandekommen
der Minijob-Regelung im Rahmen von Hartz II. Fragen
Sie meinen Kollegen Dirk Niebel. Ihm ist noch bestens
in Erinnerung, wie damals Herrn Stiegler die Zigarre aus
der Hand fiel, als Herr Clement der Opposition die jet-
zige Minijob-Regelung zugestanden hat. So ist es näm-
lich gewesen.

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(C (D Blicken wir nach vorne. Das Beschäftigungspotenial, das alle bekannten Sachverständigen und Experten Niedriglohnbereich insgesamt verorten, muss aus nserer Sicht stärker ausgeschöpft werden, wenn wir im ampf gegen die Arbeitslosigkeit Erfolge erzielen wolen. Es geht nicht an, dass Sie sagen, die Regelung habe ur 80 000 Arbeitsplätze auf dem ersten Arbeitsmarkt ebracht. Herr Kollege Kurth, wir müssen auch die geamtwirtschaftlichen Umstände bedenken, die Sie zu erantworten haben. In einer Phase wieder anziehender onjunktur – die wird irgendwann kommen, spätestens ach der nächsten Bundestagswahl – werden wir die olle Durchschlagskraft der geringfügigen Beschäftiung erleben können. Wir haben der Regelung über die Minijobs nicht zu estimmt; nicht weil wir die Ansätze für falsch gehalten ätten, sondern weil wir der Meinung waren, dass noch ntschiedener hätte gehandelt werden müssen. Wir sehen ns in unserer damaligen Auffassung auch durch den ericht der Bundesregierung und die Berichte der nappschaft bestätigt. Der Arbeitsmarkt schreit regelecht nach Erleichterungen und Freiraum. (Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Er ächzt! – Erika Lotz [SPD]: Keine Sozialversicherung, keine Steuern, keine Gewerkschaften!)


chon kleine Spielräume werden vom Markt dankbar
onoriert und in Beschäftigung umgesetzt. Das ist es,
as man diesen Berichten entnehmen kann.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

enn man sich jetzt die Entwicklung der Minijobs an-
chaut, dann wird deutlich, dass 1 Million Minijobs zu-
ätzlich entstanden sind. Das ist ziemlich genau die Grö-
enordnung, die Sie 1999 mit dem blindwütigen
inschlagen auf die alte 630-Mark-Regelung vernichtet
aben. Man muss sich das einmal ansehen, Herr
hönnes. Sie haben ja keine Zwischenfragen zugelassen.


(Rainer Brüderle [FDP]: Er hat Angst gehabt!)

ch habe die Krokodilstränen noch in Erinnerung. Das
aren eigentlich alles unzumutbare Beschäftigungsver-
ältnisse,


(Erika Lotz [SPD]: Sie wollten doch nach vorne blicken!)


eil dort Menschen tätig sind, die keine Chance haben,
ine Altersvorsorge aufzubauen. Das wollten Sie ändern.


(Doris Barnett [SPD]: Das haben wir jetzt!)

etzt sind es 160 000 Menschen von 6,7 Millionen, wenn
ch Ihnen richtig zugehört habe; weniger als 2,5 Prozent
ller geringfügig Beschäftigten, die von Ihrem Angebot
ebrauch machen, zusätzliche Beiträge zu leisten und
ich damit eine weiter gehende Altersversorgung aufzu-
auen. Sie wollten damals ein Problem lösen, das aus der
icht der Menschen überhaupt nicht bestand. Das ist die
ahrheit, Herr Staatssekretär.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Dr. Heinrich L. Kolb

Weil es Beschäftigungseffekte gibt, muss man jetzt

auch durchstarten und die Schwelle von 400 Euro auf
mindestens 630 Euro erhöhen.


(Lachen des Abg. Peter Dreßen [SPD])

Das ist ungefähr das Existenzminimum im Monat. Da-
durch entsteht zusätzliche reguläre Beschäftigung, Herr
Kollege Dreßen. Arbeitnehmer können dann netto mehr
verdienen und Arbeitgeber können flexibler und unbüro-
kratischer disponieren.

Was die Situation in den Haushalten anbelangt, ver-
treten Sie das Prinzip Hoffnung. Das wird nicht ausrei-
chen. Notwendig ist vielmehr die steuerliche Anerken-
nung des Privathaushalts als Arbeitgeber. Bis 2002 war
es Privathaushalten möglich, jährlich 9 203 Euro für so-
zialversicherungspflichtige Arbeitsplätze im Haushalt
abzusetzen. Das haben Sie Ende des Jahres 2002 gestri-
chen.

Die FDP hat in ihrem Berliner Entwurf eines Einkom-
mensteuergesetzes, den der Kollege Solms vorgelegt hat,
vorgeschlagen, dass für die Tätigkeit in privaten Haus-
halten, zum Beispiel die Kinderbetreuung, zukünftig bis
zu 12 000 Euro abgesetzt werden können.


(Erika Lotz [SPD]: Deckungsvorschlag!)

Ich meine, eine solche Förderung der Beschäftigung

in Privathaushalten ist gerade auch im Hinblick auf die
bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf – das sollte
unser gemeinsames Anliegen sein – dringend geboten.
Wenn ein Elternteil zusätzlich arbeiten kann, weil eine
sozialversicherungspflichtig beschäftigte Tagesmutter
die Kinder betreut, dann verschafft das dem Staat dop-
pelte Einnahmen. Wenn die Förderung der Beschäfti-
gung in Privathaushalten ausbleibt, dann können zwei
reguläre Beschäftigungsverhältnisse nicht zustande
kommen.

Ich meine, gerade auch im Hinblick auf die demogra-
phische Entwicklung in sieben oder acht Jahren ist es
notwendig, die Frauenerwerbsquote zu erhöhen. Deswe-
gen haben wir unter dem Titel „Tagespflege als Baustein
zum bedarfsgerechten Betreuungsangebot“ einen ent-
sprechenden Antrag vorgelegt. Ich bitte Sie, unseren An-
trag ernst zu nehmen und der Erhöhung der absetzbaren
Summe von derzeit 2 400 Euro auf bis zu 12 000 Euro
zuzustimmen.

Abschließend sollten wir auch nicht übersehen, dass
viele Haushalte die Beschäftigungsverhältnisse gerne le-
galisieren wollen, dass sie dies aber nicht können, weil
der oder die Beschäftigte keine Arbeitserlaubnis oder gar
Aufenthaltserlaubnis hat.


(Peter Dreßen [SPD]: Das ist doch illegal!)

– Ja, natürlich ist das illegal. Aber dann müssen wir da-
für sorgen, Herr Kollege Dreßen, dass der Nachfrage
aufseiten der Haushalte ein legales Arbeitskräfteangebot
gegenübersteht. Dieses Thema sollten wir auch in den
Beratungen über das Zuwanderungsgesetz offen und ideo-
logiefrei diskutieren. Wir sind dazu bereit.

Die Minijobregelung ist ein guter Ansatz. Sie ist aber
durch mutiges Handeln noch deutlich ausbaufähig. Sie

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(C (D ollten Ihrem Herzen einen Stoß geben und über die ürde springen, indem Sie mit uns gemeinsam darüber achdenken, wie man diesem Sektor eine größere Dynaik verschaffen kann. Vielen Dank. Nächster Redner ist der Kollege Peter Dreßen, SPD raktion. (Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Jetzt kommt der Klassenkampf oder die Wahrheit! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Jetzt kommt Gewerkschaft pur!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
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Peter Dreßen (SPD):
Rede ID: ID1507512900

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich
öchte eingangs zwei Punkte ansprechen. Herr Strebl,
ch glaube, Sie haben die frühere Situation im Zusam-
enhang mit den 630-Mark-Jobs vergessen. Ist Ihnen
icht mehr geläufig, dass bei der Überprüfung solcher
eringfügig Beschäftigten herauskam, dass über 2000
on ihnen schon lange auf dem Stuttgarter Friedhof la-
en?


(Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Reden Sie doch keinen Unfug! So ein Quatsch!)


ie haben uns doch seinerzeit ein Chaos hoch drei hin-
erlassen.
Ich denke auch an das Thema Scheinselbstständig-

eit. Sie haben diejenigen, die als Scheinselbstständige
rbeiten mussten, in die Armut getrieben, weil sie völlig
nzulänglich abgesichert waren.
Ihre eben vorgetragene Argumentation, dass in Fällen

llegalen Aufenthalts und illegaler Beschäftigung eine
egalisierung erfolgen sollte


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das sind nicht dieselben!)


so haben Sie das eben formuliert –, verstehe ich so,
ass wir, wenn jemand wegen schweren Raubes verur-
eilt wird, beschließen sollten, dass alle Hausbesitzer ihr
aus offen lassen müssen, damit die Tat zukünftig nur
och als einfacher Raub gilt. Das ist doch schizophren.

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507513000

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
ollegen Kolb?

Peter Dreßen (SPD):
Rede ID: ID1507513100

Ja, wenn die Uhr angehalten wird.


(Rainer Brüderle [FDP]: Sie kriegen sogar einen Nachschlag!)



Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1507513200

Herr Kollege Dreßen, ich bedanke mich ausdrücklich

afür.






(A) )



(B) )


Dr. Heinrich L. Kolb

Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass ich das

nicht so gemeint habe, wie Sie es dargestellt haben? Ich
meine natürlich nicht denselben Personenkreis. Es ist
völlig klar, dass solche illegalen Handlungen nicht lega-
lisiert werden können.


(Erika Lotz [SPD]: Das sagen Sie jetzt!)

Ich habe gesagt: Wir müssen im Rahmen der Beratun-

gen über ein Zuwanderungsgesetz auch daran denken,
dass der offensichtlich vorhandenen Nachfrage von Pri-
vathaushalten nach legaler Beschäftigung entsprochen
wird und Personengruppen ins Land kommen können,
die diese Nachfrage der Haushalte auf legale Weise zu-
friedenstellen. Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen,
dass ich das in diesem Sinne gemeint habe?


Peter Dreßen (SPD):
Rede ID: ID1507513300

Wenn Sie das so interpretieren, dann akzeptiere ich

das. Ich akzeptiere auch, dass wir mit dem Zuwande-
rungsgesetz die eine oder andere bestehende Ungerech-
tigkeit beseitigen sollten. Dann müssen Sie aber an Ihre
Kollegen neben Ihnen appellieren, damit wir ein Stück
weiterkommen.


(Beifall bei der SPD)

Auf Wunsch der Opposition diskutieren wir heute

über den Bericht der Bundesregierung über die geringfü-
gigen Beschäftigungsverhältnisse. Dieser Bericht wurde
dem Bundestag im März dieses Jahres zugeleitet. Ange-
sichts der derzeitigen Konzeptionslosigkeit der Opposi-
tion bin ich etwas verwundert darüber, dass Sie nichts
Besseres zu tun haben, als sich mit veralteten Arbeits-
marktdaten zu beschäftigen. Sie wollen heute über Zah-
len und einen Bericht sprechen, die auf dem Stand vom
März 2003 sind und deren praktische Bedeutung verlo-
ren gegangen ist; denn wir haben mit Hartz II – das
wurde schon erwähnt – zum 1. April dieses Jahres die
geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse neu geregelt.
Im Unterschied zu damals sind jetzt für die Minijobs
Sozialbeiträge abzuführen.

Ich freue mich trotzdem aus zwei Gründen, dass wir
Gelegenheit haben, über die geringfügigen Beschäfti-
gungsverhältnisse zu sprechen. Erstens können wir noch
einmal betonen, welche Verbesserungen wir für die so-
ziale Absicherung geringfügig Beschäftigter erzielt
haben. Zweitens haben wir die Gelegenheit, über die
Neuerungen bei den Minijobs im Rahmen der ersten
Hartz-Gesetze zu sprechen. Ich danke Ihnen, Herr
Staatssekretär, dass sich hier schon einiges getan hat.

Zum ersten Punkt: Was haben die Bundesregierung
und die rot-grüne Koalition für die geringfügig Beschäf-
tigten getan?


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Nichts!)

– Aber sicher! – Die Bundesregierung macht Sie in ih-
rem Bericht noch einmal auf die Verbesserungen für
geringfügig Beschäftigte aufmerksam, die wir am
1. April 1999 eingeführt haben. So leisten seit diesem
Zeitpunkt auch die Arbeitgeber ihren Beitrag zur Kran-
ken- und zur Rentenversicherung für geringfügig Be-
schäftigte. Seit der Neuregelung können des Weiteren

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(C (D eringfügig Beschäftigte durch Aufstocken Leistungsanprüche in der gesetzlichen Rentenversicherung erweren. Wenn es jetzt 140 000 bis 160 000 geringfügig Bechäftigte gibt, dann bedeutet das, dass nun tatsächlich ehr in die Rentenkasse eingezahlt wird und dass diese eschäftigten zusätzliche Rentenansprüche haben. Wir üssen vielleicht noch werben, damit es mehr werden. Zum zweiten Punkt: Bei der Verabschiedung von artz II waren wir auf Ihre Unterstützung angewiesen nd mussten uns nolens volens darauf einlassen, die Geingfügigkeitsgrenze von 325 Euro auf 400 Euro anzueben. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist das Beste, was Ihnen passieren konnte!)


err Kolb fordert sogar eine Erhöhung auf 600 Euro.

(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist das Exis tenzminimum!)

ie haben nur vergessen, zu erwähnen, wie Sie die Lü-
ke in der Sozialversicherung, die dann aufgrund fehlen-
er Beiträge entstehen würde, schließen wollen. Mich
nteressiert, wie Sie das machen wollen. Zusätzlich
urde im Vermittlungsausschuss über die Einführung ei-
er Gleitzone entschieden. Ich habe meine Zweifel, dass
urch die von uns zugestandene Erhöhung der Gering-
ügigkeitsgrenze tatsächlich mehr Arbeitsplätze geschaf-
en worden sind. Wir müssen aber erst die Zahlen der
undesanstalt für Arbeit abwarten. Ausfälle im Sozial-
ersicherungssystem sind jedenfalls der Preis gewesen,
en wir für die Umsetzung unserer Vorstellungen im
ermittlungsausschuss zahlen mussten.
Wir wollten in Anlehnung an die Vorschläge der
artz-Kommission illegale Beschäftigungsverhältnisse
m Bereich der haushaltsnahen Dienstleistungen lega-
isieren. Verhaltensänderungen setzen sich jedoch nur
angsam durch. Im Bereich der Haushaltshilfen ist trotz
er Neuregelung die Schwarzarbeit leider noch immer
er Normalfall. Von den geschätzten 2 Millionen bis
Millionen Personen, die in privaten Haushalten arbei-
en, sind lediglich 36 000 in angemeldeten Beschäfti-
ungsverhältnissen tätig, und das, obwohl wir mit einer
eihe von Anreizen versucht haben, die Situation zu än-
ern. Der Haushaltsscheck ist einfacher geworden, wo-
urch die bürokratischen Hemmnisse beseitigt worden
ind. Dieser Scheck umfasst zwölf Fragen und ist im In-
ernet unter www.minijob-zentrale.de abzurufen. Ich
ann nur jedem empfehlen, sich diese Internetseite anzu-
chauen. Es gibt auch eine gute Erläuterung zur Beant-
ortung der zwölf Fragen. Es ist wirklich sehr einfach.
Eine pauschale Abgabe für den Arbeitgeber in Höhe

on 10 Prozent und eine steuerliche Abzugsfähigkeit bis
u 510 Euro sollen Anreize schaffen, haushaltsnahe
ienstleistungen bei der Bundesknappschaft anzumel-
en. Außerdem haben wir uns dafür eingesetzt, bürokra-
ische Abläufe rigoros zu vereinfachen. Wir haben die
5-Stunden-Grenze für geringfügige Beschäftigungsver-
ältnisse aufgehoben. Die Berechnungen für kurzfristige
inijobs wurden erheblich vereinfacht. Damit sind wir
or allem den Bedürfnissen der Arbeitgeber entgegenge-
ommen. Unternehmen müssen nun nicht mehr wie






(A) )



(B) )


Peter Dreßen

bisher komplizierte Berechnungen über die Dauer einer
Beschäftigung im Jahr anstellen. Es reicht einfach die
Prüfung, ob ein Beschäftigter weniger als zwei Monate
bzw. weniger als 50 Tage pro Kalenderjahr beschäftigt
ist.

Arbeitgeber profitieren außerdem davon, dass sie
nicht mehr rückwirkend in Haftung genommen werden,
wenn ein Arbeitnehmer zu Unrecht gleichzeitig mehre-
ren Minijobs nachgeht und so die Sozialversicherungs-
pflicht umgeht.

Über die quantitativen Auswirkungen der Neurege-
lung der Minijobs und der eingeführten Gleitzone wer-
den wir sprechen, sobald die Zahlen der Bundesanstalt
vorliegen. Ich hoffe, dass Sie, meine Damen und Herren
von der CDU/CSU, nach dem Vorliegen dieser Daten
nicht erneut ein halbes Jahr Zeit zum Lesen brauchen.
Wenn das der Fall ist, dann könnte die nächste Beurtei-
lung der geringfügigen Beschäftigung etwas zeitnäher
und aktueller ausfallen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507513400

Nächste Redner ist der Kollege Karl-Josef Laumann,

CDU/CSU-Fraktion.

Karl-Josef Laumann (CDU):
Rede ID: ID1507513500

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Ich freue mich sehr darüber, dass alle Redner in
der heutigen Debatte gesagt haben, das jetzige Gesetz
zur Regelung der 400-Euro-Jobs sei in Ordnung.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Nein! Wir haben gesagt, es könnte besser sein!)


Um der Wahrheit Genüge zu tun, möchte ich darauf
hinweisen, dass dieses Gesetz kein Bestandteil von
Hartz I oder Hartz II war.


(Matthäus Strebl [CDU/CSU]: So ist es!)

Es wurde davon gar nicht berührt. Wegen Hartz II ist da-
mals der Vermittlungsausschuss angerufen worden; ich
selbst habe an den entsprechenden Sitzungen teilgenom-
men. Damals haben wir gesagt: Wir müssen auch über
die Minijobs reden; wir brauchen eine Reform der ver-
korksten Regelung der Riester-Rente. Clement war ge-
rade im Amt und hat das eingesehen. Dann ist im
Grunde genommen das, was im Wahlprogramm von
CDU und CSU stand, Gesetz geworden.


(Doris Barnett [SPD]: Na!)

Mittlerweile loben es alle. Dem gibt es nichts hinzuzufü-
gen. Was im Wahlprogramm von CDU und CSU stand,
war gut und es hat sich bewährt, was im Gesetzblatt
steht.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Das ist die Wahrheit! – Zuruf der Abg. Doris Barnett [SPD])


– Ich bin von 1990 bis 2002 im Ausschuss für Arbeit
und Sozialordnung gewesen. Mittlerweile gehöre ich

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(C (D em Ausschuss für Arbeit und Wirtschaft an. Ich bechäftige mich mit dem Arbeitsmarkt also schon ein paar age. (Doris Barnett [SPD]: Wir auch! – Gegenruf des Abg. Matthäus Strebl [CDU/CSU]: Die einen lernen dabei, die anderen weniger!)


Frau Kollegin Barnett, das, was Sie zwischen 1994 und
998 im Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung vertre-
en haben, und das, was Sie jetzt tun, verhalten sich zu-
inander ungefähr so wie Feuer und Wasser.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP] – Doris Barnett [SPD]: Nein, das stimmt nicht!)


Wie war es denn früher mit den 630-DM-Jobs?

(Erika Lotz [SPD]: Da habt ihr nichts gemacht, Karl-Josef! Ihr habt immer nur geredet!)

ie Konstruktion des entsprechenden Gesetzes hatte im
runde einen Fehler: Die Einnahmen aus der Pauschal-
esteuerung in Höhe von 20 Prozent flossen in den
taatshaushalt und damit fiel das Arbeitsvolumen, das in
iesem Bereich bestand, als Grundlage für die Finanzie-
ung der Sozialversicherung weg.
Nach Ihrem Wahlsieg 1998 haben Sie beschlossen,

lle in die Sozialversicherung zu drängen, die
30-DM-Jobs sozialversicherungspflichtig zu machen
nd Scheinselbstständigkeit abzuschaffen. Dann haben
ie festgestellt, dass das auf dem Arbeitsmarkt keinen
rfolg hat, weil viele Menschen in die Schwarzarbeit ge-
lüchtet sind.


(Matthäus Strebl [CDU/CSU]: Trotz Warnung!)


icht nur die 400-Euro-Jobs, sondern auch die Ände-
ung des Gesetzes zur Bekämpfung der Scheinselbst-
tändigkeit war ein Erfolg von Hartz II. Insofern war al-
es, was damals gemacht worden ist, vernünftig und
ichtig.
Dass es mit den 400-Euro-Jobs jetzt so gut klappt

nd sie uns so wenige Beschwerden bereiten, liegt ganz
infach daran, dass die Belastung der Arbeitgeber mit
5 Prozent genauso hoch oder sogar etwas höher ist als
ie Belastung der Arbeitgeber, die im Rahmen eines
egulären Beschäftigungsverhältnisses Sozialversiche-
ungsbeiträge abführen müssen.
Ich habe in den damaligen Vermittlungsgesprächen

er entsprechenden Arbeitsgruppe im BMWA immer ge-
agt: Es darf für die Arbeitgeberseite keine Anreize ge-
en, das zu machen, und deswegen muss die mit einem
olchen Arbeitsverhältnis verbundene Abgabenlast ge-
auso hoch wie die bei einem regulären Arbeitsverhält-
is sein.


(Doris Barnett [SPD]: Klasse! Dann vertreten Sie ja unsere Position!)


ass das Geld seitdem in die Sozialkassen und nicht in
en Staatshaushalt fließt, führt natürlich dazu, dass sich
er Verdrängungswettbewerb in Bezug auf Arbeitsstun-
en – es geht darum, ob sie in dem einen oder in dem an-






(A) )



(B) )


Karl-Josef Laumann

deren Bereich anfallen – auf die Sozialkassen nicht aus-
wirkt.


(Doris Barnett [SPD]: Korrekt!)

Deswegen finde ich, dass das, was wir da gemacht ha-
ben, vernünftig und richtig ist.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Es hat dazu geführt, dass zusätzlich 1 Million oder

800 000 Menschen illegale Arbeitsverhältnisse verlassen
haben – ich behaupte, die allermeisten haben schon vor-
her Geld dazuverdient – und in ein legales Arbeitsver-
hältnis zurückgekehrt sind. Das erhöht wahrscheinlich
insbesondere die Kaufkraft derjenigen Familien, die auf
mehr Geld dringend angewiesen sind.

Die Wahrheit ist doch: Es gibt ganz viele Menschen,
die nicht die Möglichkeit haben, durch Karrieresprünge
mehr Geld zu verdienen. Wenn sie in einer bestimmten
Lebenssituation einmal mehr Geld brauchen, dann haben
sie in der Firma oder in der Verwaltung, in der sie arbei-
ten, oft nicht die Möglichkeit, ihr Einkommen durch
Überstunden zu steigern. Ihre einzige Möglichkeit, mehr
Geld zu verdienen, besteht darin, einen Zweitjob auszu-
üben. Wir von der Union haben für diese Leute sehr viel
Sympathie.


(Zuruf von der CDU/CSU: Näher am Menschen!)


Der Fleiß muss sich eben auch lohnen.
Da ist auch etwas aufgegangen. Ich war mir damals

gar nicht so sicher, dass es aufgehen würde. Fast alle Mi-
nijobs werden nebenbei gemacht. Es ist also nicht zu ei-
ner Aufspaltung von normalen Arbeitsverhältnissen in
Minijobs gekommen. Der Minijobber ist zum Beispiel
jemand, der schon eine Rente erhält. Wie wir in dem Be-
richt lesen konnten, ist der Anteil der über 55-Jährigen
relativ hoch. Auch Hausfrauen machen Minijobs. Es ist
eben etwas, was nebenbei gemacht wird. Ich bin also
sehr damit zufrieden, wie das gelaufen ist.

Wie sieht es mit den Beschäftigungen im Haushalt
aus? Was den Haushalt angeht – steuerliche Absetzbar-
keit, relativ einfaches Verfahren –, so haben wir damals,
finde ich, im Grunde nichts falsch gemacht.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Aber zu zaghaft!)


Trotzdem meldet nur ein verschwindend geringer Teil
der Menschen eine solche Beschäftigung an. Dabei wis-
sen wir alle, dass es in Deutschland ganz viele Haus-
haltshilfen gibt. Das liegt einfach daran, glaube ich, dass
es insofern gar kein Unrechtsbewusstsein gibt. Leute wie
wir, die im öffentlichen Leben stehen, müssen natürlich
aufpassen und werden so etwas anmelden,


(Otto Fricke [FDP]: Ja!)

aber jeder Privatmann denkt sich doch: Mein Gott, ich
zahle das aus meinem Portemonnaie.

Außerdem kann man im Haushalt sowieso nicht kon-
trollieren. Der Haushalt genießt ja starken Schutz vor
staatlichen Kontrollen.


(Otto Fricke [FDP]: Noch!)


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(C (D ir streiten im Bundestag darüber, ob Privatwohnungen um Zwecke der Verbrechensverfolgung abgehört weren dürfen. Eine Sozialversicherung kann im Haushalt berhaupt nicht kontrollieren. Das ist die Wahrheit. Desegen ist die Geschichte so, wie sie ist. Wir können das nur lösen, wenn Sie jetzt auf uns hö en, so wie Sie bei den Minijobs richtigerweise auf uns ehört haben. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Hört mal auf uns!)


ir müssen den Schritt tun, dass der private Haushalt
in ganz normaler Arbeitgeber wird, so wie es Friedrich
erz vorschlägt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Damit bin ich bei einer Baustelle, die uns in den

ächsten Tagen sehr beschäftigen wird: Wie machen wir
as mit dem Arbeitslosengeld II, mit der Zusammen-
ührung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe? Dabei
eht mir Folgendes am meisten durch den Kopf: Mit den
amilienangehörigen sind immerhin 4,3 Millionen Leute
etroffen. Wir müssen uns das einmal vorstellen: In
eutschland sind 4,3 Millionen Menschen – diejenigen,
ie keine Arbeit haben, und ihre Familienangehörigen –
n der Grundsicherung. Von den arbeitsfähigen Erwach-
enen haben 50 Prozent keine abgeschlossene Berufs-
usbildung.
Von folgender Aussage lasse ich mich nicht abbrin-

en: Es gibt Menschen, für die wir eine einfach struktu-
ierte Arbeit brauchen. Die können nicht das leisten, was
n der modernen Industrie- und Wissensgesellschaft all-
emein verlangt wird. Für diese Menschen könnte der
aushalt eine Beschäftigungsperspektive sein. Wenn wir
as auf breiter Front wollen, dann muss der Haushalt
eine Beschäftigten genauso wie ein normaler Arbeitge-
er brutto bezahlen können.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: So ist es! So wird es auch gemacht!)


ir bekommen das doch nachher über Sozialversiche-
ungsbeiträge und Steuern wieder und die Menschen ha-
en Beschäftigung.
Ich bin mir sicher, dass die Frage, wie wir es errei-

hen, dass in Akademikerhaushalten wieder mehr Kinder
eboren werden, auch mit der Kinderbetreuung zusam-
enhängt. Ich stelle mir dazu vor, dass die Kinderbetreu-
ng nicht nur in Gemeinschaftseinrichtungen des Staates
der der Kirchen erfolgt, sondern auch durch Haushalts-
ilfen organisiert werden kann.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir wissen nicht, wie wir in der Industrie Arbeits-

lätze für die von mir eben beschriebenen Menschen fin-
en sollen. Das Wirtschaftswachstum kann noch so groß
erden, für diese Menschen werden keine Arbeitsplätze
ntstehen. Für sie wird es auch in der Wissensgesell-
chaft keine Arbeitsplätze geben; allenfalls ein paar im
ienstleistungsbereich. Lassen Sie uns doch den Schritt
un, für diese Menschen im Haushalt eine Beschäfti-
ungsperspektive zu eröffnen! Ich bin ganz sicher, dass






(A) )



(B) )


Karl-Josef Laumann

dann auch all diese Beschäftigungsverhältnisse legal be-
stehen werden. In dem Haushalt, der einstellt, wird man
sich nämlich sagen: Ich muss das jetzt offiziell machen,


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Richtig!)

weil ich mir die Steuervorteile nicht entgehen lassen
will. Punkt.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: So einfach ist das!)


Dann haben wir das im Griff und werden sehen: Wir
werden Hunderttausende oder Millionen von zusätzlich
Beschäftigten in Deutschland haben. Wir werden
Schwarzarbeit bekämpft haben. Wir werden auch von
der Statistik und den Einnahmen her wesentlich besser
dastehen als heute. Weil es offizielle Arbeitsverhältnisse
sind, werden die Menschen


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Besser abgesichert!)


auch besser geschützt sein als heute. Ich spreche da ein-
mal als Sozialpolitiker und denke an unsere Herkunft,
lieber Peter. Der Schwarzarbeiter ist ja überhaupt nicht
geschützt, höchstens ein bisschen über Gerichtsurteile.

Gehen Sie doch diesen Weg mit uns! Machen Sie es
wie bei den 400-Euro-Jobs: Hören Sie auf das, was wir
sagen! Auch wir haben nicht immer Recht, aber wir ha-
ben ganz bestimmt auch nicht immer Unrecht. In der Ar-
beitsmarktpolitik haben wir zur Zeit einfach die besseren
Konzepte,


(Zurufe von der SPD: Na, na!)

weil wir seit 1998 viel darüber nachgedacht haben.

Wir sollten uns aber darüber freuen, dass wenigstens
eine Sache, die im letzten Jahr auf den Weg gebracht
wurde, geklappt hat. Die Bilanz bei allen anderen Ar-
beitsmarktinstrumenten – von der PSA bis hin zur Ich-
AG – ist eher traurig. Gehen Sie deshalb auf dem jetzt
eingeschlagenen Weg weiter und geben Sie sich einen
Stoß, dass wir bei den Gesprächen über Hartz IV, die
morgen beginnen, zu einem solchen Konzept kommen.


(Peter Dreßen [SPD]: Aber nicht die Zerschlagung der Tarifautonomie!)


Ich kann Ihnen nur sagen: Die Zusammenführung geht
nur, wenn wir erst einmal darüber reden, wo wir Be-
schäftigungsfelder für diese Menschen finden. Dazu
noch einmal: Lasst uns den Haushalt als Arbeitgeber ge-
nau ins Visier nehmen!

Lassen Sie uns weiterhin vernünftig miteinander da-
rüber reden, welche Arbeit zumutbar ist. Auch wir
Christdemokraten wollen nicht, dass die Leute für einen
Appel und ein Ei arbeiten. Auch wir sind für einen ge-
rechten Lohn.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie das dem Herrn Koch!)


– Das sage ich auch Herrn Koch. Er sieht das übrigens
genauso wie ich. – Allerdings kann die Festschreibung
auch nicht lauten: orts- und tarifüblich. Wir haben gese-
hen, was Sie mit einer solchen Festschreibung angerich-

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(C (D et haben, als Sie die Zeitarbeit in die Tarifbindung gewungen haben. Jahrelang hat die Zeitarbeit als inziges Segment des Arbeitsmarktes in Deutschland uwächse verzeichnet. Seitdem Sie zwingend die Tarifindung vorgeschrieben haben, verliert sie an Bedeuung. Lassen Sie uns auch ganz vernünftig darüber reden, wie ir in Deutschland Menschen, für die nur eine einfach trukturierte Arbeit infrage kommt, im Niedriglohnbereich ördern. Ich will keine Regelung für ganze Branchen, ber eine Lösung für Einzelfälle. Ich will Entscheiungsstrukturen, damit solchen Menschen wieder eine eschäftigungsperspektive gegeben werden kann. Es ist llemal besser, wenn sie eine Aufgabe finden und einen eil ihres Lebensunterhalts durch eigene Arbeit verdieen. Weil wir denken, dass jemand, der acht Stunden am ag arbeitet, besser als ein Sozialhilfeempfänger leben oll, müssen wir die Löhne dann eben ein bisschen auftocken. Gehen Sie auch diesen Weg mit uns! Wenn wir diese drei Punkte am Freitag und in den ommenden Tagen einvernehmlich klären können, dann ird uns als vernünftigen Menschen – da bin ich mir iemlich sicher – auch etwas dazu einfallen, wie wir von er Administration her die Trägerschaft so gestalten önnen, dass es dann auch funktioniert. (Peter Dreßen [SPD]: Das müssen Sie Ihren Oberen sagen, damit die das Geschwätz bezüglich der Tarifautonomie lassen!)


ch hoffe sehr, dass wir hier eine ähnliche Regelung wie
or einem Jahr hinbekommen. Wir haben damals in der
dventszeit verhandelt, wir verhandeln auch jetzt wie-
er in der Vorweihnachtszeit.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: O du fröhliche!)

ielleicht führt ja das auch bei den Sozialdemokraten zu
inem Verhalten, das etwas mehr an der Realität orien-
iert ist, als es das sonst im Allgemeinen ist.
Schönen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507513600

Nächste Rednerin ist die Kollegin Petra Pau.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1507513700

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
er arbeitslos ist und nicht aufgibt, der greift nach je-
em Strohhalm, egal, ob der Halm Minijob oder Ich-AG
eißt. Gerade deshalb möchte ich uns allen den Film
Halbe Treppe“ von Andreas Dresen empfehlen. Er
ucht nicht den Superstar. Er zeigt das wahre Leben, er
eigt Menschen mit ihren Sorgen und die alltägliche
iebe, also all das, was hier im Bundestag oft nur statis-
isch verwaltet wird. Das nimmt allerdings die Politik
icht aus der Verantwortung.
Zur politischen Bilanz gehört: Die Anzahl der Mini-

obs hat zugenommen, aber die Massenarbeitslosigkeit
at nicht abgenommen, nicht einmal statistisch. Auch
artz bietet keine Linderung in dieser Situation. Deshalb






(A) )



(B) )


Petra Pau

verbietet sich bei der Debatte über den vorliegenden Be-
richt jede Feierstunde.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Alle seriösen Untersuchungen belegen: Minijobs sind
bestenfalls ein Pflaster für ungeheilte Wunden. Sie wer-
den als Zubrot ergriffen. Mit Existenz sichernder Arbeit
haben Sie nichts zu tun. Obendrein belegen die Statisti-
ken: Dieses Manko wirkt im Osten noch gravierender als
in den alten Bundesländern. Der Bedarf an Putzfrauen
oder Dumpingsheriffs ist an der Oder offenbar geringer
als mancherorts am Main. Aber Sie kennen ja meinen
Vorwurf: Die Mehrheit des Bundestages guckt noch im-
mer einäugig durch die Westbrille und bleibt so auch in
dieser Frage ostblind.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Grundsätzlich geht es allerdings nicht um ein Ost-
West-Problem; es geht um die gesellschaftliche Frage:
Wohin soll die Entwicklung in der Bundesrepublik ge-
hen? In den viel zitierten USA kursiert ein Witz: Der
Präsident lobt sich, er habe heute schon wieder fünf Mi-
nijobs geschaffen. „Stimmt“, sagt der Pizzafahrer, „vier
davon habe ich.“ Von irgendetwas müsse man ja leben.

Ich denke, das ist nicht die Perspektive, die wir für er-
strebenswert halten sollten. Zu Beginn war Rot-Grün
noch der Meinung: Minijobs unterlaufen die Sozialversi-
cherungspflicht, sie gefährden das Renten- und das Ge-
sundheitssystem. Das ist auch heute noch grundsätzlich
richtig. Inzwischen verfolgt Rot-Grün allerdings das Ge-
genteil. Zwar spüren alle: Die Sozialsysteme – das Ren-
ten- und das Gesundheitssystem – krachen. Aber alle
Fraktionen loben derweil eine Arbeitswelt, die genau das
befördert; der Kollege Kurth war heute eine gewisse
Ausnahme.

Diese Kehrtwende von Rot-Grün ist nicht nur unlo-
gisch, sie ist fundamental. Sie haben inzwischen das
Prinzip preisgegeben, wonach die Wirtschaft für die
Menschen da ist, aber nicht umgekehrt. Sie haben sich
dem Irrglauben hingegeben: Alles wird gut, wenn die
Wirtschaft nur regiert. Deshalb drängen Sie in billige
Jobs statt auf gute Arbeit. Das ist aber keine Politik, son-
dern führt uns in die Sackgasse.

Damit kein Missverständnis aufkommt: Ich gönne je-
der Kellnerin im Bayerischen Wald ihren kleinen Job
und wünsche jedem Studenten auf dem Taxibock oder
auch in irgendeinem Bundestagsbüro Erfolg. Nur, eine
Lösung für die großen Herausforderungen – die Arbeits-
losigkeit und die Reform der Sozialsysteme –, genau das
sind die Minijobs nicht. Ganz im Gegenteil, sie sind Teil
unseres Problems.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507513800

Die letzte Rednerin in dieser Debatte ist die Kollegin

Doris Barnett, SPD-Fraktion.

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(C (D Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Zu ächst einmal eine Feststellung: Wir haben die geringfüige Beschäftigung aus der Schmuddelecke herausgeolt, ebenso seinerzeit die Leiharbeit. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Otto Fricke [FDP]: Sie haben sie erst einmal da hineingestellt! – Weitere Zurufe)

Doris Barnett (SPD):
Rede ID: ID1507513900

ir erkennen die Probleme und lösen sie gut, Herr Kolb.
eide Formen der Beschäftigung hatten und haben leider
mmer noch das Stigma, den Vollzeit- und sozialversiche-
ungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen unterlegen
u sein – im sozialen Ansehen und in der Wertigkeit; in
er Lohnhöhe ja sowieso. Bis zu unserer ersten Reform
999 waren die geringfügig Beschäftigten bei den So-
ialversicherungssystemen außen vor. Das war ein An-
chlag, Herr Strebl, aber von Ihnen! Die Folgen davon
erden insbesondere die Frauen noch lange spüren,


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Irgendwie hat sich so gut wie nichts geändert!)


rotz der Forderungen der Opposition, zum Beispiel nach
igenständiger Alterssicherung der Frauen. Sie hatten
s 16 Jahre in der Hand, etwas zu ändern, die Lücken in
en Rentenbiographien der Frauen zu schließen. Na ja,
uch da räumen wir hinter Ihnen auf. Lieber Kollege
aumann, Sie haben es ja gesagt: Seit 1998 können Sie
ndlich kräftig nachdenken. Tun Sie das weiter so, dann
ützen Sie der ganzen Republik.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Schade, dass Sie keine Zeit dazu haben!)


Jeder von uns kennt doch etliche Frauen – Frauen ma-
hen immer noch den Großteil der Arbeitnehmer in die-
er Beschäftigungsform aus –, die nach den Kindererzie-
ungsjahren jahrelang geringfügig beschäftigt waren
nd keinerlei Anrechnung dieser Zeiten hatten, auch
enn sie es noch so gerne gewollt hätten und dafür sogar
eiträge gezahlt hätten.
Mit den jetzt vorliegenden Möglichkeiten der geringfügi-

en Beschäftigung, den Minijobs und den Jobs in der Gleit-
one, also den Midijobs, ist es doch endlich rentabel – neu-
eutsch: wir haben die Incentives gesetzt –, Personen aus
er Schwarzarbeit in legale Beschäftigungsverhältnisse zu
ringen. Denn was sind diese geringfügigen Beschäfti-
ungsverhältnisse anderes als Teilzeitbeschäftigungen?


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Hört! Hört! Das haben wir noch anders in Erinnerung!)


ie sind auch versicherungspflichtig für den Arbeitge-
er. Sie sagten es schon, Herr Laumann. Dazu kommt
och eine Pauschalsteuer von 2 Prozent. Damit haben
ir das beibehalten, wofür wir zusammen mit den Ge-
erkschaften immer gekämpft haben: dass für den Ar-
eitgeber jede Arbeitsstunde bezüglich der Abgaben
leich teuer sein muss, egal, ob es eine geringfügige Be-
chäftigung oder eine Vollzeitbeschäftigung ist.
Die Beschäftigten haben es ihrerseits in der Hand,

chte Rentenanwartschaften aufzubauen: Mit eigenen






(A) )



(B) )


Doris Barnett

Beiträgen können sie ihre Ansprüche gegenüber der ge-
setzlichen Rentenversicherung aufrechterhalten bzw. er-
werben. Selbst wenn es sich um kleine Renten handelt,
ist das immerhin etwas. Außerdem besteht dadurch die
Möglichkeit, die staatlich unterstützte Zusatzrente zu
bekommen. Das ist besonders für diese Beschäftigungs-
gruppe attraktiv, weil zum Beispiel eine allein erzie-
hende Mutter von zwei Kindern bei einem relativ gerin-
gen Jahresbeitrag von circa 75 Euro ab 2008 mit einer
Zulage von rund 500 Euro pro Jahr rechnen kann. Aller-
dings – das gebe ich zu – bedarf es hier noch vermehrter
Aufklärung,


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Es macht niemand Gebrauch davon!)


damit mehr Leute diese Möglichkeiten nutzen. Sie se-
hen: Wir haben an alle gedacht, gerade auch an diejeni-
gen, die einer besonderen Unterstützung bedürfen.


(Beifall bei der SPD)

Wir kümmern uns wirklich um die Schicksale der
Frauen. Ob mit oder ohne Kinder – auf jeden Fall brau-
chen Frauen eine eigenständige Alterssicherung.

Geringfügige Beschäftigung hat vielfältige Gründe:
Die Arbeitnehmerin sucht eine solche zum Beispiel we-
gen der Kinderbetreuung; sie will darüber den Wiederein-
stieg schaffen oder die Arbeit in der letzten Erziehungs-
phase langsam wieder aufnehmen. Vielleicht hat sie einen
Hauptjob und will nebenher etwas verdienen. – In diesem
Zusammenhang muss ich bemerken, dass die Zahl von
160 000 nicht ganz richtig ist, Herr Kolb. Ich möchte al-
lerdings darauf hinweisen, dass es nicht unser Ziel ist,
dass die Menschen mindestens zwei Jobs haben müssen,
um sich über Wasser halten zu können. – Oder die Ar-
beitnehmerin will sich ihr Studium finanzieren. Auch
der Rentner kann sich etwas dazu verdienen. Diese Mög-
lichkeit haben wir geschaffen.

Geringfügige Beschäftigung hat ein breites Spektrum.
Wenn wir uns den Bericht der Knappschaft über die ak-
tuelle Entwicklung der geringfügigen Beschäftigung am
Arbeitsmarkt ansehen, können wir feststellen, dass diese
Beschäftigungsart nicht gering bezahlter, weil gering be-
werteter Arbeit vorbehalten ist. In allen Wirtschaftszwei-
gen und Betrieben finden wir diese Beschäftigungsform.


(Zuruf von der SPD: Hört! Hört!)

Arbeitgeber kann beispielsweise der Existenzgründer

sein, der eine Stundenkraft zum Aufbau seiner Bürotech-
nik oder für die Computerbetreuung braucht. Auch ein
kleiner Handwerksbetrieb braucht nur eine Stundenkraft
und keine Buchhalterin, die ganztags oder halbtags be-
schäftigt ist. Arbeitsspitzen müssen abgefangen werden,
wobei wir allerdings dem Missbrauch vorbeugen und
darauf achten müssen, dass es keine Aufspaltung von
Vollzeitarbeitsplätzen gibt. Arbeitgeber kann auch der
Privathaushalt sein. Sie haben es bereits angesprochen.

Natürlich werden auch viele Arbeitssuchende, die ei-
gentlich Vollzeit arbeiten wollen, diese Jobs annehmen,
weil es sonst im Augenblick kein anderes Angebot für
sie gibt. Diese Tatsache verkenne ich nicht. Minijobs
sollen nicht die Regel werden, sondern als Brücke die-

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(C (D en. Wir Sozialdemokraten und auch unser Koalitionsartner erwarten von den Arbeitssuchenden, dass sie ein olches Arbeitsplatzangebot nicht ablehnen; denn es ist icht unbillig zu erwarten, dass diejenigen, die steuerfianzierte Leistungen erhalten, das Ihre dazu beitragen, ie Bedürftigkeit zu überwinden. Außerdem ist geringfügige Beschäftigung – ich komme u einer weiteren wichtigen Feststellung – nicht gleichusetzen mit Dumpinglöhnen. Wir werden das nicht un. Ich habe Sie hoffentlich falsch verstanden, dass Sie eringfügige Beschäftigung mit Billiglohn gleichsetzen ollen. Denn die Bezahlung in dieser Beschäftigung hat ich – das ist unsere Auffassung – nach Tariflohn bzw. ach ortsüblichem Lohn zu richten. (Beifall des Abg. Markus Kurth [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


as haben wir in Hartz IV ganz klar geregelt. Helfen Sie
etzt bitte mit, dass diese Regelung im Vermittlungsaus-
chuss nicht gekippt wird!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


amit kann das Arbeitsamt auch niemanden zwingen,
nter diesem Niveau eine Arbeit anzunehmen. Ich sage
as hier so deutlich, um einer Legendenbildung vorzu-
eugen.
Zwischen geringer Entlohnung – das sind zum Bei-

piel 6,85 Euro pro Stunde, was einem Tariflohn für eine
einigungskraft in einem Leiharbeitsunternehmen ent-
pricht, gegenüber 8,02 Euro pro Stunde im Gebäuderei-
igerhandwerk – und Dumpinglöhnen zwischen 2 und
Euro pro Stunde, wie Sie sie fordern,


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Niemand fordert das! Wir jedenfalls nicht!)


egen Welten. Jetzt werden die ganz Wirtschaftsfreundli-
hen wahrscheinlich sagen: Wenn tarifungebundene Fir-
en Leute finden, die – sagen wir einmal – für 400 Euro
00 Stunden arbeiten, dann soll es recht sein. Nein, das
arf uns nicht recht sein! Wir lassen doch nicht sehenden
uges zu, dass die funktionierende Sozialpartnerschaft
wischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern kaputtge-
acht wird,


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ass die gewissenhaften Arbeitgeber von Menschen-
chindern, die die Notlage der Arbeitssuchenden rück-
ichtslos ausnutzen, an die Wand gedrückt werden.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist ja die unterste Schublade des Klassenkampfes, die Sie da aufziehen!)


Wir alle in diesem Hause haben die Pflicht, aufzuklä-
en und Missbrauch zu verhindern. Selbst der FDP kann
s doch nicht recht sein, wenn hier Schmutzkonkurrenz
ntsteht, die den Wettbewerb massiv verzerrt. Wenn Ih-
en, wenn uns allen etwas am Mittelstand, den es jetzt
och gibt, liegt, dann haben wir alles zu tun, um faire






(A) )


)

Doris Barnett

Wettbewerbsbedingungen zu schaffen und zu erhalten.
Also: Hartz IV zustimmen!


(Beifall bei der SPD)

Wir können weder Wildwest- noch Wildostmethoden
dulden. Solchen Firmen darf die öffentliche Hand keine
Aufträge mehr erteilen.

In diesem Hause wird viel über die Dienstleistungsge-
sellschaft geredet. Wir gehen diesen Weg und haben da-
für auch sozialverträgliche Instrumente zur Verfügung
gestellt. Ich bin überzeugt, dass viele, die heute als Mini-
jobber bei einem Existenzgründer arbeiten, morgen von
ihm, wenn er sich etabliert hat, in Vollzeitbeschäftigung
übernommen werden. Dazu geben wir beiden Seiten
eine Chance.

