Protokoll:
15044

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 15

  • date_rangeSitzungsnummer: 44

  • date_rangeDatum: 9. Mai 2003

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  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 14:47 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 15/44 Dr. Dieter Wiefelspütz SPD . . . . . . . . . . . . . 3670 D rungssteuerungs- und Integrations- gesetz) (Drucksachen 15/538, 15/955, 15/957, 15/960) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Michael Bürsch SPD . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Bosbach CDU/CSU . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Bosbach CDU/CSU . . . . . . . . . Dr. Max Stadler FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast SPD . . . . . . . Erwin Marschewski (Recklinghausen) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Dieter Wiefelspütz SPD . . . . . . . . . . . Josef Philip Winkler BÜNDNIS 90/DIE Thomas Strobl (Heilbronn) CDU/CSU . . . . . Hans-Christian Ströbele BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartmut Schauerte CDU/CSU . . . . . . . . Jörg van Essen FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 13: Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu den Protokollen vom 26. März 2003 zum Nordatlantikvertrag über den Beitritt der Republik Bulgarien, der Republik Estland, der Republik Lett- land, der Republik Litauen, Rumä- 3645 B 3645 C 3647 A 3650 A 3650 D 3652 C 3654 C 3656 A 3658 A 3672 D 3674 B 3674 D 3676 A Deutscher B Stenografisch 44. Sitz Berlin, Freitag, de I n h a l Zusatztagesordnungspunkt 14: – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz) (Drucksachen 15/420, 15/522) . . . . . . – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Max Stadler, Rainer Funke, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbür- gern und Ausländern (Zuwande- P O N Z3645 A GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reinhard Grindel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 3658 B 3659 D undestag er Bericht ung n 9. Mai 2003 t : etra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . . tto Schily, Bundesminister BMI. . . . . . . . . . orbert Geis CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . Rüdiger Veit SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Max Stadler FDP . . . . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 15: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD, des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN und der FDP ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Neurege- lung des Schutzes von Verfassungsorga- nen des Bundes (Drucksachen 15/805, 15/969) . . . . . . . . . 3661 D 3662 C 3667 C 3667 D 3668 B 3670 C niens, der Slowakischen Republik und der Republik Slowenien (Drucksache 15/906) . . . . . . . . . . . . . . . . 3676 D II Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. Mai 2003 Dr. Peter Struck, Bundesminister BMVg . . . . Dr. Friedbert Pflüger CDU/CSU . . . . . . . . . . Dr. Ludger Volmer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Werner Hoyer FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) CDU/CSU Markus Meckel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Klaus Rose CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . Dr. Peter Struck SPD . . . . . . . . . . . . . . . . Monika Heubaum SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 15: Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Bekämpfung des Missbrauchs von 0190er-/0900er-Mehrwertdienste- rufnummern (Drucksache 15/907) . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 16: Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Krogmann, Ursula Heinen, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Den Missbrauch von Mehrwertdienste- rufnummern grundlegend und umfas- send bekämpfen (Drucksache 15/919) . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 16: Antrag der Abgeordneten Katherina Reiche, Helmut Heiderich, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Weiterentwicklung einer Biotechnolo- giestrategie für den Forschungs- und Wirtschaftsstandort Deutschland (Drucksache 15/423) . . . . . . . . . . . . . . . . . Katherina Reiche CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . Dr. Carola Reimann SPD . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrike Flach FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . René Röspel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrike Flach FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Helmut Heiderich CDU/CSU . . . . . . . . . . . . René Röspel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . T i Z H W B M B A N A L A Z – – ( n M H U D U M D A A 3677 A 3678 D 3681 B 3682 C 3684 B 3685 D 3687 D 3689 B 3690 C 3691 A 3692 A 3692 B 3692 C 3692 D 3695 B 3697 A 3698 A 3698 B 3698 D 3699 D 3700 D 3703 A agesordnungspunkt 17: Erste Beratung des von den Abgeordne- ten Hans-Michael Goldmann, Birgit Homburger, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung des Geset- zes zur Modulation von Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpoli- tik und zur Änderung des GAK-Gesetzes (Drucksache 15/754) . . . . . . . . . . . . . . . . . n Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 17: Erste Beratung des vom Bundesrat einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung des Modulationsgesetzes und zur Änderung des GAK-Gesetzes (Drucksache 15/948) . . . . . . . . . . . . . . . . ans-Michael Goldmann FDP . . . . . . . . . . . altraud Wolff (Wolmirstedt) SPD . . . . . . . ernhard Schulte-Drüggelte CDU/CSU . . . . atthias Berninger, Parl. Staatssekretär MVEL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . lbert Deß CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . ächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 1 iste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . nlage 2 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung: des Gesetzes zur Bekämpfung des Miss- brauchs von 0190er-/0900er-Mehrwert- diensterufnummern des Antrags: Den Missbrauch von Mehr- wertdiensterufnummern grundlegend und umfassend bekämpfen Tagesordnungspunkt 15 und Zusatztagesord- ungspunkt 16) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . anfred Helmut Zöllmer SPD . . . . . . . . . . . ubertus Heil SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . rsula Heinen CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . r. Martina Krogmann CDU/CSU . . . . . . . . lrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN arita Sehn FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Ditmar Staffelt SPD . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 3 mtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3705 B 3705 C 3705 C 3706 D 3709 A 3710 C 3712 B 3713 D 3715 A 3715 C 3715 C 3716 D 3717 B 3718 D 3720 A 3721 B 3722 B 3724 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. Mai 2003 3645 (A) ) (B) ) 44. Sitz Berlin, Freitag, de Beginn: 9.0
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    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. Mai 2003 3715 (A) ) (B) ) lung des Europarates bei Blocktarifen; fünftens die Zwangsabschaltung des * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versamm- a uf 3 Euro bei zeitabhängigen Gesprächen, auf 30 Euro Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten A L d p s z z k d H u n f M r w n K b l e g b N d b A r u s d d 0 A w d W l Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Altmaier, Peter CDU/CSU 09.05.2003 Bachmaier, Hermann SPD 09.05.2003 Dr. Bauer, Wolf CDU/CSU 09.05.2003 Breuer, Paul CDU/CSU 09.05.2003 Brunnhuber, Georg CDU/CSU 09.05.2003 Eichhorn, Maria CDU/CSU 09.05.2003 Dr. Gauweiler, Peter CDU/CSU 09.05.2003 Griese, Kerstin SPD 09.05.2003 Hoffmann (Chemnitz), Jelena SPD 09.05.2003 Jonas, Klaus Werner SPD 09.05.2003* Karwatzki, Irmgard CDU/CSU 09.05.2003 Kelber, Ulrich SPD 09.05.2003* Dr. Köhler, Heinz SPD 09.05.2003 Krüger-Leißner, Angelika SPD 09.05.2003 Dr. Kues, Hermann CDU/CSU 09.05.2003 Dr. Lippold (Offenbach), Klaus W. CDU/CSU 09.05.2003 Mayer (Altötting), Stephan CDU/CSU 09.05.2003 Minkel, Klaus CDU/CSU 09.05.2003 Möllemann, Jürgen W. fraktionslos 09.05.2003 Müller (Erlangen), Stefan CDU/CSU 09.05.2003 Nooke, Günter CDU/CSU 09.05.2003 Otto (Godern), Eberhard FDP 09.05.2003 Schultz (Everswinkel), Reinhard SPD 09.05.2003 Simm, Erika SPD 09.05.2003 Stübgen, Michael CDU/CSU 09.05.2003 Dr. Thomae, Dieter FDP 09.05.2003 Vaatz, Arnold CDU/CSU 09.05.2003 Vogt (Pforzheim), Ute SPD 09.05.2003 Volquartz, Angelika CDU/CSU 09.05.2003 Wissmann, Matthias CDU/CSU 09.05.2003 Wöhrl, Dagmar CDU/CSU 09.05.2003 (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht nlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden Zur Beratung – des Gesetzes zur Bekämpfung des Miss- brauchs von 0190er-/0900er-Mehrwertdiens- terufnummern – des Antrags: Den Missbrauch von Mehrwert- diensterufnummern grundlegend und um- fassend bekämpfen (Tagesordnungspunkt 15 und Zusatztagesordnungspunkt 16) Manfred Helmut Zöllmer (SPD): Die Öffnung und iberalisierung des Telekommunikationsmarktes hat aus er Sicht der Verbraucherinnen und Verbraucher viele ositive Ergebnisse gebracht. Es ist eine Wettbewerbs- ituation zwischen den Anbietern entstanden, die häufig u niedrigeren Preisen führte – mithin eine direkte finan- ielle Entlastung für viele Kundinnen und Kunden. Einhergehend mit dieser Entwicklung sind im Tele- ommunikationsbereich viele Angebote entstanden, die en Alltag bequemer gestalten – etwa die Nutzung von otlines, um Theaterkarten zu bestellen, oder Faxabrufe, m schnell und unkompliziert an spezielle Informatio- en zu gelangen. Doch die Liberalisierung alleine führt nicht zu einer ür alle Kunden befriedigenden Situation. Wo ein freier arkt herrscht führt dies gerade bei technischen Neue- ungen häufig auch zu Missbrauch. Telefonische Mehr- ertdienste und Internetangebote werden zum Teil ge- utzt, um in besonders dreister Weise an das Geld der unden zu kommen. Oftmals handelt es sich sogar um etrügerische Machenschaften, bei denen manchem Te- efon- oder Internetnutzer großer materieller Schaden ntstanden ist. Im Internet finden Sie viele Schilderun- en, mit welchen perfiden Tricks hier viele Anbieter ar- eiten. Erst wenn die Rechnung kommt, erfahren viele utzer, dass sie abgezockt worden sind. Dieser nicht zu billigenden Fehlentwicklung muss ringend Einhalt geboten werden, zum Schutze der Ver- raucherinnen und Verbraucher, aber auch, um seriöse nbieter nicht in Verruf zu bringen. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Bundes- egierung zur Bekämpfung des Missbrauchs von 0190er- nd 0900er-Mehrwertdiensterufnummern wird diesem kandalösen Treiben ein Riegel vorgeschoben. So sieht er Gesetzentwurf vor: erstens den Aufbau einer für je- en auch über das Internet zugänglichen Datenbank von 900er-Nummern und deren Anbietern; zweitens die uskunftspflicht der Netzbetreiber über 0190er-Mehr- ertdiensteanbieter gegenüber der Regulierungsbehörde; rittens die Verpflichtung der Dienstanbieter in ihrer erbung und vor der Nutzung der Nummern zur deut- ichen Preisangabe; viertens die Begrenzung des Entgelts 3716 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. Mai 2003 (A) ) (B) ) Gesprächs nach 60 Minuten; sechstens den Verlust des Entgeltanspruchs eines Anbieters, der seine Preisinfor- mationspflichten nicht erfüllt; siebentens die Registrie- rung von Dialern bei der Regulierungsbehörde. Der Entwurf sieht darüber hinaus weitere Sanktions- möglichkeiten bis hin zum Nummernentzug bei Verstö- ßen gegen Auflagen vor. Viele Anbieter halten sich jetzt bereits daran: Wer sich beispielsweise für die Show „Wer wird Millionär?“ als Kandidat telefonisch bewirbt, erfährt zu Beginn des Telefonats, wer der Anbieter der Service-Hotline ist und was das Gespräch kostet. Diese verbindliche Durchsage wird zukünftig für alle Anbieter zur Pflicht. Die Ver- braucherinnen und Verbraucher werden sowohl in der Werbung für Mehrwertdiensterufnummern als auch beim Anruf selbst alle Preisbestandteile genau erfahren. Dies schafft Transparenz und der Kunde weiß, welche telefonische Dienstleistung er erwirbt und was diese kos- tet, und kann sich frei entscheiden, welche Leistung er in Anspruch nehmen will. Das Gesetz legt ferner fest, dass ein zeitabhängiger Preis höchstens drei Büro pro Minute betragen darf, Blocktarife höchstens 30 Euro pro Verbindung. Die au- tomatische Trennung der Verbindung nach 60 Minuten wird zur Pflicht. Durch diese Maßnahmen verhindert das Gesetz, dass astronomische und ruinöse Rechnungen für den Einzelnen entstehen können. Soll die Verbindung länger andauern, muss der Kunde ausdrücklich zustim- men, ansonsten ist die längere Verbindung rechtswidrig. Der Kunde muss dann nicht zahlen. Bei Telefaxdiensten ist die Zahl der zu übermittelnden Seiten anzugeben. Ein großes Problem war für die Kundinnen und Kun- den oftmals, dass sie hohe Rechnungen erhielten, aber die wirklich oder angeblich genutzten Dienste nicht er- kennbar waren. Die Telefonkunden erhalten jetzt einen Auskunftsanspruch gegenüber der Regulierungsbehörde: Sie können nun erfahren, wer sich tatsächlich hinter ei- ner 0190er-Rufnummer verbirgt. Die neuen 0900er- Nummern, die seit Januar dieses Jahres genutzt werden können und die 0190er-Nummern allmählich ablösen, werden in einer Datenbank erfasst und können im Inter- net eingesehen werden. Wenn jetzt für Verbraucherinnen und Verbraucher oft unklar ist, wer der Anbieter ist, so wird durch diese öffentlich zugängliche Liste die Ano- nymität der Anbieter durchbrochen; schwarze Schafe werden abgeschreckt. Die Regulierungsbehörde erhält zudem das Recht, Nummern zu entziehen, wenn ihr die rechtswidrige Nutzung bekannt wird. Auch eine besonders gerissene Variante zur Geld- schneiderei beim Internetgebrauch greift das neue Ge- setz auf: Während der ahnungslose Kunde Seiten im In- ternet aufsucht, lädt sich unbemerkt ein so genannter Dialer auf. Bei jeder erneuten Einwahl in das Internet kommt eine zumeist sehr kostspielige Verbindung zu- stande; viele Kunden werden mit horrenden Rechnungen konfrontiert. Lassen Sie es mich deutlich sagen: Dies war und ist auch jetzt bereits Betrug im strafrechtlichen Sinne. Sol- che abgezockten Kunden sind nicht verpflichtet; derart b r D v n m w a b M I z B n g v d b m f d 0 h z 0 b b b s d V A z l g u e d i l c h b r u w N (C (D etrügerisch entstandene Kosten zu tragen, wie es be- eits mehrere Gerichte in Deutschland festgestellt haben. as neue Gesetz sieht in diesem Zusammenhang nun or, dass diese Anwählprogramme vor ihrer Inbetrieb- ahme von der Regulierungsbehörde registriert werden üssen. Das Registrierungsverfahren und die Standards erden von der Regulierungsbehörde vorgegeben. Kundinnen und Kunden müssen und werden damit uch im Telekommunikationsbereich zu bewussten Ver- rauchern. Wer diese Dienste nutzen möchte, hat nun die öglichkeit, Entscheidungen auf der Basis umfassender nformationen zu treffen. Ich begrüße es ausdrücklich, dass auch die CDU/CSU u dieser Thematik einen Antrag vorgelegt hat. Es ist das emühen sichtbar, eigene Defizite im Verbraucherschutz un in der Opposition aufzuarbeiten. In vielen Punkten gibt es Übereinstimmung; bei eini- en anderen Punkten geht es nach der Melodie: viel hilft iel. Das ist schon in der Medizin häufig ein Irrtum. Mit em Gesetzentwurf der Bundesregierung soll Miss- rauch bekämpft werden – nicht aber die Anbieter. Dies achen Sie, wenn Sie unter anderem ein Inkassoverbot ordern. Dieses Gesetz jedenfalls bedeutet einen guten Schutz er Verbraucherinnen und Verbraucher im Bereich der 190er-Nummern und 0900er-Nummern und wird des- alb von der SPD-Fraktion unterstützt. Hubertus Heil (SPD): Die Novellierung des Geset- es zur Bekämpfung des Missbrauchs von 0190er/ 900er-Mehrwertdienstenummern hat das Ziel, die Ver- raucher vor den verschiedensten Formen des Miss- rauchs, der leider allzu oft mit diesen Nummern betrie- en wurde, zu schützen. Beispiele für Formen des Missbrauchs sind die Ver- chleierung der 0190er-Nummern durch Voranstellung er Ländervorwahl, einer Preselection-Nummer, der ersand von Briefen mit angeblich hohen Gewinnen, ufforderung, den Erhalt des Briefes durch Rückruf – 0190 – u bestätigen, das Anbieten von „kostenlosen Down- oads“ für Sicherheits-Software oder Virenschutzpro- ramme – dahinter verbirgt sich ein teurer Dialer – das nbemerkte Umschalten von einem Dialer beim Aufruf iner Internet-Seite. Zusammenfassend kann man sagen, dass die Defizite es bestehen Gesetzes in der Anonymität des Anbieters, n der mangelnden Transparenz, in dem hohen finanziel- en Risikopotenzial und in den Sanktionen bei Missbräu- hen liegen. Die Regelungen des neuen Gesetzentwurfs sehen des- alb Folgendes zu diesen Punkten vor: Erstens zu der Anonymität des Anbieters. Der Ver- raucher hat einen Anspruch gegenüber der Regulie- ungsbehörde für Telekommunikation und Post, Namen nd Anschrift des Diensteanbieters zu erfahren. Zudem ird eine für jeden zugängliche Datenbank von 0900er- ummern aufgebaut. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. Mai 2003 3717 (A) ) (B) ) Zweitens zu der mangelnden Transparenz. Neu ist, dass es zukünftig eine Verpflichtung zur Preisangabe bei Werbepublikationen geben muss, ebenso wie eine Ver- pflichtung zur Preisansage für Mobilfunknetze mit einer Übergangsfrist. Drittens zu dem hohen finanziellen Risikopotenzial. Die Preise für zeitabhängige Mehrwertdiensteverbin- dung auf 3 Euro pro Minute bzw. 30 Euro bei zeitunab- hängigen Dienstleistungen, Blocktarife, werden be- grenzt. Nach einer Stunde erfolgt automatisch die Zwangsabschaltung einer Mehrwertdiensteverbindung. Zudem müssen Dailer bei der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post registriert werden. Viertens zu den Sanktionen bei Missbräuchen. Bei ei- nem Verstoß gegen die Preisinformationspflicht entfällt der Entgeltanspruch. Die Regulierungsbehörde für Tele- kommunikation und Post erhält klare und eindeutige Befugnisse, Nummern zu entziehen oder Bußgelder auf- zuerlegen, wenn gegen gesetzliche Bestimmungen ver- stoßen wird. Auf diese Art und Weise wird das beste- hende Vollzugsdefizit aufgehoben. Das jetzt in den Bundestag eingebrachte Gesetz gibt dem Verbraucher nun zusätzliche Instrumente, um sich gegen den Griff in sein Portemonnaie zur Wehr zu setzen. Mit Blick auf die CDU/CSU-Fraktion will ich aber doch deutlich sagen: Wenn wir dem Antrag vollständig folgen, dann ist das Geschäftsmodell der Mehrwert- diensterufnummern kaputt, dann sind Umsätze in einer Größenordnung von bis zu 2 Milliarden Euro nicht mehr realisierbar. Sie kippen das Kind mit dem Bade aus. Das ist nicht angemessen. Ein Zweites muss bedacht werden: Die Anbieter von Mehrwertenummern haben wirksame Verträge zur Nut- zung dieser Nummern mit einem abschließenden Kata- log von Rechten und Pflichten geschlossen: Wenn der Gesetzgeber den Pflichtenkatalog nachträglich verän- dert, muss er auch für den eintretenden Schaden aufkom- men. Wir müssen einen Nachtragshaushalt von etwa 2 Mil- liarden Euro beschließen, um den eintretenden Schaden aus der Streichung der 0190er-Nummern zu finanzieren. Genau aus diesem Grund werden die 0190er-Nummern doch in die 0900er-Nummern umgewandelt, um auf ei- ner neuen Vertragsgrundlage den Kundenschutz zu ver- bessern, ohne Schadenersatzforderungen wirksam zu machen. Ein weiterer Punkt in der Debatte ist: Ich erwarte von der Industrie ein hartes und energisches Vorgehen gegen die schwarzen Schafe in der Telekommunikationsbran- che. Auch bei geringsten Anzeichen von Missbrauch müssen die Gesellschaften, in deren Leitungen dieses passiert, aktiv werden und die Betrugsversuche eindeu- tig abstellen. Die Wirtschaft hat hier eindeutig die Pflicht, sich selbst in der Verantwortung zu sehen und sich selbst zu verpflichten. Ursula Heinen (CDU/CSU): Endlich, endlich, nach langen Debatten, zahlreichen Entwürfen, Vorschlägen u f d r P r k s 0 C N 0 s R d s g m g g K s t n s n 0 v v d a a g p z u a w T n e n v e z v e w (C (D nd Diskussionen liegt der Gesetzentwurf zur Bekämp- ung des Missbrauchs von 0190er-/0900er-Mehrwert- iensterufnummern auf dem Tisch – ein Schritt in die ichtige Richtung, aber eben nur ein Schritt. In wichtigen unkten – meine Kollegin Martina Krogmann hat es be- eits ausgeführt – springt der Gesetzentwurf einfach zu urz. Die Beispiele sind bereits diskutiert. So führt die aus- chließliche Anwendung des Gesetzes nur auf die 190er-/0900er-Nummern nach Ansicht von CDU und SU dazu, dass der Missbrauch sich künftig auf andere ummerngassen erstrecken wird, beispielsweise auf die 136er-, 0137er- oder auf die 0193er-Nummern. Am 9. April begründete der Parlamentarische Staats- ekretär im Wirtschaftsministerium Gerd Andres in der egierungsbefragung, weshalb das Gesetz lediglich auf ie 0190er-/0900er-Nummern beschränkt bleiben soll, chlicht: weil in diesen beiden Nummerngassen die rößten Missbräuche stattfinden. – „Zurzeit“ müsste an anfügen. – Ich zitiere ihn weiter: Wenn sich in der Tat Verlagerungen abzeichnen sollten, muss entsprechend reagiert werden. Ich kann Ihnen hier und heute Brief und Siegel drauf eben, dass es zu Verlagerungen kommen wird. Diejeni- en, die massiven Missbrauch betreiben, viele Tausend unden betrogen haben, werden sich kaum davor cheuen, andere Rufnummern zu nutzen. Deshalb erwar- en wir, dass sich der Anwendungsbereich des Gesetzes icht nur auf die 0190er-/0900er-Nummern erstreckt, ondern auf andere Nummerngassen ausgedehnt wird. Übrigens: Das sich die einzurichtende Datenbank icht auf die noch bis Ende des Jahres 2004 geltenden 190er-Nummern beziehen soll, ist schlicht nicht nach- ollziehbar. Hier kommt doch der größte Missbrauch or. Hier sollten die Verbraucher auch heute erfahren ürfen, wer sich hinter den Anbietern versteckt. Positiv hingegen ist festzuhalten, dass das Gesetz nun uch für den Mobilfunk gilt. Schwer nachvollziehbar ist llerdings, warum den Mobilfunkbetreibern eine Über- angsfrist von einem Jahr eingeräumt wird, um die Ver- flichtung zur Preisangabe erfüllen zu können. Ein kür- erer Zeitraum wäre besser und wünschenswert; denn nseres Erachtens spielt sich hier der größte Missbrauch b. Lassen Sie mich dazu zwei kurze Beispiele nennen: Diensteanbieter gehen mehr und mehr dazu über, illkürlich Handynummern anzuwählen. Ihr Kalkül: aucht die Rufnummer in der Anruferliste mit entgange- en Anrufen auf und ist die 0190er-Nummer nicht direkt rkennbar – in vielen Fällen erscheint die Länderken- ung 0049 vor der eigentlichen Rufnummer –, neigen iele Telefonkunden dazu, zurückzurufen. Man könnte ja inen wichtigen Anruf versäumt haben. Ruft man nun urück, ist der Kunde mit einem teuren Diensteanbieter erbunden. Das ist Fall Nummer eins. Fall Nummer zwei hat mein 13-jähriges Patenkind ine ordentliche Summe Taschengeld gekostet. Immer ieder wurde sie per SMS von einer ihr unbekannten 3718 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. Mai 2003 (A) ) (B) ) Rufnummer aufgefordert, sich an einem Chat zu beteili- gen. Mein Patenkind wusste nicht so recht, wie sie damit umgehen sollte und schrieb eine SMS zurück mit der Bitte, sie doch in Ruhe zu lassen. Doch immer wieder er- hielt sie neue Nachrichten von dem Diensteanbieter und immer wieder schrieb sie zurück. Das Ende vom Lied: Über 100 Euro Kosten für diese SMS. Aufgrund der vielfältigeren Möglichkeiten im Mobil- funk ist es daher angebracht, zügig den Anwendungsbe- reich des Gesetzes zu erweitern. Zudem wächst der Markt für mobile Mehrwertdienste sehr stark – zu nen- nen sind: Premium SMS, MMS, UMTS –, sodass hier auch ein enormes Missbrauchspotenzial besteht. Sicherlich ist es richtig – hier erhalten Sie auch unsere Unterstützung –, eine Preisobergrenze – über die Höhe lässt sich sicher trefflich streiten – einzuführen. Auch die Zwangstrennung ist ohne Zweifel notwendig und sinn- voll. Hier erhalten Sie ebenfalls unsere Zustimmung. Aber was geschieht nun, wenn der Kunde eine Rech- nung vom Netzbetreiber erhält, in der er aufgefordert wird, hohe Gebühren für angebliche Gespräche/Verbin- dungen zu – sagen wir – 0190er-Nummern zu bezahlen. Der Netzbetreiber, in den meisten Fällen die Deutsche Telekom, zieht auf jeden Fall das Geld ein. Wenn der Kunde nicht bereit ist, die Rechnung zu begleichen, wird der Anschluss gesperrt, selbst dann, wenn der Kunde dem Netzbetreiber gegenüber deutlich machen und nachweisen kann, dass er nicht telefoniert hat. Im Klar- text: Der Netzbetreiber sorgt für Begleichung der Rech- nung – auch wenn er dies damit für einen unseriösen An- bieter tut. Wir fordern daher ein Inkassoverbot für den Netzbe- treiber. Denn nur durch ein solches Inkassoverbot errei- chen wir, dass die Kunden nicht in langwierigen und schwierigen Klageverfahren ihr Geld zurückfordern müssen. Klare Regeln, um Betrügern das Handwerk zu legen, gibt es zurzeit nicht – zum Leid der Verbraucher, aber auch zum Leid der seriösen Anbieter. Wir kennen die Redewendung: Auf hoher See und vor Gericht befin- den wir uns alle in Gottes Hand. So geht es zurzeit – man- gels gesetzlicher Regelungen – denjenigen, die auf dem Klageweg ungerechtfertigt eingezogene Gelder von Netzbetreibern zurückzuerhalten versuchen. Ich frage Sie: Wer ist denn stärker – der Netzbetreiber, etwa die Deutsche Telekom oder Vodafone – oder Frau Müller, die nie geführte Telefonate bezahlen soll? Die Antwort ist doch eindeutig. Ein aktuelles Beispiel: Ein minderjähriger Junge hatte beim Surfen im Internet Dialer-Software heruntergela- den. Diese Software war so eingerichtet, dass sie eine 0190er-Nummer als Standardverbindung in das Internet installierte. Wochenlang wählte sich der Junge, ohne dies zu bemerken – denn der Dialer war vordergründig gelöscht –, in das Internet zu einem Minutenpreis von 1,86 Euro ein. Der Netzbetreiber klagte Gebühren in Höhe von rund 8 000 Euro gegen die Mutter des minder- jährigen Jungen ein. In der ersten Instanz vor dem Berli- ner Landgericht wurde die Mutter als Inhaberin des An- schlusses zur Zahlung verurteilt. Das Kammergericht Berlin hat dann in zweiter Instanz dieses Urteil aufgeho- b w E e a b P d n 0 s e b V h d e n s r K v b S S i d R s B n F H w V s e te A m N k B n N g A d w w d u (C (D en. Es ist aber gleichzeitig zur Revision zugelassen orden, sodass der Bundesgerichtshof nun die letzte ntscheidung fällt. Die bloße Registrierungspflicht, wie sie im Gesetz- ntwurf vorgesehen ist, reicht unseres Erachtens nicht us, um solche Fälle zu verhindern. Denn unseriöse An- ieter, die typischerweise auf den Bahamas unter einer ostfachadresse ansässig sind, wird man mit Bußgeld- rohungen kaum beeindrucken können. Außerdem kön- en findige Betrüger auch versuchen, die 0190er-/ 900er-Nummern durch ausländische Nummern zu er- etzen, sich auf diese Weise der Registrierungspflicht zu ntziehen. Es bleibt also in der Tat nur das Inkassover- ot. Dies ist für uns die wichtigste Schutzvorschrift für erbraucher. Die Alternative ist, dass es direkt zu Geschäftsbezie- ungen zwischen Kunden und Diensteanbietern – und amit auch zur Rechungslegung – kommt. Dass das Inkassoverbot nicht mehr im Gesetzentwurf nthalten ist, verwundert. Noch in der Ausgabe des Fi- anztest-Heftes von 7/2002 erläutert die Verbraucher- chutzministerin, Renate Künast, dass die Bundesregie- ung eine Verschärfung der Telekommunikations- undenschutzverordnung auf den Weg bringen will, die orsieht, dass Netzbetreiber bei Widerspruch des Ver- rauchers einfach nicht abkassieren dürfen. Wir fragen ie: Wo bleibt diese notwendige Gesetzesänderung, die ie doch einmal für notwendig gehalten haben? Warum st das aus dem Entwurf wieder herausgestrichen wor- en? Die Mutter des Jungen, die jetzt vor dem BGH auf echt wartet, wäre Ihnen dankbar. Für die kommenden Beratungen in den Ausschüssen chlage ich Ihnen vor: Nehmen Sie unseren Antrag zur ekämpfung des Missbrauchs von Mehrwertdiensteruf- ummern an! Nehmen Sie auch den Verhaltenskodex der reiwilligen Selbstkontrolle Telefonmehrwertdienste an! ier haben die Unternehmen eine gute Verpflichtung frei- illig unterzeichnet – und diese ist mehr zum Nutzen der erbraucher als Ihr Gesetzentwurf. Binden Sie diese Vor- chläge und unsere Änderungen in Ihren Gesetzentwurf in! Dann werden wir eine vernünftige Regelung erhal- n, die die Verbraucher schützt, aber auch die seriösen nbieter von Mehrwertdiensten nicht zu sehr belastet. Dr. Martina Krogmann (CDU/CSU): Lassen Sie ich mit einer guten Nachricht beginnen: Die gute achricht ist, dass Sie nach über einem Jahr großer An- ündigungen nunmehr endlich einen Gesetzentwurf zur ekämpfung des Missbrauchs bei den Mehrwertdienste- ummern vorgelegt haben. Dann hört es mit den guten achrichten allerdings schon auf. Der Gesetzentwurf eht zwar in die richtige Richtung und hat einige richtige nsätze, insgesamt ist er aber unzureichend und wird en Missbrauch von Mehrwertdiensterufnummern nicht irksam bekämpfen. Sie werden mit Ihrem Gesetzent- urf in der jetzigen Form weder den Verbraucher noch ie seriösen Anbieter der Branche schützen. Mehrwertdiensterufnummern sind all die Nummern, nter denen man schnell und einfach telefonisch oder Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. Mai 2003 3719 (A) ) (B) ) über den PC Dienstleistungen abfragen kann – Beratungs- dienste, den Wetterbericht, Informationen der Stiftung Warentest, Stauprognosen, Verbraucherschutzzentralen. Diese Dienste sind bei Verbrauchern auch deshalb sehr beliebt, weil die Bezahlung einfach über die Tele- fonrechnung abgewickelt wird. Wirtschaftlich ist die Branche zu einem wichtigen Dienstleistungsmarkt ge- worden. Die seriösen Anbieter von Mehrwertdiensten erwirtschafteten im vergangenen Jahr einen Umsatz von 1,5 Milliarden Euro. Das Problem ist nun, dass es seit längerem zu erhebli- chem Missbrauch bei den Nummern kommt. Dadurch entsteht einmal erheblicher volkswirtschaftlicher Scha- den, da durch einige schwarze Schafe das Ansehen des gesamten Marktes beschädigt wird. Zum zweiten ent- steht erheblicher Schaden bei den Verbrauchern, die mit immer kreativeren Methoden teilweise wirklich gnaden- los abgezockt werden, und zwar überall, im Festnetz, über Handy, per Fax und vor allem im Internet. Fangen wir mit einem harmlosen Beispiel an: Stellen Sie sich mal vor, Herr Staatssekretär, Sie erhalten ein Fax, in dem gefragt wird: Wollen Sie auch weiterhin die neuesten Finanz-Angebote per Fax erhalten? Wenn nicht, so schicken Sie uns bitte beiliegendes Antwortfax. – Nun sagen Sie sich: Ich habe doch als Staatssekretär eigentlich ein ganz gutes Auskommen, und Sie schicken das vorbereitete Antwortfax zurück an den Absender – eine 0190er-Nummer –, um in Zukunft eben keine der- artigen Faxe mehr zu kriegen. Dieses Fax kostet Sie schlappe acht Euro. Diese Faxe sind millionenfach bun- desweit verschickt worden. Relativ neu ist die Abzocke über das Handy. Das Handy klingelt nur einmal, auf dem Display erscheint eine Nummer, 0137 oder 0190, meist getarnt durch eine Länderkennung. Wenn Sie arglos zurückrufen kostet Sie das bis zu zwei Euro. Oder Sie kriegen eine SMS mit nettem Text: „Lieber Hubertus, versuche seit Tagen dich zu erreichen, habe eine tolle Nachricht für dich. Ruf doch mal zurück.“ Wenn Sie auf die fünfstellige Kurz- wahl antworten, kann Sie das bis zu drei Euro kosten. Besonders dreist ist die Abzocke über das Internet im Zusammenhang mit den so genannten Dialern. Ohne dass man es merkt, bauen sich mit einem falschen Klick Verbindungen auf, die Dialer installieren sich selbst. Und Sie zahlen bis zu 1 000 Euro pro Einwahl oder so- gar fünf Euro pro Minute. Das dicke Ende kommt dann erst Wochen später mit der Telefonrechnung. Die Beispiele machen deutlich, dass wirklich dringen- der Handlungsbedarf besteht und dass vor allem schnell gehandelt werden muss, weil der Missbrauch immer mehr zunimmt. Nun zu Ihrem Gesetzentwurf: Wir begrüßen, dass Sie auf unser Drängen hin endlich doch den Mobilfunk mit aufgenommen haben. Es wäre wirklich grotesk gewesen, in Zeiten der Konvergenz der Medien den Festnetz- bereich aufzunehmen, aber den Mobilfunk außen vor zu lassen. In vielen Punkten Ihr Gesetz allerdings absolut unzu- reichend und unpraktikabel. Der größte Fehler ist, dass S 0 o b n p 0 s h c g h r 0 d b h e b w s S V d i v A n T § n t g g d h n U d v t a C r S b N n i m b m i w l (C (D ie das Gesetz beschränkt haben auf die 0190er- und 900er-Nummern. Andere Nummerngassen, wie 0136er der 0137er-Nummern oder auch die 0193er Nummern, leiben völlig außen vor und werden in ihrem Gesetz och nicht einmal erwähnt. Es ist doch klar, was jetzt assiert: Es wird natürlich eine Verlagerung von den 190er-und 0900er-Nummern auf andere Nummern tattfinden. Im Klartext heißt das: Ihr Gesetz ist in Wahr- eit eine Einladung auf dem Silbertablett an alle Abzo- ker, einfach von 0190er auf andere Nummern umzustei- en und dann weiter abzukassieren. Und außerdem finde ich es schon interessant, dass bei eise-online im newsticker am 16. April folgende Nach- icht zu lesen war: „Regulierungsbehörde geht gegen 193-Dialer vor“. 0193 – also eine Nummerngasse, von er Sie leugnen, dass hier überhaupt Missbrauch betrie- en wird. Nun ist die Regulierungsbehörde aber eine Be- örde des Bundeswirtschaftsministeriums. Ihre Behörde rmittelt bereits dort, wo Sie sagen, dass gar kein Pro- lem besteht. Das kann doch nur heißen: Ihnen ist das ahre Ausmaß des Missbrauchs gar nicht klar. Das ist chon schlimm, weil Sie ja die Gesetze machen. Aber ie tragen Ihre Ahnungslosigkeit auf dem Rücken der erbraucher und der seriösen Anbieter aus und das wer- en wir nicht mitmachen. Ein weiteres Beispiel für die Unzulänglichkeit ist die n § 43 a formulierte Auskunftslösung. Jeder Bürger muss on der Regulierungsbehörde Auskunft über Namen und nschrift der Diensteanbieter erhalten können. Das ist atürlich wichtig für den Verbraucherschutz und die ransparenz, wir unterstützen das. Sie haben jetzt aber in 43 a einen Auskunftsanspruch durch die Zuteilungs- ehmer, also die Netzbetreiber, formuliert. Sie verpflich- en die Zuteilungsnehmer gegen Androhung von Buß- eld, die Daten von allen ihren Kunden, also von der esamten Kette der Diensteanbieter auf ihren Netzen, an ie Regulierungsbehörde zu übermitteln, und zwar inner- alb von fünf Tagen! Dies ist schlicht und ergreifend icht leistbar, völlig unverhältnismäßig und zeigt Ihre nkenntnis von dem dahinter stehenden Geschäftsmo- ell. Denn wie sieht die Praxis aus? Ein Zuteilungsnehmer ermietet an einen Diensteanbieter. Aber der kann wei- ervermieten an eine ganze Kette weiterer Dienste- nbieter von denen einige eine Postfachadresse auf den ayman Islands haben oder auf den Antillen. Nach Ih- em Gesetzentwurf soll jetzt aber der Netzbetreiber dafür orge tragen und Auskunft geben. Das ist nicht praktika- el. Man kann doch nicht den Zuteilungsnehmer oder etzbetreiber für etwas haftbar machen, worauf er kei- en Einfluss hat. Richtiger wäre es deshalb, dass die Diensteanbieter hre Daten direkt an die Regulierungsbehörde melden üssen. Außerdem darf die Regelung für die Dienstean- ieter nicht freiwillig sein, sondern die Diensteanbieter üssen gegen Androhung von Sanktionen zur Auskunft hrer Adresse verpflichtet werden. Nur so kriegen wir irklich Transparenz und nur so kommen wir auch wirk- ich an die schwarzen Schafe heran. 3720 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. Mai 2003 (A) ) (B) ) Erheblichen Klärungsbedarf sehen wir bei den Rege- lungen zur Preisangabe. Ihnen scheint nicht klar zu sein, dass es zwei Arten von Abrechnungsverfahren gibt: das Online-Billing und das Offline-Billing. Beim Offline- Billing setzt der Diensteanbieter bzw. Verbindungsnetz- betreiber die Preise fest, beim Online-Billing hingegen der Telekommunikationsanbieter, bei dem der Telefon- anschluss des Verbrauchers geführt wird (also entweder der Teilnehmernetzbetreiber oder der Reseller). Das ist natürlich ein entscheidender Unterschied. Sie aber haben diese Unterscheidung gar nicht gemacht, das heißt, es ist völlig unklar, wer denn nun zur Preisansage verpflichtet ist. Auch hier muss natürlich noch nachgebessert wer- den. Insgesamt gesehen ist das Gesetz unzureichend und muss noch erheblich geändert werden. Wir wollen, dass wir jetzt möglichst schnell ein gutes Gesetz verabschie- den, und deshalb wären Sie gut beraten, unsere Forde- rungen in das Gesetz aufzunehmen – zum Schutz der Verbraucher und zur Stärkung der seriösen Dienste- anbieter auf diesem wichtigen Zukunftsmarkt. Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Hin- ter der Überschrift „Mehrwertdienste“-Nummern ver- birgt sich ein sehr lebensnahes Thema. Ich möchte Ih- nen den folgenden Fall einer Mutter schildern, der jetzt auch vor Gericht verhandelt wird: Der Sohn hatte im In- ternet gesurft und dabei unbemerkt ein Anwahlpro- gramm gewählt. Dieses überschrieb im DFÜ-Netzwerk die Standardverbindung, baute fortan unbemerkt Inter- netverbindungen auf. Der Junge hatte also einen so ge- nannten Dialer heruntergeladen. Die Mutter soll nun über 8 500 Euro Verbindungskosten an ein Telefonunterneh- men zahlen. Ein weiteres Beispiel: In amtlich aussehender Post wird man aufgefordert, den einmaligen Super-Hauptge- winn telefonisch anzufordern. Die angegebene Telefon- nummer ist eine 0190er-Mehrwertdienstenummer. Das Hängen in der Warteschleife verursacht dann Kosten von 1,86 Euro pro Minute oder aber auch mehr, je nach Nummernkombination. Da laufen schnell 18 bis 20 Euro auf für Nichts. Oder: Im örtlichen Telefonbuch geben sich private Anbieter einen Anstrich als amtliche Dienststelle, zum Beispiel als Kfz-Meldestelle, und verweisen dann ohne aufklärenden Hinweis an eine kostenpflichtige 0190er oder 11811er-Telefonnummer. Neuster Trick, mit dem dieses Mal verschuldete Haushalte gelockt werden, ist eine Faxliste mit Banken, die der Schufa nicht angeschlossen sein sollen. Schuld- ner ohne Girokonto erhoffen sich, hier vielleicht wieder ein Konto zu erhalten, und zahlen für fünf Seiten Faxab- ruf dann 27,90 Euro. Die sind dann das Geld nicht wert und treffen einen Verbraucher, der mit jedem Cent rech- nen muss. Es gibt also massive Probleme, was die Transparenz angeht, überhöhte Kosten und einen regelrechten Kauf- zwang. Für all diese Fälle reicht das bisherige Telekom- munikationsgesetz nicht, denn es gibt für diese Rufnum- m P t h b s t z b S b s d „ n h a s T p e c W d b k w C te u L li te z p g g in D s d f R s d d d p g s h k k (C (D ern keine Höchstgebühren und keine ausreichende reisangabepflicht. Die Änderung des Telekommunika- ionsgesetzes war dringend erforderlich, um die beste- enden rechtlichen Lücken zu schließen und den Ver- raucher vor unseriösen Anbietern wirksamer zu chützen. Das gilt auch für die Wirtschaft und die Funk- ionsfähigkeit des Telekommunikationssystems, wie um Beispiel das Internet. Wenn Kunden solche Kosten- elastungen fürchten müssen, dann können sie auf diese ysteme nicht mehr zugreifen. Sie werden regelrecht un- enutzbar. Nach bisheriger Rechtslage waren dem von olchen Geschäftspraktiken betroffenen Kunden vielfach ie Hände gebunden. Die Anbieter der so genannten Mehrwertdienste“ versteckten sich hinter dem Rech- ungsersteller, in der Regel die Deutsche Telekom. Bei ohen, unberechtigten Rechnungsbeträgen solcher Dritt- nbieter bestand die Gefahr, dass der Kunde nicht gegen ie vorgehen konnte und auf dem Schaden sitzen blieb. Rot-Grün hat bereits im August 2002 Änderungen des elekommunikationsrechts beschlossen, die die Rechts- osition des Verbrauchers verbesserten. Aber dieser rste Schritt hat nicht gereicht, da Anbieter weitere Lü- ken gefunden haben. Ich danke den Ministerien für irtschaft und Arbeit, Justiz und Verbraucherschutz für ie nun gefundenen Regelungen, die den Schutz des Ver- rauchers im Telekommunikationsmarkt eindeutig stär- en. Der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzent- urf geht in die richtige Richtung und schafft mehr hancengleichheit zwischen Verbrauchern und Anbie- rn. Die zahlreichen Verbraucherbeschwerden über nseriöse Leistungen laufen zukünftig nicht mehr ins eere. Telefonkunden haben die Möglichkeit, in öffent- ch zugängigen Datenbanken zu erfahren, wer hinter der uren 0190er-Mehrwertdiensterufnummer steckt, und war mit Namen und ladungsfähiger Anschrift. Ge- rellte Kunden können sich so konkret gegen schädi- ende Unternehmen wehren. Auch die seit Jahresanfang eltenden 0900er-Nummern und deren Anbieter werden einer für jedermann auch via Internet zugänglichen atenbank erfasst werden. Und so genannte Dialer müs- en künftig bei der Regulierungsbehörde registriert wer- en. Die erweiterten Befugnisse der Regulierungsbehörde ür Telekommunikation und Post bis hin zum Entzug der ufnummer werden zu einem besseren Verbraucher- chutz führen. Die Einhaltung der verbraucherschützen- en Vorschriften können nun besser gewährleistet wer- en. Der geforderte Minutenpreis muss klar genannt wer- en und wird nach oben begrenzt. Die Preisangabe- flicht der Diensteanbieter gegenüber den Verbrauchern ilt sowohl in der Werbung als auch vor der Nutzung olcher Nummern. Das schafft Transparenz und Sicher- eit für den Kunden im Telefonmarkt. Und wer in Zu- unft nicht vorher über den Preis informiert, bekommt ein Geld mehr. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. Mai 2003 3721 (A) ) (B) ) Die Beschränkung auf 3 Euro pro Minute bzw. 30 Euro bei so genannten Blocktarifen schützt vor überzogenen Preisforderungen und lässt den Telefongesellschaften dennoch genügend Raum für wirtschaftliche Angebote. Darüber hinaus muss die Telefonverbindung nach einer Stunde unterbrochen werden. Ich persönlich kann mir gar keine Dienstleistung vorstellen, die ich länger am Telefon in Anspruch nehmen wollte. Ich begrüße auch – teilweise – die Vorschläge des Bundesrates. Die betrügerischen Telefontricks machen in der Tat vor bestimmten Mehrwertdiensterufnummern nicht Halt und neue Missbrauchsschilderungen schießen wie Pilze aus dem Boden. Besonders gern werden Kinder und Jugendliche Ziel der kriminellen Kreativität. Junge Menschen, die etwa bei der TV-Show „Deutschland sucht den Superstar“ die eingeblendete, scheinbar seriöse 0137er Nummer anrie- fen, mussten zum Teil deutlich mehr als die angegebe- nen Kosten zahlen. Das lag daran, dass Anrufe mit ei- nem Handy deutlich teurer sind als aus dem Festnetz. Die Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen wird sich daher dafür einsetzen, dass auch diese Nummern nicht missbraucht werden und der Verbraucher vor unse- riösen Geschäftspraktiken bei allen Mehrwertdiensteruf- nummern und im gesamten Telekommunikationsbe- reich – auch im Mobilfunk – möglichst bald gesetzlich geschützt wird. Verbraucherbelange müssen möglichst umfassend berücksichtigt werden. Die teilweise rasante Weiterentwicklung der Kommunikationstechnologien und Marktstrategien der Anbieter müssen immer auch den verbraucherschützenden Vorschriften genügen. Marita Sehn (FDP): 140 Eingaben an den Petitions- ausschuss des Deutschen Bundestages zu 0190er-, zu 0900er-Nummern, zu Spam-Mails, Werbeanrufen und Werbefaxen sind ein Volksbegehren – ein Volksbegehren gegen den täglichen anfallenden Informationsmüll und gegen den Betrug dubioser Anbieter mit dubiosen Ange- boten und dubiosen Nummern. 140 Eingaben an den Deutschen Bundestag sind eine klare Aufforderung an das Parlament und die Bundesregierung, endlich poli- tisch aktiv zu werden. Die FDP-Bundestagsfraktion hat bereits in der ver- gangenen Legislaturperiode das Thema aufgegriffen und entsprechende Regelungen gefordert. Ich kann dazu nur sagen, dass es allerhöchste Zeit ist, dass hier etwas ge- schieht. Die Verbraucher fühlen sich immer hilfloser dieser Nummernkriminalität ausgeliefert. Gegen die Telefon- rechnung kann man sich nicht wehren und wie soll ein Verbraucher beweisen, dass er eine bestimmte Nummer nicht angerufen hat? Das schafft in vielen Fällen ein Ge- fühl der Wut und Ohnmacht gegenüber den Telefon- anbietern. Es ist deshalb auch im Interesse der seriösen Anbieter, dazu beizutragen, dass den Betrügern und Ab- zockern auf dem Telefonmarkt und im Internet das Handwerk gelegt wird. Das Angebot von Dienstleistung über Telefon und Internet hat nur dann eine Zukunft, w r f 0 a p g 0 A i s l W Z r k n a u r R r e c v V B o E u 5 s e s a g r 0 d s l h c l C t t e e B k w d (C (D enn es gelingt, diesen Service von dem Ruf der Unse- iosität und Abzockerei zu befreien. Deshalb fordert die FDP eine umfassende Regelung ür alle Mehrwertdiensterufnummern ein. Egal ob 0190, 900, 0136, 0137 oder wie auch immer, die Bürger und uch die Unternehmen müssen vor den Neppern, Schlep- ern und Bauernfängern des Internets und Telefonnetzes eschützt werden. Aber bei aller Kritik an 0190er- und 900er-Nummern warnen wir vor einem blindwütigen ktionismus und einem Brachialverbraucherschutz. Es st unbestritten vorrangig, dass die Verbraucher vor un- eriösen Machenschaften und damit verbundenen erheb- ichen finanziellen Schäden geschützt werden müssen. ir haben aber auch dafür Sorge zu tragen, dass auch in ukunft seriöse Unternehmen ihre Dienstleistungen di- ekt und unkompliziert interessierten Kunden anbieten önnen. Die von der Regierungskoalition vorgesehenen Maß- ahmen gehen vielfach in die richtige Richtung. Es ist uch aus Sicht der FDP sinnvoll, die Gesprächskosten nd -dauer zu begrenzen. Es ist auch aus Sicht der FDP ichtig, eine Registrierung von Internet-Dialern bei der egulierungsbehörde vorzuschreiben, und es ist auch ichtig, eine Preisinformationspflicht für Telefondienste inzuführen. Aber es ist nicht richtig, den Mobilfunk und zahlrei- he andere Vorwahlnummern bei der Regelung außen or zu lassen. Rot-Grün sollte die konstruktive Kritik der erbraucherverbände nicht einfach ignorieren. Ob die ürger über eine 0190er-, über eine 0137er-Nummer der eine andere betrogen werden, ist letztendlich egal. s geht darum, den Betrug und Missbrauch generell zu nterbinden. Die im Gesetzentwurf vorgesehene Geldbuße bis zu 0 000 Euro ist aus unserer Sicht viel zu niedrig. Hier ollten wir uns gemeinsam im Laufe der Beratungen für ine drastische Erhöhung einsetzen, damit es ausge- chlossen ist, dass jemand die Strafe in Kauf nimmt und uch noch Gewinn macht. Ich möchte auch darauf hinweisen, dass die Forderun- en der Bürger weitergehen. Unsere Mitbürger beschwe- en sich in ihren Eingaben nicht nur über die 0190er- und 900er-Nummern, sie beklagen sich vor allem auch über ie tägliche Belästigung durch Informationsmüll. Ich bin icher, Sie alle kennen es aus eigener Erfahrung: Eigent- ich will man nur seine E-Mails abfragen, stattdessen er- ält man zig Mails zu pornographischen oder irgendwel- hen zweifelhaften Finanzierungsangeboten. Es ist eidvolle Routine in vielen Büros und bei zahllosen omputerbesitzern geworden, die Last der unerwünsch- en Mails zu bewältigen, zumal die Praktiken der Anbie- er immer aggressiver werden, indem sie versuchen, mit iner irreführenden Betreffzeile den Inhalt zu verschlei- rn und die Menschen zum Lesen zu zwingen. Die tägliche Zumüllung unserer Bürgerinnen und ürger mit unerwünschter Information ist die Umwelt- atastrophe des Internets. So wie mittlerweile der Um- eltschutzgedanke aus der Industrie kaum noch wegzu- enken ist, genauso sollte sich auch im Internet der 3722 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. Mai 2003 (A) ) (B) ) verantwortungsvolle Umgang mit der Ressource „Zeit und Aufmerksamkeit der anderen“ zum Leitprinzip ent- wickeln. Spam-Mails, unerwünschte Werbefaxe – die tägliche Überhäufung mit unerwünschter Information ist nicht nur eine unangenehme Belästigung, sondern auch schäd- lich. Sie schadet den Bürgerinnen und Bürgern, deren Zeit sie stiehlt, sie schadet der Wirtschaft, da sie die Glaubwürdigkeit und Seriosität der Unternehmen unter- gräbt und sie schadet sogar der Politik, denn der mün- dige Bürger ist immer auch ein informierter Bürger und informieren kann sich nur derjenige, der es schafft, nicht in dem Meer unerwünschter Information zu ertrinken. 140 Eingaben zu 0190er- und 0900er-Nummern, Dialer- und Spam-Mails sind viel. Der Petitionsaus- schuss wird jedem einzelnen Anliegen nachgehen und ich würde mich sehr freuen, wenn ich den Petenten eine gute Nachricht schicken könnte, wenn ich ihnen schrei- ben dürfte, dass ihre Petition abgeschlossen wurde, da ihrem Anliegen in vollem Umfang entsprochen werden konnte. Das wäre ein schöner Erfolg, nicht nur für den Petitionsausschuss oder die Politik, sondern auch für die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land. Ich hoffe deshalb, dass es in der Anhörung sowie in der nachfolgenden parlamentarischen Beratung gelingen wird, die Schwachpunkte des Gesetzentwurfes zu besei- tigen. Die FDP wird sich ihrer Verantwortung nicht ent- ziehen. Wir werden uns konstruktiv in die Beratungen einbringen und dafür Sorge tragen, dass die Anforderun- gen der Verbraucher und auch der Wirtschaft gewahrt werden. Vielleicht gelingt es uns gemeinsam, dass aus 140 Petenten 140 zufriedene Bürgerinnen und Bürger werden, die Vertrauen haben – in die Politik, den Staat und seine Institutionen. Dr. Ditmar Staffelt, Parl. Staatssekretär beim Bun- desminister für Arbeit und Wirtschaft: Am 9. April 2003 hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Be- kämpfung des Missbrauchs mit 0190er- und 0900er- Mehrwertdiensterufnummern beschlossen. Sinn und Zweck dieser Nummern ist es, Dienstleistungen, zum Beispiel von Verbraucherberatungsstellen, unmittel- bar mit der Telefonrechnung oder über PC abzurech- nen. Das Volumen dieses Dienstleistungsmarkts be- trägt etwa 1,5 Milliarden Euro. Auch die UMTS- Anwendungen werden in vielen Fällen nach diesem Prinzip abgerechnet werden. Auf diesem Markt sind im letzten Jahr vermehrt schwarze Schafe aufgetreten, die dem Ansehen der se- riösen Anbieter und diesem gesamten Dienstleistungs- sektor schaden. Es werden beispielsweise Briefe mit angeblich hohen Gewinnen für den Empfänger verschickt, wobei zur Be- stätigung eine 0190er-Nummer anzurufen ist. Besonders gravierend sind die im Zusammenhang mit so genannten Dialern auftretende Missbräuche. „Dialer“ sind Soft- ware-Abrechungsprogramme, mittels derer Dienstleis- tungen über PC abgerufen werden können. Es werden zum Beispiel angeblich „kostenlose“ Downloads für Si- c b D n l d g T w b c t k D d D d z o g S D N a P d E u s d d v A s 0 d g a n d l B ü z d b r g R (C (D herheits-Software oder Viren-Schutzprogramme ange- oten, wobei sich dahinter ein teurer Dialer verbirgt. ies hat zur Folge, dass die künftige Nutzung der Inter- et-Anbindung meist unbemerkt über einen teuren Dia- er-Anschluss läuft. Was muss nun verbessert werden, um die Probleme in en Griff zu bekommen? In welchen Bereichen gibt es esetzliche Defizite? Lassen Sie mich die Kernpunkte nennen: Erstens: Anonymität der Dienstanbieter. Es fehlt an ransparenz hinsichtlich der Anbieter. Der Verbraucher eiß nicht, an wen er sich im Falle von Einwendungen zw. Beschwerden wenden kann. Zweitens: Hohes finanzielles Risikopotenzial. Übli- herweise werden im „normalen“ Geschäftsleben Ver- räge durch Unterschriften oder ausdrückliche Willenser- lärungen abgeschlossen. Bei Inanspruchnahme von ienstleistungen über Telefon oder PC ist das Risiko für en Verbraucher wesentlich höher, „unbewusst“ eine ienstleistung in Anspruch zu nehmen, ohne sich über ie Einzelheiten wie zum Beispiel den Preis im Klaren u sein. Oft werden hochpreisige Dienste angeboten, hne dies kenntlich zu machen. Bei Internetverbindun- en über mehrere Stunden können überraschend hohe ummen auf der Telefonrechnung erscheinen. Drittens: Intransparenz bei der Inanspruchnahme von ienstleistungen über Mehrwertdiensterufnummern. eben der Begrenzung des finanziellen Risikos muss uch die Transparenz, insbesondere hinsichtlich der reise für den Verbraucher, verbessert werden. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf setzt die Bun- esregierung bei den aufgezeigten Problemfeldern an. s geht darum, das Angebot transparenter zu machen nd so die Rechtsposition des Verbrauchers zu verbes- ern. Gleichzeitig soll mit den gesetzlichen Regelungen as finanzielle Risiko für den Verbraucher begrenzt wer- en. Bevor ich die gesetzlichen Maßnahmen im Einzelnen orstelle, möchte ich zunächst einige Bemerkungen zum nwendungsbereich dieses Gesetzes machen. Der Ge- etzentwurf ist auf die 0190er- und deren Nachfolger, die 900er-Nummern, begrenzt worden. Die Begrenzung es Anwendungsbereichs erfolgte, um die Rufnummern- assen zu erfassen, in denen die eklatanten Missbräuche uftreten. Die aktuellen Probleme mit anderen Nummern kön- en bereits auf Grundlage der bestehenden Befugnisse er Regulierungsbehörde bekämpft werden. Die Regu- ierungsbehörde hat ausdrücklich zugesagt, in diesem ereich die Einhaltung der Zuteilungsregeln verstärkt zu berprüfen und gegebenenfalls die Nummernzuteilung u widerrufen. Von einer ausdrücklichen Erweiterung es Anwendungsbereiches wollen wir mit Blick auf die estehenden Sanktionsmöglichkeiten durch die Regulie- ungsbehörde sowie auch im Interesse einer kurzfristi- en Bereitstellung einer Regelung deshalb absehen. Im Einzelnen enthält der Gesetzentwurf die folgenden egelungen: Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. Mai 2003 3723 (A) ) (B) ) Erstens. Die Auskunftsverpflichtung der Netzbetrei- ber über 0190er-Mehrwertdiensteanbieter in ihren Net- zen gegenüber der Regulierungsbehörde hilft, die Diens- teanbieter aus der Anonymität hervorzuholen. Der Verbraucher erhält einen Auskunftsanspruch gegen die Regulierungsbehörde, um zu erfahren, wer sich hinter ei- ner 0190er-Mehrwertdiensterufnummern verbirgt. Die 0900er-Mehrwertdiensterufnummern, die seit dem 1. Ja- nuar 2003 genutzt werden können und die die 0190er- Mehrwertdiensterufnummern unter Gewährung einer Übergangsfrist ablösen, sollen in einer Datenbank erfasst werden, die im Internet veröffentlicht wird. So kann der Verbraucher nachvollziehen, welche Dienste von wel- chem Diensteanbieter über eine bestimmte 0900er- Mehrwertdiensterufnummer angeboten wurde. Zweitens. Der Verbesserung der Transparenz bei der Inanspruchnahme dieser Dienste dient die Verpflichtung, bei der Werbung für 0190er-/0900er-Mehrwertdienste- rufnummern auf die Preise hinzuweisen sowie die Vor- gabe, die Preise bei Telefongesprächen anzusagen. Letzteres gilt mit einer Übergangsfrist von einem Jahr nach In-Kraft-Treten auch für Anrufe aus Mobilfunknet- zen. Diese Übergangsfrist ist erforderlich, um die für die Preisansage technischen Voraussetzungen in den Ver- mittlungsstellen zu schaffen. Drittens. Daneben werden durch den Gesetzentwurf Preisobergrenzen eingeführt, um das Risiko, durch ein missbräuchliches Angebot solcher Nummern einen ho- hen Geldbetrag zu schulden, zu begrenzen. Bei der Preisgrenze ist zwischen den zeitabhängig und den zeit- unabhängig abgerechneten Diensten zu unterscheiden, da bei letztgenannten die Dienstleistung einen einmali- gen Wert hat. Bestellt also zum Beispiel jemand Theater- karten über eine 0190er-/0900er-Mehrwertdiensteruf- nummer fallen Kosten in einer bestimmten Höhe an, unabhängig davon, wie lange das konkrete Telefonge- spräch dauert. Der Preis für diese Dienstleistungen wird auf 30 Euro pro Anruf oder Einwahl begrenzt. Wird entsprechend der Länge der Verbindung abge- rechnet, ist das Entgelt auf 3 Euro pro Minute begrenzt. Viertens. Auch die Pflicht zur Zwangstrennung nach einer Stunde dient der Risikobegrenzung. Länger als eine Stunde dauernde Verbindungen müssen vom Kun- den ausdrücklich nach vorheriger Legitimation verlangt werden. Fünftens. Um die massiven Missbräuche durch den Einsatz von Anwählprogrammen – Dialer – zu bekämp- fen, sollen diese vor der Inbetriebnahme bei der Regulie- rungsbehörde registriert werden. Wie das Registrie- rungsverfahren im Einzelnen erfolgen wird und welche Vorgaben zu erfüllen sind, wird von der Regulierungsbe- hörde festgelegt. Seit Mitte April erarbeitet eine vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit einge- setzte Arbeitsgruppe in der Regulierungsbehörde ent- sprechende Vorgaben. Ergebnisse sollen bis Ende Juni vorgelegt werden. Sechstens. Weitere wichtige Änderung ist die Klar- stellung der Befugnisse der Regulierungsbehörde, die E z A 0 g E b d d c 0 r V l v r n A b n P d V S A n t b n s a b d v W I k e s d w w I d A t g d s d ü (C (D inhaltung gesetzlicher Vorschriften zu überwachen und u sanktionieren. Siebtens. Der Verbesserung der Transparenz dient die npassung der datenschutzrechtlichen Vorgaben. Die 190er-/0900er-Mehrwertdiensterufnummern dürfen un- ekürzt gespeichert werden und entsprechend auf dem inzelverbindungsnachweis erscheinen, um es dem Ver- raucher zu ermöglichen, den Auskunftsanspruch gegen ie Regulierungsbehörde auch in Anspruch zu nehmen. Lassen Sie mich zu den weiter gehenden Forderungen er CDU/CSU-Fraktion noch einige Bemerkungen ma- hen: Die Forderung, auch für die bereits vergebenen 190er-Rufnummern eine Datenbank bei der Regulie- ungsbehörde aufzubauen, hat die Bundesregierung im orfeld eingehend geprüft und mit guten Gründen abge- ehnt. Derzeit sind rund 850 000 0190er-Rufnummern ergeben. Der Aufbau einer Datenbank bei der Regulie- ungsbehörde würde mindestens ein Jahr in Anspruch ehmen. Um dem Verbraucher aber sofort die erforderlichen uskünfte bereitzustellen, hat sich die Bundesregierung ewusst für die jetzt vorgesehene Regelung entschieden, ämlich den jeweiligen Netzbetreibern im Einzelfall die flicht aufzuerlegen, entsprechende Informationen an ie Regulierungsbehörde zu geben. Nur so kann dem erbraucher sofort geholfen werden. Es macht keinen inn, ihn auf eine spätere Regelung zu vertrösten. Auch die Forderung, die an die Dialer zu stellenden nforderungen in das Gesetz aufzunehmen, ist abzuleh- en. In diesem Zusammenhang sind noch eine Menge echnischer Fragen zu klären. Wir haben hierzu die bereits erwähnte Arbeitsgruppe ei der Regulierungsbehörde eingesetzt, die im Einzel- en prüft, welche technischen Vorgaben überhaupt um- etzbar sind. Dies hat den Vorteil, dass die Regelungen uch flexibel angepasst werden können. In dieser Ar- eitsgruppe arbeiten die entsprechenden Fachleute und ie einschlägigen Verbände mit. Der Vorschlag der CDU/CSU-Fraktion, ein Inkasso- erbot einzuführen, hätte weitreichende Folgen für die ettbewerbssituation auf dem Mehrwertdienstemarkt. m Falle eines Inkassoverbots wäre die Deutsche Tele- om AG das einzige Unternehmen, das seinen Kunden inen umfassenden Service anbieten könnte. Eine ent- prechende Vorgabe würde zu einer Remonopolisierung es Marktes führen. Mit Blick auf das Ziel, den Wettbe- erb auf dem Telekommunikationsmarkt zu fördern, äre eine solche Regelung kontraproduktiv. Die Verbesserung des Verbraucherschutzes dient dem nteresse aller Beteiligten, den Nachfragern aber auch en Unternehmen. Dienstleistungen werden nur dann in nspruch genommen, wenn der Verbraucher darauf ver- rauen kann, dass er nicht betrogen und „über den Tisch ezogen“ wird. Der vorliegende Gesetzentwurf, mit dem ie Rechtsstellung des Verbrauchers wesentlich verbes- ert wird, ist ein wichtiger Beitrag dazu, das Vertrauen er Verbraucher in das Angebot von Dienstleistungen ber Mehrwertdiensterufnummern zu stärken. 3724 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. Mai 2003 (A) ) (B) ) Anlage 3 Der Bundesrat hat in seiner 787. Sitzung am 11. April 2003 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzu- stimmen, einen Antrag gemäß Artikel 77 Absatz 2 Grundgesetz nicht zu stellen bzw. einen Einspruch ge- mäß Artikel 77 Absatz 3 nicht einzulegen: – Drittes Gesetz zur Änderung des Melderechtsrah- mengesetzes – Gesetz zum Abbau von Steuervergünstigungen und Ausnahmeregelungen (Steuervergünstigungsab- baugesetz-StVergAbG) – Erstes Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts – Gesetz über die Feststellung des Bundeshaus- haltsplanes für das Haushaltsjahr 2003 (Haushalts- gesetz 2003) Der Bundesrat hat ferner die nachstehende Entschlie- ßung gefasst: Der Bundesrat stellt fest, dass sich die Bundesregie- rung beim Bundeshaushalt nach wie vor von zu opti- mistischen Wachstumsannahmen leiten lässt. Zwar sind die Wachstumsannahmen etwas zurückgenom- men worden, indem nunmehr im Bundeshaushalt von einem Wachstum des realen BIP im Jahr 2003 von 1 % ausgegangen wird. Die führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute haben zwischenzeit- lich allerdings die Wachstumsprognosen weiter ge- senkt. Insgesamt liegen derzeit die von den Instituten für 2003 erwarteten Wachstumsraten des realen BIP zwischen rd. 0,4 % (IfW) und unter 1 % (IWH). Das hat Rückwirkungen auf die Einnahmenerwartungen wie auf den Ausgabenbedarf, insbesondere im Be- reich des Arbeitsmarktes, und stellt ein großes Risiko dar. Der Bundesrat sieht mit Sorge, dass für das Jahr 2003 durch eine ungünstige Entwicklung im Bundes- bereich erneut eine Überschreitung des EU-Defizit- limits droht. Die im Bundeshaushalt eingeplante Neuverschuldung für 2003 wird nach Auffassung des Bundesrates wie im Jahr 2002 nicht ausreichen. Die Bundesregierung hat auf die verschlechterten Wachstumsperspektiven nur unzureichend reagiert. Zwar sind die Ansätze für die Steuereinnahmen des Bundes in Einzelbereichen zurückgenommen, zu- gleich aber Mehreinnahmen für steuerliche Maßnah- men in weit höherem Umfang eingeplant worden. Auch dies schafft zusätzliches Risikopotential. Bei der Ausgabenplanung hat es der Bund unterlas- sen, selbst den nahe liegenden konjunkturellen Ent- wicklungen und ihren Konsequenzen Rechnung zu tragen. So ist für die Bundesanstalt für Arbeit im Jahr 2003 kein Bundeszuschuss eingeplant. Ebenso ver- harren die Ausgaben für die Arbeitslosenhilfe beim Stand des Regierungsentwurfs, obwohl die Bundes- regierung selbst mittlerweile von einer durchschnitt- lichen Arbeitslosenzahl von 4,2 Millionen Personen ausgeht. – – r g (C (D Der Bundesrat bedauert, dass der Bund seinen Auf- forderungen und Hinweisen nicht gefolgt ist, die Weichen in Richtung nachhaltiger Verbesserung der Haushaltsstruktur zu stellen. Einzelne Verbesserun- gen bei investiven Maßnahmen vor allem aufgrund des Fluthilfeprogramms und ein teilweises Einlenken des Bundes bei den gemeinsam finanzierten For- schungseinrichtungen sind bei weitem nicht ausrei- chend. Hinsichtlich der Finanzierung der gemeinsam finan- zierten Forschungseinrichtungen erinnert der Bun- desrat ebenso wie bezüglich der gemeinsamen Inves- titionsförderung und anderer gemeinschaftlicher Finanzierungen daran, dass es – unbeschadet von Überlegungen, Mischfinanzierungen zu entflechten – die Pflicht des Bundes ist, eine aufgabengerechte Mitfinanzierung bereitzustellen und sich nicht einsei- tig zurückzuziehen. Gesetz zur Verlängerung der Ladenöffnung an Samstagen Der Bundesrat hat ferner die nachstehende Entschlie- ßung gefasst: Bundesrat hält es nach wie vor für notwendig, den Ländern zukünftig eigene Gestaltungsspielräume bei der Regelung des Ladenschlusses zu eröffnen. Er verweist insoweit auf seinen Beschluss vom 14. Feb- ruar 2003 – BR-Drucksache 4/03 (Beschluss) – und spricht sich dafür aus, in einem weiteren Schritt das Gesetz über den Ladenschluss aufzuheben. Die Län- der können dann besser als bisher die Laden- öffnungszeiten auch den regionalen Bedürfnissen anpassen. Eine zwingende bundeseinheitliche Rege- lung ist weder zur Herstellung gleichwertiger Le- bensverhältnisse im Bundesgebiet noch zur Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaat- lichen Interesse erforderlich. Zwölftes Gesetz zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (Zwölftes SGB V-Änderungs- gesetz – 12. SGB V-ÄndG) Der Bundesrat hat ferner nachfolgende Entschlie- ßung gefasst: a) Im Rahmen der anstehenden Gesetzgebung zur Modernisierung des deutschen Gesundheitswe- sens werden wirksame Regelungen getroffen, die dafür sorgen, dass Arzneimittel ohne therapeuti- schen Zusatznutzen keine preistreibende Wir- kung entfalten. b) Die zuständigen Aufsichtsbehörden werden ver- pflichtet, bei den Verwaltungsausgaben der Kran- kenkassen auf die strikte Einhaltung des Gebots der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit hinzu- wirken und dabei einheitliche Maßstäbe anzu- wenden. Zu den drei letztgenannten Gesetzen hat der Bundes- at die als Anlage beigefügten Entschließungen gefaßt. Der Vorsitzende des folgenden Ausschusses hat mit- eteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 44. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. Mai 2003 3725 (A) (C) (B) ) Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu der nachstehenden Vorlage absieht: Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die Lage der Freien Berufe – Drucksache 14/9499 – Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuss die nachstehenden EU- Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Bera- tung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuss Drucksache 15/457 Nr. 1.3 Drucksache 15/457 Nr. 2.1 Drucksache 15/503 Nr. 1.27 Innenausschuss Haushaltsausschuss Drucksache 15/792 Nr. 2.23 Ausschuss für Verbraucherschutz Ernährung und Landwirtschaft Drucksache 15/268 Nr. 2.5 Drucksache 15/392 Nr. 2.10 Drucksache 15/392 Nr. 2.29 Drucksache 15/392 Nr. 2.49 Drucksache 15/392 Nr. 2.50 Drucksache 15/392 Nr. 2.64 Drucksache 15/457 Nr. 2.25 Drucksache 15/503 Nr. 1.4 Drucksache 15/503 Nr. 1.16 Drucksache 15/611 Nr. 1.5 Drucksache 15/611 Nr. 1.10 Drucksache 15/713 Nr. 2.29 Ausschuss für Verkehr, Bau und Wohnungswesen Drucksache 15/503 Nr. 1.13 Drucksache 15/611 Nr. 2.1 Drucksache 15/611 Nr. 2.7 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 15/345 Nr. 8 Rechtsausschuss Drucksache 15/611 Nr. 2.2 Drucksache 15/611 Nr. 2.3 Drucksache 15/611 Nr. 2.4 Finanzausschuss Drucksache 15/392 Nr. 2.47 Drucksache 15/457 Nr. 2.3 Drucksache 15/457 Nr. 2.18 Drucksache 15/457 Nr. 2.19 Drucksache 15/503 Nr. 1.11 (D Drucksache 15/611 Nr. 2.13 Drucksache 15/713 Nr. 2.19 Drucksache 15/713 Nr. 2.20 Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe Drucksache 15/713 Nr. 1.6 Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 15/173 Nr. 2.70 Drucksache 15/339 Nr. 2.39 Drucksache 15/457 Nr. 2.11 Drucksache 15/503 Nr. 1.6 Drucksache 15/503 Nr. 1.9 Drucksache 15/503 Nr. 1.10 44. Sitzung Berlin, Freitag, den 9. Mai 2003 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3
Gesamtes Protokol
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504400000

