Anlage 4
        Anlage 5
        ung
        Der Zuruf des Abg. Dirk
        sen: Der Müller war doch
        ? – Das ist nicht der Fall.
        eschlossen.
        en zur Abstimmung über
        r CDU/CSU und der FDP
        em Titel „Staatsvertrag für
        mmt für diesen Antrag? –
        ltungen? – Der Antrag ist
        n gegen die Stimmen der
        einverstanden? – Das ist der Fa
        sung so beschlossen.
        Ich rufe Tagesordnungspunk
        Erste Beratung des
        Christian Freiherr von
        Manfred Grund und we
        gebrachten Entwurfs ei
        rung des Baugesetzbuc
        bei Windkraftanlagen
        Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 75. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. November 2003 6547
        (A) )
        (B) )
        Gebäude wie den Palast der Republik abreißen zu lassen, cke dringend notwendigen Mittel zu entziehen.
        Deutschen Bundestages die Initiative ergreift, um ein u
        nd Bürgern Berlins die für soziale und kulturelle Zwe-
        Anlage 1
        Liste der entschuldigten Abgeordneten
        * für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver-
        sammlung des Europarates
        Anlage 2
        Erklärung nach § 31 GO
        der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch (frak-
        tionslos) zur Abstimmung über die Beschluss-
        empfehlung: Umsetzung des Bundestagsbe-
        schlusses zur Wiedererrichtung des Berliner
        Stadtschlosses (Zusatztagesordnungspunkt 3 b)
        Ich lehne beide Beschlussempfehlungen ab. Meine
        Ablehnung begründe ich wie folgt: Ich empfinde es als
        makaber, dass ausgerechnet der Kulturausschuss des
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        Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich
        Andres, Gerd SPD 13.11.2003
        Ferner, Elke SPD 13.11.2003
        Goldmann, Hans-Michael FDP 13.11.2003
        Hartnagel, Anke SPD 13.11.2003
        Dr. Hoyer, Werner FDP 13.11.2003
        Irber, Brunhilde SPD 13.11.2003
        Jonas, Klaus Werner SPD 13.11.2003*
        Löning, Markus FDP 13.11.2003
        Nitzsche, Henry CDU/CSU 13.11.2003
        Nolte, Claudia CDU/CSU 13.11.2003
        Pflug, Johannes SPD 13.11.2003
        Roth (Esslingen), Karin SPD 13.11.2003
        Sauer, Thomas SPD 13.11.2003
        Schmidt (Fürth), Christian CDU/CSU 13.11.2003
        Seib, Marion CDU/CSU 13.11.2003
        Dr. Stinner, Rainer FDP 13.11.2003
        Dr. Westerwelle, Guido FDP 13.11.2003
        (C
        (D
        Anlagen zum Stenografischen Bericht
        as jetzt gerade mit kulturellen Zwischennutzungen von
        iner neuen Generation von Künstlern neu entdeckt
        ird.
        Ich empfinde es als unseriös, dass ausgerechnet der
        ulturausschuss des Deutschen Bundestages den Ab-
        chlussbericht der Arbeitsgruppe „Schlossareal“ igno-
        iert.
        Für mich ist es ein Ausdruck von Kulturlosigkeit, mit
        iner Grünanlage der Mahnung entsprechen zu wollen,
        ass hier ein Gebäude mit öffentlicher Nutzung entste-
        en soll.
        Außerdem empfinde ich es als Anmaßung, dass der
        eutsche Bundestag Beschlüsse fasst, die unmittelbar in
        en Haushalt des Landes Berlin eingreifen. Das Land
        erlin hat die extreme Haushaltsnotlage erklären müs-
        en, es klagt vor dem Bundesverfassungsgericht um
        inanzielle Hilfen und bekommt nun vom Bund noch zu-
        ätzliche Ausgaben aufgebürdet.
        Ich lehne die Anträge darüber hinaus ab, weil sie gott-
        os sind.
        Mit dem Abriss des Palastes der Republik wird die
        eschädigung, ja sogar der Einsturz des gegenüberlie-
        enden Berliner Domes riskiert.
        Wir – die PDS im Bundestag – werden zu den Haus-
        altsberatungen einen Änderungsantrag einbringen, der
        ich gegen den Abriss des Palastes der Republik richtet.
        nlage 3
        Erklärung nach § 31 GO
        der Abgeordneten Petra Pau (fraktionslos) zur
        Abstimmung über die Beschlussempfehlung:
        Umsetzung des Bundestagsbeschlusses zur Wie-
        dererrichtung des Berliner Stadtschlosses (Zu-
        satztagesordnungspunkt 3 b)
        Hiermit erkläre ich, dass ich gegen die vorliegende
        eschlussempfehlung und den Bericht des Ausschusses
        ür Kultur und Medien auf Drucksache 15/2002 stimme.
        Erstens aus einem rein formalen Grund: Die Entschei-
        ung über die Zukunft des wohl wichtigsten Platzes der
        epublik soll heute ohne Debatte und damit ohne öffent-
        ichen Austausch der Argumente erfolgen.
        Zweitens stimme ich aus haushaltspolitischer Verant-
        ortung dagegen. Mit diesem Beschluss soll ein nicht
        nerheblicher Teil des Haushaltes von Bundesminister
        tolpe für ein stadtpolitisch und kulturpolitisch unsinni-
        es Vorhaben festgelegt werden. Darüber hinaus greifen
        ie Befürworter dieser Beschlussempfehlung unzulässig
        n die Haushaltshoheit des Berliner Landesparlamentes
        in. Denn mindestens 7 Millionen Euro müsste das Land
        erlin für das Abrissunternehmen „Palast der Republik“
        eisteuern. Ich stimme also dagegen, den Bürgerinnen
        6548 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 75. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. November 2003
        (A) )
        (B) )
        Drittens stimme ich aus inhaltlichen Gründen gegen
        die Beschlussempfehlung: Der Bundestag hat vor Jah-
        resfrist alternativ zwischen Schloss und Palast entschie-
        den. Eine klare Mehrheit entschied sich für einen Neu-
        bau in der Kubatur des Schlosses. Beschluss ist
        Beschluss und Text ist Text. Alles darüber hinaus ist va-
        riabel und offen. Deshalb wäre der rasante Abriss des
        Palastes der Republik ein fataler Fehler – nach vorn und
        nach hinten geschaut.
        Im Beschluss des Bundestages wurden drei Seiten des
        Neubaus beschrieben: die West-, die Nord- und die Süd-
        seite. Das ist nachvollziehbar. Und das gilt. Die Ostseite
        indes blieb offen. Der Beschluss des Bundestages
        schließt daher nicht aus, Teile des Palastes zu erhalten.
        Diese Option sollte nicht ohne Not verworfen werden.
        Sie eröffnet auch architektonische Spielräume, die Stadt
        kritisch zu einen.
        Ich stimme gegen die Beschlussempfehlung, weil mit
        dieser die wichtigste Frage nicht beantwortet wird: Wird
        der Schlossplatz ein öffentliches Areal und gelingt es ge-
        rade hier, Ost und West, alte und neue Geschichte zu-
        sammenzuführen?
        Anlage 4
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung des Antrags: Chancengleichheit
        in der globalen Informationsgesellschaft si-
        chern – VN-Weltgipfel zum Erfolg führen (Ta-
        gesordnungspunkt 13)
        Jörg Tauss (SPD): Die wachsende Bedeutung der
        Möglichkeiten elektronischer Information und Kommu-
        nikation in allen gesellschaftlichen Bereichen wird leider
        immer noch allzu oft – in diese Kritik schließe ich uns
        alle ein – allein auf die OECD-Welt der entwickelten
        Länder bezogen. Dieser Wandel zur Informationsgesell-
        schaft hat aber längst nicht nur große Auswirkungen auf
        die Schwellen- und Entwicklungsländer und stellt diese
        vor enorme Herausforderungen. Darüber hinaus be-
        stimmt dieser Wandel auch die zukünftigen Erfolgschan-
        cen sowohl der Wirtschaft wie der Menschen in diesen
        Ländern.
        Allein dies wäre Grund genug, den nun bevorstehen-
        den Weltgipfel der Vereinten Nationen zur globalen In-
        formationsgesellschaft zu begrüßen. Dieser einzige
        Weltgipfel in diesem Jahr bietet einen angemessenen
        Rahmen für eine umfassende, die OECD-Perspektive
        übergreifende Debatte zu den neuen Herausforderungen
        der Informationsgesellschaft. Die Vorbereitungen stehen
        gegenwärtig vor dem Abschluss. Auch wenn zahlreiche
        Fragen noch offen sind, bin ich überzeugt, dass wir bald
        Endfassungen sowohl der Grundsatzerklärung wie des
        Aktionsplans werden diskutieren können. Ausdrücklich
        möchte ich dem BMWA für den inklusiven Ansatz in der
        Vorbereitung des Gipfels danken. Die regelmäßigen
        Runden mit Vertretern der Zivilgesellschaft und der
        Wirtschaft haben sicherlich zu einem konstruktiven und
        kreativen Dialog beigetragen, an dessen Ende wir wei-
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        erhin neben der gemeinsamen EU-Position ein deut-
        ches Positionspapier zum Weltgipfel erwarten.
        Denn die Frage, wo wir eigentlich in diesem Wandel
        tehen und welche Ausgangsposition wir konstatieren
        üssen, stellt sich mit weit größerem Nachdruck für die
        lobale Perspektive. Dies gilt für die Kernfragen auch
        er globalen Informationsgesellschaft, nämlich des Zu-
        angs zu IuK-Infrastrukturen und relevanten Inhalten,
        es kompetenten Umgangs mit ihnen wie der Fragen der
        ulturellen Vielfalt sowie von Schutz und Sicherheit
        auch Rechtssicherheit – in globalen IuK-Netzen, in
        leicher Weise. Denn: Während wir etwa in Europa um
        ortschritte ringen, immer weitere Bevölkerungsteile ins
        nternet zu bringen und hier bereits von 50 Prozent plus
        reden, oder darum ringen, die Infrastrukturen breit-
        andig auszubauen und bei Fragen des Rechtsrahmens
        auch aufgrund wegweisender EU-Richtlinien zur elek-
        ronischen Kommunikation, zum Datenschutz oder zum
        rheberrecht – deutliche Fortschritte gemacht haben,
        tellt sich die digitale Spaltung zu den Schwellen- und
        ntwicklungsländern und verstärkt auch innerhalb dieser
        eitaus gravierender dar. Dies ist der Grund, weshalb
        ir von einer eklatanten globalen Chancenungleichheit
        prechen müssen, und damit stellt sich für die internatio-
        ale Gemeinschaft die zentrale politische Herausforde-
        ung, diese Ungleichheit durch geeignete Maßnahmen
        u verringern. Nur dann können die Lebens- und Zu-
        unftschancen der Menschen weltweit angenähert und
        om Geburtsort und sozialer Herkunft möglichst unab-
        ängig gemacht werden.
        Dass wir davon weit entfernt sind, zeigen nicht nur
        as durchgreifende sozioökonomische Nord-Süd-Ge-
        älle, sondern eine ganze Reihe von Untersuchungen und
        tatistischen Erhebungen, die Jahr für Jahr eine eklatante
        ngleichheit im Zugang und in der Nutzung elektroni-
        cher IuK-Technologien zeigen, die tendenziell sogar
        unimmt. Lassen Sie mich dazu nur einige Zahlen zitie-
        en: Laut der OECD-Studie „Understanding the Digital
        ivide“ von 2001, Nielsen Net-Ratings und der ITU wie
        em World Population Data Sheet 2002 stammen weiter-
        in etwa 80 Prozent der knapp 600 Millionen Internet-
        utzerinnen und -nutzer aus OECD-Ländern. Während
        der EU durchschnittlich etwa 32 Prozent und Nord-
        merika knapp 50 Prozent der Bevölkerung Onlinezu-
        ang haben, sind es in Mittel- und Osteuropa inklusive
        usslands lediglich 8,3 Prozent, in Lateinamerika gar
        Prozent, in China 2,6 Prozent und in Indien
        ,7 Prozent. Schlusslicht bildet hier Afrika, wo unter
        usklammerung Südafrikas sogar nur 0,5 Prozent der
        evölkerung online sind.