Mini- und Midijobs, also geringfügige Beschäftigung,
gehören nicht in die Schmuddelecke; das hat weder der
Würstchenverkäufer noch der PC-Spezialist verdient.
Was sie trennt, sind die verschieden hohen Stunden-
löhne. Was sie eint, ist, dass ihre Arbeit der Sozialversi-
cherungspflicht unterliegt. Das ist eine Errungenschaft,
auf die wir Sozialdemokraten stolz sind.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir auch!)


Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507514000

Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird

Überweisung der Vorlage auf Drucksache 15/758 an die
in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge-
schlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der
Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 7 a und 7 b auf:
a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-

gierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten
Gesetzes zur Änderung des Filmförderungs-
gesetzes
– Drucksache 15/1506 –

(Erste Beratung 63. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Kultur und Medien (21. Ausschuss)

– Drucksache 15/1958 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Gisela Hilbrecht
Bernd Neumann (Bremen)

Claudia Roth (Augsburg)

Hans-Joachim Otto (Frankfurt)


b) Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten
Bernd Neumann (Bremen), Günter Nooke,
Renate Blank, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der CDU/CSU
Verbesserung der Rahmenbedingungen für
den deutschen Film

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(C (D – Drucksachen 15/1034, 15/1554 – Zum Gesetzentwurf der Bundesregierung liegt ein inrfraktioneller Änderungsantrag vor. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre keinen iderspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Frau taatsministerin Christina Weiss. D Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und erren! Der deutsche Film ist wieder in den Top Ten. er deutsche Film hat sich zurückgemeldet, er macht ieder neugierig und – noch wichtiger – er beweist wieer Mut; eine günstige Ausgangslage also, um ein neues ilmförderungsgesetz auf den Weg zu bringen, das die hancen des deutschen Films deutlich verbessern wird; ine Herausforderung zudem, endlich ein maßgeschneiertes Marketing für den deutschen Film zu entwerfen. Letztlich geht es nicht nur darum, den deutschen Film ierzulande erfolgreich in den Kinos zu halten; es geht uch darum, ihm den Weg in die internationale Arena zu bnen. Bei der heutigen Abstimmung über das neue ilmförderungsgesetz ernten wir die Früchte eines Reormprozesses, der mit dem ersten Bündnis für den ilm begann, der sich über fünf Runden hinzog, zahllose inzelgespräche und Einzelverhandlungen verlangte und chließlich im Kulturausschuss des Deutschen Bundestaes ankam. Es war gut, dass wir lange und intensiv über ie Zukunft des deutschen Films diskutiert und in kontruktiver Weise nach Chancen und Möglichkeiten geucht haben. Dafür gebührt dem Kulturausschuss großer ank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1507514100

Natürlich wird der deutsche Film nur so kühn und so
agemutig sein können, wie es die Künstler sind, die ihn
roduzieren. Die Politik aber hat die Frage zu beantwor-
en, wie stabil oder wie morsch die Strukturen der
ilmwirtschaft sind. Wer über Wirtschaft redet, der will
rfolg. Dazu will dieses Wirtschaftsgesetz auch beitra-
en, was nicht bedeutet, dass die Kunst dabei zerrieben
ird. Wenn wir einen neuen Zeitgeist im deutschen Kino
egistrieren, dann wollen wir auch, dass die Filme von
egisseurinnen und Regisseuren wie Wolfgang Becker,
önke Wortmann oder Christian Petzoldt dauerhaft ein
reites Publikum finden, auch im deutschen Kino.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Die drei Namen reichen nicht! Da fallen mir noch ein paar andere ein!)


er bei den genannten Beispielen davon spricht, hier
ätten die Regisseure Massengeschmack bedient, der be-
eidigt Macher, Aussagen und Talente.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(B)







(A) )



(B) )


Staatsministerin Dr. Christina Weiss

Der deutsche Film besitzt ein wachsendes Potenzial.

Er erreicht aber mit 11 bis 19 Prozent noch nicht den Zu-
schaueranteil, den er verdient. Wenn also die Zuschauer
wegbleiben, die Produzenten nicht solvent genug sind
und die Werbung zu bescheiden ausfällt, dann muss das
System verbessert werden. Unser Ziel ist, neben und
nach der Produktion das Marketing für die Filme ver-
bessern zu können. Dazu braucht man mehr Geld. Es ist
uns gelungen – und es kann in diesen Zeiten weiß Gott
nicht oft genug betont werden, dass es ein Gelingen
war –, das Fördervolumen um 40 Prozent zu erhöhen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Rund 64 statt 46 Millionen Euro fließen in die Kassen
der Filmförderungsanstalt. Niemand hätte daran zu Be-
ginn dieses Jahres geglaubt.


(Beifall bei der SPD)

Es geht aber nicht nur um Masse. Es geht auch darum,

ein bestehendes System so zu verändern, dass es den
Gesetzen der Kunst und nicht den Verordnungen der
Bürokratie folgt. Es geht um vier Schlüsselfiguren: die
Kreativen, die Produzenten, die Verleiher und die Kino-
betreiber. Kein guter Film ohne einen guten Stoff, kein
Ereignis ohne Begabung. Wenn wir nicht wollen, dass
allein das Fernsehen die Talente ködert, dann bedürfen
Autorinnen und Autoren sowie Regisseurinnen und Re-
gisseure einer wirksameren Fürsorge. Das neue Gesetz
enthält solche Anreize. Die Entwicklung des Drehbu-
ches rückt stärker in den Fokus der Filmpolitik. Das
künstlerische Urteil wird künftig in den Gremien der
Filmförderungsanstalt wichtiger sein.

Zweite Gruppe. Die Produzenten verfügen oft über
ein zu geringes Eigenkapital. Das macht sie von Juryent-
scheidungen abhängig; das schwächt ihre unternehmeri-
sche Eigenverantwortung. Deshalb wollen wir die Rah-
menbedingungen für das Beschaffen von Kapital
verändern. In der Novelle ist die Möglichkeit von Bürg-
schaften durch die FFA vorgesehen, die den Produzen-
tinnen und Produzenten eine Zwischenfinanzierung er-
leichtern sollen. Damit verbessern wir auch die
rechtlichen Rahmenbedingungen für Filmproduzenten in
Deutschland.

Außerdem weiten wir die automatische Referenz-
filmförderung aus. Erfolgreiche Produzenten, die ihre
Tauglichkeit sowohl bei den Zuschauern als auch bei
Festivaljuroren unter Beweis gestellt haben, können
ohne ein weiteres Juryvotum mit einer Förderung rech-
nen. Wir haben es uns mit der Referenzfilmföderung ge-
wiss nicht leicht gemacht. Das System brauchte eine
ganze Reihe von Feinjustierungen, um am Ende wirk-
sam werden zu können. Fest steht – das ist ganz neu in
diesem Gesetz –: Wir setzen nicht nur auf Zuschauer-
bzw. Mainstream-Erfolge. Wir prämieren vielmehr auch
den künstlerischen Wert eines Films.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D er gute Start auf einem Festival wird ebenso Anerkenung erfahren wie ein Preis. Nicht jeder Film erhält eien Preis auf einem Festival. (Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Wohl wahr!)


Wir wissen, dass Publikumsakzeptanz allein nicht
usreicht, um über Gewicht und Nachhaltigkeit eines
ilmes zu urteilen. Gerade deshalb haben wir andere
riterien aufgestellt, die vorher keinerlei Berücksichti-
ung fanden. Mit diesen Marken haben wir gezielt eine
ternationale Ausrichtung des deutschen Films ver-
nüpft. Derzeit fließt ein Lizenzentgelt von rund
70 Millionen Euro in den Import. Dem steht eine ma-
ere Exportsumme von 64,7 Millionen Euro gegenüber.
eutschland ist also ein Filmimportland. Gerade deshalb
t der Erfolg des deutschen Films auf Festivals im Aus-
and ebenso wichtig wie die Resonanz im Inland, und
war sowohl aus Exportgründen als auch aus kulturellen
ründen. Dies wird sich in einer handwerklich geschick-
ren Außenvertretung des deutschen Films beweisen
üssen.
Kommen wir zur dritten Gruppe, zu den Verleihern.

ie sind die Schaltstelle zwischen den Filmemachern
nd den Zuschauern. Aus diesem Grund heben wir die
bsatzförderung für Verleiher und Videovertriebe
eutlich an. Die Förderung wird um mehr als 100 Pro-
ent auf rund 14,5 Millionen Euro steigen. Darin enthal-
n sind auch Medialeistungen der Privatsender. Dies ist
ine enorme Anstrengung, die sich als effektive Wer-
ung für deutsche Kinofilme im Fernsehen auszahlen
ird. Wir können sicher sein, dass dies zu mehr Besu-
hern in unseren Kinos führen wird.
Ein Wort zu den Kinobetreibern: Ich bin froh über die
ielfalt unserer Kinoszene, über das Angebot der Film-
eater. Das soll auch so bleiben. Daher wollen wir mit
nserer Novelle vor allem kleine und mittlere Kinos, ins-
esondere Programmkinos, durch Investitionshilfen un-
rstützen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Novelle soll auch Signalwirkung für die Film-
irtschaft haben. Den deutschen Unternehmen werden
achstumsraten von jährlich 6,6 Prozent prophezeit.
ber 8 000 Unternehmen beschäftigen rund 100 000 Ar-
eitnehmer und weitere 50 000 freie Mitarbeiter. Zwar
pielt der Kinofilm im Hinblick auf den Gesamtumsatz
ine untergeordnete Rolle, aber er ist ein umso größerer
mageträger für die Branche, nicht mehr, aber auch nicht
eniger.
Es war schon davon die Rede, dass es mich mit

reude erfüllt, in welcher Weise das finanzielle Aufkom-
en für den deutschen Film steigt. Das ist in dieser Zeit
icht selbstverständlich, weil das Geld überall knapp ist.
afür braucht es starke Partner und vor allem ein verän-
ertes Bewusstsein für den deutschen Film. Beides war
orhanden. So dürfen wir heute davon sprechen, dass der
raftakt gelungen ist.






(A) )



(B) )


Staatsministerin Dr. Christina Weiss

Zu verdanken haben wir dies den Fernsehveranstal-

tern, die ihre freiwilligen Leistungen an die FFA auf
22 Millionen Euro erhöhen und damit verdoppeln. Be-
rücksichtigt man zugleich die Beteiligung der öffentlich-
rechtlichen Sender an den Filmförderungen der Länder
– davon kann man nicht absehen –, dann ergibt sich ein
doch beträchtlicher Beitrag der Sender für die deutsche
Filmwirtschaft. Eine Gerechtigkeitslücke, wie sie von
der Kinobranche geradezu kampagnenhaft beklagt
wurde, vermag ich nicht zu erkennen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wie sehr ARD und ZDF, den großen Geldgebern der
FFA, am Wohl des deutschen Films gelegen ist, beweist
auch die Tatsache, dass sie nun auf einen Sitz im Verga-
beausschuss verzichten, obwohl die Sitzverteilung unser
Verhandlungsergebnis war.


(Bernd Neumann [Bremen] [CDU/CSU]: Sie haben aber lange gebraucht! – Weitere Zurufe.)


Herr Otto, Verhandlungsergebnisse sind nach meiner
Kenntnis bislang noch keine Erpressungsversuche.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ARD und ZDF signalisieren Gleichbehandlung mit den
Privaten und ordnen eigene Interessen dem größeren
Ziel unter. Das ist verdienstvoll und solidarisch und fin-
det daher meinen Respekt.


(Beifall bei der SPD)

Spätestens damit war nämlich der Weg zu einem frakt-
ionsübergreifenden Solidarpakt für den deutschen Film
frei.

Wie Sie wissen, leistet auch die Kino- und Video-
wirtschaft ihren Beitrag, damit das Fördervolumen ange-
hoben werden kann. Ab kommendem Jahr soll die
gesetzliche Abgabe an die Filmförderungsanstalt
durchschnittlich 2,7 Prozent des Bruttoumsatzes an der
Kinokasse betragen.

Weil es hier in der Vergangenheit immer wieder zu
Protesten kam, will ich noch einmal deutlich beziffern,
worum es tatsächlich geht. Wir streiten uns um eine Ab-
gabe, die wir um genau 3 Cent pro verkaufte Kinokarte
erhöht haben. Davon zahlen die Kinobetreiber nur etwa
die Hälfte. Die andere Hälfte zahlen die Verleiher.
3 Cent mehr für die Zukunft des deutschen Filmes – zum
Vergleich: In Frankreich beträgt die Abgabe 11 Prozent.

Ich kann nachvollziehen, dass die Kinowirtschaft im
ersten Halbjahr von Umsatzeinbrüchen geschlagen war
und eine Abgabenerhöhung Unbehagen bereitet. Ich
kann nicht nachvollziehen, dass unsere Abgabe gleich zu
lebensgefährlichen Existenzkrisen führen soll, wie das
von Verbänden behauptet wird.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Bernd Neumann [Bremen] [CDU/CSU]: Das werden wir austesten!)


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(C (D ie Kampagnen, die die Novelle des Filmförderungsgeetzes begleitet haben, waren populistisch und irrefühend und schadeten der gemeinsamen Sache. Der Protestnebel hat den Blick für das Ziel verhängt nd außerdem einer falschen Strategie Vorschub geleiset. Denn je erfolgreicher der deutsche Film ist, umso oller sind die Kinos. So einfach ist das. Das Problem ind nicht die verkauften Kinokarten mit der Abgabe, as Problem sind die nicht verkauften Kinokarten. Daüber sollten wir an anderer Stelle reden. (Beifall bei der SPD – Bernd Neumann [Bremen] [CDU/CSU]: Es ist frappierend!)


as wir derzeit am wenigsten brauchen können, sind
charfmacherei und Egoismen. Das hat der deutsche
ilm in dieser Situation nicht verdient.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich einen
usblick wagen. Lassen Sie es mich mit Sepp Herberger
agen: „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel.“ Unsere No-
elle liegt vor. Damit sind wir in Führung. Aber es geht
eiter. Insbesondere im Urheber- und im Steuerrecht
tehen Veränderungen an, die keinerlei Aufschub dulden
nd an denen wir jetzt schon arbeiten müssen, noch be-
or das FFG beschlossen sein kann.
Anlässlich der Vorlage dieser Novelle möchte ich al-
n Beteiligten für die wirklich konstruktive Unterstüt-
ung und Zusammenarbeit herzlich danken. Ich wün-
che, dass wir mit dem Gesetz ein neues Marketing für
en deutschen Film begleiten können.
Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507514200

Nächster Redner ist der Kollege Bernd Neumann,
DU/CSU-Fraktion.


Bernd Neumann (CDU):
Rede ID: ID1507514300

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich weiß

icht, ob es sich bis zur Bundesregierung herumgespro-
hen hat, Frau Weiss: Wir diskutieren hier zwei Tages-
rdnungspunkte, zum einen das Filmförderungsgesetz
nd zum anderen die Antwort auf unsere Große Anfrage
u den Rahmenbedingungen für den deutschen Film, die
indestens so entscheidend sind wie das Filmförde-
ungsgesetz. Es ist bezeichnend, dass Sie dazu bis auf ei-
en Halbsatz am Schluss nichts gesagt haben. Ich bedau-
re das schon zu Anfang.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP])


Zur Lage des deutschen Films möchte ich einige we-
ige Bemerkungen machen. Licht und Schatten liegen
ng beieinander. Positiv kann man die Erfolge – vor allem
ie internationalen Erfolge – einzelner deutscher Filme
ennen: den Oscar für „Nirgendwo in Afrika“, den Gol-
enen Löwen für Katja Riemann in „Rosenstraße“, wie
atürlich auch den insbesondere in Deutschland erfolg-
eichen Film „Good Bye, Lenin!“, der allerdings auch






(A) )



(B) )


Bernd Neumann (Bremen)


international reüssiert. Einen deutschen Film, den in
Frankreich mittlerweile mehr als 1 Million Zuschauer
gesehen haben, hat es lange nicht mehr gegeben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das ist das Positive.
Bedingt positiv ist der Marktanteil deutscher Filme

in den deutschen Kinos. Im Jahre 2003 liegt dieser
Marktanteil zurzeit bei 14,5 Prozent. Man kann nun sa-
gen, dass das eine Steigerung gegenüber dem Marktan-
teil von 11,8 Prozent im Jahre 2002 ist. Dennoch ist dies
sehr trügerisch; denn wenn Sie sich bei den deutschen
Filmen den einen Erfolgsfilm „Good Bye, Lenin!“ weg-
denken – das wollen an sich wir nicht tun –, dann liegen
wir bereits bei einem Anteil von 7,8 Prozent. Das heißt,
der Erfolg von „Good Bye, Lenin!“ macht 44 Prozent
des Anteils deutscher Filme in den deutschen Kinos aus.
Weil man nicht davon ausgehen kann, dass in jedem Jahr
ein solcher Volltreffer gelingt, kann einem bei diesen
Zahlen nicht ganz wohl sein. Auch dies muss gesagt
werden.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer! – Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU]: Ich habe den Film zweimal gesehen!)


Negativ ist die dramatische Entwicklung in den Kinos.
Ich rede hier noch gar nicht von der Abgabe, Frau Weiss,
aber Sie sollten diese Entwicklung zumindest zur Kennt-
nis nehmen; denn zum Film gehört das Kino. Wir haben
in den letzten neun Monaten einen Umsatzrückgang von
90 Millionen Euro – das sind 13,3 Prozent – und einen
Besucherrückgang um 12,1 Prozent, von 116 Millionen
im vergleichbaren Zeitraum des Vorjahres auf 102 Mil-
lionen, zu verzeichnen. Sie wissen, dass sich viele Ki-
nos, insbesondere kleine Kinos, in einer Existenzkrise
befinden, die sich allerdings zunehmend nicht nur auf
die kleinen, sondern auch auf die Multiplexkinos be-
zieht. Wenn Kinos um ihre Existenz ringen, habe ich
schon Verständnis dafür, dass die Kinobetreiber sagen:
Wir haben Bedenken, dass die Abgabe, die wir leisten
müssen, erhöht wird. Immerhin soll sie von
21,3 Millionen Euro auf 25 Millionen Euro erhöht wer-
den. Das ist schon ein gang schöner Brocken. Das würde
ich nicht so abtun, wie Sie das gemacht haben.

Nun zum Filmförderungsgesetz selbst. Wir stimmen
ihm zu, weil die wesentlichen Forderungen von uns, die
wir im Laufe des Verfahrens auch auf Grundlage des er-
folgten Hearings gestellt haben, übernommen wurden
und dadurch aus meiner Sicht der Regierungsentwurf an
wichtigen Punkten entscheidend verbessert wurde.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Das neue Filmförderungsgesetz wird in der Tat, so
glaube ich, zur Stärkung des deutschen Films einen
Beitrag leisten. Dass wir dieses Gesetz einstimmig be-
schließen, ist heutzutage schon etwas Besonderes; bei
anderen Gesetzentwürfen wissen wir gar nicht, wie sie
am Ende aussehen werden. Diese Einstimmigkeit – das

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(C (D ill ich an dieser Stelle sagen – hat auch etwas mit dem lima zu tun, in dem man arbeitet. Ich möchte vorweg wei Personen nennen, von denen ich glaube, dass sie ntscheidend dazu beigetragen haben, dass es möglich ar, ein solches Ergebnis zu erreichen: Das ist im Miniserium Ihr Mitarbeiter Hanten und das ist meine Kollegin isela Hilbrecht, früher Schröter. Nur durch diese Zuammenarbeit und durch das Entgegenkommen – das ist a eine gute Sache – ist es gelungen, zu so einem Ergebis zu kommen. Dafür sage ich Danke schön. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Was hat sich positiv verändert? Erstens. Das Gremium-
onstrum Deutscher Filmrat, das Sie wollten, fällt weg –
eniger Gremien, weniger Bürokratie.


(Beifall des Abg. Dr. Friedbert Pflüger [CDU/ CSU] sowie des Abg. Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP])


ie Kreativen sind gestärkt worden – in Gremien und
urch die Mittel, die sie bekommen –; denn die beste Vo-
aussetzung für einen stärkeren Erfolg des deutschen Fil-
es ist in erster Linie nicht die Summe der Förderung,
ondern sind viel mehr bessere Filme.


(Beifall des Abg. Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP])


iel mehr bessere Filme bedeutet: Viel mehr tun für Kre-
tive und sie unterstützen; denn sie bringen die Filme
eraus.
Nächster Punkt. Die hohe Schwelle von 150 000 Punk-
n, die notwendig ist für die Referenzförderung – von
ielen Beteiligten aus der Branche so nicht akzeptiert –, ha-
en wir reduziert bzw. haben deren Erreichbarkeit er-
eichtert, indem wir das Votum bzw. die Prädikate der
ilmbewertungsstelle Wiesbaden wieder mit zusätzli-
hen 50 000 Punkten einbezogen haben, sodass diese
chwelle jetzt auch von vielen kleineren Filmen und de-
en Verantwortlichen erreicht werden kann.
Der Verwaltungsrat ist verändert worden. An dieser

telle hebe ich hervor, dass auf unseren Wunsch und im
egensatz zu dem, was Sie wollten, nach wie vor beide
irchen vertreten sind.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben wir aber auch gewollt!)


ch halte es schon für wichtig, dass beiden Kirchen das
echt zugestanden wird, in einem kulturellen Gremium,
as über 30 Mitglieder hat, vertreten zu sein.
Wie der nächste Punkt gelaufen ist, ist schon etwas

benteuerlich, Gisela Hilbrecht. Sie sagen jetzt, der Er-
olg bestehe darin, dass Sie sich mit einem Vertreter der
ffentlich-rechtlichen Anstalten bescheiden, obwohl im
egierungsentwurf eine Verdoppelung auf zwei vorgese-
en war. Dieses Hin und Her hätten Sie einfacher haben
önnen, wenn Sie in der letzten Sitzung den Voten des
DP-Kollegen Otto und mir gefolgt wären. Gott sei
ank haben Sie nun eingelenkt, wenngleich nicht dank
hrer Einsicht, sondern dank der Einsicht der öffentlich-






(A) )



(B) )


Bernd Neumann (Bremen)


rechtlichen Rundfunkanstalten. Ich begrüße dies außer-
ordentlich.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Meine Damen und Herren, im Regierungsentwurf

werden Schutzbestimmungen zugunsten inländischer
filmtechnischer Betriebe beseitigt, nicht aus Bösartig-
keit, sondern weil wir Deutschen wie so häufig meinen,
wir müssten im Gegensatz zu anderen, etwa den Franzo-
sen, schnell europäisch handeln. Über den Ausschuss ist
erreicht worden, dass Sie nach Abwarten dessen, was
sich auf EU-Ebene tun wird, über eine Rechtsverord-
nung deutsche filmtechnische Betriebe schützen können.
Nach meiner Auffassung müssen wir genau so deutsch
handeln, wie die Franzosen französisch handeln. Wir
wollten damit sicherstellen, dass wir alle zulässigen
Quoten ausnutzen können, wenn es um die Interessen
und die Arbeitsplätze unserer filmtechnischen Betriebe
geht.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Nun komme ich zum letzten Punkt der zu bewerten-

den Sachverhalte, zur Mittelerhöhung; darauf bin ich
schon in der ersten Lesung eingegangen. Sie sagen vol-
ler Stolz, es sei Ihnen gelungen, die Mittel um
40 Prozent zu erhöhen. So einfach geht es mit den Erfol-
gen der Bundesregierung nicht immer! Die Erhöhung ist
dadurch möglich geworden, dass Sie die Abgaben erhöht
haben, die andere leisten; Sie haben gar nichts dazu ge-
tan. Andere – die Videounternehmen, die Kinounterneh-
men, die Fernsehanstalten – müssen mehr zahlen.


(Ute Kumpf [SPD]: Ja, und? Was ist so schlecht daran?)


Das haben Sie vereinbart oder gesetzlich festgelegt.
Dass dies ein großartiger Erfolg der Bundesregierung
sein soll, vermag ich nicht zu erkennen, auch wenn ich
merke, dass Sie stolz darauf sind, wenn Sie Unterneh-
men mehr abknöpfen können, und dies als Meisterleis-
tung ansehen.

Ich unterstütze dies ja im Hinblick auf die Leistungen
des Fernsehens. Angesichts des hohen Gebührenvolu-
mens von 6,5 Milliarden Euro ist es nach wie vor sehr
bescheiden, nur 11 Millionen Euro in die Filmwirtschaft
zu stecken.


(Beifall des Abg. Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP])


Aus meiner Sicht können sie in der Tat mehr leisten.
Man muss aber darüber nachdenken, welche Folgen

dies im Bereich der Filmtheater haben kann. Ich habe
schon darauf hingewiesen, dass im Regierungsentwurf
eine Erhöhung um 18,74 Prozent von rund 21 Millionen
auf 25 Millionen Euro vorgesehen ist. In der ersten Le-
sung, als Sie Ihren Entwurf vorstellten, sagte ich, wir
würden in einer Zeit, in der ein Kinosterben stattfindet,
nicht daran mitwirken, die Abgabe für Kinounternehmen
zu erhöhen. Sie haben dann mit den Betroffenen Verein-
barungen getroffen. Richtig ist, dass die Filmwirtschaft
der Abgabe zugestimmt hat, nachdem Sie sie erst einmal
reduziert hatten. Im Ausschuss wurde dann noch auf unsere

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(C (D nitiative hin sichergestellt, dass alle Kinos gleich behandelt erden. Vorgesehen war nämlich, dass Kinos mit kleineren msätzen prozentual mehr bezahlen als Kinos mit höheren msätzen. Dies haben wir jetzt verändert; das ist gut so. un haben wir neueste Brandbriefe bekommen – das muss an hier fairerweise sagen –, in denen die Kinowirtschaft arum bittet, in Anbetracht ihrer existenziellen Schwieigkeiten die vorgesehene Erhöhung noch einmal um ,2 Prozentpunkte zu reduzieren. Mittlerweile fürchten icht mehr nur die kleinen Kinos, sondern auch schon ie großen um ihre Existenz. Ich habe am Wochenende Kontakt mit Vertretern der oalition aufgenommen und sie gefragt, ob man noch etas tun könne. Mir ist signalisiert worden, dass Sie, Frau eiss, nicht dazu bereit seien – das respektiere ich –, weil ie der Meinung sind, dass alles zusammenbrechen önnte, wenn Sie das Fass noch einmal aufmachen. Das ehe ich nicht so. Ich bin der Meinung, wenn wir das och ändern, würde es zum Filmförderungsgesetz nicht ur in diesem Hause Einstimmigkeit geben, sondern in er ganzen Branche. Das wäre doch großartig! Leider ist as nicht zu erreichen. Ich gebe zu: Das alles ist ein weig spät gekommen. Trotzdem hat die Branche ein Recht arauf, dass wir das hier benennen. So weit zum ersten Teil der Debatte, auf den Sie, Frau eiss, sich in Ihren Ausführungen beschränkt haben. Der weite Teil der Debatte betrifft die Große Anfrage zu den onstigen Rahmenbedingungen der Filmwirtschaft, auf ie Sie eine umfangreiche Antwort vorgelegt haben. ielleicht erinnern Sie sich nicht mehr daran, verehrte rau Staatsministerin Weiss, schließlich sind Sie nicht arauf eingegangen. So wichtig es auch ist, dass wir über as neue Filmförderungsgesetz den deutschen Film stären; man darf die sonstigen wirtschaftlichen Rahmenbeingungen, unter denen die deutsche Filmwirtschaft auf uropäischer und internationaler Ebene antreten muss, icht vergessen. Das ist ebenso wichtig, vielleicht sogar och wichtiger. Hierzu will ich vier Punkte nennen, die n der Großen Anfrage eine wichtige Rolle gespielt haen. Der erste Punkt betrifft internationale Koproduktionen. er im Januar 2001 vom BMF veröffentliche Medienerass hat für deutsche Produzenten – das wissen Sie geauso gut wie ich – die Möglichkeit, sich an internatioalen Koproduktionen zu beteiligen, dramatisch rschwert. Dabei kann man heute fast nur im Rahmen on Koproduktionen Filme machen. Die Zahl der Koroduktionen ist seitdem kontinuierlich zurückgeganen. Der zweite Punkt betrifft Medienfonds. Jährlich wer en in Deutschland mehrere Milliarden Euro in so geannte Medienfonds investiert. 80 Prozent dieser Gelder, enn nicht sogar noch mehr, fließen in Hollywood-Prouktionen. Damit gehen für deutsche bzw. europäische inofilme beträchtliche Mittel verloren. Zugleich wiren sich die mit ihnen Fonds verbundenen Investitionen berwiegend nicht in Deutschland aus. Der dritte Punkt betrifft das Urheberrecht. Die Posi ion der Produzenten wurde durch die Novellierung des rhebervertragsrechts nicht, wie versprochen, gestärkt, Bernd Neumann sondern eher geschwächt; fragen Sie in der Branche nach. Auch bei der jüngsten Umsetzung der EU-Richtlinie zum Urheberrecht in der Informationsgesellschaft wurde die begründete Forderung der Filmwirtschaft, eine generelle „Bereichsausnahme Film“ zu verankern, nicht ausreichend berücksichtigt. Der vierte Punkt betrifft steuerliche Präferenzen. Diese hat einer Ihrer Vorgänger angekündigt. Wie Sie wissen, messe ich Ihre Leistungen an den Ankündigungen. (Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Das ist viel wert!)





(A) )


(B) )


– Das bedeutet für mich eine gewisse Seriosität. Herr
Otto meint, das seien Unterstellungen und nicht mehr.
Das stimmt nicht; ich nehme das ernst.


(Dr. Norbert Lammert [CDU/CSU]: Das ist manchmal auch berechtigt!)


Ihr Vorgänger hat deutlich gemacht, dass es nötig sei,
eine steuerliche Förderung einzuführen bzw. Anreize für
Produktionen zu geben, wie das in vielen anderen Län-
dern üblich ist – deswegen müssten wir nachziehen –,
um die internationale Wettbewerbsfähigkeit des deut-
schen Films zu stärken.

Meine Damen und Herren, bei diesen vier Forderun-
gen sind wir und die BKM noch nicht einmal auseinan-
der. Verehrte Frau Weiss, diese Punkte wurden von der
Filmwirtschaft zusätzlich zur Novellierung des Filmför-
derungsgesetzes als ganz wichtig genannt. Zu diesem
Ergebnis kam man im ersten Bündnis für den Film 1999
unter Ihrem verehrten, aber noch nicht vergessenen Vor-
gänger Naumann und auch unter seinem Nachfolger und
Ihrem direkten Vorgänger Nida-Rümelin. Alle, auch Sie,
haben immer wieder deutlich gemacht, dass diese
Punkte wichtig sind und dass man sie auch umsetzen
wolle.

Vor diesem Hintergrund stellt sich die berechtigte
Frage, wie weit Sie bei der Umsetzung fortgeschritten
sind. Angesichts der Antwort auf die Große Anfrage, in
der wir diese Punkte präzisiert haben, bestätigt sich, dass
Sie keinen Schritt weitergekommen sind. Deswegen ha-
ben Sie auch nichts dazu gesagt.

Meine Damen und Herren, nun kann man meinen,
dass das nur die Opposition so kritisch sieht. Ich habe
Ihre Antwort den verschiedenen Sachverständigen in der
Filmbranche zugestellt und gefragt, wie sie dies sehen
und ob sie damit einverstanden sind.

Nehmen wir den ersten Punkt, den Medienerlass. Ich
zitiere film 20 – die kundigen Thebaner wissen, dass da-
hinter potenzielle Kräfte der deutschen Filmwirtschaft
stehen; mit einigen von ihnen haben Sie einen außeror-
dentlich guten Kontakt, was letztlich auch zur Etablie-
rung der Filmakademie geführt hat –:

Der Medienerlass ist und bleibt eine Krux für die
deutsche Filmwirtschaft … hat in den Feldern
Nachweis der Herstellereigenschaft der Anleger,
Behinderung von internationalen Koproduktionen
zu Dauerirritation, Rechtsunsicherheit und drasti-
schen Wettbewerbsnachteilen für die deutsche

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(C (D Filmwirtschaft gegenüber internationalen Wettbewerbern geführt. Es geht weiter, wobei es hier um die Frage der Koprouktion und darum geht, ob es zwei Betriebsstätten sind der nicht; es ist eine steuerliche Frage: Die Betriebsstätnregelung ist bezogen auf die Doppelbesteuerung, die urch diesen Medienerlass droht, nach wie vor nicht aus er Welt. Wortwörtlich heißt es: „Nichts ist bis heute assiert.“ – Das war der Bereich der internationalen Koroduktion. Es wurde seit langem angekündigt, die Beiebsstättenregelung abzuschaffen; sie stellt ein großes roblem für die Filmwirtschaft dar. Nichts ist passiert. Ich komme zum zweiten Punkt, den Fonds. Es geht ier um die Herstellereigenschaft des Fonds. Ich nehme ine andere Stellungnahme, und zwar die der Arbeitsgeeinschaft Dokumentarfilm. Sie schrieb – Zitat –: Die Bundesregierung hat sich vor dieser Frage herumgedrückt, umso mehr, als die deutschen Fondsbetreiber angeboten hatten, eine 20-prozentige Mittelbindung für Deutschland einzuführen. avon lese ich bei Ihnen überhaupt nichts. Man kann as ja positiv oder negativ bewerten, man sollte es aber umindest erwähnen. Zu diesem Problem schreibt film 20: Was hat nun der neue BMF-Brief tatsächlich praktisch gebracht? Ein Beschäftigungsprogramm für Beiräte! Herstellereigenschaft erfordert die tatsächliche und wesentliche Einflussnahme auf das Produkt, weil Anleger das unmöglich leisten können und das massenhafte Mitreden das ist die Folge dieses neuen Schreibens und der Inerpretation des BMF – der Filmproduktion nun auch tatsächlich total widerspricht – da sagt jeder Produzent, jeder Regisseur ganz laut „Nein, Danke!“… Das Ganze verteuert die Overheadkosten der Fonds, weniger Geld fließt in die Filme – und schon gar nicht in die Filmwirtschaft in unserem Land. Die Bilanz: Nebenkriegsschauplatz erweitert – Hauptproblem der Finanzierung von halb Hollywood mit deutschem Steuergeld nicht gelöst! ernichtender als dieses Urteil der Filmwirtschaft kann och gar nichts sein. Weiter heißt es von film 20 – dazu gehören ja Eichinger nd Co, also all diejenigen, die die Filmakademie gegrünet haben: Unsere Frage – hier wie nur zu oft: Wer küsst den Finanzminister wach? … Wenn der Fachminister so sagen sie – das nicht bringt – muss der Chef tätig werden. Meine Damen und Herren, es ist weiß Gott kein gutes eugnis für die verantwortliche Ministerin, wenn die ranche sagt, dass jetzt der Chef ran muss. Ja, vielleicht uss er ran. Ich bin der Auffassung, wir alle müssen ran; enn so, wie es ist, kann es nicht bleiben. Bernd Neumann Lassen Sie mich nun zu einem wichtigen letzten Punkt kommen, der auch Gegenstand der Anfrage ist. Das Enttäuschendste war die Antwort der Bundesregierung auf eines der größten Probleme der Filmwirtschaft, nämlich die dramatisch schnelle Ausweitung des massenhaften Diebstahls im Spielfilmbereich. Es geht um Raubkopien von Kinofilmen und das illegale Herunterladen aus dem Internet, wodurch die Kinound Videowirtschaft ihre Exklusivität und damit einen erheblichen Teil ihrer potenziellen Besucher und Käufer verliert. Wenn Sie sich die neuesten Untersuchungen der FFA dazu ansehen, dann erkennen Sie, dass wir es hier mit einer dramatischen Entwicklung zu tun haben. Im Zeitraum von Januar bis August 2003 wurden zum Beispiel 9,6 Millionen DVD-Rohlinge mit Kinofilmen bespielt. Bereits nach acht Monaten liegen diese Werte damit über dem Ergebnis des Gesamtjahres 2002. Ich muss dazu sagen: Dabei wird immer illegal gehandelt. Die anderen müssen Geld damit verdienen. (Klaus Uwe Benneter [SPD]: Wen wollen Sie dafür verantwortlich machen? – Gegenruf des Abg. Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Die Bundesregierung!)





(A) )


(B) )


– Ich hätte es gleich gesagt, aber Sie greifen mir vor,
Herr Kollege Otto. Deshalb unterbreche ich jetzt meinen
Gedankenfaden.

Es geht nicht darum, wen ich dafür verantwortlich
mache. Natürlich ist Frau Weiss dafür nicht verantwort-
lich, es sei denn, sie lädt selbst Filme herunter, was ich
nicht glaube. Aber die Bundesregierung ist verantwort-
lich, wenn sie sich nicht um dieses Problem kümmert.
Wir müssen dieses Problem diskutieren und Initiativen
ergreifen. Darum geht es.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Die Hälfte – 53 Prozent – der so genannten Filmbren-
ner gibt an, auch für Personen außerhalb des eigenen
Haushaltes zu kopieren. Knapp 1 Million Personen besa-
ßen eine Kopie des Filmes „Terminator 3“ schon einen
Monat nach Kinostart, bevor er überhaupt in die deut-
schen Kinos kam. Circa 1,6 Millionen Personen verfüg-
ten bereits im Vorfeld der Videoveröffentlichung über
eine Kopie von „Herr der Ringe“, circa 770 000 von
„Good Bye, Lenin!“. Mit 13,3 Millionen downgeloade-
ten Spielfilmen bzw. Kinofilmen wurden in den ersten
acht Monaten des Jahres 2003 bereits fast so viele Filme
wie im Gesamtjahr 2002 aus dem Internet heruntergela-
den. Damit Sie mich richtig verstehen: Ich sage dies
nicht im Sinne einer Anklage, sonder vor dem Hinter-
grund eines großen Problems: Wenn dies so weitergeht,
werden viele Existenzen in der Musik- und Filmbranche
vernichtet.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Darüber reden wir doch! – Horst Kubatschka [SPD]: Lenin hätte gesagt: Was tun? – Gegenruf des Abg. Dr. Norbert Lammert [CDU/CSU]: Wie heißt der Regisseur?)


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(C (D Jetzt komme ich zu Ihnen, Frau Weiss. Sie weisen in hrer Antwort lapidar – lesen Sie es bitte selbst einmal ach – auf die gesetzliche Lage hin. Angeblich sei daurch alles geregelt. Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des ollegen Benneter? (Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Filmpolitiker Benneter!)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507514400


Bernd Neumann (CDU):
Rede ID: ID1507514500

Unter der Voraussetzung, dass die Uhr wie immer an-

ehalten wird – eine Minute Redezeit brauche ich noch –,
ern.

Klaus Uwe Benneter (SPD):
Rede ID: ID1507514600

Herr Kollege Neumann, sind Sie bereit, zur Kenntnis

u nehmen, dass wir uns beispielsweise im Rechtsaus-
chuss schon längst mit den Urheberrechten beschäfti-
en, um genau die Probleme anzugehen, die Sie eben an-
esprochen haben?

Bernd Neumann (CDU):
Rede ID: ID1507514700

Ich nehme das zur Kenntnis. Ich finde es gut, dass Sie

as tun. Haben Sie aber Verständnis dafür,

(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Sind Sie bereit zur Kenntnis zu nehmen?)

ass man enttäuscht ist – schließlich gibt es eine Staats-
inisterin für Kultur und Medien; das betrifft uns ge-
auso wie die Arbeitsgruppe im Rechtsausschuss –,
enn auf die Frage, was die Regierung bei diesem Pro-
lem zu tun gedenkt, nur ein lapidarer Hinweis auf die
erzeitige gesetzliche Lage erfolgt. Wenn es so ist, dass
ies im Rechtsausschuss ein wichtiges Thema ist, be-
rüße ich dies. Ich unterstütze Sie. Es wäre sehr gut,
rau Weiss, wenn Sie sich mit einem ähnlich großen En-
agement wie Ihre Kollegen im Bereich der Justiz – Sie
ind inhaltlich für Medien zuständig; sonst brauchen wir
einen Staatsminister für diese Aufgabe – damit befas-
en. Ich glaube, darin sind wir uns einig, Kollege
enneter.
Die Missachtung des geistigen Eigentums – ich habe

as kurz angedeutet – führt zu Umsatzeinbrüchen, Ar-
eitsplatzverlusten und Steuerausfällen. Wir wollen
iese verhängnisvolle Entwicklung im Interesse der Kre-
tivwirtschaft in Deutschland und der Menschen, die für
nd von ihrer Kunst und Kreativität leben wollen, brem-
en. Verehrte Staatsministerin, es ist Ihre Aufgabe, sich
n dieser Diskussion federführend zu beteiligen, Fakten
nd Meinungen zu sammeln, die Gesetzgebung zu be-
leiten, sie sogar zu beeinflussen.
In den USA beispielsweise hat der amerikanische Kon-

ress ausschließlich zu dieser Thematik einen hochkaräti-
en Ausschuss mit Mitgliedern aller Parteien aus beiden
äusern eingesetzt, also Repräsentantenhaus und Senat, um
chutzmaßnahmen auf internationaler Ebene zu diskutieren
nd zu erarbeiten mit dem Ziel, die digitalen Film- und Mu-
iktechnologien zu schützen. Sie gelten dort – ich glaube,






(A) )



(B) )


Bernd Neumann (Bremen)


das gilt bedingt auch für Deutschland – als Schlüssel für
amerikanisches Wirtschaftswachstum. Ich darf darauf
hinweisen, dass meine Fraktion unter Leitung der Kolle-
gen Kampeter und Krings just zu diesem Thema eine Ar-
beitsgruppe eingesetzt hat.

Ich komme zum Schluss. Sie sehen: Trotz einmütiger
Verabschiedung eines ordentlichen Filmförderungsge-
setzes bleibt politisch für den deutschen Film und seine
Wirtschaft noch viel zu tun. Es wäre zu wünschen, dass
wir – Frau Kollegin Hilbrecht und Frau Kollegin Roth,
ich beziehe Sie ein; ich habe Sie vorhin deshalb nicht ge-
nannt, weil wir noch nicht so lange zusammenarbeiten –
auch die von mir genannten Fragen möglichst überpar-
teilich im Konsens zügig bearbeiten. Dies täte dem deut-
schen Film außerordentlich gut.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507514800

Nächste Rednerin ist die Kollegin Claudia Roth,

Bündnis 90/Die Grünen.
Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-

NEN):
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Liebe Chefin Christina Weiss!

(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Chefin?)

Alice sucht gemeinsam mit anderen Überlebenden nach ei-
nem Weg – hören Sie zu, das gefällt Ihnen bestimmt – aus
dem zerstörten Biotechnologielabor.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Ach!)

– Das gefällt Ihnen, das weiß ich doch. – Dabei stößt sie
auf eine Art Zombie,


(Zuruf von der SPD: Der heißt Otto!)

der durch gefährliche Erreger zu einem mörderischen
Monster mutiert ist und die gesamte Menschheit auslö-
schen will. Die Treffsicherheit der Menschheitsretterin
Alice wird wieder einmal auf eine harte Probe gestellt.

Warum ich Ihnen das erzähle? Erstens, um Herrn Otto
eine Freude zu machen,


(Beifall bei der FDP – Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Gut!)


zweitens will ich Ihnen aber keine Angst machen, son-
dern verdeutlichen, wie vielfältig und global unsere
deutsche Filmlandschaft inzwischen ist. Die beschrie-
bene Szene stammt aus der Fortsetzung des Science-Fic-
tion-Films „Resident Evil“, dem in den USA am erfolg-
reichsten gestarteten Film in der letzten Zeit. Es ist ein
deutscher Film, der in Babelsberg und Adlershof gedreht
wurde.

Aber auch die nachdenkenswerten Stunden, die uns
Joseph Fiennes, Alfred Molina, Bruno Ganz und vor al-
lem Sir Peter Ustinov in dem Film „Luther“ geschenkt

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(C (D aben – ich habe viel darüber nachgedacht, zum Beispiel ie der Bauernkrieg beschrieben wird –, (Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Nachdenken muss nie falsch sein!)


tammen aus einem deutschen Film, gedreht in Europa,
rstaufgeführt in den USA, mit einem kanadischen Re-
isseur und produziert von einem Team aus Berlin. Was
ir sehr wichtig ist: Auch „Bernau liegt am Meer“,
Bungalow“, „Science-Fiction“ und „Die wilden Kerle“
ind deutsche Filme, die zu Recht den Weg in unsere Ki-
os finden. Was ich sagen will: Die Mischung macht’s.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Die Milch macht’s!)


Die Mischung macht’s, Herr Otto. Die Milch macht‘s
uch, aber das ist ein anderes Thema. Das kann ich Ih-
en, da ich aus Bayern komme, gern mal erzählen.
Die Filmförderung ist absolut notwendig für den

eutschen Film und die deutsche Filmwirtschaft. Ohne
ilmförderung würde kaum eine deutsche Produktion
as Licht der Leinwand erblicken. Deshalb ist es auch so
nheimlich wichtig, dass sich trotz der damit verbunde-
en Verhandlungsschwierigkeiten und Kompromisse auf
llen Seiten die Fördersumme für den deutschen Film
nsgesamt um rund 40 Prozent erhöht hat. Herr
eumann, natürlich hat Christina Weiss an diesen Ver-
andlungen und an diesem Ergebnis einen ganz hohen
nteil. Dafür bin ich ihr sehr dankbar.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Für diese Aufstockung möchte ich mich bei allen
eldgebern und Verhandlungspartnern und -partnerin-
en nochmals ausdrücklich bedanken. Aber die Filmför-
erung ist immer ein – manchmal extremer – Spagat
wischen ökonomischer Förderung und kultureller För-
erung. Ich finde – das sage ich an dieser Stelle nicht
anz ohne Stolz –, dass uns eben dieser Spagat zwischen
ommerziellen und kulturellen Kriterien mit der Novel-
ierung des Filmförderungsgesetzes mehr als gut gelun-
en ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wir stärken zum einen die deutsche Produktionswirt-
chaft. Produzenten und Produzentinnen von Erfolgsfil-
en bekommen in größerem Umfang Mittel zur Verfü-
ung gestellt, die sie zur Stärkung ihres Eigenkapitals
nd auch für Nachfolgeprojekte verwenden können.
inder-, Erstlings- und Dokumentarfilme werden mit
infacheren Kriterien an der so genannten Referenzfilm-
örderung partizipieren können, bei der auch kulturelle
spekte zählen. Insbesondere Festivalnominierungen
nd -einladungen werden bei den Ausschüttungen be-
ücksichtigt. Das finde ich sehr positiv.
Aber so wichtig die Stärkung der Produzenten und

er Produktionswirtschaft für den deutschen Film auch
st: Der künstlerisch-kreative Bereich darf nicht zu
urz kommen. Dazu haben wir mit diesem Gesetz ziem-
ich viel beigetragen. So werden zukünftig in den Ent-






(A) )



(B) )


Claudia Roth (Augsburg)


scheidungsgremien der Filmförderungsanstalt erstmals
auch Drehbuchautoren und -autorinnen, Kurzfilmer und
Regisseure vertreten sein.

Zusätzlichen frischen Wind – ich glaube, das ist sehr
wichtig für die kreative Fantasie – wird es in diesen Gre-
mien durch eine von uns durchgesetzte Frauenquote ge-
ben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Herr Neumann hat ihr zugestimmt. Er wird wissen, wa-
rum. Die Zeiten, in denen sich ausschließlich ältere
männliche Herrschaften zum Zigarrerauchen versam-
melt haben – damit will ich niemandem zu nahe treten –,
sind vorbei.


(Ute Kumpf [SPD]: Jetzt rauchen wir die Zigarren!)