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Sitzung ist eröffnet.
Ich rufe Zusatzpunkt 14 auf:
– Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung ein-

gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Steuerung und Be-
grenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts

(Zuwanderungsgesetz)

– Drucksachen 15/420, 15/522 –

(Erste Beratung 31. Sitzung)


– Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten
Dr. Max Stadler, Rainer Funke, Sibylle Laurischk, weiteren
Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Ent-
wurfs eines Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zu-
wanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integra-
tion von Unionsbürgern und Ausländern

(Zuwanderungssteuerungs- und Integrationsgesetz)

– Drucksache 15/538 –

(Erste Beratung 31. Sitzung)

a) Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses


(4. Ausschuss)

– Drucksache 15/955 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Rüdiger Veit
Dr. Michael Bürsch
Hartmut Koschyk

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Redet
Erwin Marschewski (Recklinghausen)

Josef Philip Winkler
Dr. Max Stadler

b) Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss) gemäß
§ 96 der Geschäftsordnung
– Drucksachen 15/957, 15/960 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Susanne Jaffke
Klaus Hagemann
Anja Hajduk
Otto Fricke

Zum Gesetzentwurf der Bundesregierung liegt ein
Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch
und Petra Pau vor.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarun
die Aussprache anderthalb Stunden vorgese
höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlo

(C (D ung n 9. Mai 2003 0 Uhr Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner hat der ollege Dr. Michael Bürsch von der SPD-Fraktion das ort. Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! lle reden in diesen Tagen vor allem von der Agenda 010 und der Notwendigkeit sozialer Reformen. Dabei erät eine Reform aus dem Blick, die für das soziale Geüge in der Bundesrepublik und für unsere Entwicklung n den kommenden Jahrzehnten mindestens so wichtig st: die Reform des Zuwanderungsrechts, über die heute m Bundestag abschließend entschieden werden soll. Der Frage, der wir uns heute wie vor drei Jahren widen sollten – das möchte ich Ihnen heute vortragen –, autet: Warum brauchen wir ein Zuwanderungsrecht und as sind die Gründe dafür, dass wir das Zuwanderungsecht modernisieren wollen? Ich nenne Ihnen drei Gründe, die schon vor drei Jah en gegolten haben und heute genauso richtig sind wie u Beginn unserer Arbeit an diesem Gesetzeswerk: Erstens. Das geltende deutsche Ausländerund Zuanderungsrecht ist zersplittert, unübersichtlich und ext zum Teil sehr bürokratisch. Diese Erkenntnis ist nicht neu und wird vermutlich von allen Fraktionen dieses Hauses geteilt. Auch die Opposition wird deshalb leicht zustimmen können. Das Zuwanderungsrecht muss geordnet und gestrafft werden. Im besten Falle wird es so formuliert, dass auch der normale Mensch versteht, was mit dem Gesetzeswerk gemeint ist. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dr. Michael Bürsch (SPD):
Rede ID: ID1504400100

Zweitens – dieser Punkt ist schwieriger –: Deutsch-
land ist ein Einwanderungsland. Das mag politisch
nicht jedem gefallen; aber es lässt sich statistisch sehr

Fest steht zum Beispiel: In den letzten
32 Millionen Menschen nach Deutsch-
n und 24 Millionen Menschen haben
dieser Zeit wieder verlassen. Das heißt,
g sind für
hen. – Ich
ssen.

leicht belegen.
40 Jahren sind
land gekomme
unser Land in






(A) )



(B) )


Dr. Michael Bürsch

Einwanderung findet millionenfach statt und hat millio-
nenfach stattgefunden.


(Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/ CSU]: Wir sind ein Durchgangsland!)


Das allein kann kein Grund für Hysterie, Angstmacherei
oder gar Horrorvisionen sein.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


In dieser Migrationsbewegung liegt sicherlich eine
große Herausforderung. Wenn man sie aber richtig be-
trachtet und anschließend eine gute Regelung findet,
liegt darin auch eine Chance. Wenn Deutschland also
klar belegbar ein Einwanderungsland ist, dann tun wir
gut daran, mit dieser Tatsache offen und offensiv umzu-
gehen und die tatsächlich ständig stattfindende Zuwan-
derung zu steuern und mit den Möglichkeiten der Steue-
rung sachgerecht zu begrenzen.

Die Behauptung, der vorgelegte Entwurf der Regie-
rungskoalition führe zu massiver Ausweitung der Zu-
wanderung, ist falsch und wird durch die hundertfache
Wiederholung auch nicht richtig.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Auslegungsregel des § 1 stellt klar und unmissver-
ständlich fest:

Das Gesetz dient der Steuerung und Begrenzung
des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik
Deutschland.

(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Das findet sich aber sonst nicht im Gesetz! Das ist das Problem! Wo begrenzen Sie denn im Gesetz?)


– Das werden Ihnen meine Nachredner, insbesondere der
sehr kundige Innenminister dieses Landes, im Einzelnen
nachweisen, Herr Grindel.


(Zurufe von der CDU/CSU: Oh! – Wolfgang Bosbach [CDU/CSU]: Das hat er aber bis jetzt nicht getan! – Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/CSU]: Das ist gut! Mach Schluss, lass Otto reden! – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Der ist für die harte Linie zuständig!)


Dass auch die SPD die Grenzen der Belastbarkeit der
deutschen Gesellschaft kennt und respektiert, hat sie
nicht zuletzt mit dem Asylkompromiss von 1993 bewie-
sen. Die Wirkungen dieser Regelung sind unübersehbar.
Die Zahl der Asylbewerber ist seit 1993 kontinuierlich
zurückgegangen.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Mit dem alten Asylrecht!)


2002 betrug die Zahl noch rund 70 000. Die Entwick-
lung in diesem Jahr belegt, dass es wahrscheinlich einen
weiteren Rückgang um 15 Prozent gibt. Niemand ist da-
ran interessiert, die Asylbewerberzahlen wieder steigen
zu lassen. Das wird auch durch dieses Gesetz geregelt.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Dann wollen wir mal gucken!)


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(C (D Drittens. Für das 21. Jahrhundert brauchen wir ein odernes Zuwanderungsrecht, das der heutigen gesellchaftlichen Entwicklung, der Globalisierung, dem Wegall von Grenzen und der immer höheren Mobilität von enschen Rechnung trägt. Dazu hat eine in Deutsch and, wie ich meine, allseits anerkannte, objektive Instiution schon vor sechs Jahren das Passende gesagt: Die in Deutschland geltenden legislativen und administrativen Regeln über Einreise und Aufenthalt von Zuwanderern werden den Anforderungen ... nicht mehr gerecht. Die gewandelte Stellung Deutschlands in der Staatenwelt zum Ausgang dieses Jahrhunderts verlangt ... eine Neubestimmung der Einstellung gegenüber Angehörigen anderer Staaten. Zur Sicherung der notwendigen Bedingungen für den Wirtschaftsstandort Deutschland gehört es ..., Konsequenzen aus seiner Rolle als Mittelpunkt des Lebens und Arbeitens vieler Nichtdeutscher zu ziehen. as Zitat stammt aus dem Gemeinsamen Wort der Kirhen zu den Herausforderungen durch Migration und lucht. Das ist, glaube ich, für uns alle eine objektive uelle der Erkenntnis. Was wir nicht brauchen, ist ein defensives Ausländer echt, das die gesetzlichen Regelungen als Abwehrbollerk gegen Zuwanderung versteht und missbraucht. Inernationale Erfahrungen zeigen, dass dieser defensive nsatz auch nicht die erhoffte Wirkung zeigt. Staaten, ie Gesetze über Zuwanderung als Instrumentarium der bwehr anlegen, haben mit solcher Strategie in aller Reel keinen Erfolg. Die Migration nimmt damit nicht ab. ie Vorstellungen der Union, die aus ihren 128 Ändeungsanträgen hervorgehen, (Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Sehr gute Anträge!)


ntsprechen genau diesem defensiven Ansatz. Das ist
icht der Weg für ein modernes Zuwanderungsrecht. Er
ird uns nicht in eine geregelte, gesteuerte und be-
renzte Zuwanderung führen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Was wir vielmehr brauchen, ist ein offensives Geset-
eskonzept zur Steuerung und Begrenzung der Zuwan-
erung, ein Gesamtkonzept, das alle Fragen der Zuwan-
erung gesamtheitlich regelt, also die Fragen des
umanitären Zuzugs, die Fragen der Arbeitsmigration
nd die Fragen der Integration. Genau diese Anforderun-
en erfüllt der vorliegende Gesetzentwurf der Regie-
ungskoalition. Er verdient deshalb Zustimmung.


(Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/ CSU]: Das sagen aber nicht alle!)


In den Eckpunkten ist der FDP-Entwurf ebenfalls zu-
timmungsfähig. Er enthält jedenfalls auch den moder-
en, offensiven Ansatz, mit Zuwanderung umzugehen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich würde mir wün-

chen, dass die anstehende Entscheidung über das Zu-
anderungsrecht frei von Vorurteilen und frei von Emo-






(A) )



(B) )


Dr. Michael Bürsch

tionen getroffen wird. Vielmehr sollten Vernunft und
womöglich auch Objektivität die Richtschnur für den
Beschluss bilden. Mit Immanuel Kant könnte man auch
an manchen Oppositionspolitiker gerichtet sagen:


(Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/ CSU]: Der ist aber nicht zugewandert! Der wohnte immer in Königsberg!)


„Habe den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu be-
dienen.“

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504400200

Das Wort hat jetzt der Kollege Wolfgang Bosbach

von der CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Wolfgang Bosbach (CDU):
Rede ID: ID1504400300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Koali-

tion wird heute mit ihrer Mehrheit hier im Deutschen
Bundestag das rot-grüne Zuwanderungsgesetz verab-
schieden, verbunden mit der sicheren Gewissheit, dass
dieses Gesetz niemals in Kraft treten wird. Und das ist
auch gut so.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Für dieses Gesetz zur Ausweitung der Zuwanderung

nach Deutschland haben Sie nur im Bundestag eine
Mehrheit. Es ist zustimmungspflichtig. Sie haben keine
Mehrheit im Bundesrat. Selbst wenn Herr Wowereit Prä-
sident des Bundesrates auf Lebenszeit wäre


(Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP)

und alle Abstimmungen leiten würde, bekämen Sie dafür
keine Mehrheit.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Umsetzung dieses Gesetzentwurfes würde in der

Praxis zu einer erheblichen Ausweitung der ohnehin ho-
hen Zuwanderung nach Deutschland führen.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Das ist falsch! Das wissen Sie! – Reinhard Grindel [CDU/ CSU]: Recht hat er!)


Das würde die Integrationskraft unseres Landes weit
übersteigen.


(Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/ CSU]: Sehr wahr!)


Wir könnten so die Probleme auf dem Arbeitsmarkt
nicht lösen; im Gegenteil: wir würden sie weiter ver-
schärfen. Wir würden die unübersehbaren Integrations-
probleme, die es in weiten Teilen unseres Landes gibt,
nicht lösen, sondern weiter verschärfen.


(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die wir von Ihnen übernommen haben!)


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(C (D ir würden – darum geht es Ihnen im Kern – unser Land u einem klassischen Einwanderungsland machen. (Dr. Michael Bürsch [SPD]: Wir sind es! – Sebastian Edathy [SPD]: Sie sollten die Realität zur Kenntnis nehmen, Herr Kollege!)


Herr Bürsch, es gab und es gibt Zuwanderung nach
eutschland und es wird sie auch in Zukunft geben. Das
t keine Frage. Es muss uns aber darum gehen, ob mehr
uwanderung und die Werbung um Zuwanderung den
nteressen unseres Landes dienen. Wir sind kein klassi-
ches Einwanderungsland und können es aufgrund unse-
er historischen, geographischen und gesellschaftlichen
egebenheiten auch nicht werden.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Für uns ist nicht mehr Zuwanderung, sondern eine

essere Integration das Gebot der Stunde. Beim Thema
uwanderung geht die Koalition viel zu weit, beim
hema Integration bleibt sie zu weit hinter dem zurück,
as richtigerweise schnell getan werden müsste.
Nun bestreiten Sie, dass dieser Gesetzentwurf zu ei-

er Ausweitung bei der Zuwanderung führen würde. Sie
aben aber keine einzige Gruppe von Ausländern ge-
annt, die nach geltendem Recht kommen, nach zukünf-
igem Recht aber nicht mehr kommen kann. Das können
ie auch nicht, Herr Bürsch, weil es eine solche Restrik-
on in Ihrem Gesetzentwurf gar nicht gibt.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Michael Bürsch [SPD]: Lesen! Die Zahl der Asylbewerber spricht doch für sich!)


eder Ausländer, der nach geltendem Recht in die Bun-
esrepublik Deutschland kommen kann, kann es auch
ach dem künftigen. Es gibt keinerlei Beschränkungen.
Es gibt aber zahlreiche Bestimmungen in dem Ge-

etzentwurf, die zwangsläufig zu einer Ausweitung der
uwanderung nach Deutschland führen würden.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kinder zu ihren Eltern!)


Erstes Beispiel. Der Anwerbestopp von 1973 soll ge-
erell und nicht etwa nur für besonders hoch qualifi-
ierte Fachkräfte aufgehoben werden. Zweites Beispiel.
insichtlich der Ermessensentscheidungen, bei denen
ie Behörde entscheiden kann, ob sie eine Aufenthalts-
enehmigung erteilt oder nicht, heißt es im Gesetz wört-
ich – Sie reden immer nur über das Gesetz, aber argu-
entieren nicht mit dessen Inhalt –:

Zu den öffentlichen Interessen gehören im Gegen-
satz zum geltenden Ausländergesetz nicht länger
eine übergeordnete ausländerpolitische einseitige
Grundentscheidung der Zuwanderungsbegrenzung
oder der Anwerbestopp.

a sagen Sie, die Aufhebung des Zuwanderungstopps
ühre zu einer Reduktion der Zuwanderung? Das glaubt
hnen doch kein Mensch.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Sie haben nichts begriffen!)







(A) )



(B) )


Wolfgang Bosbach

Der Familiennachzug nach Deutschland, der ohne-

hin schon einen großen Umfang aufweist, wird nicht re-
duziert, sondern ausgeweitet. Es gelten neue Schutzme-
chanismen bei der Aufnahme von Flüchtlingen aus
humanitären Gründen. Die Zuwanderung im Rahmen
des so genannten Auswahlverfahrens nach § 20 aus rein
demographischen Gründen zur Erhöhung der Bevölke-
rungszahl soll ohne Nachweis eines Arbeitsplatzes mög-
lich sein. Und da sagen Sie, das führe zu einer Begren-
zung der Zuwanderung?


(Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/ CSU]: Sehr wahr! Das ist falsch!)


Nein, es wird zu einer Ausweitung führen. Deswegen
bekommen Sie unsere Zustimmung zu diesem Gesetz-
entwurf nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Schily wird in seinem Beitrag nachher bestimmt

das Gegenteil behaupten.

(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil er das Gesetz kennt!)


Deshalb möchte ich von einer Veranstaltung beim Evan-
gelischen Stadtkirchenverband in Köln am 28. April be-
richten. An dieser Veranstaltung habe nicht nur ich teil-
genommen, sondern auch der verehrte Kollege Winkler
von den Grünen. Ich zitiere ihn wörtlich:

Mit diesem Gesetz soll die überholte Begrenzungs-
logik im Ausländerrecht endlich überwunden wer-
den.

(Zuruf von der CDU/CSU: Josef, das war ehrlich! – Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/CSU]: Das steht im Gesetzentwurf! – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Herr Winkler ist wenigstens ehrlich!)


Wer hat Recht, Herr Schily oder Herr Winkler? Jeden-
falls können nicht beide gleichzeitig Recht haben. Wis-
sen Sie, wer Recht hat? – Herr Winkler hat Recht, weil
er das Gesetz offensichtlich nicht nur gelesen hat, son-
dern auch verstanden hat.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Nur, wer ist Herr Winkler?)

In der gleichen hoch interessanten Veranstaltung hat

die Kollegin Dr. Lale Akgün zum Thema Zuwanderung
im Auswahlverfahren gesagt:

Die Zuwanderung im demographischen Verfahren
ist das Herzstück des Gesetzentwurfes.

Herr Schily sagt, diese Vorschrift könnten wir in den
nächsten acht bis zehn Jahren vergessen, wir wollten
keine Zuwanderung aus demographischen Gründen,
jedenfalls zurzeit nicht. Hierzu folgende Bemerkung: Es
ist ein fundamentaler Unterschied, ob man sagt, das sei
das Herzstück des Gesetzes, oder ob man sagt, man
wolle diese Vorschrift nicht anwenden. Ihre Aussage,
Herr Schily, wir sollten aus demographischen Gründen
zu einer neuen Zuwanderung im Auswahlverfahren
kommen, Sie wollten diese Vorschrift aber acht oder

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(C (D ehn Jahre lang nicht anwenden – das glauben wir Ihnen icht. Natürlich haben wir eine demographische Entwickng mit Besorgnis erregenden Folgen. Wer will das betreiten? Unserer Überzeugung nach haben wir allerings nicht die viel zitierte Überalterung der esellschaft, sondern eher eine Unterjüngung. ir haben nicht zu viele ältere Mitbürger, in Deutschnd werden zu wenige Kinder geboren. eswegen ist die demographische Entwicklung ein Apell für eine bessere Familienpolitik, sodass Deutschland in kinderfreundliches Land wird, und kein Appell für ehr Zuwanderung nach Deutschland. (Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Michael Bürsch [SPD]: Dieser Spruch wird in die Geschichte eingehen: Bosbach beklagt die Unterjüngung der Gesellschaft!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Lachen bei der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU)


Herr Kollege Bürsch, Sie haben gerade die
genda 2010 angesprochen. Ein Blick ins Internet ver-
chlägt einem glatt die Sprache, wenn man sich einmal
nschaut, was die Bundesregierung der Bevölkerung be-
üglich der Agenda 2010 dort glauben machen will. Zur
genda 2010 heißt es in der offiziellen Verlautbarung
er Bundesregierung: Es gibt in Deutschland 1,5 Millio-
en offene Stellen, die nicht besetzt werden können.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Das sagt die Wirtschaft!)


as beeinträchtige die wirtschaftliche Situation unseres
andes, weswegen wir dieses Zuwanderungsgesetz
räuchten.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Das sind Zahlen aus der Wirtschaft, Herr Kollege!)


Die Bundesanstalt für Arbeit weiß von diesen offenen
tellen allerdings nichts.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Aber die deutsche Wirtschaft!)


ie sollten dort die Adressen, unter denen sich diese of-
enen Stellen befinden, angeben. Die Bundesanstalt für
rbeit sagt, dass sich 5,3 Millionen Arbeitsuchende da-
um bemühen, 419 000 freie Stellen zu besetzen. Das
ind taufrische Zahlen; die Druckerschwärze ist noch
icht trocken.
In welchem Land leben Sie eigentlich? Die Situation

uf dem deutschen Arbeitsmarkt ist so dramatisch wie
iemals zuvor in der Nachkriegsgeschichte. Im April
ieses Jahres hatten wir über 400 000 Arbeitslose mehr
ls im April des vergangenen Jahres. Jeden Tag – ein-
chließlich Samstag und Sonntag – machen 120 Betriebe
n Deutschland Pleite. Jeden Tag gehen Hunderte von
rbeitsplätzen verloren. Der Anteil der Ausländer an
en Arbeitslosen ist doppelt so hoch wie ihr Anteil an
er Bevölkerung. Der Anteil der Ausländer an den So-






(A) )



(B) )


Wolfgang Bosbach

zialhilfeempfängern ist dreimal so hoch wie ihr Anteil an
der Bevölkerung.


(Sebastian Edathy [SPD]: Woran liegt das Ihrer Meinung nach? An der fehlenden Qualifikation?)


In Berlin sind über 40 Prozent der Bevölkerung türki-
scher Herkunft, die sich im arbeitsfähigen Alter befindet,
arbeitslos. Glauben Sie ernsthaft, dass Sie diese Pro-
bleme mit mehr Zuwanderung oder mit diesem Gesetz-
entwurf lösen können? Sie werden die Probleme weiter
verschärfen und nicht lösen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Schily, Sie sagen, wir müssen uns an dem welt-

weiten Wettbewerb um die klügsten Köpfe beteiligen.
Richtig so!


(Sebastian Edathy [SPD]: Ja! Das merkt man aber nicht an Ihrer Rede, Herr Kollege!)


Wir würden uns selbst schaden, wenn wir uns nicht da-
rum bemühen würden, weltweit Spitzenkräfte für die
Wirtschaft und für Forschung und Lehre zu gewinnen.
Sie sagen, dass wir dafür dieses Gesetz brauchen.


(Sebastian Edathy [SPD]: Allerdings!)

Nun zitiere ich jemanden, der jedenfalls für Rot-Grün

unzweifelhaft zitierfähig sein dürfte, nämlich den Innen-
minister höchstpersönlich. Die „Süddeutsche Zeitung“
erwähnte 1999 ihm gegenüber: „Die Wirtschaft sagt
auch, dass sie Zuwanderer benötigt.“ Schily erwiderte:

Wenn mir Siemens sagt, wir brauchen so und so
viele, bin ich sofort bereit. Da brauchen wir kein
Zuwanderungsgesetz, das geht schon mit dem gel-
tenden Ausländergesetz.

(Beifall bei der CDU/CSU – Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/CSU]: Der Innenminister ist gut!)


Herr Schily, Sie haben ja Recht. Sie können Ihre Mei-
nung aber nicht um 180 Grad drehen, sich im Jahre 2003
hier hinstellen, das Gegenteil behaupten und dann von
uns noch verlangen, dass wir diesen Kurswechsel mit-
machen.


(Sebastian Edathy [SPD]: Er ist ja nicht Frau Süssmuth! – Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Das kann die Bundesregierung!)


Allerdings befinden Sie sich hier in guter Tradition
mit Ihrem Bundeskanzler. 1996 hat er zum Thema Öko-
steuer nämlich gesagt:

Wo ist denn der Vorteil für einen ganz konkreten
Betrieb in Deutschland, wenn ich dem sage: Ich
senke dir die Lohnkosten und brumme dir gleich-
zeitig bei den Energiepreisen ordentlich einen
drauf?

1997 sagte er:
Zwei Mark für den Liter Sprit bringen zwar mehr
Geld in die Kasse, aber die ökologische Lenkungs-

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(C (D wirkung ist gleich Null … Das kann ich aus sozialen Gründen nicht akzeptieren. enau diesen politischen Gesinnungswechsel, diesen echsel der politischen Meinung je nach Opportunität achen wir nicht mit. Deswegen können Sie unsere Zutimmung für dieses Gesetz nicht erwarten. Sie sagen, wir haben 4,5 Millionen registrierte Ar eitslose und können einige Hunderttausend offene Areitsstellen nicht besetzen. Das ist für die Betriebe ein roblem. Wir können die Probleme aber nicht mit mehr uwanderung lösen. Wir müssen vielmehr dafür sorgen, ass die Anreize erhöht werden, aus den sozialen Sicheungssystemen herausund in mehr Beschäftigung hininzugehen. Es muss wieder der schöne Satz gelten: erjenige, der den ganzen Monat gearbeitet hat, muss m Monatsende mehr in der Tasche als derjenige haben, er eine staatliche Transferleistung bezieht. Es muss ein Ende damit haben, dass die Betriebe Ar eitnehmern, die älter als 50 oder 55 Jahre sind, erkläen, dass sie leider für den deutschen Arbeitsmarkt nicht ehr brauchbar seien. (Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: So ist es! – Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Was ist das für ein Bild von der Arbeitswelt?)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)


0 Prozent der Unternehmen in Deutschland beschäfti-
en keine Arbeitnehmer über 50 Jahre. Wenn dadurch
ücken im Arbeitsmarkt entstehen, dann können wir
iese nicht durch mehr Zuwanderung nach Deutschland
ompensieren.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dieser Gesetzentwurf wird in den Bundesrat einge-

racht werden. Dort wird es zu einem Vermittlungsver-
ahren kommen. Wenn es bei dem bleibt, was die Ver-
reter von Rot-Grün in den letzten Monaten immer
ieder gesagt haben – redaktionelle Änderungen: ja,
ber keine substanziellen Änderungen an diesem Gesetz-
ntwurf –, wird es die Zustimmung der Union nicht ge-
en. Wir werden keinem Gesetz die Hand reichen, das
u einer Ausweitung der Zuwanderung nach Deutsch-
and führt.


(Sebastian Edathy [SPD]: Das haben wir auch nicht vor!)


ir wollen nicht mehr Zuwanderung, sondern mehr In-
egration. Wir sind der festen Überzeugung, dass dies
uch dem Willen der überwältigenden Mehrheit der Be-
ölkerung entspricht.


(Beifall bei der CDU/CSU – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Ganz genau!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504400400

Das Wort hat jetzt der Kollege Volker Beck von
ündnis 90/Die Grünen.






(A) )



(B) )



Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504400500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Geschätz-

ter Kollege Bosbach, auch wir wollen mehr Integration.
Wir wollen Zuwanderung steuern und begrenzen. Zu-
wanderung findet auch unter dem jetzt geltenden Aus-
länderrecht statt. Aber die Art, wie wir die Zuwanderung
steuern, ist einfach nicht effizient. Wir müssen jenseits
des humanitären Aspekts dafür sorgen, dass die Men-
schen zu uns kommen, die wir für unseren Arbeitsmarkt
tatsächlich brauchen.

Hierfür brauchen wir Steuerungsinstrumente, die
differenziert gehandhabt und mit denen je nach Bedarf
die Tore weiter geöffnet oder geschlossen werden kön-
nen. Das leistet das Zuwanderungsgesetz. Mit diesem
Gesetzentwurf wird durch die Steuerung der Zuwande-
rung dem nationalen Bedarf an Arbeitskräften Rechnung
getragen.

Der Mythos, wir bräuchten keine Zuwanderung mehr,
hilft nicht weiter. Bislang gilt die Ausnahmeverordnung
zum Anwerbestopp. Das Ergebnis ist, dass die Zuwande-
rungsrate in manchen Jahren sehr hoch ist. Es ist besser,
zu einem gesellschaftlichen Phänomen Ja zu sagen, als
diesen Mythos weiterhin zu verbreiten. Wir müssen den
Stier bei den Hörnern packen und ihn in die richtige
Richtung lenken.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich gestehe Ihnen gerne zu: Dies ist ein Gesetz zur
Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung. Es ist
kein Zuwanderungsverhinderungsgesetz. Dies wollen
wir auch nicht. Wir wollen die Zuwanderung, die aus
vielfältigen Gründen erfolgt, steuern. Das leisten wir mit
diesem Gesetzentwurf angemessen und differenziert.

Deutschland ist ein Einwanderungsland, in dem Zu-
wanderung im großen Stil stattfindet. Herr Bürsch hat
die Zahlen genannt. Es finden gleichermaßen Zuwande-
rung und Abwanderung statt. Im Saldo hatten wir in den
letzten 40 Jahren 12 Millionen mehr Zuwanderer als Ab-
wanderer. Insgesamt betrug die Zahl der Zuwanderer
32 Millionen. Hätten wir diese nicht gehabt, hätte die
Zahl von 20 Millionen Abwanderern zu erheblichen de-
mographischen Verwerfungen geführt. Wir verabschie-
den uns jetzt von den Mythen des deutschen Ausländer-
rechts. Das jetzt geltende Ausländerrecht ist als
Abwehrinstrument und nicht als Instrument der Steue-
rung geplant.

Mit dem Zuwanderungsgesetz erreichen wir eine effi-
ziente und vernünftige Steuerung der Arbeitsmigration.
Wir regeln die Aspekte der Integration. In diesem
Punkt, Herr Bosbach, können Sie sich von der Union
nicht aufblasen. Sie haben in den 16 Jahren Ihrer Regie-
rungszeit die Notwendigkeit einer Regelung der Integra-
tion von Ausländerinnen und Ausländern verschlafen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die von Ihnen beklagte hohe Arbeitslosigkeit bei Aus-
ländern ist darauf zurückzuführen, dass Sie sie von Inte-
grationsmaßnahmen ausgeschlossen und die Grundlage

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(C (D ür entsprechende Weiterqualifizierungen nicht gelegt aben. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Sie verbreiten hier den Mythos, wir sagten mit dem
uwanderungsgesetz: „Nun kommt doch alle her nach
eutschland, die Tore sind offen!“ Sie wissen, dass das
nsinn ist.
Wenn Sie sich einmal die Mühe machen würden, ins
esetz zu schauen – es ist ja schon lange genug ge-
ruckt –,


(Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Allerdings!)


ann könnten Sie sehen: Was den § 20, Zuwanderung
m Auswahlverfahren, angeht, den Sie zitiert haben,
aben Sie einfach Unrecht. Bundesregierung, Bundestag
nd Bundesrat müssen sich Jahr für Jahr darauf verstän-
igen, nach welchen Kriterien Zuwanderung im Aus-
ahlverfahren stattfindet und wie hoch die Gesamtquote
ein soll. Wenn es hierüber keine Verständigung zwi-
chen den Häusern gibt, dann findet in dem jeweiligen
ahr Zuwanderung nach dem Auswahlverfahren über-
aupt nicht statt. Sie wissen – der Innenminister hat das
mmer wieder betont –, dass die Koalition überhaupt
icht daran denkt, vor dem Jahr 2010 von diesem Instru-
ent Gebrauch zu machen.

(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Warum schreibt man es denn dann in das Gesetz?)

Es ist doch keine Reform, wenn in einem Gesetz ge-
ade einmal Regelungen für das nächste und das über-
ächste Jahr enthalten sind.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Dann fragen Sie mal Herrn Riester, Frau Schmidt und alle anderen!)


s bedarf eines Gesetzes aus einem Guss, das die Pro-
leme löst, mit dem man für die verschiedenen gesell-
chaftlichen, demographischen und wirtschaftlichen
ituationen gewappnet ist und die entsprechenden Steue-
ungsinstrumente in der Hand hat.

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504400600

Herr Kollege Beck, erlauben Sie eine Zwischenfrage

es Kollegen Bosbach?

Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504400700

Aber selbstverständlich.

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504400800

Bitte schön, Herr Bosbach.

Wolfgang Bosbach (CDU):
Rede ID: ID1504400900

Lieber Herr Kollege Beck, sind Sie wenigstens bereit,
ir zuzustimmen, dass das, was Sie gerade über den
20 gesagt haben – ich habe das Gesetz hier vor mir lie-
en –, schlicht falsch ist? Jedenfalls steht das so nicht im
esetz. Die Beteiligung des Bundesrates bezieht sich






(A) )



(B) )


Wolfgang Bosbach

ausdrücklich und ausschließlich auf den Kriterienkata-
log – Alter des Zuwanderungsbewerbers, Familienstand,
Sprachkenntnisse –, nicht aber auf die Zahl.


(Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/ CSU]: Sehr wahr!)


Hinsichtlich der Zahl ist lediglich das neue Bundesamt
für Migration und Flüchtlinge zu beteiligen. Das heißt,
Sie brauchen nur ein einziges Mal die Zustimmung des
Bundesrates, nämlich bei der Erstellung des Kriterienka-
taloges, und dann hat die Bundesregierung Pleinpouvoir,
sie kann mit diesem § 20 Zuwanderung organisieren,
wie sie möchte.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504401000

Herr Bosbach, würden Sie mir im Gegenzug zugeste-

hen – ich weiß, Sie dürfen mir nicht antworten; aber
vielleicht sagen Sie es mir nachher –, dass das, was Sie
hier vortragen, nicht ganz logisch ist?


(Lachen und Widerspruch bei CDU/CSU – Wolfgang Bosbach [CDU/CSU]: Das ist das Gesetz! – Clemens Binninger [CDU/CSU]: Er hat das Gesetz vorgetragen!)


– Vielleicht hören Sie noch auf meine Antwort.
Wenn der Bundesrat, weil er mit der Quote nicht ein-

verstanden ist, die Zustimmung beim Kriterienkatalog
verweigert, dann gibt es in dem jeweiligen Jahr keine
Verständigung über die gesetzlichen Voraussetzungen ei-
ner Zuwanderung nach dem Auswahlverfahren und dann
tritt eben das ein, was ich hier geschildert habe: In dem
jeweiligen Jahr findet keine Zuwanderung nach dem
Auswahlverfahren statt.


(Wolfgang Bosbach [CDU/CSU]: Die Quote ist nicht Gegenstand der Beteiligung!)


Der Bundesrat hat so ein faktisches Vetorecht. Deshalb
muss man sich vorher mit der jeweiligen Mehrheit des
Bundesrates über die Höhe der Gesamtquote verständi-
gen. Ansonsten funktioniert der Mechanismus nach die-
sem Gesetz nicht. Solange Sie im Bundesrat noch über
die Mehrheit verfügen, können Sie sicher sein, dass ohne
Ihre Zustimmung in diesem Bereich nichts läuft. Sie
können also alle ruhig schlafen.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Das Gesetz wird doch nicht Wirklichkeit! Deshalb schlafen wir ruhig!)


Deshalb ist Gelassenheit und nicht Panikmache ange-
sagt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Hartmut Koschyk [CDU/ CSU]: Wir sind gelassen, weil Ihr Gesetz nicht Wirklichkeit wird!)


Ihren Beitrag zu diesem Gesetz hat der Kollege
Stadler im Innenausschuss – das möchte ich ausdrück-
lich betonen – richtig beschrieben: Dieses Gesetz ist kein
rot-grünes Gesetz, sondern ein überparteilicher Kompro-
miss.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Nein!)


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(C (D eider sind Sie nicht bereit, zu würdigen, dass Teile diees Gesetzes aus Ihrer Feder stammen. Mehr als 0 Punkte (Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/ CSU]: Quatsch!)


ntsprechen den Vorstellungen der Union und der Mehr-
eit des Bundesrates, weil wir sie im Rahmen der Ver-
andlungen zum Zuwanderungsgesetz in den Entwurf
bernommen haben. Wir haben uns nicht nur an den Er-
ebnissen der Zuwanderungskommission der Bundes-
egierung – der bekanntlich eine CDU-Politikerin vor-
tand – orientiert, sondern auch an den Vorstellungen des
ollegen Müller, auch wenn sich dieser zwischenzeitlich
avon distanziert hat.
Ihr Vorgehen heute hier und im Innenausschuss zeigt:
ie Union ist weder willens noch in der Lage, im Deut-
chen Bundestag über dieses Gesetz zu verhandeln.
tattdessen haben Sie versucht, Ihre Position mit
28 Änderungsanträgen zu markieren. Angesichts der
atsache, dass diese 128 Änderungsanträge, die Sie vor-
elegt haben, noch nicht einmal in den unionsgeführten
undesländern mehrheitsfähig waren, kommt das einer
undamentalopposition gleich.
Sie signalisieren damit, dass Sie keine Einigung wol-

en, weil Sie Ihr parteitaktisches Süppchen mit der Zu-
anderung kochen wollen. Es ist auch ein Armutszeug-
is für die Kollegin Merkel. Ganz offensichtlich hat sie
ei der Zuwanderungsfrage in der Union kein Verhand-
ngsmandat.


(Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/ CSU]: Wie kommen Sie auf den Quatsch?)


Hier haben offensichtlich die Kollegen Stoiber und
och den Hut auf. Sonst hätten Sie sich doch im Bun-
estag zu Verhandlungen bereit finden können, anstatt
ich mit den 128 Anträgen zu verweigern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Wolfgang Bosbach [CDU/CSU]: Mit wem sollen wir verhandeln? – Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/CSU]: Mit Schily verhandeln wir gerne!)


Sie hätten mit Herrn Schily und den beiden Koalitions-
raktionen verhandeln können, statt Ihre Anträge aus
em Bundesrat hier sogar noch in verschärfter Form vor-
ulegen.
Sie wollen – das machen Sie in Ihren Anträgen deut-

ich – an einem verstaubten Ausländerrecht festhalten.
s geht Ihnen in Wirklichkeit um Abschottung und die
erhinderung von Zuwanderung. Wer Arbeitsmigration
e facto gar nicht will, dem geht es auch nicht wirklich
m das wirtschaftliche Wohl unseres Landes.
Wir haben die entsprechenden Stellungnahmen der
irtschaft. Arbeitswissenschaftler rechnen damit, dass
ir bis zum Jahr 2015 einen Mangel an hoch qualifi-
ierten Arbeitskräften von sieben Millionen Erwerbs-
ätigen haben werden, auch wenn wir aktuell noch eine
ohe Arbeitslosigkeit haben. Wer da nicht vorbeugt und






(A) )



(B) )


Volker Beck (Köln)


nicht dafür sorgt, dass wir dies vernünftig gestalten, der
schadet der Zukunftsfähigkeit unseres Landes. Wir ha-
ben es bei der Greencard gesehen: Die jetzigen Regelun-
gen, die wir hoch qualifizierten Zuwanderern anbieten
können, sind eben nicht attraktiv.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind nicht attraktiv! Das ist das Problem!)


Im internationalen Wettbewerb um die besten Köpfe
ziehen wir den Kürzeren, weil die Zuwanderungsvoraus-
setzungen in Ländern wie den Vereinigten Staaten, Ka-
nada oder Australien wesentlich attraktiver sind als das,
was wir im deutschen Ausländerrecht anbieten können.