        Gleiches lässt sich für die Verfügbarkeit von Infra-
        trukturen sagen, denn die internationalen Unterschiede
        n der Verfügbarkeit und Leistungsfähigkeit der techni-
        chen Infrastrukturen bilden ein zentrales Hemmnis für
        ie globale Chancengleichheit. Insbesondere die Ent-
        icklungsländer können dem Innovations- und Aufbau-
        empo der OECD-Staaten nicht folgen und fallen zuneh-
        end zurück. So basiert die globale digitale Spaltung
        urchaus auch auf einer eklatanten infrastrukturellen
        paltung: Während in der OECD in 2001 auf 100 Ein-
        ohner durchschnittlich 52 Festnetzanschlüsse und
        Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 75. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. November 2003 6549
        (A) )
        (B) )
        54 Mobilnetzanschlüsse kamen, sind es bei den Ent-
        wicklungsländern lediglich 8,7 bzw. 7,5. Auch im Be-
        reich von PCs und Internet-Hosts dokumentiert sich die
        infrastrukturelle Zweiklassengesellschaft: Während in
        2001 knapp 61 Prozent aller PCs und über 86 Prozent
        der Internethost-Computer in der EU oder in Nordame-
        rika standen, entfallen auf Mittel- und Osteuropa, China,
        Lateinamerika, Indien und Afrika lediglich 19 Prozent
        der PCs und sogar lediglich 4,6 Prozent der Hosts.
        Auch die interregionalen Verbindungskapazitäten
        verdeutlichen die Konzentration der weltweiten Infor-
        mations- und Datenströme auf die OECD-Welt: Wäh-
        rend in 2002 ausgehend von Nordamerika nach Europa
        etwa 208 Gigabits pro Sekunde – Gbps – zur Verfügung
        standen und auch Asien – vor allem Japan, Taiwan und
        Südkorea – noch mit etwa einem Viertel, also etwa
        56 Gbps, angebunden war, stand zu Lateinamerika mit
        23,5 Gbps eine achtfach geringere, zu Afrika mit
        1,2 Gbps lediglich eine 160fach geringere und von Eu-
        ropa nach Afrika sogar eine 250fach geringere Kapazität
        – nämlich 0,82 Gbps – zur Verfügung. Auch wenn die
        absoluten Kapazitäten schnell zunehmen, bleiben doch
        die eklatanten Abstände bestehen. Zur Verdeutlichung
        möchte ich nur daran erinnern, dass allein in New York
        mehr Telefone genutzt werden als im gesamten ländli-
        chen Asien und dass es allein in London mehr Internet-
        accounts gibt als in ganz Afrika. Zudem entspricht die
        gesamte Internetbandbreite Afrikas in etwa der Sao
        Paulos und ebenso entspricht die Internetbandbreite ganz
        Lateinamerikas der der südkoreanischen Hauptstadt
        Seoul.
        Diese digitale globale Spaltung hat aber neben der
        technischen auch erhebliche soziale und kulturelle Di-
        mensionen. Bereits die Enquete-Kommission „Globali-
        sierung der Weltwirtschaft“ der vergangenen Legislatur-
        periode hat darauf hingewiesen, dass sich die einzelnen
        Ungleichheiten in den Schwellen- und Entwicklungslän-
        dern wechselseitig verstärken und in ihrer Summe
        sowohl zu enormen innergesellschaftlichen digitalen
        Klüften als auch zu prohibitiven Zugangs- und Nutzungs-
        barrieren führen. So privilegieren die immer noch hohen
        Zugangspreise, die technischen Voraussetzungen und die
        notwendigen individuellen Kompetenzen die ohnehin
        hinsichtlich der Kaufkraft, Qualifikationen und Bil-
        dungsniveau besser gestellten kleinen Eliten in den städ-
        tischen Zentren. So lebten etwa 2001 in der Hauptstadt
        Kampala nur 4 Prozent der ugandischen Bevölkerung,
        zugleich befanden sich hier aber über 60 Prozent aller Te-
        lefonleitungen. In Vietnam ist die ländliche Bevölkerung
        praktisch vom Telefonnetz ausgeschlossen, obwohl hier
        etwa 80 Prozent der Gesamtbevölkerung leben.
        Ebenso haben eventuell bestehende kulturelle und so-
        ziale geschlechtsspezifische Diskriminierungen einen er-
        heblichen Einfluss auf den Zugang von Frauen zu IuK-
        Möglichkeiten in Entwicklungsländern; zudem sind
        Frauen statistisch häufiger von Analphabetismus und
        Armut betroffen. Während in Lateinamerika 38 Prozent,
        in Asien 22 Prozent der Internetnutzer Nutzerinnen sind,
        machen Frauen im Nahen Osten lediglich 6 Prozent der
        Internetnutzer aus. So ist im Allgemeinen in den
        Schwellen- und Entwicklungsländern die Nutzungs-
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        chere zwischen Haushalten mit relativ hohen und nied-
        igen Einkommen weitaus größer, ist der Frauenanteil
        eringer und konzentriert sich die IuK-Infrastruktur wie
        Nutzung auf die städtischen Zentren und sozialen Eli-
        en. 2001 hatte über ein Drittel der Weltbevölkerung
        och nie telefoniert, waren laut UNDP gemessen am
        onatlichen Durchschnittseinkommen die Internet-
        ugangskosten in Madagaskar 510-mal, in Nepal etwa
        50-mal und in Sri Lanka noch 50-mal höher als in den
        SA und kostete etwa in Bangladesch ein PC noch das
        chtfache eine Jahreslohns.
        Hinter diesen Zahlen zur internationalen digitalen
        paltung verbirgt sich ein enormes Risiko für die ökono-
        ische, soziale und auch politische Stabilität dieser Län-
        er von morgen – die digitale Spaltung von heute droht
        uf globaler Ebene die Chancenungleichheit zu reprodu-
        ieren und auch für kommende Generationen zu verfesti-
        en. Dies ist der Grund, weshalb eine moderne Entwick-
        ungspolitik nicht an den besonderen Anforderungen der
        nformationsgesellschaft vorbeisehen kann und es – im
        nternationalen Vergleich – zunehmend auch nicht tut.
        ir müssen uns hierbei insbesondere um die Länder
        ümmern, die in den Entwicklungsprojektionen der
        eltbank den Anschluss an den Wandel zur Informa-
        ionsgesellschaft weiter zu verlieren drohen. Zu diesen
        o genannten Latecomern gehören eben nicht nur die am
        enigsten entwickelten Länder – die „least developed
        ountries“ –, sondern auch die beiden bevölkerungs-
        eichsten Staaten der Erde: Indien und China. Diese bei-
        en Staaten sind auch deshalb sehr gute Beispiele für die
        nnere digitale Spaltung in Schwellen- und Entwick-
        ungsländern, weil durchaus international vergleichbare
        T-Infrastrukturen, Dienstleistungsangebote und Nut-
        ungskompetenzen in diesen Ländern bestehen – etwa in
        angalore oder dem boomenden Shanghai –, diese je-
        och sowohl lokal begrenzt sind als auch nur geringe
        evölkerungsteile daran partizipieren können. Die Kon-
        entration der Verfügbarkeit und Nutzungskompetenz
        twa auf die wohlhabenden städtischen Eliten und die
        trukturelle Ausblendung der ländlichen Regionen, in
        enen nach wie vor die Bevölkerungsmehrheiten leben,
        der gar ganzer Erdteile, wenn wir an Afrika mit Aus-
        ahme Südafrikas denken, ist eklatant.
        Die Dimension der Herausforderung für die internati-
        nale Gemeinschaft ergibt sich allein aus der Größen-
        rdnung der zitierten globalen Ungleichheiten. Der
        eltgipfel zur Informationsgesellschaft wird zu dieser
        ülle an Problemaspekten keine Rezepte erarbeiten kön-
        en, zu komplex sind die Mechanismen und zu viel-
        chichtig die Interessenlagen. Aber er kann und muss ein
        eutliches Bekenntnis der internationalen Gemeinschaft
        ur gemeinsamen Verantwortung für die Verringerung
        er internationalen Chancenungleichheiten in der globa-
        en Informationsgesellschaft erreichen. Wir sind daher
        ußerordentlich froh darüber, dass in die Deklaration
        nd den Aktionsplan grundlegende Prinzipien Eingang
        efunden haben, die weit über technisch-wirtschaftliche
        roblemaspekte hinausgreifen und ethische, grundrecht-
        iche, soziale, politische und kulturelle Fragen gleichbe-
        echtigt danebenstellen. Für die SPD-Bundestagsfrak-
        ion ist der Wandel zur Informationsgesellschaft eben
        6550 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 75. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. November 2003
        (A) )
        (B) )
        nicht nur eine Frage technischer Infrastrukturen und
        wirtschaftlicher Globalisierung. Sie sollte vielmehr als
        ein umfassender gesellschaftlicher Wandel begriffen
        werden, der zahlreiche Auswirkungen auf Technologie-,
        Bildungs-, Kultur- und Medienpolitik sowie auf die in-
        ternationale Kooperation und Entwicklungshilfe hat.
        Lassen sie mich zu den Grundsätzen aus unserer Sicht
        noch einige Anmerkungen machen:
        Erstens ist und bleibt die Grundlage internationaler
        Politik und Kooperation die Achtung und Durchsetzung
        der allgemeinen Menschenrechte. Dies gilt auch für die
        Bewältigung des Wandels zur globalen Informationsge-
        sellschaft. Das umfassende Meinungs- und Informa-
        tionsfreiheitsrecht des Art. 19 der Menschenrechtserklä-
        rung gewinnt natürlich in einer digital vernetzten Welt
        eine besondere Bedeutung. Die grundrechtlichen Impli-
        kationen sind ebenfalls keineswegs unerheblich, wobei
        ich nur auf die Durchsetzung der informationellen
        Selbstbestimmung und auf das zunehmend in Bedräng-
        nis geratende Fernmeldegeheimnis verweisen möchte.
        Ebenso ist hier zu prüfen, inwieweit eine Erweiterung in
        Richtung positiver Kommunikations- und Informations-
        zugangsrechte sinnvoll sein kann. Vor allem aber dürfen
        keine nationalen Sicherheitsinteressen oder kulturelle
        Besonderheiten eine generelle Zensur in elektronischen
        Medien begründen. Dies gilt für das Internet genauso
        wie für die zu sichernde freie Berufsausübung von natio-
        nalen und internationalen Journalistinnen und Journalis-
        ten vor Ort. Eine grundrechtlich in abgeschottete natio-
        nale Zonen zergliederte Weltinformationsgesellschaft
        kann es allein aus technischen Gründe nicht geben, sollte
        dies aber auch aus politischen, sozialen und kulturellen
        Erwägungen nicht.
        Nichts erscheint zweitens derzeit dringender, als zu
        einem Aufholprozess hinsichtlich der Infrastrukturen in
        den Schwellen- und Entwicklungsländern zu kommen.