Das tut nicht nur den Nichtrauchern gut.
„Die Elf von Bern spielte nie wieder zusammen“,

heißt es bei Sönke Wortmann in dem wunderbaren Film
„Das Wunder von Bern“ am Ende etwas melodramatisch
und bedauernd. Unsere Elf spielte noch nie zusammen,
stelle ich bezogen auf die neue, elfköpfige Vergabe-
kommission der FFA optimistisch und hoffnungsfroh
fest. Da eine Elf nun einmal elf Spieler hat, ist es zu be-
grüßen, dass ein Vertreter der öffentlich-rechtlichen
Rundfunkanstalten die Ersatzbank stärkt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Sehr gut! Darin sind wir uns doch einig!)


Erstmals sind Regisseure, Drehbuchautoren, Kurzfil-
mer und Kurzfilmerinnen in der Vergabekommission mit
festen Sitzen vertreten. Ich bin sicher, dass sie den filmi-
schen Sachverstand in diesem wichtigen Gremium er-
weitern.

Es gibt zahlreiche weitere Erfolge, die wir uns ge-
meinsam auf die Fahne schreiben können. Kurzfilme
und Drehbücher werden mit 2 Prozent statt, wie geplant,
mit 1,5 Prozent der FFA-Einnahmen gefördert. Analog
zu der Praxis in den Filmhochschulen können Kurzfilme
mit einer Länge von bis zu 45 statt 15 Minuten gefördert
werden, sofern es sich um Erstlingswerke oder Hoch-
schulfilme handelt. Den Deutschen Filmrat als zusätzli-
ches Gremium wird es zu Recht nicht geben. Darin
stimme ich Herrn Neumann explizit zu.

Natürlich lassen sich – das habe ich gelernt – im Rah-
men einer solchen Novellierung nicht alle sinnvollen
Vorschläge sofort realisieren. Deshalb ist es uns sehr
wichtig, dass wir in einer Resolution zum FFG bereits
die Themen ansprechen, die bei der nächsten Novellie-
rung eine Rolle spielen sollten, zum Beispiel die Com-
puterspiele. Wir erleben die Synergien und Konvergen-
zen zwischen Computerspielen und Filmen beinahe
täglich. So haben vor kurzem die Macher von „Matrix“
angekündigt, die Saga als Computerspiel fortzuführen.

Ich glaube, dass Computerspiele endlich als Teil einer
real existierenden Jugend- und Freizeitkultur betrachtet
werden müssen. Ein wichtiger Schritt, den wir in diesem

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(C (D usammenhang prüfen wollen, ist – nach dem Vorbild rankreichs und einiger deutscher Bundesländer – die usweitung der Kompetenzen der Filmförderungsanstalt uch auf die Bereiche Multimedia und Computerspiele. Des Weiteren hege ich große Sympathien für das so enannte „Schweizer Modell“, bei dem neben den Prouzenten auch die Regisseure und Drehbuchautoren zu inem gewissen Prozentsatz direkt von der Erfolgsfilmörderung profitieren. Auch dieses Modell – das haben ir vereinbart – wollen wir einer genaueren Prüfung unerziehen. Doch nun wünsche ich erst einmal dem deutschen ilm mit der jetzigen Novellierung des Filmförderungsesetzes von ganzem Herzen alles Gute. Möge auf Good bye, Lenin!“ ein „Hello Marx!“ kommen oder esser, um niemanden zu verprellen und auch keine issverständnisse auszulösen, ein „long hello and no oodbye“ für den deutschen Film! Abschließend danke ich Ihnen nicht nur für Ihre Auferksamkeit, sondern auch für eine spannende und kontruktive Zusammenarbeit im Ausschuss – das kann ich xplizit feststellen –, bei der wir über Grenzen und Maurn hinweg diskutiert haben. Ich bedanke mich auch für ie gute Zusammenarbeit mit Christina Weiss und ihren itarbeiterinnen und Mitarbeitern und mit den sich hof entlich auch weiterhin aktiv und heftig einmischenden ilmschaffenden in diesem Land. Danke schön. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Zuruf von der FDP: Sie haben Herrn Otto vergessen!)


Herrn Otto habe ich, glaube ich, genügend gewürdigt.

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1507514900

Da dafür die Redezeit offenkundig nicht mehr reichte,

offe ich in Ihrem Sinne zu handeln, wenn ich jetzt dem
ollegen Otto das Wort erteile, ausdrücklich verbunden
it dem nachgelieferten Dank der Kollegin Roth für die
itwirkung an diesem bedeutenden Gesetzeswerk.


(Heiterkeit bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und der FDP)



Hans-Joachim Otto (FDP):
Rede ID: ID1507515000

Herr Präsident! Liebe Frau Kollegin Roth, mir wird

ichtig warm ums Herz.

(Horst Kubatschka [SPD]: Jetzt kommt die Wunderwaffe!)

ch kann Ihnen gleich eingangs versichern, dass auch wir
ls FDP-Fraktion dem vorliegenden Gesetzentwurf un-
ere Zustimmung erteilen. Es kommt nicht allzu häufig
or, dass wir in der Sache übereinstimmen.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist wohl wahr!)


as ist aber bei diesem Gesetzentwurf der Fall. Deswe-
en ist es ein schöner Abend.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )


Hans-Joachim Otto (Frankfurt)


Dieses einstimmige Votum, wofür viele Kolleginnen

und Kollegen – ich gebe offen zu: auch ich – manche
Kröte schlucken mussten, betrachten wir als ein wichti-
ges Signal für den deutschen Film. Dieses einstimmige
Votum soll nämlich deutlich machen: Der Deutsche
Bundestag steht zum deutschen Film und will, dass er
Erfolg hat. Deswegen haben wir uns zusammengerauft.
Und das ist auch gut so.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der SPD)


Ich möchte genauso wie Frau Kollegin Roth – bei ihr
waren es andere Punkte – nicht verhehlen, dass es einige
Punkte gibt, an denen wir unsere Bedenken zurückge-
stellt haben. Der wichtigste Bedenkenpunkt ist nach
meiner Meinung, dass die Gremien in unsinniger Weise
aufgebläht worden sind. So sollen der Verwaltungsrat
der Filmförderungsanstalt 33 Mitglieder – ein bisschen
kleiner wäre besser – und die Vergabekommission im-
merhin 12 Mitglieder umfassen.

Noch eine Bemerkung zur Vergabekommission:
Frau Roth, es ist in der Tat gut, dass wir von ARD und
ZDF nur einen auf dem Spielfeld gelassen und einen auf
die Reservebank geschickt haben. Der Frau Staatsminis-
terin, die das als ihren Erfolg verkauft, sage ich nur: Der
Erfolg – so ist das immer im Leben – hat viele Väter und
Mütter, so auch diesmal. Ich sage ganz selbstbewusst:
Wenn ich nicht gemotzt hätte, dann wäre der Erfolg
nicht eingetreten. Sie waren zwar sauer auf mich, dass
ich Kritik geübt habe. Aber ohne die Kritik der FDP-
Fraktion hätten sich ARD und ZDF nicht zurückgezo-
gen. So haben wir letztlich doch an einem Strang gezo-
gen, und zwar sogar in dieselbe Richtung.


(Beifall bei der FDP)

Ich möchte noch etwas in Richtung Filmwirtschaft

sagen. Es möge sich bitte jeder vor Augen halten, dass
sich aus der jetzt vorgesehenen Erhöhung der Förder-
quote kein Automatismus für zukünftige Erhöhungen er-
gibt. Ob es nun 40 Prozent, wie Frau Weiss vorgerechnet
hat, oder 25 Prozent sind, wie der Kollege Neumann be-
hauptet hat, jedenfalls bedeutet die vorgesehene Erhö-
hung einen satten Zuwachs in einer Zeit, in der andere
Einbußen hinnehmen müssen. Das Gesetz gilt bis zum
31. Dezember 2008. Wir haben ausdrücklich und ein-
stimmig in unsere Beschlussempfehlung aufgenommen,
dass es keinen Automatismus geben wird und dass wir
die Aufstockung anhand der Ergebnisse in der Praxis
evaluieren wollen. Die deutsche Filmwirtschaft möge
sich bitte darauf einstellen, dass nicht immer aus dem
Vollen geschöpft werden kann und dass jetzt Erfolge auf
der nun geschaffenen gesetzlichen Basis erzielt werden
müssen.

Nachdem wir das Gesetzesvorhaben positiv abge-
schlossen haben, möchte ich ebenso wie der Kollege
Neumann den Blick nach vorne auf das richten, was
noch zu tun ist. Ich möchte besonders einen Punkt an-
sprechen, den der Kollege Neumann nur tangiert hat,
nämlich das Wirrwarr bzw. die mangelnde Koordina-
tion bei der Filmförderung durch die Länder und die
Filmförderungsanstalt. Wir müssen hier zu einer besse-

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(C (D en Koordination kommen. Die bisherige irrsinnige und irnrissige Praxis der Filmförderung – derselbe Film erährt eine Förderung von Schleswig-Holstein, weil in hm ein Schauspieler aus Schleswig-Holstein mitspielt; r wird von Baden-Württemberg gefördert, weil dort ine Außenaufnahme gedreht worden ist, und er erfährt ine Förderung von Hessen, weil dort die Nachprodukion erfolgt – muss aufhören. Wir brauchen eine Koordiation auf der Basis eines Bund-Länder-Staatsvertrages. Der Kollege Neumann hat völlig zu Recht darauf hin ewiesen – auch ich setze hier einen Schwerpunkt –, ass die Rahmenbedingungen für den deutschen Film erbessert werden müssen. Die entsprechenden Stichorte sind schon gefallen. Es muss für Chancengleicheit im internationalen Wettbewerb gesorgt werden. Es uss internationale Standards bei den Finanzierungsnd Förderinstrumenten geben. Der Medienerlass – er ist ereits angesprochen worden – ist geradezu eine Bremse ür den deutschen Film und schadet ihm. Wir müssen ns ebenfalls darauf verständigen – das ist ein ganz ichtiger Punkt –, die Abschreibungsbedingungen für rworbene Filmrechte zu ändern. Eine Regelung, woach erworbene Filmrechte über 50 Jahre steuerlich abeschrieben werden können, kann man schlicht und einach vergessen. Diese Regelung – das ist keine ubvention für den deutschen Film – müssen wir an die irtschaftlichen Gegebenheiten anpassen; denn kein ilm kann über 50 Jahre verwertet werden. Ich nehme n, dass wir hier Einigkeit erzielen werden. Auch das rhebergesetz muss geändert werden. Wir müssen das un, was auch schon andere Länder gemacht haben, nämich die Rechte der Produzenten auf diesem Gebiet stären. (Klaus Uwe Benneter [SPD]: Aber das ist nicht so einfach! Das wissen Sie!)


Nein, das ist nicht einfach, Herr Kollege Benneter.
ier herrscht heute fast schon eine adventliche Stim-
ung. In der Tat sind alle Punkte, die angesprochen wur-
en, hinsichtlich ihrer Umsetzbarkeit schwierig.
Wir haben in der Rede von Frau Weiss den Blick in

ie Zukunft ein wenig vermisst. Wir sollten uns jetzt
icht selbstzufrieden zurücklehnen, wenn wir das Film-
örderungsgesetz verabschiedet haben. Dieses Gesetz al-
ein wird – das ist meine Kernbotschaft – dem deutschen
ilm noch nicht auf die Beine helfen. Wir müssen hier
m Deutschen Bundestag noch einiges andere regeln.
it dem Filmförderungsgesetz muss eine große Etappe
it dem Ziel der Stärkung des deutschen Filmes begin-
en.
Langer Rede kurzer Sinn: Wo immer Sie, liebe Kolle-

innen und Kollegen, in diesem Hause sitzen, lassen Sie
ns nicht die Hände in den Schoß legen! Wir haben in
er Tat noch viel zu tun. Bei den Beratungen herrschte
nsgesamt – in diesem Punkt will ich die Kollegin Roth
urchaus unterstützen – ein Klima, das auf Zusammen-
rbeit ausgerichtet war. Das war sehr erfreulich. Wenn
ir das auch bei den Beratungen über die Felder, in de-
en jetzt noch Reformen durchgeführt werden müssen,
ustande bringen, dann werden wir einen sehr guten Bei-






(A) )



(B) )


Hans-Joachim Otto (Frankfurt)


trag dazu leisten können, den deutschen Film dauerhaft
zu stärken. Ich glaube, das ist unser gemeinsames Ziel.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1507515100

Bevor ich nun als krönenden Abschluss dieser De-

batte der Kollegin Gisela Hilbrecht das Wort erteile, die
den allermeisten – einschließlich des amtierenden Präsi-
denten – bis heute nur unter dem Namen Schröter be-
kannt war, nutze ich die Gelegenheit gerne, ihr zu ihrer
Heirat vor wenigen Tagen herzlich zu gratulieren.


(Beifall – Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Das ist heute aber eine schöne Stimmung!)



Gisela Schröter (SPD):
Rede ID: ID1507515200

Sehr geehrter Herr Präsident, vielleicht bin ich das

erste Mitglied des Deutschen Bundestages, dem hier, vor
dem Hohen Hause, solch ein Glückwunsch ausgespro-
chen wurde. Ich möchte das natürlich auch meinem
Mann mit auf den Weg geben.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1507515300

Ich bin gespannt, ob das wie eine Androhung oder

wie eine Verheißung wirkt.

(Heiterkeit – Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Den würden wir gern mal sehen, den Mann!)



Gisela Schröter (SPD):
Rede ID: ID1507515400

Herr Präsident, jetzt haben Sie mich richtig nervös ge-

macht; ansonsten bin ich das nicht.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Lieber Kollege Neumann, wir reden heute über die No-
velle zum Filmförderungsgesetz und über die Rahmen-
bedingungen für das Filmschaffen in Deutschland insge-
samt. Selbstverständlich löst die Novelle allein nicht die
Probleme des deutschen Films. Die wirtschaftliche
Förderung ist nur ein Faktor, der auf die Lage des deut-
schen Films Einfluss hat, aber – ich denke, da sind wir
uns alle einig – ein ganz zentraler. Deshalb ist es ganz
wichtig, dass wir hier den großen Erfolg dieses von allen
Fraktionen gemeinsam getragenen Gesetzes nicht klein
reden, zumal es hierbei um einen genuinen Regelungs-
bereich der Bundeskulturpolitik geht.

Beim Medienerlass, beim Urheberrecht oder bei steu-
erlichen Subventionen für die Filmwirtschaft haben an-
dere Ressorts – das Finanzministerium, das Justizminis-
terium, das Wirtschaftsministerium, aber auch die
Finanzminister der Länder – das Sagen. Dieses Problem
ist uns genauso bewusst wie die Tatsache, dass die Rege-
lungsgegenstände komplex und die Interessen der Betei-
ligten – wie könnte es anders sein? – sehr unterschied-
lich sind. Das heißt: Wir müssen weiterhin ganz dicke
Bretter bohren.


(Bernd Neumann [Bremen] [CDU/CSU]: So ist es!)


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(C (D Lassen Sie mich ganz kurz auf den Medienerlass einehen. Es gibt auch in meiner Fraktion immer wieder nfragen dazu. Dieses Thema spielt immer wieder eine olle. Ich bin froh, dass wir mit dem neuen Medienerass grundsätzlich die Möglichkeit einräumen, Filme mit rivatem Geld zu finanzieren. Wir können deutsche Meienfonds aus ordnungspolitischen Erwägungen und icht zuletzt wegen der im EU-Recht verankerten Kapialverkehrsfreiheit nicht bevorzugen. Ich denke, dem ann eigentlich niemand widersprechen. Wir können ber dazu beitragen, dass der deutsche Film attraktiver ird. Das Filmförderungsgesetz legt dafür einen Grundtein. Der Filmproduktionsstandort Deutschland – ich enke, auch hier sind wir uns einig – muss attraktiver geacht werden. „film 20“ hat in diesem Zusammenhang nteressante Vorschläge gemacht. Allerdings stoßen solhe Ansätze zurzeit – das überrascht nicht – haushaltsäßig und steuerrechtlich auf enorme Schwierigkeiten. as darf uns aber nicht abschrecken, weiterhin nach euen Wegen zu suchen. Noch immer nicht geklärt ist die Betriebsstättenpro lematik. Wir warten auf ein Ergebnis der Bund-Läner-Gespräche. Die Bedenken, die einer schnelleren Löung im Wege stehen, kommen meines Wissens onseiten der Länder. Ich selber habe im Bundesfinanzinisterium nachdrücklich auf den großen Erwartungsruck vonseiten der Filmwirtschaft hingewiesen. Wir ind wohl darüber einig: Wir brauchen endlich eine raktikable Lösung. Beim Urheberrecht – auch das ist angesprochen orden – ist die weitere Umsetzung der EU-Richtlinie ngelaufen. Es geht jetzt um den so genannten zweiten orb. Insbesondere von der Kinobranche wird völlig zu echt auf das große Problem der Raubkopien hingewieen. Ich habe bereits in meiner letzten Rede darauf hinewiesen, dass das Problem umgehend gelöst werden uss. Ich freue mich darüber, dass es im Rechtsauschuss thematisiert wird. Wir sind uns darüber einig, ass hier höchste Eile geboten ist. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Mit seinen Branchenabgaben und Fernsehbeiträgen
st das FFG vom Ansatz her ein Wirtschaftsförderungs-
esetz. Bis zur Einrichtung eines Ausschusses für Kul-
ur und Medien wurde das Gesetz federführend im
irtschaftsausschuss behandelt und im Innenausschuss
itberaten. Ich finde es ganz wichtig, dass jetzt der Aus-
chuss für Kultur und Medien dafür zuständig ist.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Förderung der Filmwirtschaft macht aber nur
inn, wenn zugleich auch das Produkt, um das es geht,
ämlich der deutsche Kinofilm, in seiner Qualität geför-
ert wird. Gefördert wird – so heißt es in der neuen Fas-
ung des § 1 – die kreativ-künstlerische Qualität des
eutschen Films als Voraussetzung für seinen Erfolg im
nland und im Ausland. Ich bin froh darüber, dass das






(A) )



(B) )


Gisela Hilbrecht

kein leeres Bekenntnis ist. Diese Einsicht in die Notwen-
digkeit des sachgerechten Ausgleichs zwischen wirt-
schaftlichen Interessen und kulturellem Anspruch, ohne
dass man das eine dem anderen opfert, zieht sich durch
das ganze Gesetz.


(Beifall bei der SPD)

An dieser Stelle geht mein herzlicher Dank an alle

Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss für die – wie
sollte es anders sein? – wirklich sehr gute Zusammenar-
beit. Ich danke auch der Ministerin sowie ihrer Fachab-
teilung, die in ganz vorbildlicher Art und Weise mit dem
Parlament kooperiert haben. In aller Offenheit, sowohl
vonseiten der Parlamentarier als auch vonseiten der
Staatsministerin – das habe ich in meinen dreizehn Jah-
ren in diesem Parlament so noch nicht erlebt –, ist ein
Regelwerk im Dialog mit den Betroffenen aus der Film-
branche entstanden. Das ist, denke ich, Kulturpolitik im
besten Sinne des Wortes, so wie man sie von Kulturpoli-
tikern auch erwarten sollte.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: War das ein schönes Schlusswort!)


– Nein, das war noch nicht das Schlusswort, Herr Otto.
Sie müssen mir schon noch ein bisschen zuhören.


(Heiterkeit)

Festmachen kann man diesen Ausgleich zwischen

wirtschaftlichem Interesse und kultureller Verantwor-
tung an zwei Punkten des Gesetzes – ich fasse noch ein-
mal zusammen –, erstens an der Einbeziehung kulturel-
ler Kriterien bei der Referenzfilmförderung und
zweitens an der Einbeziehung der Kreativen bei der Be-
setzung der Gremien der FFA.

Eine Anmerkung kann ich mir nicht verkneifen. Kei-
neswegs gilt doch – darüber sind wir uns, denke ich, ei-
nig –: je größer ein Gremium, desto repräsentativer. Ich
verrate kein Geheimnis, wenn ich sage, dass der Kampf
um die Gremienbesetzung für viele offensichtlich der
wichtigste Punkt in der Debatte war.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Wohl wahr!)


Insofern unterscheidet sich die Filmbranche nicht von
anderen Branchen.

Noch ein Hinweis zur Vergabekommission. Dreh-
buchautoren, Regisseure und auch Kurzfilmer sind künf-
tig neben Vertretern von Kino, Produktion, Verleih,
Video, Fernsehen und Parlament mit dabei, wenn über
die Förderung von Filmprojekten entschieden wird. Als
Mitglied dieser Kommission bin ich gespannt, wie sich
das auf die Förderpraxis auswirkt.

Eine ganz persönliche Bemerkung: Ich als Politikerin
verstehe mich durchaus auch als Kreative. Ich denke,
dass auch Kreativität eine Voraussetzung für erfolgrei-
che Politik ist.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP])


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(C (D Ich hoffe, dass wir mit der Einbeziehung der Kreatien auch denen gerecht werden, die immer nach mehr ransparenz der Gremien gerufen haben. Aber ich öchte ausdrücklich anmerken: Transparenz gibt es nur ann, wenn alle Vertreter auch wirklich transportieren, as zum Beispiel im Verwaltungsrat läuft. Die FFG-Novelle, die wir heute beschließen, ist ein roßer politischer Erfolg. Aber die Arbeit geht natürlich eiter. Wir, die Kulturpolitiker aller Fraktionen, haben n unserem gemeinsamen Entschließungsantrag eine genda verabredet, die wir alle, wie ich denke, sehr rnst behandeln werden. Die Fußballsprache hat nach em Wunder von Bern – wen wundert es? – auch unsere ebatte um das FFG erreicht. Also: Nach der Novelle ist or der Novelle. (Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Der Ball ist rund! Ein Spiel dauert 90 Minuten!)


Oh, Sie kennen sich im Fußball gut aus; ich auch.
Ich halte fest: Die Aufmerksamkeit für den deutschen

ilm hat deutlich zugenommen und wird sich hoffentlich
uch in Marktanteilen und Festivalerfolgen niederschla-
en. Unsere Aufgabe als Kulturpolitiker wird es sein,
iesen Erfolg nachhaltig zu stabilisieren; und das nicht
ur, damit die deutsche Filmwirtschaft floriert, sondern
uch, weil es sich beim Kinofilm um ein Kulturgut ers-
en Ranges handelt,


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP])


m ein Medium von größter gesellschaftlicher und iden-
itätsstiftender Bedeutung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wann waren Sie das

etzte Mal in einem deutschen Kinofilm?

(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Letzte Woche! – Renate Blank [CDU/CSU]: „Good bye, Lenin!“)


ch wünsche mir, dass wir alle und auch alle Gäste hier
u Botschaftern des deutschen Films werden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP])



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1507515500

Ich schließe die Aussprache und lasse die Anregung

inmal auf sich beruhen, ob wir demnächst regelmäßig
bfragen, wer wann zuletzt in welchem Film war, ob-
ohl das zum Unterhaltungswert dieser Debatten sehr
eitragen könnte.


(Horst Kubatschka [SPD]: Dann auch Oper und Theater!)


Die könnten wir, Herr Kollege, kongenial mit einbe-
iehen.






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Norbert Lammert

Wir kommen jetzt zu den erforderlichen Abstimmun-

gen über den vorliegenden Gesetzentwurf bzw. die Ent-
schließungsanträge.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den von
der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur
Änderung des Filmförderungsgesetzes auf der Drucksa-
che 15/1506. Der Ausschuss für Kultur und Medien
empfiehlt unter Buchstabe a seiner Beschlussempfeh-
lung auf Drucksache 15/1958, den Gesetzentwurf in der
Ausschussfassung anzunehmen. Dazu liegt ein interfrak-
tioneller Änderungsantrag vor, über den wir zuerst ab-
stimmen müssen.

Wer stimmt für den Änderungsantrag auf Druck-
sache 15/1977? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält
sich? – Der Änderungsantrag ist angenommen.


(Zurufe von der SPD: Einstimmig!)

– Wenn es dem Glanz der Gesetzgebung dient, füge ich
gerne hinzu, dass er einstimmig angenommen worden
ist. Das ist für den Änderungsantrag ja nicht ganz so we-
sentlich wie für den Gesetzentwurf, über den wir jetzt
anschließend dennoch abstimmen müssen.

Ich bitte jetzt diejenigen, die dem Gesetzentwurf in
der Ausschussfassung mit der soeben beschlossenen Än-
derung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer
stimmt dagegen? – Wer möchte sich der Stimme enthal-
ten? – Damit ist der Gesetzentwurf in zweiter Beratung
ebenfalls einstimmig angenommen.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Ein zusätzlicher Glanz!)


Interfraktionell ist vereinbart, trotz Annahme eines
Änderungsantrages in zweiter Beratung unmittelbar in
die dritte Beratung einzutreten. Gibt es dagegen Wider-
spruch? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das so verein-
bart.

Wir kommen zur
dritten Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben.
– Wer stimmt dagegen? – Möchte sich jemand der
Stimme enthalten? – Das ist nicht der Fall. Damit ist die-
ser Gesetzentwurf zur Änderung des Filmförderungs-
gesetzes vom Deutschen Bundestag einstimmig ange-
nommen.

Um das mehrfach bemühte Beispiel des Wunders von
Bern aufzugreifen: Wenn das Zusammenspiel dieser
Mannschaft so grandios war, wie alle Sprecher der Frak-
tionen wechselseitig gerühmt haben, wäre es schade,
wenn diese Mannschaft zum letzten Mal so zusammen-
gespielt hätte.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir kommen nun zu Buchstabe b der Beschlussemp-
fehlung des Ausschusses auf Drucksache 15/1958 mit
der Empfehlung der Annahme einer Entschließung. Wer
stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Stimmt je-
mand dagegen? – Enthält sich jemand der Stimme? –

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(C (D ann ist auch diese Beschlussempfehlung einstimmig ngenommen. Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 8 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Renate Blank, Dirk Fischer weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU LKW-Sonntagsfahrverbot in Deutschland beibehalten – Drucksache 15/1876 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Verkehr, Bauund Wohnungswesen Auswärtiger Ausschuss Innenausschuss Rechtsausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Ausschuss für Tourismus Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Dazu höre ch keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort erteile ich der ollegin Renate Blank, CDU/CSU-Fraktion. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich gehe avon aus, dass es auch bei diesem Tagesordnungspunkt emeinsamkeiten gibt. Mit unserem Antrag fordern wir die Bundesregierung uf, alle geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, um eine ushöhlung des Sonnund Feiertagsfahrverbots für chwere LKW zu verhindern. Denn Berichten zufolge ill die EU dieses Fahrverbot aufweichen. Das Sonnund Feiertagsfahrverbot für LKW in eutschland hat sich bewährt und muss erhalten bleiben. (Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Renate Blank (CSU):
Rede ID: ID1507515600

eutschland wäre als Transitland Nummer eins in Europa
on dieser Lockerung massiv betroffen. An Sonn- und
eiertagen gäbe es aufgrund des zeitgleich stattfindenden
reizeitverkehrs lange LKW-Kolonnen mit Staus, Lärm
nd Unfällen auf den ohnehin schon stark belasteten Au-
obahnen. Das ist den Anwohnern nicht zumutbar.
Uns ist das Sonn- und Feiertagsfahrverbot für LKW

eilig. Wir halten es für wichtig.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


erkehrsminister Stolpe darf allerdings nicht einknicken
nd nicht Europa Tür und Tor für den Schwerlastverkehr
ffnen, der dann künftig auch sonntags über unsere Stra-
en lärmen würde. Wir wollen in Deutschland die Sonn-
nd Feiertage nicht zu Werktagen degradieren und wir
ollen auch nicht, dass LKW-Transporte an Wochenen-
en die Straßen verstopfen und den Freizeitverkehr ein-
chränken.






(A) )



(B) )


Renate Blank

In der EU wachsen allerdings die Bestrebungen, den

Sonn- und Feiertagsschutz mittelfristig einzuschränken
bzw. langfristig abzuschaffen – mit der fadenscheinigen
Begründung, den zunehmenden Güterverkehr auf der
Straße besser abwickeln zu können. Zudem seien sonn-
tägliche Wartezeiten an den Grenzen nicht zumutbar
bzw. nicht hinnehmbar.

Nach dem Willen der EU-Kommission sollen die Mit-
gliedstaaten zusätzliche Fahrverbote künftig nur noch
mit ausdrücklicher Genehmigung der EU-Kommission
verhängen dürfen. Wenn die grundsätzlichen Befugnisse
erst einmal auf die EU übertragen worden sind, ist zu be-
fürchten, ja sogar davon auszugehen, dass die bisherigen
nationalen Vorschriften allenfalls Auslaufmodelle und
erfahrungsgemäß nur noch von kurzer Haltbarkeitsdauer
sind. Wir kennen doch die Regelungswut der EU bzw.
das An-sich-Ziehen von Befugnissen. Es besteht die Ge-
fahr, dass die Sonn- und Feiertagsfahrverbote Scheib-
chen für Scheibchen beschnitten werden. Das wäre auch
im Hinblick auf die EU-Osterweiterung und den damit
zu erwartenden Verkehr für Deutschland fatal.

Im Übrigen beeinträchtigen die geltenden deutschen
Regelungen den freien Warenverkehr nicht, da ver-
derbliche Waren ohnehin schon von Fahrverboten ausge-
nommen sind. Allerdings müsste die Kennzeichnung
„verderbliche Waren“ durch die zuständigen Behörden
restriktiv ausgelegt und kontrolliert werden, damit die
Umgehung des geltenden Rechts erschwert bzw. ganz
verhindert wird. Bei manchem LKW, der an Sonn- und
Feiertagen unterwegs ist, habe ich doch die Vermutung,
dass keinesfalls verderbliche Waren gefahren werden,
sondern man eher darauf vertraut, nicht kontrolliert zu
werden bzw. die dann fällige Strafe durch den gewonne-
nen Transportvorteil locker bezahlen zu können.

Eine Lockerung des Sonn- und Feiertagsfahrverbots
für LKW bedeutet zudem einen gravierenden Einschnitt
in das Privatleben der Berufskraftfahrer und deren
Familien.

Eine generelle Fahrerlaubnis würde nicht nur die Fah-
rer, sondern auch sehr viele andere Arbeitnehmer belas-
ten; denn es geht nicht nur um das Fahren, sondern auch
um das Be- und Entladen der Fahrzeuge.

Auch das deutsche Transportgewerbe lehnt die Auf-
hebung oder Aufweichung dieses Fahrverbots ab; denn
es würde eine weitere Verschlechterung der Wettbe-
werbssituation im europäischen Vergleich entstehen,
wenn die LKWs aus unseren Nachbarstaaten auch sonn-
und feiertags durch Deutschland fahren könnten.

Besonders in Regionen, wo der Fremdenverkehr die
einzig bedeutende Einnahmequelle ist, kann sich eine
Aushöhlung des Fahrverbots an Sonn- und Feiertagen
für LKWs negativ auf die Überlebenschancen der Frem-
denverkehrsbetriebe auswirken. Dörfer und Städte müss-
ten sich dann mit dem Aufstellen von Park- und Durch-
fahrtsverbotstafeln für LKWs befassen. Dies kann
keinesfalls in unserem Sinne sein.

Ich gehe davon aus, dass alle Fraktionen in diesem
Hause für die Beibehaltung des Sonn- und Feiertagsfahr-
verbots für LKWs in Deutschland sind; denn Deutsch-

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(C (D and wäre als Drehscheibe des Verkehrs in Europa von iner Lockerung dieses Verbots am stärksten betroffen. ies können wir unserer Bevölkerung nicht zumuten. Wir sollten nach dem Motto „Wehret den Anfängen!“ emeinsam handeln und der Bundesregierung diesen geeinsamen Auftrag mitgeben bzw. ihr den Rücken für erhandlungen mit der EU stärken, damit wirklich alle aßnahmen ergriffen werden können, um eine Aushöh ung des Sonnund Feiertagsfahrverbots zu verhindern. Meine Kolleginnen und Kollegen, Pläne aus Brüssel ur Aufweichung des Fahrverbots gehören in den Paierkorb und müssen vom Parlament zurückgewiesen erden. Für die Bundesregierung hat nun die Parlamentari che Staatssekretärin Angelika Mertens das Wort. An Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen nd Kollegen! Dieser Nachmittag entwickelt sich regelecht zu einem Nachmittag der Harmonie. Das LKW-Sonntagsfahrverbot ist ein hochpolitisches hema. In Ihrem Antrag kommt die Sorge zum Ausruck, dass durch eine europäische Regelung das Sonnnd Feiertagsfahrverbot gefährdet werden könnte. Die undesregierung teilt diese Sorge und sie teilt auch die orderung nach einer Beibehaltung dieses Verbots. Immer wieder müssen wir uns in gewissen Abständen it diesem Thema beschäftigen. Bisher ist es zusammen it Frankreich, Österreich und Italien immer gelungen, egehrlichkeiten der Kommission oder anderer Länder bzuwehren. Dass Italien als amtierende Ratspräsidentchaft den geänderten Richtlinienentwurf der Kommision auf die Agenda genommen hat, ist überraschend nd nicht zu erklären. Der Richtlinienentwurf hat den irreführenden Titel … über ein transparentes System harmonisierter Vorchriften zur Beschränkung des grenzüberschreitenden üterverkehrs mit schweren Lastkraftwagen …“. Ich age dazu: Ziel jeder EU-Richtlinie muss ein europäicher Mehrwert und eine europäische Harmonisierung ein. Ich kann aber weder den europäischen Mehrwert och die Harmonisierung erkennen. Warum sollte – so uss ich im Umkehrschluss fragen – ein Land Fahrverote eigentlich einführen, wenn es diese Fahrverbote ufgrund eines geringen Fahraufkommens gar nicht raucht? In der Bundesrepublik Deutschland haben wir seit 956 ein Fahrverbot an Sonnund Feiertagen. Dieses erbot hat sich aus Gründen der Verkehrssicherheit und uch deshalb, weil es unserem Verständnis von Sonnagsruhe entspricht, bewährt. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Eduard Oswald [CDU/ Parl. Staatssekretärin Angelika Mertens CSU]: Ihr seid froh, dass ihr sonntags länger schlafen könnt! Ich muss immer zum Frühschoppen am Sonntag!)


(Beifall bei allen Fraktionen)


(Beifall bei allen Fraktionen)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1507515700
Angelika Mertens (SPD):
Rede ID: ID1507515800




(A) )


(B) )


Die Sonntagsruhe ist – das weiß vielleicht nicht jeder –
auch im Grundgesetz festgehalten.

Übrigens kannte die DDR kein Sonntagsfahrverbot.
Das lag vor allen Dingen daran, dass der übliche Trans-
portweg die Schiene war. Die restliche Transportleistung
war überschaubar. Dies ist aber in einem Transitland
nicht der Fall.

Als Transitland haben wir besondere Lasten zu tra-
gen. Periphere Staaten kennen diese Situation nicht.
Diese Lasten zu tragen ist eine schwere Aufgabe. Auch
bei uns wird immer wieder die Diskussion darüber ge-
führt, wie man das prognostizierte Verkehrsaufkommen
bewältigen kann. Dazu gibt es mehr oder weniger gute
Ratschläge.

In einer Pressemitteilung des Bundesverbandes des
Deutschen Groß- und Außenhandels heißt es, wir müss-
ten die Denkverbote überwinden und eine Diskussion
führen über die Aufhebung von Sonntagsfahrverboten,
über die Öffnung des Werksverkehrs für Transporte Drit-
ter und auch über die Anhebung des zulässigen Gesamt-
gewichts für LKW’s auf bis zu 60 Tonnen.

Ich stelle hier fest, dass diese Aufforderung zur Dis-
kussion bis jetzt keine Resonanz gefunden hat, weder im
politischen Bereich noch beim betroffenen Gewerbe. Ich
hoffe, damit hat sich das erledigt. Wir haben eine Rege-
lung, die sich bewährt hat und – was ja nicht so häufig
vorkommt – die auch äußerst beliebt ist.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wie geht es jetzt weiter in Europa? Wir werden wei-
terhin mit Nachdruck unsere ablehnende Haltung zum
Richtlinienentwurf zum Ausdruck bringen. Wir werden
weiterhin eng vor allen Dingen mit Frankreich zusam-
menarbeiten. Wir treffen aber Vorkehrungen, unser
Ziel – es heißt: Fortbestand des Sonn- und Feiertags-
fahrverbotes – auch dann zu erreichen, wenn wir über-
stimmt werden. In diesem Fall werden wir uns für einen
dauerhaften Bestandsschutz der bestehenden nationalen
Regelungen einsetzen. Wir haben immer sehr viel
Verständnis für unsere Position gefunden. Wenn es aller-
dings hart auf hart geht – das betrifft auch Punkt II Ihres
Antrages –, können wir von Großbritannien zwar Ver-
ständnis erwarten, aber Unterstützung ist schon ein biss-
chen problematischer. Großbritannien hat das uns gegen-
über auch so zum Ausdruck gebracht.

Mit Ihrer Forderung nach einer integrierten Verkehrs-
politik rennen Sie bei uns nun wahrlich offene Türen ein


(Reinhard Weis [Stendal] [SPD]: Scheunentore! Garagentore!)


– ja, Scheunentore, größere Tore kann es gar nicht
geben –, wenngleich wir uns in unserer Diskussion nicht
auf die transeuropäischen Netze beschränken sollten und
auch nicht wollen. Weil es in Ihrem Antrag so treffend
formuliert ist, möchte ich mir vorbehalten, bei der nächs-

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(C (D en Debatte, die wir über die Bahn führen, gegebenenalls auf diese Formulierung zurückzukommen. (Beifall bei der SPD – Renate Blank [CDU/ CSU]: Es ist doch sehr schön, wenn wir vorbildlich sind! – Eduard Oswald [CDU/CSU]: Es kann nie schaden, wenn wir zitiert werden!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1507515900

Nächster Redner ist der Kollege Horst Friedrich für

ie FDP-Fraktion.

Horst Friedrich (FDP):
Rede ID: ID1507516000

Sehr verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
ollegen! Bei so viel Gemeinsamkeit wird es ja schon
ieder interessant, eine andere Meinung zu haben, aber
an muss sich das richtige Thema heraussuchen. Zu-
ächst muss man sich fragen: Was hat eigentlich die EU-
ommission bewogen, ausgerechnet an dem Punkt an-
ufangen, über eine Harmonisierung in Europa laut
achzudenken?


(Beifall bei der FDP – Eduard Oswald [CDU/ CSU]: Die sollen sich um die wesentlichen Fragen kümmern!)


s gäbe eine ganze Palette von Themen, über die man
it dem Ziel der Beseitigung von Defiziten ernsthaft mit
er EU diskutieren könnte. Eine solche Diskussion wäre
war auch strittig, aber sie wäre sehr viel wichtiger, als
etzt das Thema Sonntagsfahrverbot aufzugreifen.


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Eduard Oswald [CDU/CSU]: Recht hat er!)


ch denke an Themen wie Lenk- und Ruhezeiten, Kfz-
teuer, Mineralölsteuer sowie an andere Vorschriften
nd Ausnahmeregelungen


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: So ist es!)

ie die nachträglich genehmigten steuerlichen Hilfen
nderer Länder ab dem Jahr 2000 für ihr Transportge-
erbe.


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Das sollten sie machen, jawohl!)


iese Genehmigung erfolgte im Übrigen mit Zustim-
ung der Bundesregierung. Es gäbe also eine große Pa-
ette von Themen, über die man sich Gedanken machen
önnte. Der Kollege Fischer fordert ja ständig ein Weiß-
uch der EU zur Beseitigung der Harmonisierungsdefi-
ite.


(Renate Blank [CDU/CSU]: Richtig!)

s wäre sicherlich interessant, das abzuarbeiten. Dazu
raucht man aber kein Weißbuch; die Themen sind ei-
entlich bekannt.


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Herr Fischer sollte eigentlich ein Schwarzbuch verlangen!)


ass man jetzt ausgerechnet das Sonntagsfahrverbot in
en Blick nimmt zeigt, dass man einen Sinn darin sieht,






(A) )



(B) )


Horst Friedrich (Bayreuth)


das größte Transitland und das wirtschaftlich interessan-
teste Land innerhalb der EU noch stärker zu frequentie-
ren – zwei Drittel des Gesamtverkehrs finden schon jetzt
bei uns statt – und dass man deshalb jetzt auch das beste-
hende Fahrverbot von Sonntag 0 Uhr bis 22 Uhr aufhe-
ben will.

Allerdings – das ist ja schon angeklungen, verehrte
Kolleginnen und Kollegen – müssen wir natürlich auch
selber aufpassen. Mittlerweile werden in den Regionen –
neben dem sowieso schon ausgenommenen Verkehr für
so genannte lebensnotwendige Güter – flächendeckend
mehr und mehr Ausnahmeregelungen erteilt, was dazu
führt, – das zeigt ein Vergleich der täglichen Verkehrs-
zahlen –, dass am Sonntag bereits jetzt schätzungsweise
20 Prozent des Schwerlastverkehrs, der durchschnittlich
werktäglich unterwegs ist, auf Deutschlands Autobah-
nen fährt. Das ist natürlich überwiegend aufgrund von
regionalen Ausnahmegenehmigungen möglich. Wer auf
der einen Seite von sich aus deutlich macht: „Ich nehme
das alles nicht allzu ernst“, darf sich umgekehrt nicht
wundern


(Ein Handy klingelt im Saal)

– wenn das Handy klingelt;


(Heiterkeit im ganzen Hause)

damit wären wir wieder beim Thema Film: „Immer
wenn der Postmann zweimal klingelt“ –,


(Reinhard Weis [Stendal] [SPD]: Welche Filme guckst du denn? – Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schwerenöter!)


wenn man von der anderen Seite darauf angesprochen
wird, in diesem Bereich zu harmonisieren.

Wir werden uns im Ausschuss intensiv mit dem An-
trag der Union befassen und sicherlich in sehr pragmati-
scher Weise ein gemeinsames Ergebnis erzielen. Ich
freue mich auf die Fortsetzung der Debatte anlässlich der
weiteren Behandlung dieses Antrages im Plenum.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1507516100

Diejenigen Kollegen, die offenkundig Entzugser-

scheinungen haben, weil sie nicht Mitglied des Aus-
schusses für Kultur und Medien sind, mache ich darauf
aufmerksam, dass nach unserer Geschäftsordnung jedes
Mitglied des Bundestages berechtigt ist, an Sitzungen
von Ausschüssen, in denen es kein Mitglied ist, teilzu-
nehmen.


(Heiterkeit im ganzen Hause – Eduard Oswald [CDU/CSU]: Das fangen wir lieber erst gar nicht an!)


Nun hat das Wort der Kollege Albert Schmidt,
Bündnis 90/Die Grünen.

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(C (D Albert Schmidt RÜNEN)

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

ch freue mich, dass dies heute ein so konsensualer, har-
onischer Nachmittag ist.


(Renate Blank [CDU/CSU]: Richtig!)

ies ist schon der zweite Tagesordnungspunkt, der of-
enbar die Einigkeit des Hauses in wichtigen Fragen do-
umentiert.


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Weihnachten naht!)


ies ist auch die zweite Verkehrsdebatte, die ich hier er-
ebe, bei der es in einem zentralen Punkt Übereinstim-
ung gibt. Beim ersten Thema ging es um den Börsen-
ang der Bahn. Ich finde, hier waren wir mit unserem
ufsichtsratsbeschluss, der dieser Debatte unmittelbar
olgte, erfolgreich. Das zweite Thema ist jetzt das Sonn-
ags- und Feiertagsfahrverbot für schwere LKW’s.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das zeigt, dass ihr nur mit uns Erfolge habt!)


Das zeigt, dass wir dann Erfolg haben, wenn wir ge-
einsam das Richtige wollen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Noch gilt in Deutschland, in Frankreich, in Italien und
n Österreich an Sonntagen und an bestimmten Feierta-
en ein LKW-Fahrverbot. Das ist keine Willkür und
uch kein Zufall. Denn diese Länder liegen nun einmal
m Herzen Europas, wir in Deutschland ganz besonders:
ir sind das Transitland Nummer eins in der Mitte Eu-

opas. Ob Nord-Süd-Verkehr oder West-Ost-Verkehr,
lle wälzen sich über unsere Straßen.
Deshalb wäre es eine Horrorvorstellung, die LKW-
olonne nun zeitgleich mit dem Freizeitverkehr am
ochenende auf die Straßen zu lassen. Das ist nicht nur
ine Frage der Lebensqualität und der Überlastung unse-
er Bevölkerung, insbesondere der Anwohnerinnen und
nwohner, die diesem Lärm auch noch am Sonntag aus-
esetzt wären. Das ist vielmehr auch eine Frage der Si-
herheit. Denn am Sonntag den Freizeitverkehr zugleich
it dem Verkehr schwerer LKW’s auf die Straße zu las-
en heißt: mehr Unfälle, mehr Staus und noch mehr Be-
astungen für die Anwohnerinnen und Anwohner. Das
ann niemand verantworten, auch nicht wenn er in Brüs-
el sitzt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Eduard Oswald [CDU/CSU]: Da kann man ja noch nicht einmal am Sonntag die Kirchenglocken hören!)


So ist es.
Schon eine Lockerung des Sonntagsfahrverbots ist

ine falsche Strategie. Denn sie führt natürlich dazu,
ass ein solches Verbot nach und nach wie ein Schweizer
äse durchlöchert wird, bis es am Schluss mehr Löcher






(A) )



(B) )


Albert Schmidt (Ingolstadt)


als Käse hat. Deswegen freue ich mich, dass wir uns hier
einig sind.

Freizeitverkehr plus LKW-Lawinen, das überfordert
nicht nur die Straßen, das überfordert auch die Men-
schen. Deswegen sind wir alle auf dem richtigen Weg,
wenn wir in Richtung Brüssel und – auch das sage ich
hier sehr deutlich – in Richtung Rom, in Richtung der
gegenwärtigen Ratspräsidentschaft, ausdrücklich fest-
stellen: Das Sonntagsfahrverbot für LKW’s ist für uns
eine Frage der Lebensqualität. Wir im Deutschen Bun-
destag sollten gemeinsam und einmütig das Signal an
Herrn Berlusconi senden: Er kann auf der nächsten Rats-
tagung Anfang Dezember treiben, was er will;


(Renate Blank [CDU/CSU]: Nicht alles!)

aber dieses Thema sollte er schleunigst von der Tages-
ordnung absetzen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Denn niemand hier will eine Lockerung, noch nicht
einmal das LKW-Gewerbe. Es ist schon gesagt worden,
dass auch das deutsche Speditionsgewerbe eine Aufhe-
bung dieses Fahrverbotes ablehnt, und zwar aufgrund
der Befürchtung einer weiteren Verschlechterung der
Wettbewerbsposition im europäischen Vergleich, näm-
lich dann, wenn die Trucks aus dem Ausland auch sonn-
und feiertags durch Deutschland donnern.

Deshalb wird es höchste Zeit, dieses Signal zu geben.
Denn wir befinden uns tatsächlich in einer Fünf-vor-
zwölf-Situation. Wir können vielleicht gerade noch den
Zeiger anhalten, wenn wir dank der Einmütigkeit heute
gemeinsam das richtige Signal setzen. Ich bin deshalb
sehr dankbar für den vorliegenden Antrag, der uns den
Anlass gibt, diese Debatte heute zu führen.


(Beifall des Abg. Eduard Oswald [CDU/CSU] – Renate Blank [CDU/CSU]: Freut mich sehr!)