Im humanitären Teil des Gesetzes zeigt die Union ihr
wahres Gesicht. Sie wollen den integrationshemmenden
Status der Duldung beibehalten. Sie wollen die Voraus-
setzung für die Erteilung des menschenrechtlichen
Schutzstatus so weit verschärfen, dass ihn praktisch nie-
mand mehr in Anspruch nehmen kann. Sie wollen diesen
Menschen auch jegliche Aufenthaltsverfestigung neh-
men. Sie wollen den Ehegattennachzug verschärfen und
Ausweisungen erleichtern. Beim Kindernachzug bege-
ben Sie sich europaweit mit Ihrer Forderung, den Nach-
zug von Kindern nur bis zum zehnten Lebensjahr zu er-
lauben, in die völlige Isolation. Es ist schon bezeichnend,
dass die familienfreundliche Union das Kindeswohl aus
dem Ausländergesetz streichen will.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Diese Änderungsanträge sind eine Kampfansage und
alles andere als ein Versuch, sich mit den Koalitionspar-
teien und auch mit der FDP auf einen vernünftigen Kom-
promiss zu einigen. Sie haben sogar noch eins draufge-
sattelt gegenüber den Anträgen, die Sie im ersten
Durchgang dieses Gesetzes eingebracht haben. Sie wol-
len das Geburtsrecht im Staatsbürgerschaftsrecht wieder
kippen, wo wir doch wissen, dass es ganz entscheidend
für die Integration jüngerer Migrantenkinder ist, dass sie
von Anfang an nach der Geburt als Staatsbürger in die-
sem Land willkommen geheißen werden, hier integriert
werden


(Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/ CSU]: Seit Ihrem Gesetz sind alle Türken integriert, ja?)


und wissen, dass sie zu dem Land gehören, in dem sie
geboren sind, und dass sie gleiche Rechte und gleiche
Pflichten wie jeder andere haben. Hier zeigt sich: Ihnen
liegt an der Integration, die Sie so gerne im Munde füh-
ren, überhaupt nichts. Sie leisten auch mit Ihren Beiträ-
gen zu der Zuwanderungsdebatte einen Beitrag zur Des-
integration, wenn Sie Ausländer immer nur im
Zusammenhang mit terroristischen Anschlägen oder mit
Abzocken von Sozialkassen in Verbindung bringen. Sie
müssen zu einem anderen Diskussionsstil kommen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504401100

Herr Kollege Beck, kommen Sie bitte zum Schluss.

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(C (D Zum Schluss: Wir sind im Vermittlungsausschuss mit hnen und den B-Ländern zu ernsthaften Gesprächen nd auch zu Kompromissen bereit. Aber eines ist klar: ür uns ist das Kriterium der Zustimmung zu einem ompromiss, dass es eine Modernisierung des deutchen Ausländerrechts gibt und dass das Gesetz, das ann beschlossen wird, besser als der jetzige Rechtszutand ist. Herr Kollege Beck! Wenn wir Ihren Vorschlägen folgen würden, dann ürde es zu einer Verschlechterung kommen. Dem weren wir nicht die Hand reichen. (Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/ CSU]: Eine halbe Stunde länger!)

Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504401200
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504401300
Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504401400


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504401500

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Max Stadler von

er FDP-Fraktion.

Dr. Max Stadler (FDP):
Rede ID: ID1504401600

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en! Ich glaube, man greift nicht zu hoch mit der Fest-
tellung, der Deutsche Bundestag hätte heute die Chance
u einem historischen Kompromiss, um den seit einem
ahr andauernden Streit um das Zuwanderungsgesetz zu
eenden. Deutschland braucht in seinem eigenen Inte-
esse ein Gesamtkonzept, um die Zuwanderung zu steu-
rn und zu begrenzen und um die Integration zu fördern.


(Beifall bei der FDP und der SPD sowie des Abg. Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Die FDP-Bundestagsfraktion hat basierend auf Vorar-
eiten aus Baden-Württemberg einen, wie wir meinen,
llseits akzeptablen Kompromissvorschlag vorgelegt. Es
äre schade, wenn der Deutsche Bundestag heute seine
hance versäumen würde, sich auf diesen Kompromiss
u einigen.


(Beifall bei der FDP)

Nach drei Jahren öffentlicher Debatte birgt eine sol-

he Aussprache wie die heutige die Gefahr, dass nur alt-
ekannte Argumente wiederholt werden. Ich meine aber,
ass die Einwände, die die Union heute noch einmal gel-
end gemacht hat – der Kollege Bosbach hat sie eben
orgebracht –, durchaus ernst zu nehmen sind.
Auch wir, die wir ein Zuwanderungsgesetz befürwor-

en, stellen uns die Frage, ob die Bedingungen für ein
olches Gesetz jetzt noch dieselben sind wie vor zwei
ahren, als die Süssmuth-Kommission ihren Bericht vor-
elegt hat, oder vor einem halben Jahr. Denn der
rbeitsmarkt hat sich inzwischen geändert; er ändert
ich aufgrund der verfehlten rot-grünen Wirtschaftspoli-
ik leider zum Schlechteren.






(A) )



(B) )


Dr. Max Stadler

Daher ist die auch von der Bevölkerung gestellte

Frage berechtigt, ob bei mehr als 4 Millionen Arbeitslo-
sen noch eine Zuwanderung auf den deutschen Arbeits-
markt vertretbar ist. Wir glauben aber, dass diese Frage
zu bejahen ist. Wir meinen sogar, dass es dringend not-
wendig ist, die Zuwanderung – die ohnehin stattfindet –
zu steuern.


(Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/ CSU]: Darin sind wir anderer Meinung!)


Die Notwendigkeit eines solchen Gesetzes hängt
nicht vom Monats- oder Quartalsbericht der Bundesan-
stalt für Arbeit ab. Wir schaffen eine gesetzliche Grund-
lage – darin besteht der Unterschied zur derzeitigen Pra-
xis der Ausnahmeverordnungen – nicht für eine
Situation des Augenblicks; vielmehr streben wir mit die-
sem Gesetz eine Grundlage für die gesamte weitere Zu-
wanderungspolitik der Bundesrepublik Deutschland auf
längere Dauer an. Dieses Gesetz soll sozusagen zum
Grundgesetz für die deutsche Migrationspolitik werden.
Deswegen macht es nach wie vor Sinn.


(Beifall bei der FDP)

Im Übrigen – das ist der wichtigste Punkt, den es he-

rauszustellen gilt – bedeutet ein Zuwanderungsgesetz
nicht automatisch mehr Zuwanderung. Es geht um zwei
völlig verschiedene Fragen. Ob wir mehr Zuwanderung
nach Deutschland brauchen, ist aufgrund der Situation
auf dem Arbeitsmarkt von Zeit zu Zeit unterschiedlich
zu beantworten. Hier geht es aber auch um die Frage, ob
wir ein Gesetz brauchen, das die Zuwanderung steuert.
Wir Freie Demokraten meinen, dass ein solches Gesetz
nach wie vor notwendig ist.

Wir schlagen Ihnen einen Mechanismus vor, der alle
Bedenken aufgreift, indem wir Ihnen anbieten, die Zu-
wanderung auf den Arbeitsmarkt und aus humanitären
Gründen nach einer Jahreshöchstquote zu gestalten.
Damit hätten wir als Politiker es in der Hand, die jewei-
lige aktuelle Situation zu beurteilen und die Quote gege-
benenfalls auf Null festzusetzen. Insofern sind die zum
Ausdruck gebrachten Sorgen unbegründet und es ist und
bleibt vernünftig, in diesem Bereich gesetzgeberisch tä-
tig zu werden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Lassen Sie mich nun auf einen weiteren Punkt zu
sprechen kommen. Nachdem wir in früheren Debatten
darauf hingewiesen haben, dass bei der CDU/CSU An-
spruch und Wirklichkeit auseinander klaffen, indem sie
sich zum Beispiel hier gegen das Zuwanderungsgesetz
ausspricht, aber in Bayern Pflegekräfte aus der Slowakei
und Kroatien anwirbt,


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Das ist doch kein Widerspruch!)


hat die Union ihre Argumentation jetzt geändert und vor-
gebracht, es sei zwar richtig, dass in manchen Bereichen
ausländische Arbeitskräfte benötigt würden; dies könne
jedoch über Ausnahmeverordnungen geregelt werden.

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(C (D (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Das ist bei Saisonarbeitskräften auch der Fall!)


Nun komme ich zu dem entscheidenden Punkt. Not-
endig ist nicht der alte Flickenteppich von Ausnahme-
erordnungen;


(Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Sehr richtig!)


otwendig ist vielmehr ein Gesamtkonzept, weil alle
rei Bereiche eng miteinander verzahnt sind: Zuwande-
ung auf den Arbeitsmarkt, Zuwanderung aus humanitä-
en Gründen und Integration. Alle drei Bereiche gehören
usammen.


(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich möchte Ihnen das an den Vorschlägen deutlich
achen, die die FDP dazu gemacht hat. Wir meinen
das kann niemand bestreiten –, dass es eine Fehlsteue-
ung im Asylrecht gegeben hat. Viele versuchen näm-
ich, sich über das Asylrecht Zugang zu Deutschland zu
erschaffen, obwohl sie keine Chance haben, jemals an-
rkannt zu werden. Wenn man diesen Menschen eine le-
ale Zuwanderungsmöglichkeit – ich gebe zu: in be-
renztem Umfang; denn die Zahlen würden etwas
nderes nicht zulassen – bietet und wenn man zugleich
estlegt, dass diejenigen, die sich zu Unrecht auf ein
icht mehr bestehendes Asylrecht berufen, von der lega-
en Möglichkeit der Zuwanderung in den Arbeitsmarkt
usgeschlossen werden, dann wird dieser Steuerungsme-
hanismus dazu führen, dass das Bundesamt für die An-
rkennung ausländischer Flüchtlinge und die Verwal-
ungsgerichte nicht mehr mit einer solchen Vielzahl von
sylverfahren, die im Endeffekt aussichtslos sind, belas-
et werden wie jetzt.


(Beifall bei der FDP)

Ich möchte Ihnen die Verzahnung noch an einem

weiten Beispiel deutlich machen. Wenn man ein Ge-
amtkonzept für die Integration entwickelt, dann hat
an die Möglichkeit, mehr Angebote als bisher zu ma-
hen, aber auch mehr Anforderungen an diejenigen zu
tellen, die nach Deutschland kommen, und zwar unter
nderem dadurch, dass man die Teilnahme an Deutsch-
ursen und an Integrationskursen zum entscheidenden
riterium für die Verlängerung der Aufenthaltsgenehmi-
ung macht. Das ist nicht unzumutbar, sondern eine
innvolle Steuerung und zeigt erneut, dass wir eine Ver-
nüpfung aller Elemente brauchen.
Der gescheiterte Gesetzentwurf war nur formal ein

ot-grüner. Die FDP hat in den Verhandlungen mit Mi-
ister Schily etliche ihrer Vorstellungen in den Gesetz-
ntwurf einbringen können. Deswegen hat ja Rheinland-
falz im Bundesrat zugestimmt. Aber wir werden heute
icht zustimmen, sondern uns enthalten;


(Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/ CSU]: Mut zur Enthaltung!)







(A) )



(B) )


Dr. Max Stadler

denn Sie haben den gescheiterten Gesetzentwurf erneut
unverändert eingebracht, obwohl er nicht mehr dem ak-
tuellen Stand der Diskussion entspricht.


(Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/ CSU]: Dann müsst ihr Nein sagen!)


Die weitere Diskussion hat nämlich ergeben, dass ein
Zuwanderungsgesetz mehr Maßnahmen für die Integra-
tion derjenigen vorsehen muss, die schon hier sind. Hier
treffen sich unsere Vorstellungen mit denen der Union.


(Zurufe von der CDU/CSU: Aha!)

Wir brauchen die so genannte nachholende Integration


(Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/ CSU]: Sehr richtig!)


und müssen besonders im Blick behalten, dass die jet-
zige Generation der Spätaussiedler im Gegensatz zu den-
jenigen, die Anfang der 90er-Jahre gekommen sind, auf-
grund fehlender Sprachkenntnisse große Probleme hat,
in den Arbeitsmarkt und in das Sozialgefüge integriert
zu werden.


(Beifall bei der FDP)

Daher gehen die Integrationsangebote der FDP – ich be-
tone: mit entsprechenden Verpflichtungen betreffend die
Migrantinnen und Migranten – weiter als das, was Ihr
Gesetzentwurf vorsieht. Aber alles muss seriös finan-
zierbar sein. Die Angebote, die die Union in ihren Ände-
rungsanträgen macht, sind zeitlich unbegrenzt. Das geht
nicht; denn das können die Kommunen auf keinen Fall
mehr finanzieren. Auch wenn wir einen eigenen Beitrag
von den Migrantinnen und Migranten verlangen, meinen
wir, dass sich die nachholende Integration auf diejenigen
beziehen sollte, die in den letzten fünf Jahren nach
Deutschland gekommen sind.

Sie sehen also, dass wir Kompromissangebote in un-
sere Vorschläge eingearbeitet haben, die dem neuesten
Stand der Diskussion entsprechen und die vor allem
auch ein Angebot an die Union sind. Die Tatsache, dass
Sie 128 Änderungsanträge gestellt haben, kann als ein
hohes Pokern verstanden werden, um im Vermittlungs-
ausschuss möglichst viel von den eigenen Vorstellungen
durchzusetzen. Das wäre noch verständlich. Aber wir
haben nach der vorangegangenen Rede des Kollegen
Bosbach den Eindruck, dass es Ihnen gar nicht um einen
Kompromiss geht, sondern dass Sie ein Zuwanderungs-
gesetz generell ablehnen, obwohl es dringend notwendig
wäre.


(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Deswegen hoffen wir, dass diejenigen aus Kirche und
Wirtschaft, die Einfluss auf Sie haben und auf deren
Wort Sie hören, Sie doch noch eines Besseren belehren.

Zum Schluss möchte ich noch folgendes Grundsätzli-
che anmerken: Ein solches Gesetzesvorhaben löst bei
der Bevölkerung zunächst Ängste und Besorgnisse aus,
beispielsweise Besorgnis darüber, dass es mehr Konkur-
renz auf dem Arbeitsmarkt geben wird – und das, ob-
wohl Inländer bei der Besetzung eines Arbeitsplatzes

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(C (D orrang haben –, und Besorgnis darüber, dass die soziaen Systeme überlastet werden. Man kann den Weg geen, diese Besorgnisse aufzugreifen – das ist ehrenhaft – nd ihnen nachzugeben, das ist die Politik der Union. olitische Führung heißt für mich aber, solche Besorgisse ernst zu nehmen und daraus vernünftige Lösungen u entwickeln. Das ist die Politik der FDP. Wir bieten Ihnen noch einmal an, die Brücke zu betre en, die wir Ihnen mit unserem Gesetzeskompromiss orschlagen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504401700

Das Wort hat jetzt die Kollegin Dr. Cornelie Sonntag-
olgast von der SPD-Fraktion.

Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast (SPD):
Rede ID: ID1504401800

Herr Präsident! Liebe Kollegen und Kolleginnen!

elten ist ein Gesetz von der CDU/CSU so mutwillig, so
nhaltend und so absichtsvoll fehlgedeutet worden wie
ieses. Leider hat der Kollege Bosbach dafür heute wie-
er ein unrühmliches Beispiel geliefert.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wenn es nur um reine Sachfragen ginge, dann könnte
an sagen: Zuspitzung ist nun einmal ein Mittel der Op-
osition. Bei diesem Gesetz geht es aber um das künftige
usammenleben von Menschen unterschiedlicher Tradi-
ionen, Kulturen und Glaubensgemeinschaften. Dem
iel, dass sie friedlich und in gegenseitigem Respekt
iteinander leben, nützt dieses Zerrbild wahrhaftig
icht. Deswegen richte ich die dringende Bitte an Sie,
iesen Gesetzestext endlich realistisch zur Kenntnis zu
ehmen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Sie wollen den Bürgern seit Monaten einreden, diese
undesregierung habe nichts Eiligeres zu tun, als mög-
ichst viele Menschen in dieses Land zu holen. Das ist
ein Irrtum, sondern geplante Irreführung.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


estatten Sie mir folgende Randbemerkung: Ich kann
ir angesichts des Elendsbildes, das Sie im Moment von
er Bundesrepublik zeichnen, eigentlich gar nicht vor-
tellen, dass noch irgendein Ausländer

(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das ist die Wahr heit! Sie leiden unter Realitätsverlust!)

in Interesse daran hat, seinen Fuß in dieses Land zu set-
en. Leider spielen Sie mit dem Mittel der Verzerrung.
Jeder, der sich ohne Scheuklappen – ich betone: ohne

cheuklappen – mit diesem Gesetz befasst, erkennt:
rbeitsmigration wird gerade dadurch beherrschbar,
ass man sie steuert und politisch gestaltet. Jeder weiß
uch darum, dass Deutsche und EU-Bürger nach diesem






(A) )



(B) )


Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast

Gesetz bei der Arbeitsvermittlung weiterhin Vorrang ha-
ben und dass die Auswahlverfahren überhaupt erst in ei-
nigen Jahren zum Zuge kommen, wenn die Überalterung
bzw. die „Unterjüngung“ – so lautet der neue Begriff –
der Gesellschaft ihre ersten deutlichen Spuren auf dem
Arbeitsmarkt hinterlässt.

Jeder kennt auch die Funktion des Sachverständigen-
rates, der ebenfalls ein Wort mitzureden hat. Jeder merkt,
wodurch dieses Gesetz die Einwanderung zugleich be-
grenzt – Herr Kollege Grindel, nun können Sie noch et-
was dazulernen –: durch die Beschleunigung der Asyl-
verfahren; durch die konsequentere Abschiebung, wo
dies rechtsstaatlich vertretbar ist; durch die Senkung des
Kindernachzugsalters; durch erhöhte Anforderungen an
die Sprachkenntnisse mitreisender Familienangehöriger
von Spätaussiedlern, übrigens eine der im Moment pro-
blematischsten Zuwanderungsgruppen.

Durch unser Gesetz wird Zuwanderern ein realisti-
sches Angebot gemacht. Es zeigt Möglichkeiten, aber
auch Hürden für die Zuwanderung zwecks Arbeitsauf-
nahme. Dieses Gesetz enthält Anforderungen an die
Neuankömmlinge, zeigt aber auch den hier Lebenden,
wie man sich aufeinander einlassen, aufeinander zube-
wegen kann. Es unterscheidet schärfer zwischen abge-
lehnten Asylbewerbern, die nicht ins Heimatland zu-
rückkehren können, und denen, die es nicht wollen. Es
vereinfacht die komplizierten ausländerrechtlichen Re-
gelungen und es reduziert die zahlreichen schwer ver-
ständlichen Aufenthaltstitel. Vor allem aber bekennt sich
der Staat endlich, nach mehr als vier Jahrzehnten Migra-
tion, zu seiner Aufgabe, die Integration hier mitzugestal-
ten und zu fördern. Das ist ein epochaler Schritt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das Grundkonzept der Integration – das ist Kernidee
des gesamten Gesetzes – geht aber weit über Eingliede-
rung und Sprachvermittlung hinaus – es gehört nämlich
alles zusammen; Kollege Stadler hat es eben verdeut-
licht –, weil wir einerseits unsere humanistischen Ver-
pflichtungen deutlicher umreißen und weil wir anderer-
seits Zuwanderung mit modernen und flexiblen Metho-
den steuern und dabei – dies war im bisherigen Recht
nicht der Fall – unsere eigenen Interessen beim Namen
nennen. Deshalb macht es keinen Sinn, etwa den – viel-
leicht am wenigsten strittigen – Integrationsteil heraus-
zulösen und alle anderen Reformteile fallen zu lassen.

Das Zuwanderungsgesetz der Bundesregierung und
der sie tragenden Koalition ist – das wissen Sie sehr
wohl – in seiner jetzigen Form auf Konsens ausgerichtet:
Es schlägt Brücken auch zur Union – wie wir eben hör-
ten, auch zur FDP – in Bund und Ländern.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Diese Brücken haben aber die Stärke eines Grashalms!)


Es versöhnt endlich politisches Handeln mit der Wirk-
lichkeit der heutigen Migration. Es zeigt Perspektiven
und Optionen für morgen. Das Konzept der CDU/CSU
jedoch, wie es sich in Ihren 128 Änderungsanträgen
widerspiegelt, beschwört den Geist von gestern. Sie wer-

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(C (D en von uns nicht verlangen, dass wir diesem Weg folen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/CSU]: Haben Sie das zwischenzeitlich durchgelesen? Wirklich?)


Wer, Herr Kollege Marschewski, soll eigentlich nach-
ollziehen, warum Sie hoch qualifizierten Arbeitskräf-
en, wenn wir sie hier brauchen können, wieder nur ei-
en befristeten Aufenthalt – das war ja ein Kritikpunkt
ei der Greencard-Regelung – erlauben wollen? Warum
ollen Migrantenkinder wieder Schwierigkeiten bei der
inbürgerung bekommen? Warum sollen ausländische
hefrauen wieder vier statt zwei Jahre auf ein eigenstän-
iges Aufenthaltsrecht warten müssen und etwa bei einer
escheiterten Beziehung Prügel und Schikanen einste-
ken müssen? Warum um alles in der Welt wollen Sie
rauen und Mädchen, die aus Angst vor der Beschnei-
ung zum Beispiel hierher geflüchtet sind, nicht wenigs-
ens befristet eine verlässliche Lebensperspektive ge-
ähren?


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Das stimmt doch überhaupt nicht!)


ber diese Art des Umgangs mit der geschlechtsspezifi-
chen Verfolgung schütteln fast alle europäischen Part-
erstaaten den Kopf. Sie erweisen sich in der Asyl- und
lüchtlingspolitik ja überhaupt als europauntauglich.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Reformen sollen den Menschen zukunftsfähige Lö-
ungen anbieten und ihnen auch die Angst vor Unbe-
anntem und vor Unwägbarem nehmen. Weil der Pro-
ess der gegenseitigen Annäherung wirklich kein
paziergang ist, weil Umdenkprozesse Zeit und Über-
eugungskraft brauchen, weil wir Migration eben nicht
ur geschehen lassen, sondern gestalten wollen, ist das
esetz jetzt wichtig; das erkennt die FDP dankenswer-
rweise auch an.
Die gesamte Migration in all ihren Facetten als Droh-

ulisse aufzubauen, wie Sie es tun, ist falsch und schäd-
ich. Akzeptanz ist schon wichtig – ich weiß, wovon ich
ede –, aber Akzeptanz ist dehnbar und hängt sehr davon
b, wie man über das Thema redet, welche Worte und
elche Argumente man benutzt.


(Dr. Max Stadler [FDP]: So ist es!)

Ihr neues Bedrohungsgemälde ist der angebliche
igrationsdruck durch die EU-Erweiterung. Natürlich
chafft sie Probleme, aber sie schafft eben auch
hancen. Deswegen möchte ich jemanden zitieren, der
ich auskennt, nämlich den EU-Kommissar Günter
erheugen. Er weist auf Folgendes hin:

Derzeit verweilen mehr Deutsche in der Tschechi-
schen Republik als Tschechen in Deutschland. Die
Frage einer rechtlichen Regelung der Zuwanderung
ist also weit wichtiger als Spekulationen über ihr
dramatisches Ausmaß.






(A) )



(B) )


Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast

Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir eine

Schlussbemerkung. Seit ich mich mit Ausländerpolitik
befasse, stört mich die scharfe Polarisierung in dieser
Frage, diese Teilung in zwei große Lager: hier die so ge-
nannten Gutmenschen, die praktisch jeden Ausländer in
Watte packen, und dort die Scharfmacher, die der Ab-
schottung das Wort reden. Das Zuwanderungsgesetz
schafft nun endlich eine Möglichkeit, sich mit beiden
Lagern auseinander zu setzen und Brücken zu schlagen.
Wirtschaft, Gewerkschaften, Kirchen und Migrationsfor-
scher begrüßen es – nicht ohne Kritik, aber immerhin
alle doch mit dem Votum: Das ist der richtige Weg. Die
Probleme der Migration werden nicht verkleistert. Es
bringt uns insgesamt voran.

Wenn Sie die Gesellschaft jetzt wieder spalten, dann
leisten Sie dieser Entwicklung einen Bärendienst. Ich
kann Sie und uns alle vor dieser Strategie nur warnen.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Max Stadler [FDP])



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504401900

Das Wort hat jetzt der Kollege Erwin Marschewski

von der CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Erwin Marschewski (CDU):
Rede ID: ID1504402000

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Wer sagt, das Problem ungesteuerter Zuwande-
rung lösen zu wollen, und wer weiß, dass er dazu die Zu-
stimmung der Union benötigt, und wer dennoch den vor
dem Bundesverfassungsgericht gescheiterten Gesetzent-
wurf Wort für Wort wieder einbringt, ohne der Union
auch nur ein Jota entgegenzukommen, der beweist kei-
nen ernsthaften Willen zur Lösung dieses Problems.


(Beifall bei der CDU/CSU – Rüdiger Veit [SPD]: Schönbohm war wortbrüchig!)


Er will wohl keinen Kompromiss, Herr Kollege; sonst
wären die 128 Anträge der Union nicht samt und sonders
abgelehnt worden.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: So ist es! Die haben doch gar nicht mit uns verhandelt!)


Deswegen hat die „FAZ“ Recht, Herr Bundesinnen-
minister: Es war unverantwortlich, das Zuwanderungs-
gesetz im Bundestag mit einfacher Koalitionsmehrheit
zu verabschieden. Es war geradezu verwerflich – so
schreibt die „FAZ“ –, es mit Brachialgewalt – verfas-
sungswidrig – durch den Bundesrat zu drücken.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

Gesetze von dieser Tragweite, meine Damen und

Herren, brauchen eine Mehrheit, die einen Regierungs-
wechsel überdauert, Herr Bundesinnenminister.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Michael Bürsch [SPD]: Dann stimmt doch zu! – – H r b D d d K D s r a s g M d s P k t B l d B v v g b n j d G E n G e g d – 0 2 k d m d (C (D Rüdiger Veit [SPD]: Schönbohm hat doch Zustimmung zugesagt!)


Wir stimmen gerne zu, aber das Gesetz muss dann,
err Kollege, auch wirklich eine Regelung zur Steue-
ung und Begrenzung von Zuwanderung zum Inhalt ha-
en, was beim vorliegenden leider nicht der Fall ist. –
ieses Gesetz führt zu mehr Einwanderung. Die Zuwan-
erung wird nicht begrenzt und die Integration – zumin-
est da sind wir uns doch einig, Kollege Bürsch und
ollege Stadler – wird nicht hinreichend geregelt.


(Sebastian Edathy [SPD]: Sie wird verbessert!)


ies steht, meine Damen und Herren, in krassem Wider-
pruch zur Position der Union. Deswegen können wir Ih-
en Gesetzentwurf so nicht akzeptieren.
Zunächst einmal wäre ein einheitliches Gesamtpaket

rbeitsmarktpolitischer Leistungen sowie familien- und
ozialpolitischer Maßnahmen nötig, denn zur Bewälti-
ung der demographischen Probleme bedarf es solcher
aßnahmen in der Familien- und Bildungspolitik sowie
er Ausschöpfung vorhandener Erwerbspotenziale. Da
ind wir uns doch einig: Zuwanderung allein löst die
robleme nicht.
Ihr Gesetzentwurf, Herr Bundesinnenminister, bietet

eine sachgerechten Lösungen für die Arbeitsmigra-
ion. Es ist doch nicht verantwortbar – Herr Kollege
osbach hat es zu Recht gesagt –, bei so vielen Arbeits-
osen in Deutschland die Arbeitsmigration in allen, auch
en einfachen Arbeitsmarktsegmenten zuzulassen, ohne
undesrat und Bundestag zu befragen.
Herr Kollege Beck, Sie haben übrigens Unrecht, der

orgeschlagene § 20 des Aufenthaltsgesetzes sieht nicht
or, dass bezüglich der Zahl Bundestag oder Bundesrat
efragt werden müssen. Sie haben leider nicht zugege-
en, dass Sie sich da geirrt haben. Es ist keine überregio-
ale Steuerung vorgesehen, sondern nur eine durch den
eweiligen Arbeitsausschuss der 181 Arbeitsämter in
iesem Lande.
Meine Damen und Herren, es ist gut bekannt, dass aus
astarbeitern, die dabei helfen sollten, vorübergehende
ngpässe auf dem Arbeitsmarkt zu überwinden, Millio-
en „Daueranwesende“ – „FAZ“ –, verteilt über mehrere
enerationen, geworden sind und davon heute mehr als
ine halbe Million arbeitslos sind. Vor diesem Hinter-
rund ist es doch einfach nicht verständlich, wenn Sie
en Anwerbestopp aufheben.


(Sebastian Edathy [SPD]: Dauergäste oder was?)


Herr Kollege, zu Zeiten Willy Brandts waren nur
,8 Prozent der Ausländer arbeitslos, heute sind es über
0 Prozent. Doch Sie heben den Anwerbestopp auf. Das
ann doch nicht richtig sein!


(Beifall bei der CDU/CSU)

Nein, meine Damen und Herren, auch die Sprecher

er Wirtschaft – ich sage dies hier ausdrücklich – kom-
en an diesen Tatsachen nicht vorbei. Tatsache ist eben,
ass eine generelle Einwanderung von Arbeitskräften






(A) )



(B) )


Erwin Marschewski (Recklinghausen)


zurzeit nicht notwendig ist und nach der Osterweiterung,
Frau Kollegin Sonntag-Wolgast, erst recht nicht.


(Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Da haben wir die Übergangsfrist, wie Sie wissen!)


Tatsache ist auch: Weder die Unternehmer noch ihre
Verbände werden sich an der Rückführung von Migran-
ten beteiligen, die sie selbst aus konjunkturpolitischen
Gründen bzw. zur Einsparung von Ausgaben für die So-
zialversicherung freigesetzt haben. Auch das ist Tatsa-
che. Den Sprechern der Wirtschaft wird es nicht gelin-
gen, ihre speziellen Interessen als Gemeinwohlinteresse
umzudeuten.


(Sebastian Edathy [SPD]: Bitte? Was soll das denn heißen?)


Ebenso wenig wird es Ihnen, Herr Bundesminister,
gelingen, Ihr Gesetz als Zuwanderungsbegrenzungsge-
setz zu verkaufen, denn Sie selbst haben ja ausdrücklich
im Gesetz von dieser Vorstellung Abschied genommen.
Die Konsequenzen sind offenkundig: Durch die Gleich-
stellung von Personen, die Abschiebeschutz genießen,
mit Asylberechtigten werden die Wirkungen der Dritt-
staatenregelung zumindest zum Teil aufgehoben.


(Widerspruch bei der SPD)

– Natürlich werden sie aufgehoben, wenn Sie diesen
Leuten, wenn sie nach Deutschland kommen, die in § 53
des Ausländergesetzes enthaltenen Rechte gewähren.
Auch Sie wissen doch, dass der Asylkompromiss damals
zur Reduzierung der Zahl der Asylberechtigten von
450 000 auf 100 000 geführt hat.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer)

Zur geschlechtsspezifischen Verfolgung: Im Aus-

schuss haben wir darüber, Frau Kollegin Sonntag-
Wolgast, diskutiert. Sie haben mich gefragt, wo es denn
eine entsprechende Stellungnahme des Bundesinnenmi-
nisters gibt. Ich kann sie Ihnen vorlesen. Am 23. Juni
2000 hat der Bundesinnenminister eine Stellungnahme
herausgegeben, in der steht:

Eine asyl- oder ausländerrechtliche Schutzlücke
zum Nachteil von Frauen besteht nicht.

Da heißt es also ausdrücklich: besteht nicht. Das hat üb-
rigens der Europäische Gerichtshof am 7. März 2000
ebenfalls bestätigt.

(Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Eine Schutz lücke nicht, eine Statuslücke schon!)

Nein, Herr Bundesinnenminister, Sie steuern und be-

grenzen die Zuwanderung nicht, wie von der Union ge-
wollt. Ihr Gesetz wird – ich sage es noch einmal und be-
weise das auch – die Zuwanderung nach Deutschland
erhöhen.

Schauen Sie sich die Regelungen zum Familiennach-
zug an. Sie weiten den Familiennachzug aus,


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: So ist es!)

nämlich auf Homosexuelle und faktisch auf Kinder
bis 18. Das ist doch Ihre Regelung.

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(C (D (Sebastian Edathy [SPD]: Was? Wo steht das denn?)


ber diese Vorschriften kommen mehr Leute nach
eutschland.
Sie verkürzen außerdem die Asylverfahren nicht.
arum schaffen Sie nicht beispielsweise eine einzige In-
tanz, wie es europaweit üblich ist? Das Asylverfahren
ird nicht verkürzt.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer)

Wenn Sie Härtefallregelungen und -ausschüsse ein-

ühren, dann bedeutet dies doch, dass die Abschiebung
it Sicherheit nicht in größerem Umfang erfolgen wird,
ie es im Augenblick der Fall sein müsste.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Bundesinnenminister, ich habe Ihnen drei Be-
eise genannt: Familiennachzug, Asylverfahren, Ab-
chiebung. Das bedeutet eine Erweiterung Ihres Geset-
es. Nehmen Sie Stellung dazu! Das widerspricht doch
öllig dem, was Sie vor geraumer Zeit gesagt haben: Die
renze der Belastbarkeit, was Zuwanderung nach
eutschland anbetrifft, ist überschritten. Sie haben
echt, Herr Bundesinnenminister, nur, Ihr Gesetz ist an-
ers als Ihre Aussage damals.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Was wir brauchen – darin sind wir uns wohl einig –,

st mehr Integration. Da ist der Gesetzentwurf mehr als
angelhaft. Er enthält zwar Integrationsangebote; das ist
ichtig. Aber er enthält keine Integrationspflichten. Vor
llem gilt er nicht für die Leute, die bereits hier wohnen,
ondern nur für neu ankommende Ausländer. Meine Da-
en und Herren, eines ist doch auch klar: Insbesondere
ie Leute, die hier sind, müssen integriert werden. Das
egelt der Gesetzentwurf keineswegs.
Ein weiterer Punkt. Sie sprechen hier von einer Teil-

ahmeverpflichtung bezüglich der Integrationskurse,
erzichten aber auf jede Durchsetzungsmöglichkeit. Das
ann doch nicht in Ordnung sein. Es ist auch nicht in
rdnung, Kollege Wiefelspütz, dass derjenige nicht zu
inem Integrationskurs muss, der sich auf einfache
eise mündlich verständigen kann. Nein, das reicht
icht.


(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Herr Marschewski, sollen wir beide gemeinsam mal einen Integrationskurs besuchen?)


Nötig ist, die deutsche Sprache zu erlernen und die
erfassung und unsere Werteordnung anzuerkennen.
as sind Forderungen aus dem Integrationskonzept der
nion, das Sie leider vor einigen Jahren abgelehnt ha-
en, Herr Kollege Wiefelspütz.

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504402100

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen
iefelspütz?

Erwin Marschewski (CDU):
Rede ID: ID1504402200

Bitte schön.






(A) )



(B) )



Dr. Dieter Wiefelspütz (SPD):
Rede ID: ID1504402300

Herr Marschewski, sollten wir nicht einmal gemein-

sam den Präsidenten des Bundesamtes in Nürnberg,
Herrn Dr. Albert Schmid, aufsuchen und darum bitten,
dass Sie, Herr Marschewski, und ich einen Integrations-
kurs besuchen, damit wir erfahren, was da eigentlich ab-
läuft?


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Bei Marschewski wird es helfen!)



Erwin Marschewski (CDU):
Rede ID: ID1504402400

Ich bedanke mich herzlich für die Einladung und

nehme sie gerne an. Aber ich bin mittlerweile ziemlich
integriert; das sagt der Kollege Zeitlmann zumindest. –
Das soll ein Scherz sein.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP)

Herr Wiefelspütz, Sie wissen doch ganz genau, dass

diese Dinge so nicht in Ordnung sind, weil sie letzten
Endes keine Integration bewirken. Wir haben unsere In-
tegrationsvorstellungen vor ein paar Jahren vorgelegt
und Sie haben sie abgelehnt.

Ich frage mich, Herr Bundesinnenminister, warum Sie
bei diesem Gesetzesvorhaben nicht den Weg gewählt ha-
ben, den wir, Wolfgang Schäuble – ich sehe ihn gerade –
und die CDU/CSU-Fraktion, 1994 gewählt haben. Er
war damals umstritten; es war falsch, dass er umstritten
war. Dieser runde Tisch, Herr Bundesinnenminister, hat
zu einem Ergebnis geführt, zu einem erfolgreichen Er-
gebnis, weil er die Flüchtlingsrechte bewahrte – wir ha-
ben das subjektive Asylrecht letzten Endes behalten –
und weil er unbegründete Zuwanderung begrenzte.

Eine solche Regelung, wie sie in Art. 16 a des Grund-
gesetzes erfolgte, war damals dringend notwendig. Wir
sind als Union der Meinung, dass genauso dringend not-
wendig eine Begrenzung der Zuwanderung ist; denn die
herrschende Asyl- und Einwanderungspraxis ist alles an-
dere als befriedigend, genauso unbefriedigend, Herr
Bundesinnenminister, wie Ihr Gesetzentwurf. Denn so,
wie er gestaltet ist, dient er keineswegs den Interessen
unseres Landes.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504402500

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Josef Winkler,

Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Zunächst eine Bitte an die Union zwecks Förde-
rung einer blühenden politischen Karriere: Bitte verzich-
ten Sie in Zukunft darauf, mir in der Kernzeit zu applau-
dieren; denn das wird mir bei meiner weiteren Karriere
nicht helfen.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Heiterkeit bei der CDU/ CSU – Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/CSU]: Da haben Sie Recht!)