        Allerdings sind wir hier sehr skeptisch hinsichtlich der
        tatsächlichen Vorteile eines zentralen, verbindlichen di-
        gitalen Solidaritätsfonds, wie er vor allem vonseiten der
        Entwicklungsländer und zivilgesellschaftlicher Akteure
        gefordert wird. Die Erfahrungen mit dem Aids-Fonds
        sollten uns hier vorsichtiger machen und uns ermutigen,
        nach effektiven Alternativen Ausschau zu halten. Dass
        eine übereilte Privatisierung und Liberalisierung der na-
        tionalen IuK-Märkte die Lösung nicht sein kann, lässt
        sich gerade am Beispiel Indiens und Argentiniens zei-
        gen. Denn auch – oder gerade – private Investoren kon-
        zentrieren sich auf betriebswirtschaftlich lukrative städ-
        tische Zentren und sparen etwa in Indien ganze ländliche
        Regionen aus. In Argentinien verlangten marktbeherr-
        schende westliche Gesellschaften zunächst sogar höhere
        Preise als zuletzt die staatlichen Monopolisten. Die kon-
        troversen Auseinandersetzungen und Proteste im Um-
        feld der Verhandlungen zur so genannten Doha-Runde
        der WTO und speziell zu den Verhandlungen zur weiter-
        gehenden Liberalisierung im Dienstleistungssektor
        – Stichwort GATS – belegen die Konfliktträchtigkeit
        dieser Fragestellungen.
        Notwendig erscheint daher eine vorsichtige, abge-
        stimmte und zeitlich nicht übereilte Privatisierungs- und
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        iberalisierungspolitik hinsichtlich der IuK-Märkte un-
        er Berücksichtigung nationaler und lokaler Besonder-
        eiten. Insbesondere muss einer weiter gehenden Dere-
        ulierung die Einrichtung effektiver Aufsichtsstrukturen
        owie die Schaffung belastbarer, fairer Wettbewerbsbe-
        ingungen vorausgehen. Nur so können die Attraktivität
        ür ausländische Investitionen und die Verfügbarkeit wie
        eistungsfähigkeit der Infrastrukturen erhöht und zu-
        leich die Nutzungskosten tatsächlich deutlich gesenkt
        erden.
        Drittens werden die internationalen Informations-
        ärkte von Unternehmen aus OECD-Ländern domi-
        iert. Da Informationen und Wissen als – zumal digitali-
        ierte – immaterielle Güter in elektronischen Netzen
        erarbeitet werden können, gerät das Immaterialgüter-
        echt – und damit unter anderem das Patent- und Urhe-
        errecht sowie die Leistungsschutzrechte – in den Fokus
        er kontroversen Diskussionen um einen modernen
        echtsrahmen für die digitale Informationsgesellschaft.
        uch innerhalb der Industriestaaten ist seit längerem ein
        eues Spannungsverhältnis zwischen den Interessen der
        reativen, Urheber und Rechteinhaber einerseits und
        en neuen Anforderungen der Informations- und Wis-
        ensgesellschaft, einer modernen Bildungs- und Innova-
        ionspolitik und den Interessen der Nutzerinnen und Nut-
        er andererseits zu konstatieren; ich erinnere nur an den
        rsten Korb der Umsetzung der Urheberrechtsrichtlinie.
        efürchtet wird, dass eine zu weit gehende künstliche
        erknappung des Informationszugangs oder gar Mono-
        olisierung der Nutzung oder Verwertung fortschrittli-
        her Innovationen in der digitalen Welt unverhältnismä-
        ige Zugangs- und Nutzungsbarrieren aufbaut. Dies gilt
        atürlich insbesondere in zunehmend wissensbasierten
        esellschaften, in denen die Lebenschancen des Einzel-
        en wesentlich vom Wissenserwerb und von der Wis-
        ensverwertung abhängig sind und die Zukunftsfähigkeit
        er Wirtschaft und Verwaltung wesentlich von der Effi-
        ienz des Produktionsfaktors und Parameters Wissen ab-
        ängt.
        Dieses Spannungsverhältnis stellt sich auf globaler
        bene noch weitaus gravierender dar, da internationale
        ereinbarungen – zu nennen ist hier neben den WIPO-
        erträgen vor allem TRIPS – allen Unterzeichnerstaaten
        ie Sicherung eines vergleichbaren Rechtschutzes für
        eistiges Eigentum auferlegen. Der Deutsche Bundestag
        at bereits mit seinem Beschluss zum Antrag zu den
        ATS-Verhandlungen unter dem Titel „Bildung als öf-
        entliches Gut und kulturelle Vielfalt sichern“ seiner
        efürchtung Ausdruck verliehen, dass eine zu weit ge-
        enden Kommerzialisierung zentraler Dienstleistungs-
        ereiche – hier im Bildungs- oder Kulturbereich – sich
        ufgrund ökonomischer Renditeerfordernisse erheblich
        ozial differenzierend auswirkt und es zu einer Verringe-
        ung der Angebotsvielfalt kommt, da die Dienste- und
        ontentanbieter sich auf wenige lukrative Inhalte und
        ärkte konzentrieren werden. Die Gewährleistung von
        hancengleichheit beim Zugang zu Bildung, Informatio-
        en und Wissen sowie die Sicherstellung eines hohen
        ualitätsstandards im Bildungswesen gehören nicht nur
        n Europa zum Kernbereich staatlicher Daseinsvorsorge,
        ie durch übereilte Deregulierungsmaßnahmen nicht ge-
        Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 75. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. November 2003 6551
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        fährdet werden darf. Sie ist auch in den Schwellen- und
        Entwicklungsländern eine Grundvoraussetzung für eine
        erfolgreiche Bewältigung des Wandels zur Informations-
        und Wissensgesellschaft. Hier sind zudem die Potenziale
        der neuen IuK-Technologien, über Vernetzungen und
        Kooperationen zu einem weltweit chancengleichen,
        ortsunabhängigen Zugang zu Bildungsinhalten beizutra-
        gen, bei weitem nicht ausgeschöpft worden.
        Insgesamt handelt es sich aber hierbei um einen lang-
        wierigen und mühevollen Meinungsbildungs- und An-
        passungsprozess der Politik wie des Rechts an eine nach
        wie vor hohe technische, wirtschaftliche und auch so-
        ziale Entwicklungsdynamik. Der Weltgipfel wird nicht
        umhinkommen, diesen Aspekt aufzugreifen. Ebenso il-
        lusorisch wäre es aber, von diesem Gipfel entscheidende
        Anreize zur Weiterentwicklung des internationalen Im-
        materialgüterrechts zu erwarten – dies ist auch gar nicht
        seine Aufgabe.
        Viertens gehen wir davon aus, dass parallel zur gesell-
        schaftlichen Bedeutung elektronischer Kommunikation
        auch der Schutz und die Sicherheit in Netzen an Bedeu-
        tung gewinnt. Der hinreichende Schutz von technischen
        Infrastrukturen und von Nutzerinnen und Nutzern vor
        Schadprogrammen wie Viren und Würmern oder vor
        Angriffen, die die Verfügbarkeit oder Funktionsfähigkeit
        beeinträchtigen oder unautorisierten Zugang zu oder gar
        Manipulation von sensiblen Inhalten erlauben, ist eine
        zentrale Akzeptanzvoraussetzung für die neuen IuK-
        Möglichkeiten. Ebenso ist die Verfügbarkeit und Leis-
        tungsfähigkeit der IuK-Netzwerke als Teil der kritischen
        Infrastrukturen moderner Gesellschaften – gerade in An-
        betracht der terroristischen Bedrohungen – zu gewähr-
        leisten. Zum Schutzaspekt zählt die Durchsetzung eines
        effektiven, modernen Datenschutzes ebenso wie die hin-
        reichende Befähigung der Nutzerinnen und Nutzer zum
        effektiven Selbstschutz, die Anreizbildung zum techni-
        schen Systemschutz und zur Förderung des Sicherheits-
        bewusstseins. Auch die internationale Zusammenarbeit
        bei der Bekämpfung des Missbrauchs der Netze, etwa
        durch kriminelle Machenschaften, illegale Inhalte oder
        unaufgefordert zugesandte Werbemails – dem Spam-
        ming –, oder in der internationalen Strafverfolgung ist
        sicherlich weiter zu vertiefen.
        Was wir aber in globalen digitalen Netzen brauchen,
        sind nicht nationale Alleingänge in Law-and-order-Ma-
        nier, sondern die Schaffung belastbarer internationaler
        Mindeststandards etwa in Fragen des Datenschutzes, des
        Jugendschutzes, der Reichweite und Intensität der Ver-
        pflichtung unbeteiligter Dritter oder des Umgangs mit
        Spam und kriminellen Angeboten. Erste Anfänge sind
        mit den Datenschutzrichtlinien der EU oder mit der
        Cybercrime-Konvention des Europarates gemacht, aber
        zahlreiche kritische Fragen sind weiterhin offen. Die
        Voraussetzung für einen effektiven Selbstschutz, sei es
        des Individuums, des Unternehmens, der Forschungs-
        einrichtung wie der Behörde, ist allerdings, dass die
        Nichtregulierung kryptographischer Verfahren weiter-
        hin aufrechterhalten wird. Jede Relativierung, sei es
        Schlüsselhinterlegung oder anderes, wäre eine Einbruch-
        schneise und würde gerade europäische Sicherheits- und
        Wirtschaftsinteressen nachhaltig schaden.
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        Fünftens bietet die globale Informationsgesellschaft
        us kultureller Perspektive ein großes Potenzial zur
        ahrung und Förderung der kulturellen Vielfalt und
        prachenpluralität in der Welt, wie es die UNESCO und
        er Europarat zurecht fordern. Die allgemeine Globali-
        ierungsdiskussion konzentriert sich seit Jahren auch auf
        ie Frage, ob es infolge der wirtschaftlichen Globalisie-
        ung sowie einer als westlich geprägt wahrgenommenen
        Globalisierungskultur“ zugleich zu einer Vereinheitli-
        hung der nationalen und lokalen Perspektiven, Erfah-
        ungs- und Handlungskontexte sowie Wertesysteme und
        amit einer Verringerung der globalen kulturellen Diver-
        ität kommt. Bezüglich der Informationsgesellschaft
        pricht gerade der Indikator Sprachverteilung der Inter-
        etnutzer und der Internetseiten deutlich für diese These.
        ährend 2001 Mandarin von knapp 900 Millionen Men-
        chen oder etwa 14,5 Prozent der Weltbevölkerung ge-
        prochen wurde, gefolgt von Spanisch mit 5,5 Prozent
        nd Englisch mit 5,3 Prozent, waren die Internetnutzer
        er OECD zufolge zu 45 Prozent englisch- sowie zu
        Prozent spanischsprachig. Chinesisch sprachen etwa
        ur 8 Prozent und Deutsch immerhin 6 Prozent der Inter-
        etnutzer. Noch eklatanter sind die Ungleichgewichte
        insichtlich der Sprachen, in denen die Webseiten ver-
        asst sind: Knapp 70 Prozent aller Internetinhalte sind in
        nglisch verfasst, gefolgt von je 6 Prozent deutsch- und
        apanischsprachigen Seiten. Nur 4 Prozent der Websei-
        en waren in Chinesisch und nur 2 Prozent in Spanisch
        erfasst. Die Dominanz des Englischen als neuer „digi-
        aler Universalsprache“ der globalen Informationsgesell-
        chaft ist also unabweisbar.
        Die kulturelle und sprachliche Vielfalt sowie lokale
        nd regionale Erfahrungszusammenhänge bilden aber
        ine Grundvoraussetzung für die Schaffung neuer, krea-
        iver Inhalte und innovativen Wissens. Die globale Infor-
        ationsgesellschaft bliebe inhaltsarm und weit hinter ih-
        en gesellschaftlichen Potenzialen zurück, wenn sie
        ediglich als kostensenkendes Transportmedium für Da-
        en oder effiziente rechtliche oder ökonomische Transak-
        ionen genutzt würde. Vielmehr bietet die globale Infor-
        ationsgesellschaft gerade durch die Senkung der
        utrittsbarrieren und Transaktionskosten weitaus breite-
        en Bevölkerungsgruppen die Möglichkeit, mit lokalen,
        egionalen oder gar individuellen Inhalten im Internet
        räsent zu sein – ihnen auch im digitalen Zeitalter eine
        timme zu geben. Wir benötigen spezifische Fördermaß-
        ahmen und internationale Kooperationsprojekte, die die
        nreize zur Produktion, Distribution und Nutzung ent-
        prechend vielfältiger kultureller Inhalte für die Informa-
        ions- und Wissensgesellschaft erhöhen. Hierbei sollte
        ber beachtet werden, dass aufgrund der Dominanz klas-
        ischer elektronischer Medien wie Fernsehen und Hör-
        unk in den Entwicklungsländern der Bedarf an Inhalten
        ür diese Medien nicht vernachlässigt werden darf – sie
        ind hier ein elementarer Bestandteil der Informations-
        esellschaft und als solche zu beachten.