Irgendwann einmal – ich will es so salopp sagen –
muss der Tag sein, an dem ein leidenschaftlicher Auto-
fahrer über die Autobahn brettern kann, ohne dass die
LKW auf der rechten Spur ein Hindernis wie eine Mauer
bilden. Ich denke an Persönlichkeiten wie Rezzo
Schlauch, die auch einmal die Möglichkeit haben wol-
len, ihre Fahrzeuge auszufahren.


(Heiterkeit bei allen Fraktionen)

Man sollte nicht verschweigen, dass auch das eine Rolle
spielen darf.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Welche Marke fahren Sie denn, Kollege?)


Für mich spielt aber noch ein anderer Punkt eine sehr
wichtige Rolle, den ich abschließend ansprechen
möchte. Wenn wir heute einen Stopp der Debatte um
eine Aufweichung des Fahrverbots an Sonn- und Feier-
tagen fordern, geben wir auch ein Zeichen, dass eine to-
tale Kommerzialisierung der Sonn- und Feiertage an
eine Grenze stößt, bei der wir Halt sagen. Das ist auch
eine kulturelle Frage, Herr Präsident. Es gibt noch an-
dere Werte im Leben als die totale Kommerzialisierung,
den permanenten Transport, das permanente Geschäft.

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(C (D s gibt Werte wie Freizeit, Erholung, Ruhe und Familinleben. (Eduard Oswald [CDU/CSU]: Am besten fangen wir gleich damit an!)


as wollen wir garantiert sehen. Deshalb sagen wir
eute Nein zu diesen Plänen aus Brüssel, aus Rom oder
oher immer sie kommen mögen.


(Beifall bei allen Fraktionen)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1507516200

Ich erteile das Wort nun dem Kollegen Schorsch
runnhuber, CDU/CSU-Fraktion. Falls auch er noch die
ulturelle Bedeutung des Straßenverkehrs hervorhebt, ist
it dem Zuströmen der verschwundenen Kollegen aus
em einschlägigen Ausschuss zu rechnen.


(Heiterkeit)


Georg Brunnhuber (CDU):
Rede ID: ID1507516300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie

ennen mich: Wenn alles schon gesagt ist, braucht man
n einer Sache, bei der man sich wirklich einig ist, nicht
lles zu wiederholen.
Ich stelle deshalb erstens fest: Das Sonntagsfahrver-

ot für schwere LKW’s muss bleiben, weil es sich be-
ährt hat und weil wir den Sonntag als heilig wollen.
ir haben jetzt schon bis Samstag volle Arbeitszeit; des-
alb muss der Sonntag absolut frei gehalten werden.
Zweitens. Wir wollen nicht, dass ausländische Kon-

urrenz, die wir jetzt schon haben, das deutsche Ver-
ehrsgewerbe im grenzüberschreitenden Verkehr perma-
ent zurückdrängt: von 35 Prozent Anteil vor fünf
ahren auf jetzt unter 25 Prozent. Das muss verhindert
erden.
Drittens. All das, was von allen Kollegen gesagt wor-

en ist, ist richtig.
Ich bitte deshalb die Bundesregierung, unseren An-

rag zu unterstützen. Umgekehrt können wir Ihnen versi-
hern: In Brüssel haben Sie unsere volle Zustimmung.


(Beifall bei allen Fraktionen)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1507516400

Verehrter Kollege Brunnhuber, ich hätte es nicht für
öglich gehalten, in meiner Amtszeit noch einmal eine
o spektakuläre Unterschreitung der Redezeit erleben zu
ürfen, wie das gerade der Fall war.


(Heiterkeit und Beifall bei allen Fraktionen)

Zum Schluss dieses Tagesordnungspunktes hat der
ollege Uwe Beckmeyer für die SPD-Fraktion das Wort.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Er kann es nur noch besser machen! – Eduard Oswald [CDU/CSU]: Er erklärt: Ich schließe mich allen Vorrednerinnen und Vorrednern an!)



Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1507516500

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en! Nachdem meine Redezeit bereits von elf auf sechs






(A) )



(B) )


Uwe Beckmeyer

Minuten heruntergekürzt worden ist, werde auch ich
mich kurzfassen. Insofern hoffe ich, dass ich Ihr Wohl-
wollen verdiene.

Als ich mich in den letzten Tagen wieder mit diesem
Thema beschäftigte, fiel mir auf, dass man den Eindruck
haben könnte, es handele sich um einen Evergreen, der
alle vier Jahre hier im Parlament erörtert wird. 1998 und
1999 hat der Bundestag eindeutige Beschlüsse dazu ge-
fasst. Ich glaube, das hängt damit zusammen, dass wir
unterschätzen, was aus Europa kommt.

Europa ist eine Mühle, die beständig mahlt. Sie pro-
duziert unaufhörlich immer neue Vorschläge, Entschlie-
ßungen und Verordnungen. Man muss aufpassen, dass
der nationale Wille dabei am Ende nicht fürchterlich un-
ter die Räder kommt. Das droht in diesem Fall.

Ich habe einmal nachgeschaut: Seit 1998 hat es auf
europäischer Ebene 14 Befassungen mit diesem Thema
gegeben. 23 Bulletins und ähnliche Schriften sind nur zu
diesem Thema verfasst worden,


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Respekt!)

immer mit dem gleichen Ziel, an dieser Stelle etwas auf-
zubohren.

Es ist gut und notwendig, dass dieses Parlament sich
einmütig gegen diese Hydra wehrt, der, sobald man ei-
nen Kopf abgeschlagen hat, zwei neue nachwachsen. Ich
bin sehr dankbar dafür, dass das hier so einmütig pas-
siert.

Ich habe allerdings eine Bitte. Bei der Recherche ha-
ben wir festgestellt, dass SPD, CSU, ÖVP und SPÖ im
Europäischen Parlament eine einheitliche Position ha-
ben, leider aber nicht die Abgeordneten der Christlich
Demokratischen Union im Europäischen Parlament. Die
haben mehrheitlich leider für den Kommissionsvor-
schlag gestimmt, was von einer leichten Verwirrung bei
all denen zeugt, von denen man hätte annehmen müssen,
dass sie um unsere nationale Debatte wissen.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Man kann sich wirklich auf nichts verlassen!)


Insofern ist das ein Arbeitsfeld, bei dem wir noch über-
zeugen müssen. Ich habe die Hoffnung noch nicht ganz
aufgegeben.

Seitens der sozialdemokratischen Fraktion darf auch
ich feststellen: Wir sind eindeutig der Meinung, dass wir
an diesem Regelwerk nichts verändern wollen. Wir wer-
den uns im Ausschuss bei der Beratung Ihres Antrages
entsprechend verhalten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Eduard Oswald [CDU/CSU]: Ran an die Arbeit!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1507516600

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf

Drucksache 15/1876 an die in der Tagesordnung aufge-

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(C (D ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einerstanden? – Das ist offenkundig der Fall. Dann ist die berweisung so beschlossen. Ich rufe Tagesordnungspunkt 9 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Verteidigungsausschusses (11. Ausschuss)

auftragten
Jahresbericht 2002 (44. Bericht)

– Drucksachen 15/500, 15/1837 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Ulrike Merten
Anita Schäfer (Saalstadt)


Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die
ussprache 45 Minuten dauern. – Dazu höre ich keinen
iderspruch. Dann ist das so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst

er Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages
r. Willfried Penner.

Dr. Willfried Penner, Wehrbeauftragter des Deut-
chen Bundestages:
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bun-

eswehr ist eine intakte Institution und in dieser Armee
eisten Soldaten erstklassigen Dienst. Aus aktuellem An-
ass füge ich hinzu: Die Bundeswehr ist eine demokrati-
che Institution im demokratisch verfassten Staat und
icht etwa Gehäuse für Rechtsextremismus oder Rechts-
xtremisten.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Die Bundeswehr steht für Freiheit, steht für Toleranz
nd für Achtung der menschlichen Würde und nicht für
as Gegenteil. Das ist Tatsache und nicht etwa beschwö-
ende Leerformel. In der Bundeswehr wird innere Füh-
ung praktiziert und Soldaten sind Staatsbürger in Uni-
orm. Mächtige Wirkkräfte sichern die demokratische
eschaffenheit der Bundeswehr ab: Ich nenne die stän-
ige, fast uneingeschränkte Kontrolle durch die Öffent-
ichkeit, ich nenne die ständige parlamentarische
ontrolle und ich erwähne die besondere politische Ver-
ntwortlichkeit von Bundesverteidigungsminister und
undeskanzler als Inhaber der Befehls- und Kommando-
ewalt. Da ist kein Platz für die Widerwärtigkeiten des
echtsextremismus; das wird auch so bleiben.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ewiss bedeutet dies keinen uneingeschränkten Schutz.
ie Begehrlichkeiten des Rechtsextremismus in Rich-
ung Bundeswehr im Hinblick auf deren hierarchische
rdnung, im Hinblick auf Waffen und den Umgang mit
enselben, aber auch im Hinblick auf militärische Sym-
ole und die Dienstkleidung werden bleiben. Dies ist
ber eine andere Geschichte. Dagegen kann man sich
ehren und das geschieht auch.






(A) )



(B) )


Wehrbeauftragter Dr. Willfried Penner

Das Schüren eines diesbezüglichen Generalverdachts

gegen die Bundeswehr ist allerdings infam, zumal deut-
sche Soldaten in ihrer Mission im Ausland unter zum
Teil außerordentlich schwierigen Bedingungen und bei
Einsatz von Leib und Leben einen allseits anerkannten
Dienst zum Schutz von Menschenrechten und der inter-
nationalen Wertegemeinschaft leisten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Das ändert aber nichts daran, dass es auch Probleme
gibt – und die nicht zu knapp. Das Parlament als Auf-
traggeber des Wehrbeauftragten hat Anspruch darauf, zu
erfahren, wie es um seine Bundeswehr und seine Solda-
ten nach den Wahrnehmungen des Wehrbeauftragten im
Berichtsjahr bestellt ist.

Hierzu die wichtigsten Hinweise: Erstens. Der Bun-
deswehr zu Hause machen die Auswirkungen der Ein-
sätze sehr zu schaffen. Soldaten weisen vermehrt auf
Doppel-, ja Mehrfachbelastungen hin, die die Folge ein-
satzbedingter Abwesenheit anderer Soldaten sei. Immer
wieder wird vorgetragen, dass der Übungs- und Ausbil-
dungsbetrieb Schaden nehme. Die Schwächen werden
mit fehlenden Ausbildern, Mangel an geeignetem Mate-
rial und erforderlichen Mitteln erklärt. Es verstärkt sich
der Eindruck, dass die Bundeswehr in einigen Bereichen
die Grenzen der Möglichkeiten erreicht hat. Ohne An-
spruch auf Vollständigkeit seien die Nöte der Fernmelder
sowie von Spezialisten generell und die Schwierigkeiten
beim Sanitätswesen erwähnt. Das Fehlen von Chirurgen,
Anästhesisten und Orthopäden belastet die Funktionsfä-
higkeit von Bundeswehrkrankenhäusern zulasten der
Soldaten. Perspektivisch ist zu berichten, dass das Inte-
resse am Dienst des Sanitätsoffiziers nachlässt. Die Zahl
der Bewerber dafür wird kleiner. Mögliche negative Fol-
gen zulasten des Sanitätswesens sind absehbar. Es be-
steht Handlungsbedarf.

Zweitens. Die rasche Folge tief greifender Verände-
rungen in der Bundeswehr verunsichert Soldaten, weil
damit auch Planungsverlässlichkeit für den persönlichen
Bereich, für Frau und Kinder, betroffen sein kann. Hinzu
kommt, dass Unsicherheiten über den Fortbestand von
Einheiten und Standorten Soldaten zusätzlich belasten.
Immer wieder wird von erfahrenen, wohlmeinenden Sol-
daten vorgebracht, dass das Riesenunternehmen Bundes-
wehr bei einander überlappenden Veränderungsprozes-
sen grundlegender Art nicht zurechtkommen könne.

Drittens. Gerade bei wiederholten Einsätzen stellt
sich für Soldaten immer drängender die Frage nach Sinn
und Zweck ihres Dienstes, wenn sie nach ihren Wahr-
nehmungen keine politischen Fortschritte ausmachen
können. Die Soldaten wollen nicht Besatzungsmacht
oder Lückenbüßer für nicht stattfindende politische Ver-
änderungen sein. Mit anderen Worten: Sie erwarten
Konsequenzen aus dem Primat der Politik.

Viertens. Bei Bundeswehr im Einsatz ist es unum-
gänglich, an die immer noch ausstehende Novellierung
des soldatischen Versorgungsrechts zu erinnern, die doch
schon seit knapp einem Jahr zugesagt und begonnen

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(C (D orden ist. Die Soldaten begreifen es nicht, dass dies so ange dauert, hingegen über jeden zusätzlichen Einsatz ehr zügig Entscheidungen getroffen werden. Sie können es übrigens auch nicht begreifen, dass ihr unehmend gefährlicher werdender Dienst zeitgleich on Einschnitten in Besoldung und Versorgung begleiet wird. Es sei nur an die angekündigte Kürzung des eihnachtsund Urlaubsgeldes erinnert. Das würde die undeswehr gerade bei den unteren Besoldungsgruppen reit erreichen. Unterhalb der Besoldungsgruppe A 7 eisten über 130 000 Soldaten Dienst. Das sind allesamt inkommensbezieher mit Bruttogrundgehältern zwichen 1 445 und maximal 2 131 Euro; dabei sind die Abchläge der Ostbesoldung noch nicht eingerechnet. Gerade die Bundeswehr im Einsatz belastet es nach ie vor, dass die Lücke zwischen der Ostund der Westesoldung immer noch nicht geschlossen ist. Unmissvertändlich gesagt: Befürchtete Konsequenzen für die aushalte von Ländern und Gemeinden im Osten und ür das Weiterbestehen der Tarifgemeinschaft von Bund, ändern und Gemeinden taugen als Argument für weitees Zögern und Zagen nicht. (Beifall des Abg. Hans Raidel [CDU/CSU] und des Abg. Günther Friedrich Nolting [FDP])


er Bund ist allein für militärische Angelegenheiten
nd damit auch allein für Bundeswehr im Einsatz zu-
tändig. Dann ist der Bund auch allein für die Beschaf-
enheit der Armee verantwortlich. Deren Verfassung
immt Schaden, wenn nicht endlich diese zulasten der
stdeutschen Soldaten diskriminierend wirkenden, die
rmee der Einheit spaltenden Einkommensunterschiede
ufgehoben werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Was andere Mängel in der Bundeswehr und die Sor-
en der Soldaten angeht, muss es mit einem Hinweis auf
en Bericht sein Bewenden haben. Ich will nur noch ein
aar Stichworte nennen, was die Soldaten belastet und
as in der Bundeswehr rumort:
Mit seiner neuen Laufbahn wird das Unteroffiziers-

orps weiterhin nicht richtig fertig. Die „alten“ Unterof-
iziere sehen sich auf dem Wege zum Abstellgleis und
hre Interessen auf Beförderung nicht zureichend be-
ücksichtigt.
Die Infrastruktur in vielen Kasernen des westlichen
eutschlands lässt zu wünschen übrig. Dagegen hat das
rogramm „Kaserne 2000“ für den Osten erfreulicher-
eise voll gegriffen.
Damit auch dies gesagt sei: Klagen über Unzuläng-

ichkeiten gerade bei der Bearbeitung von Personalange-
egenheiten mit negativen Konsequenzen für die Betrof-
enen werden mehr und mehr. Ich erwähne als Quellen
ür Schwächen, ohne dass das eine Schuldzuweisung
edeutet, die Zentren für Nachwuchsgewinnung, die
tammdienststellen, aber auch Knotenpunkte in der
ruppe selbst.






(A) )



(B) )


Wehrbeauftragter Dr. Willfried Penner

Der Verteidigungsausschuss wird in seinem Bemühen

nicht locker lassen, Verbesserungen durchzusetzen; da-
rin bin ich mir sicher. Er wird zu Beginn des nächsten
Jahres beim Bundesministerium der Verteidigung wegen
notwendiger Veränderungen wieder förmlich vorstellig
werden.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, die Bun-
deswehr ist eine Parlamentsarmee. Das hat der Bundes-
tag immer wieder erklärt. Das wissen auch die Soldaten.
Sie wissen auch, dass das Parlament damit für die Bun-
deswehr eine besondere Verantwortung übernommen
hat.

Schönen Dank für Ihre Geduld.

(Beifall bei allen Fraktionen)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1507516700

Ich erteile das Wort der Kollegin Petra Heß, SPD-

Fraktion.

Petra Heß (SPD):
Rede ID: ID1507516800

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten

Kolleginnen und Kollegen! Der 44. Bericht des Wehrbe-
auftragten spiegelt ein ehrliches Bild der inneren Lage
der Bundeswehr wider. Da es sich um einen Mängelbe-
richt handelt, zeigt er vor allem deutlich auf, welche De-
fizite innerhalb der Truppe bestehen.

Die Anzahl der Eingaben stieg im Jahr 2002 um rund
32 Prozent gegenüber dem Vorjahr an. Dieser Anstieg ist
darin begründet, dass sich die Bundeswehr im umfang-
reichsten Reformprozess seit ihrem Bestehen befindet
und gleichzeitig mehr Soldaten in Auslandseinsätzen ih-
ren Dienst verrichten als jemals zuvor in der Geschichte
der Bundesrepublik. Die Bundeswehr hat bewiesen, dass
sie den erhöhten Anforderungen gewachsen ist. Den-
noch ist es nicht zu vermeiden, dass es in bestimmten
Bereichen Defizite gibt. Diese Defizite werden erkannt
und wo immer möglich gelöst.

Das Beispiel des Feldlazarettes Rajlovac in der Nähe
von Sarajevo zeigt, dass der Verteidigungsausschuss und
das Verteidigungsministerium mit Kritik vonseiten des
Wehrbeauftragten und der Soldaten sehr verantwor-
tungsvoll umgegangen sind und weiterhin umgehen. Der
aktuelle Bericht des Wehrbeauftragten weist deutlich auf
die unzulängliche Infrastruktur im Feldlazarett
Rajlovac hin. Die Kritik war bekannt. Es gab aber fi-
nanzpolitische Bedenken, ein neues Feldlazarett zu
bauen. Dank der geschlossenen Haltung des Verteidi-
gungsministers und des gesamten Ausschusses konnten
diese Bedenken zu guter Letzt ausgeräumt werden. In-
zwischen ist der erste Spatenstich erfolgt. Im nächsten
Jahr wird das Feldlazarett mit einer modernen Infra-
struktur unseren Soldaten, aber auch den Soldaten ande-
rer Nationen, den Hilfsorganisationen und der Zivilbe-
völkerung zur Verfügung stehen.

Ein wesentlicher Anlass zur Beschwerde im Sanitäts-
dienst war die individuelle Einsatzbelastung der Sanitä-
ter. Auch hier wurde reagiert. Man hat das Splittingver-
fahren für das sanitätsdienstliche Fachpersonal
konsequent beibehalten. Sicher kommt es noch immer

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(C (D u einer hohen Einsatzbelastung der Spezialisten. Das anitätsführungskommando ist aber angehalten, die Solatinnen und Soldaten nach Möglichkeit so einzuplanen, ass sie in einem Zeitraum von 30 Monaten nur bis zu echs Monate ihren Dienst in einem Einsatzland verseen müssen. Mit diesen Vorgaben wird die Einsatzbelasung gleichmäßig und auf möglichst vielen Schultern erteilt. Es darf aber nicht verschwiegen werden, dass der Sa itätsdienst unter einem Mangel an medizinischem achpersonal leidet; der Fachpersonalmangel trifft übriens auch den zivilen Sektor. Umso höher möchte ich as bisherige Engagement der Sanitätsdienstler der Buneswehr, aber auch unserer Reservisten bewerten sowie ie überwiegend sehr gute zivil-militärische Zusammenrbeit hervorheben. Zu Recht wird im Bericht des Wehrbeauftragten auf ie über 200 Eingaben im Zusammenhang mit den euen Laufbahnen hingewiesen. Insgesamt reagiert die ruppe positiv auf die neuen Laufbahnen, da hiermit uch die Möglichkeit verbessert wurde, Beruf und Famiie in Einklang zu bringen, und die Bundeswehr besoners auch für junge Menschen attraktiver wird. Durch die neuen Laufbahnen ergeben sich für die jun en Zeitsoldaten sehr rasche Aufstiegsmöglichkeiten, as teilweise dazu führt, dass ältere Soldaten vom ienstgrad her überholt werden. Dies führt bei manchen ltgedienten und lebensälteren Soldaten zu Vorbehalten egen die neuen Laufbahnen. Das Verteidigungsministeium hat gehandelt und durch zusätzliche Planstellen ine Entspannung erreicht. Wir sind hier noch nicht am nde. Ich denke aber, es wird auch in Zukunft so weiterehen. Die unterschiedliche Besoldung in Ost und West orgt seit Jahren für Unmut in der Truppe. Die Mitglieer des Verteidigungsausschusses und Minister Struck ind sich darin einig, dass es zu einer schnellen Angleihung kommen muss. Wir alle wissen aber, dass es kein pezielles Besoldungsrecht für die Bundeswehr geben ird nd die Länder und Kommunen dieser Angleichung zutimmen müssten. Diese haben bereits signalisiert, dass s vor 2007 nicht dazu kommen wird. Deshalb appelliere ch von dieser Stelle aus an die Länder, zu prüfen, ob icht bereits früher eine schrittweise Angleichung realiiert werden kann. Schließlich ist die Bundeswehr eine rmee der Einheit und außerdem vielfach eine Armee m Einsatz. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Hans Raidel [CDU/CSU])


(Günther Friedrich Nolting [FDP]: Leider!)


Die Einsätze im Ausland sind oft mit großen Gefah-
en verbunden. Wir haben noch die schrecklichen Ge-
chehnisse in Kabul vor Augen. Der Bericht des Wehr-
eauftragten zeigt, dass vor Ort notwendige Maßnahmen
rgriffen werden, um den Schutz der Soldaten zu opti-
ieren. Die Auslandseinsätze machen aber auch deut-






(A) )



(B) )


Petra Heß

lich, dass unsere Soldatinnen und Soldaten Anspruch auf
die beste Ausrüstung haben. Nur dann sind sie den un-
terschiedlichen Gefahrenpotenzialen gewachsen. Dieser
Anspruch hat bei Neubeschaffungen absolute Priorität.
Ein gutes Beispiel hierfür ist die Entwicklung und Be-
schaffung der neuen Einsatzfahrzeuge Spezialisierte
Kräfte. Hier wird deutlich, dass kontinuierlich an Ver-
besserungen zum Schutz der Soldaten gearbeitet wird.
Bereits im nächsten Jahr werden die ersten ESK-Fahr-
zeuge in die Einsatzgebiete gelangen. Ich denke, das ist
ein gutes Signal an die Truppe, aber auch an ihre Ange-
hörigen.

Im Sommer dieses Jahres habe ich alle 23 thüringi-
schen Bundeswehrstandorte besucht. Nicht nur im Be-
richt des Wehrbeauftragten, sondern in jedem dieser
Standorte wurde von den Soldaten das Versorgungs-
recht im Auslandseinsatz angesprochen. Die bisherige
Unterteilung in qualifizierten und nicht qualifizierten
Dienstunfall wird als höchst unbefriedigend empfunden.
Dem kann ich mich nur nachdrücklich anschließen. Dan-
kenswerterweise gibt es einen einstimmigen Beschluss
des Verteidigungsausschusses und eine gute Vorlage des
Ministeriums, die weit reichende Verbesserungen für die
Soldaten beinhaltet. Diese Vorlage befindet sich zurzeit
zur Ressortabstimmung und ich erwarte – das sage ich
an dieser Stelle mit allem Nachdruck –, dass die Ände-
rungen noch in diesem Jahr verabschiedet und mit einer
angemessenen Rückwirkung in Kraft treten werden.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Das sind wir den Soldaten, ihren Familien und ihren An-
gehörigen, die die Einsätze mittragen, schuldig.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, abschließend
möchte ich feststellen, dass ich den steigenden Zahlen an
Eingaben durchaus auch Positives abgewinnen kann.
Dies zeigt, dass Soldaten Vorkommnisse nicht auf sich
beruhen lassen oder ihre Vorgesetzten diese unter den
Teppich kehren, sondern dass sie diese unter Einbezie-
hung des Wehrbeauftragten ansprechen und publik ma-
chen. Damit unterstreichen sie, dass unsere Soldaten ver-
antwortungsvolle Staatsbürger in Uniform sind.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der FDP)


Nur so können Fehlentwicklungen und Mängel in der
Bundeswehr rechtzeitig erkannt und Konsequenzen ge-
zogen werden.

Abschließend möchte ich dem Wehrbeauftragten
Dr. Penner und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
für den kritischen, umfangreichen und fairen Bericht
danken. Mein Dank gilt aber auch den Soldatinnen und
Soldaten für einen Dienst, den sie in einer sehr schwieri-
gen Phase in hervorragender Weise tun.

Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, danke ich für
Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D Das Wort hat nun die Kollegin Anita Schäfer, CDU/ SU-Fraktion. Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her en! Verehrte Kollegen! Sehr geehrter Herr Penner, ich anke Ihnen im Namen meiner Fraktion für Ihren Beicht. Unser Dank gilt natürlich ebenso auch Ihren Mitareitern und Mitarbeiterinnen. In diesem Jahresbericht 2002 haben Sie, sehr geehr er Herr Dr. Penner, auf zahlreiche Defizite in der Buneswehr hingewiesen. Das ist eben die Natur eines ängelberichts. Die neue, von der Bundesregierung bechlossene Reduzierung der Truppenstärke und die dait verbundene dritte Reform der zweiten Reform der rsten Reform werden die Anzahl der Eingaben wohl uch in den nächsten Jahren auf einem hohen Niveau alten. Bedauerlicherweise wird von einer Reform in die ächste gestolpert. Es fehlt Planungssicherheit; das püren die Soldaten. Die Truppe braucht mehr innere ontinuität, um ihre vielen und gefährlichen Aufträge zu rfüllen. Ich wünsche mir, dass mit den jüngsten Strukurentscheidungen die Phase der Stabilisierung erreicht ird. Die Soldaten im Einsatzland dürfen bei ihrem ichtigen und gefährlichen Einsatz nicht durch eine unewisse Lage in der Heimat verunsichert werden. er Gesamteindruck des Berichtes ist aber der einer vernsicherten Truppe, die in einem sehr schwierigen Umruch steckt. Sehr geehrter Herr Dr. Penner, leider vermeiden Sie s, aus den Elementen Ihres Berichtes ein Gesamtbild zu eichnen. In der Pressekonferenz anlässlich der Vorstelung Ihres Berichtes ging Ihre Analyse weiter. Zu Recht orderten Sie von der politischen Führung Berechenbareit und Führungsverantwortung. Das möchte ich nachrücklich unterstreichen; denn genau das fordere ich uch. Das erwarten ebenso die Menschen in der Bundesehr. Die Mehrzahl der Soldatinnen und Soldaten fühlt ich einer politischen Führung ausgesetzt, die ihren Teil n der Verantwortung für die Soldatinnen und Soldaten icht ernst genug nimmt. Viele Probleme der Soldaten entstehen an der Schnitt telle zwischen Militärund Zivilleben, zum Beispiel in esoldungsund Versorgungsfragen oder – das ist ganz ichtig – im Familienleben der Soldaten, die sich in uslandseinsätzen befinden. Die Folgen der Trennung on der Familie oder dem Lebenspartner sind schweriegend. Viele Beziehungen geraten in die Krise, Ehen cheitern. Besonders junge Partnerschaften stehen vor roßen Problemen. Die dienstlichen Belastungen haben ür viele Zeitund Berufssoldaten ein solches Ausmaß rreicht, dass sie vor der Frage „Dienst oder Familie?“ tehen. Anita Schäfer Dazu darf es niemals kommen. Das dienstliche Um feld muss so gestaltet sein, dass Familie nicht nur möglich ist, sondern bei unseren Soldatinnen und Soldaten auch gefördert wird. Ich fordere daher den Bundesminister der Verteidigung auf, mit allen Mitteln zu verhindern, dass eine hohe Trennungsund Scheidungsquote zum Kennzeichen für das Berufsbild des Soldaten wird. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1507516900
Anita Schäfer (CDU):
Rede ID: ID1507517000

(Beifall des Abg. Hans Raidel [CDU/CSU])


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


Es muss klar sein, dass nicht nur Angebote der Bundes-
wehr bestehen. Familienbetreuung heißt, aktiv auf die
Angehörigen zuzugehen und sich um sie zu kümmern.
Dafür trägt die politische Leitung eine hohe Verantwor-
tung.

Viele Eingaben an den Wehrbeauftragten zeigen, dass
die Grenzen der materiellen wie auch der ideellen Be-
lastbarkeit der Streitkräfte erreicht sind. Die Kunde von
dieser starken Belastung im Dienst dringt nach außen.
Sie wird von der Gesellschaft wahrgenommen. Diese
hohe Belastung schreckt wohl viele junge Menschen
vom Dienst in der Bundeswehr ab. Wenn aus Kosten-
gründen zu wenig gepanzerte Fahrzeuge im Einsatzland
sind, dann werden die eingesetzten Soldaten unnötigen
Gefahren ausgesetzt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Der Anschlag in Kabul hat die Eingaben zu diesem Pro-
blem aus dem Jahr 2002 in schrecklicher Weise bestä-
tigt. Das Verteidigungsministerium darf nicht zulassen,
dass die Sicherheit der Soldaten gefährdet wird, weil
Ausbildung und Materialerhaltung zu kurz kommen.
Einsätze müssen sich an den vorhandenen Ressourcen
ausrichten. Sie müssen sich aber auch an politischer
Machbarkeit orientieren.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Zahlreiche Soldatinnen und Soldaten, die auf dem
Balkan im Einsatz waren, haben erhebliche Zweifel am
langfristigen politischen Ziel bekommen. Ähnliches
zeichnet sich jetzt mit der Mission in Kunduz ab. Die po-
litische Glaubwürdigkeit des Mandates steht und fällt
mit der Lösung der inneren Probleme Afghanistans. Ich
nenne beispielhaft die Drogenproblematik. Wie lange
sollen unsere Soldaten dem Anbau von Drogen noch zu-
sehen? Was passiert, wenn nicht mittelfristig afghani-
sche Polizei den Drogenanbau bekämpft?

Die Rechtssicherheit der Soldatinnen und Soldaten
ist nur ein weiteres Feld, das die Soldaten mit Sorge zu
Eingaben an den Wehrbeauftragten veranlasst. Die Bun-
desregierung muss ihre Hausaufgaben zur Rechtssicher-
heit der Soldaten machen. Es darf nicht sein, dass Solda-
ten ohne klare Rechtsgrundlage in den Einsatz gehen.
Ebenso ist die Anpassung des Soldatenversorgungsge-
setzes kein Privileg, sondern eine zwingende Notwen-
digkeit. Wenn der Tod und die Verwundung im Einsatz-
land fast immer zum Rechtsstreit führen, dann verliert
die Truppe ganz das Vertrauen in die politische Führung.
Ich unterstreiche das noch einmal: Am Umgang mit un-
seren im Einsatz gefallenen und verwundeten Soldaten,

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(C (D m Umgang mit ihren Angehörigen zeigt sich das wahre esicht unseres Landes, das die Soldatinnen und Soldan gerne im Sinne des Wortes als Vaterland sehen. Das ürfen wir nicht kleinkarierten, untergeordneten Behören überlassen. Das muss die Sorge des Parlaments sein. Die Bundeswehr ist eine Armee im Bündnis. Wäh end meiner Truppenbesuche bei multinationalen Veränden mit dem Herrn Wehrbeauftragten habe ich mit eutschen Soldaten gesprochen, die gemeinsam mit Solaten anderer Länder ihren Dienst leisten. Der volkstümiche Spruch „andere Länder, andere Sitten“ gilt auch für rmeen. Besonders die Rolle der einfachen Soldaten, er Mannschaftsdienstgrade, in manchen Armeen muss achdenklich stimmen. Nach vielen Gesprächen mit Soldatinnen und Solda en aus multinationalen Verwendungen kann ich sagen: nnere Führung als Markenzeichen deutscher Streiträfte muss erhalten bleiben. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ehr noch, es muss im Zuge einer Europäisierung unse-
er Streitkräfte auch eine Europäisierung der Grundsätze
er inneren Führung stattfinden. Bei der deutsch-franzö-
ischen Brigade konnte ich feststellen, dass innere Füh-
ung nach mehr als zehn Jahren in der Brigade keine
nbekannte Größe mehr ist. Innere Führung, das Be-
enntnis zum Staatsbürger in Uniform ist nicht Zeichen
iner schwachen Führung, ist keine Sache nur für Innen-
ienst und Manöver. Der Soldat im Einsatz muss als
taatsbürger seinem Land dienen, er darf nicht zum
öldner werden.
Zu einem ernsten Kapitel im Bericht des Wehrbeauf-

agten ist etwas positiv zu bemerken: Die Anzahl der
orfälle mit einem Verdacht auf rechtsextremistischen
intergrund ist deutlich zurückgegangen. Ich zitiere: „In
llen berichteten Vorfällen haben die Vorgesetzten
chnell, umfassend und richtig reagiert.“ So weit die
tellungnahme des Verteidigungsministeriums zum Be-
icht des Wehrbeauftragten. Es gibt wohl keinen Bereich
n der Gesellschaft, in dem Rechtsradikalismus und
echtsextremismus so konsequent verfolgt werden wie
der Bundeswehr.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie der Abg. Marianne Tritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


erglichen mit dem Anteil junger Männer in der Ge-
amtbevölkerung ist die Anzahl extremistischer Vorfälle
der Bundeswehr kein Grund zur Sorge, wenn auch je-
er einzelne Vorfall einer zu viel ist. Der in der Presse
rhobene Vorwurf, dass rechtsradikales und antisemiti-
ches Denken bis in die Spitzen der Streitkräfte verbrei-
et sei, kann nicht stehen gelassen werden und sollte
icht erhoben werden. Wer diesen Vorwurf unberechtigt
nd pauschal erhebt, beschädigt das Ansehen der Bun-
eswehr. Dann kennt er die Bundeswehr nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) )



(B) )


Anita Schäfer (Saalstadt)


Wenn jedoch einem Soldaten eine solche Verfehlung

vorgeworfen wird, dann müssen Vorgesetzte selbstver-
ständlich schnell und konsequent reagieren, aber auch
korrekt und rechtlich einwandfrei.

Ich komme zum Schluss. Der 44. Bericht des Wehr-
beauftragten hat deutlich gezeigt, dass die Kluft zwi-
schen politischem Anspruch, den vielen Aufträgen und
der Lage in der Truppe immer größer wird. Das gilt vor
allem für die nicht ausreichende Ausstattung mit Haus-
haltsmitteln, sowohl für die gefährlichen Einsätze im
Ausland als auch für den Dienst in der Heimat. Es bleibt
zu hoffen, dass die bevorstehenden Reformen endlich
eine klare und langfristige Perspektive für die Soldatin-
nen und Soldaten der Bundeswehr schaffen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1507517100

Ich erteile das Wort der Kollegin Marianne Tritz,

Bündnis 90/Die Grünen.

Marianne Tritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507517200

Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Penner! Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Brigadegeneral Reinhard
Günzel hat der Bundeswehr mit seinem unsäglichen Un-
terstützungsbrief für den CDU-Abgeordneten Hohmann
Schaden zugefügt. Die sofortige Entlassung Günzels
durch den Bundesverteidigungsminister war die einzig
mögliche, folgerichtige Konsequenz –


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Und die Begründung?)


eine Konsequenz, die wir bei Ihnen, meine Damen und
Herren von der CDU, im Umgang mit Ihrem Kollegen
Martin Hohmann leider eine unerträglich lange Zeit
schmerzlich vermissen mussten.


(Hans Raidel [CDU/CSU]: Mädchen, Mädchen, überleg mal ein bisschen!)


Der vorliegende Jahresbericht 2002 verdeutlicht die
ganz besondere Bedeutung, die der Berichterstattung des
Wehrbeauftragten als Stimmungsbarometer und Pro-
blemindikator für die Bundeswehr zukommt. In dem Be-
richt für das Jahr 2002 heißt es, dass 111 besondere Vor-
kommnisse mit Verdacht auf rechtsextremistischen oder
fremdenfeindlichen Hintergrund gemeldet wurden. Da-
mit ist das niedrigste Meldeaufkommen seit 1997 er-
reicht.

Das ist ein Erfolg der vielfältigen präventiven, aber
auch repressiven Maßnahmen innerhalb der Bundes-
wehr. Der Fall Günzel ist in diesem Zusammenhang
auch ein erneutes klares Signal an alle innerhalb und au-
ßerhalb der Bundeswehr: Rechtsextremismus hat in un-
serer Gesellschaft keinen Platz. Wer dieses Signal nicht
beachtet, verliert seinen Platz in den Streitkräften.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Unverträglichkeit von Rechtsextremismus und
Bundeswehr begründet sich auch aus einem anderen Zu-

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(C (D ammenhang. In Zeiten der Modernisierung und Umtrukturierung der Streitkräfte bei gleichzeitiger Internaionalisierung von Aufträgen und Einsätzen verändert ich das Anforderungsprofil von Soldatinnen und Soldaen. Kommunikative und interkulturelle Kompetenz ehören neben dem Beherrschen von Fremdsprachen mmer mehr zur grundlegenden Qualifikation der Soldainnen und Soldaten von heute und morgen. Fremdeneindliche Einstellungen unter Angehörigen der Bundesehr würden somit die erfolgreiche Durchführung von ultinationalen Einsätzen unmöglich machen. Mit dem ericht können wir all denjenigen überzeugende Fakten ntgegenhalten, die jetzt vor dem Hintergrund des Falles ünzel versuchen, die Bundeswehr insgesamt als einen ort des Rechtsextremismus zu diffamieren. Ein für mich sehr wichtiges Ergebnis des Jahresbe ichtes ist, dass sich das Prinzip der inneren Führung uch bei Auslandseinsätzen bewährt hat. Das Leitbild er Staatsbürgerin und des Staatsbürgers in Uniform ist arkenzeichen und Erfolgsgarant der Bundeswehr. Es uss bei allen Veränderungen der Strukturen und Anforerungen an die Bundeswehr beibehalten werden. Der Jahresbericht dokumentiert außerdem die erhebli hen Fortschritte bei der Integration von Soldatinnen n die Bundeswehr. Der Frauenanteil ist zwar im erichtszeitraum leicht gestiegen, liegt jedoch mit ,97 Prozent aller Zeitund Berufssoldaten zu niedrig. s bedarf weiterer Anstrengungen, den Bundeswehrienst für Frauen attraktiver zu gestalten, auch und geade was die Vereinbarkeit von Familie und Beruf aneht. Darüber hinaus ist es notwendig, die existierenden robleme zu bekämpfen, zum Beispiel die in einzelnen ällen auftretenden frauenfeindlichen Äußerungen und bergriffe weiter zu minimieren. Die steigende Zahl der Auslandseinsätze führt zu ei em Sinken der Familienund Beziehungsverträglichkeit es Soldatenberufs insgesamt. Die Länge der Auslandeinsätze ist ein erhebliches Hindernis bei der Nachuchsgewinnung von Soldatinnen und Soldaten. Die beeits vorgenommene Flexibilisierung ist ein erster Schritt ur notwendigen Überwindung des Dogmas der sechsonatigen Stehzeit. Höchst begrüßenswert ist in diesem usammenhang die Verbesserung und Aufstockung der estehenden 19 Familienbetreuungszentren für Angehöige von Soldatinnen und Soldaten im Auslandseinsatz owie die Einrichtung weiterer neun solcher Zentren. Sehr interessant ist der Vermerk des Wehrbeauftrag en über Klagen wegen mangelnder Wehrgerechtigkeit nd geäußerten Zweifeln am Sinn der allgemeinen ehrpflicht. Wie Sie wissen, setzen sich die Grünen für ie Abschaffung der Wehrpflicht ein und werden, wie in nserer Koalitionsvereinbarung festgelegt, im Lauf dieer Legislaturperiode eine Überprüfung der Wehrverfasung durchführen. ir werden uns mit allen Mitteln für die Abschaffung er Wehrpflicht einsetzen. (Günther Friedrich Nolting [FDP]: Unseren Anträgen zustimmen!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Marianne Tritz

Ich komme zum Schluss: Der 44. Bericht des Wehr-

beauftragten hat deutlich gezeigt, dass die Bundeswehr
bei allen sich erheblich verändernden Bedingungen und
ernsthaften Problemen ihre Aufgabe meistert. Die Solda-
tinnen und Soldaten wirken durch ihre vermehrten Ein-
gaben als mündige Staatsbürger und Staatsbürgerinnen
in Uniform über die Institution des Wehrbeauftragten ak-
tiv an der Gestaltung der Bundeswehr mit. Für Ihre
wichtige und hervorragende Arbeit möchte ich Ihnen,
Herr Penner, und Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbei-
tern im Namen meiner Fraktion herzlich danken.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1507517300

Das Wort hat nun die Kollegin Helga Daub für die

FDP-Fraktion.


Helga Daub (FDP):
Rede ID: ID1507517400

Herr Präsident! Dr. Penner! Kolleginnen und Kolle-

gen! Zum zweiten Mal debattieren wir heute über den
Bericht des Wehrbeauftragten für das Jahr 2002. Gerne
wiederhole ich den Dank an Dr. Penner und seine Mitar-
beiter für die Erstellung dieses Berichts und vor allem
für den Hinweis, dass die Bundeswehr kein Hort des
Rechtsradikalismus ist und dass dafür in der Bundes-
wehr kein Platz ist.


(Beifall bei der FDP, der SPD und der CDU/ CSU)


Zu Recht werden in jeder Rede auch der Leistungs-
wille und die Leistungsfähigkeit unserer Soldaten ange-
sprochen. Umso wichtiger ist es, sich endlich den Pro-
blemen zu stellen, die im Bericht des Wehrbeauftragten
angesprochen werden. Wir entscheiden morgen in die-
sem Haus über die Verlängerung des Mandats für die
Operation Enduring Freedom. Damit sind wir bei einem
Schwerpunktthema der Eingaben an den Wehrbeauftrag-
ten. Bei den Auslandseinsätzen der Bundeswehr wird
der Handlungsbedarf besonders deutlich. Die Einsatz-
dauer ist mit sechs Monaten zu lang. Der dreiwöchige
Urlaub ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein und löst
letztlich nicht das Problem.


(Beifall bei der FDP)

Die Abstände zwischen den Einsätzen sind viel zu kurz.
Der zugesagte Mindestabstand von zwei Jahren kann
nicht eingehalten werden, auf gar keinen Fall bei den
Spezialisten.

Die Soldaten klagen des Weiteren über die mangelnde
Planungssicherheit, die ein hohes Konfliktpotenzial auch
für das familiäre Umfeld mit sich bringt. Natürlich weiß
der Zeit- und der Berufssoldat, dass er mobil und flexi-
bel sein muss. Dass das jedoch nicht überstrapaziert wer-
den sollte, zeigt zum Beispiel Folgendes: Wegen der
Dauer und der zunehmenden Häufigkeit der Auslands-
einsätze wird nach Ablauf der Verpflichtungszeit von ei-
ner Weiterverpflichtung Abstand genommen, die Dienst-
zeit verkürzt oder auf eine Übernahme als Berufssoldat

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(C (D erzichtet. Das ist ein alarmierendes Signal für die ttraktivität der Bundeswehr. Das können wir uns berhaupt nicht leisten, egal ob man für eine Berufsaree plädiert – ich danke Ihnen, Frau Tritz; hätten Sie och unserem Antrag zugestimmt – (Beifall bei der FDP – Marianne Tritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war sehr begründet, dass wir das nicht taten, Frau Daub!)


der ob man eine Wehrpflichtarmee will.
Damit komme ich zu den Petenten, die zu Recht die
ehrungerechtigkeit beklagen. Wenn behauptet wird,
ass 96 Prozent der jungen Männer eines Jahrgangs
rfasst würden – diese Zahl steht im Bericht des Wehr-
eauftragten; in der Fernsehversion war sogar von
8 Prozent die Rede –, dass also die Wehrgerechtigkeit
m Vergleich zur Vergangenheit zugenommen habe,
ann muss man die Fakten klarstellen.
Lassen Sie mich das an folgendem Beispiel erläutern:
enn sich eine Polizeibehörde entschließt, säumige
ahler von Bußgeldern bis zu 15 Euro nicht mehr zu
ahnen, so wird sie anschließend mit Fug und Recht be-
aupten können, dass die Zahlungsmoral enorm gestie-
en sei – und das mit einem bürokratischen Federstrich
nd ohne einen Euro mehr in der Kasse!


(Günther Friedrich Nolting [FDP]: So ist das!)

Wenn man die Tauglichkeitskriterien für die Wehr-

flichtigen immer weiter heraufsetzt, dann bekommt
an zwar nicht mehr Wehrpflichtige, aber die beeindru-
kende Zahl von 96 Prozent.


(Günther Friedrich Nolting [FDP]: Genau so! Schönrechnen! – Dr. Peter Struck, Bundesminister: Was?)


Ich habe noch ein anderes Beispiel, Herr Dr. Struck.
enn ich das aber nennen würde, wäre meine Redezeit
berschritten.


(Dr. Peter Struck, Bundesminister: Lassen Sie es lieber weg! – Gegenruf des Abg. Günther Friedrich Nolting [FDP]: Das wird nicht auf die Redezeit angerechnet!)


Als im April dieses Jahres das erste Mal über den Be-
icht des Wehrbeauftragten für das Jahr 2002 debattiert
urde, habe ich – wie meine Kollegen aus der FDP-
raktion schon oft zuvor – über den Missstand bei der
ersorgung gesprochen. Zum Beispiel haben alle Frak-
ionen im Januar dieses Jahres in einer Sitzung des
erteidigungsausschusses angemahnt, die zynische Un-
erscheidung zwischen qualifizierten und nicht qualifi-
ierten Unfällen abzuschaffen. Das Jahr ist nun fast um
nd dankenswerterweise gibt es inzwischen zumindest
ine großzügige Handhabung zugunsten der Betroffe-
en. Aber eine gesetzliche Regelung, die letztlich das
inzige ist, was den Soldaten eine wirkliche Sicherheit
ietet, steht noch aus. Es kann doch nicht sein, dass zwar
mmer mehr Einsatz im wahrsten Sinne des Wortes ge-
ordert wird, aber in einer so wichtigen Frage keine Eini-
ung in der Regierung erzielt werden kann. Ich fordere






(A) )



(B) )


Helga Daub

Sie auf, dieses Thema weiter hartnäckig zu verfolgen
und zu einem guten Abschluss zu bringen.


(Beifall bei der FDP)

Natürlich kann ich aufgrund der kurzen Redezeit

nicht auf alles eingehen, was an den Wehrbeauftragten
herangetragen wurde.


(Günther Friedrich Nolting [FDP]: Schade!)

Es gibt ja auch qualitative Unterschiede zwischen den
Eingaben. Ich bin fest davon überzeugt, dass ein Soldat
durchaus ohne ein Piercing leben kann. Aber zurück
zum nötigen Ernst: Lassen Sie uns zumindest die drin-
gendsten Probleme lösen, die sich aus den neuen Anfor-
derungen an die Bundeswehr ergeben. Wenn es um das
Wohl der Soldaten und Soldatinnen geht, haben Sie uns
auf Ihrer Seite.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1507517500

Für die Bundesregierung erteile ich nun dem Parla-

mentarischen Staatssekretär Walter Kolbow das Wort.