Nach nunmehr dreijähriger öffentlicher Debatte liegt
iesem Haus nun zum zweiten Mal der Regierungsent-
urf zum Zuwanderungsgesetz vor. Ich weiß nicht, ob
s das modernste Zuwanderungsrecht Europas ist. Ich
in mir aber sicher, dass es sich um das modernste Zu-
anderungsrecht handelt, das Deutschland je haben
önnte, wenn die Union nur wollte.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Lachen bei der CDU/CSU)


or uns liegt ein Kompromiss, der für alle Seiten tragbar
ein könnte. Sie sehen: Ich formuliere im Konjunktiv;
enn die Union will das Rad der Migrationsgeschichte
urückdrehen.
Die im Bundesratsverfahren von den unionsregierten
undesländern im Januar 2003 eingebrachten Ände-
ungsanträge sowie die nahezu deckungsgleichen
28 Änderungsanträge der CDU/CSU-Bundestagsfrak-
ion zum Entwurf eines Zuwanderungsgesetzes wollen
en Entwurf tiefgreifend in seiner Ausrichtung verän-
ern


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Das stimmt!)

nd zielen teilweise darauf, den Gedanken einer Moder-
isierung des geltenden Ausländerrechts in das Gegen-
eil zu verkehren.
Darüber hinaus zielen einige Ihrer Änderungsanträge

das wurde schon erwähnt – auf bereits vom Deutschen
undestag verabschiedete rot-grüne Reformprojekte wie
as neue Staatsangehörigkeitsrecht ab. Nicht ein Ein-
anderer soll hier die Möglichkeit haben, Deutscher zu
erden, schon gar nicht seine Kinder – wenn überhaupt,
ann vielleicht seine Enkelkinder. Das ist für uns wirk-
ich nicht akzeptabel.
Sie von der Union fallen mit dieser Verhandlungs-

rundlage zudem weit hinter Ihre eigenen früheren
ositionen, die in Ihrer Zuwanderungskommission ent-
ickelt worden sind, zurück. Es ist für das gesellschaft-
iche Klima in diesem Land verheerend, wenn Sie ein
oll-Back zur alten Gastarbeiterpolitik der 50er- und
0er-Jahre planen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Widerspruch bei der CDU/ CSU)


Bereits im April 1983, also vor 20 Jahren, schrieb die
amalige Ausländerbeauftragte der Bundesregie-
ung, Frau Liselotte Funcke, an den damaligen Bun-
eskanzler Dr. Helmut Kohl – ich zitiere mit Erlaubnis
er Präsidentin –:

Um die bestehenden Unsicherheiten, Befürchtun-
gen und Unterstellungen im Interesse der Deut-
schen und der Ausländer zu überwinden, erschei-
nen mir die folgenden Entscheidungen und
Maßnahmen notwendig und dringend: Der deut-
schen Bevölkerung ist zu sagen, dass die Beschäfti-






(A) )



(B) )


Josef Philip Winkler

gung ausländischer Arbeitnehmer auch bei hoher
Arbeitslosigkeit unverzichtbar ist, weil es nicht ei-
nen undifferenzierten Gesamtarbeitsmarkt, sondern
viele spezielle Teilarbeitsmärkte gibt. Um der Unsi-
cherheit der Ausländer und der Deutschen entge-
genzuwirken, sollten deshalb bald die Grundzüge
einer freiheitlichen und rechtsstaatlichen Auslän-
derpolitik deutlich werden.

So weit Liselotte Funcke. Genau diese Prämisse finden
Sie in dem von uns vorgelegten Gesetzentwurf wieder.

Die von Ihnen vorgelegten Anträge zeigen: Es geht
Ihnen nicht um die Klärung sachlicher oder verfassungs-
rechtlicher Fragen. Es geht Ihnen offensichtlich darum,
die Lufthoheit über die Stammtische zu erlangen. Dies
ist eine für Migranten und Flüchtlinge in diesem Land
gefährliche Strategie.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Mir zeigen die Erlebnisse der letzten Wochen und
Monate vor Ort und unzählige Gespräche: Wir haben ei-
nen Gesetzentwurf eingebracht, in dem das Bemühen
um einen gesellschaftlichen Konsens klar erkennbar
und der auch gut vermittelbar ist. Ein Kompromiss zwi-
schen den Bedürfnissen der aufnehmenden Gesellschaft
und den Interessen der Migranten ist mit diesem Gesetz
nach vielen Jahren des Stillstands endlich erreicht.

Da mein Appell an Sie, werte Kolleginnen und Kolle-
gen von der Union, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen,
wahrscheinlich wieder verhallt, scheint die Endlosde-
batte um die Gestaltung der Zuwanderung in diesem
Land ins 21. Jahr zu gehen. Als migrationspolitischer
Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion kann ich Ihnen
allerdings sagen


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Oh!)

– so tolle Posten haben wir, Herr Koschyk –:


(Beifall der Abg. Krista Sager [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Unsere Maßstäbe für die Bewertung eines Zuwande-
rungsgesetzes bleiben auch für das wohl anstehende Ver-
fahren im Vermittlungsausschuss klar. Wir wollen ein
Zuwanderungsgesetz, das Zuwanderung und den Schutz
vor Verfolgung sozialverträglich, modern, europataug-
lich, demokratisch und orientiert an hohem menschen-
rechtlichem Niveau entwickelt und in einem weltoffenen
Deutschland ausgestaltet.

Daraus folgt für uns: Ein Zuwanderungsgesetz, in
dem alles einer reinen Begrenzungs- und Abschottungs-
logik untergeordnet wird, ist nicht zukunftsfähig. Ein
Zuwanderungsgesetz, durch das mehr Menschen in ei-
nem ungesicherten Status belassen werden, der Status
anderer Gruppen verschlechtert und das elementare
Grundrecht auf die Einheit der Familie angegriffen wird,
ist integrationsfeindlich.

Meine Damen und Herren von der Union, Sie greifen
immer wieder den Familiennachzug an. Ich bitte Sie:
Es geht hier um enge Familienangehörige. Das kann

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(C (D och nun wirklich nicht als unbegrenzte Zuwanderung ezeichnet werden. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Hartmut Koschyk [CDU/ CSU]: Sie wollten einen weiten Familienbegriff!)


Eine Erweiterung mag vorliegen; aber im Sinne der
amilienfreundlichkeit halte ich dies in unserem Gesetz-
ntwurf für vertretbar.
Ein Zuwanderungsgesetz, durch das ein Klima von
nsicherheit, Zwang und Druck zum Kern des Umgangs
it Migranten gemacht wird, beschädigt unsere Gesell-
chaft im Ganzen. Ein Zuwanderungsgesetz, das den an-
rkannten menschenrechtlichen Standards nicht unein-
eschränkt und umfassend genügt, ist nicht konsensfähig
nd würde Deutschland in Europa vollständig isolieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Unter diesen Gesichtspunkten werden wir die eventu-
llen Ergebnisse eines Vermittlungsverfahrens zu prüfen
aben. Ein Zurückgehen hinter das geltende Ausländer-
echt ist mit den Grünen nicht zu machen.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504402600

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Reinhard Grindel.


(Sebastian Edathy [SPD]: Noch so ein Liberaler!)



Reinhard Grindel (CDU):
Rede ID: ID1504402700

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
as Ziel unserer Politik muss sein, dass Deutsche und
usländer friedlich zusammenleben. Nur, das setzt Inte-
rationsbereitschaft und Integrationsfähigkeit auf beiden
eiten voraus.


(Dr. Max Stadler [FDP]: Auch richtig!)

ir erwarten von Zuwanderern, dass sie deutsch spre-
hen können oder es zumindest zügig lernen, dass sie
nsere Gesetze – auch die Trennung von Staat und Reli-
ion – achten und dass sie keine Gettobildung und keine
arallelgesellschaften anstreben. Es geht um ein gesell-
chaftliches und kulturelles Miteinander,


(Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Richtig!)


icht um ein Nebeneinander, nicht um Multikulti.
Von diesem Grundansatz ist Ihr Zuwanderungsgesetz

eider sehr weit entfernt.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Unsinn!)







(A) )



(B) )


Reinhard Grindel

Sie betreiben eine ideologische Ausländerpolitik. Sie
wissen, Ideologen sind bekanntlich Leute, die sich von
Tatsachen nicht beirren lassen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Sebastian Edathy [SPD]: Ein guter Spruch! – Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen schmeißen! – Weitere Zurufe von der SPD)


Es ist nun einmal eine Tatsache, dass die Sprach-
kompetenz der Ausländer in Deutschland – gerade der-
jenigen, die hier geboren sind – zurückgeht. Immer mehr
ausländische Kinder werden wegen mangelnder Sprach-
kenntnisse vom Schulunterricht zurückgestellt. Es ist
eine Tatsache – das sollte uns Sorgen machen –, dass im-
mer mehr ausländische Jugendliche die Schule ohne Ab-
schluss und ohne Zukunftsperspektive verlassen. Es ist
eine Tatsache, dass es in immer mehr Gegenden Parallel-
gesellschaften gibt, die dort wegen hoher Arbeitslosig-
keit und Sozialhilfebezug bei Ausländern entstanden
sind. Es ist eine Tatsache, dass die Gewaltkriminalität
gerade unter ausländischen Jugendlichen ständig zu-
nimmt.


(Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: 16 Jahre falsche Politik stehen dahinter!)


Wir müssen die Probleme, die bei den Ausländern be-
stehen, die schon bei uns sind, anpacken und dürfen uns
nicht neue Probleme durch weitere Zuwanderung in das
Land holen. Das ist das Gebot der Stunde!


(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Minister Schily, Sie haben das zu Beginn Ihrer

Amtszeit im Grunde genommen ganz genauso gesehen.
Ich will Ihnen noch einmal das Zitat vorhalten, auf das
Erwin Marschewski bereits hingewiesen hat:

Die Grenze der Belastbarkeit Deutschlands durch
Zuwanderung ist überschritten, weil wir mehr Men-
schen für absehbare Zeit nicht verkraften können.

Die Probleme sind inzwischen viel größer geworden.
Trotzdem legen Sie uns hier ein grün gefärbtes Zuwan-
derungsgesetz vor. Reden wie Beckstein und handeln
wie Ströbele, das ist keine überzeugende Politik, Herr
Minister!


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Schily ist Ströbele? Das ist ja ganz neu!)


Wir müssen die Wirklichkeit zur Kenntnis nehmen.
Die wachsenden Integrationsprobleme sehen Sozialde-
mokraten mittlerweile genauso wie wir: Die Weigerung
vieler ausländischer Eltern, sich zu integrieren, fördere
die kriminellen Karrieren ihrer Kinder.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Deutschland und seine Vorurteile! – Ute Kumpf [SPD]: Wo leben Sie? Das tut weh! – Weitere Zurufe von der SPD)


– Herr Kollege Bürsch, Sie sagen, das sei ein Vorurteil.
Sie sollten das einmal unter Genossen klären. Denn das,
was ich eben gesagt habe, war ein Zitat aus dem gestri-

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(C (D en „Tagesspiegel“. Das stammt nämlich nicht von mir. as hat vielmehr der Berliner Innensenator Körting, PD, gesagt. Viel Erfolg für die Diskussion! Herr Körting hat Recht. Sie kennen die Lage in Ber in. Die Situation ist die – dies ist nicht nur in Berlin, ondern auch in vielen Mittelzentren so –, dass es mitterweile allein in Berlin viele Hunderte jugendliche Inensivtäter ausländischer Herkunft gibt. Die Menschen haben einen Anspruch darauf, dass wir olchen Tätern entgegentreten und dass wir deutlich mahen, dass man hier nicht mit Multikulti-Gesäusel weierkommt. Integration heißt auch, dass die vielen friedlihen in unserem Land lebenden Ausländer – das ist die ehrheit, keine Frage – der kriminellen Minderheit entchlossen entgegentreten. Das gilt übrigens genauso für ussiedler. Ich sage das mit großem Ernst: Alle Gewaltäter müssen mit allem Nachdruck in die Schranken geiesen werden, egal welche Staatsangehörigkeit sie beitzen. (Beifall bei der CDU/CSU – Sebastian Edathy [SPD]: Was hat das mit dem Gesetz zu tun? – Dr. Max Stadler [FDP]: Ein sehr wichtiger Allgemeinplatz!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


Während wir hier in Deutschland über die Zuwande-
ung streiten, sollen unbemerkt in Brüssel, auf der Ebene
er EU, Fakten geschaffen werden. In Brüssel steht eine
anze Reihe von Richtlinien zur Entscheidung an,


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Den Antrag haben die doch zurückgezogen!)


ie unser Ausländer- und Asylrecht, lieber Josef
inkler, in dramatischer Weise verändern würden. Die
rittstaatenregelung würde gekippt, durch die wir den
sylmissbrauch erheblich reduzieren konnten; nicht
taatliche und geschlechtsbezogene Verfolgung würden
nerkannt und damit würden dem Missbrauch des Asyl-
echts wiederum Tür und Tor geöffnet; für alle Flücht-
inge soll es schon nach kurzer Zeit freien Zugang zum
rbeitsmarkt geben. Herr Beck von den Grünen sagt
azu: Falls beim Zuwanderungsrecht kein Kompromiss
ustande kommt, können wir besser mit den Regelungen
eben, die auf europäischer Ebene sowieso kommen.
Herr Minister Schily, über das Asylrecht muss in
rüssel einstimmig entschieden werden. Sie können das
ederzeit durch Ihr Veto verhindern.


(Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/ CSU]: Sehr wahr!)


ch fordere Sie nachdrücklich auf: Schaffen Sie keine
ollendeten Tatsachen! Warten Sie die Ergebnisse der
eratungen über das Zuwanderungsgesetz ab! Oder bes-
er: Beraten Sie dort in unserem nationalen Interesse!
ndere Innenminister tun das ja in Brüssel auch.
Ich habe sehr wohl mitbekommen, dass Herr Böse,

er Innensenator von Bremen, Sie heute für Ihr gestriges
erhalten im Innenministerrat gelobt hat. Sie sehen:
roße Koalitionen stimmen milde. Ich hoffe, dass Sie






(A) )



(B) )


Reinhard Grindel

den Kollegen Böse auch in Zukunft nicht enttäuschen
und uns, die CDU/CSU-Bundestagsfraktion, auch nicht.
Es darf nicht sein, dass wir hier monatelang über das Zu-
wanderungsgesetz streiten und Sie über die EU-Asyl-
richtlinie in Brüssel, wie gesagt, vollendete Tatsachen
schaffen, also einen Weg gehen, der den Grünen und So-
zialdemokraten vielleicht hilft, ihren Laden zusammen-
zuhalten, aber nicht den Menschen in unserem Land.


(Beifall bei der CDU/CSU – Sebastian Edathy [SPD]: Das ist ja unglaublich! – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum sind denn die anderen auch dafür?)


Die Integrationsbereitschaft in der deutschen Bevöl-
kerung fördert man dadurch, dass Ausländer, die zu Un-
recht nach Deutschland gekommen sind, unser Land
auch wieder verlassen.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Es lebe der Holzschnitt!)


Das ist in der Praxis nicht der Fall. Nur 2 Prozent der
Asylbewerber werden anerkannt, aber 90 Prozent blei-
ben hier. Diesem Problem müssen wir uns stärker wid-
men. Wir haben im letzten Jahr 71 000 Asylbewerber
gehabt, aber 350 000 Menschen bekommen immer noch
Geld aufgrund des Asylbewerberleistungsgesetzes – von
den 230 000 Geduldeten, die ebenfalls Sozialleistungen
erhalten, ganz zu schweigen. Anstatt die Rückführung
von unrechtmäßig in Deutschland lebenden Ausländern
zu verbessern, schaffen Sie die Duldung ab und geben
ihnen eine Aufenthaltserlaubnis, die später die Abschie-
bung erschwert.


(Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Doch nicht denen! – Dr. Michael Bürsch [SPD]: Man muss das Gesetz schon kennen, Herr Grindel, wenn man darüber redet!)


Wir lehnen das ab, weil das nur einen neuerlichen Anreiz
darstellt, hier zu bleiben und sich der Ausreisepflicht zu
entziehen. Wir wollen nicht, dass das Austricksen von
Behörden noch mit Aufenthaltsrecht und Sozialleistun-
gen belohnt wird.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Michael Bürsch [SPD]: So unsinnig wie Sie hat noch keiner über das Gesetz geredet!)


Wir sollten aus den Fehlern der Vergangenheit lernen.

(Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/ CSU]: Sehr wahr! – Sebastian Edathy [SPD]: Vor allen Dingen Sie!)


Wir haben in der Hochphase des Asylbewerberzu-
stroms 1992/1993 gemeinsam aus guten Gründen das
Asylrecht geändert und den Missbrauch damit erheblich
eingedämmt. Die Bundesregierung hat vorgestern im In-
nenausschuss mitgeteilt, dass die Zahl der Asylbewerber
bisher im Jahr 2003 erneut um 24 Prozent zurückgegan-
gen ist, wohlgemerkt – Herr Wiefelspütz, Sie nicken mit
dem Kopf – aufgrund des alten Ausländer- und Asyl-
rechts und nicht wegen des neuen Zuwanderungsrechts.

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(C (D (Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Das ändert doch nichts am Zugang der Asylbewerber!)


ir wollen, dass es bei diesem alten Rechtszustand und
en entsprechenden Ergebnissen bleibt.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Dabei bleibt es sowieso!)


Bassam Tibi, der Reform-Muslim – so nennt er sich
elbst –, sagt: Europa hat eine westliche Identität und
arf nicht zum multiethnischen Wohngebiet werden.

(Sebastian Edathy [SPD]: Was soll denn das? Un glaublich! „Multiethnisches Wohngebiet“!)

uslimische Migranten sollten auf der Basis der
uropäischen Werte integriert werden und nicht die Be-
trebung haben, Europa zu islamisieren.


(Sebastian Edathy [SPD]: Das ist ja peinlich, was Sie machen!)


Verzeihen Sie; Sie sollten, wenn ein Experte wie
assam Tibi Ihnen so etwas auf den Weg gibt, Herr
dathy, das schon ernst nehmen.
Innenminister Schily hat am 20. März in „ZDF-Spe-

ial“ gesagt:
Da wir eine Demokratie sind, kann es nicht falsch
sein, die Auffassung zu vertreten, die die Mehrheit
unseres Volkes vertritt.

as haben Sie damals auf eine andere Thematik bezo-
en, dennoch halte ich Ihnen diesen Satz heute entgegen;
enn in Bezug auf das Zuwanderungsgesetz gilt er für
nsere Haltung. Wir gehen mit großem Selbstbewusst-
ein in die weiteren Gespräche über das Zuwanderungs-
esetz.
Schönen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Michael Bürsch [SPD]: Dagegen war der Bosbach liberal!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504402800

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Petra Pau.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1504402900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
err Kollege Grindel, eine Bemerkung zu Ihnen vor-
eg: Ich habe die ganze Zeit überlegt, was besser ist, ob
ie zu diesem Thema hier im Bundestag reden oder vor
inem Millionenpublikum im öffentlich-rechtlichen
ernsehen auftreten. Ich bin zu dem Schluss gekommen:
ine Rede hier im Bundestag richtet nicht so viel Scha-
en an wie Ihre Argumente im öffentlich-rechtlichen
ernsehen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos] – Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/CSU]: Jetzt kommt die Friedenspartei PDS!)







(A) )



(B) )


Petra Pau

Nun zur Sache: Wir erleben heute den dritten Aufguss

ein und derselben Debatte zu ein und demselben Gesetz.
Auch die Pöbeleien der Opposition zur Rechten haben
wir nun das dritte Mal hier gehört. Der Unterhaltungs-
wert hält sich also in Grenzen. Das Ganze ist ein Ritual
ohne erkennbaren Nutzen. Dabei sah es vor drei Jahren
so aus, als wären wir uns einig, dass die Bundesrepublik
ein übersichtliches, handhabbares und modernes
Einwanderungsgesetz braucht.

Gerade die Grünen hatten dies, ebenso wie die PDS,
seit Jahren gefordert, doch Rot-Grün stand von Anfang
an vor einer Gewissensfrage: entweder ein modernes
Gesetz zu schaffen oder gemeinsame Sache mit der
CDU/CSU zu machen. Sie haben sich mit Ihrem Gesetz-
entwurf schon in der vergangenen Legislaturperiode mit
der Opposition zur Rechten gemein gemacht, allen voran
Bundesinnenminister Schily. Er wird uns sicherlich
gleich sagen, wie viele Anträge der CDU/CSU er in den
Gesetzentwurf übernommen hat. Es gibt also kein mo-
dernes Gesetz und folglich wird die PDS im Bundestag
auch heute Nein sagen.

Die PDS hat sich von Anfang an für einen Paradig-
menwechsel engagiert. Wir wollten ein Gesetz, das sich
von menschenrechtlichen Ansprüchen und nicht von Ka-
pitalverwertungsinteressen leiten lässt. Wir wollten ein
Gesetz, das mit dem Bild vom Ausländer als Gast und
Lückenbüßer für Arbeitsmarktengpässe sowie mit dem
Bild vom Ausländer als potenzieller Bedrohung der in-
neren Sicherheit bricht. Wir unterteilen Migrantinnen
und Migranten nicht in nützliche und weniger nützliche
Menschen.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Diese Leitlinien sind modern, sie waren aber nicht
mehrheitsfähig. Stattdessen wird seit Jahren ein Trauer-
spiel mit wechselnden Kulissen gegeben. Mal muss der
Bundestag dafür herhalten, mal der Bundesrat. Ein Meis-
terstück sieht anders aus.

Nun haben wir in der gestrigen Debatte goldene
Worte über die Europäische Union und ihre künftige
Verfassung gehört. Die Krux ist nur: Mit diesem Ein-
wanderungsgesetz bleiben Sie schon jetzt hinter Stan-
dards zurück, die Europa prägen werden. Das betrifft
vor allem den humanitären Bereich, den Umgang mit
Menschen in Not, mit Asylsuchenden und Flüchtlingen.
Das ist ein Bereich, der Bündnis 90/Die Grünen einst be-
sonders wichtig war. Nun vermisse ich, Herr Kollege
Winkler, Ihre bürgerrechtliche Handschrift. Ich sage das
auch mit Blick auf ein ganz aktuelles Problem, das Blei-
berecht für Sinti und Roma.

Die PDS im Bundestag hat heute zur abschließenden
Lesung des Gesetzes noch einmal einen Änderungsan-
trag mit zahlreichen Vorschlägen vorgelegt. Dieser An-
trag könnte das Gesetz – das gebe ich zu – auch nicht
grundlegend verbessern, aber unsere Vorschläge sind ein
Gradmesser, liebe Kolleginnen und Kollegen von Rot-
Grün, für Ihre Bereitschaft, wenigstens Schlimmeres zu
verhindern. Unser Antrag zielt auf drei Punkte: Wir wol-
len hierzulande die Integration verbessern, wir wollen

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(C (D ie Rechte von Menschen in Not stärken und wir wollen, ass internationale Normen in bundesdeutsches Recht bernommen werden. Ein abschließendes Wort zur CDU/CSU: Ich kann Ih en noch ein zweifelhaftes Kompliment machen: Sie haen sich von Ihren liberalen Mitgliedern in keiner Weise eirren lassen und sind in all den Debatten zum Zuwanerungsrecht erkennbar geblieben. Ein Zuwanderungsesetz nach Ihrem Geschmack ließe sich eigentlich in wei Sätzen zusammenfassen: Erstens gilt der Grundatz: Ausländer stören. Zweitens gilt die Ausnahme: enn sie Geld in unsere Kassen spülen, dürfen sie willommen sein. (Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Mit dem 21. Jahrhundert hat das wenig zu tun, aller-
ings das heute zur Abstimmung vorliegende Gesetz
uch nicht.
Danke schön.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504403000

Das Wort hat jetzt der Herr Bundesinnenminister,
tto Schily.


(Beifall bei der SPD)


Otto Schily (SPD):
Rede ID: ID1504403100

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kolle-

en! Ich habe hier eine einigermaßen interessante De-
atte verfolgen dürfen. Aber es gibt auch ganz neue As-
ekte, nämlich dass sich die Bemerkungen von Frau Pau
on ganz links außen mit denen von Herrn Marschewski
on ganz rechts außen treffen. Beide kritisieren – wenn
uch zu Unrecht –, dass sich das Gesetz an den Kapital-
erwertungsinteressen orientiere. Das ist schon eine in-
eressante Erfahrung.


(Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/ CSU]: „Ganz rechts außen“ ist ein bisschen hart!)


Sie haben doch gesagt, wir würden uns zu sehr an der
irtschaft orientieren.
Deutschland braucht dringend ein neues Zuwande-

ungs- und Integrationsgesetz,

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

as den Zuzug von Ausländern aus Nicht-EU-Staaten
egrenzt und die Voraussetzungen für eine bessere Inte-
ration der dauerhaft und rechtmäßig hier lebenden Aus-
änder schafft. – Hier hätte ich jetzt eigentlich Beifall
on der CDU/CSU erwartet,


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Wir entscheiden selber, bei wem wir klatschen! – Wolfgang Bosbach [CDU/CSU]: Wir sagen Ihnen zum Schluss Bescheid!)







(A) )



(B) )


Bundesminister Otto Schily

denn das war ein Zitat aus einer Presseerklärung der
Konferenz der innenpolitischen Sprecher der Unions-
fraktionen von Bund und Ländern vom 2. April dieses
Jahres. Aber vielleicht wollen Sie davon nichts mehr
wissen. Damit erkennt auch die Union an, dass wir ein
neues Zuwanderungsrecht brauchen.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Aber ein gutes!)


Das war doch Ausgangspunkt für die Kommissionen,
die auf allen politischen Seiten gebildet worden sind.

Wir brauchen dieses neue Zuwanderungsrecht, weil
im Bereich des Ausländerrechts dringender Reformbe-
darf besteht. Alle Klagelieder, die heute gesungen wor-
den sind, unterstreichen das. Der Reformbedarf geht da-
bei über einzelne Änderungen des geltenden Rechts weit
hinaus. Deutschland benötigt ein modernes aufenthalts-
rechtliches Gesamtkonzept, wie es Michael Bürsch zu
Beginn dieser Debatte richtig gesagt hat. Hierzu gehört
vor allem die Gestaltung der Arbeitsmigration, der Inte-
gration und der humanitär begründeten Aufenthalte.

Der von der Bundesregierung mit der Vorlage des Zu-
wanderungsgesetzes beschrittene Weg ist deshalb rich-
tig; denn das Zuwanderungsgesetz stellt das erforderli-
che Gesamtkonzept dar, das mit einem umfassenden
Ansatz sowohl die Zuwanderung aus wirtschaftlichen
und humanitären Gründen als auch erstmals umfassend
die Integration regelt.


(Beifall bei der SPD)

Übrigens, Herr Kollege Marschewski, Integrations-

politik fängt bei der Wortwahl an. Wer Menschen, die zu
uns gekommen und bei uns geblieben sind, als Daueran-
wesende bezeichnet, hat die Integrationspolitik schon im
Ansatz verfehlt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Max Stadler [FDP])


Das Zuwanderungsgesetz beseitigt bestehende Män-
gel des geltenden Rechts und legt gleichzeitig die
Grundlagen für eine moderne Ausländerpolitik. Die
Bundesregierung und hoffentlich auch der Bundestag so-
wie die Gremien, die im Folgenden darüber zu beraten
haben, nehmen damit ihre politische Verantwortung
wahr, die darin besteht, eine als notwendig erkannte Re-
form zum Wohle unseres Landes auf den Weg zu brin-
gen.

Ich möchte anerkennen, dass die FDP bei diesen Be-
ratungen eine sehr konstruktive Haltung eingenommen
hat. Das begrüße ich sehr.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Jetzt werden hier Noten verteilt!)


Herr Grindel – bevor Sie weiter dazwischen reden –, be-
merkenswert ist, dass weder Sie noch Herr Marschewski
noch Herr Bosbach ein Sterbenswörtchen zu dem FDP-
Gesetzentwurf gesagt haben.

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(C (D (Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Das haben wir in der ersten Lesung getan!)


as ist ganz interessant. Es kam nicht ein Sterbenswort,
bwohl dieser Gesetzentwurf in weiten Teilen mit unse-
em Gesetzentwurf übereinstimmt. Es wäre interessant,
u fragen, was in den Koalitionskabinetten in Baden-
ürttemberg und Niedersachsen dazu gesagt werden
ird. Ich bin gespannt, was da auf uns zukommt.
Ich will mich nicht mit Einzelheiten dieses Gesetzent-
urfs auseinander setzen. Er enthält einige interessante
nregungen. Herr Stadler, Sie haben, wie ich finde, eine
ehr faire und vernünftige Rede gehalten.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Das ist oberlehrerhaft!)


Ist das oberlehrerhaft? Das ist meine Meinung. Herr
rindel, von Ihrer Rede kann ich das leider nicht sagen,
ie war – auch das können Sie als oberlehrerhaft be-
eichnen – miserabel. Die Rede von Herrn Stadler war
irklich gut.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei der CDU/CSU und der FDP)


Herr Stadler, ich muss allerdings eine sachliche Kritik
nbringen. Ich halte eine Quote, die Sie gefordert haben
wir haben sie früher im Gegensatz zu Ihnen gefordert;
as gebe ich ehrlich zu –, für kein vernünftiges Steue-
ungsinstrument. Das ist zu bürokratisch. Darüber wer-
en wir dann im Vermittlungsausschuss zu reden haben.
Interessant ist, dass es von der Union bisher kein um-

assendes Gesamtkonzept gibt. Herr Grindel, Sie haben
ier eben Klagelieder angestimmt. Manches, was Sie zu
en Tatsachen gesagt haben, stimmt; das ist nicht zu
eugnen.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Immerhin etwas!)


s gibt Integrationsprobleme. Das wird keiner bestrei-
en, ich zuallerletzt. Genau das meinte ich, als ich von
berbeanspruchung gesprochen habe. Herr Grindel, Sie
üssen das Interview im „Tagesspiegel“ übrigens ganz
esen, anstatt nur kleine Stücke herauszunehmen. Darin
teht – das ist ganz interessant –, Zuwanderung sei auch
us wirtschaftlichen Gründen notwendig und wichtig für
nser Land. Nur wer eine verstockte Gesellschaft will,
er muss sich vor der Welt verschließen. In einer globa-
isierten Welt brauchen wir in unserem Land offene Tü-
en, sonst werden wir auch in Europa nicht weiterkom-
en.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Meine Damen und Herren, die von den Innenpoliti-
ern auch der Union formulierten Ziele eines Zuwande-
ungsgesetzes, nämlich Zuzugsbegrenzung und bessere
ntegration, finden sich in § 1 unseres Gesetzentwurfes.
ort stehen alle Zielsetzungen, die ich im Übrigen für
ichtig halte. Dieser Paragraph ist sozusagen die Über-
chrift des gesamten Gesetzes. Die darin formulierten
iele finden sich in den Instrumenten dieses Gesetzes






(A) )



(B) )


Bundesminister Otto Schily

wieder. Das Gesetz dient der Steuerung und der Begren-
zung des Zuzuges von Ausländern in die Bundesrepu-
blik. Es ermöglicht und gestaltet Zuwanderung unter
Berücksichtigung der Integrationsfähigkeit sowie der
wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Interessen
der Bundesrepublik Deutschland.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Da ist alles drin!)

Wer kann gegen ein Gesetz, das solche Ziele hat – wir

können im Vermittlungsausschuss gerne darüber reden,
ob es an der einen oder anderen Stelle Klärungsbedarf
gibt –, Kritik üben? Zu § 1 dieses Gesetzentwurfes habe
ich bisher keine Kritik gehört.

Natürlich hat die Opposition das Recht, zu fragen, ob
sich diese Ziele im Gesetz wiederfinden.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Richtig!)

Leider muss ich aber feststellen: Sie von der Union ha-
ben bisher dazu nicht viel Sachliches beitragen können.
Stattdessen haben Sie sich auf eine brutale Desinforma-
tionspolitik versteift.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das hat Ihnen nicht die Regierung oder die Regierungs-
koalition ins Stammbuch geschrieben, sondern das
ehemalige Mitglied Ihrer Fraktion, Frau Professor
Süssmuth. Frau Süssmuth hat gesagt, sie habe in ihrer
gesamten politischen Laufbahn noch kein Gesetz erlebt,
über das von der Opposition – in dem Fall nur von der
Union – so viel Falsches geredet worden sei. Nehmen
Sie sich das einmal zu Herzen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Reinhard Grindel [CDU/ CSU]: Ich habe ihr auch sofort widersprochen!)


Herr Bosbach, Sie sind einer der Protagonisten, die
diese Art von Politik am schärfsten betreiben.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Das ist längst überholt!)


Sie haben heute im Bundestag wie schon bei früheren
Debatten durch das Zitieren eines Satzes aus der Begrün-
dung des Gesetzes, ohne den Zusammenhang darzustel-
len, versucht, den Eindruck zu erwecken, Ziel des Zu-
wanderungsgesetzes sei nicht die Begrenzung und die
Steuerung der Zuwanderung, sondern ungehinderten
Zuzug zu ermöglichen.


(Wolfgang Bosbach [CDU/CSU]: Wenn wir aus Ihrem Gesetz zitieren, rufen Sie Verleumdung!)


Sie selbst wissen am besten, dass das nicht stimmt. Sie
haben einen Satz aus der Begründung zu den allgemei-
nen Erteilungsvoraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 des
Aufenthaltsgesetzes zitiert.


(Wolfgang Bosbach [CDU/CSU]: Richtig oder falsch?)


– Das sage ich gleich. Seien Sie nicht so ungeduldig!


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(C (D (Wolfgang Bosbach [CDU/CSU]: Sie können das ruhig sagen!)


Warten Sie einen Moment! Haben Sie ein wenig Ge-
uld!
Der Satz lautet:
Zu den öffentlichen Interessen gehören im Gegen-
satz zum geltenden Ausländergesetz nicht länger
eine übergeordnete ausländerpolitische einseitige
Grundentscheidung der Zuwanderungsbegrenzung
oder der Anwerbestopp.

ieser Satz – da haben Sie Recht, Herr Bosbach – steht
n einer Passage der Gesetzesbegründung,


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Also! Das muss man doch zitieren dürfen!)


n der darauf hingewiesen wird, dass im Rahmen der
uslegung der Interessen der Bundesrepublik Deutsch-
and künftig nicht mehr eine einseitige – ich betone: ein-
eitige – Grundentscheidung der Zuwanderungsbegren-
ung oder der Anwerbestopp zugrunde zu legen ist.


(Wolfgang Bosbach [CDU/CSU]: Also war mein Zitat richtig!)


Nun lesen Sie den Begründungstext bitte weiter, dann
ennen Sie die ganze Wahrheit – das schließt an die be-
ühmte Einsicht von Hegel an, dass die Wahrheit das
anze ist –:


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Hegel und Bosbach haben also Recht! Das ist eine schöngeistige Debatte!)

Stattdessen ist Ziel der Anwendung der ausländer-
rechtlichen Instrumentarien eine flexible und be-
darfsorientierte Zuwanderungssteuerung. Dabei
können je nach bestehender Zuwanderungs- und In-
tegrationssituation Interessen der Zuwanderungsbe-
grenzung wie auch der gezielten Zuwanderung im
Vordergrund stehen. Um die notwendige Flexibili-
tät zu erhalten, erfolgt abgesehen von dem Interesse
der Zuwanderungssteuerung keine übergeordnete
Festlegung.

as ist vernünftig, modern und das entspricht der gege-
enen Situation.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Herr Bosbach, Sie behaupten ferner, die Bundesregie-
ung wolle den Anwerbestopp nicht teilweise, sondern
enerell aufheben. Die gleiche Behauptung haben Sie
uch bei früherer Gelegenheit schon aufgestellt.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Weil es wahr ist! – Wolfgang Bosbach [CDU/CSU]: Das haben Sie selbst gesagt!)


iese Behauptung ist schlichtweg falsch. Ich empfehle
hnen die Lektüre des § 39 des Aufenthaltsgesetzes. In
ieser Vorschrift wird das Zustimmungserfordernis der
undesanstalt für Arbeit zur Ausländerbeschäftigung
eregelt. In § 39 Abs. 4 des Aufenthaltsgesetzes steht:






(A) )



(B) )


Bundesminister Otto Schily

Die Zustimmung zu einer Beschäftigung nach § 18,
die keine qualifizierte Berufsausbildung voraus-
setzt, darf nur erteilt werden, wenn dies durch
Rechtsverordnung oder zwischenstaatliche Verein-
barung bestimmt ist.

Das bedeutet Folgendes: Der Anwerbestopp für ge-
ring qualifizierte Ausländer bleibt im Grundsatz beste-
hen.


(Wolfgang Bosbach [CDU/CSU]: Wo steht das im Gesetz?)


– Das habe ich Ihnen doch gerade gesagt.

(Wolfgang Bosbach [CDU/CSU]: Nein, das ist etwas völlig anderes!)