        Sechstens schließlich sollten wir bei der Internetver-
        altung eher einer Evolution als einer Revolution den
        orzug geben, auch wenn sich an der Struktur und an der
        ehlenden Entscheidungstransparenz der ICANN viel
        ritisieren lässt. Die hinreichende Sicherstellung der
        6552 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 75. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. November 2003
        (A) )
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        technischen Funktionsfähigkeit elektronischer Informa-
        tions- und Kommunikationsnetze und -dienste bildet da-
        bei eine Grundvoraussetzung für die Erfüllung weiter
        gehender Anforderungen in der globalen Informations-
        gesellschaft, von denen wir bisher gesprochen haben.
        Die wachsenden Anforderungen hinsichtlich der welt-
        weiten und sicheren Verfügbarkeit und Interoperabilität
        der neuen elektronischen IuK-Möglichkeiten richten
        sich aber primär auf technische und fachliche Koordina-
        tionsnotwendigkeiten und berühren – anders als die wei-
        teren Implikationen der globalen Informationsgesell-
        schaft – weitaus seltener politische Fragestellungen. Die
        ICANN weist insofern den richtigen Ansatz einer trans-
        nationalen Selbstverwaltungsplattform auf, die vor allem
        die Vorteile der fachlichen Nähe zwischen Regulierer
        und Regulierungsgegenstand und der geringen Reak-
        tionszeiten zu nutzen sucht. Eine völlige Übernahme der
        Internetverwaltung durch die internationalen Regierun-
        gen würde hingegen viele Vorteile der Selbstverwaltung
        aufgeben, ohne Alternativen mit einer belastbaren Aus-
        sicht auf Effektivitäts- und Effizienzgewinne der Inter-
        netverwaltung zu bieten.
        Dennoch – dies sollte in Genf mit Nachdruck disku-
        tiert werden – rückt die zunehmend grundlegende gesell-
        schaftliche und wirtschaftliche Bedeutung der elektroni-
        schen IuK-Möglichkeiten diese in die Nähe öffentlicher
        Güter und damit in den Aufgabenkatalog des National-
        staates zur Daseinsvorsorge. Diesem Umstand muss
        durch eine angemessene, gegebenenfalls zu stärkende
        Beteiligung der demokratisch legitimierten Regierungen
        an den ICANN-Entscheidungen hinreichend Rechnung
        getragen werden. Dringend notwendig ist vor allem
        – wie bereits von der Enquete Kommission „Globalisie-
        rung der Weltwirtschaft“ 2002 empfohlen – sowohl die
        Steigerung der Entscheidungstransparenz der ICANN-
        Gremien als auch eine echte Internationalisierung der
        ICANN selbst. Erst diese könnte die historisch bedingte
        US-amerikanische Dominanz in der Internetverwaltung
        in einem tragfähigen, auch die Schwellen- und Entwick-
        lungsländer angemessen berücksichtigenden internatio-
        nalen Verwaltungsmodell für die Rootserver, das Do-
        mainnamen-System und die IP-Adressen aufheben.
        Selbst dieser längere Problemaufriss war lediglich in
        der Lage, wenige Problemfelder zu adressieren und un-
        sere Vorstellungen dazu darzulegen. Wir werden nicht
        nur wiederholt mit diesen Fragestellungen konfrontiert
        werden; vielmehr bildet dieser Wandel zur Informations-
        gesellschaft einen wichtigen Kern der aktuellen nationa-
        len, europäischen oder internationalen politischen He-
        rausforderungen. Lassen Sie mich von dieser Stelle aus
        allen Delegierten und Staatsrepräsentanten alles Gute
        und viel Erfolg für den Weltgipfel wünschen. Im Januar,
        so hoffe ich, können wir die Ergebnisse in diesem Hause
        wieder diskutieren und hoffentlich über wesentliche
        Fortschritte auf dem Weg zur globalen digitalen Chan-
        cengleichheit berichten können.
        Dr. Martina Krogmann (CDU/CSU): Vom 10. bis
        12. Dezember 2003 wird in Genf der UNO-Weltgipfel
        zur Informations- und Wissensgesellschaft stattfinden.
        Zahlreiche Regierungsdelegationen, Interessenvertreter,
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        achleute und – erstmals – Vertreter von nicht staatli-
        hen Organisationen werden auf dem World Summit on
        he Information Society, WSIS, Prinzipien für eine ge-
        echte Entwicklung der globalen Informations- und Wis-
        ensgesellschaft erarbeiten. Der Gipfel ist das bislang
        ochrangigste Treffen von Akteuren, die sich mit der In-
        ormationsgesellschaft befassen. Ziel des Gipfels ist es,
        lobale Entwicklungen zur Informations- und Wissens-
        esellschaft zu forcieren und dadurch insbesondere zur
        berwindung der so genannten digitalen Spaltung beizu-
        ragen. Der UN-Weltgipfel bedeutet also die große
        hance, als globale und zentrale Plattform einen Dialog
        nd Lösungsmöglichkeiten zwischen Vertretern der Re-
        ierungen, der Parlamente, der internationalen Organisa-
        ionen sowie den Akteuren der Zivilgesellschaft zu
        chaffen. Der Weltgipfel muss Perspektiven für die Nut-
        ung und weitere Entwicklung der Informations- und
        ommunikationstechnologie aufzeigen, die sowohl den
        elangen der Entwicklungs- als auch denen der Industrie-
        änder Rechnung tragen. Neben einer gemeinsamen
        eklaration der Staatengemeinschaft soll auf dem UNO-
        eltgipfel ein Aktionsplan für das globale Kommunika-
        ionszeitalter entwickelt werden, der die wichtigsten Zu-
        unftsschritte benennt und 2005 auf einer Folgeveran-
        taltung in Tunis überprüft werden kann.
        Auf dem Weltgipfel geht es also um eines unserer
        entralen Zukunftsthemen im 21. Jahrhundert: eine ge-
        echtere Entwicklung der globalen Informations- und
        issensgesellschaft. Es geht unter anderem um wichtige
        ragen der Grundrechte in der Informationsgesellschaft,
        m Cybersicherheit, geistige Eigentumsrechte, Fragen
        iner effektiven globalen Internetverwaltung, globale In-
        rastrukturen und Fragen des Zugangs zu Information
        nd Wissen, um die digitale Spaltung zu überwinden.
        ur wenn die internationale Staatengemeinschaft es
        chafft, die notwendigen politischen Strategien für eine
        eilhabe aller an den modernen Informations- und Kom-
        unikationstechnologien zu entwickeln, kann das heute
        och ungenutzte Potenzial zur Verbesserung der Produk-
        ivität und der Lebensqualität zum Nutzen der gesamten
        eltgesellschaft erschlossen werden. Hier liegen für uns
        lle enorme Chancen, deshalb ist der Gipfel von enormer
        edeutung.
        Umso schlimmer ist es, dass der Vorbereitungspro-
        ess, der sich nunmehr über zwei Jahre hinzieht, immer
        ehr ins Stocken gerät. Zur Stunde tagen die Delegier-
        en auf einer vierten außerordentlichen Vorbereitungs-
        onferenz, die notwendig geworden war, nachdem die
        repCom 3 wegen zu großer Interessendivergenzen ab-
        ebrochen werden musste, und versuchen zu retten, was
        u retten ist. Der WSIS-Prozess zur Weltinformationsge-
        ellschaft darf keinesfalls scheitern.
        Leider spiegelt diese negative Entwicklung das man-
        elnde Interesse und das völlig unzureichende Engage-
        ent der Bundesregierung im gesamten Vorbereitungs-
        rozess und damit an der gesamten Thematik des Gipfels
        ider. Da hilft auch der Antrag nicht, den die Koalitions-
        raktionen gewissermaßen in letzter Minute ohne kon-
        rete Punkte zur deutschen Position und den deutschen
        ielen auf dem Gipfel einbringen. Die CDU/CSU-Bun-
        estagsfraktion hat bereits im September in einer parla-
        Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 75. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. November 2003 6553
        (A) )
        (B) )
        mentarischen Initiative auf die Bedeutung des Gipfels
        hingewiesen und das Desinteresse der Bundesregierung
        kritisiert. Unsere große Sorge war schon damals, dass
        die Bundesregierung die Bedeutung dieses Gipfels nicht
        erkennt und dadurch wichtige Chancen auf dem Weg zur
        globalen Informations- und Wissensgesellschaft ver-
        passt. Heute müssen wir feststellen, dass wir mit unseren
        Befürchtungen leider Recht hatten: Desinteresse auf
        ganzer Linie!
        Dies ist tragisch. Denn die Chancen, die mit der Nut-
        zung der modernen Informations- und Kommunika-
        tionstechnologien verbunden sind, existieren bisher nur
        theoretisch. Der Handlungsbedarf auf internationaler
        Ebene ist enorm. Zwischen den reichen und den armen
        Staaten existieren enorme Ungleichheiten. Nur ein
        Bruchteil der Weltbevölkerung ist überhaupt in der Lage,
        die Vorteile des Internets zu nutzen. In vielen Ländern
        fehlen immer noch die infrastrukturellen und techni-
        schen Voraussetzungen. Während bei uns der Trend in-
        zwischen zum „Zweithandy“ geht, haben in den ärmsten
        48 Ländern weniger als 50 von 1 000 Einwohnern über-
        haupt einen Telefonanschluss. Am Beginn des 21. Jahr-
        hunderts hat etwa die Hälfte der Weltbevölkerung noch
        niemals ein Telefongespräch geführt. Für die rund
        6,5 Millionen Einwohner Ruandas gibt es weniger Tele-
        fon- und Modemanschlüsse als für die Mitarbeiter der
        Weltbank. Afrika insgesamt ist schwächer im Internet
        vertreten als die Stadt New York.
        Die immer schnelleren technologischen Umwälzun-
        gen bergen die Gefahr, dass sich die Kluft eher noch ver-
        stärkt und sich das Auseinanderdriften beschleunigt. Die
        Weltbank geht davon aus, dass sich ohne Gegensteuern
        der Rückstand der so genannten Latecomers, zu denen
        außer Südafrika alle Staaten Afrikas gehören, im Ver-
        gleich zu den führenden Nationen wie den Vereinigten
        Staaten oder der EU in den nächsten zehn Jahren sogar
        noch erheblich vergrößern wird. Und hinter dieser Ent-
        wicklung verbirgt sich natürlich enormer Sprengstoff für
        die regionale, aber auch die internationale wirtschaft-
        liche, soziale und politische Stabilität.
        Eine Grundvoraussetzung ist es, die Infrastruktur und
        grenzüberschreitende Netzwerke aufzubauen bzw. zu
        modernisieren. Dies ist eine wichtige Aufgabe der Nati-
        onalstaaten Doch es reicht natürlich längst nicht aus, Ka-
        bel in die Erde zu legen und Computer aufzustellen.