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Walter Kolbow (SPD):
Rede ID: ID1507517600


Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die
Sprecherinnen der Fraktionen haben Ihnen, sehr geehrter
Herr Dr. Penner, dem Wehrbeauftragten, sowie Ihren
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu Recht gedankt. Ich
darf mich diesem Dank, auch im Namen des anwesen-
den Bundesministers der Verteidigung, anschließen. Wir
danken Ihnen auch für die Art und Weise, wie Sie in die-
sem Bericht die Leistungen unserer Soldatinnen und Sol-
daten im In- und Ausland herausstellen und würdigen.
Unverzichtbar ist auch, Ihnen dafür zu danken, wie Sie
die Mängel, die es in dieser großen Institution immer
wieder gibt, ansprechen und wie Sie uns nachdrücklich
zum Beseitigen derselben anhalten.

Mein besonderer Dank gilt denjenigen, die im vergan-
genen Jahr durch ihr Wirken und durch ihre Leistungen
zum positiven Erscheinungsbild der Bundeswehr nach
innen wie nach außen beigetragen haben. Besonders
bitte ich Sie, mit mir derer zu gedenken, die im Auftrag
des Bundestages und damit im Dienst für unser Land ihr
Leben verloren haben. Ihnen, ihren Angehörigen und all
denen, die im Einsatz zu Schaden gekommen sind, gilt
unser aufrichtiges Mitgefühl und unsere besondere An-
teilnahme. Was Sie, Frau Kollegin Schäfer, in diesem
Zusammenhang ausgeführt haben, möchte ich ausdrück-
lich unterstreichen.

Das Bundesministerium der Verteidigung ist wie in
den Vorjahren bemüht, die wertvollen Anregungen und
Hinweise des Wehrbeauftragten aufzugreifen und im
Rahmen der Möglichkeiten unverzüglich umzusetzen.
Wir arbeiten mit aller Kraft an der Beseitigung der auf-
gezeigten Mängel. Dies gilt besonders für die im Bericht
genannten Bereiche Attraktivitätsprogramm, Vereinbar-
keit von Familie und Beruf, Dauer der Auslandseinsätze
und Ausbau der Familienbetreuung. Dies gilt ebenso für

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(C (D ie Bereiche Materialund Ersatzteillage, Gestaltung es Auslandsverwendungszuschlags und für die zweifelos notwendigen Verbesserungen im Versorgungsrecht, erade mit Blick auf die notwendige soziale Absicheung bei Einsatzunfällen. An der auch vom Wehrbeauftragten so eindringlich ngemahnten Novellierung des Versorgungsrechts areiten wir mit Nachdruck. Wir wollen sie unverzüglich um Abschluss bringen. Wir danken für die Willensbeundungen aus den Reihen der Fraktionen. Wir werden ie Willensbekundungen in die interministeriellen Abtimmungen mitnehmen. Wir sind ein gutes Stück voranekommen: Es wird das Institut des Einsatzunfalles eben. Es wird auch beim Status – Zeitsoldaten, Berufsoldaten oder freiwillig Wehrdienstleistende – keinen nterschied mehr geben; wir werden gleich entschädien. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der FDP)


Wie auch dieser Bericht des Wehrbeauftragten deut-
ich herausstellt, ist es eindeutig der Fall, dass der
ransformationsprozess der Bundeswehr die zivilen
ie die militärischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
or große Herausforderungen stellt. Zugleich weist der
ericht des Wehrbeauftragten aber auch unmissver-
tändlich darauf hin, dass es zu diesem Prozess in der
undeswehr keine ernsthafte Alternative gibt. In diesem
usammenhang muss ehrlich gesagt werden, dass den
itarbeiterinnen und Mitarbeitern in Uniform und ohne
niform auch weiterhin Flexibilität abverlangt wird.
Im Hinblick auf das unumgängliche Gebot der Wirt-

chaftlichkeit und der militärischen Effizienz werden
uch zusätzliche Standorte zur Disposition stehen. Wir
aben keine andere Wahl und wir werden noch eine ge-
aume Zeit Anpassungsprozessen, zu denen es keine Al-
ernative gibt, ins Auge zu sehen haben. Frau Kollegin
chäfer, wir stolpern dabei in der Tat nicht in etwas hi-
ein, sondern wir bereiten konzeptionell vor, setzen
ommunikativ um und zählen dabei auch auf die Profes-
ionalität unserer Soldatinnen und Soldaten sowie unse-
er zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


uf deren Professionalität können wir uns verlassen.
ir wissen auch, dass die Soldatinnen und Soldaten so-
ie die zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den An-
pruch haben, sich auf uns, auf den Minister sowie seine
ämtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Bun-
eswehr, verlassen zu können.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Bei der Bundeswehrreform stand von Beginn an der
ensch im Mittelpunkt. Wir haben sozialverträglich
mgestaltet. Wir haben versucht, Mängel, die dabei auf-
etreten sind – das kommt immer wieder vor –, rechtzei-
ig und nachhaltig zu beseitigen.






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Walter Kolbow

Das spiegelt sich auch in der jüngsten Weiterentwick-

lung des Attraktivitätsprogramms wider. Das Attrakti-
vitätsprogramm konnte im letzten Jahr erfolgreich um-
gesetzt und auch weiterentwikkelt werden:

Trotz des plafondierten Haushalts in den Jahren 2002
bis 2004 werden wir mehr als 46 500 Planstellenverbes-
serungen erreichen, aus denen mehr als 64 000 Beförde-
rungen und Besoldungsverbesserungen folgen. Der Be-
förderungsstau konnte damit abgebaut werden. Zu den
umgesetzten Maßnahmen gehören unter anderem die
Anhebung der Eingangsbesoldung für Mannschaften so-
wie die Besoldung der Kompaniechefs und Offiziere in
vergleichbarer Dienststellung nach der Besoldungs-
gruppe A 12. Die seit April 2002 neu gestaltete Lauf-
bahn der Unteroffiziere führte zu einer Reduzierung der
Mindestzeiten für eine Beförderung sowie zu einer Bün-
delung von Dienstposten. Über diejenigen, die nun nicht
befördert werden konnten, die also weiter anstehen müs-
sen, haben wir am Mittwoch im Verteidigungsausschuss
gesprochen. Frau Kollegin Heß hat schon erwähnt, dass
wir weitere Planstellen zur Verfügung stellen und so in
schwieriger Zeit zu Erleichterungen kommen werden.

Auch bei der Schaffung eines Soldatengleichstel-
lungsgesetzes sowie bei der Ausgestaltung von Teilzeit-
dienst sind wir vorangekommen und schaffen damit zu-
sätzliche Attraktivität.

Der Wehrbeauftragte hat in seiner heutigen Rede die
Kürzung des Weihnachtsgeldes erwähnt. Das war aus
seiner Sicht selbstverständlich. Aus der Sicht von uns,
die wir damit umzugehen haben, ist die Kürzung unum-
gänglich. Ich darf aber darauf hinweisen, dass die ge-
plante Kürzung für die unteren Besoldungsgruppen in
enger Abstimmung mit dem Deutschen Bundeswehr-
Verband und mit den Fraktionen im Verteidigungsaus-
schuss sozial abgefedert wird. Das bedeutet für Empfän-
ger mit Grundgehalt nach den Besoldungsgruppen A 2
bis A 8 eine Erhöhung der gekürzten Sonderzahlung um
einen Festbetrag von 100 Euro. Von dieser Regelung
profitieren in der Bundeswehr mehr als 150 000 zivile
und militärische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1507517700

Herr Staatssekretär, denken Sie bitte an die Zeit.

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Walter Kolbow (SPD):
Rede ID: ID1507517800


Lassen Sie mich zum Schluss in Kürze zusammenfas-
send noch etwas zu den aktuellen Dingen sagen. Wie der
Wehrbeauftragte formuliert hat – wer könnte es besser
sagen als er? –, ist die Bundeswehr – das kann ich auch
aus meiner Erfahrung nachdrücklich unterstreichen –
eine Armee in der Demokratie und für die Demokratie.
Sie ist eine Armee der Toleranz. Sie schützt die Rechte
Andersdenkender. Mit diesem Beispiel ist sie in unserem
Geist im Ausland und im Innern tätig. Dafür danken wir.
So wollen wir weiterarbeiten.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Ich erteile der Abgeordneten Petra Pau das Wort. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir iskutieren heute den Bericht des Wehrbeauftragten. Wir ebattieren heute nicht über die Militärstrategie der Bunesrepublik und nicht über die Versuche der Bundesreierung, in diesem Zusammenhang geltendes Recht zu nterlaufen. Ich stelle das trotzdem voran; denn nach eltendem Recht ist der Einsatz von deutschen Krisennterstützungskräften im Irak rechtswidrig. (Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1507517900
Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1507518000

s ist sittenwidrig, wenn ein General der Bundeswehr
ei antisemitischen Ausfällen von Amts wegen salutiert.
Damit bin ich bei einem zentralen Punkt. Bundesver-

eidigungsminister Struck hat den KSK-Chef Günzel
uspendiert, nachdem dessen rechtsextremistisches Ge-
ankengut Schlagzeilen gemacht hatte.


(Ulrike Merten [SPD]: Vorher konnte er ja nicht!)


err Verteidigungsminister, Sie haben prompt gehan-
elt, allemal schneller als die CDU/CSU im Fall
ohmann. Das respektiere ich.
Mich irritiert in diesem Zusammenhang etwas ande-

es. Sie haben Ex-General Günzel beschrieben als einen
ntypischen Einzelgänger, der den Irrsinn eines Irren
irr kommentiert habe. Mit dieser Begründung haben
ie sich zwischen Günzel und das eigentliche Problem
estellt. Ich habe Sie für weitsichtiger gehalten.
Wenn Ihre These zutrifft, wonach die Bundeswehr ein

piegelbild der Gesellschaft ist, dann haben wir es auch
it der Tatsache zu tun, dass in eben dieser Gesellschaft
0 Prozent der Menschen für rechtsextremistisches und
ntisemitisches Gedankengut anfällig sind. Das ist der
esellschaftliche Befund. Deshalb meine ich: Wenn
ünzel hier zum Einzeltäter erklärt wird, dann verdrän-
en wir. Genau das sollte weder Rot-Grün noch der Bun-
estag insgesamt tun.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Hinzu kommt ein weiteres Problem: Noch immer tra-
en Kasernen die Namen von Wehrmachtsgenerälen.
er Wehrbeauftragte hat von der Anziehungskraft ge-
prochen, die teilweise Waffen, Rituale und andere
inge auf junge, rechtsextremem Gedankengut nahe ste-
ende Soldaten ausüben. Noch immer pflegen Einheiten
er Bundeswehr enge Kontakte zu Traditionsvereinen
er Wehrmacht. Genau dieses Erbe holt Rot-Grün nun
uch mit der CDU-Affäre Hohmann ein.


(Ulrike Merten [SPD]: Sehr weit hergeholt!)

Ich weiß, liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie woll-

en dieses Erbe nie annehmen, aber Sie haben es auch
ach 1998, also seitdem Sie Verantwortung tragen, nicht






(A) )



(B) )


Petra Pau

ausgeschlagen; so haben Sie zum Beispiel keine Namen
von Kasernen geändert.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos] – Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Minister hat sofort gehandelt!)


Deshalb finde ich: Das schlichte Gebot im Bericht des
Bundeswehrbeauftragten – Rechtsextremismus darf nir-
gendwo eine Heimstatt finden – muss allgemeiner Auf-
trag bleiben.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos] – Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Linksextremismus auch nicht!)


Da sollten wir auch bei diesen symbolischen Dingen be-
ginnen.

Schließlich will ich aus dem Bericht des Wehrbeauf-
tragten kurz ein drittes Problem aufgreifen, welches hier
heute schon eine Rolle spielte, nämlich die Tatsache,
dass Ostdeutsche im Jahr 13 der Einheit noch immer
benachteiligt werden, auch in der Bundeswehr, selbst im
Kriegseinsatz. Das beginnt beim abgesenkten Sold und
endet längst nicht bei niedrigeren Renten. Sie wissen,
dass die PDS kein Freund von Militäreinsätzen ist und in
dem Fall auch nicht die Existenz der Bundeswehr vertei-
digt. Hierbei geht es aber um soziales Unrecht; dagegen
sind wir. Bei der Beseitigung dieses Unrechts findet der
Wehrbeauftragte auch bei uns Verbündete.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1507518100

Nun hat das Wort der Kollege Dr. Gerd Müller, CDU/

CSU-Fraktion.


Dr. Gerd Müller (CSU):
Rede ID: ID1507518200

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch un-

ser Dank gilt zunächst dem Wehrbeauftragten. Herr
Dr. Penner, Sie leisten eine verdienstvolle Arbeit im
Sinne unserer Soldatinnen und Soldaten. Bei der Diskus-
sion Ihres Berichtes stellt sich ja auch die Frage nach
dem Stellenwert der Bundeswehr in unserer Gesell-
schaft. Wir schauen da nicht nur in Richtung der
Generäle – ich sehe gar keinen –,


(Zurufe von der CDU/CSU: Doch!)

sondern insbesondere in Richtung der Mannschafts-
dienstgrade und der Unteroffiziere, also derjenigen, die
vor Ort ganz massiv gefordert und gefragt sind.

Meine Damen und Herren, wenn ich sage, dass es
auch um den Stellenwert der Bundeswehr in unserer Ge-
sellschaft geht, dann lassen Sie mich auch festhalten: Si-
cherheit ist die wichtigste Leistung, die die Bürgerinnen
und Bürger von ihrem Staat verlangen. Wir alle wissen,
dass sich die Bedrohungslage seit dem 11. September
2001 dramatisch verändert hat. Deshalb müsste natürlich
auch dieser Bericht Anlass dazu sein, eine Debatte in un-
serer Gesellschaft über den Stellenwert unserer Soldatin-
nen und Soldaten, über den Stellenwert der Bundeswehr

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(C (D nd über die Leistungen, die sie für diese Gesellschaft rbringen, anzustoßen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Sie müssten auch einmal dringend eine Antwort da-
auf geben, welche Rolle unser Land in einer neuen
eltarchitektur überhaupt noch spielt. Hier vermissen
ir jede nachvollziehbare Definition der Rolle unseres
andes in einem sich wandelnden Bündnis und in einer
ach Finalität suchenden EU. Die Zukunft liegt nicht in
er neuen Achse zwischen Paris, Berlin und Moskau, die
ie begründen wollen. Die Zukunft liegt auch nicht in
euen Kommandostrukturen, die außerhalb der NATO
nstalliert oder gar gegen die NATO gerichtet werden.
eine sehr verehrten Damen und Herren, nein, die Zu-
unft kann nur in einer neuen Dimension der Zusam-
enarbeit innerhalb der NATO liegen, in der wir selbst-
ewusster Freund und Partner der USA sind.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Der Auftrag und die Zielsetzung des Dienstes in der
undeswehr müssen klar sein. Ich rufe Sie angesichts
ieser Ausgangslage dazu auf: Lassen Sie uns dafür sor-
en, dass die Soldatinnen und Soldaten auch den ent-
prechenden Stellenwert und die Anerkennung in unse-
er Gesellschaft bekommen. Wir alle müssen definieren,
ie viel uns unsere Sicherheit wert ist. Ich meine, die
undesregierung tut zu wenig für den Erhalt einer funk-
ions- und einsatzfähigen Bundeswehr. Die derzeitige
olitik gegenüber der Bundeswehr wird der Sicherheits-
age nicht gerecht.


(Ulrike Merten [SPD]: Aber Sie!)

uf der einen Seite gibt es eine Rückführung des Vertei-
igungshaushalts, eine personelle und materielle Aus-
ehrung der Truppe, und auf der anderen Seite befiehlt
ot-Grün eine noch nie dagewesene Zahl von Auslands-
insätzen. Das passt nicht zusammen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Kollegin Schäfer hat sehr deutlich darauf

ingewiesen – auch Dr. Penner hat dies angedeutet; ich
ätte in diesem Jahresbericht ein bisschen mehr Mut
rwartet –, was diese neuen Belastungsproben für die
undeswehr und die Familien der Soldaten bedeuten;
ie Truppe und ihre Familien seien an die Belastungs-
renze gestoßen. Ich meine, dass wir inzwischen weit
arüber hinausgegangen sind.
Es gibt einen Eingabenzuwachs von 31 Prozent, ins-

esondere bei Soldaten im Auslandseinsatz. Der Aus-
andseinsatz wird zwischenzeitlich zum Normalfall. Der
indestabstand von zwei Jahren zwischen zwei Aus-

andseinsätzen wird häufig nicht mehr eingehalten.
önnen Sie sich das überhaupt vorstellen? Steh- und
bwesenheitszeiten von 180 Tagen haben sich zwi-
chenzeitlich auf 250 Tage verlängert. Die Soldatinnen
nd Soldaten riskieren für 92 Euro pro Tag ihr Leben für
nsere Sicherheit. Auslandsverwendungszuschläge dür-
en deshalb nicht weiter abgesenkt werden. Das Versor-
ungsrecht und die Versorgungsleistungen für Soldaten
nd deren Familien in Auslandseinsätzen müssen – Frau






(A) )



(B) )


Dr. Gerd Müller

Schäfer hat dies dargestellt – dringend verbessert wer-
den.

Es stimmt nachdenklich und es ist beschämend, dass,
wenn es zu Unfällen kommt, quälende Diskussionen
über die Versorgungsleistung für die Familien, die Ange-
hörigen, stattfinden müssen. Das ist ein Indiz dafür, dass
wir nicht eindeutig hinter unseren Soldatinnen und Sol-
daten im Auslandseinsatz stehen. Wenn wir sie in ge-
fährliche Auslandseinsätze befehlen, was Sie immer
mehr wollen, müssen auch die notwendigen Vorausset-
zungen dafür geschaffen werden.

Wir sehen deshalb mit großer Sorge – Herr
Dr. Penner, Sie haben das aufgelistet –, dass nach Ablauf
der Verpflichtungszeiten kaum noch Weiterverpflichtun-
gen erfolgen. Das Bewerberaufkommen für die Offi-
zierslaufbahn ist erneut rückläufig. Es geht so weit, dass
wegen Facharztmangels – ich nehme einmal den Sani-
tätsdienst als Beispiel – Operationssäle geschlossen wer-
den. Noch ganze 127 Verpflichtungen von Sanitätsärzten
gab es im vergangenen Jahr. Die innere Lage der Bun-
deswehr ist besorgniserregend.

Dennoch werden weitere Belastungen beschlossen,
als wäre dies alles nicht vorhanden. Der Bundesverteidi-
gungsminister hat Standortschließungen in großem Um-
fang angekündigt. Das ist mit einer massiven Verunsi-
cherung der Truppe verbunden. Es werden weitere
Reduzierungen des Personals durchgesetzt. Der neue
Einsatz in Kunduz, die Verlängerung von Enduring Free-
dom sowie die Bereitstellung und der Aufbau der
NATO-Response-Force sind neue Belastungen. Sie sa-
gen nicht, wie die Soldatinnen und Soldaten dies bewäl-
tigen sollen.


(Ulrike Merten [SPD]: Dann müssen Sie erst einmal den Kollegen Schäuble zurückpfeifen!)


Wenn Sie ein besonders hartes und exorbitantes Bei-
spiel dafür genannt bekommen haben wollen, wie Sie
mit der Bundeswehr umgehen, dann muss ich auf das
Thema der Strahlenopfer zu sprechen kommen. Es hat
mich sehr nachdenklich gestimmt, dass nach 30 Jahren
Kampf der Betroffenen – die meisten sind zwischenzeit-
lich gestorben; eines der Strahlenopfer war bei mir im
Büro – nun das Bundesverteidigungsministerium ent-
schieden hat, dass von 1 000 Geschädigten tatsächlich
150 mit einem Rentenversorgungsanspruch in Höhe von
etwa 150 Euro anerkannt werden.

Frau Kollegin von den Grünen, ein Wort zur Wehr-
pflicht: Sie waren und sind für die Abschaffung der
Wehrpflicht. Vor zehn Jahren waren Sie für die Abschaf-
fung der Bundeswehr, für den Austritt aus der NATO
und Sie sind es natürlich nach wie vor. Sie treiben dies
innerhalb der Koalition voran. Durch die Hintertür, auf
sanfte Weise, erfolgt der Ausstieg aus der Wehrpflicht,


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aus welcher Mottenkiste ist denn das?)


wenn Sie ankündigen, dass zukünftig nur noch
50 000 Wehrpflichtige eingezogen werden sollen. Wie
wollen Sie angesichts einer solchen Zahl noch Wehrge-

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(C (D echtigkeit verwirklichen? Dies sind der Weg und das ebot in Richtung Auswahlwehrdienst. Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des ollegen Kolbow? Gern. Herr Kollege Müller, sind Sie bereit zur Kenntnis zu ehmen, dass der Verteidigungsausschuss und das Bunesministerium der Verteidigung in enger Abstimmung it dem Bund der Radargeschädigten die Entschädigung er Radaropfer vorangetrieben haben und dass bereits twa 150 Fälle anerkannt wurden? Sind Sie ferner bereit, ie Ergebnisse, die die Radarkommission erzielt hat, anuerkennen? Man kann also sagen, dass es keinerlei ahrlässigen oder vorsätzlichen Ausschluss von Anerennungen gibt. Ich nehme dies zur Kenntnis und stelle fest, dass Sie einen Ausführungen nicht gefolgt sind. Ich habe eben ie großartige Leistung des Bundesverteidigungsminiseriums festgestellt – diese haben Sie gerade nochmals estätigt –, dass es Ihnen nach 30 Jahren gelungen ist, ur 150 von noch 1 000 lebenden Radargeschädigten es sterben jährlich mehr Betroffene, als bisher als Oper anerkannt wurden – eine angemessene Versorgung uzusprechen. Über die Höhe will ich überhaupt nicht eden. Diese Situation macht deutlich, dass Sie eine Löung des Problems nicht mit dem notwendigen Nachruck vorantreiben. (Widerspruch bei der SPD – Ulrike Merten [SPD]: Bitte? Das ist wirklich unfair! – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da musste erst ein SPD-Minister kommen!)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1507518300
Dr. Gerd Müller (CSU):
Rede ID: ID1507518400
Walter Kolbow (SPD):
Rede ID: ID1507518500
Dr. Gerd Müller (CSU):
Rede ID: ID1507518600

ch glaube, damit ist der Sachverhalt geklärt.
Ich möchte weiter Stellung zu dem Thema Wehr-

flicht beziehen. Sie praktizieren den sanften Ausstieg
us der Wehrpflicht. Sie verletzten damit ganz eklatant
as Gebot der Wehrgerechtigkeit. Wenn ich die Situation
on heute fünf oder zehn Jahre in die Zukunft projiziere,
ann muss ich sagen, dass Sie den Weg in Richtung
erufsarmee konsequent beschreiten. Diesen von Ihnen
ingeschlagenen Weg wollen wir nicht gehen, weil wir
hn für falsch halten. Er würde den Charakter der Bun-
eswehr und ihrer breiten Verankerung in der Gesell-
chaft nachhaltig und grundlegend verändern. Den von
hnen beschrittenen Weg halten wir für falsch.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Im vergangenen Jahr stellten 189 000 Wehrpflichtige

inen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung. Dies ist ein
öchststand. Dafür gibt es Gründe; einige habe ich
chon genannt.






(A) )



(B) )


Dr. Gerd Müller

Mit dem Ausstieg aus der Wehrpflicht und damit aus

dem Ersatzdienst gehen Sie einen falschen, einen ver-
hängnisvollen Weg. Die Bundeswehr hat große Aufga-
ben zu bewältigen. Der Druck auf die Soldatinnen und
Soldaten – sowohl physisch als auch psychisch – wird
immer größer. Die Politik muss darauf reagieren, nicht
nur durch eine bessere Ausstattung und ausreichende
Finanzen. Sie muss mit mehr Anerkennung und Achtung
für unsere Soldatinnen und Soldaten reagieren.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1507518700

Zum Schluss dieses Tagesordnungspunktes hat die

Kollegin Hedi Wegener, SPD-Fraktion, das Wort.

Hedi Wegener (SPD):
Rede ID: ID1507518800

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Sehr geehrter Herr Dr. Penner, ich will Ihnen
und Ihren Mitarbeitern ausdrücklich für diesen ausführli-
chen Bericht und für die klaren Worte, die Sie hier ge-
funden haben, danken.

Es werden konkrete Mängel in der Bundeswehr und
konkrete Beschwerden der Soldaten aufgeführt. Das
zeigt, dass es in Ihrem Hause viele Gespräche gegeben
hat. Viele Eingaben wurden mit Akribie und Beharrlich-
keit bearbeitet und recherchiert. Ich kann das gut sagen,
weil es auch in meinem Wahlkreis immer wieder Anfra-
gen gibt und ich die Betroffenen sehr ermutige, sich an
den Wehrbeauftragten zu wenden.

Es ist – dies haben schon meine Vorredner gesagt –
ein Mängelbericht und kein Gästebuch, in dem positive
Erlebnisse eingetragen werden. Ich teile die Ansicht der
Opposition, die sie im Ausschuss und auch hier geäußert
hat, überhaupt nicht, dass die Zahl der Mängel zugenom-
men hat. Für mich ist die gestiegene Anzahl der Einsprü-
che ein Zeichen dafür, dass es sich herumgesprochen
hat, wie intensiv sich der Wehrbeauftragte um die Anlie-
gen der Soldaten kümmert, und dass es sich lohnt, sich
an diese Institution zu wenden. Diese Anfragen sind ein
Vertrauensbeweis.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Den größten Zuwachs gab es bei den Eingaben im
Zusammenhang mit Auslandseinsätzen, eine Steige-
rung von gut 100 Prozent. Die Zahl der Eingaben ist von
564 im Jahre 2001 auf 1 149 im Jahre 2002 gestiegen.
Das ist mehr als verständlich, weil doch immerhin fast
14 000 Soldaten im Einsatz waren.

Unsere Soldatinnen und Soldaten haben in diesen
Jahren Herausragendes geleistet und tun es auch heute
noch. Ihnen und ihren Familien an dieser Stelle herzli-
chen Dank! Unsere Trauer gilt denen, die nicht nach
Hause gekommen sind. Ihnen und ihren Hinterbliebenen
an dieser Stelle noch einmal unser Mitgefühl!

Im Zusammenhang mit den Auslandseinsätzen gehe
ich auf einige Aspekte ein, weil sich zahlreiche Einga-
ben eben auf diese Einsätze bezogen. Eine Einsatz-

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(C (D auer von sechs Monaten ist einfach eine zu lange psyhische Belastung für die Soldatinnen und Soldaten. (Günther Friedrich Nolting [FDP]: Dann müssen wir das ändern!)


Darauf komme ich noch, Herr Nolting. – Die Soldaten
ben zum Teil in sehr beengten Verhältnissen. Nach
echs Monaten auf einer Fregatte – wir haben uns kürz-
ch davon überzeugen können – kennt man fast jede
chraube. Die Soldaten sagen uns, nach einem halben
ahr in Kabul bei Staub und Hitze seien sie auf Du und
u mit dem Fitnessgerät. Auch davon konnten wir uns
Kabul überzeugen. Noch am Tag des Abflugs nach
abul hatten wir hier im Reichstag ein langes Gespräch
it vielen Frauen, Freundinnen und Eltern, die uns haut-
ah von ihren Problemen als Daheimgebliebene berich-
t haben.
Das Sozialwissenschaftliche Institut der Bundeswehr

at eine Untersuchung zu Auslandseinsätzen durchge-
ührt. Dabei wurde deutlich, dass für die Soldaten und
re Familien das Hauptproblem bei der Trennung nicht
ie Einsatzdauer ist. Viele plädieren zwar für eine Ver-
ürzung der Einsätze, aber ein Großteil der Soldaten und
er Familien leidet schon unter der Trennung als solcher,
ngeachtet der Dauer. Dazu sage ich Ihnen: Dass die
oldaten unter der Trennung leiden, meine Herren,
pricht eigentlich eher für sie. Denn wer Familie und Be-
iehung nicht schätzt, bringt auch weniger Verständnis
ür die Leiden der Bevölkerung der Länder auf, in denen
r Dienst tut. Daher würde ich mir viel mehr Sorgen ma-
hen, wenn unsere Soldaten in der Bundeswehr unter der
rennung von ihren Familienangehörigen nicht litten.
In der schon erwähnten Studie wurde ermittelt, dass

5 Prozent der Beziehungen, überwiegend ohne Trau-
chein, nach dem Einsatz auseinander gehen und 3 Pro-
ent der Ehen einen dauerhaften Knacks haben. Der Mi-
ister der Verteidigung hat bereits Maßnahmen zur
lexibilisierung der individuellen Stehzeiten angeordnet,
err Müller.


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Soll ich aufstehen?)


as Verfahren ist schon seit Juni in der Erprobung. Die
oldaten können angeben, ob sie einen Einsatz splitten
ollen, und dann wird geprüft, ob ein Splittingpartner
ur Verfügung steht. Auch wenn das Verfahren erst in
er Erprobungsphase ist, ermutige ich Sie ausdrücklich,
err Minister, da weiterzumachen. Herr Müller, wenn
ie immer von A bis Z im Ausschuss wären, wüssten Sie
as auch.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)


arüber haben wir einige Male diskutiert, das Ministe-
ium und der Minister haben berichtet. Es ist klar.


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Ich bin Mitglied in drei Ausschüssen!)







(A) )



(B) )


Hedi Wegener

Frau Schäfer, Sie haben gesagt, das Ministerium

würde verantwortungslos mit dieser Frage umgehen. Ich
kann Ihnen versichern: Es geht schon verantwortungsbe-
wusst damit um.

(Anita Schäfer [Saalstadt] [CDU/CSU]: Zu der Vor gehensfrage weiß ich auch etwas anderes!)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507518900

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Hedi Wegener (SPD):
Rede ID: ID1507519000

Von Herrn Nolting, ja.

Günther Friedrich Nolting (FDP):
Rede ID: ID1507519100

Frau Kollegin, wenn es so ist, wie Sie es beschreiben,

und es ist ja so

(Ulrike Merten [SPD]: Gut, Herr Nolting! Prima!)

– Moment, hören Sie erst einmal zu, Frau Merten –, wa-
rum brauchen wir dann eine Erprobungsphase? Wir ha-
ben Unterlagen des SOWI. Wir haben eine Anhörung im
Verteidigungsausschuss durchgeführt. Wir alle, die wir
Truppenbesuche machen, erfahren von den Soldatinnen
und Soldaten, dass die Einsatzzeiten zu lang und die Ein-
satzintervalle zu kurz sind, warum brauchen wir dann
noch eine Erprobungsphase?


Hedi Wegener (SPD):
Rede ID: ID1507519200

Herr Nolting, erst einmal vorweg: Das Sozialwissen-

schaftliche Institut der Bundeswehr, das Sie angespro-
chen haben, hat sich in seiner Untersuchung ausdrück-
lich auf KFOR-Soldaten bezogen.

Es wird Regelungen geben, die eine Flexibilisierung
manifestieren bzw. möglich machen. Die Erprobung ist
Bestandteil dessen, was im Moment praktiziert wird.


(Beifall bei der SPD)

Ob das nun Erprobung, Einführung oder wie auch immer
heißt: Es wird praktiziert.


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Das war aber eine klare Antwort!)


Die Betreuung der und die Fürsorge für die Soldatin-
nen und Soldaten im Einsatz sind die eine Seite; die Fa-
milien zu Hause sind die andere. Neben den Sorgen der
Familien um ihre Angehörigen besteht das Problem der
praktischen Alltagsbewältigung. Aus diesem Grunde
begrüße ich es, dass im letzten Jahr zehn Betreuungszen-
tren hinzugekommen sind. Allerdings besteht das Pro-
blem, dass in diesen Betreuungszentren nur vier haupt-
amtliche Frauen arbeiten. Wenn ich mir die Redebeiträge
heute vor Augen führe, ist es offensichtlich so, dass sich
die Frauen im Verteidigungsausschuss dieser Themen
besonders annehmen. Ich würde es sehr begrüßen, wenn
es in den Betreuungszentren mehr Frauen gäbe. Denn sie
haben einen anderen Zugang zu den Problemen, die die
Familien vor Ort haben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und der FDP)


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(C (D Eine ganz besondere Verantwortung tragen im Ausndseinsatz die Vorgesetzten. Ihr Führungsverhalten, re soziale Kompetenz und ihr Verhältnis zu den Unterebenen sind besonders wichtig. Für umso dringlicher alte ich es, dass sie bei diesen Fragen nicht allein gelasen werden und dass sie konstruktive Kritik und Berang erfahren. Auf den besonderen Aspekt der Soldatinen und Soldaten im Auslandseinsatz, die sich die rage stellen – Frau Kollegin, schauen Sie bitte einmal auf die Uhr! – „Was passiert, dann?“ . (Heiterkeit – Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Dass Sie aufhören! – Hans Raidel [CDU/CSU]: Weitermachen!)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507519300
Hedi Wegener (SPD):
Rede ID: ID1507519400

wurde schon eingegangen
Frau Pau, ich muss Ihnen sagen: Sie sind auf dem völ-

ig falschen Dampfer.

(Beifall bei der CDU/CSU)


ie haben gesagt, Rechtsradikale hätten nirgendwo eine
eimstatt. Sie haben Recht: Sie haben auch in der Bun-
eswehr keine Heimstatt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abg. des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Günther Friedrich Nolting [FDP])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507519500

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen jetzt zu der Beschlussempfehlung des

erteidigungsausschusses zu dem Jahresbericht 2002 des
ehrbeauftragten, Drucksachen 15/500 und 15/1837.
er stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegen-
robe! – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist
it den Stimmen des ganzen Hauses angenommen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 10 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Gudrun
Kopp, Rainer Brüderle, Daniel Bahr (Münster),
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Stromrechnungen transparent gestalten
– Drucksache 15/761 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen, wobei
ie FDP sechs Minuten erhalten soll. – Ich höre keinen
iderspruch. Dann ist das so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle-

in Gudrun Kopp, FDP-Fraktion.






(A) )



(B) )



Gudrun Kopp (FDP):
Rede ID: ID1507519600

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren und Damen!

Liebe Kollegen und Kolleginnen! Sobald Sie sich nie-
dergelassen haben, möchte ich Ihnen kurz den Inhalt des
Antrags der FDP-Fraktion zum Thema „Transparenz
und Information bei Strompreisen“ erläutern. Wir wollen
Verbraucher in die Lage versetzen, ihr Recht auf Wahl-
freiheit wahrzunehmen. Dieses Recht ist derzeit nur
schwer umzusetzen, weil es für den Normalverbraucher
sehr schwierig ist, zu unterscheiden, wer an welcher
Stellschraube an den Preisen dreht. Das ist in erster Linie
die Politik, wie ich Ihnen gleich erläutern werde.

Wir haben es aufgrund des Erneuerbare-Energien-Ge-
setzes, der Kraft-Wärme-Kopplung, der KWK, und der
so genannten Einspeisungsvergütungen – ich meine die
Vergütungen, die die Netzbetreiber aufgrund der beste-
henden Gesetze zu zahlen haben – mit enormen Über-
wälzungen von Kosten auf die Verbraucherpreise zu
tun. Zusammen mit der Ökosteuer sind die Strompreise
auf diese Weise schon heute zu 40 Prozent belastet und
die Gaspreise zu rund 30 Prozent politisch verursacht.
Aber über diese Tatsache weiß der Verbraucher nichts
oder nur sehr wenig.

Er weiß auch gar nichts darüber, dass im kommenden
Jahr im Rahmen der Novellierung des EEG
1,6 Milliarden Euro für die Förderung der Biomasse so-
wie die erst heute diskutierte Ausweitung der Subventio-
nen für die Solarenergie hinzukommen – eine enorme
Kostenbelastung.

Wenn Sie heute Morgen die Debatten zu den Themen
„erneuerbare Energien“ und „Allokationsplan“ verfolgt
haben, haben Sie sicher auch mitbekommen, dass die
Einführung der Härtefallregelung eine weitere Proble-
matik verursacht hat. Diese Regelung entlastet nur einen
Teil der Industrie. Der Verbraucher trägt wiederum die
Hauptlast.

Durch die Liberalisierung des Energiemarktes, die
1998 CDU/CSU und FDP initiiert haben, ergab sich eine
Kostenentlastung von 7,5 Milliarden Euro. Diese Kos-
tenentlastung für die Verbraucher ist inzwischen völlig
weg. Die Strompreise liegen im Augenblick in etwa wie-
der auf gleicher Höhe wie vor der Liberalisierung. Das
ist alles andere als verbraucherfreundlich.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Nun hört man immer wieder, bei den EEG- und

KWK-Kosten handele es sich nicht um staatliche Sub-
ventionen. Das ist eine Mogelpackung. Es wird ver-
schwiegen, dass die Stromverbraucher die Rechnung be-
kommen und den Aufpreis bezahlen. Hier herrscht
einfach eine sehr große Intransparenz. Allen denjenigen,
die immer für Verbraucherinformationen und Verbrau-
cheraufklärung plädieren, sollte es eigentlich sehr leicht
fallen, dem Antrag der FDP-Fraktion zuzustimmen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir fordern nämlich ganz einfach, dass auf Strom-
rechnungen künftig genau die Anteile der Mehrwert-
steuer, der Ökosteuer, der Mehrkosten aufgrund des so-

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(C (D ben genannten Erneuerbare-Energien-Gesetzes und der raft-Wärme-Kopplung – KWK – sowie der Netznutungsentgelte ausgewiesen werden. Wenn wir das chafften – da müsste eigentlich das ganze Haus sehr eiig sein –, dann brauchten wir kaum noch das häufig von rau Künast gefeierte Verbraucherinformationsgesetz. ielmehr hätten wir dann in Praxis Transparenz und erbraucherinformationen. Damit hätten wir den Verraucher zu einem mündigen Bürger gemacht, der sich eine Stromlieferanten aussucht, und zwar nach strengen ostenund Effizienzkriterien und nicht nach ideologichen Vorgaben. Ich glaube, das wäre ein großer und guter Schritt hin u mehr mündigen Verbrauchern. Ich gehe davon aus, ass im Rahmen der Beratungen das gesamte Haus unseem Antrag zustimmt. Vielen Dank. Nächster Redner ist der Kollege Dr. Axel Berg, SPD raktion. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und ollegen! Die jüngsten Stromausfälle in den USA und uch bei uns in Europa haben gezeigt, dass sich eine sihere Stromversorgung nicht allein über den Preis defiiert. Dies sollte uns allen Warnung und Mahnung dazu ein, die künftige Struktur der Stromversorgung nicht alein dem Markt zu überlassen. Denn der Markt fragt in einer heutigen Form allein nach den kostengünstigsten rzeugungsarten. In ihrem Antrag, der übrigens schon in der letzten Le islaturperiode gestellt und abgelehnt wurde, (Marita Sehn [FDP]: Jetzt können Sie langsam zustimmen!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507519700
Dr. Axel Berg (SPD):
Rede ID: ID1507519800
agen die Kolleginnen und Kollegen von der FDP – das
cheint als Vorwurf gemeint zu sein –, der Strompreis sei
in politischer Preis.


(Zurufe von der FDP: Das ist er auch!)

Sie haben Recht; auch ich denke, es ist ein politischer
reis.
Selbstverständlich ist der Strompreis ein politischer

reis. Das war auch schon immer so. Es war stets im In-
eresse des Gemeinwohls, Energiebereitstellung und die
ntsprechende Infrastruktur zu fördern. Beispiele, die
ies belegen, sind der Straßenbau bei der Einführung des
utomobils, die Kohleförderung, die es bis heute noch
ibt,


(Günther Friedrich Nolting [FDP]: Sind Sie bereit, aus der Kohleförderung auszusteigen?)


nd der Bau von Atomkraftwerken. Ich habe auch ein
underschönes Beispiel aus der Jetztzeit: Bis gestern ha-
en 13 000 Beamte von Polizei und Bundesgrenzschutz






(A) )



(B)


Dr. Axel Berg

den Transport von zwölf Castorbehältern von Frank-
reich nach Lüchow-Dannenberg gesichert.


(Marita Sehn [FDP]: Das sind doch Ihre Freunde! Da sollten Sie sich hier nicht beschweren!)


Allein die deutschen Steuerzahler kostet das ungefähr
25 bis 30 Millionen Euro. In welcher Rechnung tauchen
denn diese Kosten auf?


(Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Fragen Sie doch mal Herrn Trittin!)


Sie tauchen jedenfalls nicht bei den Verbrauchern auf der
Stromrechnung auf. Das sind indirekte Subventionen der
Atomkraft und damit politische Kosten. Schade eigent-
lich, dass Sie dagegen noch nie Ihre Stimme erhoben ha-
ben, wenn Sie doch so sehr für unverfälschte Märkte
sind.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Rezzo Schlauch [Parl. Staatssekretär]: 10 Milliarden direkte!)


Die Bereitstellung von Energie – ob für Industriali-
sierung, für Mobilität oder für Beschäftigung – ist der
erste Schritt jeder Wertschöpfungskette. Dieser Zusam-
menhang ist älter als wir alle zusammen. Ich gebe Ihnen
in dem Punkt Recht, dass der Wettbewerb auf dem
Strommarkt stockt. Ich gehe sogar noch weiter: Wirkli-
cher Wettbewerb findet auf dem Strommarkt überhaupt
nicht statt. Das ist schlecht und falsch. Doch der Schluss,
den Sie daraus ziehen, ist leider auch falsch, dass wir
nämlich einen funktionsfähigen Wettbewerb allein dann
bekommen, wenn wir die Mehrwertsteuer oder die Kos-
ten für Messen und Abrechnen auf der Stromrechnung
ausweisen. Daran glauben Sie doch ernsthaft selber
nicht. Ansonsten könnte ich im Prinzip im Restaurant
auch fragen, wie viel Prozent meines Rechnungsbetrages
eigentlich der Koch bekommt oder wie viel für die Miete
draufgeht. Mich als Restaurantbesucher sollte doch viel-
mehr interessieren, woher der Wirt seine Waren bezieht,
woher das Fleisch kommt und unter welchen Bedingun-
gen das Gemüse angebaut wird. Belastet das Essen
meine Gesundheit oder gar die Umwelt, die nicht nur
mir, sondern allen gehört?

Genauso sollte es auch beim Strom sein. Beim Strom
sollte uns interessieren: Wird ein Teil des von mir ver-
brauchten Stroms durch Atomkraft gewonnen? Wie viel
Prozent werden in Braunkohlekraftwerken oder durch
die Nutzung erneuerbarer Energien hergestellt? Wie viel
CO2 wird dabei freigesetzt? All diese Informationenwerden wir ab dem 1. Juli kommenden Jahres auf unse-
rer Stromrechnung finden, und zwar sowohl was klima-
schädliche CO2-Emissionen betrifft, als auch was radio-aktiven Abfall betrifft, der in unseren Atomkraftwerken
anfällt. Uns muss es doch um die strukturelle Sicherstel-
lung eines wirklichen Marktes gehen. Gleichzeitig wol-
len und müssen wir uns auch künftig politische Steue-
rungsmöglichkeiten erhalten, schon allein aus dem
einfachen Grund, dass wir anderenfalls unseren interna-
tionalen Verpflichtungen bezüglich der CO2-Minderungnicht nachkommen könnten.

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(C (D Im Übrigen bestand auch in der Energie-Enqueteommission – inklusive der FDP –, die in der letzten egislaturperiode getagt hat, Konsens darüber – das ist uch im Bericht der Kommission nachzulesen –, dass für ie Realisierung einer langfristigen Umstrukturierung er Energiewirtschaft ein aktiver Staat als Wettbeerbshüter und als Gestalter des Transformationsprozeses unverzichtbar ist. o führen wir zum Beispiel durch das Erneuerbare-Enerien-Gesetz die erneuerbaren Energien langsam an en Markt heran. Ohne das EEG hätten die erneuerbaren nergien zurzeit keine faire Chance, da eine Internalisieung der Umweltkosten bei fossilen Energien nicht wirkich stattfindet. Ich bin davon überzeugt, dass sich die ereuerbaren Energien ganz ohne Förderung, also ohne ffene und versteckte Subventionen, wie es sie bei ohle, Öl oder Atomkraft gibt, durchsetzen würden. (Marita Sehn [FDP]: Oder bei der Windenergie!)


(Beifall der Abg. Monika Griefahn [SPD])


Jawohl, Frau Sehn. Ich glaube, auch die Windenergie
ürde sich ohne Förderung problemlos auf dem Markt
urchsetzen, wenn die anderen Energieformen, die Kon-
urrenzenergieformen, nicht versteckt und direkt sub-
entioniert würden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, das Hauptargument gegen
ie erneuerbaren Energien wird oft in der mangelnden
irtschaftlichkeit gesehen. Dabei wird aber nur auf die
osten im betriebswirtschaftlichen Sinne Bezug genom-
en. Die gesamtgesellschaftlichen und sozialen Kosten
hierbei denke ich insbesondere an die später notwendig
erdenden Umweltreparaturkosten, die vor allem auf
ie nächsten Generationen zukommen – werden völlig
ernachlässigt. Das weltweite Energiesystem wird sich
ur dann in Richtung Nachhaltigkeit entwickeln, wenn
ie Energiepreise auch eine ökologische Wahrheit abbil-
en.


(Beifall der Abg. Monika Griefahn [SPD])

ch gebe allerdings zu, dass dies methodisch nicht ein-
ach ist.
Darum ist es letztlich gerechtfertigt, Strom aus erneu-

rbaren Energien durch das EEG mit einer erhöhten Ein-
peisevergütung zu versehen. Um den Effizienzdruck
u erhöhen und damit sich die Erzeuger von erneuerba-
en Energien nicht allzu wohl fühlen, ist eine degressive
ergütung eingerichtet worden. So haben wir ein Instru-
ent installiert, das den Strom aus erneuerbaren Ener-
ien immer billiger macht. Auch wir befürworten doch
ine ganz starke Transparenz am Energiemarkt. Ich be-
rüße ausdrücklich, dass die uns nun vorliegende EEG-
ovelle, über die wir heute Vormittag debattiert haben,
arauf in § 15 in ganz besonderem Maße eingeht. Dabei
eht es um die Glaubwürdigkeit des Wettbewerbs, um
ie Verbesserung der Wahlrechte der Kunden. Ganz ent-
cheidend ist uns die Stärkung einer Politik für eigenver-
ntwortliche Verbraucher. Verbraucherschutz heißt doch
)






(A) )



(B) )


Dr. Axel Berg

für uns und für Sie hoffentlich auch, dass auch an die
Verbraucher der Zukunft gedacht wird.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Es gibt durchaus eine gewisse Übereinstimmung mit

dem liberalen Lager in der Einschätzung der Lage am
Strommarkt, doch wir sehen die Lösung woanders. Für
die Versorgungssicherheit und die Versorgungszuverläs-
sigkeit spielt die Ausgestaltung der Energiemarktlibera-
lisierung eine ganz wichtige Rolle. Der Versuch, es der
Energiewirtschaft selbst zu überlassen, Spielregeln für
einen fairen Handel festzulegen, kann als gescheitert be-
trachtet werden. Auch Jahre nach der Liberalisierung
kann von echtem Wettbewerb keine Rede sein. Diejeni-
gen, die zu Monopolzeiten das Sagen hatten, bestimmen
auch heute den Wettbewerb.