– Herr Bosbach, Sie können doch lesen. Sie müssen sich
jetzt nicht mutwillig zu einem Legastheniker zurückent-
wickeln; das ist doch nicht notwendig.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Reinhard Grindel (CDU/ CSU)

jetzt? – Wolfgang Bosbach (CDU/CSU): Das
ist genau das Niveau, auf dem Sie sich wohl
fühlen! Wenn Sie sich im Dreck suhlen kön-
nen, sind Sie zu Hause!)

Nur in Ausnahmefällen, die dann einer gesonderten
Regelung bedürfen, kann die Arbeitsaufnahme zugelas-
sen werden. Solche Ausnahmen gibt es aber auch schon
jetzt, zum Beispiel für Schaustellergehilfen – dort kön-
nen Sie sich auch einmal bewerben – und saisonale
Erntehelfer.


(Heiterkeit bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die teilweise Aufhebung des Anwerbestopps bedeu-
tet zudem nicht, dass für die davon betroffenen Beschäf-
tigungsbereiche künftig eine allgemeine aktive Anwer-
bung stattfindet. Die teilweise Aufhebung des
Anwerbestopps bedeutet auch nicht, dass künftig Ar-
beitskräfte unkontrolliert und ohne weiteres nach
Deutschland kommen dürfen. Vielmehr haben wir hier
eine systematische Neuordnung des Zugangs von aus-
ländischen Arbeitskräften auf den deutschen Arbeits-
markt vorgenommen, die von der Union bewusst – das
muss ich immer wiederholen – falsch interpretiert wird.

Die Neuordnung erlaubt eine streng am Bedarf orien-
tierte marktwirtschaftliche Zulassung von Arbeitskräf-
ten. Durch Ihre Demagogie bilden Sie einen Gegensatz
zwischen der Not der Arbeitsuchenden in Deutschland,
die wir verdammt ernst nehmen,


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Das ist aber die Realität, der Sie sich nicht stellen! Das ist doch die Konsequenz Ihres Gesetzes!)


und der Tatsache, dass wir der Wirtschaft an bestimmten
Stellen, an denen es ihr dient, helfen wollen, dass arbeit-
suchende Ausländer in Deutschland Arbeitsplätze finden
können. Wir haben die entsprechende Regelung mit ei-
nem strengen und ausnahmslosen Vorrangprinzip ver-
bunden. Sie wollen hier einen Gegensatz bilden. Das,

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(C (D as Sie wollen, verschlechtert die Situation in unserem and und ist verantwortungslos. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Warum regen Sie sich denn so auf?)


Ich habe Ihnen doch auch zugehört. Nun seien Sie ein-
al ein bisschen ruhig!


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Denken Sie mal an die arbeitslosen ausländischen Mitbürger!)


Die Unruhe beweist mir, dass ich Recht habe.

(Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/ CSU]: Wer schreit denn hier am lautesten? – Wolfgang Bosbach [CDU/CSU]: Und Ihre Rede beweist, dass Sie falsch im Amt sind!)


Sie haben sich wieder einmal mit § 20 des Aufent-
altsgesetzes beschäftigt. Herr Bosbach, es ist falsch,
enn Sie diesen Paragraphen immer auf die Demografie
eziehen.


(Wolfgang Bosbach [CDU/CSU]: Peinliches Gebrülle!)


as ganze Zuwanderungsgesetz steht nicht unter dem
orzeichen der demografischen Entwicklung. Dass Zu-
anderung auch demografische Probleme mildern kann,
timmt. Aber ich persönlich habe nie gesagt, dass wir
it der Zuwanderung demografische Probleme lösen
önnen. Das halte ich für illusionär.


(Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/ CSU]: Das machen Sie aber!)


§ 20 hat einen anderen Ansatz. Er ist einem Instru-
ent aus Kanada nachgebildet, das dort mit Erfolg prak-
iziert wird. Dort orientiert man sich nicht immer an der
achfrage, sondern auch an dem Angebot. Einem be-
timmten Kreis ausgewählter und hoch qualifizierter
ersonen wird die Möglichkeit gegeben, sich einen für
ie passenden Arbeitsplatz zu suchen. Das ist ein ganz
nderer Ansatz. Unser Ansatz ist im Übrigen so beschaf-
en, dass er die Zustimmung von verschiedenen Seiten
oraussetzt, sodass Sie sich wirklich keine Sorgen ma-
hen müssen. Herr Bosbach und Herr Marschewski,
enn Sie das Problem haben, dass der Bundesrat bei der
öchstzahl der Zuwanderung ein Wörtchen mitreden
oll, dann kann ich Ihnen sagen: Es ist für mich die ein-
achste Übung, Ihnen das zuzugestehen. Wenn das Ihr
roblem ist, dann können wir uns sehr schnell einigen.
Ich darf noch einmal daran erinnern – das ist in dieser
ebatte schon angesprochen worden –, dass dieser Ge-
etzentwurf in der Gesellschaft breite Unterstützung
indet.


(Lachen der Abg. Dorothee Mantel [CDU/ CSU])


Darüber brauchen Sie nicht zu lachen, Frau Kollegin.
as ist so. Das können Sie nachlesen. Der Gesetzentwurf
ird von den Gewerkschaftsverbänden, den Kirchen,
ber auch von allen Wirtschaftsverbänden unterstützt.






(A) )



(B) )


Bundesminister Otto Schily

Frau Kollegin, es kommt nicht sehr oft vor, dass sowohl
Gewerkschafts- als auch Wirtschaftsverbände zustim-
men.


(Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/ CSU]: Das ist nichts Neues!)


– Das ist in dem klassenkämpferischen Ton von Herrn
Marschewski eine zu starke Berücksichtigung der Wirt-
schaft, aber bitte schön.


(Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/ CSU]: Ich bin und bleibe Arbeiter! Das wissen Sie! Das ist so!)


Ich halte diese Zustimmung für eine gute Grundlage
für ein solches Gesetz. Ich muss ehrlich sagen: Ich ver-
traue mehr dem Sachverstand der Wirtschafts- und der
Gewerkschaftsverbände als


(Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/ CSU]: Vorsicht!)


der Meinung von Herrn Marschewski. Das kann aber je-
der halten, wie er will.

Herr Grindel, Sie haben die EU angesprochen. Sie
müssen einmal klar machen, wer nun Recht hat: Herr
Böse oder Sie. Das würde mich wirklich interessieren.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Beide!)

– Beide haben Recht? Das ist natürlich die interessan-
teste Lösung. Das erinnert mich an den ältesten Juristen-
witz. Ein Referendar nimmt das erste Mal an einer Ge-
richtsverhandlung teil.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Der ist alt!)

Zuerst plädiert der Anwalt des Klägers. Daraufhin flüs-
tert der Richter dem Referendar zu: Der Mann hat Recht.
Anschließend hält der Anwalt des Beklagten ein furioses
Plädoyer. Wieder flüstert der Richter dem Referendar zu:
Der Mann hat Recht. Daraufhin ist der Referendar ge-
nauso verwirrt wie ich bei Ihrer Antwort.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Den Witz kenne ich!)


Der Referendar erklärt daraufhin dem Richter: Beide ha-
ben gegensätzliche Auffassungen vertreten. Sie können
nicht beide Recht haben.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Der Witz ist einem Alterspräsidenten durchaus angemessen!)


Der Richter antwortet daraufhin dem Referendar: Da ha-
ben Sie nun auch wieder Recht.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Wenn Sie so Ihre Politik definieren wollen, Herr

Grindel, dann können Sie das gerne machen. Aber Sie
müssen sich über eines im Klaren sein: Die Uhren in Eu-
ropa werden nicht nach deutscher Zeit gestellt.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Selbstverständlich!)


– Sie täuschen sich, Herr Grindel. – In Europa findet
eine breite Debatte über diese Probleme statt. Wir müs-

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(C (D en aufpassen, dass wir unsere Politik nach europäichem Geist und nicht nach Ihrer muffigen und zurückebliebenen Haltung zu diesem Thema gestalten. Darin ürfen wir nicht verharren. Diese Haltung können wir icht übernehmen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir müssen eine europäische Diskussion führen.
azu gehört auch die Frage des Staatsangehörigkeits-
echts. Ich verspreche Ihnen: Ich werde niemals die
and dazu reichen, dass wir unser modernes, europäi-
ches und offenes Staatsbürgerschaftsrecht wieder auf
as völkische Denken zurückführen, das Sie noch immer
epräsentieren. Das werde ich niemals zulassen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU/CSU: Oh! – Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Nun mal langsam!)


Versuchen Sie, aus Ihrer Ecke herauszukommen!

(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Dann steht die ganze Bevölkerung in der Ecke!)

as ist die einzige Möglichkeit, die Sie haben.


(Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Das wird leider nicht Realität werden!)


Sie müssen aufpassen, dass Sie dem gerecht werden,
as von verschiedenen Seiten aus Ihren Reihen gesagt
orden ist. Ministerpräsident Müller hat vor kurzem er-
lärt: Wir streben einen Konsens an. Wir brauchen ein
esamtkonzept, das eben nicht nur die Integration und
as Ausländerrecht betrifft, sondern die gesamte Steue-
ung der Zuwanderung. Dafür bedarf es eben einer ande-
en Qualität. Was wir heute haben – diese Zustände be-
lagen Sie ja, Herr Grindel –, ist ein Zuzug in die
ozialsysteme. Das Problem liegt nicht darin, dass Ar-
eitskräfte an der einen oder anderen Stelle aus dem
usland zu uns kommen. Das ist sogar gut so, weil das
ie Wirtschaft belebt. Selbst die relativ bescheidene Zahl
erjenigen, die in der IT-Technik zu uns gekommen sind,
at dazu geführt, dass die Zahl der Arbeitsplätze in die-
em Bereich anstieg – im Gegensatz zu dem, was Sie im-
er behaupten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Reinhard Grindel [CDU/ CSU]: Die sind doch ohne Zuwanderungsgesetz gekommen!)


Deshalb: Versuchen Sie, auf einen Kompromiss zuzu-
ehen, und füttern Sie bitte nicht das Gerücht, ein Kom-
romiss scheitere an unserem Koalitionspartner, Bünd-
is 90/Die Grünen.


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Stimmt doch!)


ch muss unserem Koalitionspartner ein großes Kompli-
ent machen.


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Die Betonung liegt auf „muss“!)







(A) )



(B) )


Bundesminister Otto Schily

Die waren nun wahrlich auf der ganzen Linie kompro-
missbereiter und flexibler als Sie in auch nur einem ein-
zigen Punkt, meine Damen und Herren von der Union.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Reinhard Grindel [CDU/ CSU]: Sie regieren ja auch zusammen!)


Nehmen Sie sich ausnahmsweise einmal ein Beispiel an
den Grünen,


(Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was heißt hier „ausnahmsweise“?)


dann kommen wir weiter.
Wie wollen Sie sich eigentlich mit der FDP einigen?

Auch diese Frage müssen Sie einmal beantworten. Sie
wollen doch irgendwann einmal, vielleicht in 20 Jahren,
regieren. Dann müssen Sie aber sehen, wie Sie mit der
FDP zurechtkommen.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Das kriegen wir schon hin, keine Sorge!)


– Dazu habe ich aber heute keine einzige Silbe gehört,
Herr Grindel. Da müssen Sie sich noch einmal besinnen.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Kommt Zeit, kommt Rat!)


Das Wichtigste ist mir – das ist eine Bitte –: Verzich-
ten Sie darauf, in der Bevölkerung Ängste zu schüren
und die gesellschaftlichen Gruppen gegeneinander auf-
zuhetzen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Reinhard Grindel [CDU/ CSU]: Sie müssen die Sorgen der Menschen ernst nehmen!)


Vielleicht darf ich auch diesen Punkt noch anspre-
chen: Ich durfte vor kurzem in der Unterkirche der Frau-
enkirche in Dresden eine sehr eindrucksvolle Veranstal-
tung miterleben, die vom „Bündnis für Demokratie und
Toleranz – gegen Extremismus und Gewalt“ initiiert und
dankenswerterweise vom ZDF und der Dresdner Bank
mit gestaltet und wurde. Wir haben dort die Preise im
Rahmen des Victor-Klemperer-Jugendwettbewerbes ver-
liehen. Das Zuwanderungsgesetz ist ein Zukunftsgesetz.
Deshalb hat, so finde ich, die Stimme der Jugend hier ein
besonderes Gewicht. Wenn Sie einmal hören, wie unsere
Jugend mit diesem Thema umgeht, dann werden Sie ent-
decken: Wir sind auf dem richtigen Weg und Sie müssen
aus ihrer Ecke herauskommen. Das ist meine Überzeu-
gung.


(Anhaltender Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504403200

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Norbert Geis.

(Beifall bei der CDU/CSU – Sebastian Edathy [SPD]: Mal hören, was die Jugend sagt!)


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(C (D Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und erren! Herr Minister, Sie legen dieses Gesetz zum weiten Mal vor – völlig unverändert! Sie werfen uns ompromisslosigkeit vor, aber haben in dieser Phase der esetzgebung nie auch nur den Versuch gemacht, mit ns einen Kompromiss zu schließen. (Beifall bei der CDU/CSU – Lachen und Widerspruch bei der SPD)

Norbert Geis (CSU):
Rede ID: ID1504403300

ir haben 120 Änderungsanträge vorgelegt. Sie haben
ich nicht mit einem einzigen vernünftig und ernsthaft
eschäftigt.


(Hans Georg Wagner [SPD]: Wir haben sie alle gelesen!)


as ist es, was die Bevölkerung draußen nicht versteht.
etzten Endes ist das auch eine Missachtung des Parla-
entes.
Sie können doch nicht einen Gesetzentwurf, der abge-

ehnt worden ist und von dem Sie wissen, dass er im
undesrat nicht angenommen werden wird, hier wieder
orlegen und in der ursprünglichen Form durchpauken
nd uns dann Kompromisslosigkeit vorwerfen. Ist das
hrlichkeit? So kann man mit der Opposition nicht um-
ehen. Sie können so auch nicht mit der Bevölkerung
mgehen. Was soll denn die Bevölkerung von diesem
arlament halten? Wir reden hier zum zweiten Mal über
inen Gesetzentwurf, von dem Sie wissen, dass er hier
ie Mehrheit bekommt, aber im Bundesrat abgelehnt
erden wird. Dann wird er wahrscheinlich in den Ver-
ittlungsausschuss kommen und dann ist dieses Parla-
ent nicht mehr gefragt. Aber im Parlament müssen wir
ie Kompromisse schließen. Das haben Sie nicht ver-
ucht.

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504403400

Herr Kollege Geis, es besteht der Wunsch nach einer

wischenfrage. Wollen Sie die zulassen? – Bitte.

Rüdiger Veit (SPD):
Rede ID: ID1504403500

Herr Kollege Geis,

(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Mitglieder begehren!)

arum sprechen Sie hier wahrheitswidrig von Kompro-
isslosigkeit, wenn in Wahrheit im ersten Gesetzge-
ungsverfahren Rot-Grün in elf Punkten den Wünschen
es Bundesrats, der von Ihnen dominiert war, nachge-
ommen ist? 16 Änderungsanträgen der CDU/CSU ist
ot-Grün im Innenausschuss nachgekommen. Hinzu
ommen die vier Stolpe-Punkte, deren Erfüllung Ihr Par-
eikollege Herr Schönbohm zur Bedingung für die Zu-
timmung Brandenburgs im Bundesrat gemacht hat. Er
at leider an dieser Stelle sein Wort gebrochen. Warum
erschweigen Sie dies? Warum sagen Sie wahrheitswid-
ig, wir seien nicht kompromissbereit? Wir waren es und
as ist bereits ein Kompromiss.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Eckart von Klaeden [CDU/ Rüdiger Veit CSU]: Wer ist denn „wir“? Das Mitgliederbegehren? – Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Die Zwischenfrage ist eine Sauerei!)





(A) )


(B) )



Norbert Geis (CSU):
Rede ID: ID1504403600

Das Verfahren im Bundesrat kam vor das Verfas-

sungsgericht. Das Verfassungsgericht hat festgestellt,
dass das Verhalten des damaligen Bundesratspräsidenten
und das Verhalten der SPD-regierten Länder falsch und
verfassungswidrig gewesen ist. Deswegen ist dieses Ge-
setz nichtig.


(Widerspruch bei der SPD)

Es ist nichtig, weil es nicht unserer Verfassung gemäß
zustande gekommen ist.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was war mit dem Kompromiss?)


Im Übrigen wäre es bei Beachtung des Art. 51 GG im
Bundesrat gescheitert, weil die Mehrheit der CDU/CSU-
regierten Länder auch nach den Änderungen im Bundes-
rat Nein gesagt hat.

Wir haben aber jetzt das zweite Gesetzgebungsver-
fahren. Es geht jetzt nicht mehr um das Gesetzgebungs-
verfahren, das vom Bundesverfassungsgericht als ver-
fassungswidrig bezeichnet worden ist, sondern es geht
um das jetzige Gesetzgebungsverfahren.


(Rüdiger Veit [SPD]: Warum beantworten Sie nicht meine Frage?)


– Warten Sie noch ein bisschen! – Sie haben in dem jet-
zigen Gesetzgebungsverfahren überhaupt keine Anstal-
ten gemacht, über die Vorstellungen, die im Bundesrat
geherrscht haben und die wir ins Parlament eingebracht
haben in Form der 120 Änderungsanträge, zu diskutie-
ren. Sie haben nicht ein einziges Mal Anstalten gemacht,
auf diese Anträge einzugehen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Deswegen werfe ich Ihnen vor: Sie machen heute

eine große Schau; mehr ist es nicht. Sie missachten die
Rechte und damit auch die Würde dieses Parlamentes.
Das kann draußen niemand verstehen.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504403700

Herr Kollege Geis, gestatten Sie eine Zwischenfrage

des Kollegen Stadler? – Bitte.
Dann möchte ich doch, dass wir der Rede weiter zu-

hören.

(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Sehr gut, Frau Präsidentin!)


Dr. Max Stadler (FDP):
Rede ID: ID1504403800

Herr Kollege Geis, jedermann wird verstehen, dass

Sie jetzt in dieser Lesung nicht einem Gesetzentwurf der
Bundesregierung zustimmen, den Sie vor kurzem mit Ih-
rer Mehrheit im Bundesrat noch abgelehnt haben. Aber
sind Sie bereit, mir zuzugeben, dass jedenfalls auf mei-
ner Tagesordnung, die ich vorliegen habe, heute nicht

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(C (D ur ein Gesetzentwurf der Bundesregierung, sondern uch ein Gesetzentwurf der FDP zur Debatte und Abtimmung steht, und wären Sie bereit, der deutschen Öfentlichkeit mitzuteilen, welche Anstrengungen Sie unernommen haben, mit der FDP hinsichtlich des ntwurfs zu einem Kompromiss zu kommen, den wir orgelegt haben? (Heiterkeit und Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Norbert Geis (CSU):
Rede ID: ID1504403900

Lieber Herr Stadler, die Frage gebe ich natürlich zu-

ück. Welche Anstrengungen haben Sie unternommen,
m mit uns zu einem Kompromiss zu kommen? Das ha-
en Sie nämlich auch nicht gemacht.


(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der SPD: Oh!)


Wir wollen hier keine Spiegelfechterei betreiben, son-
ern ich gebe Ihnen ohne weiteres zu: Es ist auch unsere
uffassung – deswegen haben wir 120 Änderungs-
nträge eingereicht –, dass die Zuwanderung in Deutsch-
and besser regelbar ist, als es derzeit der Fall ist. Ich
ebe Ihnen auch zu, dass in Ihrem Gesetzentwurf viele
nsätze sind, über die man ernsthaft diskutieren kann.
ber Sie kennen die Mehrheitsverhältnisse. Sie hätten
ie Frage, die Sie jetzt an mich gerichtet haben, viel eher
n die SPD richten müssen, denn die hat die Mehrheit.
enn Sie sich mit uns zusammentun, dann werden wir
ier genauso scheitern. Das wissen Sie. Deswegen ist
ies wohl auch eine nicht ganz ernsthafte, sondern eine
her spaßige Frage, die etwas Freude in den trüben All-
ag bringt.


(Sebastian Edathy [SPD]: Nein, das sind keine Späße! – Dr. Max Stadler [FDP]: Das ist die entscheidende Frage!)


Ich habe eben in meiner Antwort auf Herrn Stadler
eutlich gemacht, dass es uns durchaus um eine Verbes-
erung der derzeitigen Regelungen im Ausländerrecht
nd damit auch im Zuwanderungsbereich geht. Dies
tellt aber nicht die vorrangige Aufgabe dar. Vorrangig
st vielmehr die Integration. Das haben alle Redner un-
erer Fraktion betont. Die Integration scheint mir aber in
en Gesetzentwürfen der Bundesregierung und der FDP
icht in ausreichendem Maße berücksichtigt worden zu
ein.


(Beifall bei der CDU/CSU)

ch wiederhole: Nicht die Zuwanderung ist der wich-
igste Punkt, sondern die Integration. Die Zuwanderung
uss sich nach der Integrationsfähigkeit unserer Bevöl-
erung richten.
Der Herr Minister hat vorhin behauptet, dass die Ju-

end das Zuwanderungsgesetz befürworte. Mitnichten!
ielmehr ist eine überwältigende Mehrheit der deut-
chen Bevölkerung gegen die Zuwanderung.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: So ist es!)

arum denn? – Weil die Integrationsfähigkeit der deut-
chen Bevölkerung an einem Punkt angelangt ist, an






(A) )



(B) )


Norbert Geis

dem sie leicht in eine sich selbst verstärkende Desinte-
gration übergehen kann.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das kommt von 16 Jahren verfehlter Integrationspolitik in Ihrer Regierungszeit!)


Das ist das Problem, das wir erkennen und mit dem wir
uns beschäftigen sollten. Das ist bei dem vorliegenden
Gesetzentwurf aber nicht geschehen.

Auch wenn Sie noch so lange rechnen, werden Sie
mit diesem Gesetz die Zuwanderung nicht begrenzen.
Wie Sie es auch wenden, unterm Strich würde Folgendes
herauskommen, wenn Ihr Vorhaben Gesetzeskraft erlan-
gen würde:


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Das wird nicht geschehen!)


Zurzeit gibt es eine Nettozuwanderung von
200 000 Personen im Jahr, und zwar nicht aus dem Be-
reich der Europäischen Union, sondern aus Nicht-EU-
Staaten. Wenn das Gesetz in Kraft treten würde, würde
die Zahl auf über 300 000 steigen. Das ist zu viel.


(Dr. Michael Bürsch [SPD]: Was ist das für eine Berechnung?)


Das war übrigens auch die Auffassung des Ministers.
Er hat den Gesetzentwurf nur deshalb wieder vorgelegt,
weil Sie mit Ihrem Koalitionspartner, der es ablehnt, das
Vorhaben aufzugeben, in dieser Frage nicht zusammen-
arbeiten können. Das ist doch der eigentliche Grund für
Ihre Unvernunft, denselben Gesetzentwurf zum zweiten
Mal vorzulegen. Das liegt doch daran, dass Sie mit den
Grünen nicht zurechtkommen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie müssen meiner Meinung nach den Schwerpunkt

auf die Frage legen, wie die Integration bewältigt wer-
den kann. Danach muss sich das Zuwanderungsgesetz
richten.


(Sebastian Edathy [SPD]: Was tun Sie denn dafür? Was ist denn Ihr Vorschlag?)


Es wird auch weiterhin Zuwanderung geben. Sie wird
in einem Rahmen von jährlich rund 200 000 Personen
verlaufen. Es wird auch Zuwanderung aus den neuen
EU-Staaten geben. Schätzungen belaufen sich auf
300 000 bis 400 000 Personen jährlich. Das wird aber
kein Problem darstellen, weil diese Menschen aus unse-
rem Kulturkreis kommen. Ihnen wird die Integration
leichter fallen.

Aber die Integration ist doch anerkanntermaßen
schwierig – darüber müssen wir wohl nicht diskutie-
ren –, wenn Menschen aus einem anderen Kulturkreis
kommen. An dieser Stelle trifft das Zitat von Gustav
Heinemann zu, der festgestellt hat: „Wir wollten Ar-
beitskräfte und es kamen Menschen“.


(Dr. Lale Akgün [SPD]: Das war Max Frisch! – Dr. Michael Bürsch [SPD]: Bildungslücke!)



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(C (D Nein, das ist von Gustav Heinemann, der es von Max risch übernommen hat. Sie können das nachlesen. Ich abe es nachgelesen und kann Ihnen die Quelle des Ziats zukommen lassen. Gustav Heinemann hat das Zitat bernommen. Wir müssen uns nicht darüber streiten. as ist doch lächerlich. Ja, es stammt von Max Frisch. Aber es ist ein treffenes Wort. Menschen müssen immer im Kontext ihrer Herkunft, hrer Kultur, ihrer Wertmaßstäbe und ihrer Geschichte esehen werden. Die Integration ist insofern kein leiches Geschäft. Sie muss nicht nur von denjenigen geleistet erden, die ins Land kommen, sondern auch von denen, ie sie aufnehmen. Wenn zu viele Menschen aus anderen ulturkreisen zu uns kommen, dann nimmt die Integraionsfähigkeit der aufnehmenden Bevölkerung immer ehr ab. Bekanntlich beträgt der Ausländeranteil an der Einohnerzahl Münchens 22 Prozent; in Hamburg sind es 6 Prozent, in Berlin 13 Prozent. Die Ausländer bewohen dort Quartiere, wo sich die deutsche Bevölkerung urückzieht, weil die Deutschen dort Angst haben, in iher Mitte als Fremde zu erscheinen. (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Angst schüren Sie doch!)


(Dr. Lale Akgün [SPD]: Ein Schweizer!)


uch unter Deutschen macht sich Angst breit. Deswe-
en lehnen doch weit mehr als 80 Prozent der deutschen
evölkerung eine weitere Zuwanderung ab, weil sie
ngst hat, ihre Identität zu verlieren.


(Sebastian Edathy [SPD]: Weil sie von Ihnen in die Irre geführt werden mit Ihrer Demagogie!)


as muss man sich vor Augen halten, wenn man sich
rnsthaft mit dem Gelingen der Zuwanderung auseinan-
er setzt.
Es geht darum, die Integrationsfähigkeit unserer Be-

ölkerung zu erhalten. Das geht nur, wenn wir versu-
hen, die Zuwanderung ernsthaft zu begrenzen. Diese
egrenzung leistet der Gesetzentwurf nicht. Deswegen
aben wir die 120 Änderungsanträge eingebracht und
eswegen müssen wir den Gesetzentwurf ablehnen. Viel-
icht wird es einen Kompromiss im Vermittlungsaus-
chuss geben, vielleicht aber auch nicht. Es wäre jeden-
alls nicht schlimm, wenn der vorliegende Gesetzentwurf
cheitern würde; denn wir brauchen ein Integrationsge-
etz. Wir müssen ernsthafter und in viel stärkerem Maße
ls in der Vergangenheit die Integration der bei uns le-
enden und der zu uns kommenden Ausländer vorantrei-
en. Sonst werden wir den Frieden in unserem Land
icht erhalten können.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum haben Sie das nicht 1983 gemacht?)


s geht letztendlich um die eigene Existenz.

(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Norbert Geis

Es geht um eine friedliche Gesellschaft.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das fällt Ihnen aber erst in der Opposition ein!)


Wir dürfen uns nicht nur mit der Lösung von Konflikten
beschäftigen. Wir haben andere Aufgaben in dieser Ge-
sellschaft zu bewältigen, die schwierig genug sind.
Wenn noch Konflikte hinzukommen, dann wird das
nicht zu schaffen sein.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504404000

Herr Kollege Geis, kommen Sie bitte zum Schluss.

Norbert Geis (CSU):
Rede ID: ID1504404100

Wir werden erleben, dass der vorliegende Gesetzent-

wurf im Bundesrat scheitert.

(Zuruf von der SPD: Schluss!)


Es wird dann im Vermittlungsausschuss viele Beratun-
gen geben. Es kann durchaus sein, dass der Entwurf auch
dort scheitert. Das wäre kein Unglück. Wir werden uns
auf jeden Fall in stärkerem Maße um ein Integrationsge-
setz bemühen. Das ist, wie ich meine – ich wiederhole
das –, die eigentliche Aufgabe der Ausländerpolitik.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504404200

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-

desregierung eingebrachten Entwurf eines Zuwande-
rungsgesetzes. Der Innenausschuss empfiehlt unter Nr. 1
seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/955,
den Gesetzentwurf anzunehmen.

Es liegt ein Änderungsantrag der Abgeordneten
Dr. Gesine Lötzsch und Petra Pau vor. Wer stimmt für
diesen Änderungsantrag auf Drucksache 15/961? – Wer
stimmt dagegen? – Gibt es Enthaltungen? – Der Ände-
rungsantrag ist mit den Stimmen des ganzen Hauses ge-
gen die Stimmen der Abgeordneten Pau und Lötzsch ab-
gelehnt worden.

Ich bitte nun diejenigen, die dem Gesetzentwurf zu-
stimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt da-
gegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit
in zweiter Beratung mit den Stimmen der Koalitions-
fraktionen gegen die Stimmen von CDU/CSU sowie der
beiden fraktionslosen Abgeordneten bei Enthaltung der
FDP angenommen worden.

Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzent-
wurf ist mit dem gleichen Stimmenverhältnis wie zuvor
angenommen worden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


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(C (D Abstimmung über den von der Fraktion der FDP eingerachten Entwurf eines Zuwanderungssteuerungsund Interationsgesetzes. Der Innenausschuss empfiehlt unter Nr. 2 einer Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/955, den esetzentwurf abzulehnen. Ich bitte diejenigen, die dem esetzentwurf der FDP zustimmen wollen, um das andzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der esetzentwurf ist in zweiter Beratung mit den Stimmen es ganzen Hauses gegen die Stimmen der FDP abgeehnt worden. Damit entfällt nach unserer Geschäftsordung die weitere Beratung. Ich rufe den Zusatzpunkt 15 auf: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Neuregelung des Schutzes von Verfassungsorganen des Bundes – Drucksache 15/805 – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung – Drucksache 15/969 – Berichterstattung: Abgeordnete Dr. Dieter Wiefelspütz Thomas Strobl Volker Beck Jörg van Essen Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der DU/CSU vor. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Es gibt ofensichtlich keinen Widerspruch. Dann ist so beschlosen. Ich eröffne die Aussprache und gebe als Erstem das ort dem Abgeordneten Dr. Dieter Wiefelspütz. Einen Moment noch, Herr Wiefelspütz. Liebe Kolleinnen und Kollegen, bitte setzen Sie sich oder, wenn ie der Debatte nicht folgen wollen, verlassen Sie rasch en Plenarsaal, damit wir fortfahren können. Ich glaube, Sie können jetzt beginnen, Herr iefelspütz. Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen nd Kollegen! Ich anerkenne und respektiere, dass das uwanderungsgesetz eine ungleich höhere Bedeutung ls das Gesetz über befriedete Bezirke für Verfassungsrgane des Bundes hat. Wir haben uns im Jahre 1999 – liebe Kolleginnen und ollegen, einige werden sich daran erinnern –, in der eit des Umzuges von Bonn nach Berlin darüber Gedan Dr. Dieter Wiefelspütz ken machen müssen, ob es auch in Berlin eine Bannmeile geben soll. (Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein!)


(Erste Beratung 40. Sitzung)


(Unruhe)

Dr. Dieter Wiefelspütz (SPD):
Rede ID: ID1504404300




(A) )


(B) )


Wir sind damals mit großer Mehrheit der Auffassung ge-
wesen, dass das sinnvoll sei. Es war damals nicht ganz
einfach, den grünen Koalitionspartner, insbesondere den
Kollegen Ströbele, davon zu überzeugen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist keine Bannmeilenregelung, Herr Kollege! – Jörg van Essen [FDP]: Vernunft ist bei ihm noch nie angekommen!)


Ich habe den Eindruck, dass Herr Ströbele auch heute
noch letzte Zweifel hat.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es ist ein befriedeter Bereich!)


Aber, Herr van Essen, anerkennen Sie bitte, dass der lei-
denschaftliche Einsatz für eine vernünftige Regelung in
Bezug auf dieses Parlament letztlich auch Herrn Ströbele
hat überzeugen können.

Unser damaliger Gesetzentwurf war relativ umstrit-
ten. Wir haben deswegen gesagt: Wir wollen einander
nicht belehren. Die Gültigkeitsdauer dieses Gesetzes
wurde befristet. Dies geschah mit der Maßgabe, dass so-
wohl das Innenministerium als auch die Bundestagsver-
waltung dem Parlament Erfahrungsberichte vorlegen.
Wir beschlossen damals, im Lichte dieser Erfahrungen
erneut zu entscheiden, wie es mit diesem Gesetz weiter-
gehen soll.

Wir haben die Erfahrungsberichte zur Kenntnis ge-
nommen. Mich hat erstaunt, dass anders als in Bonn, wo
innerhalb einer Legislaturperiode nur in Ausnahmesitua-
tionen drei oder vier Demonstrationen stattfanden, im
befriedeten Bezirk – das ist der Bereich, der früher
„Bannmeile“ genannt worden ist – in den vergangenen
fast vier Jahren, also seitdem der Bundestag seinen Sitz
in Berlin hat, mehrere hundert Demonstrationen stattge-
funden haben.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist demokratisches Leben, Herr Kollege!)


Darüber sollten wir uns freuen,

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir freuen uns sehr!)


denn das bedeutet doch, dass es uns gelungen ist, die
Menschen nicht auszusperren. Demonstrieren kann man
auch vor den Toren dieses Parlamentes. Man kann das
politische Geschehen in Berlin von der Besuchertribüne
des Deutschen Bundestags aus verfolgen; das ist jeder-
manns gutes Recht. Man kann sich aber auch an das Par-
lament wenden, indem man im befriedeten Bezirk aktiv
demonstriert. Das ist ein Ausdruck von Interesse und da-
von, dass man das Parlament und auch die Parlamenta-

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(C (D ier ernst nimmt. Für dieses große Interesse sollten wir ankbar sein. Nebenbei möchte ich darauf hinweisen, dass der eichstag, in dem der Deutsche Bundestag tagt, mittlereile das meistbesuchte Gebäude Deutschlands ist. Daür bin ich ausgesprochen dankbar. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Aber die Menschen kommen nicht Ihretwegen!)


Nicht meinetwegen und auch nicht Ihretwegen, Herr
trobl. – Mit anderen Worten: Ich bin – das sage ich
hne jedes Pathos – dafür dankbar, dass der Reichstag
ür viele Menschen so interessant ist. Die Menschen
ommen hierhin, weil sie sich selbst dazu entschieden
aben. Dieses Parlamentsgebäude ist offenbar genauso
ttraktiv wie die Gebäude des amerikanischen oder des
ritischen Parlaments. Ich freue mich darüber.
Herr Ströbele, dem Grundrecht auf Versammlungs-

reiheit – man darf es nur friedlich wahrnehmen – ist,
as den Verfassungsrang angeht, die Funktionsfähig-
eit des Parlaments gleichgestellt. Vor den Toren dieses
auses haben Hunderte von Demonstrationen stattge-
unden,


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mit Lastwagen!)


hne dass die Funktionsfähigkeit des Parlaments und da-
it unsere Arbeitsfähigkeit zu irgendeinem Zeitpunkt
frage gestellt worden sind. Besser hätte gar nicht be-
iesen werden können, dass die Bannmeilenregelung
ür dieses Parlament funktioniert, dass dieses Gesetz
lso gelungen ist.


(Beifall bei der SPD)

Ich freue mich darüber, geschätzter Kollege van

ssen, dass die FDP inzwischen mit im Boot ist. Sie wa-
en damals skeptisch, eher ablehnend, aber haben jetzt
esagt – so habe ich das verstanden; Sie werden das
leich selbst artikulieren, Herr van Essen; ich kann aber
uch Ihre Rede halten, wenn es denn sein muss –:


(Jörg van Essen [FDP]: Das wollte ich schon selber machen!)


awohl, das hat sich bewährt. Warum dann nicht auch
ustimmen? – Ich danke Ihnen ausdrücklich dafür.
Ich will, mit etwas Abschwächung, auch Herrn Strobl

anken, nicht dafür, dass er diesen Gesetzentwurf nachher
blehnen wird, aber dafür, dass er doch anerkennt – das
ird er nachher natürlich noch selbst sagen, denke ich –,
ass sich das, was wir hier gemacht haben, im Großen
nd Ganzen doch ziemlich bewährt hat.
Vor vier Jahren, Herr Strobl, habe ich nicht geglaubt

nd auch nicht gewusst – das konnte ich auch nicht; wo-
er sollte ich es auch wissen? –,


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie friedlich die Berliner sind!)







(A) )



(B) )


Dr. Dieter Wiefelspütz

dass sich diese Art von Regelung zum befriedeten Be-
zirk – einerseits Versammlungsfreiheit und andererseits
Funktionsfähigkeit des Parlaments gewährleisten – hier
in Berlin so gut bewährt. Wir haben keine Angst vor den
Bürgern, aber hier muss frei entschieden werden können,
hier darf der Zugang zum Parlament für Abgeordnete
nicht beeinträchtigt sein. Beides, Freiheit der Versamm-
lung und Funktionsfähigkeit des Parlaments, ist gewähr-
leistet.