        Deshalb sind andere Themen auf der Agenda als not-
        wendige Maßnahmen auf dem Weg zur Vision einer glo-
        bal vernetzten Weltgesellschaft ebenso wichtig. Hier
        hätte die Bundesregierung große Chancen gehabt, wenn
        sie einen eigenen Beitrag formuliert und sich als Vorrei-
        ter betätigt hätte. Die Bundesregierung hätte sich aktiv
        für die Meinungs- und Informationsfreiheit einsetzen
        müssen. Sie hätte darauf hinwirken müssen, dass auf in-
        ternationaler Ebene Maßnahmen entwickelt werden, mit
        denen den Entwicklungsländern ein fairer Zugang zu
        Bildungsinhalten ermöglicht werden kann. Sie hätte die
        Chance gehabt, auf der internationalen Ebene auf die
        notwendige Schaffung von internationalen Mindeststan-
        dards bei Datenschutz und -Sicherheit, beim Jugendme-
        dienschutz und bei der Strafverfolgung in globalen Net-
        zen hinzuwirken. Sie hätte im Bereich der globalen
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        nternet Governance darauf hinwirken müssen, ICANN
        ls Modell weiterzuverfolgen und gleichzeitig bessere
        ransparenz der Entscheidungen und eine stärkere Inter-
        ationalisierung der Selbstregulierungsorganisation hin-
        uwirken. Die Liste von wichtigen Themen und zentra-
        en Handlungsfeldern ließe sich beliebig erweitern.
        chließlich lassen sich Herausforderungen der Informa-
        ions- und Wissensgesellschaft durch die weltumspan-
        enden neuen Technologien zumeist wirklich nur global
        ösen. Die Bundesregierung hat es jedoch versäumt, Im-
        ulse zu setzen. Zudem hat sie in den vergangenen zwei
        ahren gerade einmal einen Mitarbeiter aus dem BMWA
        it der Vorbereitung der Konferenz betraut, während an-
        ere Länder, wie zum Beispiel Kanada oder Frankreich,
        igene Strategiegruppen eingerichtet haben, um einen ei-
        enen Beitrag vorzubereiten. So bleibt der fatale Ein-
        ruck auf internationaler Ebene, dass die Bundesregie-
        ung kaum Interesse für die globalen Herausforderungen
        er Informationsgesellschaft hat. Deutschland hat weder
        inen signifikanten eigenen Beitrag geleistet noch einen
        nhaltlichen Schwerpunkt gesetzt.
        Die Bundesregierung hätte den Weltgipfel zudem nut-
        en müssen, um den notwendigen Dialog mit der Wirt-
        chaft und den Akteuren der Zivilgesellschaft über die
        iele auf dem Weg in die globale sowie nationale Infor-
        ationsgesellschaft neu zu beleben Stattdessen hat sie
        ie Wirtschaft gar nicht eingebunden – und die engagier-
        en deutschen Vertreter der Zivilgesellschaft arbeiten in-
        wischen an einer eigenen Gipfelerklärung zur Infoge-
        ellschaft. Auch diese Chance für einen neuen Dialog
        urde also verpasst.
        Es bleibt zu hoffen, dass sich die Vorbereitungskonfe-
        enz auf eine Agenda für den Weltgipfel einigen kann,
        ie mehr als hohle Floskeln enthält. Leider sieht es so
        us, als ob große Chancen vertan werden. Der Bundes-
        anzler wird dennoch Anfang Dezember nach Genf rei-
        en. Aber zu einer bloßen Showveranstaltung vor Weih-
        achten sollte der Weltgipfel nicht missbraucht werden.
        Grietje Bettin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Im
        ezember findet in Genf – leider bislang noch weitge-
        end unter Ausschluss einer breiteren Öffentlichkeit –
        in Weltgipfel der Vereinten Nationen statt. Es ist der
        inzige in diesem Jahr.
        Thema – und das ist das Besondere – ist zum ersten
        al ausschließlich die „Informationsgesellschaft“. Ich
        offe sehr, dass dieser Gipfel die drängenden Fragen der
        lobalen Informations- und Kommunikationsgesellschaft
        uch wirklich aufgreift und diskutiert.
        Mir geht es in erster Linie um Vorschläge und Maß-
        ahmen zur Überwindung der digitalen Spaltung und
        ganz besonders wichtig – um die Anerkennung grund-
        ätzlicher Medien- und Kommunikationsfreiheiten, die
        uch Signalwirkungen auf totalitäre Systeme ausüben
        ann.
        Das Thema digitale Spaltung ist mittlerweile beinahe
        chon so etwas wie ein „Klassiker der Informationsge-
        ellschaft“.
        6554 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 75. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. November 2003
        (A) )
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        Selbst in den Industrieländern – das gilt auch für
        uns – gibt es immer noch die Kluft zwischen denjenigen,
        die Zugang zu digitalen Informationen haben, und sol-
        chen, die keinen Zugang haben.
        Nach Berechnungen des Deutschen Institutes für
        Wirtschaftsforschung gab es im Frühjahr 1995 in
        Deutschland gerade einmal 250 000 Internetnutzer und
        -nutzerinnen. Im Mai 2003 waren es bereits knapp
        39 Millionen. Dies bedeutet, dass aktuell etwa 47 Pro-
        zent der gesamten Bevölkerung in Deutschland online
        sind. Auch wenn diese Zahlen auf den ersten Blick be-
        eindruckend wirken, ist aber noch nicht einmal die
        Hälfte der Bevölkerung online.
        Die Überwindung der digitalen Spaltung ist eine der
        globalen Herausforderungen. Die gleichberechtigte Teil-
        nahme an der Informationsgesellschaft erfordert kom-
        plexe und keine einseitigen Lösungen. Technik oder
        Geld allein helfen nicht weiter, intelligente Strategien
        und internationale Kooperationen sind gefragt:
        Ich denke da an Satellitentechnik – Brasilien hat zum
        Beispiel damit angefangen, im ganzen Land Telefonzel-
        len mit Internetanschluss mittels Satelliten aufzustellen –
        oder aber an so genannte „Wireless Local Area Net-
        works“, die einen lokalen und sehr günstigen Internetzu-
        gang ermöglichen und zugleich die Selbstverwaltung
        fördern.
        Ich wünsche mir, dass auf diesem Gipfel auch Grund-
        und Menschenrechte ausführlich thematisiert werden:
        Dazu gehört vor allem ein international anerkanntes
        Recht auf informationelle Selbstbestimmung.
        Datenschutz und der Schutz der Privatsphäre sind
        längst internationale Themen, mit denen sich die Weltge-
        meinschaft auseinander setzen muss. Datenschutz und
        Datensicherheit sind auf Dauer nur gewährleistet, wenn
        diese auch internationalen Standards entsprechen.
        Deutliche Antworten finden muss der Gipfel im Hin-
        blick auf die Frage, wer das Internet regiert.
        Die Entwicklungsländer haben auf dem Gipfel eine
        Initiative für eine Kontrolle durch die Vereinten Natio-
        nen gestartet. Es stellt sich vor dem Hintergrund unserer
        Erfahrung tatsächlich die Frage nach dem Sinn einer Re-
        gulierung auf nationaler Ebene. Ich erinnere nur an die
        absurden Versuche der Bezirksregierung Düsseldorf,
        Zensur im weltweiten Netz zu betreiben.
        Auch das nur scheinbar privatwirtschaftliche ICANN,
        die Institution also, die für die Vergabe von Internet-
        adressen zuständig ist, stellt für uns keine zukunftsfähige
        Lösung dar. Zu groß ist die Abhängigkeit von der ameri-
        kanischen Regierung, zu gering das Mitspracherecht der
        Internetnutzer und zu weit sind auch die Entwicklungen,
        Zonen außerhalb der Kontrolle von ICANN zu etablie-
        ren.
        Auf dem Gipfel werden auch handfeste finanzielle In-
        teressen zur Sprache kommen. Ich erwähne hier nur den
        Streit um die so genannten „Digital Solidarity Funds“,
        die den Anschluss auch der Entwicklungsländer an die
        virtuelle Weltgemeinschaft fördern sollen. Hier ist si-
        cherlich auch die Wirtschaft gefordert, ohne die momen-
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        n schwierige ökonomische Situation der IT-Branche zu
        norieren.
        Wenn bundesdeutsche Unternehmen sich als „global
        layer“ verstehen, dann sollten sie auch ein entsprechen-
        es Engagement für den Gipfel zeigen. Mein Eindruck
        t, dass die zivilgesellschaftliche Akteure im bisherigen
        ipfelprozess viel erreicht haben, während die Wirt-
        chaft sich bislang doch sehr zurück gehalten hat.
        Mit der Teilnahme von Gerhard Schröder am Gipfel
        at die Bundesregierung jetzt ein deutliches Zeichen für
        ie Bedeutung des Weltgipfels gesetzt. Ich hoffe, dass
        uch ebenso deutliche inhaltliche Akzente von deutscher
        eite gesetzt werden können.
        Es darf auf dem Gipfel keine thematischen Tabus ge-
        en, aus Angst vor dem Aufkündigen bestehender Ab-
        ommen und Übereinkünfte. Wir müssen den Weltgipfel
        ls Plattform nutzen, um gute Ideen für die Zukunft der
        nformationsgesellschaft zu diskutieren. Dazu gehört,
        ass neue Umgangsformen mit geistigem Eigentum zur
        icherstellung eines globalen Zugangs zu Wissen be-
        ücksichtigt und debattiert werden. Mein Credo: Wissen,
        as mit öffentlichen Mitteln generiert wurde, muss auch
        er Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden.
        Ich möchte mich ebenfalls deutlich für das im Gipfel-
        rozess eingeforderte Recht auf Kommunikation aus-
        prechen. Insbesondere die neuen Medien eröffnen Mög-
        chkeiten, Meinungsfreiheit nicht nur passiv durch ein
        echt auf Information wahrzunehmen, sondern auch ak-
        v Informationen selbst zu verbreiten. Hier sollte der
        ipfel ein deutliches Zeichen hinsichtlich der weiteren
        urchsetzung des Menschenrechts auf Kommunikation,
        einungs- und Pressefreiheit setzen.
        Eindeutige Signale wünsche ich mir auch in Sachen
        reier Software, deren Schutz in den vorläufigen Entwurf
        er Gipfel-Deklaration aufgenommen wurde: Dies ist
        it Sicherheit eindeutig ein Erfolg der Zivilgesellschaft,
        er aber nichts bedeutet, solange nicht der Schutz von
        reier Software auch wirklich im Abschlussdokument
        estgeschrieben ist.
        Die Bundesregierung hat sich die Förderung von
        pen Source und freier Software immer wieder auf die
        ahnen geschrieben – deshalb hoffe ich, das mit unserer
        ilfe diesem wichtigen Anliegen Rechnung getragen
        erden kann.
        Es ist mir eine Herzensangelegenheit, dass der Gipfel
        um Wohle einer weltweit freien und allen Menschen
        ugänglichen Informationsgesellschaft ein Erfolg wird.
        Hans-Joachim Otto (Frankfurt) (FDP): Wenn im
        ächsten Monat in Genf die erste Runde des Weltgipfels
        ber die Informationsgesellschaft, World Summit on the
        nformation Society, WSIS, stattfindet, soll ein entschei-
        ender Grundkonsens für die Zukunft der globalen In-
        ormationsgesellschaft gebildet werden. Es wird das Ziel
        ein, einen juristischen, wirtschaftlichen, technischen
        nd auch politischen Rahmen für den Zugang von allen
        enschen weltweit zu Informationen und zu den Kom-
        unikationsnetzwerken zu schaffen. Wie schwierig sich
        Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 75. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. November 2003 6555
        (A) )
        (B) )
        dieser Konsens jedoch gestaltet, zeigt das aktuelle Sto-
        cken der 3. Vorbereitungskonferenz für den Weltgipfel.