Angesichts dieser Entwicklung auf den Energiemärk-
ten – ich meine hier vor allem die Konzentrationstenden-
zen hin zu wenigen großen Energiekonzernen – sollte
nun zügig die Verbesserung der Marktzutrittsbedin-
gungen für neue Akteure betrieben werden. Für die
Gewährleistung von Versorgungssicherheit und Durch-
setzung eines fairen Wettbewerbs in Deutschland sind
nach unserer Auffassung das konsequente Unbundling
der Netze von anderen Energiemarktaktivitäten – Strom-
erzeugung, Stromnetze und Stromvertrieb sollen also un-
abhängig voneinander koexistieren –,


(Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Machen Sie doch das Gesetz endlich einmal!)


die Verbesserung des Netzzugangs und damit die Absi-
cherung einer ausreichenden Akteursvielfalt in der
Stromerzeugung, die Etablierung einer kostenorientier-
ten Netzregulierung, die gleichzeitig verbindliche Stan-
dards für Netzinvestitionen setzt, sowie die Schaffung
einer durchsetzungsfähigen Regulierungsbehörde erfor-
derlich. Mit Letzterem sind wir gerade befasst. Von einer
solchen Regulierungsbehörde erwarten wir, dass sie dem
Missbrauch von Marktmacht entgegenwirkt. Wir erwar-
ten die Durchsetzung eines diskriminierungsfreien Netz-
zugangs mit preisgerechten und nachvollziehbaren Netz-
nutzungsgebühren. Vor allem an diesem Punkt werden
wir auf Transparenz drängen.

Ziel unserer Politik bleibt eine sichere, nachhaltige
und ökonomische Versorgung mit Energie. Das ist für
uns Grundlage für Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum und
Beschäftigung. Auch nach der Liberalisierung überlas-
sen wir es nicht dem Markt allein, über den künftigen
Energiemix zu entscheiden. Beispielsweise ist es uns
gelungen, den Anteil der erneuerbaren Energien an
der gesamten Stromerzeugung in den letzten Jahren
enorm zu steigern. Dies wäre sicherlich nicht passiert,
wenn man den Markt allein alles hätte regeln lassen.
Durch das EEG haben wir eine Steigerung der erneuer-
baren Energien auf über 8 Prozent erreicht. Dagegen ha-
ben Sie doch hoffentlich auch nichts, liebe Kolleginnen
und Kollegen.


(Marita Sehn [FDP]: Doch! Ich habe schon etwas gegen die Windräder! Kommen Sie mal zu mir, dann zeige ich Ihnen die Windräder!)




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(C (D Klar, das kann manche stören. Wir müssen auch weiterhin ein verlässliches, wirt chaftliches und vor allem nachhaltiges Energieversorungssystem gewährleisten. Ein großer Teil der alten teinund Braunkohlekraftwerke wird in den nächsten 0 Jahren ersetzt werden müssen. Die Leistung der tomkraftwerke, die heute knapp 30 Prozent des deutchen Stroms erzeugen, wird ebenfalls ersetzt werden üssen. Im Vorgriff auf die Entwicklung der Erzeuungskapazitäten müssten wir jetzt die Pflöcke einschlaen. Das bedeutet einen weiteren Ausbau der erneuerbaen Energien. Die zentralisierten Angebotsstrukturen ind durch dezentrale Optionen zu ergänzen. Die Markturchdringung von Kraft-Wärme-Kopplung ist durch die icherung eines fairen Marktzutritts zu fördern. Des eiteren müssen wir an der Stärkung der Energieeffizinz arbeiten. Diesen Herausforderungen wollen wir uns stellen. ir alle sollten diesen Umstand auch als Chance begrei en, die Energiewende voranzubringen und zu befestien. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, Ihr ntrag unterstützt durchaus die Bemühungen der Bunesregierung und der Regierungskoalition. Sein Neuigeitswert ist logischerweise begrenzt, da Sie ihn schon inmal vor zwei Jahren eingebracht haben. (Marita Sehn [FDP]: Er ist immer noch wichtig!)


urch die in der Zwischenzeit erfolgte Entwicklung ist
hr schöner Antrag zum großen Teil überholt. Ökolo-
ische Aspekte, mit denen sich vor allem die Nachwelt
erumschlagen muss, blendet die FDP in traditioneller
anier leider einfach aus. Allein deshalb können wir Ih-

em Antrag nicht zustimmen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507519900

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Michael Fuchs,
DU/CSU-Fraktion.


Dr. Michael Fuchs (CDU):
Rede ID: ID1507520000

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
erren! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Lieber
err Berg, einiges von dem, was Sie gerade angespro-
hen haben, haben Sie bereits gestern im Ausschuss ge-
agt. Es ist typisch: Sie wollen dem Verbraucher keine
larheit geben und ihm nicht sagen, was wirklich hinter
en Stromrechnungen steckt. Deswegen werde ich im
inzelnen darauf eingehen.
Ich fordere für den Verbraucher: Klartext auf der

tromrechnung! Das ist angesichts des nunmehr seit fünf
ahren liberalisierten Strommarktes für mich ein dringli-
hes Anliegen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

n jeder Tanksäule können Sie lesen, wie hoch der
taatsanteil beim Kraftstoff ist. Warum soll das so nicht






(A) )



(B) )


Dr. Michael Fuchs

auch beim Strom sein? Wir müssen dem Bürger sagen,
was Sie ihm aus der Tasche ziehen. Das könnte zu Re-
volten führen. Davor haben Sie Angst. Das ist ein Effekt,
den Sie sich nicht wünschen; davon bin ich überzeugt.
Deswegen wollen Sie keine Klarheit herbeiführen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Rolf Hempelmann [SPD]: Der weiß gar nicht, dass das alles schon drauf ist!)


Der Wettbewerb stockt vielerorts. Den Bürgern fällt
es mangels Information schwer, das preisgünstigste An-
gebot auszuwählen. Die Kollegin Kopp hat vollkommen
Recht: Wir müssen endlich dafür sorgen, dass der Wett-
bewerb durch den Verbraucher angestoßen werden
kann. Das wünsche ich mir jedenfalls sehr. Wenn die
Stromrechnung nach Netznutzungskosten, Kosten für
Erzeugung und Vertrieb und für Messung und Abrech-
nung, Öko- und Mehrwertsteuer sowie Umlagen aus
KWKG und EEG aufgeschlüsselt wäre, hätte das die
Auswirkung, dass der Bürger automatisch völlig anders
reagieren würde.

Bei diesem Thema geht es um die Schaffung von
mehr Wettbewerb – das ist das zentrale Ziel – und damit
um die Wiederbelebung der in Unionszeiten erfolgreich
begonnenen Strom- und Gasmarktliberalisierung.


(Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Das waren noch Zeiten!)


Der Anstoß hierzu war 1997/1998 die Elektrizitätsbin-
nenmarktrichtlinie der EU. Wir haben am 24. April
1998 ein vernünftiges Energiewirtschaftsgesetz verab-
schiedet, das durch eine Absenkung der Preise zu einem
vernünftigen Preisniveau geführt hat.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Diese Absenkung, meine Damen und Herren von der
Koalition, haben Sie rückgängig gemacht.


(Rezzo Schlauch, Parl. Staatssekretär: Nach uns die Sintflut!)


Doch wegen der mangelnden Preistransparenz
stockt jeglicher Wettbewerb. Die Verbraucher können
die Preise und die Tarifgestaltung nicht mehr nachvoll-
ziehen. Sie werden deswegen auch nicht dafür sorgen,
dass es zu einem ausreichenden Wettbewerb kommt. Nur
Wettbewerb schafft Transparenz; das ist eine Tatsache,
die Sie auf allen Märkten der Welt nachvollziehen kön-
nen. Nur Transparenz wiederum schafft günstigere
Preise für den Verbraucher. Ich habe aber das Gefühl,
dass Sie das gar nicht wollen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Es kann nicht sein, dass nur 3 Prozent der privaten

Haushalte durch Wechsel des Stromlieferanten vom
Wettbewerb profitieren. Woran liegt das? Das liegt da-
ran, dass keine Informationen verfügbar sind.


(Rolf Hempelmann [SPD]: Sie wissen es doch besser, Herr Fuchs! Gucken Sie in Ihre Stromrechnung!)


Diese zur Verfügung zu stellen müsste ein gemeinsames
Ziel und im Interesse der Verbraucherschützer sein, zu-

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(C (D al die Grünen häufig über Verbraucherschutz sprechen. abei sehe ich den Kollegen Winkler an, der in meinem ahlkreis permanent davon erzählt. Redet man von Netznutzungskosten, so muss natür ch berücksichtigt werden, dass die Stromnetze natürlihe Monopole darstellen und dass dadurch der Wettbeerb teilweise eingeschränkt wird. (Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)


ir sind deswegen sehr gespannt, Frau Hustedt, wann
ie Bundesregierung endlich den Vorschlag für den
euen Entwurf des Energiewirtschaftsgesetzes vorlegt,
dem die Regulierung des Netzzuganges so vorgesehen
t, dass es für jeden verständlich ist. Sie haben durchaus
eit gehabt und viele Mitarbeiter in den Ministerien ste-
en Ihnen zur Verfügung. Geschehen ist bis jetzt aber
ichts.
Wir wissen, warum die Bundesregierung zögerlich

orgeht. Dass diese Wettbewerbsnachteile von den ein-
elnen Bürgern nicht verstanden werden, liegt für mich
n den Verfehlungen der rot-grünen Energiepolitik. Sie
ollen diese Transparenz natürlich nicht.


(Rolf Hempelmann [SPD]: Sie unterschätzen die Bürger!)


er Liberalisierungseffekt von 1998 ist in den fünf Jah-
en interventionistischer Energiepolitik konterkariert
orden. Die Investitionen in Deutschland bleiben aus
nd seit 1998 steigen die Steuern und Abgaben kontinu-
rlich. Herr Berg, Sie haben eben gesagt, dass Sie das
uch wollen. Dann wollen wir das den Bürgern auch klar
achen.


(Marita Sehn [FDP]: Das wollen wir ihnen sagen, damit ihnen das auch klar wird!)


Die Staatsbelastung der Energiepreise führt heute
azu, dass Investitionsentscheidungen des produzie-
enden Gewerbes gegen den Standort Deutschland aus-
allen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie bei der FDP)


er Kollege Laumann hat aus seinem eigenen Wahlkreis
in Textilunternehmen benannt, bei dem genau das ge-
chieht. Die Investitionsentscheidungen fallen dort eben
icht mehr für den Standort Deutschland aus, wodurch
rbeitsplätze gefährdet werden. Energiepolitik ist Ar-
eitsmarktpolitik – das müssen wir im Zusammenhang
ehen.
Als Beispiel kann man auch die Diskussion über den
hemiestandort Wilhelmshaven nennen, der sich eta-
lieren sollte. Nichts ist passiert. Ein einziges Unterneh-
en hat das Ganze einmal durchgerechnet. Für dieses
nternehmen hätte nur die EEG-Umlage Mehrkosten
eim Strom in Höhe von 2,5 Millionen Euro bedeutet.
ie Folge war: Der Standort wurde nicht aufgebaut, er
efindet sich mittlerweile im Ausland. Das ist die Folge
hrer verfehlten Energiepolitik; das müssen wir sagen.
as muss deutlich werden. Deswegen bin ich auch da-
ür, dass wir dies in jedem Bereich klar machen.






(A) )



(B) )


Dr. Michael Fuchs


(Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Darum geht es! Nicht um Transparenz!)


– Frau Hustedt, diese verfehlte rot-grüne Energiepolitik
führt dazu, dass der Standort Deutschland nicht mehr
wahrgenommen wird. Für die privaten Verbraucher ist
das aber nicht so einfach. Sie können den Standort nicht
einfach wechseln; sie sind an den Standort gebunden.
Für sie muss die Belastung deshalb klar und deutlich
werden. Ich wünsche mir, dass jeder dieser privaten Ver-
braucher das auch erkennt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ich habe mir Stromrechnungen angeschaut. Auf den

meisten stehen zum Beispiel lediglich der KWh-Ver-
brauch, die Stromsteuer und die Kosten für den Eintarif-
zähler. Die wirklichen Kosten, die Sie verursachen, nen-
nen Sie den Verbrauchern nicht. Diese Aufklärung
möchte ich haben. Deswegen stimmt meine Fraktion
dem Antrag der FDP-Fraktion voll und ganz zu.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Gegenüber 1998 hat sich die durch den Staat verur-

sachte Belastung der Strompreise ohne Berücksichti-
gung der Mehrwertsteuer – sie kommt ja immer noch
obendrauf – von 2 Milliarden Euro auf heute 12 Milliar-
den Euro erhöht.


(Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


Die Stromkunden werden 2003 mehr als fünfmal so
hoch belastet wie noch vor fünf Jahren. Das ist für den
Verbraucher katastrophal und er sollte das auch wissen.

Im Einzelnen sind folgende Belastungen zu erken-
nen: Die Stromsteuer beläuft sich pro Jahr auf rund
7,65 Milliarden Euro, die Umlagen aus dem KWKG er-
geben 688 Millionen Euro und bei den Einspeisungsver-
gütungen nach dem EEG sind wir mittlerweile bei
2,75 Milliarden Euro angekommen. Das kosten uns Ihre
Windmühlen, die Deutschland in eine Mega-Spargel-
landschaft verwandeln.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Die Gewinne, die durch die Liberalisierung der Energie-
märkte entstanden, schöpft diese rot-grüne Bundesregie-
rung somit beim Verbraucher ab.


(Rolf Hempelmann [SPD]: Jetzt hat er sich offenbart!)


Das Schlimme ist: Er weiß das noch nicht einmal, Herr
Schlauch.


(Rolf Hempelmann [SPD]: Er hält die Leute für doof!)


Ich bin der Meinung, dass Sie wenigstens den Mut haben
sollten, ihnen das zu sagen.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Windmühlen schaffen Arbeitsplätze!)


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(C (D „Strom so teuer wie zu Beginn der Marktöffnung“ – o oder so ähnlich sind heute die Schlagzeilen in den eitungen. Von einem weiteren Anstieg der staatlichen elastungen in den nächsten Jahren ist auszugehen. Die Bundesregierung hat den Ausbau der erneuerba en Energien lauthals angekündigt. Ohne gesetzliche Änerungen, also ohne dass beim EEG jetzt etwas gechieht, würden nach wissenschaftlichen Berechnungen is zum Jahre 2010 schon wieder 5 Milliarden Euro zuätzlich anfallen. Die Kosten, die durch das EEG enttünden, wären dann fast doppelt so hoch wie die Kosten ür die Steinkohle. (Dr. Axel Berg [SPD]: Wir haben eine Degression drin!)


as sollten wir einmal ganz deutlich sagen.
Es bleibt also abzuwarten, Herr Berg, welche konkre-

en Vorschläge die Bundesregierung für die anstehende
ovelle zum EEG vorlegt und was das für uns alle
olkswirtschaftlich bedeutet. Es ist kein Geheimnis, dass
ie Finanzierung der Förderung erneuerbarer Energien
urch eine Umlage auf die Strompreise und nicht über
ie öffentlichen Haushalte erfolgt. Dazu möchte ich
eutlich sagen: Bundesminister Trittin hat verkündet,
as seien keine Subventionen. Schade, dass er jetzt
icht da ist. Er hat anscheinend gar nicht begriffen, was
ine Subvention ist. Es ist doch völlig egal, ob die Finan-
ierung über den Haushalt des Staates oder direkt aus der
asche des Stromverbrauchers erfolgt. In beiden Fällen
st es eine Subvention! Seien wir doch ehrlich!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Die Förderung erneuerbarer Energien enthält noch

ine Zusatzsubvention, Herr Berg, die auch Sie kennen.
ie wissen, dass Sonderabschreibungsmöglichkeiten
ichts anderes als Steuersubventionen sind. Auch sie ge-
ören dazu. Hier wird also doppelt subventioniert, ein-
al über den Strompreis, dann über Sonderabschrei-
ungsmöglichkeiten. Es ist für mich keine verbraucher-
nd schon gar keine wettbewerbsorientierte Energiepoli-
ik, wenn über Förderungen zu viel Fördergeld für die
etreiber bereitgestellt wird, wodurch Mitnahmeeffekte
nd Fehlallokationen entstehen. An einigen Standorten
on Windanlagen dreht sich das Rad fast nie. Das sind
ie Folgekosten dieser verfehlten Energiepolitik.


(Dr. Axel Berg [SPD]: Wer trägt sie?)

Der Verbraucher trägt sie; das ist die Antwort auf Ihre
rage. Damit bin ich nicht einverstanden.


(Dr. Axel Berg [SPD]: Nein, der, der sie aufstellt!)


Der einzige Trost beim EEG – für mich ist das ein In-
estitionsverhinderungsgesetz –, so könnte man meinen,
st die Härtefallregelung. Aber auch sie verfälscht nur.
ie führt dazu, dass manche Unternehmen profitieren.
ndere Unternehmen müssen das dann bezahlen. Das
ann nicht richtig sein. Obendrein ist dies noch mit er-
eblicher Bürokratie verbunden.
Daher fordern wir ganz klar einen Umbau des EEG.

iel muss es sein, Anreize zur Weiter- und Neuentwick-
ung erneuerbarer Energien zu schaffen. Gleichzeitig






(A) )



(B) )


Dr. Michael Fuchs

muss das Gesetz von Wirtschaftlichkeit geprägt sein.
Dann kann man es als ein Gesetz zur Wettbewerbsfähig-
keit bezeichnen. Aber das hat bei Ihnen nicht die höchste
Priorität.


(Marita Sehn [FDP]: Nein, das kann man nicht sagen!)


Neben EEG und Ökosteuer sind es dann noch die
KWKG-Umlagen, die private Verbraucher auf ihrer
Stromrechnung unbedingt einsehen sollten. Dann würde
ihnen nämlich klar, was das für ein Unsinn ist. Das
KWKG von Rot-Grün ist gescheitert. Im letzten Jahr
wurden nur 6 – in Worten: sechs – von 3 221 Anlagen,
also 0,19 Prozent der bestehenden Anlagen, moderni-
siert bzw. ersetzt, 99,8 Prozent nicht. Dafür haben Sie im
Etat immerhin 668 Millionen Euro bereitgestellt. Zu-
kunftsträchtige Brennstoffzellen dagegen erhielten 2002
einen Zuschuss von nur 20 000 Euro.


(Marita Sehn [FDP]: Auch merkwürdig!)

Nicht in die Zukunft wird hier investiert, sondern in

die Vergangenheit. „Das KWKG ist ein Flop.“ Das ist
nicht nur meine Meinung, Frau Hustedt, sondern das ist
ein Zitat Ihres Kollegen Loske. Das sagte er kurz vor der
Sommerpause. Für 668 Millionen Euro pro Jahr muss
man mehr erwarten können als solche Flops.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Die Strompreisoffenlegung ist die eine Seite. Die an-

dere Seite ist die Tatsache, dass Rot-Grün zulasten der
Verbraucher in der Energiepolitik für mich alles vermis-
sen lässt, was nachhaltig, zukunftsorientiert und vor al-
len Dingen effizient ist. Seit 1998 ist nicht erkennbar,
wie diese nachhaltige Energiepolitik aus der Sicht der
Bundesregierung aussehen soll. Stattdessen ist Kurzsich-
tigkeit das Hauptmerkmal dieser rot-grünen Energiepoli-
tik. Ein durchdachtes Gesamtkonzept liegt leider nicht
vor. Dosenpfand und LKW-Maut lassen grüßen.

Ich frage Sie hier ganz direkt: Wie stellen Sie sich die
Zukunft deutscher Energieversorgung vor? Welche
Stromquellen sollen denn den Wegfall der Atomenergie
CO2-neutral ersetzen?


(Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was hat das mit dem Antrag zu tun? Nichts!)


– Frau Hustedt, hören Sie zu, dann verstehen Sie es
auch. – Ich habe gestern im Wirtschaftsausschuss Herrn
Staatssekretär Schlauch intensiv zugehört, aber er hat
keine Antwort auf diese Frage gegeben.


(Marita Sehn [FDP]: Genau!)

Er weiß auch keine Antwort. Die zurzeit mit jährlich
2,75 Milliarden Euro – in 2010 sollen es 5 Milliar-
den Euro sein – geförderte erneuerbare Energie kommt
ernsthaft wohl kaum in Frage. So viel Wind kann noch
nicht einmal diese Bundesregierung machen.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie aber!)


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(C (D Ich fürchte, der von den Grünen bejubelte Atomaustieg – wir werden morgen wahrscheinlich die Jubelarien on Herrn Trittin erleben – ist Ihnen zu Kopf gestiegen. ie Frage des realisierbaren Ersatzstroms ist aber zu rnst, als dass wir einfach darüber hinweggehen könnten. ereits von 2008 bis 2012 werden weitere jährliche Emisionen von 25 Millionen Tonnen CO2 erwartet. Wennann im Jahre 2012 die meisten Kernkraftwerke vom etz gehen, dann werden wir eine zusätzliche CO2-Be-astung von 135 Millionen Tonnen pro Jahr haben. Ich ätte gerne eine Antwort von Ihnen darauf, wie Sie das erhindern und wie Sie organisieren wollen, dass dieses icht passiert. Mit erneuerbaren Energien, so wie Sie es is jetzt versuchen, wird es nicht funktionieren. Im Haushalt von Herrn Clement haben Sie 0 Millionen Euro für die Energieeinsparberatung eingetellt. Das ist gerade einmal das Doppelte der Summe, err Kollege Schlauch, die Sie für Öffentlichkeitsarbeit n diesem Haushalt eingestellt haben. Die Union fordert daher die Bundesregierung auf, ine nachhaltige Energiepolitik zu organisieren. (Rolf Hempelmann [SPD]: Das machen wir bereits!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

s gilt, einen ausgewogenen Energiemix hinzubekom-
en. Dabei ist allein auf den jeweiligen energetischen
irkungsgrad, auf die Emissionsbilanz und vor allen
ingen auf die Kosten für die deutsche Wirtschaft zu ach-
en. Staatlich fixierte, ideologiegesteuerte Vorgaben ha-
en hier nichts zu suchen. Sonst wird aus Mix schnell nix.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Bitte nehmen Sie den Antrag der Kollegen und Kolle-

innen von der FDP ernst. Ich möchte, dass der deutsche
erbraucher weiß, woran er ist. Ich möchte, dass man
hm sehr deutlich mitteilt, was ihn Ihre verfehlte Ener-
iepolitik kostet. Anders kann nämlich nichts mehr in
iesem Lande geändert werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507520100

Letzte Rednerin in dieser Debatte ist die Kollegin
ichaele Hustedt, Bündnis 90/Die Grünen.

Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507520200

Verehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kolle-

en! Wir hatten heute Morgen drei Stunden lang eine
nergiedebatte.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Jetzt sind Sie abgespannt, was?)


enn Sie keine Redezeit abbekommen haben, dann tut
s mir für Sie Leid. Hier geht es um den Antrag der FDP,
tromrechnungen transparent zu gestalten. Darauf
öchte ich mich konzentrieren. Denn ich durfte im Ge-
ensatz zu Ihnen heute Morgen in der Kerndebattenzeit
um EEG und Strommix meine Meinung zweimal sagen.


(Marita Sehn [FDP]: Herr Berg hatte heute Morgen auch keine Gelegenheit!)







(A) )



(B) )


Michaele Hustedt

Transparente Stromrechnungen – das ist völlig okay.

Aber ich frage mich, warum die FDP eigentlich da auf-
hört, wo es spannend wird. Denn das, was Sie mit der
Begründung von mehr Wettbewerb fordern, würde nur
funktionieren, wenn die Transparenz dazu führt, dass der
Kunde die Wahl hat. Ich frage Sie: Wenn die Netznut-
zungskosten, die Durchleitungskosten, auf der Rechnung
stehen, welche Wahl hat dann der Kunde? Die Netznut-
zungskosten sind hoffentlich, so wir denn eine funktio-
nierende Regulierung schaffen, für alle gleich. Das ist
das Prinzip.

Wenn auf der Rechnung die Kosten für Messungen
und Abrechnungen stehen, welche Wahl hat dann der
Kunde? Okay, wenn Sie unsere Forderung unterstützen
würden, dass das Mess- und Zählwesen aus dem Netzbe-
trieb herausgelöst wird, es hier Wettbewerb gibt und man
einen anderen Dienstleister wählen kann, der eine billi-
gere Leistung anbietet, dann macht das Sinn. Aber ich
habe diese Forderung von Ihnen noch nicht gehört. Bis-
her waren die Grünen die einzigen, die diese Forderung
in diesem Zusammenhang vertreten haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es geht Ihnen nicht um mehr Transparenz und in der

Konsequenz um Wahlmöglichkeit.

(Gudrun Kopp [FDP]: Sondern?)


Ihre ganzen Reden haben doch gezeigt,

(Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Sie haben doch Angst vor Wettbewerb!)

dass es Ihnen um ein Instrument geht, um Ihre Politik
mit Hilfe der Stromrechnungen fortzusetzen. Dafür sind
die Reden, die Sie beide hier gehalten haben, ein Beleg.
Sie haben nicht über Transparenz und Kosten gespro-
chen, sondern von Energiepolitik und davon, dass Sie ei-
nen Hinweis in Form eines Sternchens auf der Strom-
rechnung mit dem Text haben wollen: Bitte die Rede von
Herrn Fuchs lesen, dann wissen Sie Bescheid.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Demnächst wollen sie der Stromrechnung Prospekte beilegen!)


Wir verstecken die Kosten für das EEG überhaupt
nicht. Ich sage es in dieser Rede, so wie ich es in jeder
Rede sage: Das kostet den Haushalt 1 Euro pro Monat.
Wenn wir eine Härtefallregelung für die energieintensive
Industrie machen, dann kostet es 1,10 Euro pro Monat.
Jetzt schaue ich die Besucher auf der Tribüne an und
frage sie: Ist 1 Euro pro Monat für die erneuerbaren
Energien,


(Marita Sehn [FDP]: Das ist doch gar nicht wahr!)


für eine zukunftsfähige Energieversorgung ein Preis, den
man zahlen kann und den man für die Bewahrung unse-
rer Lebensgrundlage zahlen muss?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Manfred Grund [CDU/ CSU]: Dazu kommt die Zapfsäule! Ökosteuer! Tabaksteuer!)


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(C (D Die aktuellen Umfragen machen deutlich, dass zwei rittel der Bevölkerung die erneuerbaren Energien guteißen und dafür sind, dass dieser Weg weiterhin bechritten wird. (Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Sie wissen nicht, was sie kosten!)


as ist euer Problem.
Wenn Sie „Ihre“ Windkraftanlagen sagen und damit

ns meinen, dann empfehle ich Ihnen, einmal mit Ihren
ollegen zu diskutieren. Denn in der Kernzeitdebatte
eute Morgen hat sich das ganz anders angehört: Ihr
ollege Paziorek hat uns in dieser Debatte aufgefordert,
ie Windkraft noch ein bisschen stärker zu fördern und
ns zum Beispiel verstärkt der Biomasse zuzuwenden.


(Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Was hat denn die Biomasse damit zu tun?)


ie Baden-Württemberger bestürmen uns, die großen
asserkraftanlagen in das EEG mit aufzunehmen.


(Marita Sehn [FDP]: Dagegen haben wir nichts!)


ll das führt ebenfalls zur Erhöhung der mit dem EEG
usammenhängenden Kosten. Insofern repräsentiert die
ede, die Sie in der Nacht halten,


(Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Es ist noch nicht Nacht!)


icherlich nicht die Mehrheit Ihrer Fraktion.
Wenn es Ihnen wirklich um Transparenz im Sinne

on mehr Wettbewerb und damit um einen größeren In-
ormationsgehalt der Stromrechnung geht, um den Kun-
en tatsächlich Wahlmöglichkeiten zu bieten, dann ha-
en wir eine völlig andere Aufgabe. In diesem Fall muss
n der Stromrechnung aufgeführt werden – das interes-
iert die Kunden in der Tat –, wie sich der Strom zusam-
ensetzt, wie er produziert wird, wie hoch der Anteil
es Atomstroms ist, wie viel Müll durch den Atomstrom
nfällt, wie hoch jeweils die Anteile des Braunkohle-,
ohle- und importierten Stroms


(Rezzo Schlauch, Parl. Staatssekretär: Das sind Kosten! – Gisela Piltz [FDP]: Das ist typisch Grüne!)


owie der erneuerbaren Energien sind. Danach differiert
ie Stromrechnung in der Tat und anhand dieser Krite-
ien will der Kunde den Stromerzeuger auswählen.
Insofern finde ich es verwunderlich, dass diese Art

on Transparenz in Ihrem Antrag „Stromrechnungen
ransparenter gestalten“ nicht vorkommt. Woran liegt
as? Vielleicht liegt es daran, dass Sie genau wissen,
ass Ihre Art von Energiemix – Atom, Atom, Atom –
eim Kunden nicht ankommt.


(Rolf Hempelmann [SPD]: Transparenz mit Schleier!)


er Kunde möchte vielmehr einen Energiemix erhalten,
ei dem der Anteil der erneuerbaren Energien möglichst
och ist.






(A) )



(B) )


Michaele Hustedt

Deswegen halte ich den Weg, den wir beschreiten

– das werden wir auch bei der Novelle zum Energiewirt-
schaftsgesetz umsetzen –, nämlich hinsichtlich der Zu-
sammensetzung des Stromes Transparenz zu schaffen
und damit dem Kunden eine echte Wahlmöglichkeit zu
bieten, für richtig. Deswegen müssen wir Ihren Antrag
ablehnen.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507520300

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf

Drucksache 15/761 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann sind die Überwei-
sungen so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 11 auf:
Beratung der Unterrichtung durch die Bundesbe-
auftragte für die Unterlagen des Staatssicherheits-
dienstes der ehemaligen Deutschen Demokrati-
schen Republik
Sechster Tätigkeitsbericht der Bundesbeauf-
tragten für die Unterlagen des Staatssicher-
heitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demo-
kratischen Republik – 2003
– Drucksache 15/1530 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle-
gin Barbara Wittig, SPD-Fraktion.


Barbara Wittig (SPD):
Rede ID: ID1507520400

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Um es

gleich vorwegzunehmen: Ich war nach der Lektüre des
Sechsten Tätigkeitsberichts der Bundesbeauftragten für
die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemali-
gen Deutschen Demokratischen Republik beeindruckt.
Was in der Zentralstelle und in den 14 Außenstellen ihrer
Behörde in den neuen Ländern geleistet wurde, ist enorm.

Ich möchte dafür folgende Beispiele nennen:
Seit 1992 sind bei der Behörde 2 Millionen Anträge auf
Akteneinsicht von Bürgerinnen und Bürgern, 3 Millio-
nen Ersuchen im Rahmen von Überprüfungen im öffent-
lichen Dienst, Rehabilitierungen oder Rentenangelegen-
heiten und 14 000 thematisch breit gefächerte Anträge
von Forschern und Medienvertretern eingegangen.

Darüber hinaus wurden telefonische und persönliche
Bürgerberatungen durchgeführt und Publikationen ver-
fasst. Im Berichtszeitraum sind die Veröffentlichungen

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(C (D um 50. Jahrestag des Volksaufstandes am 17. Juni 1953 on besonderem Interesse gewesen. In diesem Zusamenhang darf auch die Fachtagung zum selben Thema, n der sich Experten aus dem Inund Ausland beteiligt aben, nicht unerwähnt bleiben. Auch in den Außenstellen wurden beachtliche For chungsprojekte realisiert, so zum Beispiel das Forchungsprojekt „Spitzbart, Bauch und Brille...“ – die ollendung dieses Satz, nämlich „... sind nicht des Voles Wille“, dürfte dem einen oder anderen noch bekannt ein – in Halle, das mit Fotos ergänzt werden konnte, die 0 Jahre verschollen waren. Mit Ausstellungen erreichte ie Behörde Präsenz in der Fläche und erfüllte damit ielstrebig und vorbildlich ihren Auftrag der Unterrichung der Öffentlichkeit, so zum Beispiel auch mit der anderausstellung „Staatssicherheit – Garant der SEDiktatur“, die vorwiegend für die alten Länder bestimmt ar. Die Gemeinschaftsausstellung „Ein offenes Geeimnis. Postund Telefonkontrolle in der DDR“, getraen vom Bürgerkomitee Leipzig e. V., führte noch einal eindrucksvoll vor Augen, dass zum Beispiel täglich is zu 90 000 Briefe und 60 000 Pakete geöffnet und ontrolliert wurden. Das macht auch im Nachhinein och immer wütend. Politische Bildungsarbeit nimmt immer größeren aum ein und wird nicht selten mit Partnern geleistet, ie zum Beispiel mit der Bundeszentrale für politische ildung oder in den Außenstellen mit einer der Landesentralen. Unter den vielfältigen Aufgabenstellungen ind Internetpräsentationen der Behörde, Archivierung owie Erschließung und Bewertung von Unterlagen chon fast als Routinearbeiten zu bewerten. Deshalb darf icht vergessen werden: Hinter all diesen vielfältigen ktivitäten stehen sehr viel Engagement, Erfahrung und roße Kompetenz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter er Behörde. Davon konnte ich mich auch bei meinem üngsten Besuch im Archiv überzeugen. Im Namen der SPD-Bundestagsfraktion danke ich rau Birthler, der Leiterin der Behörde, und all ihren itarbeiterinnen und Mitarbeitern ganz herzlich. Sie önnen sicher sein, dass wir sie wie bisher auch in Zuunft unterstützen und konstruktiv ihre Arbeit begleiten erden. Die Aufarbeitung der Stasiunterlagen hat nämich nichts an Aktualität verloren. Das wurde nicht nur us Anlass des 10. Jahrestages der Verabschiedung des tasi-Unterlagen-Gesetzes deutlich, sondern zeigt sich or allem auch an dem nicht nachlassenden Interesse eier breiten Öffentlichkeit. Dazu, dass das so ist, hat auch ie Birthler-Behörde mit all ihren Mitarbeiterinnen und itarbeitern mit ihrer intensiven Arbeit entscheidend eigetragen. In diesem Zusammenhang möchte ich besonders her orheben, was für junge Menschen gemacht wird. So erden zum Beispiel Projekttage sowohl in der Zentrale ls auch in den Außenstellen durchgeführt. Hausund acharbeiten werden betreut. Kontakte zu Schulen weren aufgebaut. Die Anfertigung von unterrichtsbegleienden Materialien halte ich ebenfalls für besonders ichtig. Dass sich die Behörde in diesem Jahr sogar am irls’Day beteiligt hat und dort interessierten Schülerinen Einblicke in die berufliche Tätigkeit einer Archiva Barbara Wittig rin, einer Restauratorin oder einer Fotolaborantin geboten hat, war zwar neu für mich, aber ich fand diese Initiative sehr gut. Warum hebe ich dieses Engagement für junge Menschen hervor? Ich meine, dass sich über die Auseinandersetzung mit der Geschichte des MfS auch das Verständnis für grundlegende demokratische Fragen entwickeln lässt. Auf diesem Wege muss fortgeschritten werden. Eine der wichtigsten Aufgaben der Behörde ist aber nach wie vor, dazu beizutragen, dass Bürger, die durch das DDR-System Unrecht erlitten haben, rehabilitiert werden können. Hier nehme ich Bezug auf die rehabilitierungsrechtlichen Vorschriften, auf deren Grundlage ehemals politisch Verfolgte oder Systemgegner Anträge stellen können. Die Fristen für die Antragstellung nach dem Strafrechtlichen, dem Verwaltungsrechtlichen und dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz wurden dreimal verlängert. Am 31. Dezember 2003 sollten sie endgültig auslaufen. Die von den Ländern erstellten Statistiken weisen aber eindeutig nach, dass noch immer eine sehr große Anzahl von ehemals politisch Verfolgten nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, einen Antrag zu stellen. Deshalb haben die Fraktionen des Deutschen Bundestages heute gemeinsam einen Gesetzentwurf eingebracht. Ich gehe ganz kurz auf den Inhalt ein – ich will das nicht weiter ausführen, weil das einen anderen Gegenstand betrifft –: Es werden nicht nur die Antragsfristen bis 2007 – also um vier Jahre – verlängert, sondern auch die Ausgleichszahlungen nach dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz erhöht. Ich komme zurück zum Tätigkeitsbericht. Während in den Tätigkeitsberichten 1 bis 5 insbesondere die Erfahrungen der Behörde mit der Arbeit in den ersten zehn Jahren dargestellt wurden, stellt es sich beim Sechsten Tätigkeitsbericht schon ein bisschen anders dar. Beim Studium der gesamten Berichte ist es immer besonders eindrucksvoll, dass kein einziger Fall bekannt geworden ist, in dem jemand auf eigene Faust Vergeltung geübt hat. Ich meine, das kann als Beweis dafür gewertet werden, wie verantwortungsbewusst und besonnen die Menschen mit der manchmal doch sehr schmerzlichen Wahrheit umgehen. Meine Hochachtung dafür! (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)





(A) )


(B) )


(Beifall im ganzen Hause)


In dem nunmehr Sechsten Tätigkeitsbericht wird
nicht nur auf die Arbeit der letzten zwei Jahre zurück-
geblickt, sondern der Bericht widmet sich auch den
mittel- und langfristigen Entwicklungen, die der Be-
hörde bevorstehen. In diesem Zusammenhang sind
meines Erachtens folgende Sachverhalte zu erwähnen:
erstens der Umgang mit den Rosenholz-Unterlagen;
zweitens die Änderungen des § 32 StUG, die wir am
6. September 2002 beschlossen haben; drittens die Er-
gebnisse der Arbeitsgruppe „Zukunft der Außenstellen“;
viertens die Rekonstruktion vorvernichteter Unterlagen.

Zum Umgang mit den Rosenholz-Unterlagen wird
nachher noch meine Kollegin Marga Elser sprechen.

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(C (D ch möchte noch ganz kurz auf die anderen Punkte einehen. Die Bearbeitung von Forschungsund Medienan rägen ist im Berichtszeitraum ins Stocken geraten. Mit en Änderungen des § 32 StUG haben wir es durch die inführung eines Verfahrens zur Benachrichtigung der etroffenen Personen ermöglicht, dass die Bearbeitung ortgesetzt werden kann. In ähnlicher Form wurde dies ereits seit Frühjahr 2001 praktiziert, und zwar zunächst uf der Grundlage einer internen Richtlinie. Bis August 2002 konnten 122 Personen der Zeitge chichte, Amtsund Funktionsträger über die Absicht er Behörde informiert werden, im Rahmen von Forchungsund Medienanträgen gemäß § 32 ff. Unterlagen ber sie herauszugeben. Alle diese Verfahren und auch ie nachfolgenden sind – entsprechend der gesetzlichen egelung – einvernehmlich abgeschlossen worden. iese Beispiele zeigen: Die Novellierung war wichtig nd richtig. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Manfred Grund [CDU/CSU])


Auch ich stimme der Einschätzung der Behörde zu,
ass die meisten der gesetzlich vorgegebenen Aufgaben
angfristig bestehen bleiben, wenn auch die Überprüfung
on Personen bezüglich der früheren Tätigkeit bei der
tasi 2006 auslaufen wird. Das heißt, dass der folgende
orschungsauftrag erhalten bleibt: „Aufarbeitung der
ätigkeit des Staatssicherheitsdienstes durch Unterrich-
ung über Struktur, Methoden und Wirkungsweise des
taatssicherheitsdienstes.“ Wir müssen uns auch in die-
em Zusammenhang mit den Außenstellen befassen. Das
erden wir im Innenausschuss tun. Ein Konzept ist vor-
elegt worden. Darüber wird zu reden sein.
Wenn man an der Rekonstruktion vorvernichteter
nterlagen – zur Erinnerung: 16 250 Säcke mit circa
00 Millionen Schnipseln harren der Dinge – im glei-
hen Tempo weiter arbeitete, würde man bis zur Voll-
ndung – das wissen wir alle – 600 Jahre brauchen.
azu muss man sagen: Dank der fleißigen Mitarbeiterin-
en und Mitarbeiter, die diese Arbeit geleistet haben,
onnten im Berichtszeitraum immerhin 41 000 Seiten
ekonstruiert werden.
Das Bundesministerium des Innern prüft zurzeit die

ürzlich von der BStU vorgelegte Machbarkeitsstudie
ur IT-gestützten Rekonstruktion vorvernichteter Unter-
agen. Ich bin gespannt auf die Einschätzung des IT-
onzepts mit Kosten für Hard- und Software, der techni-
chen Machbarkeit und darauf, welche Erfolgsaussich-
en das Bundesministerium des Innern für eine IT-ge-
tützte Rekonstruktion prognostiziert. Das sind wichtige
spekte, die wir im Zusammenhang mit diesem Sechs-
en Tätigkeitsbericht besprechen müssen. Dazu haben
ir im Innenausschuss ausreichend Zeit.
Ich kann für meine Fraktion hier sagen: Was machbar

st, wollen wir auch machen.
Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)







(A) )



(B) )



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507520500

Nächster Redner ist der Kollege Hartmut Büttner,

CDU/CSU–Fraktion.

Hartmut Büttner (CDU):
Rede ID: ID1507520600

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Leeres

Haus!

(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]:Es kommt auf die Qualität an, Herr Büttner!)

Joachim Gauck sprach mit Blick auf die Zusammenar-
beit von CDU/CSU, SPD, FDP und Grünen in Fragen
des Stasi-Unterlagen-Gesetzes von einer Koalition der
Vernunft. Diese Koalition der Vernunft ist im vergange-
nen Jahr durch eine stürmische und strittige Diskussions-
phase gegangen. Ich bin froh darüber, dass wir nach den
gegensätzlichen Meinungen zur Verwendung von Unter-
lagen zu Personen des öffentlichen Lebens wieder zu der
lange praktizierten guten Zusammenarbeit zurückge-
kehrt sind.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Sie sind zur Familie zurückgekehrt! Herzlich willkommen!)


Ich finde die Zusammenarbeit der vier Fraktionen
– vielleicht hat sich mancher gewundert, dass wir auch
geklatscht haben, als jemand von den Sozialdemokraten
gesprochen hat – so wichtig, weil ich glaube, dass hierin
einer der Hauptgründe für die große Akzeptanz des
Stasi-Unterlagen-Gesetzes bei der Bevölkerung liegt.

Nach Geist und Buchstaben ist das Stasi-Unterlagen-
Gesetz ein Öffnungs- und ein Opfergesetz.


(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Ja!)

Dem Einzelnen soll Klarheit über das Einwirken des
MfS auf seinen Persönlichkeitsbereich gegeben werden.
Die Chance, die eigene Biografie in Ordnung zu bringen,
haben mittlerweile mehr als 2 Millionen Menschen ge-
nutzt. Sie haben Einsicht in ihre Akte genommen.

Der Tätigkeitsbericht und vor allem die wieder nach
Deutschland zurückgekommenen Rosenholz-Unterla-
gen zeigen uns deutlich, dass das unselige Wirken des
Ministeriums für Staatssicherheit kein reines DDR-
Thema, sondern ein gesamtdeutsches Thema war.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir wissen jetzt, dass die Aussage „Opfer gab es in Ost
und West, aber der Stasitäter kam ausschließlich aus
Deutschland Ost“ nicht nur zu undifferenziert, sondern
einfach falsch ist.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Im Laufe der Jahre haben 20 000 bis 30 000 West-

deutsche als inoffizielle Mitarbeiter für das MfS gearbei-
tet. Hoffentlich wird manch ein westdeutscher Redakteur
angesichts dieser Zahlen etwas demütiger, wenn er sich
an seine reißerische Berichterstattung über die Stasiver-
seuchung im Osten Deutschlands erinnert. Diese einsei-
tige Betrachtungsweise hat nicht nur das Selbstwertge-
fühl der Menschen aus den neuen Bundesländern hart

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(C (D etroffen; es hat auch dazu beigetragen, den Graben in en Herzen und Hirnen der Deutschen zu vertiefen. Diese Sicht ließ auch keinen Raum für die Wahrheit. uch in der DDR waren die Menschen, die Anstand beielten und Zivilcourage zeigten, in der Mehrheit. rotz schwierigster Umstände in einer Diktatur scheiteren drei von fünf Anwerbeversuchen des Staatssichereitsdienstes. In Westdeutschland wurde eine Stasimitareit zumeist freiwillig erklärt – ohne die vielfältigen epressionen des SED-Staats. Geld und das politische iel, den Sozialismus in allen Teilen Deutschlands voanzubringen, stand bei den meisten westdeutschen IM m Vordergrund. Frau Birthler nannte es in einem Interiew mit der „taz“ vom 14. September – ich zitiere – bemerkenswert, wenn Menschen der Demokratie den ücken kehren und mit dem Geheimdienst einer Diktaur zusammenarbeiten“. Ich kann ihr in der Schlussfolerung nur zustimmen, wenn sie sagt, gerade die Gechichte der West-Linken könne schon etwas an ufarbeitung vertragen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie der Abg. Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


(Beifall bei Abgeordneten im ganzen Hause)


Jetzt bitte auf der linken Seite des Hauses klatschen!
Besonders in diesem politischen Bereich können
ögliche zusätzliche Erkenntnisse aus den so genannten
osenholz-Unterlagen noch sehr hilfreich sein. Die
ückholung der Datenträger mit den Kopien der mikro-
erfilmten Karteikarten der Hauptverwaltung Aufklä-
ung ist ebenfalls ein gutes Beispiel für das positive Wir-
en der Koalition der Vernunft. Jahrelang haben wir uns
emüht, die Datensätze zurückzubekommen. Die Be-
ichterstatter der vier Fraktionen haben die Bundesregie-
ung mit vielfältigen Aktivitäten in dem Ziel unterstützt,
ass die amerikanische Einstufung „Geheim“ zurückge-
ommen wird. Jetzt können wir die Rosenholz-Unterla-
en so behandeln wie alle anderen Stasiunterlagen auch.
Eigentlich sind die Bestimmungen des Stasi-Unterla-

en-Gesetzes völlig ausreichend, damit die Behörde neu
uftauchende Erkenntnisse der zuständigen Stelle mittei-
en kann, ohne dass ein Ersuchen vorliegt. Nur, für die
eschäftigten in der Behörde ist es praktisch sehr
chwierig, die auftauchenden Namen einer zuständigen
telle richtig zuzuordnen. Aus diesem Grund unterstütze
ch nachdrücklich einen Beschluss meiner Fraktion,
ach dem wir uns als Abgeordnete unserer Vorbildfunk-
ion bewusst sein müssen und uns erneut freiwillig über-
rüfen lassen sollten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


eshalb habe auch ich einen Antrag unterschrieben, um
ich ein viertes Mal auf Stasi-Mitarbeit überprüfen zu
assen. Ich bin gespannt, was diesmal dabei heraus-
ommt.


(Lachen bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )


Hartmut Büttner (Schönebeck)


Ich finde es ebenfalls gut, dass FDP und Grüne dieses

Thema ebenso offensiv angegangen sind und den
Mitgliedern ihrer Fraktionen eine erneute Überprüfung
empfohlen haben. Positiv im Sinne des vereinten
Deutschlands ist es auch, dass nicht nur die Landtagsab-
geordneten der östlichen Bundesländer, sondern auch die
Abgeordneten zumindest einiger westdeutscher Land-
tage sich überprüfen lassen wollen. Ich möchte hier bei-
spielhaft Niedersachsen, Hamburg und Baden-Württem-
berg nennen.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Sehr gut! Alle unionsgeführt!)


Umso mehr fällt auf, dass die Sozialdemokraten in
Bund und Ländern zögerlich bis ablehnend an diese
Frage herangehen.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

Ich will es mir mit Blick auf unsere gerade wiederherge-
stellte gemeinsame Aktionsfähigkeit versagen, dies hier
weiter zu vertiefen. Ansonsten könnte ich Ihnen schon
einen sehr bunten Strauß von Zitaten zahlreicher SPD-
Kollegen hierzu vortragen.