(Beifall bei der SPD)

Also ist die Regelung gut und in Ordnung und dann
sollte man sie auch so akzeptieren und schätzen.

Nun kommt von der Union der Änderungsantrag, er-
neut eine Frist zu setzen, für weitere vier Jahre sozusa-
gen auszuprobieren. Ich räume ein: Auch bei uns hat das
eine Rolle gespielt. Wir haben das hin und her gewendet.
Insbesondere, Herr Strobl, bei den Bedenkenträgern von
den Bündnisgrünen – darüber wollen wir hier einmal
ganz offen sprechen – gab es erneut diese Überlegung.
Es war nicht ganz einfach, die Kollegen davon zu über-
zeugen, dass eine Frist doch nur Sinn macht, wenn man
etwas ausprobiert. Wir haben ausprobiert. Wir haben Er-
fahrungen gesammelt, nicht für vierzehn Tage, sondern
für vier Jahre.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vier noch nicht!)


Wir haben festgestellt: Die Probephase ist abgeschlossen.
Es hat sich bewährt. Wir haben nicht eine Demonstration
oder zwei Demonstrationen gehabt, sondern Hunderte.
Also gibt es keinen Grund für eine weitere Fristverlänge-
rung. Eine bewährte Sache verdient es, keine Befristung
mehr zu bekommen. Also schaffen wir heute die Frist
ab, ganz entspannt und ohne Dramatik.


(Beifall bei der SPD)

Wir werden damit auch in der Zukunft, denke ich, gut le-
ben können.

Ich will noch einen Aspekt ansprechen und damit
wende ich mich an Sie persönlich, Frau Präsidentin. Wir
haben hier den Platz der Republik. Er war lange Zeit
eine Baustelle. Jetzt ist er weitgehend fertig gestellt. Ich
glaube, dass auf diesem Platz in Zukunft die ganz, ganz
großen Demonstrationen stattfinden werden, bei The-
men, die die Nation bewegen,


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Leider nicht!)


wenn es möglicherweise um Krieg und Frieden oder um
andere Fragen von ähnlichem Gewicht geht. Das ist der
Platz, auf dem früher, zu anderen Zeiten, schon einmal
ganz, ganz große Demonstrationen stattgefunden haben.

Jetzt spanne ich den Bogen einmal von ganz ernst zu
nicht ganz so ernst. Ich höre, dass man auf dieser Wiese
dort nicht Fussball spielen darf.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein Skandal!)


Schadet es wirklich dem Ansehen und der Würde dieses
Hauses,

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(C (D (Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Bestenfalls dem Rasen!)


erehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren,
enn da und dort einmal ein eleganter Doppelpass ge-
pielt wird?


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

ch bitte das Präsidium, das ja wohl das Hausrecht aus-
bt, insoweit noch einmal zu bedenken, ob man nicht da
nd dort auch etwas toleranter sein kann.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Bundesrepublik Deutschland präsentiert sich in
iesem Parlamentsviertel weltoffen, zugänglich und so
ntspannt, wie man uns das häufig nicht nachsagt. Wir
ind hier sehr entspannt. Hier kann man demonstrieren.
ier kann man sich frei betätigen. Die Menschen kom-
en herein, nehmen dieses Parlament als ihr Haus der
emokratie für Deutschland an. So sollten wir das ins-
esamt auch halten.
Ich bitte um Zustimmung zu diesem insgesamt gese-

en gut gelungenen Gesetz. Die Frist muss jetzt aufge-
oben werden, weil es für die Befristung keinen Grund
ehr gibt.
Ich danke Ihnen für das Zuhören.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504404400

Und Sie garantieren dann für die Eleganz des Doppel-

asses?
Das Wort hat der Abgeordnete Thomas Strobl.


Thomas Strobl (CDU):
Rede ID: ID1504404500

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Her-

en! Bis zum Jahr 1999 wurde die Funktionsfähigkeit
uch des Deutschen Bundestages durch das so ge-
annte Bannmeilengesetz aus dem Jahre 1955 ge-
chützt. Dieses Gesetz hat sich in 44 Jahren deutscher
arlamentsgeschichte außerordentlich bewährt, unab-
ängig von den Mehrheitsverhältnissen in diesem
ause.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt überhaupt nicht! Da waren die Polizeipräsidenten in Bonn ganz anderer Meinung!)


44 Jahre lang, Herr Ströbele. – Dieses Gesetz hat sich
nsbesondere auch in den schwierigen Situationen be-
ährt, die es ja zuweilen gab. Ich erinnere etwa an die
sylrechtsdebatte im Bonner Bundestag. Die älteren
ollegen – es gibt sie ja noch – dürften sich noch sehr
ut erinnern. Damals ist klar geworden, dass eine Bann-
eilenregelung notwendig ist. Das ist ja in diesem
ause – Herr Kollege Ströbele, Ausnahmen gibt es –
eitgehend unstreitig.






(A) )



(B) )


Thomas Strobl (Heilbronn)


Wir meinen, dass wir Regelungen brauchen, die ein

Funktionieren von Verfassungsorganen auch in schwieri-
gen Situationen und in Krisenzeiten ermöglichen. Auch
das ist ja weitgehend unumstritten; auf alle Fälle ist es
die eindeutige Auffassung der CDU/CSU-Bundestags-
fraktion.

Genauso unbestritten ist freilich, dass jede Bannmei-
lenregelung in einem gewissen Spannungsverhältnis zu
Art. 8 Abs. 1 des Grundgesetzes und der darin verbürg-
ten Versammlungsfreiheit steht. Wir akzeptieren und
respektieren selbstverständlich diese grundrechtliche
Wertentscheidung des Verfassungsgesetzgebers. Sie
steht aber nicht im Widerspruch zu einer Bannmeilenre-
gelung, denn der Verfassungsgesetzgeber hat ja aus gu-
tem Grund in Art. 8 Abs. 2 des Grundgesetzes in Form
eines Gesetzesvorbehaltes ausdrücklich „durch Gesetz
oder aufgrund eines Gesetzes“ Beschränkungen der Ver-
sammlungsfreiheit vorgesehen bzw. eingeräumt.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es gibt ein Versammlungsgesetz!)


Insofern kann an einer grundsätzlichen Zulässigkeit von
Bannmeilenregelungen keinerlei Zweifel bestehen.

Mit dem Umzug des Deutschen Bundestages nach
Berlin hat die rot-grüne Koalition das 44 Jahre geltende
Bannmeilengesetz durch das Gesetz zur Neuregelung
des Schutzes von Verfassungsorganen des Bundes er-
setzt. Zur alten Regelung ergeben sich nicht geringe Unter-
schiede. Die bis 1999 geltenden Regelungen beinhalteten
gesetzestechnisch ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt,
das heißt, ob Demonstrationen innerhalb der befriedeten
Bezirke zulässig waren, war letztlich eine Ermessensent-
scheidung im Einzelfall. Dass die Ausübung dieses Er-
messens niemals willkürlich oder unverhältnismäßig
sein darf und dass Ermessensentscheidungen auch ge-
richtlich überprüft werden konnten und können, ist
selbstverständlich. Mit dem neuen Gesetz wurde ab
1999 das präventive Verbot mit Erlaubnisvorbehalt
durch einen schlichten Genehmigungsvorbehalt er-
setzt. Das heißt, jedermann und jedwede Organisation
haben nun einen Rechtsanspruch darauf, auch innerhalb
befriedeter Bezirke zu demonstrieren. Wir haben kein
Ermessen mehr; es besteht ein klarer, im Zweifel ein-
klagbarer Rechtsanspruch.

Außerdem wurden die Sanktionsmöglichkeiten ge-
ändert. Aus dem Straftatbestand der Bannkreisverlet-
zung wurde eine bloße Ordnungswidrigkeit. Dies begeg-
net ernst zu nehmenden Bedenken.

Ganz sicher war man sich im Übrigen seiner Sache
wohl nicht, denn man hat das neue Gesetz ja seinerzeit
mit einer auflösenden Befristung zum 30. Juni 2003 und
einer regelmäßigen Berichtspflicht des Bundesministers
des Innern vor dem Deutschen Bundestag versehen. Die-
sem Bericht des Bundesinnenministeriums entnehmen
wir gerne, dass unter der neuen Rechtslage keine Beein-
trächtigungen der Funktionsfähigkeit von Verfassungsor-
ganen des Bundes eingetreten sind. Diese positive Bilanz
nehmen wir selbstverständlich zur Kenntnis.

Wir, die CDU und die CSU, entnehmen dem Bericht
des Bundesinnenministers aber auch, dass das neue Ge-

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(C (D etz innerhalb des Berichtszeitraums noch keine Bewähungsprobe zu bestehen hatte, da – ich zitiere aus dem ericht des Bundesinnenministers –: ... nicht kontrollierbare Massenversammlungen... im Berichtszeitraum nicht eingetreten ind. Das neue Recht war also Belastungen, wie es sie twa zu Bonner Zeiten durchaus gegeben hatte, noch icht ausgesetzt. So begegnet die Aussage, Herr Kollege iefelspütz, es habe sich bewährt, durchaus gewissen weifeln. (Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Aber nur gewissen!)


Dass Sie, meine Damen und Herren von Rot-Grün,
icht ganz frei von Zweifeln sind, zeigt im Übrigen ein
lick in Ihre eigene Gesetzesbegründung, nach der Sie
n der Berichtspflicht generell festhalten wollen.


(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Ein bisschen Zugeständnis an Ströbele musste sein!)


m vorletzten Absatz des allgemeinen Teils der Begrün-
ung schreiben Sie:

Es soll aber sichergestellt werden, dass der Gesetz-
geber in diesem sensiblen Bereich der Abwägung
zwischen dem notwendigen Schutz der Arbeits-
und Funktionsfähigkeit der Verfassungsorgane und
dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit über die
nötige rechtstatsächliche Erkenntnisgrundlage für
die Kontrolle und gegebenenfalls die Fortentwick-
lung und Anpassung des geltenden Rechts verfügt.


(Jörg Tauss [SPD]: Prima!)

Zu Beginn einer Legislaturperiode ist es damit dem
Gesetzgeber möglich, die bisherige Praxis zu be-
werten und zu prüfen, ob die Sonderregelung für
den Schutz der Verfassungsorgane des Bundes ne-
ben dem der Versammlungsfreiheit weiter bestehen
muss oder wegfallen kann.

(Christine Lambrecht [SPD]: Dann können Sie doch zustimmen!)

ffensichtlich sind also auch bei Rot-Grün durchaus ge-
isse Zweifel vorhanden.


(Beifall des Abg. Manfred Grund [CDU/CSU] – Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Das ist die ströbelesche Besserwisserei, Herr Strobl!)


Zu diesen Zweifeln, die in der Gesetzesbegründung
um Ausdruck kommen, passt es allerdings nicht, dass
ie heuer die Befristung, unter der das Gesetz bisher
tand, gänzlich aufheben. Wir halten es für sachgerecht,
ie am 30. Juni dieses Jahres auflösende Befristung des
esetzes um weitere vier Jahre, bis zum 30. Juni 2007,
u verlängern. Damit wäre Gelegenheit, mit dem derzei-
igen Gesetz weitere Erfahrungen zu sammeln, gegebe-
enfalls auch dann, wenn das Gesetz Belastungen ausge-
etzt sein sollte,


(Jörg Tauss [SPD]: Habt ihr Schiss vor der Bevölkerung! Das ist ja furchtbar!)







(A) )



(B) )


Thomas Strobl (Heilbronn)


die bis jetzt – Gott sei Dank – nicht eingetreten sind. Das
Gesetz könnte sich dann aber jedenfalls wirklich bewäh-
ren.

Noch eine Bemerkung am Rande. Alle, inzwischen
auch die Bundesregierung, reden von Bürokratieabbau
und Entbürokratisierung. In diesem Zusammenhang
wird immer wieder auch von der Befristung von Geset-
zen geredet. Hier haben wir nun ein Gesetz mit einer Be-
fristung, die Sie jedoch, meine Damen und Herren von
Rot-Grün,


(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Und FDP!)

mit Ihrem heutigen Gesetzentwurf gerade abschaffen
wollen.


(Christine Lambrecht [SPD]: Zu Recht!)

Das passt nicht ganz in diesen Zusammenhang.

Wir wollen als CDU/CSU ganz pragmatisch und ohne
jede Ideologie,


(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


die die Angelegenheit im Übrigen auch nicht verdient,
dem geltenden Gesetz die Chance geben, sich tatsächlich
zu bewähren. Wir wollen weiter Erfahrungen sammeln.
Dann wäre der Deutsche Bundestag in vier Jahren aufge-
fordert, aufgrund der gemachten Erfahrungen erneut zu
beraten und zu entscheiden.

Wir halten dies unter allen Gesichtspunkten für eine
sachgerechte Lösung. Deswegen haben wir entspre-
chende Anträge im 1. Ausschuss und im Innenausschuss
eingebracht und bringen diese Anträge heute auch hier
im Plenum ein und bitten um Zustimmung.

Besten Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504404600

Das Wort hat der Abgeordnete Christian Ströbele.

(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Aber bitte jetzt keinen ideologischen Debattenbeitrag!)



(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-
gen!


(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Bitte keinen Aufruf zum Aufruhr!)


Wenn man die Vertreter der CDU/CSU im Ausschuss
und auch hier reden hört, dann hat man immer ein biss-
chen den Eindruck, Demonstrationen würden eigent-
lich als etwas Störendes empfunden. Ich sage Ihnen als
Vertreter einer Fraktion und einer Partei, die auch aus
Bewegungen, Demonstrationen und Meinungskundga-
ben auf der Straße entstanden ist, dass Demonstrationen
und Meinungskundgaben auf öffentlichen Plätzen und
Straßen in einer Demokratie dazugehören

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(C (D (Manfred Grund [CDU/CSU]: Auch Steinewerfen?)


ie die Luft zum Atmen für die Menschen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Aber friedlich!)


eshalb ist es auch richtig, logisch und nachvollziehbar,
ass die Beatmung des Parlaments, des wichtigsten Or-
ans in der Demokratie, auch aus der Nähe stattfinden
önnen muss, das heißt auch in unmittelbarer Umgebung
es Reichstagsgebäudes bzw. des Bundestages.


(Zuruf von der SPD: Haben Sie Asthma, oder was?)


Deshalb waren und sind wir eigentlich der Meinung,
ass eine Bannmeile um ein Parlament, um den Deut-
chen Bundestag, überflüssig ist


(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Also schon wieder Ideologie!)


nd dass wir uns durchaus einreihen könnten in die alten
emokratien, ob USA, England, Frankreich oder andere,
ie so etwas gar nicht kennen. Man kann beispielsweise
uf den Stufen des Kapitols demonstrieren; daran stört
ich keiner. In London und in Paris ist es genauso. Wir
aben immer dafür gefochten, dass das auch in Deutsch-
and möglich ist.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504404700

Herr Kollege Ströbele, gestatten Sie eine Zwischen-

rage des Kollegen Schauerte?


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Ja, wenn es der Sache und der Wahrheitsfindung

ient.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504404800

Das weiß man vorher nie.


Hartmut Schauerte (CDU):
Rede ID: ID1504404900

Meine Frage dient der Sache und der Erkenntnisfin-

ung.
Herr Kollege Ströbele, ich kann das, was Sie sagen, ja

nterschreiben.

(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Herr Schauerte, jetzt bin ich aber verängstigt!)

ber sind Sie nicht mit mir der Meinung, dass es auch in
iner Demokratie und in demokratischen Prozessen
renzen geben muss, an denen man sein eigenes Be-
usstsein schärfen und mit deren Hilfe man seine Ent-
icklung voranbringen kann? Sie sind doch selbst ein
utes Beispiel dafür; denn gerade aufgrund dieser Gren-
en, die Sie in Ihrer Jugendzeit erfahren haben, sind Sie
ahin gekommen, wo Sie heute stehen.






(A) )



(B) )



(BÜNDNIS 90/DIE GRÜ NEN)

Herr Kollege Schauerte, Sie verkennen mich völlig.


(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich halte Demonstrationen nach wie vor für ein ganz
wichtiges demokratisches Mittel zur Willensbildung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Das hat er nicht gemeint!)


Ich bemühe mich, an fast allen Demonstrationen in Ber-
lin teilzunehmen. Ich lasse nur die eine oder andere De-
monstration aus, wie etwa Demonstrationen, die mit
Traktoren und mit Lastwagen durchgeführt werden.

Ich bin der Meinung, dass man sich in dieser Bezie-
hung nicht verändern, sondern dass man seinen Idealen
treu bleiben sollte. Deshalb sage ich: Ich demonstriere
weiter für die politischen Ziele, für die ich einstehe. Es
gibt hin und wieder Demonstrationen, für deren Ziele ich
nicht eintrete und an denen ich deshalb nicht teilnehme.
Aber bei den meisten kann ich meine Überzeugungen
sehr gut wiederfinden.

Es ist doch nicht so, wie immer wieder dargestellt
wird, dass öffentliche Einrichtungen wie Parlament,
Bundeskanzleramt und Bundespräsidentenvilla schutz-
los sind. Es gibt ein Versammlungsgesetz und ein Poli-
zeigesetz, nach denen ein polizeilicher Schutz selbstver-
ständlich immer möglich ist, wenn von Demonstrationen
eine Gefährdung ausgeht. Dieser Punkt wird oft überse-
hen. Verhältnisse wie in London, Washington und Paris
wären ohne Bannmeilengesetz und auch ohne dieses
vorliegende Gesetz auch in Berlin möglich.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Stimmen Sie dem Gesetz denn nun zu?)


Wir haben uns auf dieses Gesetz geeinigt, weil wir
der Meinung sind, dass es unseren Vorstellungen sehr
weit entgegenkommt. Es hat in der Tat nur ganz wenige
Ausnahmen gegeben – ich komme gleich auf eine, die
ich bedauere –, wo Demonstrationen in Reichstagsnähe
nicht stattfinden konnten. Ansonsten fanden an dieser
Stelle Hunderte von Demonstrationen statt. Das war gut,
belebend und richtig, selbst wenn der eine oder die an-
dere den jeweiligen Parolen nicht zustimmen wollte. Das
Gesetz hat sich also tatsächlich bewährt.

Aber ich will gar nicht darum herumreden – der Kol-
lege Wiefelspütz hat zu Recht darauf hingewiesen –, dass
wir uns zunächst für eine weitere Befristung mit dem
Ziel eingesetzt haben, irgendwann dieses Gesetz endgül-
tig streichen zu können. Dafür gab es bei uns eine ganze
Reihe von Befürwortern; ich habe auch dazu gehört.

Der Kollege Wiefelspütz hat dann angefangen, mich
zu überzeugen.


(Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Das war sehr schwierig!)


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(C (D ber letztlich haben Sie von der CDU/CSU mich übereugt, weil Sie eine Befristung des Gesetzes wollen, um as alte, einschränkende – ich sage einmal: demokratieeoretisch sehr bedenkliche – Bannmeilengesetz wieder inzuführen. Das hat mich davon überzeugt – so denkt uch meine Fraktion –, dass wir auf keinen Fall befristen ürfen; denn dieses Risiko, dass das Gegenteil von dem erauskommt, was wir wollen – nämlich möglichst freie gitationsund Demonstrationsmöglichkeiten auch in eichstagsnähe –, dürfen wir nicht eingehen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wir sind deshalb gegen eine erneute Befristung. Wir
ollen das Gesetz unbefristet weiterlaufen lassen. Wir
ollen allerdings Berichte bekommen, wenn es Pro-
leme geben sollte, die es in der Vergangenheit nicht ge-
eben hat.
Noch eine abschließende Bemerkung. Man hat
anchmal den Eindruck, dass nicht die Polizei, nicht das
nnenministerium und auch nicht das Präsidium des
undestages Demonstrationen und Lebensäußerungen
or dem Reichstag verhindern, sondern das Gartenbau-
mt Tiergarten-Mitte.


(Jörg Tauss [SPD]: Unglaublich!)

Das gilt übrigens nicht nur für das Fußballspielen,

ondern auch für die große Friedensdemonstration
om 15. Februar dieses Jahres, von der ich mir ge-
ünscht hätte, dass sich die Abschlusskundgebung in
ie Tradition der großen Demonstrationen vor dem
eichstag – damals in Westberlin – hätte einreihen und
ier vor dem Reichstag hätte stattfinden können.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


as war aus Gründen des Rasens und anderer formaler
ründe angeblich nicht möglich. Sie musste ein paar
eter von hier entfernt auf der Straße des 17. Juni statt-

inden.
Ich bin dafür, dass solche Demonstrationen wie übri-

ens auch die Abschlusskundgebung des Kirchentages,
ie ich gehört habe, sehr wohl vor dem Deutschen
eichstag ihren Platz haben. Hier soll zu allen wichtigen
elegenheiten demonstriert werden. Auch andere Le-
ensäußerungen wie beispielsweise Fußballspielen sol-
en hier stattfinden können. Ich meine, es ist für diesen
eichstag eine Zierde, wenn man vor dem Reichstag
ummelnde, liegende, sich unterhaltende, Volleyball oder
ußball spielende Menschen bei schönem Wetter erleben
ann. Das ist eine gute Tradition. Die haben wir hier ein-
eführt und die sollten wir fortsetzen. Die sollten wir uns
uch nicht vom Bezirksamt Berlin-Mitte, das für Tier-
arten zuständig ist, verderben lassen.
Deshalb sind wir dafür, das neue Gesetz unbeschränkt

elten zu lassen. Den Antrag auf Befristung werden wir
blehnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Dieter Wiefelspütz [SPD]: Respekt!)







(A) )



(B) )



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504405000

Das Wort hat jetzt der Herr Kollege Jörg van Essen.

Jörg van Essen (FDP):
Rede ID: ID1504405100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Kollege Wiefelspütz hat es schon angekündigt: Die
FDP-Bundestagsfraktion wird dem Gesetzentwurf zu-
stimmen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Das haben wir im Jahre 1999 nicht getan; denn wir hat-
ten Bedenken. Ich finde, es ehrt einen, wenn man sagt,
dass sich die Bedenken nicht bewahrheitet haben.

Ich muss ganz ehrlich sagen: Ich bin sogar froh, dass
sie sich nicht bewahrheitet haben. Wir waren offen und
haben einen Schritt hin auf die Menschen gemacht. Wir
haben ihnen Vertrauen entgegengebracht. Heute müssen
wir feststellen: Die Menschen haben dieses Vertrauen
gerechtfertigt. Das erfreulichste Ergebnis der heutigen
Debatte ist für mich, dass wir das feststellen können.

Es haben sehr viel mehr Demonstrationen stattgefun-
den als in Bonn. Die Demonstrationen sind sehr viel nä-
her am Parlamentsgebäude gewesen als in Bonn. Wir
müssen feststellen, dass wir in der ganzen Zeit nie in un-
serer Arbeitsfähigkeit – von wenigen Ausnahmefällen zu
Beginn abgesehen, als die Zugänge zum Gebäude noch
nicht so vielfältig waren wie heute – beeinträchtigt wor-
den sind.

Deshalb sind beide Ziele zu erreichen: auf der einen
Seite die Möglichkeit zu demonstrieren, die ganz selbst-
verständlich zu einer Demokratie gehört, und auf der an-
deren Seite die Funktionsfähigkeit des Parlaments zu
gewährleisten.

Ich verstehe nicht ganz, warum die CDU/CSU eine
neue Befristung will. Denn das bedeutet ja, dass das jet-
zige Gesetz weiter gilt. Das insinuiert auch, dass man der
Auffassung ist, dass dieses Gesetz, so wie es im Augen-
blick besteht, offensichtlich den Anforderungen gerecht
wird.

Wenn sich tatsächlich herausstellen sollte, dass bei-
spielsweise aufgrund einer anderen Entwicklung der
Demonstrationskultur reagiert werden müsste, dann
müssen wir unabhängig davon, ob ein befristetes oder
ein unbefristetes Gesetz gilt, selbstverständlich die ent-
sprechenden gesetzgeberischen Maßnahmen treffen. Wir
als FDP werden dafür sorgen, dass sie getroffen werden,
weil für uns die Funktionsfähigkeit des Parlaments ein
hohes Gut ist.

Ich denke, dass wir nach dem Erfahrungshorizont,
den wir jetzt haben, klar sagen können: Das neue Gesetz
kann unbefristet gelten. Ich hoffe, dass die vernünftige
Praxis, die sich eingespielt hat, dazu beiträgt, dass wir
weiter viele friedliche Demonstrationen sehen und das
Parlament trotzdem vernünftig tagen kann.

Zum Schluss will ich einen Aspekt ansprechen, der
mich eigentlich am meisten freut. Wir hatten bei der
Bannmeilenregelung eine sehr starre Regelung, die bei-

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(C (D pielsweise auch dann galt, wenn der Bundestag gar icht tagte. Dass wir das heute anders handhaben, halte ch für einen ganz wesentlichen Fortschritt. Von daher wiederhole ich: Die FDP-Bundestagsfrak ion wird dem Gesetzentwurf zustimmen und dafür soren, dass wir eine endgültige Regelung haben. Herzlichen Dank. (Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504405200

Ich schließe damit die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den von den

raktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen
ingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des
esetzes zur Neuregelung des Schutzes von Verfas-
ungsorganen des Bundes.
Es liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/
SU vor, über den wir zuerst abstimmen. Wer stimmt für
en Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf
rucksache 15/970? – Wer stimmt dagegen? – Gibt es
nthaltungen? – Der Änderungsantrag ist mit den Stim-
en des ganzen Hauses gegen die Stimmen der CDU/
SU abgelehnt worden.
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses

ür Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung. Der
usschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäfts-
rdnung empfiehlt auf Drucksache 15/969, den Gesetz-
ntwurf in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte
iejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfas-
ung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Gegen-
timmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist da-
it in zweiter Beratung mit den Stimmen von SPD,
ündnis 90/Die Grünen und FDP gegen die Stimmen
on CDU/CSU angenommen worden.

Dritte Beratung
nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben.
Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
st damit in dritter Lesung mit den Stimmen von SPD,
ündnis 90/Die Grünen und FDP gegen die Stimmen
on CDU/CSU angenommen worden.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 13 auf:

Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu den Pro-
tokollen vom 26. März 2003 zum Nordatlan-
tikvertrag über den Beitritt der Republik
Bulgarien, der Republik Estland, der Repu-
blik Lettland, der Republik Litauen, Rumä-
niens, der Slowakischen Republik und der
Republik Slowenien
– Drucksache 15/906 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)







(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer

Verteidigungsausschuss
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache eineinviertel Stunden vorgesehen. – Wi-
derspruch gibt es nicht. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst
der Herr Bundesminister Peter Struck.


Dr. Peter Struck (SPD):
Rede ID: ID1504405300

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Der Beitritt der sieben europäischen Demokra-
tien Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Rumänien,
Slowakei und Slowenien zur NATO ist ein weiterer gro-
ßer Schritt auf dem Weg zu einem ungeteilten und freien
Europa, zu mehr Sicherheit und Stabilität im euro-atlan-
tischen Raum und zu einer gestärkten NATO.


(Beifall bei der SPD)

Die Öffnung des Bündnisses nach Osten und Südos-

ten Europas und die Erweiterung der Europäischen
Union waren die historischen, politisch einzig richtigen
Antworten auf die Jahrzehnte der Teilung Europas, auf
Krieg und Zerstörung auf unserem Kontinent. Die Festi-
gung und Erweiterung des europäischen Stabilitätsrau-
mes war und ist immer noch zwingende Konsequenz so-
wohl der veränderten europäischen Situation selbst als
auch der Entwicklung und der neuen Herausforderungen
in der Welt der Globalisierung. Der Beitritt dieser neuen
Mitglieder im nächsten Jahr wird die Allianz stärken; er
wird die Fähigkeit der NATO verbessern, die veränder-
ten Herausforderungen zu meistern. Das setzt allerdings
voraus, dass die neuen Mitglieder die Reformbemü-
hungen der vergangenen Jahre auch nach dem Beitritt
fortsetzen; dazu haben sie sich verpflichtet.

Wir, die Bundesregierung, werden unsererseits alles
tun, um, wie bisher, die sieben eingeladenen Kandidaten
und auch die drei Aspiranten Albanien, Kroatien und
Mazedonien bilateral konkret bei der Vorbereitung auf
die NATO-Mitgliedschaft zu unterstützen – zum Bei-
spiel durch Ausbildungshilfe, Materialhilfe und militär-
politische Konsultationen.

Deutschland gehörte vor wenigen Jahren aus guten
Gründen zu den politischen Vorreitern einer Öffnung der
Allianz für Polen, Tschechien und Ungarn. Als Land in
der Mitte Europas werden wir auch von der zweiten Bei-
trittsrunde in besonderer Weise profitieren. Deshalb wol-
len wir eine zügige Ratifizierung der NATO-Beitrittspro-
tokolle. Denn das ist auch ein wichtiges politisches
Signal an unsere europäischen Nachbarn.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Natürlich bringt der Beitritt von gleich sieben Staaten
besondere Herausforderungen für das Bündnis mit
sich. Aber die Öffnung des Bündnisses für die neuen De-
mokratien im Osten Europas war von Anfang an Teil ei-
ner ehrgeizigen Agenda, mit der wir das Bündnis poli-
tisch und militärisch auf das 21. Jahrhundert ausrichten
wollen.

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(C (D Neue Fähigkeiten und neue Mitglieder machen seit em NATO-Gipfel 1999 im Kern die Transformation der llianz zu einem Bündnis mit Zukunft aus. Deshalb ist s so wichtig, dass die NATO die auf dem Gipfel in rag im vergangenen November getroffenen Entscheiungen zur Anpassung an die neuen Bedrohungen und onfliktlagen konsequent umsetzt. Diese gehen über die ort getroffene Entscheidung zur Einladung neuer Mitlieder hinaus. Ich spreche von der neuen Fähigkeitsinitiative von rag, durch die die NATO in die Lage versetzt wird, mit en komplexen Gefährdungen und Bedrohungen, wo mmer sie ihren Ursprung haben, besser fertig zu weren. Ich meine auch die Erarbeitung einer neuen NATOommandostruktur bis zum Juni 2003, die ganz wichtig st, um Effizienz, Wirkungsmöglichkeiten und politische ohärenz des Bündnisses trotz Erweiterung zu erhalten. Natürlich denke ich auch an die Schaffung der ATO-Response-Force, der multinationalen Eingreifruppe mit schneller Verfügbarkeit, für die bereits 2004 ine erste Einsatzfähigkeit bestehen soll. Sie wird Effizinz und Glaubwürdigkeit der Allianz in einem zentralen unkt erhöhen und die Transformation der Allianz zu eiem Bündnis untermauern, das rasch handeln kann, wo mmer die Sicherheitsinteressen der Mitgliedstaaten beroffen sind. Diese Transformation des Bündnisses ist noch lange icht abgeschlossen, wir sind aber auf gutem Wege. So tellen wir sicher, dass die NATO als die zentrale Siherheitsinstitution der euro-atlantischen Demokratien uch weiterhin ihre Aufgabe erfüllen wird. Es gibt keine lternative zu einer handlungsfähigen NATO und der ransatlantischen Partnerschaft demokratischer Staaten. s gibt keine Alternative zu einem Bündnis, das einen inzigartigen transatlantischen Konsultationsrahmen für emeinsame Analysen und gemeinsames Handeln bietet. Das sage ich deutlich in Richtung derjenigen, die ge egentlich ernsthafte Debatten zwischen Bündnismitglieern zum Anlass nehmen, den Niedergang der nordtlantischen Allianz zu prophezeien. enn dem so wäre, dann frage ich: Warum hat die ATO auch unter den neuen Bedingungen unserer Siherheit wiederholt ihre besonderen Fähigkeiten für irksame Krisenreaktionen unter Beweis gestellt: in osnien-Herzegowina, im Kosovo, in Mazedonien, im ampf gegen den Terror? Bald schon wird sie es auch tärker in Afghanistan tun. Wenn dem so wäre, frage ich: arum hat die NATO bis heute ihre Attraktivität für eue Mitglieder nicht verloren? Fest steht doch: Gemeinsame Werte, gemeinsame In eressen und gemeinsame Geschichte befreundeter und erbündeter Staaten führen nicht automatisch zur identichen Beurteilung konkreter politischer Fragen. Geeinsames Handeln muss immer wieder im Dialog und n der Diskussion zwischen souveränen Staaten abgetimmt werden. Die Irakerfahrung hat das bestätigt. Bundesminister Dr. Peter Struck Fest steht aber auch: Die NATO hat weder als Bünd nis gemeinsamer Verteidigung und gegenseitigen Beistands noch als Forum umfassender Krisenund Konfliktverhütung und -bewältigung ausgedient, ganz im Gegenteil. Ich bin davon überzeugt, dass die NATO der Zukunft noch stärker in der Lage sein wird, die Interessen ihrer Mitglieder dort zu verteidigen, wo sie wirklich gefährdet sind, noch besser ihre militärischen Fähigkeiten auf der Grundlage eines umfassenden Sicherheitsverständnisses an die neuen Bedrohungen anpasst und noch mehr bereit und in der Lage sein wird, mit anderen Sicherheitsorganisationen, insbesondere mit einer handlungsfähigeren Europäischen Union, zu kooperieren. Dieses Bild der NATO schließt ein: Wer ein starkes transatlantisches Bündnis will, der muss den europäischen Pfeiler, der muss Europa stärken. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der SPD)





(A) )


(B) )


Die von uns angestrebte strategische Partnerschaft zwi-
schen NATO und Europäischer Union ist der einzige
Weg, wie ein starkes Amerika und ein neues und stärke-
res Europa konstruktiv zusammenwirken können, um
ihre gemeinsamen Ziele bestmöglich zu erreichen.

Die Bundesregierung ist zum umfassenden Engage-
ment in der NATO und der Europäischen Union bereit;
das haben wir in den vergangenen Monaten und Jahren
mehr als deutlich unter Beweis gestellt.


(Günther Friedrich Nolting [FDP]: Na! Na! Na!)


Dafür spricht nicht nur unser politisches Handeln, son-
dern auch das Engagement von mehr als 100 000 Sol-
datinnen und Soldaten der Bundeswehr, die seit 1998
zusammen mit Verbündeten und Partnern an internatio-
nalen Einsätzen teilgenommen haben.


(Beifall bei der SPD)

Ihren Bemerkungen, Herr Nolting, entnehme ich, dass

Sie Ihren Zwischenruf wieder zurücknehmen.
Dafür sprechen auch die konkreten und weit reichen-

den Reformanstrengungen, mit denen wir die Bundes-
wehr auf die neue Sicherheitslage und die veränderten
Verpflichtungen innerhalb von NATO und Europäischer
Union ausrichten.

Noch in diesem Monat werde ich erstmals nach über
zehn Jahren wieder verteidigungspolitische Richtlinien
erlassen. Sie bilden die konzeptionelle Grundlage für die
erforderliche Anpassung der Bundeswehr an grundle-
gend veränderte Bedingungen und Risiken und an die
fortentwickelte NATO-Strategie. Die verteidigungspoli-
tischen Richtlinien werden verdeutlichen: Die Bundes-
wehr wird konsequent mit Blick auf die wahrschein-
lichsten Aufgaben im Bereich der internationalen
Krisenbewältigung umgestaltet.


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])

Die herkömmliche Landesverteidigung kann nicht mehr
vorrangig die Strukturen und Fähigkeiten der Bundes-
wehr bestimmen. Die erhöhten Anforderungen im inter-

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(C (D ationalen Einsatz verlangen für die Bundeswehr zwinend ein verändertes Fähigkeitsprofil und einen eilstreitkraftübergreifenden Gesamtansatz für Beschafung und Ausrüstung. Deshalb überprüfen wir alle Rüstungsvorhaben kon equent mit Blick auf die künftigen militärischen Erforernisse. Wichtige Entscheidungen hierzu habe ich beeits Ende letzten Jahres getroffen. Weitere werden auf er Grundlage der verteidigungspolitischen Richtlinien n Kürze folgen. Deutschlands Platz, so hat es der Bundeskanzler in einer Regierungserklärung vor wenigen Wochen am . April formuliert, ist bei der Durchsetzung von Frieden nd Sicherheit in der Staatengemeinschaft, in unseren ündnissen und vor allem in Europa. Deshalb unterstüten wir den Beitritt weiterer Demokratien zur NATO. eshalb tun wir alles, um die Bundeswehr als leistungsähiges Instrument unserer Außenpolitik für den multiationalen Einsatz zusammen mit unseren Verbündeten nd Partnern zu erhalten. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504405400

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Friedbert Pflüger.

(Jörg Tauss [SPD]: Da kann der Pflüger nichts hinzufügen!)



Dr. Friedbert Pflüger (CDU):
Rede ID: ID1504405500

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Das meiste dessen, was der Herr Bundesminis-
er Struck zur NATO und zum Prozess der Erweiterung
esagt hat, können wir nur unterstreichen.