        Ein Grund dafür liegt sicherlich darin begründet, dass
        es dieser Gipfel nicht nur inhaltlich, sondern auch orga-
        nisatorisch Neuland betritt, indem sowohl die Zivilge-
        sellschaft als auch die Wirtschaft in einem so genannten
        Multi-Stakeholder-Prozess bewusst in den Beratungs-
        prozess mit eingebunden werden. Wir Liberale sind hier-
        für aufgeschlossen, jedoch muss sich die Praktikabilität
        noch erweisen.
        Angesichts dieses neuen Verfahrens ist es umso wich-
        tiger, mit ganz präzisen inhaltlichen Positionen den
        Weltgipfel vorzubereiten. An Präzision aber mangelt es
        dem Antrag von SPD und Grünen. Er ist ein langatmiger
        „Gutmenschen-Antrag“ mit blumigen Wunschformulie-
        rungen, die niemandem weh tun. Ich vermisse zum Bei-
        spiel eine unmissverständliche Absage an die Zensur-
        maßnahmen in zahlreichen Ländern.
        Bundeskanzler Schröder hat sich entschlossen, per-
        sönlich an diesem Weltgipfel teilzunehmen. Das ist gut
        so. Der behandelte Antrag ist quasi das Reisegepäck, das
        ihm der Bundestag nach Genf mitgibt. Das Gepäck ist
        umfangreich, leider aber nicht sehr hilfreich: Viel heiße
        Luft! Dennoch wünschen wir diesem Gipfeltreffen im
        Interesse einer Chancengleichheit in der globalen Infor-
        mationsgesellschaft jeden erdenklichen Erfolg.
        Ohne einen freien Zugang zu den Möglichkeiten der
        Informationsgesellschaft ist heute ein kultureller und
        wirtschaftlicher Austausch kaum mehr möglich. Der „di-
        gitale Graben“ zwischen Nord und Süd muss überbrückt
        werden; denn er stellt ein beträchtliches Hindernis für
        die weltweite ökonomische und soziale Entwicklung dar.
        Wir hoffen daher, dass die Bundesregierung dem pro-
        grammatischen Titel dieses Antrages folgt und ganz
        konkret auf den Erfolg des Weltgipfels in Genf Einfluss
        nimmt. Um dieses Ziel zu fördern, stimmen wir dem An-
        trag trotz seiner oben geschilderten Schwächen zu.
        Anlage 5
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur
        Änderung des Baugesetzbuches (Kommunale
        Rechte bei Windkraftanlagen stärken) (Tages-
        ordnungspunkt 14)
        Wolfgang Spanier (SPD): Eine Gruppe von Abge-
        ordneten beantragt die Änderung des Baugesetzbuchs,
        um die kommunalen Rechte bei Windkraftanlagen zu
        stärken. Zunächst einmal, liebe Kolleginnen und Kolle-
        gen, wird auch Ihnen dieser Antrag bekannt vorkommen.
        Ein nahezu identischer Gesetzentwurf ist bereits am
        16. Mai 2002 in den Deutschen Bundestag eingebracht
        worden, damals allerdings noch von 80 Abgeordneten
        unterstützt. In der Zwischenzeit ist die Zahl geschrumpft
        auf 50 Abgeordnete. Sozusagen in Familientradition hat
        der Nachfolger von Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten,
        nämlich der Abgeordnete Christian Freiherr von Stetten,
        diesen Gesetzentwurf gleichsam als Vermächtnis seines
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        aters erneut in den Deutschen Bundestag eingebracht.
        uffallend ist, dass offensichtlich die CDU/CSU-Bun-
        estagsfraktion nicht bereit war, diesen Gesetzentwurf
        u übernehmen; offensichtlich ist auch, dass die Fachpo-
        itikerinnen und Fachpolitiker der Union im zuständigen
        undestagsausschuss Verkehr, Bau- und Wohnungswe-
        en, bis auf drei Ausnahmen, diesen Gesetzentwurf nicht
        nterstützen.
        Dafür gibt es auch gute Gründe. Sie wissen, dass eine
        mfassende Novellierung des Baugesetzbuchs ansteht.
        ie parlamentarischen Beratungen werden in Kürze auf-
        enommen. Und deshalb macht es keinen Sinn, im Vor-
        riff auf die Novelle einzelne Regelungen vorab zu
        ndern. Das gilt übrigens nicht nur für diesen Gesetzent-
        urf, sondern auch für weitere, die möglicherweise noch
        orgelegt werden. Wir sollten in einem geordneten Bera-
        ungsverfahren alle Änderungswünsche zum BauGB im
        usammenhang beraten, abwägen und entscheiden. Das
        ehen offensichtlich auch die CDU/CSU-Bundestags-
        raktion und die überwiegende Mehrheit der Fachpoliti-
        erinnen und Fachpolitiker in der Union so.
        Auch inhaltlich ist dieser Gesetzentwurf überflüssig.
        ielleicht ist den Unterzeichnern entgangen, dass der
        orliegende Gesetzentwurf zum Europarechtsanpas-
        ungsgesetz Bau Vorschläge macht, um die Planungsho-
        eit der Kommunen zu stärken, und zwar im Unter-
        chied zum Gruppenantrag in einer sinnvollen Weise.
        ie vorgeschlagene Neuregelung im § 35 Abs. 3 soll er-
        änzende Möglichkeiten schaffen, um privilegierte Vor-
        aben im Außenbereich durch Ausweisung von Vorrang-,
        ignungs- oder Belastungsflächen zu steuern. Diese
        teuerungsmöglichkeiten werden jedoch erst mit dem
        n-Kraft-Treten des Flächennutzungsplans wirksam.
        ies ist eine neu eingeführte planerische Steuerungs-
        öglichkeit im Flächennutzungsplan. Damit haben die
        emeinden das Recht, beabsichtigte Planungen durch
        ine befristete Zurückstellung von Baugesuchen für Vor-
        aben nach § 35 Abs. 1 Nrn. 2 bis 6, während eines Ver-
        ahrens zur Ergänzung des Flächennutzungsplanes zu
        ichern. Über die Flächennutzungsplanung können Ge-
        einden die Ansiedlung privilegierter Anlagen, zum
        eispiel Biomasse oder Windkraft, steuern. Dieser Vor-
        chlag ist eine sinnvolle Grundlage für unsere künftige
        arlamentarische Beratung.
        Dass im Gruppenantrag lediglich auf die Stärkung
        ommunaler Rechte bei Windkraftanlagen abgehoben
        ird, ist ein Beleg dafür, dass es den Antragstellern gar
        icht um bessere planungsrechtliche Instrumente der
        ommunen geht, sondern dass sie sich grundsätzlich ge-
        en Windkraftanlagen stellen. Auch hier hinken die An-
        ragsteller der Entwicklung hinterher. Windkraft trägt
        erzeit zu rund 3,5 Prozent zur Stromerzeugung bei.
        indstrom stellt gut 40 Prozent der Stromerzeugung aus
        rneuerbaren Energien, übrigens rund 50 Prozent die
        asserkraft. 2003/2004 werden Wasser und Wind in
        twa gleich aufwiegen. Der Antrag aller erneuerbaren
        nergien am Primärenergieträgermix beträgt rund 3 Pro-
        ent, der Windstromanteil knapp 0,5 Prozent.
        Ihre Kritik an einer angeblich überzogenen Förderung
        st überholt. Wir legen einen Gesetzentwurf vor mit
        6556 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 75. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. November 2003
        (A) )
        (B) )
        folgenden zentralen Punkten: Künftig werden nur noch
        Windstandorte gefördert, an denen mindestens 65 Pro-
        zent des gesetzlich vorgegebenen Referenzertrages er-
        reicht werden. Das bedeutet, dass circa 25 Prozent der
        potenziellen Binnenlandstandorte aufgrund schwacher
        Windverhältnisse nicht mehr durch das EEG förderfähig
        sind. Gleichzeitig wird ein zusätzlicher Anreiz für das
        Repowering an guten Küstenstandorten geschaffen. Da-
        mit wird der Ersatz alter, weniger effizienter Windkraft-
        anlagen, die bis Ende 1995 in Betrieb gegangen sind,
        durch neue, bessere Anlagen geschlossen. Die Degres-
        sion der Windförderung wird verstärkt. Künftig werden
        die Einspeisevergütungen jährlich um 2 Prozent sinken.
        Wir setzen auf die erneuerbaren Energien, wir setzen
        darauf, dass sie einen bedeutenden Beitrag leisten zu
        einer ökologisch sinnvollen Energieversorgung in unse-
        rem Land. Wir haben große Hoffnungen, dass im Off-
        shore-Bereich neue Chancen für die Nutzung der Wind-
        kraft eröffnet werden können.
        Ich habe den Eindruck, dass Sie unterschwellig, trotz
        eines Lippenbekenntnisses in Ihrem Antrag zu den er-
        neuerbaren Energien, nicht konsequent auf den Ausbau
        und die Förderung erneuerbarer Energien setzen, weil
        Sie letztlich doch in erster Linie auf den Erhalt und Aus-
        bau der Kernenergie setzen. Ich glaube, es ist deutlich
        geworden, dass dieser Antrag vor allem eines ist, näm-
        lich überflüssig.
        Es ist schon auffällig, dass ein Aspekt offensichtlich
        überhaupt keine Rolle spielt – nämlich die Frage der Be-
        einträchtigung der Wohnbevölkerung durch Windkraft-
        anlagen. Dieser Konflikt ist vor Ort wirklich ernst zu
        nehmen. Deshalb haben wir zurecht den Gemeinden
        bereits jetzt rechtliche Steuerungsmöglichkeiten für
        Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen
        gegeben. Dass wir darüber hinaus insgesamt im Bauge-
        setzbuch die Steuerung privilegierter Vorhaben im Au-
        ßenbereich neu regeln wollen, darauf habe ich schon
        hingewiesen.
        Ich freue mich auf intensive Beratungen des Europa-
        rechtsanpassungsgesetzes Bau im Fachausschuss.
        Veronika Bellmann (CDU/CSU): Für eine moderne
        Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft ist eine si-
        chere, umweltgerechte und wirtschaftliche Energiever-
        sorgung von höchster Bedeutung. Alle drei genannten
        Eigenschaften sind dabei als gleichrangig anzusehen.
        Meiner Meinung nach entspricht die Windkraft grund-
        sätzlich leider keiner dieser drei Kriterien. Auch wenn es
        paradox klingt, aber sie ist weder generell umwelt-
        freundlich, noch sicher und erst recht nicht wirtschaft-
        lich. Doch eines nach dem anderen.
        Seit Jahren wird durch die Bundesregierung versucht,
        den Anteil der regenerativen Energien an der Energie-
        versorgung zu steigern. Die Intention ist dabei – auch im
        Hinblick auf das Kioto-Abkommen – zu begrüßen, die
        Umsetzung allerdings, wie bei vielen Projekten der Bun-
        desregierung, nicht. Durch das Erneuerbare-Energien-
        Gesetz im höchsten Grade subventioniert, soll vor allem
        die Windkraft künstlich gefördert werden. Und auf den
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        rsten Blick gelingt dies ja auch prächtig. Schon jetzt
        tehen in Deutschland 14 000 Windräder, bis 2020 sollen
        anze 25 Prozent der Energie aus Wind gewonnen wer-
        en.
        Dass dieses Ziel erreichbar ist, daran darf allerdings
        ezweifelt werden. Denn trotz der enormen Subventio-
        ierung tun sich die Investoren immer schwerer, pas-
        ende Standorte zu finden. Das liegt unter anderem an
        en inzwischen über 500 Bürgerinitiativen, die sich ge-
        ildet haben, um die weitere Verschandelung ihrer Hei-
        at zu verhindern. Sogar Naturschützer beklagen inzwi-
        chen die „Verspargelung“ der Landschaft.