(Gisela Piltz [FDP]: Nur zu!)

Es wäre aber wohl, wie ich denke, ein Akt politischer
Hygiene und ein Wahrnehmen des Vorbildcharakters,
wenn auch die SPD-Bundestagsfraktion wie die anderen
Fraktionen dieses Hauses entsprechende Beschlüsse fas-
sen und Empfehlungen aussprechen würde.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Manfred Grund [CDU/CSU]: Wir könnten gleich darüber abstimmen!)


Mein Appell, erneut einen Antrag zu stellen, richtet
sich an alle Bundestagskollegen, egal, wo sie politisch
stehen und aus welcher Region sie kommen.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507520700

Herr Kollege Büttner, gestatten Sie eine Zwischen-

frage des Kollegen Wiefelspütz?


Hartmut Büttner (CDU):
Rede ID: ID1507520800

Selbstverständlich.


Dr. Dieter Wiefelspütz (SPD):
Rede ID: ID1507520900

Geschätzter Kollege Büttner, sind Sie nicht der Mei-

nung, dass Sie den wichtigen Aspekt von Freiwilligkeit
diskreditieren, wenn Sie mit solchen Einlassungen durch
die Hintertür irgendeine Art von Druck ausüben? Sehen
Sie, Sie haben jetzt zum vierten Mal und ich zum dritten
Mal freiwillig einen Antrag gestellt. Ich hätte ein großes
Problem damit, wenn man mich dazu zwingen würde,
aber freiwillig tue ich das so gerne, wie auch Sie es ver-
mutlich getan haben. Meinen Sie nicht, dass man das
Prinzip Freiwilligkeit von Anfang bis Ende ernst neh-
men sollte und es einfach so im Raum stehen lassen
sollte? Im Parlament sitzen erwachsene Menschen, die
für sich eine Entscheidung treffen können. Der Prozess
ist noch nicht abgeschlossen. Meinen Sie nicht, dass man

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(C (D ich die Parteipolitik in kleiner Münze an dieser Stelle chenken sollte? Herr Kollege Wiefelspütz, ich habe vor der Freiwil igkeit und der Souveränität der Abgeordneten hohen espekt. Eine andere Möglichkeit gibt es auch gar nicht. ber es ist schon ein Unterschied, ob Fraktionen nichts azu sagen oder ob sie wie die FDP-Fraktion, die Frakion der Grünen oder die CDU/CSU-Fraktion ihren Mitliedern empfehlen – bei einer Enthaltung haben wir iese Empfehlung einstimmig ausgesprochen –, sich itte noch einmal freiwillig überprüfen zu lassen. Ich enke, das ist ein Akt der Solidarität. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Ich habe einen entsprechenden Brief an die Fraktion geschrieben! So ein Unsinn! Sie kennen die Fakten überhaupt nicht!)


(Beifall bei der SPD)

Hartmut Büttner (CDU):
Rede ID: ID1507521000

ch hätte normalerweise hier kein Salz in die Wunde ge-
treut. Ihre und die Äußerungen anderer, die ich hier in
en Unterlagen habe, sind bemerkenswert genug.
Sie wissen auch, dass ich versuche, die Zusammenar-

eit aller Bundestagsfraktionen überall zu pflegen. Sie
st mir gerade deshalb so wichtig, weil wir gemeinsam
ktionsfähig bleiben müssen. Als sich die letzten Tage
er DDR abzeichneten, ergriff die damaligen Machtha-
er und ihre Vasallen nämlich Panik. Alles, was an be-
astendem Material vorhanden war, sollte vernichtet
erden. Vieles wurde auch endgültig vernichtet, aber
icht alles. In Zirndorf, in Bayern – Sie haben es er-
ähnt, Frau Wittig –, lagern derzeit circa 600 Millionen
chnipsel in 16 250 Säcken – und das sind nur die zerris-
enen Unterlagen. In mühsamer Handarbeit gelang es in
en letzten Jahren einer Projektgruppe von 40 Mitarbei-
ern, circa 550 000 Einzelblätter wieder zusammenzuset-
en. Die Dimension ist wahrlich gigantisch. Wenn die
eschwindigkeit von heute beibehalten wird, dann ha-
en wir die Chance, in 375 Jahren mit dieser Arbeit fer-
ig zu werden. Diese Puzzlearbeit ist wie das Ausschöp-
en des Ozeans mit einem Teelöffel.
Häufig sind es aber nur diese zusammengesetzten

eiten, die den Tätern von gestern auch heute noch zum
erhängnis werden. So wurde hierdurch beispielsweise
in Professor Bress aus Kassel enttarnt. Bress hatte
änger als 30 Jahre für ein Agentenhonorar von
50 000 DM für die Stasi im Westen spioniert. Ebenso
anden sich entscheidende Beweise gegen den Thüringer
andesbischof Braecklein oder den Literaten Anderson
n den Säcken mit den vorvernichteten Unterlagen. Aber
s wurden nicht nur Täter enttarnt. Es wurden auch
ichtige Unterlagen über Stasiopfer entdeckt, zum Bei-
piel Akten über Bärbel Bohley oder Werner Fischer.
Es gibt jetzt neue technische Möglichkeiten; Frau
ittig hat sie angesprochen. Es war erneut ein gemein-

amer Antrag und Parlamentsbeschluss vom Dezember
000, mit dem wir die Ablösung des manuellen Verfah-
ens durch eine IT-gestützte Lösung gefordert haben.






(A) )



(B) )


Hartmut Büttner (Schönebeck)


Der Deutsche Bundestag forderte in seinem Beschluss
die Bundesregierung auf, diese Bemühungen im Rah-
men des finanziell Vertretbaren zu unterstützen. Aus
13 verschiedenen Anbietern ist in einer europaweiten
Ausschreibung ein Anbieter ausgesucht worden.

Eine Machbarkeitsstudie, die den Rekonstruktions-
zeitraum auf fünf Jahre abkürzen würde, liegt uns derzeit
zur Entscheidung vor. Allein durch dieses Verfahren sind
die erheblichen Mittel, die wir dazu brauchen, bereits
ziemlich zusammengeschrumpft. Es sind aber immer
noch, Herr Wiefelspütz, knapp 58 Millionen Euro, die
wir in fünf Jahren zu schultern haben. Wir haben in ers-
ten Bewertungen gemeinsam mit Mitgliedern des Haus-
haltsausschusses versucht, diese Summe noch etwas zu
drücken. Auch wollen wir Verwerfungen wie bei ande-
ren privat-staatlichen Kooperationen – ich nenne hier
nur die LKW-Maut – gar nicht erst entstehen lassen.

Jetzt wird sich auch erweisen, was an Ihren vollmun-
digen Erklärungen dran ist, Herr Wiefelspütz. Sie haben
bei der Ablehnung eines recht bescheidenen Haushalts-
antrages meiner Fraktion zu diesem Bereich im letzten
Jahr argumentiert: Herr Büttner, wenn diese Lösung um-
setzungsreif ist und wir Geld in die Hand nehmen müs-
sen, werden wir für die notwendigen finanziellen Mittel
sorgen.


(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Jawohl!)

Wir werden Sie an Ihren Taten messen. Unsere Unter-

stützung hierfür haben Sie.
Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507521100

Nächste Rednerin ist die Kollegin Silke Stokar, Bünd-

nis 90/Die Grünen.

(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Herr Büttner, Sie hätten mich ruhig noch häufiger zitieren können! – Gegenruf des Abg. Manfred Grund [CDU/CSU]: Es wäre schade gewesen, wenn Sie nicht dagewesen wären!)



(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es wäre
schön, wenn Sie weiter zuhören und nicht so viel Unruhe
in den ersten Reihen verbreiten würden. Herr Kollege
Wiefelspütz, setzen Sie sich doch einfach auf Ihren
Platz.


(Heiterkeit)

Der neue Bericht von Marianne Birthler zeigt, wie un-

verzichtbar die Arbeit der Behörde nach wie vor ist.
Auch wenn die Zahl der Bürgeranträge auf Einsicht in
ihre Stasiakten langsam geringer wird, ist die Zahl viel
höher, als 1991 bei Erlass des Gesetzes vorhergesagt
wurde. Es ist erfreulich, dass die Wartezeiten für die Be-
troffenen kürzer werden. Über viele Jahre werden aber

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(C (D och Anträge in großer Zahl eingehen und abgearbeitet erden müssen. Das gilt auch für die Anfragen im Zusammenhang mit en Rehabilitierungsverfahren nach den SED-Unechtsbereinigungsgesetzen. Wir haben das hier angeprochen. Der Gesetzentwurf, der die Verlängerung der ntragsfristen um vier Jahre enthält, wird hier morgen arteiübergreifend eingebracht werden. Ich denke, wir aben hier ein gutes Verhandlungsergebnis erzielt. Bei llen Streitereien haben wir unsere parteipolitischen Diferenzen einmal beiseite gelegt und im Interesse der Oper ein – wenn auch kleines und bescheidenes – immerin gemeinsames Ergebnis zustande gebracht. Weit über die persönliche Betroffenheit hinaus ist das nteresse an der deutsch-deutschen Vergangenheit ungerochen. Das hat die große öffentliche Aufmerksamkeit m 50. Jahrestag des Aufstandes vom 17. Juni 1953 geeigt. Es gab nicht nur in den neuen Bundesländern sehr iele Veranstaltungen, sondern die Erinnerung an diesen 7. Juni ist zu einem gesamtdeutschen Ereignis geworen. Die Auseinandersetzung mit der Geschichte und it diesem Datum fand bundesweit statt. Auch das ist hier angesprochen worden: Gerade die ildungsarbeit der Birthler-Behörde wird in Zukunft mmer mehr an Bedeutung gewinnen. Wir alle werden afür sorgen – das ist in den Redebeiträgen hier deutlich emacht worden –, dass die Arbeit dieser Behörde kein stereignis ist, sondern dass zwölf Jahre nach der Einichtung der Behörde die Aufarbeitung der SED-Verganenheit ein gesamtdeutsches Thema ist. Meine Damen und Herren, die Rosenholz-Unterla en sind schon angesprochen worden. 381 CDs sind, achdem sie leider lange Zeit in den USA „zwischengeagert“ waren – wie auch immer sie dorthin gekommen ind –, jetzt wieder in deutscher Hand. Die technische ufbereitung dieser CDs ist sehr schwierig. Bis die Daeien zur Verfügung stehen, wird es also noch eine ganze eile dauern. Ich finde es richtig, dass wir die Überlassung der Ro enholz-Akten zum Anlass nehmen, noch einmal einen ppell an die Abgeordneten aller Fraktionen zu richten auch meine Fraktion hat das gemacht –, freiwillig „in ich zu gehen“. Dies wäre ein Signal, dass es eben kein eines Ostproblem, sondern auch ein Westproblem ist. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall im ganzen Hause)


(Beifall im ganzen Hause)


m Intranet des Bundestages findet sich dazu ein einfa-
hes Formular – es muss lediglich ausgedruckt und un-
rschrieben werden –, mit dem man sich damit einver-
tanden erklären kann, überprüft zu werden.
Auch das Problem der 14 Außenstellen der Birthler-
ehörde wurde schon angesprochen. Es war richtig, die
irthler-Behörde bei ihrer Einrichtung dezentral aufzu-
auen; aber wir alle wissen, dass wir die große Anzahl
n Außenstellen nicht aufrechterhalten können. Ich finde






(A) )



(B) )


Silke Stokar von Neuforn

es gut, dass die Birthler-Behörde nicht herumgejammert
hat, als das Parlament erklärt hat – es geht hier auch um
Eingrenzung der Arbeit und um die damit verbundenen
Reformen –, dass die Anzahl der Außenstellen nicht er-
halten werden kann. Man hat sich zusammengesetzt und
ein Konzept erarbeitet. Meine Fraktion unterstützt dieses
Konzept und wir werden auch die Finanzierung des da-
mit verbundenen Umbaus mittragen. Ich bin mir sicher,
dass wir auch in dieser Frage gemeinsam zu einer Lö-
sung kommen werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Meine Damen und Herren, ich habe leider nicht so
viel Redezeit wie die Redner der großen Fraktionen.


(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Das wäre ja noch schöner!)


– Ja, es wäre wirklich schön, wenn ich meine Gedanken
hier einmal etwas länger ausführen könnte.


(Dorothee Mantel [CDU/CSU]: Das wäre ja noch schöner! – Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Wenn die Lichter aus sind!)


Lassen Sie mich aber noch die bereits erwähnten vie-
len Schnipsel ansprechen – Herr Wiefelspütz, das ist
wichtig –, in denen unendlich viele Informationen, ins-
besondere aus den 80er-Jahren, stecken. Wir haben ein
großes Interesse daran, die Schnipsel in absehbarer Zeit
zusammenzufügen, was jetzt technisch machbar ist.
Dazu müssen wir die entsprechende Finanzierung si-
cherstellen und das nötige Geld bereitstellen; denn es
handelt sich um Akten, die einen Teil der deutschen Ge-
schichte ausmachen.

Zum Schluss möchte auch ich im Namen meiner
Fraktion den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der
Birthler-Behörde für ihre geleistete Arbeit danken.


(Beifall im ganzen Hause)

Der Dank gilt natürlich auch der Leitung, Frau Birthler
und Herrn Direktor Altendorf. Ich bedanke mich auch
für die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit al-
len Fraktionen dieses Hauses und wünsche mir, dass wir
diese in gleicher Weise fortsetzen.

Danke schön.

(Beifall im ganzen Hause)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507521200

Nächste Rednerin ist die Kollegin Gisela Piltz, FDP-

Fraktion.


Gisela Piltz (FDP):
Rede ID: ID1507521300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Der Sechste Tätigkeitsbericht der Bundesbeauftragten
für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehe-
maligen Deutschen Demokratischen Republik setzt in
diesem Jahr einen wichtigen Schwerpunkt: Neben der
Rückschau auf die seit 2001 geleistete Arbeit wirft er
auch einen besonderen Blick auf die aktuelle Situation

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(C (D er Behörde sowie auf künftige Herausforderungen und chwerpunkte. Der Auftrag dieser Behörde, die Tätigkeit des Staats icherheitsdienstes aufzuarbeiten, hat sich über die ahre, zunächst unter der Leitung von Herrn Gauck und un unter der Leitung von Frau Birthler, sehr bewährt. ch hätte ihr gern persönlich gedankt, aber leider ist sie icht hier. Ebenso möchte auch ich mich natürlich bei en Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bedanken. Ich bin icher, dass jemand den kollektiven Dank des Plenums eiterleiten wird. In den letzten Jahren sind wichtige Schritte zur Aufar eitung der Stasitätigkeit gegangen worden. Die Rückabe der so genannten Rosenholz-Unterlagen – sie urde hier schon mehrfach angesprochen – ist ein solher Schritt. Die jahrelangen Bemühungen dieser Beörde haben sicherlich maßgeblich dazu beigetragen. ie Dateien sind insbesondere für die Erforschung der estarbeit des Ministeriums für Staatssicherheit von roßem Interesse. Auch das ist hier schon gesagt woren. Ich weise in diesem Zusammenhang aber noch einmal esonders gern darauf hin, dass die FDP-Bundestagsraktion sich als erste Fraktion für eine freiwillige Überrüfung auf eine Stasimitarbeit bei ihren Abgeordneten nd deren Mitarbeitern ausgesprochen hat. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


(Beifall im ganzen Hause)


s darf nicht der Eindruck entstehen, dass jetzt, da die
erstrickungen auch in Westdeutschland besser beurteilt
erden können, mit zweierlei Maß gemessen wird.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr richtig!)


ür die Legitimation als Volksvertreter ist es aus unserer
icht selbstverständlich, dass sich jeder Abgeordnete des
undestages, aber auch jedes Landtages, auf eine Stasi-
itarbeit überprüfen lässt.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

err Kollege Wiefelspütz, bevor Sie eine Zwischenfrage
tellen,


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Er stellt überhaupt keine!)


ann ich Ihnen sagen, dass es aus meiner Sicht auch eine
rt kollektive Bitte bezüglich der Freiwilligkeit gibt.
ie würde ich mir auch bei Ihnen wünschen.


(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Das ist in Ordnung!)


ir als FDP und auch die anderen gehen mit gutem Bei-
piel voran.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das war doch wieder eine blanke Übertreibung!)







(A) )



(B) )


Gisela Piltz

An dieser Stelle möchte ich aber auch noch einmal

darauf hinweisen, dass für die FDP der Opferschutz ein
wichtiges Thema im Rahmen der Aufarbeitung von
DDR-Unrecht war. Dem wurde durch die Behörde bis-
her in aller Regel Rechnung getragen. Ich möchte aber
auch daran erinnern – jetzt darf ich meine Fraktion zum
zweiten Mal loben –, dass erst durch die Mitwirkung der
FDP-Bundestagsfraktion in der letzten Legislaturperiode
der Opferschutz ausreichend gewährleistet wurde.


(Beifall bei der FDP – Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Sind Sie sicher?)


– Ja. Da klatscht nur meine Fraktion. Das haben Sie jetzt
verpasst, Herr Wiefelspütz. Das kann ich leider auch
nicht ändern; es tut mir Leid für Sie.

Wenn wir jetzt einen Blick in die Zukunft werfen, so
kommen wir nicht umhin, festzustellen, dass auch die
Birthler-Behörde den strukturellen Veränderungen nicht
entgehen kann. Beeinflusst durch die engen finanziellen
Spielräume, die Modernisierung der Verwaltung und die
Aufgabenentwicklung ist es notwendig geworden, über
neue Strukturen nachzudenken. Dies ist auch geschehen,
insbesondere mit dem Konzept zur Zukunft der Außen-
stellen. Dieses Konzept kommt zu dem Ergebnis, dass
nicht mehr alle Aufgabenbereiche in jeder Außenstelle
abgedeckt werden können. Darauf zu reagieren wird aus
unserer Sicht der erste Schritt sein. Erforderlich ist si-
cherlich eine bedarfsgerechte Strukturanpassung,


(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: „Strukturanpassung“!)


über die wir hier noch im Einzelnen werden beraten
müssen.

Weiter möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf die vor-
vernichteten Akten richten. Auch darüber ist hier schon
im Detail gesprochen worden. Es kann unserer Meinung
nach nicht sein, dass diejenigen, deren Akten nicht zer-
rissen worden sind, zur Rechenschaft gezogen werden,
und diejenigen, die das Glück haben, dass ihre Akten
zerrissen wurden, nicht „verfolgt“ werden und sich der
Strafverfolgung entziehen können. Das ist aus unserer
Sicht nicht im Sinne eines demokratischen Rechtsstaa-
tes. Deshalb haben wir immer darauf hingewiesen, dass
dieses Thema hier weiter aufgearbeitet werden muss.


(Beifall des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


In diesem Zusammenhang ist natürlich auch die Frist-
verlängerung bis zum Ende des Jahres 2007 zu sehen,
die jetzt erfolgt ist; denn dieses aufwendige Verfahren
macht nur Sinn, wenn man als Betroffener auch die
Möglichkeit zur Rehabilitierung bekommt oder Anträge
stellen kann. Sonst würde die Fristverlängerung ins
Leere laufen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Die Kosten für die Wiederherstellung der Unterlagen

sollen allerdings erst im Jahr 2005 in den Bundeshaus-
halt eingestellt werden. Das ist aus unserer Sicht zu spät.
Herr Wiefelspütz, ich nehme Sie da beim Wort: Sie ha-

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(C (D en gesagt, das sei nicht das Schlupfloch dafür, dass wir u keinem Ergebnis kommen. (Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Wir werden noch viele gemeinsame Sachen machen!)


ch kann mich erinnern: Sie haben versprochen, dass
ies im Jahr 2004 geschieht. Leider ist das nicht der Fall.
ir werden Sie beim Wort nehmen und bei Gelegenheit
ieder zitieren, vielleicht dann auch länger; auf Ihren
unsch mache ich das gerne.


(Beifall bei der FDP – Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Wunderbar!)


Zum Abschluss möchte ich mich bei allen Fraktionen
ieses Hauses für den Konsens bei der Erweiterung des
eirates bedanken.


(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Das letzte Zugeständnis an Sie, Frau Piltz!)


Deshalb bedanke ich mich ja auch.

(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Gegen Herrn Körper haben wir es durchgesetzt!)

ch hoffe, dass wir auch in Zukunft bei diesem Thema
raktionsübergreifend so gut zusammenarbeiten, ganz im
inne der „Koalition der Vernunft“.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall im ganzen Hause)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507521400

Nächste Rednerin ist die Kollegin Marga Elser, SPD-

raktion.

Marga Elser (SPD):
Rede ID: ID1507521500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

s ist eigentlich schade, dass wir über diesen Stasiunter-
agenbericht zu relativ später Stunde diskutieren. Denn
ch denke schon, dass dieser Bericht in der Bevölkerung
inen Wert darstellt. Deshalb hätte darüber meines Er-
chtens zu einem besseren Zeitpunkt an diesem Tag de-
attiert werden müssen. – So weit, so gut.


(Beifall des Abg. Hartmut Büttner [Schönebeck] [CDU/CSU])


Es ist ein gutes Zeichen für unsere Demokratie, dass
ir heute über den Sechsten Tätigkeitsbericht der Stasi-
nterlagenbehörde diskutieren. Dies ist auch deshalb
ut, weil die Bevölkerung die vormals Gauck- und jetzt
irthler-Behörde angenommen hat. Es besteht sowohl
eitens der ehemaligen DDR-Bürger, der Bundesbürger
berhaupt und der Behörden als auch seitens der Wis-
enschaft ein großes öffentliches Interesse. Die Auf-
rbeitung der zweiten deutschen Diktatur ist noch lange
icht abgeschlossen.
Mittlerweile 5 Millionen Anträge sind ein Zeichen

afür, dass das Stasi-Unterlagen-Gesetz von der Bevöl-
erung akzeptiert wird. Das sind 1,6 Kilometer neu er-
chlossene Stasiunterlagen, monatlich 8 000 Anträge auf
kteneinsicht, Kopienherausgabe und Decknamenent-
chlüsselung, 17 000 Überprüfungsersuchen der Luft-






(A) )



(B) )


Marga Elser

fahrtbehörden und weit mehr als 10 000 Überprüfungs-
ersuchen des öffentlichen Dienstes.

Ich danke der Bundesbeauftragten Marianne Birthler
und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihren
Einsatz. Sie verdienen ein großes Kompliment für die
hervorragende Arbeit, die manchmal auch eine Kärrner-
arbeit ist. Die Birthler-Behörde ist ein fester und überaus
wichtiger Bestandteil der Aufarbeitung der DDR-Ge-
schichte.

Das politische Gedenken an den 50. Jahrestag des
Volksaufstandes am 17. Juni 1953 zeigt mir, wie wichtig
die Novellierung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes war.
Viele Forschungs- und Filmprojekte hätten sonst nur be-
dingt oder überhaupt nicht bearbeitet werden können.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich bin froh, dass uns nun Bücher, Filme usw. zur Verfü-
gung stehen. Ich habe diese zum Beispiel an die Schulen
in meinem Wahlkreis weitergegeben. Sie sind auf sehr
großes Interesse gestoßen.

Der Sechste Tätigkeitsbericht widmet sich wieder ei-
nem ganz speziellen Thema: den Stasihandlungen in
der alten Bundesrepublik, vor allem den so genannten
Rosenholz-Dateien. Die Bundesregierung und der Bun-
destag haben sich mit Erfolg bemüht: Der US-Geheim-
dienst CIA hat diese Stasiunterlagen jetzt an uns zurück-
gegeben. Das trägt sicher dazu bei, dass ein ganz
bestimmter Arbeits- und Wirkungsbereich der Staats-
sicherheit durchleuchtet werden kann: Was hatte die
Stasi im Westen Deutschlands zu tun? Wen hat sie ange-
worben? Wie sind die Mühlen beschaffen, durch die un-
bescholtene Bürger verstrickt wurden? Von daher kön-
nen wir die Rosenholz-Dateien für die geschichtliche
Aufarbeitung nur begrüßen.

Die Birthler-Behörde wird gewiss Jahre brauchen, alle
relevanten Informationen zusammenzutragen und einen
Gesamtzusammenhang herzustellen. Man muss deshalb
den Menschen immer wieder klar machen, dass wir mit
dieser Aufarbeitung erst am Beginn stehen und sie unter
Umständen Geduld haben müssen. Wir müssen doch nur
bedenken, dass auch die Aufarbeitung der NS-Zeit heute
noch nicht abgeschlossen ist und vermutlich nie abge-
schlossen werden kann. Auch die Rosenholz-Dateien
werden uns bestimmt noch sehr lange beschäftigen.

Mit dem Auftauchen dieser Daten erleben wir zurzeit
eine etwas aufgeregte Debatte. Das ist vorhin schon dis-
kutiert worden. Auch der Deutsche Bundestag hat sich
schon mit dieser Frage beschäftigt. Jeder Abgeordnete
kann freiwillig überprüfen lassen, ob in seinem Fall et-
was vorliegt. Auch ich habe mich überprüfen lassen,
weil der Geschäftsführer unserer Fraktion Wilhelm
Schmidt uns einen Brief geschrieben hat,


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Hören Sie mal zu, Herr Büttner!)


in dem er uns darauf hingewiesen hat, dass wir uns über-
prüfen lassen können. Das ist freiwillig. Ich bin dafür.


(Beifall des Abg. Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD])


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(C (D einer Ansicht nach ist das eine gute Lösung, weil daurch kein künstlich erzeugter Druck auf die Kollegen usgeübt wird. Es kann keinen Generalverdacht geben. Stellen Sie sich doch einmal vor, dass die Gemeinde erwaltungen in meinem Wahlkreis in Baden-Württemerg sich ohne irgendeinen Anlass einer Generalüberrüfung unterziehen müssten! Dort, wo es angezeigt ist, inden schon Überprüfungen statt. Deshalb sage ich och einmal: Einen Generalverdacht darf es nicht geben. Für wichtig halte ich die Rekonstruktion und die Er chließung der vorvernichteten Unterlagen. Dazu ist chon viel gesagt worden. Ich weiß, dass es eine Studie ibt, mit der uns zu befassen wir im Innenausschuss Geegenheit haben werden. Dann können wir die entsprehenden Entscheidungen fällen. Ich hoffe da auf allgeeine Zustimmung. Über den Tag hinaus werden uns die Publikationen, issenschaftlichen Arbeiten und Forschungen helfen, nsere gemeinsame Geschichte transparent zu machen. ch möchte, dass wir jungen Menschen, Schülerinnen nd Schülern im Rahmen der politischen Bildung dabei elfen, ein politisches Bewusstsein für dieses Thema zu ntwickeln. Das macht die Birthler-Behörde. Das ist eine anz wichtige Aufgabe, deren Bedeutung wir nicht hoch enug einschätzen können. Danke. (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


(Beifall bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507521600

Letzte Rednerin in dieser Debatte ist die Kollegin
orothee Mantel, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1507521700

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Den

orgelegten Tätigkeitsbericht kann man durchaus als
ine Art politische Zwischenbilanz auffassen. Ohne Frau
irthler einen Erfolg absprechen zu wollen: Das Wort
Zwischenbilanz“ hört sie selbst vermutlich gar nicht
erne. Denn meistens vermitteln Zwischenbilanzen das
efühl, ein guter Teil der Arbeit sei schon getan. Doch
ie selbst kann wahrscheinlich am besten erkennen, wel-
he Arbeit noch vor ihr liegt.
Meinen Dank für die bisherige Arbeit möchte ich ihr

ersönlich, ebenso aber allen Mitarbeitern aussprechen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


ch denke, es ist gerechtfertigt, in diesem Zusammen-
ang von einer wirklich mühseligen Arbeit zu sprechen,
ie sie leistet und noch zu leisten hat. Denn auch was die
ekonstruktion der sprichwörtlichen Informations-
chnipsel betrifft, liegt die Arbeit noch vor ihr. Das ha-
en wir heute schon mehrmals gehört.






(A) )



(B) )


Dorothee Mantel

Eine politische Zwischenbilanz kann gut gezogen

werden. Die Leitfrage meiner Generation ist: Wie gehen
wir mit unserer jüngsten Vergangenheit um?

Die Konstruktion der ehemaligen Gauck-Behörde
und heutigen Birthler-Behörde hat sich zu einem deut-
schen Exportschlager entwickelt. Nicht nur die morali-
sche Pflicht, in die Deutschland sich begeben hat, ist in-
ternational vorbildlich; auch die organisatorische
Konstruktion der Behörde ist beispielhaft. Die Arbeit
findet international Anerkennung.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Das stimmt!)

– Ihr Lob, Herr Wiefelspütz, tut gut.


(Beifall des Abg. Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD])


Auf eine organisatorische Entwicklung möchte ich in
diesem Zusammenhang näher eingehen: die Zukunft
der Außenstellen.

Die Struktur der Behörde und damit die Zahl der Au-
ßenstellen ist, wie Sie wissen, in der historischen Struk-
tur des Aufbaus des Ministeriums für Staatssicherheit
begründet. Die Außenstellen machen heute die Arbeit
der Behörde sichtbar und auch erlebbar. Sie sind sozusa-
gen der Kontakt und die Öffnung zur Bevölkerung. Wie
dem Bericht der Arbeitsgruppe „Zukunft der Außenstel-
len“ zu entnehmen ist, wurden die Vorschläge für eine
künftige Struktur sehr sorgsam vorbereitet. Man kann
durchaus sagen, dass an die Vorbereitung dieser Ent-
scheidung mustergültig herangegangen wurde.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Auch die Rolle von Frau Birthler, die mit sehr viel Sensi-
bilität vorgeht, möchte ich hier nochmals lobend hervor-
heben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Für einen speziellen Bereich der Arbeit sind die Au-
ßenstellen von großer Bedeutung, nämlich für die politi-
sche Bildung. Mir ist an der Arbeit der Birthler-Behörde
sehr wichtig, dass die politische Bildung zum Anspruch
und zum Selbstverständnis gehört. Es zeigt sich, dass die
Anstrengungen in diesem Bereich schon Früchte tragen.
Erfreulich ist auch die Tatsache, dass zwei Drittel der
Besucher des Dokumentationszentrums in Rostock Ju-
gendliche waren. Auf die politische Bildung gerade für
Jugendliche und die Kooperation mit Schulen muss auch
künftig großer Wert gelegt werden;


(Zuruf von der SPD: Sehr richtig!)

denn auch das Wissen um die jüngste deutsche Ge-
schichte gehört zur staatsbürgerlichen Bildung.

Meine Damen und Herren, wichtig ist mir, dass die
Bundesbeauftragte, Frau Birthler, erkennt, welche wich-
tige Stellung ihre Behörde in der politischen Bildung
schon mittelfristig einnehmen kann und auch einnehmen
muss. Die Birthler-Behörde kann einen wichtigen Be-
reich der politischen Bildung ausfüllen. Der Kontakt mit

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(C (D chulen und Angebote für Jugendliche müssen künftig och verstärkt werden; denn es zeigt sich, dass diese Anebote angenommen werden. Meine Leitfrage nach dem Umgang mit unserer Ver angenheit ist in Bezug auf die politische Bildung demach positiv zu bewerten. Aufarbeitung muss gerade uch für die Generationen stattfinden, die keine eigenen rinnerungen an diese Vergangenheit haben. Dieses Beusstsein ist vorhanden. Die Inanspruchnahme der Behörde durch Bürger aus st und West zeigt, dass die Aufarbeitung der Verganenheit keine spezifisch ostdeutsche Angelegenheit ist. ie Aufarbeitung betrifft ganz Deutschland. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


aher sollte es in ganz Deutschland Vorbilder geben, die
ich überprüfen lassen.
Ich möchte damit nochmals auf unsere Rolle als Ab-

eordnete zu sprechen kommen. Vielleicht hat es eine
ndere Wirkung, wenn eine der jüngsten Abgeordneten
azu etwas sagt. Vielleicht muss die Forderung, sich
reiwillig überprüfen zu lassen, gerade von den jungen
bgeordneten ausgehen und vielleicht müssen es auch
erade die jungen Abgeordneten sein, die den Finger auf
iese Wunde legen. Ich selbst habe auch einen Antrag
uf eine Überprüfung gestellt. Diesem Antrag wurde
icht entsprochen, da ich zum Zeitpunkt der Auflösung
es Staatssicherheitsdienstes noch nicht volljährig war.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das hätte ich Ihnen auch vorher sagen können!)


Es heißt aber auch, dass man sich über die Eltern über-
rüfen lassen kann, da die Kinder in den Unterlagen über
ie Eltern aufgeführt sind, Herr Kollege.
Damit möchte ich sagen, dass ich einen Antrag auf
berprüfung gestellt habe, obwohl die Umstände offen-
ichtlich waren. Das Zögern mancher Kollegen, sich
berprüfen zu lassen, ist aus meiner Sicht unverständ-
ich.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Eines vielleicht noch als Antwort auf Ihre Zwischen-

rage, die Sie vorhin gestellt haben, Herr Kollege
iefelspütz: Manchmal müssen Leute – das gilt auch für
bgeordnete – zu ihrem Glück gezwungen werden.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Daran merkt man, dass Sie noch sehr jung sind! – Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Wie meinen Sie das, Frau Mantel?)


Herr Wiefelspütz, wir setzen uns einmal nach der De-
atte zu zweit zusammen und dann erkläre ich Ihnen,
as ich damit gemeint habe.


(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Sehr gern, Frau Mantel! Wann und wo?)







(A) )



(B) )


Dorothee Mantel

Gerade die jungen Menschen in Deutschland, die

selbst wenig oder nichts vom Ende der DDR bewusst
miterlebt haben, sollten die Politik und auch uns Politi-
ker als Vorbild wahrnehmen. Sie sollten wahrnehmen,
dass der Umgang mit der Vergangenheit nie ein theoreti-
scher bleiben darf, sondern immer auch ein persönlicher
sein muss. Wie gehen wir mit unserer Vergangenheit
um? – Meiner Einschätzung nach sehr verantwortungs-
bewusst. Die heute wieder hoch gelobte „Koalition der
Vernunft“ muss deshalb dafür sorgen, dass wir auch
künftig die politischen Rahmenbedingungen dafür erhal-
ten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507521800

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf

Drucksache 15/1530 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 12 sowie Zusatzpunkt 5
auf:

12 Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Peter

(Bremen)

der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Hans-
Joachim Otto (Frankfurt), Dr. Wolfgang Gerhardt
und der Fraktion der FDP
Errichtung einer Stiftung „Staatsoper Unter
den Linden“
– Drucksache 15/1790 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Haushaltsausschuss

ZP 5 Beratung des Antrags der Abgeordneten Günter
Nooke, Bernd Neumann (Bremen), Renate
Blank, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Hans-
Joachim Otto (Frankfurt), Dr. Wolfgang Gerhardt
und der Fraktion der FDP
Staatsvertrag für die Hauptstadtkultur
– Drucksache 15/1973 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Ausschuss für Tourismus
Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
Dr. Peter Gauweiler, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)


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(C (D Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und erren! Natürlich muss man sich bei Ihnen allen und uch bei unseren Zuschauern herzlich bedanken, zu dieer Stunde überhaupt noch sprechen zu dürfen. Eigentich sollten wir besser woanders sein, am besten in der per. (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Dr. Antje Vollmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und des Abg. HansJoachim Otto [Frankfurt] [FDP])

Dr. Peter Gauweiler (CSU):
Rede ID: ID1507521900

Warum? Vor 24 Stunden waren einige von uns Zeuge
iner eindrucksvollen Veranstaltung im Kanzleramt, bei
er es um die schönen Künste ging.


(Zuruf von der SPD: Die war sehr gut!)

Sie war in der Tat sehr gut. – Ich bedanke mich für die
inladung. Da das gesprochene Wort gilt, bekenne ich,
ass ein Satz von Ihnen bei mir besonders haften geblie-
en ist, Frau Ministerin Weiss. Sie sagten nämlich – da-
um geht es heute –, Kultur mache glücklich.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Wollen wir es mal hoffen!)


iemand weiß so gut wie diejenigen, die sich mit den
chönen Künsten gern beschäftigen und sie auch genie-
en, dass es ein ganz besonderes Unglück ist, wenn Kul-
ureinrichtungen kaputtgehen oder unnötig zugrunde ge-
ichtet werden.
Wir haben gerade eine interessante Debatte über Hin-

erlassenschaften der ehemaligen DDR gehört. Zu ei-
em weiteren, nicht immer rühmlichen Kapitel gehört
ie Frage des Umgangs mit Kulturgütern – Museen, Or-
hestern, örtlichen Theatern – in den Ländern der ehe-
aligen DDR. Jeder weiß, wie viel Frust und Ärger hier
ntstanden ist. So reden wir nun über eine Staatsoper, die
ber viele Generationen hinweg als das bedeutendste
pernhaus von ganz Deutschland galt und die in unseren
agen einer der wichtigsten Kulturorte des wiederverei-
igten, europäischen Deutschlands ist: die Staatsoper
nter den Linden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Über dieses Thema wird heute nicht nur im Deut-
chen Bundestag, sondern wurde heute auch im Berliner
bgeordnetenhaus diskutiert. Sie wissen, dass der Kul-
ursenator von Berlin, Herr Flierl, ein ganz bestimmtes
onzept ausgearbeitet hat, das offensichtlich mit der
undesregierung abgestimmt ist. Über dieses Konzept
at heute im Berliner Abgeordnetenhaus kein Vertreter
er CDU oder der FDP, sondern eine Vertreterin der
rünen wie folgt geurteilt. Mir liegt hier eine Meldung
es „Deutschen Depeschen Dienstes“ von vor wenigen
tunden vor, in der es heißt:

Grünen-Kulturexpertin Alice Ströver kritisierte im
Berliner Abgeordnetenhaus heute das Senatskon-
zept als Etikettenschwindel.

(Beifall des Abg. Hans-Joachim Otto [Frank furt] [FDP])







(A) )



(B) )


Dr. Peter Gauweiler

Die Behauptung der Koalition, wonach Berlin auf
Dauer drei Opern finanzieren könne, sei Augenwi-
scherei.

(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Wo sie Recht hat, hat sie Recht!)

Damit bestätigt diese Politikerin, was vor wenigen

Tagen in einem Interview des „Tagesspiegels“ mit Herrn
Holender, dem langjährigen Direktor der Wiener Staats-
oper, zu lesen war. Herr Holender wurde als aktueller
Berater der Berliner Kulturszene gefragt, was hinter den
merkwürdigen Plänen des Senators stecke. Er antwor-
tete, dahinter stecke „ein milder Weg zur Vereinigung“.
Damit ist gemeint, man wolle sich heute nicht bekennen
und nicht offen zugeben, dass man in Berlin keine drei
Opernhäuser halten könne.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie werden
sich wundern, warum sich hier ein Vertreter aus Mün-
chen des Anliegens der Erhaltung der Berliner Opern-
landschaft annimmt. Ich glaube, dass diejenigen Recht
haben, die sagen, es sei allem Föderalismus zum Trotze
eine gesamtstaatliche Aufgabe


(Dr. Antje Vollmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha!)


– ich habe dies immer getan und kann dafür auch Belege
nennen –, dass wir alle für Berlin als Kulturhauptstadt
des wiedervereinigten Deutschlands einen Beitrag leis-
ten müssen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Antje Vollmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist Bayern denn bereit, dafür etwas zu opfern?)


Es gibt einen prominenten Bayern, August Everding,
der vor zehn Jahren in seiner Rede anlässlich der Protest-
veranstaltung des Deutschen Bühnenvereins in Berlin
zur Schließung des Schiller-Theaters, das zu Ihrer
Freude die andere politische Seite zu verantworten hatte,
Folgendes erklärt hat:

Hier soll ein Zeichen gesetzt werden – ein falsches.
Hier soll gespart werden – so nicht. Das hat Schiller
nicht verdient. Und Berlin auch nicht.

Er schließt:
Natürlich weiß ich um die Finanznöte in unserem
wiedervereinigten Land. Erst recht um die Notwen-
digkeit des Sparens, auch in der Kultur, auch im
Theater. Ich weiß aber auch, wie wichtig gerade in
diesen Zeiten fehlender Orientierung, materieller
Not und mangelnder Perspektiven die Kultur ist: ja,
auch als Lebenshilfe.

Ich halte es für ein Armutszeugnis, dass wir in unse-
rem wiedervereinigten Land, in dem Geld in so vielen
Fällen unnötig rausgeschmissen wird – jede Politikerin
und jeder Politiker in diesem Rund kennt genügend Bei-
spiele –, nicht die Kraft haben sollen, ein Opernhaus die-
ser Qualität zu unterstützen und seine Sache zu der uns-
rigen zu machen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Es waren Sie, Frau Weiss, die geschrieben hat: Wo Theater und Museen geopfert werden, nur weil man nicht bereit ist, den steinigen Weg der Reformen zu gehen … n einer anderen Stelle steht: Schließungen sind immer nur das Ergebnis von kunstfeindlicher Denkfaulheit. enkfaulheit steckt auch hinter Ihrer Vorgehensweise. an muss sich nur die einzelnen Konzepte ansehen, die m Gespräch sind, um das zu erkennen. Es geht um ein Opernhaus, in dem Sie jeden Ab chnitt der deutschen Geschichte vor Augen geführt beommen können. Der Vorsitzende des Freundeskreises er Staatsoper, der frühere Außenminister Genscher, (Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Das ist ein guter Mann!)


at zu Recht erklärt: Hätte sich die Staatsoper während
er Teilung Deutschlands in Westberlin befunden,


(Günter Nooke [CDU/CSU]: Genau!)

äbe es keine Debatte darüber, dass der Bund über die
tiftung Preußischer Kulturbesitz seine Verantwortung
ür dieses Haus wahrnimmt.
Es ist nicht zu verstehen, warum Italien, Österreich

der Frankreich – –

(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist südlich des Weißwurstäquators!)

Wenn Sie bei diesem Thema nur Gedanken an Weiß-
ürste im Hinterkopf haben, dann müssen Sie nicht mir
in schlechtes Zeugnis ausstellen, sondern sich selbst.
erzliches Beileid, Herr Kollege! Jeder blamiert sich, so
ut er kann.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Es ist nicht einzusehen, warum sich andere Länder,

ie eine viel schlechtere Finanzausstattung haben, eine
igene Staatsoper leisten können, die Wirtschaftsmacht
undesrepublik Deutschland in ihrer Mitte aber nicht.
Sie haben die Länder angesprochen. Ein Stadtstaat

ann selbstverständlich keine drei Opernhäuser unterhal-
en. Ich frage Sie: Warum ist eigentlich keine Regelung
insichtlich der Staatsoper Unter den Linden in den Wie-
ervereinigungsvertrag aufgenommen worden? Zum ei-
en sollte damals die Hauptstadtfrage nicht angetastet
erden. Das war damals Konsens zwischen allen Seiten
ieses Hauses; das wissen Sie ganz genau. Zum anderen
urde die Frage nach dieser Oper als ganz kleines Detail
m riesengroßen Werk, das damals bewältigt werden
usste, von allen politischen Seiten schlicht und ergrei-
end übersehen.
Auch München oder Hamburg können keine drei
pern unterhalten. Die Alternative lautet deswegen, dass
ntweder die Oper geschlossen werden muss oder dass
ir bereit sind, dieses Anliegen auf unsere Fahnen zu
chreiben.






(A) )



(B) )


Dr. Peter Gauweiler


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Monika Griefahn [SPD]: Sie sind ja sogar gegen eine Bundeskulturstiftung!)


Die Übernahme der Staatsoper durch den Bund wäre ein
Zeichen dafür gewesen, dass wir nicht irgendwelche ju-
ristischen Konstruktionen schaffen und die Kulturpolitik
total verrechtlichen wollen, sondern dass wir sichtbar
machen, dass es uns ernst damit ist.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507522000

Herr Kollege Gauweiler, gestatten Sie eine Zwischen-

frage der Kollegin Vollmer?

Dr. Peter Gauweiler (CSU):
Rede ID: ID1507522100

Wenn das nicht von meiner Zeit abgeht, ja.

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507522200

Ich möchte Ihnen folgende Frage stellen: Warum sa-

gen Sie nicht offen, dass die Übernahme der Staatsoper
durch den Bund im Gegenzug bedeuten würde, die
Deutsche Oper in Westberlin zu schließen?


(Günter Nooke [CDU/CSU]: Was denn? – Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Das ist doch Unsinn!)



Dr. Peter Gauweiler (CSU):
Rede ID: ID1507522300

Ich sage offen, dass genau das nicht das Ergebnis

wäre. Das Gegenteil ist richtig. Sie versuchen mit dieser
Konzeption – übrigens im Widerspruch zu Ihren Partei-
freunden im Berliner Abgeordnetenhaus – zu verdecken,
dass das Konzept des rot-roten Senats in Berlin darauf
hinausläuft, eine große Opernfusion durchzuführen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Sie brauchen sich ja nur diesen GmbH-Salat anzu-
schauen, den Herr Flierl angerichtet hat. Es ist immer
verhängnisvoll, wenn Staatssozialisten einen auf markt-
wirtschaftlich machen.


(Eckhardt Barthel [Berlin] [SPD]: Oh Gott! – Monika Griefahn [SPD]: Das ist aber eine alte Kampflinie!)


– Das ist nicht die alte Kampflinie.

(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Es ist schon in Ordnung, ein wenig Ideologie hineinzumischen!)


Es wurde heute erklärt, dass das Berliner Konglome-
rat ab dem 1. Januar 2004 seine Tätigkeit aufnehmen
könnte. Ich biete allen Anwesenden eine hohe Wette um
eine Einladung in die Staatsoper und danach zum
Abendessen an


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Oh ja, mit Weißwurst! – Gegenruf der Abg. Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weißwurst isst man am Abend nicht!)


– Herr Kollege, Sie bekommen eine Weißwurst von mir
persönlich überreicht –, dass bis zum 1. Januar 2004
keine einzige der GmbHs, die dann ihre Tätigkeit auf-

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(C (D ehmen sollen, gegründet sein wird. Es geht hierbei um ine Ballett-GmbH, eine Service-GmbH und weitere mbHs mit riesigen Führungsapparaten, in denen jede enge Politiker und Senatoren vertreten sein sollen, ber kein einziger Musikdirektor, was übrigens kenneichnend für das Weltbild ist, das hinter diesen Apparaen steckt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte och etwas sagen. In der gestrigen Fragestunde ist zuage getreten, dass Frau Weiss in den nächsten Wochen der gar Tagen (Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: „Tagen“ hat sie gesagt!)


ine Verwaltungsvereinbarung mit dem Berliner Senat
nterzeichnen will. Ich möchte Sie hier in aller Form bit-
en, davon Abstand zu nehmen.


(Beifall des Abg. Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP])


ie Verwaltung kann eine Verwaltungsvereinbarung nur
ann unterzeichnen, wenn sie dazu befugt ist. Wird
urch eine Verwaltungsvereinbarung eine grundsätzliche
orfestlegung über die Verwendung von Haushaltsmit-
eln getroffen, so steht dies grundsätzlich unter dem
aushaltsvorbehalt. Wir befinden uns mitten in den
aushaltsberatungen des Deutschen Bundestages. Die
aushaltsgesetze werden frühestens Anfang Dezember
erabschiedet sein.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Am 28. November!)


s ist absolut unzulässig, dass die Verwaltung in den
ächsten Tagen, mitten während der Haushaltsberatun-
en, im Wege der Vorfestlegung eine Vereinbarung
chließt, durch die die Beratungen des Parlaments letz-
en Endes überflüssig gemacht werden sollen, um hier
ine Art der politischen Vorwegbindung zu erreichen.
Ist es wirklich wahr – das müssen Sie ja besser wissen

ls wir –, dass diese Verwaltungsvereinbarung nicht ein-
al einen Parlamentsvorbehalt enthält? Wenn das so
st: Finden Sie als Parlamentarier, die Sie das Befürwor-
en und das Ablehnen unseres Antrags, also das Für und
ider, abwägen – wobei die Reihen bei Ihnen, wie Sie

elbst wissen, nicht so dicht sind, wie Sie immer behaup-
en –, das wirklich richtig?
Frau Weiss, Sie sprechen jetzt gleich zu uns. Ich bitte

ie, die Gelegenheit zu nutzen, uns erstens zu erklären,
b in den vorliegenden Entwurf ein Parlamentsvorbehalt
ingefügt wurde und uns zweitens zu versichern, dass
ie die Bundesrepublik Deutschland ohne eine abschlie-
ende Behandlung in diesem Hause nicht in entspre-
hender Weise festlegen werden.