        Doch nicht nur optisch stellen die bis zu 130 Meter
        ohen Windräder eine Beeinträchtigung dar. Für Vögel
        nd Fledermäuse sind diese Räder hochgradig gefährlich
        zum einen durch die Rotoren selbst und zum anderen
        urch den Einfluss der Rotoren auf die Flugroute der
        ugvögel. Sie können nicht in der Nähe der Anlagen ras-
        en, denn sie werden durch den Schattenwurf irritiert.
        er Lärm der Anlagen ist so erheblich, dass beim – von
        undesminister Trittin angestrebten – Bau von Offshore-
        nlagen sowohl Vögel als auch Meeressäuger empfind-
        ich gestört würden. Lärm und Schattenwurf sind
        brigens auch für die betroffenen Menschen höchst pro-
        lematisch und belastend. So genannte Bewegungssug-
        estionen werden in der aktuellen Forschung als ernst zu
        ehmende Emission gewertet.
        Ein beträchtliches Sicherheitsrisiko ist auch die tech-
        ische Anfälligkeit der Anlagen. Die enormen Kräfte,
        elche auf die Windräder wirken, führen immer wieder
        u Ausfällen und sogar zum Abreißen der Rotorköpfe.
        in Einsatz in Offshore-Anlagen ist bisher kaum realis-
        isch. Wenn man nicht so dilettantisch wie bei der Ein-
        ührung der LKW-Maut vorgehen will, ist eine Test-
        hase von mindestens drei Jahren unter realistischen
        edingungen notwendig.
        Kommen wir zur Wirtschaftlichkeit. Die Windkraft
        st – wenig überraschend – vor allem von einer Naturge-
        alt abhängig: dem Wind. Sie kann also nur dort sinn-
        oll zum Einsatz gelangen, wo möglichst stabile und
        onstante Windverhältnisse herrschen Der Haken daran
        st allerdings, dass das deutsche Binnenland in der EU
        er Bereich mit den durchschnittlich schwächsten Wind-
        erhältnissen ist. Damit stellt sich das grundsätzliche
        roblem, dass Windenergie in Deutschland nur an sehr
        enigen Standorten ökonomisch effizient betrieben wer-
        en kann. Weht der Wind zu schwach, so reicht er nicht
        us, die Reibungs- und Trägheitsmomente der Anlage zu
        berwinden – die Anlage steht still. Weht er zu stark,
        ind die Lasten auf den Rotor zu groß – die Anlage steht
        benfalls still. Eine kontinuierliche Stromversorgung ist
        nsofern mit Windenergie in Deutschland nicht möglich!
        Da aber eine solche kontinuierliche Stromversorgung
        nbedingt notwendig ist, müssen weiterhin konventio-
        elle Kraftwerke betrieben werden, die einen Ausfall des
        indstroms kompensieren Der Vorteil der Ressourcen-
        chonung durch Windenergie wird also verschwindend
        ering, wenn eine Windenergieanlage nicht alleine, son-
        ern nur im Zusammenspiel mit konventionellen Kraft-
        erken betrieben werden kann.
        Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 75. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. November 2003 6557
        (A) )
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        Doch dank der Subventionen durch das EEG wurden
        und werden trotz dieser großen Nachteile tausende
        Windräder aus dem Boden gestampft – egal, ob in wind-
        armen oder windreichen Gegenden. Denn die Förderung
        für Windkraftanlagen ist nicht unmittelbar an Standorte
        geknüpft. Ausschlaggebend für die Förderung ist der so
        genannte Referenzertrag. Je besser der ist – also je wirt-
        schaftlicher eine Anlage arbeitet –, desto geringer fällt
        die Forderung aus.
        Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass schlechte
        Windstandorte, etwa im Binnenland, länger und damit
        besser gefördert werden als gute, zum Beispiel an der
        Küste, da diese aufgrund des erzielten Referenzertrages
        nur für eine kurze Zeit Förderung erhalten – eine voll-
        kommen widersinnige Vorgehensweise! Ein weiterer
        Zubau von Anlagen an windungünstigen Standorten im
        Binnenland ist weder ökologisch noch ökonomisch sinn-
        voll!
        Statt weiterhin die Verspargelung unserer windarmen
        Heimat zu fördern, sollten wir viel eher größeres Augen-
        merk auf den Export der Technologien in windreiche Re-
        gionen Spaniens, Großbritanniens, Italiens, Frankreichs,
        Norwegens usw. legen. Das käme dem Wirtschaftsstand-
        ort Deutschland zugute.
        Windenergie wird in Deutschland erst ein marktfähi-
        ges Produkt sein, wenn es gelingt, die produzierte Ener-
        gie zu speichern. Bis die Wissenschaft dies ermöglichen
        kann, müssen vor allem die Gemeinden in ihren Rechten
        gegenüber den Betreibern von Windenergieanlagen ge-
        stärkt werden. Die in diesen Angelegenheiten noch uner-
        fahrenen Gemeinden und Gemeinderate wurden bisher
        meist einseitig über vermeintlichen ökologischen Nutzen
        informiert und stimmten leichtfertig zu. Doch selbst
        wenn Sie sich über die Folgen im Klaren waren – die
        rechtliche Situation der Gemeinden war und ist oft zu
        schwach, um den Bau von Windkraftanlagen zu verhin-
        dern. Viele Gemeinden werden aufgrund einer unstim-
        migen Rechtsprechung empfindlich in ihrer Planungsho-
        heit verletzt, weil sie im guten Glauben, nicht tangiert zu
        sein, die Möglichkeiten der Überleitungsvorschriften für
        Vorhaben im Außenbereich, gemäß Baugesetzbuch,
        nicht genutzt haben.
        Ziel unseres Gesetzentwurfs ist es daher, die Gemein-
        den, Regionalverbände oder anderen Planungsgemein-
        schaften in ihrer Planungshoheit zu stärken und so vor
        Ort eine ausgewogene Energiepolitik zu ermöglichen.
        Darüber hinaus muss schleunigst die Förderung der re-
        generativen Energien durch das EEG korrigiert werden,
        auch um die EU-Richtlinie zur Verdoppelung des Anteils
        erneuerbarer Energien an der Gesamterzeugung sicher-
        zustellen.
        Die Union bekennt sich seit Jahren zu diesem Ziel.
        Mit dem Stromeinspeisungsgesetz von 1991 haben wir
        bereits zehn Jahre vor der EU-Richtlinie die Grundlagen
        für die breite Anwendung erneuerbarer Energien in der
        deutschen Stromversorgung geschaffen. Die CDU/CSU
        unterstützt allerdings auch mit Nachdruck die von der
        EU in der Richtlinie angestrebten Ziele der Wettbe-
        werbsfähigkeit, der Begrenzung der Kosten für den Ver-
        braucher sowie der mittelfristigen Notwendigkeit zur
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        erringerung öffentlicher Unterstützung. Hierbei sollten
        ir uns an die von der EU vorgegebenen Kriterien orien-
        ieren: Vereinbarkeit mit den Prinzipien des Elektrizitäts-
        innenmarktes, Berücksichtigung der verschiedenen
        rneuerbaren Energiequellen, der unterschiedlichen
        echnologien und geographischen Gegebenheiten, Ein-
        achheit und Transparenz und vor allem Effizienz! Eine
        ach den unterschiedlichen Energieträgern differenzier-
        ere Förderung ist Grundlage für ökonomische und öko-
        ogische Effizienz und damit für das Erreichen des Ver-
        opplungszieles. Eine Überforderung wie bei der
        indkraft muss schleunigst beendet werden. Die geo-
        raphischen Gegebenheiten müssen endlich stärker Be-
        ücksichtigung finden.
        Außerdem muss die undifferenzierte Subventionie-
        ung mittels Einspeisevergütung fallen. Sinnvoller wäre
        ielmehr eine Vergütung, die sich aus einer festgesetzten
        rundvergütung plus Marktpreis zusammensetzt. Auf-
        rund seiner Abhängigkeit vom Marktpreis wäre der An-
        agenbetreiber gezwungen, sein Produkt selbst zu ver-
        arkten, was wiederum Wettbewerbsfähigkeit bedingt.
        nd es werden nur diejenigen Anlagen wettbewerbsfä-
        ig sein können, die durch standortnahe Erzeugung ge-
        inge Kosten aufweisen oder die wirklich gute Wind-
        tandorte darstellen. Letztendlich muss es das Ziel sein,
        ine Schaffung von Dauersubventionen – wie beispiels-
        eise seinerzeit bei der Steinkohle – zu verhindern. Da-
        it täten wir den Herstellern, Betreibern, Verbrauchern
        nd nicht zuletzt der Technologie langfristig keinen Ge-
        allen.
        Peter Hettlich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Als
        ch mich auf diese Rede vorbereitete und mir den Ge-
        etzentwurf auf Drucksache 15/513 vom 28. Februar
        003 näher anschaute, musste ich überrascht feststellen,
        ass er beinahe wortwörtlich dem Gesetzentwurf auf
        rucksache 14/9132 vom 16. Mai 2002 entspricht. Al-
        erdings fiel mir dann doch ein signifikanter Unterschied
        uf: War in der letzten Wahlperiode noch der Abgeord-
        ete Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten der feder-
        ührende Anstragsteller, so zeichnet jetzt sein Sohn
        hristian Freiherr von Stetten dafür verantwortlich. Das
        at mich erneut überrascht, denn ich wusste bis heute
        och nicht, dass Gesetzentwürfe vererbt werden können.
        s bliebe nur noch zu klären, ob dieser Vorgang mögli-
        herweise erbschaftsteuerpflichtig ist.
        Der Gesetzentwurf ist allerdings durch seine Verer-
        ung keinen Deut besser geworden. Der Bundestag hat
        eine mangelnde Qualität bereits in der Debatte vom
        7. Juni 2002 festgestellt, weswegen sich die Kollegin-
        en und Kollegen von der Opposition schon die Frage
        efallen lassen müssen, warum wir diese Debatte heute
        rneut führen dürfen.
        Es ist schon auffällig, dass ich die meisten von Ihnen
        eute Morgen bei den großen Debatten über die Energie-
        olitik und über den Emissionshandel vermisst habe.
        ies zeigt deutlich, welchen wirklichen Stellenwert Sie
        er erneuten Einbringung Ihres Gesetzentwurfes einräu-
        en und wie ehrlich Sie es mit der Förderung von erneu-
        rbaren Energien halten.
        6558 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 75. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. November 2003
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        Sie irren sich, wenn Sie die Neufassung des § 35
        Abs. 1 Nr. 6 im BauGB aus dem Jahre 1995 dahin ge-
        hend interpretieren wollen, dass hiermit eine Privilegie-
        rung zugunsten der Windenergie herbeigeführt werden
        sollte. Es ging der damaligen CDU/CSU/FDP-Regie-
        rung lediglich darum, die Gleichbehandlung der Wind-
        energie mit anderen Stromerzeugungsanlagen sicherzu-
        stellen. Das war dringend erforderlich.
        Mit Ihrem Gesetzentwurf machen Sie deutlich, dass
        Sie sich als der Motor einer Lobby verstehen, die land-
        auf, landab mit fadenscheinigen Argumenten gegen eine
        „Verspargelung der Landschaft“ antritt, in Wahrheit aber
        Fundamentalopposition gegen eine Energiewende insge-
        samt und insbesondere gegen die Windenergie betreibt.
        Und da Sie seit nunmehr fünf Jahren nicht mehr die
        Bundesregierung stellen, versuchen Sie ihren Einfluss
        auf die nationale Energiepolitik über die Kommunen und
        das Planungsrecht geltend zu machen. Dabei instrumen-
        talisieren Sie ausgerechnet die Planungshoheit der Kom-
        munen, die wir von Bündnis 90/Die Grünen als ein ho-
        hes und zu erhaltendes Gut ansehen.
        Wir wissen sehr wohl, dass es an bestimmten Standor-
        ten durchaus ernstzunehmende Konflikte zwischen
        Windenergieerzeugern, Bürgerinteressen und Natur- und
        Landschaftsschutzbelangen gibt. Daher ist es auch rich-
        tig, dass die Kommunen einen offenen und nachvoll-
        ziehbaren Abwägungsprozess vornehmen müssen. Aber
        die Kommunen haben damit auch eine Verantwortung
        zugesprochen bekommen, die nicht dazu führen kann,
        dass eine Ausweisung von Vorranggebieten für die
        Windenergie generell verweigert wird.
        Konflikte müssen in einer transparenten und bürger-
        freundlichen Bauleitplanung im Vorfeld erkannt und
        ausgeräumt werden. An diesem funktionierenden Pla-
        nungsinstrument darf daher nicht gerüttelt werden.
        Ich kann Ihnen übrigens eine Menge Beispiele liefern,
        wo genau diese Planungsinstrumente eben nicht dazu
        geführt haben, dass zum Beispiel Natur- und Land-
        schutzbelange berücksichtigt wurden. In meinem Land-
        kreis Torgau-Oschatz wurden schon so häufig Flächen
        aus Landschaftsschutzgebieten ausgegliedert, um an-
        schließend dort Gewerbe- oder Industriegebiete auswei-
        sen zu können, dass ich mittlerweile den Überblick
        verloren habe. Und der regionale Planungsverband
        Westsachsen mußte sich am Mittwoch vom Oberverwal-
        tungsgericht Bautzen bescheinigen lassen, dass der von
        ihm aufgestellte Braunkohleplan für den Tagebau
        Schleenhain null und nichtig ist. Ausgerechnet dieser
        Planungsverband hat sich aber in der Vergangenheit als
        eifriger Streiter gegen die Windenergie hervorgetan, was
        sich auch in seiner Regionalplanung mit nur wenigen
        Alibivorranggebieten niedergeschlagen hat.
        Man hatte aber andererseits nichts dagegen einzuwen-
        den, dass im Südraum von Leipzig riesige Flächen de-
        vastiert und viele Menschen aus ihren Siedlungen ver-
        trieben worden sind und noch vertrieben werden sollen,
        wie zum Beispiel in Heuersdorf. Oder reden wir doch
        einmal über die Hunderte von Hochspannungsmasten,
        die hier die Landschaft tatsächlich zerspargeln, oder die
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        iesigen Wolken aus den Kühltürmen des Braunkohle-
        raftwerks Lippendorf, die selbst bei schönem Wetter
        en Himmel der Stadt Zwenkau eintrüben. Von der CDU
        n Sachsen vernehme ich da keinen Aufschrei. Aber
        enn es um Windkraftanlagen geht, stehen sie alle ge-
        einsam auf den Barrikaden. Und das nennen Sie eine
        usgewogene Energiepolitik, die Sie mit Ihrem Gesetz-
        ntwurf erreichen wollen? Das ist die pure Heuchelei
        nd das werfe ich auch Ihrem Gesetzentwurf vor.
        Da nützt es auch nichts, wenn Sie mit Blick auf Ihre
        lientel in der Land- und Forstwirtschaft versuchen,
        och die Kurve zu den regenerativen Energie zu krie-
        en, indem Sie die Förderung von Wasserkraft-, Bio-
        as-, Solar- und Holzhackschnitzelanlagen befürwor-
        en. Da brauchen Sie uns zu nichts mehr aufzufordern,
        enn ich Sie auf die Vergütungssätze im EEG hinwei-
        en darf. Nehmen Sie endlich zur Kenntnis, dass die
        indenergie den weitaus größten Anteil an den erneu-
        rbaren Energien stellt und im Hinblick auf die Errei-
        hung unsere Klimaschutzziele unverzichtbar gewor-
        en ist.
        Darüber hinaus spricht die Zahl von 130 000 neu ent-
        tandenen Arbeitsplätzen in diesem Energiesektor für
        ich. Ich würde mir wünschen, dass es davon noch mehr
        uch in meinem Bundesland Sachsen und in meinem
        ahlkreis gäbe.
        Marita Sehn (FDP): Windkrafträder sind hochsub-
        entioniert, ökologisch kontraproduktiv, tragen kaum et-
        as zur allgemeinen Energieversorgung bei und ver-
        chandeln die Landschaft – das schreibt der SPD-
        mweltminister des Landes Brandenburg, Wolfgang
        irthler, in der „taz“. Diese einseitige Verteufelung der
        indenergie, wie sie hier von einem SPD-Umwelt-
        inister vorgenommen wird, kann ich so nicht teilen.
        ie Windkraft bietet Chancen, die auch wir nutzen soll-
        en. Dabei sollte es eigentlich selbstverständlich sein,
        ass Windkrafträder dort aufgebaut werden, wo kontinu-
        erlich starker Wind herrscht.
        Aber wir müssen zunehmend feststellen, dass die Ak-
        eptanz für Windenergieanlagen in der Bevölkerung
        rastisch abnimmt. Dafür gibt es mehrere Gründe. Unter
        nderem können es viele Menschen nicht verstehen, dass
        n Regionen, in denen der Wind nicht ständig weht, An-
        agen, hochsubventioniert, aufgebaut werden. Bedenkt
        an, dass sie nur an durchschnittlich 77 Tagen im Jahr
        trom erzeugen und die restlichen 288 Tage stillstehen,
        ann zumindest ich dies nachvollziehen.
        Niemand beschwert sich über ein oder zwei Windrä-
        er. Aber wenn in einigen ursprünglich sehr schönen Ge-
        enden das Landschaftsbild nicht mehr von der Natur,
        ondern von grauen, stillstehenden Windmühlen domi-
        iert wird, dann ist etwas falsch gelaufen.
        Es geht nicht um ein Verbot der Windenergie. Wir
        ollen einen Ausbau, der dem Anspruch einer ökologi-
        chen Energieerzeugung gerecht wird. Nicht auf Kosten
        er Menschen, der Natur und der Landschaft, sondern im
        inklang mit den Menschen, der Natur und der Land-
        chaft.
        Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 75. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. November 2003 6559
        (A) (C)
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        Und dazu bedarf es einiger gesetzlicher Änderungen:
        Als besonders fatal für den geordneten Ausbau der
        Windenergie hat sich die Privilegierung im Außenbe-
        reich nach § 35 Baugesetzbuch erwiesen. Sie hat dazu
        geführt, dass Gemeinden und Kommunen, die nicht über
        die notwendigen planerischen Kapazitäten verfügen,
        kaum eine Steuerungsmöglichkeit für den geordneten
        Ausbau der Windenergie haben.Wer will, der kann – das
        mag ein taugliches Motto für den Wilden Westen gewe-
        sen sein, aber als Grundlage für den Ausbau der Wind-
        energie in einem dicht besiedelten Land ist das nichts
        anderes als staatlich sanktioniertes Mobbing der Bürge-
        rinnen und Bürger.
        Aber genau das passiert zur Zeit in vielen Bundeslän-
        Die Windenergie entwickelt sich aber auch zu einem
        gefährlichen Spaltpilz in den Gemeinden des ländlichen
        Raumes. Sie teilt die Dörfer in Profiteure, die ihr Grund-
        stück zu guten Preisen an Windanlagenbetreiber ver-
        pachten, und die Bewohner der betroffenen Ortschaften,
        die mit den Folgen zu kämpfen haben. Und diese sind
        nicht unerheblich. So führt eine Windenergieanlage in
        Grundstücksnähe zu einem erheblichen Wertverlust der
        benachbarten Grundstücke und Häuser. Bei allem Ver-
        ständnis für die Windenergie, aber wer will so ein Ding
        schon vor der Terrasse stehen haben? Sie vielleicht?
        Außerdem führt der wilde Ausbau der Windenergie
        zu regelrechten Schildbürgerstreichen zwischen den
        Kommunen. Windanlagen werden möglichst an der
        dern, unter anderem auch in Rheinland-Pfalz. Nachdem
        der regionale Raumordnungsplan für die Region Mittel-
        rhein-Westerwald von Gerichten für nichtig erklärt
        wurde, herrscht momentan eine planerische Anarchie.
        Ein wichtiges Regulierungsinstrument für die geordnete
        Ansiedlung von Windenergieanlagen fällt also derzeit
        aus. Diese Situation wird gezielt von Windkraftunter-
        nehmen genutzt, um massiv Anträge für die Errichtung
        neuer Anlagen einzureichen. Die Antragsteller haben ei-
        nen Anspruch auf Genehmigung, wenn keine anderen
        öffentlichen Belange entgegenstehen. In einigen Ge-
        meinden liegen Anträge für bis zu 80 Windenergieanla-
        gen vor.
        Das hat nichts mehr mit der idyllischen Mühle zu tun,
        die am rauschenden Bach klappert. Das ist der Einstieg
        in eine industrielle Windradbrache. Stellen Sie sich ein-
        mal vor, Sie wohnen in einer kleinen Ortschaft, um-
        zingelt von 80 gigantischen Windrädern. Ich kann Ihnen
        sagen, wenn die Bürgerinnen und Bürger einen Zauber-
        trank hätten, sie würden am liebsten alles kurz und klein
        hauen. „Die spinnen, die Politiker", das sagen sie dort
        ohnehin schon.
        Bitte stellen Sie sich einmal eine kleine Ortschaft vor,
        umringt von Windenergieanlagen, die oftmals höher sind
        als der örtliche Kirchturm. Das hat nichts mehr mit
        natur- und landschaftsverträglich zu tun – das ist die sys-
        tematische Zerstörung einer Kulturlandschaft. Ich
        möchte mal sehen, wie schnell sich die Einstellung der
        Bundesregierung zur Windenergie ändert, wenn im Ab-
        stand von 500 Meter um das Bundeskanzleramt oder in
        Hannover 80 Windräder stehen würden. Ein Machtwort
        wäre fällig! Frau Doris Schröder-Köpf, übernehmen Sie!
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        renze zur Nachbargemeinde gebaut. Genau wie etliche
        taaten gerne ihre Atommeiler an der Grenze zum Nach-
        arstaat bauen, genauso geht es mit der Windenergie.
        rei nach dem Cattenom-Prinzip: Selber die Vorteile ha-
        en und die Nachteile den anderen zuschustern. Das hat
        och nichts mit umweltfreundlichen Energien zu tun –
        as ist der Wilde Westen, nur dass der dieses Mal auf
        em Hunsrück liegt.
        Windenergie lässt sich eben nicht nur auf einem abge-
        obenen politischen Niveau diskutieren. Der Ausbau der
        indenergie hat eine erhebliche lokale Dimension und
        ieses sollten wir nicht länger ignorieren. Das wichtigste
        apital der erneuerbaren Energien ist ihr Image als
        anfte und umweltgerechte Energie. Dieses Kapital zer-
        tören Sie, wenn Sie weiterhin den Ausbau der Wind-
        nergie in Wildwestmanier fördern.
        Der vorliegende Entwurf ist eine ausgestreckte Hand.
        ir wollen Windenergie nicht verhindern. Wir wollen
        ber, dass der Ausbau landschafts-, umwelt- und vor al-
        em auch menschenverträglich vorgenommen wird. Wir
        ollen erreichen, dass den Gemeinden die Zeit einge-
        äumt wird, die sie für die Planung eines landschafts-,
        mwelt- und menschenverträglichen Ausbaus der Wind-
        nergie benötigen.
        Wir fordern von Ihnen nicht viel, sondern ein kleines
        eichen, dass Sie trotz aller Begeisterung für die Wind-
        nergie auch die Sorgen und Nöte der Betroffenen sehen.
        ir wollen nicht, dass Sie die Energiewende anordnen,
        ondern gemeinsam mit den Menschen durchführen. Ist
        as zu viel verlangt?
        75. Sitzung
        Berlin, Donnerstag, den 13. November 2003
        Inhalt:
        Redetext
        Anlagen zum Stenografischen Bericht
        Anlage 1
        Anlage 2
        Anlage 3
        Anlage 4
        Anlage 5