(Beifall des Abg. Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP])


lles andere wäre nicht nur politisch schädlich, sondern
uch rechtswidrig. Das sollten Sie nicht tun.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) )



(B) )



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507522400

Das Wort hat die Staatsministerin Dr. Christina Weiss.
Dr
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1507522500

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als ich

das erste Mal von diesem Antrag hörte, über den wir
heute befinden, glaubte ich, irgendjemand hätte die Zeit
zurückgedreht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Debatte über die Staatsoper und die herausragenden
Kultureinrichtungen der DDR gehört doch ins letzte
Jahrhundert, in eine Zeit, die mehr als zehn Jahre zu-
rückliegt. Der damalige Bundeskanzler Kohl hatte die
Frage übrigens längst beantwortet: Er konnte sich weder
für die Berliner Kultur noch für eine Bundesoper erwär-
men. Über die 28 Millionen DM, die er für die Berliner
Kultur zu erübrigen gedachte, wollen wir vornehm
schweigen; denn inzwischen finanzieren wir die Berliner
Kultur mit jährlich 407 Millionen Euro.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Viele Reförmchen und viele gescheiterte Reformen
später sind wir nunmehr dabei, der Berliner Opernland-
schaft endlich zu einem tragfähigen Fundament zu ver-
helfen. Bitte rufen Sie sich in Erinnerung: Als wir im
letzten Jahr diese Debatte begonnen haben, war die
Bedrohung der Deutschen Oper in der Tat groß. Es
war meine Aufgabe als Staatsministerin für Kultur, die
Hauptstadt unseres Landes vor einer solchen Peinlich-
keit zu bewahren.

Man hat ein wenig den Eindruck, dass Sie die ganze
Diskussion dieses Jahres verpasst haben und dass Sie
sich nun vor den Karren von Einzelinteressen spannen
lassen,


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


um im letzten Moment durcheinander zu bringen, was
längst auf einem guten Wege ist.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: So sehr gut ist der Weg wohl nicht! Keiner will ihn haben, kein Intendant, niemand!)


Uns geht es um Hilfe zur Selbsthilfe. Ich will es noch
einmal sagen: Der Bund beteiligt sich an der Opernre-
form indirekt, indem wir dem Land Berlin durch die
Übernahme der Akademie der Künste, der Stiftung Ki-
nemathek und des Hamburger Bahnhofs den Spielraum
zur Reform geben.


(Günter Nooke [CDU/CSU]: Wenn wir die Oper übernehmen, wäre der Spielraum noch größer!)


Mit dem Geld, das im Berliner Kulturhaushalt verbleibt,
geben wir die Chance zu einer Reform.

Ich will gerne wiederholen, was gegen die Über-
nahme der Staatsoper spricht. Die drei Opernhäuser

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(C (D rauchen wie jede Kulturinstitution dringend eine trukturreform. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


er Kauf eines nicht reformierten Opernhauses würde
ie Probleme nur verschieben. Die Frage, was mit der
eutschen Oper und der Komischen Oper passiert,
ürde damit nicht beantwortet und die Bundesregierung
üsste als Erstes eine Theaterreform angehen.
Wichtiger – von der Opposition vielleicht absichtsvoll

erschwiegen – ist die Frage nach den Kosten. Derzeit
eteiligt sich der Bund mit 22 Millionen Euro zusätzlich
n der Berliner Kultur.


(Beifall der Abg. Monika Griefahn [SPD])

um Vergleich: Die Staatsoper benötigt jährlich 45 Mil-
ionen Euro. Hinzu kommen Sanierungskosten.


(Günter Nooke [CDU/CSU]: Frau Weiss, Sie müssen noch auf die Frage von Herrn Gauweiler antworten!)


Die Opposition verlangt, in diesen schwierigen Zeiten
in Mehrfaches auszugeben. Dass das nicht möglich ist,
st nicht nur für diejenigen leicht zu erkennen, die sich mit
em Haushalt befassen. Der Vorschlag der Union, für die
taatsoper eine andere Institution zu opfern, ist fahrlässig
nd unausgegoren. Stellen Sie sich das bitte einmal vor!
as würde bedeuten, dass wir die Berlinale abschaffen
nd den Etat des Jüdischen Museums kürzen würden.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Ach was! Frau Weiss, das ist völlig unseriös! Das ist wirklich Quatsch! – Gegenruf der Abg. Dr. Antje Vollmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist die nackte Wahrheit!)


5 Millionen Euro aus unserer Kulturförderung für Ber-
in herauszuschneiden ist nur durch Opferung mehrerer
nstitutionen denkbar.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich darf noch etwas zu dem Thema sagen: „Eine Kul-
urnation leistet sich eine Oper.“ Deutschland als Kul-
urnation leistet sich etwa 80 Opern.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


s gibt in Deutschland nicht nur eine Staatsoper, sondern
s gibt auch welche in Hamburg, Hannover und Mün-
hen. Die Frage sollte erlaubt sein: Sind diese Häuser
er Staatsoper Unter den Linden nicht mehr als ebenbür-
g? Wird nicht auch hier ein provokantes, häufig gelob-
s Musiktheater geboten? Ich weiß, dass München eine
ehr gute Oper hat. Mich wundert eher, dass Sie von uns
icht fordern, diese Oper zu übernehmen, weil es die
este in Deutschland ist.
Soll der Bund alle Staatsopern sammeln? Darüber

önnen wir vielleicht verhandeln. Aber dann müssen wir
uch über die Kulturhoheit der Länder verhandeln.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Wir haben gerade eine Föderalismuskommission!)







(A) )



(B) )


Staatsministerin Dr. Christina Weiss

– Ich wäre nicht unglücklich, wenn sich die Föderalis-
muskommission vernünftig mit dem Thema der Kultur-
hoheit befassen würde.


(Dr. Peter Gauweiler [CDU/CSU]: Dümmer können Sie sich nicht ausdrücken!)


Der neue Hauptstadtkulturvertrag ist mit der Tinte
des Realismus geschrieben.


(Günter Nooke [CDU/CSU]: Was?)

Wir haben uns für praktikable Lösungen, nicht für das
teuerste aller denkbaren Modelle entschieden.


(Günter Nooke [CDU/CSU]: Jetzt widersprechen Sie sich doch!)


Die drei Berliner Opernhäuser werden unter dem Dach
der Stiftung selbstständige GmbHs. Sie sind künstlerisch
und wirtschaftlich autonom. Sie erhalten Planungssi-
cherheit und können Rücklagen bilden, um sich damit
für die Zukunft abzusichern.

Die Opernstiftung steht am Ende einer leidigen De-
batte. Sie ist das Ergebnis der Vernunft und ein Beispiel
für modernes Theatermanagement. Wir wollen die Berli-
ner Reform auch deshalb transparent und exemplarisch
machen, damit sie als Vorbild für andere Kulturinstitu-
tionen gilt.

Herr Gauweiler, ich habe erlebt, dass Sparen für Kul-
turinstitutionen nur dann möglich ist, wenn sie eine
funktionsfähige Struktur haben. Es ist nicht möglich,
wenn sie als Riesenabteilungen von Behörden betrieben
werden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507522600

Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Gauweiler?
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1507522700

Ja.

Dr. Peter Gauweiler (CSU):
Rede ID: ID1507522800

Frau Ministerin, könnten Sie bitte noch auf die Frage

eingehen, ob in der Verwaltungsvereinbarung mit dem
Land Berlin, die Sie für die nächsten Tage angekündigt
haben, von Ihnen ein Parlamentsvorbehalt vorgesehen ist
oder nicht?


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum lassen Sie sie denn nicht ausreden?)


D
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1507522900


Ich bin Ihnen dankbar, Herr Gauweiler, weil Sie mir
jetzt die Brücke von dem einen Thema zum dem anderen
gebaut haben. Wir haben einen Hauptstadtkulturvertrag
unterschriftsreif vorliegen. Er ist paraphiert und, wenn
Sie so wollen, unterschrieben mit dem Vorbehalt, dass

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(C (D er Senat am nächsten Dienstag zustimmen wird. Dort eichnet sich aber keine Ablehnung ab. Der Hauptstadtkulturvertrag, Herr Gauweiler, muss och ein flexibles Instrument sein, das unser Miteinander nd auch den Vollzug der Opernstiftung regelt. Der Verrag regelt in erster Linie die Übernahme der Institutioen und die Fortsetzung unserer alten Vereinbarungen. r hat aber einen Paragraphen, den § 5, mit dem sich die undesregierung vorbehält, dem Land Berlin weniger eld zu geben, falls Berlin den Entwurf der Stiftung icht umsetzt oder erheblich verändert umsetzen wird. (Günter Nooke [CDU/CSU]: Das ist doch nicht die Antwort!)


ir brauchen keine Zementierung in Form eines Staats-
ertrages; wir brauchen ein flexibles Instrument.


(Dr. Peter Gauweiler [CDU/CSU]: Also machen Sie keinen Parlamentsvorbehalt?)


Wir haben einen Vorbehalt im Vertrag formuliert und
ir haben im Haushaltsausschuss zugesagt, dass wir mit
en Berichterstattern über jede Veränderung bei der
msetzung des Stiftungsentwurfs verhandeln.

Abg. Günter Nooke [CDU/CSU] und Abg.
Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP] melden
sich zu einer Zwischenfrage – Monika
Griefahn [SPD]: Wir machen keine Podiums-
diskussion! – Gegenruf des Abg. Günter
Nooke [CDU/CSU]: Wir führen eine kulturelle
Debatte!)

Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen gesagt,
ass wir keine zementierte Form brauchen. Es gibt in
olchen Fällen nie Staatsverträge. Es gibt Vertragsab-
chlüsse, die flexibel genug sind, um reagieren zu kön-
en, wenn sich die Situation ändert.
Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507523000

Das Wort hat der Kollege Hans-Joachim Otto, FDP-

raktion.

(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Frau Präsidentin, ich hatte mich eben gemeldet, um eine Frage zu stellen! Ich möchte diese Frage stellen, bevor ich rede!)


Herr Kollege Otto, ich habe die Zwischenfrage deshalb
icht zugelassen, weil die Redezeit weit überschritten
ar und Sie der nächste Redner sind. Ich bitte Sie, jetzt
ns Rednerpult zu kommen und Ihre Rede zu halten.


(Günter Nooke [CDU/CSU]: Das gilt für mich nicht! Ich bin nicht Redner!)


Dasselbe gilt für Herrn Nooke. Die Redezeit der Frau
inisterin war überschritten.


(Günter Nooke [CDU/CSU]: Aber sie hat geredet! Dann darf ich auch fragen, wenn sie mich beschimpft!)







(A) )



(B) )



Hans-Joachim Otto (FDP):
Rede ID: ID1507523100

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr ge-

ehrte Frau Staatsministerin Weiss, ich will Ihre letzten
Worte aufgreifen. Wir brauchen keine zementierte Rege-
lung, wir brauchen eine flexible Regelung. Die Frage,
die ich Ihnen gerne stellen wollte und leider nicht stellen
durfte, lautet: Wenn Sie denn wirklich eine flexible Re-
gelung wollen, weshalb machen Sie überhaupt eine Ver-
waltungsvereinbarung? Weshalb machen Sie vor allem
eine Verwaltungsvereinbarung, die gar nicht mehr künd-
bar ist und die laut § 8 dieses Vertrages die Beziehungen
zwischen dem Bund und dem Land Berlin abschließend
regelt?

Ich will es Ihnen in aller Klarheit sagen: Wir wollen
eine flexible Regelung. Wenn Sie aber jetzt eine Verwal-
tungsvereinbarung vorsehen, die nicht mehr kündbar ist
und durch die viele Hundert Millionen Euro pro Jahr
zwischen dem Bund und dem Land Berlin hin- und her-
geschoben werden, dann bedeutet das eine klare Brüs-
kierung dieses Parlamentes.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Das will ich Ihnen sagen, damit Sie wissen, woran Sie
sind. Sie werden von uns Widerstand und harte Kritik er-
fahren, wenn Sie diesen Vertrag abschließen, weil Sie
dem Parlament seine Rechte nehmen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der SPD, Sie
sind auch Bundestagsabgeordnete. Wie darf ich es ver-
stehen, dass eine zentrale Frage der Hauptstadtkultur un-
ter Ausschluss der Beteiligung des Bundestages geregelt
wird? Das ist nicht akzeptabel; das ist nicht gut.


(Beifall bei der FDP und der CDU/ CSU – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Was denken Sie denn? Wenn wir das bei allen 250 Milliarden Euro im Haushalt machen würden!)


– Lieber Herr Schmidt, Sie sollten einmal darüber nach-
denken, ob es in Ordnung ist, dass ein Bundestagsabge-
ordneter sich selbst die Möglichkeit der Regelung
nimmt.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Übertreiben Sie doch nicht! Völliger Unsinn!)


Wenn dieser Antrag heute abgelehnt wird, bedeutet das
eine Brüskierung des Parlaments.

Die Kürze der Redezeit erlaubt mir nur noch, kurz
und stichwortartig darauf einzugehen, warum wir für die
von uns vorgeschlagene Lösung einer eigenständigen
Stiftung sind. Viele Argumente sind bereits genannt
worden. Ich möchte noch kurz zwei Gründe hinzufügen:

Erstens. Dass dem Stiftungsrat der Stiftung, die Sie
neu einrichten wollen, nicht etwa nur der Kultursenator,
sondern auch der Finanzsenator angehören soll, wirft ein
Schlaglicht auf die Sache. Nachtigall, ick hör dir trap-
sen! Was passieren wird, wenn der Finanzsenator in den
Stiftungsrat aufgenommen und das gesamte Stiftungsge-
setz unter Haushaltsvorbehalt gestellt wird, wissen wir
bereits. Das wäre ein schwerer Eingriff in die Unabhän-

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(C (D igkeit der Bühnen und würde zu finanziellen Opfern ühren. Zweitens. Wir alle haben einen Brief des Vereins der reunde und Förderer der Deutschen Staatsoper Berlin ekommen, in dem sie sich für eine Bundeslösung ausesprochen haben und den alle Beteiligten unterschrieen haben. (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist doch egoistisch! – Dr. Antje Vollmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Beteiligten sprechen sich für sich selbst aus!)


ie Beteiligten sprechen sich also für die Bundeslösung
us. Nennen Sie mir doch einmal jemanden, der Ihre Lö-
ung befürwortet! Das ist weder bei der Komischen Oper
och bei der Deutschen Oper und schon gar nicht bei der
taatsoper der Fall.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der SPD, Sie
ahnen immer, auf die Betroffenen und Beteiligten zu
ören. Hier äußern sich die Beteiligten! Sie sprechen
ich für eine andere Lösung aus.


(Monika Griefahn [SPD]: Sagen Sie doch einmal, was wir herausschmeißen! Das würde mich wirklich interessieren!)


Stellen Sie mir eine Zwischenfrage; dann beantworte
ch sie. Denn meine Redezeit ist um.


(Heiterkeit bei der SPD)

Sehen Sie, so gehen Sie vor. Sie schneiden mir in ei-

er Kulturdebatte die Frage ab. Sie erlauben mir keine
rage an die Staatsministerin und Sie erlauben mir nicht,
hnen zu antworten.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Keiner fragt, er antwortet! – Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da müssen Sie doch selber lachen!)


ch bin ziemlich empört darüber, wie Sie vorgehen. Wir
ühren eine Kulturdebatte, aber Sie lassen es drei Minu-
en lang nicht zu, dass ich eine Frage stellen kann, und
ie erlauben mir nicht, auf Ihre Frage zu antworten. Ich
uss Ihnen offen und in aller Klarheit sagen, dass ich
as nicht in Ordnung finde.


(Beifall des Abg. Günter Nooke [CDU/ CSU] – Heiterkeit bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507523200

Herr Kollege Otto, Sie haben bereits vier Minuten ge-

edet und damit praktisch die für eine Frage zur Verfü-
ung stehende Zeit gehabt.


(Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Der Kollege Gauweiler meldet sich seit einer halben Minute zu einer Zwischenfrage!)


Die Redezeit des Kollegen Otto ist bereits seit einer
inute abgelaufen. Ich lasse keine weitere Zwischen-

rage zu.






(A) )



(B) )



Hans-Joachim Otto (FDP):
Rede ID: ID1507523300

Wenn Sie das für überzeugend halten, dann machen

Sie so weiter. Angesichts dessen, was sich hier abspielt,
müssen Sie sich wirklich ein Armutszeugnis ausstellen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Monika Griefahn [SPD]: Stellen Sie das einmal im Ausschuss zur Diskussion! – Claudia Roth [Augsburg] (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So kann man ein Thema auch diskutieren! – Günter Nooke [CDU/CSU]: Ich habe mich vorhin ganz ordentlich während der Redezeit gemeldet! Das läuft hier nicht fair!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507523400

Nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Antje Vollmer,

Bündnis 90/Die Grünen.

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507523500

Passen Sie auf, Herr Nooke! Kritik an der Präsidentin

ist nicht erlaubt. Ich meine damit nicht mich, sondern
Frau Kastner.


(Günter Nooke [CDU/CSU]: Ich habe nur gesagt, das läuft nicht fair! Wer dafür verantwortlich ist, das wissen andere!)


Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Die vorliegenden Anträge scheinen mir ein bisschen der
Parole „Lass verspätet tausend Blumen blühen“ zu fol-
gen. Denn die beiden vorliegenden Anträge kommen zu
spät. Ich muss mich schon wundern. Wenn Ihnen die
Staatsoper Unter den Linden so wichtig gewesen wäre
– mir ist sie sehr wichtig –, dann bräuchte ich Sie nicht
daran zu erinnern, dass bereits seit mehr als fünf Jahren
intensiv darüber diskutiert wird.

Sie geben an dem Tag eine Presseerklärung ab, an
dem die gesamte Rettung der Opernlandschaft im Haus-
halt verankert worden ist.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt kommen sie!)


Jetzt, nachdem alles geregelt ist, bringen Sie Ihren An-
trag in den Bundestag ein. Schon das spricht nicht be-
sonders für Seriosität.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507523600

Frau Kollegin Vollmer, gestatten Sie eine Zwischen-

frage des Kollegen Nooke?

(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Jetzt ist es wohl rechtzeitig!)


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507523700

Aber klar, Herr Kollege Nooke.


(Beifall bei der FDP)


Günter Nooke (CDU):
Rede ID: ID1507523800

Liebe Kollegin Vollmer, stimmen Sie mit mir darin

überein, dass wir zurzeit bei den Haushaltsberatungen

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(C (D ind – und zwar zwischen der ersten und zweiten Beraung des Haushaltes für 2004 –, dass heute im Abgeordetenhaus zu Berlin zum ersten Mal über die Stiftungsösung für die drei Opern, die man unter einem eneralintendanten fusionieren möchte, verhandelt urde und dass erst nächste Woche in Berlin eine Anhöung zu diesem Thema stattfinden wird, dass wir uns lso mitten in dieser Debatte befinden und damit noch echtzeitig kommen, um eine vernünftige Lösung auf en Weg bringen zu können? Stimmen Sie mit mir überein, lieber Herr Nooke, dass ber die Probleme der Berliner Kulturlandschaft schon u der Zeit, als Herr Stölzl noch Kultursenator war, disutiert worden ist, dass Herr Stölzl damals ein Papier orgelegt hat, das dem, was wir verabschiedet haben, auerordentlich nahe gekommen ist, dass er es aber damals icht verstanden hat, dafür eine politische Mehrheit zu rganisieren, dass sich auch die CDU/CSU-Fraktion im erliner Abgeordnetenhaus für unser Modell ausgesprohen hat und dass Sie nun plötzlich – wie Zieten aus dem usch – ein alternatives Modell vorlegen, das auch von hrer Parteivorsitzenden unterstützt wird? Ich wundere ich, wofür Ihre Parteivorsitzende in diesen Tagen Zeit at. (Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und bei der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507523900

as Ganze ist schon sehr komisch. Ich bleibe dabei, dass
ie Ihr Modell erst sehr spät vorgelegt haben.


(Günter Nooke [CDU/CSU]: Unsere Parteivorsitzende interessiert sich im Gegensatz zu Ihrem Parteivorsitzenden nun einmal für Kultur! – Unruhe beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Darf ich jetzt weiterreden?

(Glocke der Präsidentin)


Erstens haben Sie, wie gesagt, Ihr Modell sehr spät
orgelegt. Zweitens scheint es mir das Ergebnis eines
erzweifelten Lobbyismus zu sein. Herr Otto, Sie haben
esagt, die Beteiligten sprächen sich für das in dem ge-
einsamen Antrag von CDU/CSU und FDP vorgeschla-
ene Modell aus. Wenn ich das richtig sehe, hat sich nur
in beteiligtes Haus, in dem der Widerstand besonders
roß ist, dafür ausgesprochen. Das ist normaler Lobbyis-
us, normale Interessenvertretung, stellt aber keines-
egs die breite Front der Betroffenen dar.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – HansJoachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Wer spricht sich denn für Ihr Modell aus? – Günter Nooke [CDU/CSU]: Nicht einmal die Abgeordneten in Berlin!)


Alle Vertreter, die an den langen Gesprächen teilge-
ommen haben, übrigens auch die der Staatsoper Unter
en Linden, die während der Verhandlungen sehr unter-
chiedliche Signale ausgesendet haben. Darauf muss
uch hingewiesen werden.






(A) )



(B) )


Dr. Antje Vollmer

Drittens. Ich finde, dass Sie bei der Formulierung

Ihres Vorschlags außerordentlich reformfaul waren.

(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Da wir alle im Moment über die beste Reform streiten,
frage ich: Wo ist denn Ihr Reformvorschlag? Sie haben
lediglich den Finanzierungsvorschlag gemacht, die
Staatsoper Unter den Linden in die Zuständigkeit des
Bundes zu geben. Aber von Reformen ist in Ihrem An-
trag nichts zu lesen. Ich weiß auch nicht, was es mit ei-
ner Reform zu tun hat, ein Haus in einen sicheren Hafen
zu bringen.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507524000

Frau Kollegin Vollmer, gestatten Sie eine Zwischen-

frage des Kollegen Otto?

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507524100

Ja, gerne.

Hans-Joachim Otto (FDP):
Rede ID: ID1507524200

Ich bin ganz beglückt, dass ich jetzt eine Zwischen-

frage stellen darf. – Verehrte Frau Kollegin Dr. Vollmer,
sind Sie bereit, mir zuzugestehen, dass justament heute
im Berliner Abgeordnetenhaus – dort gehört das auch
hin – der Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Büh-
nen von der FDP-Fraktion vorgelegt worden ist? Wis-
sen Sie davon? Sie haben ja behauptet, dass wir reform-
faul seien.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507524300

Ich muss leider zugeben, dass ich nicht wusste, dass

Sie einen Reformvorschlag gemacht haben. Das finde
ich schön. Er kommt trotzdem sehr spät. Wenn Sie ihn
mir zuschicken, werde ich ihn mir gerne anschauen.


(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Zu dem Vorschlag einer Berliner Oper in Bundeszu-
ständigkeit möchte ich anmerken – das ist ein sehr schö-
nes Beispiel –, dass der Bund bislang nur an der Oper in
Bayreuth beteiligt ist. Ich frage Sie ernsthaft: Möchten
Sie angesichts der Erfahrungen, die wir bei der Beset-
zung des Intendantenpostens in Bayreuth gesammelt ha-
ben, und der Reformfähigkeit der Oper in Bayreuth – ich
liebe dieses Haus genauso sehr wie Sie, Herr
Gauweiler –, dass der Bund auch noch für die Berufung
eines Intendanten an einer Berliner Oper zuständig ist?
Ich glaube, diese Mühe sollten wir uns von ganzem Her-
zen ersparen. Vor diesem Hintergrund finde ich, dass Ihr
Vorschlag ein bisschen lebensfern ist.

Ihre Vorstellung, dass sich der Bund zum Promoter ei-
nes Hauses machen soll, sollte aber auch Anlass geben,
gründlich darüber nachzudenken, ob der Lobbyismus
für ein einzelnes Haus – das kommt auch in anderen Be-
reichen, zum Beispiel in der Theaterszene, immer wieder
vor – unserer heutigen Kulturlandschaft angemessen ist.
Wir brauchen nicht mehr das Recht des Stärkeren oder
– im Kulturbereich – das Recht des Genies, sich auf
Kosten anderer durchzusetzen. Wir brauchen vielmehr

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(C (D uch im Kulturbereich das Engagement aller, um die anze Kulturlandschaft zu erhalten. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Die Frau Staatsministerin hat schon darauf hingewie-
en, dass wir uns in einer ganz besonderen Situation be-
inden. Unser Land leistet sich nicht nur eine Oper, son-
ern 80 Opern. Und das eigentliche Signal für die
ulturlandschaft in Deutschland besteht darin, dass es
ie Hauptstadt schafft, sich unter diesem finanziellen
ruck drei Opern zu leisten, indem sie sie dazu bringt,
emeinsam eine erfolgreiche Reform durchzuführen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Von der Schließung einer Oper – genau das wäre da-
ei herausgekommen, wenn der Bund eine Oper über-
ommen hätte – wäre das Signal ausgegangen: So kön-
en auch andere Städte vorgehen. Genau dieses Signal
ollten wir nicht geben. Wir wollten vielmehr ein Si-
nal der Solidarität geben: Alle sollten gemeinsam äu-
erste Anstrengungen unternehmen, um ihr Haus für die
euen Zeiten fit zu machen.
Im Übrigen ist das für Berlin außerordentlich wichtig.
lle wissen, dass Berlin auf lange Zeit kein Industrie-
tandort mehr sein wird. In den drei Opern gibt es min-
estens 3 000 Arbeitsplätze. Darüber hinaus gibt es im
mfeld dieser Häuser jede Menge Arbeitsplätze im
ienstleistungsbereich. Abgesehen davon muss man
inmal sehen, was es für die Zukunft Berlins bedeutet,
enn man Kultur nicht nur als einen kulturellen, sondern
uch als einen wirtschaftlichen, einen sozialen und übri-
ens auch als einen psychologischen Faktor für diese
tadt versteht.
Ich bin außerordentlich froh, dass wir diese Anstren-

ungen vollbracht haben. Ich bin froh, dass wir diese
erwaltungsvereinbarung in vielen Gesprächen mit den
eteiligten – man weiß, dass das mit Künstlern nie so
esonders einfach ist – zustande gebracht haben. Ich
ann nur alle auffordern, sich diesem Experiment nicht
u verschließen. Ich sage ausdrücklich: Ich bitte auch die
taatsoper, sich an diesem Experiment zu beteiligen. Ich
itte den Kultursenator, sobald wie möglich dafür zu sor-
en, dass die Deutsche Oper endlich einen Intendanten
ekommt, damit sie wieder mitreden kann.
Danke.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507524400

Ich gebe dem Kollegen Gauweiler das Wort zu einer
urzintervention.

Dr. Peter Gauweiler (CSU):
Rede ID: ID1507524500

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Ich bin sowohl Frau
eiss als auch Frau Vollmer eine kurze Entgegnung
chuldig. Frau Vollmer, ich kann zum einen nicht verste-
en, warum Sie hier das Beispiel Bayreuth so ironisie-
en. Im Gegensatz zu Ihnen halte ich sowohl die finanzi-






(A) )



(B) )


Dr. Peter Gauweiler

elle Struktur als auch die Art und Weise der Aufteilung
der Verantwortung, in Bayreuth für sehr gelungen.


(Monika Griefahn [SPD]: Das ist nicht zu 100 Prozent der Bund! Das ist nämlich gedrittelt!)


Ich denke, dass es all diejenigen im Haus, die mit Bun-
deskultur beschäftigt sind, für sinnvoll halten, Bayreuth
als Beispiel zu verstehen und nicht – nach dem Motto
„Koste es, was es wolle“ – die Durchsetzung eines ande-
ren Konzepts, von dem alle Beteiligten nicht überzeugt
sind – dazu haben Sie nichts gesagt –, übers Knie zu bre-
chen.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Natürlich hat sie etwas dazu gesagt!)


Frau Ministerin Weiss, ich stelle fest, dass Sie weder
auf meine Frage noch auf die Fragen aus der Mitte des
Parlaments noch auf die Anmerkung des Kollegen Otto
eingegangen sind. Wir haben Ihnen – jenseits des Für
und Wider dieser Anträge – vorgehalten, eine Verwal-
tungsvereinbarung ohne Parlamentsvorbehalt durch
Ihre Beamten treffen lassen zu wollen.

Ich habe Sie ausdrücklich danach gefragt, ob in dieser
Verantwortungsvereinbarung ein solcher Parlamentsvor-
behalt enthalten ist. Sie haben dazu nur gesagt, dass es ei-
nen Vorbehalt zugunsten des Abgeordnetenhauses von
Berlin bzw. des Berliner Senats gebe, dass es aber, ob-
wohl der Bundestag seine Haushaltsberatungen noch
nicht abgeschlossen hat, in dieser Verwaltungsvereinba-
rung, mit der Haushaltsangelegenheiten der nächsten
Jahre geregelt würden, keinen Parlamentsvorbehalt gebe.

In § 8 der Verwaltungsvereinbarung, die Sie treffen
wollen, heißt es ausdrücklich, dass damit eine abschlie-
ßende Regelung seitens des Bundes getroffen sei. Ich
bitte Sie, in diesem Hause zu erklären, ob Sie bereit sind,
diesen Punkt dieser Vereinbarung zu ändern und dem
Parlament das Recht durch Parlamentsvorbehalt zu be-
lassen. Andernfalls schließen Sie sehenden Auges einen
rechtswidrigen Vertrag.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507524600

Herr Kollege Gauweiler, ich mache Sie darauf auf-

merksam, dass eine Kurzintervention nur gestattet ist,
wenn man auf die vorherige Rednerin oder den vorheri-
gen Redner eingeht. Sie aber haben auf die davor gehal-
tene Rede der Ministerin Bezug genommen. Das ist bei
einer Kurzintervention eigentlich nicht zulässig.

Bitte schön, Frau Kollegin Vollmer.

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1507524700

Herr Kollege Gauweiler, wenn Sie genau zugehört

hätten, dann hätten Sie sowohl den Respekt, den ich in
meiner Rede für die musikalische Leistung des Bay-
reuther Festspielhauses zum Ausdruck gebracht habe,
als auch die nachdenkliche Frage vernehmen können, ob
wir Bundespolitiker uns wirklich zumuten wollen, zum
Beispiel über Fragen wie die nach der Intendanz einer
Oper zu diskutieren. Derartige Fragen sollte man nicht
im Parteiengezänk behandeln.

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(C (D ch meine, dass man an dem Beispiel Bayreuth sieht das kann man durchaus auch mit einer gewissen huzpe für die Person von Wolfgang Wagner sagen –, ass die Politik in der Frage von Intendantenberufung nd Intendantenentlassung nicht besonders erfolgreich st. Nur in dem Zusammenhang habe ich das gesagt. Da ich jetzt auf die Kurzintervention eingehen kann, öchte ich noch etwas zu Ihrem Vorschlag sagen, die taatsoper der Stiftung Preußischer Kulturbesitz zu bertragen. Sie bieten da jemandem ein Geschenk an, er es gar nicht haben will. Wenn Sie Professor ehmann fragen würden, dann würde er sich herzlich edanken. Er versteht etwas von Sammlungen, Archiven nd Museen. Das entspricht der Aufgabe der Stiftung reußischer Kulturbesitz. Er hat aber keine Kenntnisse arüber, wie mit einer Oper verwaltungsmäßig umzugeen ist. Ihr Geschenk ist also sozusagen in die Luft geustet. Der, für den Sie es gedacht haben, will es gar icht haben. Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege ckhardt Barthel, SPD-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe errn Gauweiler, Herrn Nooke und Herrn Otto zugehört nd ich muss sagen: In der Oper habe ich schon schlechere Inszenierungen erlebt als das, was sich hier abgepielt hat. Der schlimmste Vorwurf, den man einer Opposition achen kann, ist eigentlich der, dass sie Entwicklungen erschlafen hat. Diesen Vorwurf muss ich Ihnen machen, owohl betreffend die Opernstrukturreform als auch bereffend den Hauptstadtkulturvertrag. Es ist schon mehrfach gesagt worden: Seit gut einem ahr, wahrscheinlich sogar noch länger, diskutieren wir ber die Opernhäuser. Wir haben das Thema schon im usschuss behandelt. Darüber ist berichtet worden. Ich abe mich gefragt: Was denkt eigentlich die Opposition? zu Ihnen lernfähig!)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507524800

(Beifall bei der SPD)

Eckhardt Barthel (SPD):
Rede ID: ID1507524900

(Beifall bei der SPD)


(Cornelia Pieper [FDP): Die ist im Gegensatz


ch wüsste bis heute nicht, was sie denkt, wenn nicht
lötzlich etwas passiert wäre, wovon ich doch ein biss-
hen überrascht worden bin. Da wird plötzlich wie Kai
us der Kiste eine neue Stiftung nur mit der Staatsoper
ervorgeholt. Die ganze Geschichte wäre eigentlich eine
ustige Inszenierung; ich sage Ihnen jetzt aber einmal
anz ernsthaft: Meine Sorge ist, dass Sie die Staatsoper,
ie so wichtig und so gut ist, durch diese parteipoliti-
chen Spielereien in Misskredit bringen.


(Cornelia Pieper [FDP): Was hat das denn mit

Parteipolitik zu tun?)






(A) )



(B) )


Eckhardt Barthel (Berlin)


– Das habe ich Ihnen gerade gesagt. Nachdem das Ganze
schon in trockenen Tüchern war, sind Sie mit einem
neuen Modell gekommen. Ich will Ihnen das auch noch
einmal belegen.


(Monika Griefahn [SPD): Das habe ich vor

zwei Jahren auch schon probiert!)

Ich fand es bezeichnend, dass der Antrag nicht zuerst
im Parlament vorgestellt wurde, sondern – ich bekam
plötzlich eine Pressemitteilung – in der Staatsoper selbst,
wo ja die Betroffenen sind, die gern alles haben wollen.
Übrigens: Auch die Philharmoniker wollten schon mal
zum Bund. Alle wollen zum Bund. Dafür gibt es gute
Gründe. Da braucht man sich nur die Lage Berlins anzu-
gucken.

Sie haben die Diskussion also nicht hier geführt, son-
dern in der Staatsoper. Dort saß Herr Genscher. Dem
nehme ich das übrigens nicht übel. Er ist Vorsitzender
des Vereins der Freunde und Förderer der Deutschen
Staatsoper Berlin. Er ist Oberlobbyist im positiven Sinne
für das Haus. Außerdem saßen dort die beiden Parteivor-
sitzenden. Herr Otto und auch Herr Gauweiler saßen da-
neben. Ich habe mich gefragt, in welchem Film ich mich
eigentlich befinde. Ich tue Frau Merkel bestimmt nicht
Unrecht, wenn ich sage: Frau Merkel versteht von der
Opernstrukturreform so viel wie ich von der Tiefseefor-
schung.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Was dort dazu gesagt wurde, wie die ganze Geschichte
laufen soll, ist eigentlich nicht lustig, finde ich, sondern
bedenklich für dieses Haus.

Ich will Ihnen den Hauptgrund für meine Bedenken
nennen. Es hängt alles immer mit dem Geld zusammen.
Die Frage war: Wie wollen Sie das bezahlen, wenn es
denn gemacht werden könnte? Die Zahlen sind schon
genannt worden. Frau Weiss hat es in diesen Zeiten ge-
schafft, zur Unterstützung des Landes Berlin für die
Opernreform 22 Millionen Euro – jetzt muss ich aufpas-
sen – zu bekommen. Das ist eine hervorragende Leis-
tung für die Kultur in der Hauptstadt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Jetzt wollen Sie die Staatsoper übernehmen. Dafür
müssten Sie nicht nur 22, sondern 43 Millionen Euro in
die Hand nehmen. Die Journalisten haben die Frage ge-
stellt, wie das bezahlt werden soll. Die Antworten waren
spannend. Frau Merkel sagte: Dann müssen wir uns ein-
mal die anderen Institutionen angucken, die der Bund in
Berlin finanziert. Jeder stellte sich sofort die Frage: Soll
das Jüdische Museum für dieses Modell abgegeben wer-
den? Herr Otto hat das wohl gemerkt und gesagt: Nein,
wir sind mitten in der Haushaltsberatung. Wir müssen
sehen, etwas über den Haushalt zu bekommen. Nun ha-
ben wir im Kulturausschuss schon zwei Haushaltsdebat-
ten geführt, aber bis heute liegt kein Vorschlag der FDP
vor, wie das haushaltsmäßig abgedeckt werden kann.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


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(C (D eswegen meine ich, dass das, was Sie hier machen, uneriös ist. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


lrich Eckhardt, der langjährige Chef der Berliner Fest-
ochen, nannte die ganze Geschichte „Angelas Knall-
onbon“. Ich glaube, damit trifft er es.
Meine Damen und Herren, wir unterscheiden uns in

olgendem: Sie blicken nur auf die Staatsoper – auch ich
öchte sie weiß Gott erhalten und hoffe, sie blüht und
edeiht weiter –, wir aber berücksichtigen mit unserer
onzeption alle drei Opern in unserer Stadt. Da liegt der
nterschied zwischen Ihren beiden Anträgen, die wir
ier vorliegen haben, und unserem Vorschlag.
Auch ich, Herr Gauweiler – da gebe ich Ihnen voll-

ommen Recht –, möchte nicht noch ein Theater schlie-
en; denn ich habe erlebt, wie das Schiller-Theater ge-
chlossen wurde. Ich möchte nicht, dass so etwas wieder
assiert.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ch sehe aber keine Chance, die Theater- und Opern-
truktur im gesamten Land, nicht nur in Berlin, zu erhal-
en, wenn wir nicht mit kräftigen Reformen an die Struk-
uren herangehen. Sonst bricht uns das alles weg. Die
eformen, die in einer tollen strategischen Partnerschaft
wischen der BKM und dem Berliner Senat auf den Weg
ebracht wurden, bieten die Chance – nicht mehr! –, un-
ere Kulturlandschaft im Theaterbereich zu unterhalten.
Eigentlich würde ich Sie jetzt bitten, wenn ich nicht
üsste, dass das vergebene Liebesmühe ist: Unterstützen
ie unsere Vorgehensweise zum Wohle der Kultur in die-
em unseren Lande!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP)

vention! – Gegenruf des Abg. Wilhelm
Schmidt [Salzgitter] [SPD): Sie haben doch
Ihre Redezeit schon verdoppelt!)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507525000

Ich erteile dem Kollegen Otto das Wort zu einer Kurz-

ntervention.

(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD): Das darf


doch nicht wahr sein!)


Hans-Joachim Otto (FDP):
Rede ID: ID1507525100

Lieber Kollege Barthel, Sie haben mir eben vorge-
orfen, dass das, was wir hier beantragen, unseriös sei.


(Eckhardt Barthel [Berlin] [SPD): Jawohl!)

iesen Vorwurf halte ich für massiv, deswegen ergreife
ch hier auch das Wort.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

schlag gemacht, Herr Otto!)






(A) )



(B) )


Hans-Joachim Otto (Frankfurt)


Ich möchte zunächst einmal darauf hinweisen, dass

dies die erste Debatte über die Berliner Opernstruktur-
reform ist; ein Thema, das Sie selbst für wichtig erach-
tet haben. Dabei ist der Bund durchaus zuständig für
Hauptstadtkultur.

Wir von der CDU/CSU und von der FDP haben rea-
giert, als wir gemerkt haben, welchen verheerenden
Gang die Entwicklung nehmen würde, wenn der Vor-
schlag des Berliner Senats Realität würde.


(Beifall des Abg. Günter Nooke [CDU/CSU])

Es ist zwar wahr, dass die Debatte schon jahrelang läuft,
aber den konkreten Vorschlag zu einem Stiftungsgesetz
gibt es erst wenige Monate. Nachdem in der Debatte da-
rüber die Schwierigkeiten deutlich wurden und wir ge-
merkt haben, dass niemand mit dieser Reform glücklich
ist,


(Zurufe von der SPD)

weil die Verantwortlichkeiten verwischt werden und
Verlustausgleiche stattfinden, haben wir die Notwendig-
keit gesehen, im Interesse der Berliner Kultur und aller
drei Opern – das füge ich hinzu – verantwortlich tätig zu
werden.

Ich verwahre mich gegen den Vorwurf der Unseriosi-
tät. Darauf entgegne ich: Wenn Sie diesen Punkt für so
wichtig erachten, dann dürfen Sie uns nicht die Möglich-
keit nehmen, hier im Bundestag darüber zu diskutieren.
Wenn Sie jetzt aber unseren Antrag, der darauf hinaus-
läuft, die Kulturbeziehungen zwischen Berlin und dem
Bund im Wege eines Staatsvertrages, also unter Beteili-
gung des Parlaments, zu regeln, ablehnen und keine
Überweisung zulassen, dann muss ich Ihnen den Vor-
wurf der Unseriosität zurückgeben, denn dann lassen Sie
es nicht zu, dass über diesen wichtigen Punkt hier im
Hause weiter debattiert wird. Das halte ich nicht für se-
riös.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507525200

Herr Kollege Barthel, bitte.


Eckhardt Barthel (SPD):
Rede ID: ID1507525300

Es wird Sie nicht überraschen, dass ich den Vorwurf

der Unseriosität nicht zurücknehme, denn Sie haben die
Kritikpunkte, die ich in der kurzen Redezeit, die mir zur
Verfügung stand, genannt habe, nicht entkräftet. So las-
sen Sie mich noch einmal zu zwei Sachverhalten etwas
sagen:

Das Erste: Der Hauptstadtkulturvertrag – es han-
delt sich hierbei ja schon um den zweiten – steht in der
Kontinuität des ersten. Ich kann mich nicht erinnern,
dass irgendjemand von Ihnen, als wir den ersten Vertrag
geschlossen haben, jemals etwas Kritisches zu Form
oder Inhalt angemerkt hat. Auch während der Laufzeit
dieses Vertrages wurde diesbezüglich nichts gesagt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP)


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(C (D Das Zweite – ich hoffe, ich bekomme das jetzt noch lles zusammen – ist die Aussage: Keiner will das. – Es ibt natürlich Partikularinteressen. Ich habe natürlich erständnis dafür, dass jemand, dem es gut geht, sagt, ass die anderen es doch genauso machen sollen; dann ekommen sie schon etwas vom Kuchen ab. Ich möchte nur einmal eine Gruppe in Berlin nen en, die sich sehr stark mit diesen Fragen beschäftigt at: Sie heißt „Kultur für Berlin“. Der ehemalige Kulursenator von Berlin, Volker Hassemer, leitet sie. Das st eine Gruppe, deren Mitglieder – auch Herr Nooke ist itglied; er hat das Papier gesehen, das sie jetzt gechrieben hat – aus breit gestreuten Bereichen komen. Das sind keine Intendanten. Das sind die Leute, ber die man sagen würde: Das ist die Crème de la rème der Berliner Kulturszene. Die haben sich zu einelnen Punkten durchaus kritisch geäußert. Das finde ch korrekt. Aber zu sagen: „Das will keiner, weil Leute us dem eigenen Haus sich etwas Besseres versprehen“, ist nicht seriös. (Beifall der Abg. Dr. Antje Vollmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Das Dritte: Sie behaupten, es gebe zwischen den In-
titutionen eine Querfinanzierung.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP): Ja!

Das ist sonnenklar!)

ch bitte Sie, sich diesen Vertrag einmal anzuschauen
wenn das übrigens Stiftungsgesetz würde, dann würde
as noch deutlicher –: Dieses ist ausgeschlossen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ie behaupten das, haben aber keinen Beleg dafür.
nsofern – Herr Otto, nehmen Sie es mir nicht übel –
ehme ich meinen Vorwurf nicht zurück.
Meine letzte Bemerkung: Sie haben selbst zugestan-

en, dass wir schon über ein Jahr darüber diskutieren.
arum müssen Sie, wenn Sie das Thema für so wich-

ig halten, mit Ihren Vorschlägen warten, bis wir etwas
inbringen? Warum ergreifen Sie nicht selbst die Initia-
ive?


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP): Das

tun wir ja!)

m Ende des Prozesses kommen Sie mit einem Papier.

(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP): Das ist


die erste Lesung in Berlin)
Wir sprechen seit einem Jahr darüber. Sie hätten selbst
twas in diese Debatte einbringen können. Sie haben es
icht gemacht. Sie müssen immer erst angestoßen wer-
en und dann benutzen Sie das für die Durchsetzung von
artikularinteressen. Deswegen halte ich das für unse-
iös.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







(A) (C)



(B) )


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1507525400

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlage auf

Drucksache 15/1790 zur federführenden Beratung an
den Ausschuss für Kultur und Medien und zur Mitbera-
tung an den Haushaltsausschuss zu überweisen. Gibt es
dazu anderweitige Vorschläge
Dann ist die Überweisung so b

Zusatzpunkt 5: Wir komm
den Antrag der Fraktionen de
auf Drucksache 15/1973 mit d
die Hauptstadtkultur“. Wer sti
Wer stimmt dagegen? – Entha
mit den Stimmen der Koalitio

Die Redner Jörg Tauss, Dr. Martina Krogmann,
Grietje Bettin und Hans-Joachim Otto haben ihre Reden
zu Protokoll gegeben.1)

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 15/1988 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit

ll. Dann ist die Überwei-

t 14 auf:
von den Abgeordneten
Stetten, Marita Sehn,
iteren Abgeordneten ein-
nes Gesetzes zur Ände-

(Kommunale Rechte stärken)

CDU/CSU und der FDP bei einer Enthaltung aus den

Reihen der Koalition abgelehnt.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 13 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Jörg
Tauss, Eckhardt Barthel (Berlin), Monika
Griefahn, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der SPD sowie der Abgeordneten Grietje
Bettin, Volker Beck (Köln), Claudia Roth (Augs-
burg) weiterer Abgeordneter und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Chancengleichheit in der globalen Informa-
tionsgesellschaft sichern – VN-Weltgipfel zum
Erfolg führen
– Drucksache 15/1988 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Auswärtiger Ausschuss
Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung

P
t

w
n
a
i

o

d
9

1)
2)

Berichtig

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1507525500


Niebel (FDP) ist wie folgt zu le
nur auf der Baumschule!

(D – Drucksache 15/513 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Verkehr, Bauund Wohnungswesen Innenausschuss Rechtsausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Tourismus Die Redner Wolfgang Spanier, Veronika Bellmann, eter Hettlich und Marita Sehn haben ihre Reden zu Prookoll gegeben.2)

Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
urfs auf Drucksache 15/513 an die in der Tagesord-
ung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es
nderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann
st die Überweisung so beschlossen.
Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-

rdnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-

estages auf morgen, Freitag, den 14. November 2003,
Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.