(Gernot Erler [SPD]: Sehr gut!)

ber eines können wir, wenn wir diese schönen Sonn-
agsreden hören, nicht nachvollziehen, nämlich warum
o wenig konkret für die Kraft und Ausstrahlung der
ATO getan wird.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

CDU und CSU begrüßen, dass die Slowakei, Slowe-

ien, Bulgarien, Rumänien, Estland, Lettland und Li-
auen als neue NATO-Mitglieder zu uns stoßen. Aus dik-
atorisch regierten Ländern sind Demokratien geworden,
us Feinden Freunde. Die Erweiterung der NATO erhöht
ie Stabilität in Europa in einer instabilen und gefährli-
hen Welt.
Wir als CDU/CSU sind stolz darauf, dass der erste,

er das Thema der Öffnung des Bündnisses auf die inter-
ationale Tagesordnung gebracht hat, und zwar bereits
or zehn Jahren, Verteidigungsminister Volker Rühe ge-
esen ist. Der ganze Prozess der NATO-Erweiterung ist
it den Namen Kohl und Rühe verbunden. Wir freuen
ns, dass dieser Prozess jetzt, wenn auch nicht zum End-
unkt, so doch zu einer ganz wichtigen Weichenstellung
ekommen ist.






(A) )



(B) )


Dr. Friedbert Pflüger


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)

In der ersten Erweiterungsrunde haben die Europäer

konzeptionell vorgedacht und als Fürsprecher der Mittel-
und Osteuropäer in Amerika gewirkt. Sie haben die
Amerikaner überzeugt, die am Anfang sehr skeptisch
waren. In der zweiten Runde war es leider umgekehrt: In
der zweiten Runde haben die Europäer konzeptionell
quasi gar nichts gemacht, sondern gewartet, wie man
sich in Washington entscheidet. Deshalb wird auch die
jetzige NATO-Erweiterung in den Ländern Mittel- und
Osteuropas nicht den Deutschen und den anderen euro-
päischen Staaten zugerechnet. Vielmehr richtet sich der
Dank dieser Staaten in erster Linie an Amerika.

Ich finde es schade, dass wir uns in dieser ureigensten
europäischen Frage, nämlich der Integration Mittel- und
Osteuropas in das Atlantische Bündnis nicht selbst enga-
giert und konzeptionell vorgedacht haben sowie als Für-
sprecher dieser Länder aufgetreten sind. Dann hätten wir
mehr europäisches Gewicht; davon reden doch immer
alle. Warum hat man diese große Chance verpasst?


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Meine Damen und Herren, wir haben in den letzten
Wochen und Monaten viel über den Frieden am Golf
gesprochen, der uns allen am Herzen lag und liegt. Die
Bundesregierung hat allerdings nicht viel dazu beigetra-
gen, den Frieden in dieser Region zu erhalten. Sie hat
sich auf eine Achse der Wirkungslosigkeit mit Frank-
reich und Russland eingelassen. Auf diese Weise hat sie
zum Frieden nicht wirklich etwas beigetragen. Was sie
damit in den letzten Monaten aber leider bewirkt hat, ist
die Spaltung von EU und NATO. EU und NATO sind
heute, nach den Problemen, Sorgen und Konflikten der
letzten sechs Monate, schwächer denn je. Das gefährdet
den Frieden auch bei uns; denn EU und NATO sind die
beiden Institutionen, die über fünf Jahrzehnte hinweg
den Frieden bei uns garantiert und zu einer Stabilisie-
rung beigetragen haben.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Was sind die Gründe für diesen Besorgnis erregenden

Bedeutungsverlust? Joseph Nye, der als ein hoher Bera-
ter der Clinton-Regierung wirklich nicht im Verdacht
steht, ein Fan von George Bush zu sein, sagte am
23. April in einem Interview in der „Frankfurter Allge-
meinen Zeitung“:

Deutschland hat seine Politik in der Vergangenheit
ja immer auf zwei Beine gestellt: auf ein atlanti-
sches und auf ein europäisches. Die Regierung
Schröder hat im vergangenen Jahr offenkundig ent-
schieden, das eine Bein wegzuhauen. Das ist neu.

(Jörg Tauss [SPD]: Das ist dummes Zeug!)


Das, was Joseph Nye sagt, trifft genau den Kern des
Problems. Alle Kanzler, von Adenauer über Brandt und
Schmidt bis zu Kohl, haben immer eine Balance zwi-
schen der Orientierung auf das atlantische Bündnis und
auf Europa gefunden. Wir als Deutsche haben es immer
als unsere Aufgabe in Europa verstanden, nicht zu

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(C (D aullistisch zu sein, wie man das nannte, und nicht zu atantisch zu werden, die Briten davon abzuhalten, sich zu ng an Amerika zu binden und die europäische Orientieung zu vernachlässigen und die Franzosen davon abzuringen, Europa als Gegengewicht zu Amerika organiieren zu wollen. Diese wichtige Funktion, die verschiedenen Positio en zusammenzuführen, wie Kohl, Schmidt und denauer es immer wieder erfolgreich gemacht haben, ie eine gemeinsame europäische Position formuliert aben, die dann durch ihr Gewicht die Chance hatte, in merika gehört zu werden, haben wir in dieser Situation icht wahrgenommen. Wir haben die anderen Länder icht zusammengeführt. Im Gegenteil: Deutschland war urch seine Vierer-Gipfel und seine Dreier-Achsen der paltpilz der Allianz und der Europäischen Union. Diese rt der Politik hat uns in Europa geschwächt und nicht estärkt. Die Bildung der Dreier-Achse, der Versuch, sich mit ussland und Frankreich auf höchster Ebene zum wieerholten Mal zu treffen, um die Politik zu bestimmen nd Deklarationen zu verabschieden, hat gerade in Mitelund Osteuropa große Ängste wiederbelebt. Gestern ar eine polnische Delegation unter Vorsitz des polnichen Europaausschussvorsitzenden Oleksy bei mir zu ast, deren Mitglieder bestimmt keine Christdemokraen und ganz bestimmt keine besonderen Freunde der ush-Regierung waren. Die Delegationsmitglieder haen mir gesagt, eine solche Achsenbildung zwischen eutschland und Russland über ihre Köpfe hinweg ürde in ganz Mittelund Osteuropa die alten Ängste iederbeleben. Die drei Teilungen Polens liegen tief in er polnischen Seele. Warum hat man in so unseliger eise in den letzten Wochen und Monaten immer wieer daran angeknüpft? (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Monika Heubaum [SPD]: Das ist Unsinn, was Sie erzählen!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Vor allem aber sagen die Mittel- und Osteuropäer sehr
eutlich, dass sie sich nicht zwischen Europa und Ame-
ika entscheiden wollen müssen. Sie haben uns aufgefor-
ert, ihnen zu helfen, dass sie sich durch solche Achsen-
ildungen nicht öffentlich gegen Amerika und Spanien
ositionieren müssen, dass sie sich nicht entscheiden
üssen. Sie wollen das, was wir Deutschen über
0 Jahre hinweg gemacht haben, nämlich europäische
nd atlantische Orientierung in der Balance halten.
Der zentrale Fehler der Aufgabe der Balance ist bei

em Vierer-Gipfel vor wenigen Tagen in Brüssel wieder-
olt worden. Natürlich ist es legitim und notwendig, die
uropäische Verteidigung auszubauen.


(Jörg Tauss [SPD]: Ach!)

atürlich ist es notwendig und über das Instrument der
erstärkten Zusammenarbeit auch möglich, dass einige
änder bei einzelnen Fragen in Europa zunächst einmal
oranpreschen und andere einladen, ihnen zu folgen.


(Hubertus Heil [SPD]: Wirklich?)







(A) )



(B) )


Dr. Friedbert Pflüger

Auf diesem Gebiet war das aber in der Tat nicht not-

wendig; denn wir haben bereits eine Europäische Si-
cherheits- und Verteidigungspolitik, eine Militärkom-
mission, also ein permanentes Sicherheitskomitee, und
eine entsprechende Bürokratie. Wir bauen an einer Ein-
greiftruppe, die noch in diesem Jahr voll einsatzfähig
sein soll. Warum wird in der jetzigen Situation ein sol-
cher Vierer-Gipfel durchgeführt? Warum soll etwas
Neues geschaffen werden, obwohl das Alte immer noch
nur ein Papiertiger ist? Warum wird die bestehende
ESVP nicht gestärkt? Es kommt nicht auf neue Haupt-
quartiere und die 173. Deklaration und Willenserklärung
an, sondern darauf, dass die Europäische Sicherheits-
und Verteidigungspolitik endlich militärische Fähigkei-
ten in die Hand bekommt. Dann, und nicht durch solche
Absichtsbekundungen und Spaltergipfel, können wir als
Europäer mitsprechen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Spanien und Italien fühlten sich ausgeschlossen. Ich

war in der letzten Woche bei der spanischen Außenmi-
nisterin, Frau Palacio. Sie sagte: Natürlich können sich
vier Länder treffen. Sie sollen aber bitte nicht den An-
spruch erheben, für Europa zu sprechen.

Damit bin ich beim nächsten Problem: Ich freue mich
über die Wiederbelebung der deutsch-französischen Zu-
sammenarbeit.


(Hubertus Heil [SPD]: Hört! Hört!)

Ich freue mich darüber, dass der Motor wieder läuft. Es
wäre aber noch besser, wenn das Auto, in dem sich die-
ser Motor befindet, in die richtige Richtung fahren
würde, nämlich in eine Richtung, durch die Europa zu-
sammengeführt, die kleinen Ländern ernst genommen
und nicht der untaugliche Versuch unternommen wird,
ein Gegengewicht zu Amerika aufzubauen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Jetzt blüht er mit seiner Rhetorik wieder auf!)


In dem Kommuniqué von Brüssel wird viermal von
der Notwendigkeit geredet, den A400M, das große
Transportflugzeug, zu bauen. Es liegt ein wenig der Ver-
dacht nahe, dass man den mangelnden Fortschritt in der
Substanz mit viel Gerede verdecken will. Das ist übri-
gens das Grundproblem Ihrer Außenpolitik: Neue Insti-
tutionen werden geschaffen, neue Erklärungen abgege-
ben und zum zigsten Mal wird über den A400M geredet.
Wir wollen endlich davon wegkommen, immer neue Pa-
piertiger und Papierflieger zu produzieren. Wir wollen
endlich Fortschritte in der Substanz sehen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Peter Struck, Bundesminister: Was soll denn das?)


Was können wir in Zukunft besser machen? Ich
glaube, wenn wir es in den nächsten Monaten besser ma-
chen und wieder Vertrauen schaffen wollen – das liegt in
unser aller Interesse –, dann wird es mit das Wichtigste
sein, endlich wieder mit und nicht über Amerika zu
sprechen. Wir müssen endlich – auch auf der höchsten
Ebene – wieder direkt miteinander kommunizieren. Seit
Sommer des letzten Jahres hat es auf der höchsten

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(C (D bene, nämlich zwischen Bush und Schröder, nur ein inziges zehnminütiges Telefonat und nur einen einzigen ehnsekündigen Händedruck gegeben. Das reicht nicht. ass der Kontakt zwischen einem amerikanischen Präsienten und einem Bundeskanzler so schlecht ist, hat es n der Nachkriegsgeschichte noch nie gegeben. Man redet von mehr Europa und einem größeren eutschen Gewicht und sagt, dass man mehr Profil zeien möchte. Um das zu erreichen, muss man damit anangen, dafür zu arbeiten, wieder einen direkten Draht um Präsidenten der größten Macht, nämlich Amerika, u haben. Das haben Sie sträflich vernachlässigt. Das ist er eigentliche Fehler, der zu unserer Gewichtslosigkeit n den letzten Wochen und Monaten geführt hat. Ich finde es gut, dass Herr Struck nach Amerika ge logen ist und Herrn Rumsfeld getroffen. Das war ein rster und wichtiger Schritt. Ich finde es aber ein wenig omisch, dass das jetzt als Weltsensation behandelt wird. rüher hat sich kein Mensch dafür interessiert, wenn ein eutscher Verteidigungsminister nach Amerika geflogen t. Jetzt wird jede Miene auf die Goldwaage gelegt: Ist err Rumsfeld freundlich oder ist er kühl? Dauert das espräch 20 oder 25 Minuten? Sind Fotografen zugelasen? Die Bundesregierung fragt sich: Wird Herr Powell reundlich genug sein? Wird er auch den Bundeskanzler ehen? Wie lange wird er ihn sehen? Danach wird daüber berichtet. Ich finde das ziemlich würdelos. (Hubert Ulrich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Würdelos war die Reise von Angela Merkel!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Sie müssen in Amerika jetzt darum baggern, endlich
ieder ernst genommen zu werden. Momentan wird es
m öffentlichen Ansehen keine Emanzipation geben. Im
egenteil: Es kommt zu einem Hinterherlaufen, damit
an endlich wieder ins Gespräch kommt. Nicht die ein-
rucksvolle Reise von Frau Merkel, die in einer schwie-
igen Zeit Gesprächskontakte in Amerika aufrechterhal-
n hat, sondern Ihr Verhalten ist würdelos und
nbiedernd.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Das sollten Sie ändern. Beim Thema Irak sollten Sie

icht die alten Fehler der Vorfestlegung wiederholen.
err Struck und Herr Fischer, ich lese Ihnen jetzt einmal
ie Agenturmeldungen der letzten Tage vor: 7. Mai:
eutschland lehnt Beteiligung an Irakfriedenstruppe ab,
pa. 8. Mai: Struck für Prüfung eines NATO-Einsatzes
m Irak. 9. Mai, 8.35 Uhr: SPD bereitet Bundeswehrein-
atz im Irak vor. 9. Mai, 10.58 Uhr: Laut Struck gibt es
eine konkreten Pläne.
Wir möchten gerne wissen, wie Sie sich vorstellen,

ass und unter welchen Umständen sich deutsche Solda-
en beteiligen sollen. Wir möchten Sie bitten, mit diesen
auernden Vorfestlegungen endlich aufzuhören. Gehen
ie doch einmal offen in die Gespräche mit der amerika-
ischen Administration! Wir schlagen ein UNO-Mandat
it der NATO als Auftragnehmer der UNO vor. Zusam-
en mit einigen arabischen Staaten könnte eine Art






(A) )



(B) )


Dr. Friedbert Pflüger

NATO plus als Schutztruppe im Irak gebildet werden.
Das hat zwei Vorteile: Es befriedigt den amerikanischen
und britischen Wunsch nach einer starken eigenen Prä-
senz. Aber es schafft gleichzeitig eine Multinationalität.
Versuchen wir doch einmal, konstruktiv in diese Rich-
tung zu arbeiten und uns nicht sofort jedes Einflusses da-
durch zu berauben, indem wir erklären: Am Wiederauf-
bau beteiligen wir uns nicht und wir schicken keine
Soldaten in diese Region, wie es Frau Wieczorek-Zeul
gesagt hat.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504405600

Herr Kollege Pflüger, bitte achten Sie auf Ihre Rede-

zeit.

Dr. Friedbert Pflüger (CDU):
Rede ID: ID1504405700

Wir wollen keine Beteiligung an einem „Kolonialre-

gime“, wie es der Kollege Nachtwei formuliert hat.

(Dr. Ludger Volmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er berauscht sich an seiner Rhetorik!)


Hören Sie endlich mit Ihren Vorfestlegungen auf! Hö-
ren Sie auf, über andere zu reden, sondern reden Sie mit
ihnen! Finden Sie eine gemeinsame europäische Posi-
tion! Unsere Bitte ist: Hören Sie mit den Vierer-Gipfeln
und den Dreier-Achsen auf! Wenn Sie das berücksichti-
gen, dann werden wir auch Europa wieder stärken kön-
nen. Dann brauchen wir uns auch nicht länger über die
angebliche Dominanz Amerikas zu beschweren und da-
ran herumzukritteln, sondern dann können wir endlich
etwas Konkretes für die europäische Stärke und das eu-
ropäische Profil als Pfeiler in der Allianz tun.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504405800

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Ludger Volmer.

Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504405900

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr

Pflüger, ich hatte den Eindruck, dass Sie sich vor allen
Dingen an Ihrer eigenen Rhetorik berauscht haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich möchte nun versuchen, einen Maßstab zu setzen, um
beurteilen zu können, welch großer historischer Fort-
schritt in dem heutigen Tag liegt, an dem wir die Ost-
erweiterung der NATO im Deutschen Bundestag ratifi-
zieren werden.

Erinnern wir uns, was der erste NATO-Generalsekre-
tär als Aufgabe der NATO beschrieb: Die NATO dient
dazu, die Russen draußen zu halten, die Amerikaner
drinnen zu halten und die Deutschen unten zu halten.
Das war damals die Aufgabe. Was ist aus der Aufgabe
geworden, die Russen draußen zu halten? Diese Aufgabe
ist heute so überflüssig, wie sie in der Geschichte noch
nie war. Die Russen sind Partner geworden und werden

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(C (D ald Freunde sein. Es ist nicht ausgeschlossen, dass auch ussland und die Ukraine über den bestehenden NATOussland-Pakt und den NATO-Ukraine-Pakt hinaus in iner erneuten Erweiterungsrunde noch enger an die ATO gebunden werden. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir haben nach dem Zusammenbruch des War-
chauer Paktes über die Zukunft der NATO geredet. Da-
ei standen sich zwei Perspektiven gegenüber: Die einen
prachen von einem System kollektiver Sicherheit von
ancouver bis Wladiwostok, organisiert über die OSZE.
ch gebe zu, dass dies die Lieblingsvorstellung meiner
artei war. Anderen – das war teilweise der Hintergrund
er Politik von Herrn Rühe – ging es darum, die NATO
ls hegemoniale Struktur gegenüber dem zusammenge-
rochenen Osten aufzubauen. Das haben wir damals kri-
isiert. Zum Glück hat sich in der Realität nun eine Ent-
icklung ergeben, die man als Kompromiss zwischen
iesen beiden Positionen ansehen kann, nämlich eine
ffnung der NATO, ergänzt um die beiden eben von mir
rwähnten Pakte. Wir werden daher ein System koopera-
iver Sicherheit von Vancouver bis Wladiwostok errei-
hen, wenn auch nicht auf Basis der OSZE. Aber insge-
amt ist dies ein enormer Fortschritt, den wir begrüßen.
eshalb werden wir dieser Erweiterung zustimmen.
Die zweite Dimension: die Amerikaner drinnen zu

alten. Das ist nach wie vor eine wichtige Aufgabe. Wir
aben ein Interesse daran – bei allen Streitigkeiten in der
rakfrage –, dass die amerikanische Seite in Europa prä-
ent bleibt und dass die NATO eine tragfähige Grund-
age für die zukünftige Gestaltung des transatlantischen
erhältnisses bleibt. Wir sagen aber auch: Die NATO al-
eine reicht nicht mehr aus. Wir brauchen neue Dimen-
ionen der transatlantischen Agenda, etwa was die glo-
ale Verantwortung angeht. Stichworte sind: Kioto-
rotokoll, Internationaler Strafgerichtshof. Auch auf die-
en Ebenen müssen wir unseren Dialog mit den Verei-
igten Staaten weiterführen und vertiefen. Grundlage
st und bleibt aber die nordatlantische Gemeinschaft im
ahmen der Sicherheitspolitik.
Wenn wir dies wollen, müssen wir bestimmte An-

prüche an Partnerschaft stellen. Partnerschaft im Rah-
en des transatlantischen Bündnisses kann nicht bedeu-
en, dass ein Staat oder eine kleine Staatengruppe
nilateral Interessen definiert und quasi fordert, dass die
nderen Bündnispartner dem folgen, unabhängig davon,
b das deren verfassungsrechtliche Lage möglich macht
zw. von ihrer Interpretation des Völkerrechts gedeckt
st.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


ch glaube, das war das eigentliche Problem, Herr
flüger. Daran aber haben Sie vorbeigeredet. Es ging
icht um Imponiergehabe gegenüber den Vereinigten
taaten; es ging darum, in einer Situation zugespitzter
olitischer Entscheidungen einzuklagen, dass die Euro-
äer Partner sind in einer Allianz und sie sich nicht ohne
eiteres hegemonialen Wünschen, die völkerrechtlich






(A) )



(B) )


Dr. Ludger Volmer

zumindest fragwürdig sind, anschließen oder gar unter-
werfen können. Verfassungsrechtlich war das für uns un-
möglich zu akzeptieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Damit komme ich zur dritten Dimension, die Ismay
seinerzeit definiert hat: Deutschland unten halten. Dass
dies heute keine Zielsetzung mehr sein kann, liegt auf
der Hand. Aber aus dem neuen Selbstbewusstsein und
der wiedergewonnenen Souveränität leiten wir jetzt
nicht etwa Großmachtsansprüche ab. Vielmehr haben
wir gesagt: Souveränität und Selbstbewusstsein sind im-
mer mit der Selbsteinbindung in internationale Zu-
sammenhänge und mit der Selbstbeschränkung verbun-
den. Wenn wir über Selbsteinbindung reden, reden wir
gleichermaßen über die NATO wie über die Europäische
Union und die europäische Sicherheits- und Verteidi-
gungsidentität. Diese beiden Pole auszutarieren wird im-
merwährende Aufgabe deutscher Außenpolitik sein.

Wenn die Bundesregierung im Fall des Irakkrieges
eine kritische Position gegenüber der aktuellen Politik
der amerikanischen Administration bezogen hat, dann
heißt dies nicht, dass die Stärkung des europäischen
Pfeilers gegen die USA gerichtet ist. Es heißt nur, dass
die Europäer dabei sind, genau das Selbstbewusstsein zu
entwickeln, das wir im transatlantischen Bündnis – als
zweiten Pfeiler neben dem amerikanischen – brauchen.
Ich finde, die Politik der Bundesregierung war hier sehr
gelungen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Selbstbeschränkung als eine Prämisse unserer Si-
cherheitspolitik bedeutet auch: Obwohl wir einer der
kräftigsten europäischen Staaten sind, sollten wir nicht
versuchen, die anderen zu dominieren. Deshalb haben
wir ein großes Interesse daran, dass auch kleinere und,
vordergründig gesehen, schwächere Staaten Mitglied der
Allianz werden. Sie verdienen, genauso konsultiert zu
werden und in ihren Sicherheitsansprüchen ernst genom-
men zu werden, wie wir dies für uns im transatlantischen
Verhältnis gegenüber den Vereinigten Staaten fordern.

In den letzten Tagen gab es eine Diskussion über den
polnischen Vorschlag. Wir haben diesen Vorschlag abge-
lehnt. Aber das Gefühl der Polen, das dahintersteht, kön-
nen wir sehr gut nachvollziehen. Wir kennen die polni-
sche Geschichte, wir kennen die polnische Sicht, wir
kennen die polnischen Befürchtungen – und wir haben
großes Verständnis dafür, dass Polen, welches von sei-
nen großen Nachbarn in der Vergangenheit nicht nur be-
droht, sondern okkupiert und geteilt wurde, seine Sicher-
heitsperspektive insbesondere jenseits des Atlantiks
sieht. Das sehen wir ohne großen Argwohn. Wir sind
aber genauso sicher, dass im Zuge des dialogischen und
partnerschaftlichen Prozesses innerhalb der NATO diese
alten, historisch gewachsenen Vorbehalte langsam, aber
sicher verschwinden


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


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(C (D nd dass wir mit unseren östlichen Nachbarn eine geauso tiefe Freundschaft werden eingehen können, wie as heute mit unseren westlichen Nachbarn der Fall ist. Deshalb begrüßen wir auch, dass der Bundeskanzler m Weimarer Dreieck nun mit Frankreich und Polen zuammen versucht, die Differenzen der Vergangenheit zu lären und einen Ansatz zu finden, der eine deutsch-polische Freundschaft neben die deutsch-französische etzt. Beide werden nicht gegen die USA gerichtet sein, ondern werden versuchen, den europäischen Pfeiler im ahmen eines freundschaftlichen Verhältnisses mit den ereinigten Staaten zu kräftigen. Danke. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU]: Die Worte hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504406000

Das Wort hat der Abgeordnete Werner Hoyer.

Dr. Werner Hoyer (FDP):
Rede ID: ID1504406100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
err Kollege Volmer, das waren eben schon fast ver-
öhnliche Worte in Richtung Polen.


(Zuruf von der SPD: Der Kanzler ist heute dort!)


Das hat in den letzten Tagen aus der Richtung der
undesregierung und der Koalition teilweise anders ge-
lungen. Ich finde es gut, dass man hier nicht nur sensi-
ler an das Thema herangeht, sondern dass man auch die
öglichkeiten offen auslotet, die vielleicht in diesem
orschlag stecken können. Denn dieser Vorschlag
önnte möglicherweise den Weg zurück zu einer Stär-
ung der Rolle der NATO weisen, deren Bild, Herr Bun-
esverteidigungsminister, in der Realität nicht ganz so
chön aussieht, wie Sie es eben gemalt haben. Das war
ine wirklich tolle NATO-Rede, aber die Realität der ge-
enwärtigen NATO sieht ein bisschen anders aus.
Jedenfalls ist die FDP-Fraktion ausgesprochen glück-

ich darüber, dass wir nun über die Aufnahme von sieben
euen Mitgliedern aus Mittel- und Osteuropa entschei-
en können. Wir sind auch der Auffassung, dass wir das
atifikationsverfahren schnell über die Bühne bringen
önnen. Das wäre ein gutes Signal.
Es muss auch wieder das Signal von Deutschland aus-

ehen, dass wir uns als Anwalt der neuen und insbeson-
ere der kleinen neuen Mitgliedstaaten verstehen. Da ist
n der letzten Zeit einiges zu Bruch gegangen. Man hatte
en Eindruck, dass Deutschland lieber Machtpolitik mit
en Großen betreibt, anstatt die Ausgleichsrolle wahrzu-
ehmen, die Deutschland traditionell sowohl in der Eu-
opäischen Union als auch in der NATO und erst recht
m Hinblick auf die Osterweiterung wahrzunehmen hat.


(Beifall bei der FDP)

Es kommen nun Länder hinzu, für die die NATO noch

or wenigen Jahren geradezu der propagierte Feind war.






(A) )



(B) )


Dr. Werner Hoyer

Dennoch war die NATO für viele Menschen jenseits des
Eisernen Vorhangs immer der offenbar unerreichbar er-
scheinende Raum der Freiheit.

Gemeinsam mit der bevorstehenden großen Erweite-
rungsrunde der EU ist die Aufnahme der mittel- und ost-
europäischen Staaten nicht nur ein historischer, sondern
auch ein tektonischer Schritt, weil sich damit dramati-
sche Verschiebungen innerhalb der politischen Geogra-
fie Europas vollziehen. Zwei bislang getrennte Teile
Europas wachsen zusammen. Dass diese tektonischen
Verschiebungen so harmonisch und jetzt fast geräuschlos
über die Bühne gehen können, verdanken wir nicht zu-
letzt der Tatsache, dass es mittlerweile eine funktionie-
rende vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Russland
und der Ukraine gibt. Das heißt, dass das besondere Pro-
blem des Verhältnisses der früher dem sowjetischen
Machtbereich zuzurechnenden neuen NATO-Mitglieder
zu Russland gelöst ist. Das ist ein großer Fortschritt, der
vor fünf oder acht Jahren noch nicht als selbstverständ-
lich genommen werden konnte. Allen, die dazu beigetra-
gen haben, gilt großer Dank.


(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Gleichzeitig ist die Aufnahme der neuen Mitglieder in
die NATO ein entscheidender Schritt zur Stabilisierung
der betroffenen Länder selber. Diese Länder haben den
Beitritt zur NATO nicht geschenkt bekommen. Sie
mussten sich in erheblichem Umfang darum bemühen,
die Voraussetzungen für eine NATO-Mitgliedschaft zu
erfüllen. Sie hatten mit der Aufnahme in die NATO ein
Ziel vor Augen, das es ihnen erleichtert, wenn nicht so-
gar erst ermöglicht hat, viele dieser manchmal schmerz-
haften Reformschritte zu unternehmen.

Es war der amerikanische Sicherheitsschirm, der ge-
wünscht wurde und der deswegen auch die Prioritäten
bestimmt hat. Wie können wir es den Beitrittsländern ei-
gentlich übel nehmen, dass sie bei der Abwägung zwi-
schen EU und NATO diese Priorität gesetzt haben? Nach
den Erfahrungen im größten Teil des letzten Jahrhun-
derts musste für die neuen NATO-Länder die Frage im
Vordergrund stehen: Wie können wir verhindern, jemals
wieder in eine solche Abhängigkeit wie zuvor zu gera-
ten? Da war der Blick auf den Hühnerhaufen, den die
Europäische Union bisweilen abgegeben hat, nicht unbe-
dingt ermutigend im Vergleich zu dem, was die NATO
an solider Sicherheit zu bieten hat.


(Dr. Ludger Volmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Welche Union meinten Sie jetzt?)


Auch deswegen bin ich der Auffassung, dass wir auf
die Polen offen zugehen sollten und nicht die Debatte
führen sollten, ob eine mögliche Annahme des polni-
schen Vorschlages uns in die Situation führt, dass wir
nachträglich etwas legitimieren, was wir damals nicht
für richtig gehalten haben.

Wer sich zu lange mit der Debatte über die Legitimität
früherer Entscheidungen aufhält, könnte möglicherweise
die Zukunftsgestaltung verschlafen. Das hielte ich für ei-
nen großen Fehler.

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(C (D (Beifall bei der FDP sowie des Abg. Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU])


Es ist höchste Zeit, dass Gräben zugeschüttet werden,
ie nicht zuletzt durch den Brief der acht Regierungs-
hefs und durch die einseitigen Entscheidungen einzel-
er Regierungen innerhalb der EU und der NATO – ein-
chließlich der Bundesregierung – aufgerissen worden
ind. Ich fürchte aber, dass wir demnächst wieder in eine
hnliche Situation geraten werden, wenn es nicht ge-
ingt, strittige Fragen auf europäischer Ebene rechtzeitig
u klären. Das Gelingen dieser Aufgabe hat weniger mit
nserem Verhältnis zu den USA als mit Europa selbst zu
un.
Nur wenn die Menschen in Mittel- und Osteuropa da-

on überzeugt sind, dass die Europäische Union nicht
ur ein Garant für Wohlstand ist, sondern auch für Si-
herheit, werden sie die Europäische Union in vollem
mfang als politische Union annehmen und sich in Si-
herheitsfragen im Zweifel nicht nur Hilfe heischend an
ashington wenden, sondern vielleicht auch an Brüssel
enken.
Eines ist klar: Die NATO ist heute leider nicht mehr

er Bezugsrahmen, in dem die Abstimmung und Um-
etzung transatlantischer Sicherheitsinteressen auto-
atisch stattfindet. Die Ursachen dafür liegen bei Feh-
ern auf beiden Seiten des Atlantiks. Sie liegen darin,
ass in der NATO in den vergangenen Jahren versäumt
orden ist, eine gemeinsame Strategiedebatte zu führen
nd unsere Sicherheitsinteressen und deren Umsetzung
emeinsam zu definieren.
Fakt bleibt, dass die Vereinigten Staaten als einzig

erbliebene Supermacht heute nicht mehr auf die NATO,
ondern auf einzelne NATO-Verbündete zurückgreifen,
enn sie nach Partnern für die Definition und vor allem
ie Umsetzung von Sicherheitsinteressen suchen.


(Markus Meckel [SPD]: So ist es!)

abei spielen die neuen NATO-Staaten bisweilen eine
ichtigere Rolle als manche der alten, aber den entschei-
enden Handlungsrahmen bildet eben nicht mehr die
ATO selbst. Wir haben ein nachhaltiges Interesse, das
ieder zu ändern.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


enn so unproblematisch das aus Sicht der Beitrittsstaa-
en erscheinen mag, so stellt es für die bisherigen Mit-
liedstaaten der NATO ein großes Problem dar, und
war aus zwei Gründen.
Erstens ist es ausgesprochen unbefriedigend, wenn

wie nach dem 11. September 2001 – erst der Bündnis-
all festgestellt wird – übrigens zum ersten Mal in der
eschichte der NATO –, aber anschließend der NATO
berhaupt keine Rolle mehr zugewiesen wird.
Zweitens ist es sehr wichtig, den Beitrittsländern jetzt

u verdeutlichen, dass auch die EU eine immer stärkere
icherheitsdimension entwickelt, die nicht als Alterna-
ive oder gar Konkurrenz zur NATO wahrgenommen
ird, sondern als Vorhaben, mit dem wir als Europäer






(A) )



(B) )


Dr. Werner Hoyer

gemeinsam den europäischen Pfeiler der NATO stärken
wollen.

Nur wenn wir die neuen EU- und NATO-Mitglieder
davon überzeugen, dass diese europäische Sicherheitsdi-
mension einen wirklichen Mehrwert bringt, werden wir
mit diesem Projekt Erfolg haben. Es ist aber sicherlich
nicht hilfreich, mit dem Zeigefinger auf die neuen Mit-
gliedstaaten der NATO in Mittel- und Osteuropa zu zei-
gen. Nach Jahren der sowjetischen Dominanz reagieren
diese Länder ausgesprochen sensibel auf jeglichen An-
schein einer Bevormundung durch andere.


(Markus Meckel [SPD]: Das war jetzt ein Lob für die Bundesregierung!)


– Nein, die Bundesregierung hat sich durch die Aufgabe
ihrer Mittlerfunktion zwischen den Vereinigten Staaten
und Frankreich und zwischen den großen und den klei-
nen Staaten unglücklicherweise in die Situation ge-
bracht, dass sie mit in die Haftung genommen wird für
das, was zum Beispiel der französische Staatspräsident
durch seine rhetorischen Fehlleistungen gegenüber den
mittel- und osteuropäischen Staaten zuwege gebracht
hat.


(Beifall bei der FDP – Markus Meckel [SPD]: Falsche Wahrnehmung!)


Meine Damen und Herren, wir haben eine riesige
Chance, die wir nutzen sollten. Wir sollten unsere mittel-
und osteuropäischen Partner in der NATO und dem-
nächst auch in der Europäischen Union von Herzen will-
kommen heißen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504406200

Jetzt spricht der Herr Außenminister Joschka Fischer.


Joseph Fischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504406300

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die

transatlantischen Beziehungen sind ein Eckpfeiler für
Frieden und Stabilität in der Welt des 21. Jahrhunderts,
und zwar nicht nur für die globale Sicherheit, sondern
auch für die regionale Sicherheit. Wir würden, wenn die
Präsenz der USA in Europa nicht mehr gegeben wäre,
sofort feststellen, dass dies vor allen Dingen unser Land
betrifft. Das gilt aber auch für viele andere Regionen. Ob
es um Konflikte in Süd- und Ostasien, um den Konflikt
zwischen Indien und Pakistan, um Konflikte in Afrika
oder um die Zukunft des Nahen Ostens und insbesondere
um die Friedensperspektive im israelisch-arabischen
Konflikt geht, all dies ist ohne die Macht der USA nicht
zu lösen. Deswegen führt – das ist von entscheidender
Bedeutung, wie auch die heutige Debatte deutlich
macht – kein Weg an einer Neudefinition der Bezie-
hungen zu den USA, die die wichtigsten sind, die wir
außerhalb Europas haben, auf der Grundlage dieser
Basiserkenntnis vorbei – das gilt nicht nur für Deutsch-
land, sondern auch für alle anderen europäischen Län-
der, ob große oder kleine, ob Frankreich, Großbritannien
oder Polen. Wir müssen auf dieser Grundlage eine realis-
tische Bestandsaufnahme vornehmen.

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(C (D Die Erweiterung wird Europa sicherer machen. Das ilt auch – das ist im Zusammenhang zu sehen – für die uropäische Union. Das Kabinett hat in seiner letzten Situng die Zuleitung der Entwürfe der Ratifikationsgesetze eschlossen. Das Zusammenwachsen Europas – das erleen wir doch täglich auch beim Zusammenwachsen der eiden deutschen Teile – wird Zeit und Verständnis erforern. Schließlich müssen unterschiedliche Lebenserfahungen, Perspektiven und Horizonte im wahrsten Sinne es Wortes erst zusammenwachsen. Das bedarf mehr eies organischen Prozesses als einer politischen Entscheiung. Aber ich bin mir sicher, dass das vereinte Europa ealität werden wird, und zwar auf der Grundlage der ansatlantischen Beziehungen und der europäischen Interation. Von entscheidender Bedeutung dafür ist allerdings as Verständnis, das wir füreinander aufbringen, und uch, dass wir endlich mit Realismus an eine Neudefiniion der Beziehungen zu den USA herangehen. Herr ollege Hoyer, an dem Punkt, an dem es in der Diskusion spannend wurde, haben Sie aus für mich nachvolliehbaren Gründen aufgehört. Aber die entscheidende rage ist, was geschehen soll, wenn die NATO den ündnisfall nach Art. 5 des Nordatlantikvertrags erklärt. amit komme ich auf die Essentials der Neubestimmung u sprechen. Dabei müssen wir nicht über weniger Ameika, sondern über mehr Europa diskutieren, wie der undeskanzler völlig zu Recht gesagt hat. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich finde das Bild des Pfeilers sehr gut. Was ist die
ufgabe eines Pfeilers? Ein Pfeiler lenkt den Druck ab
nd stabilisiert damit die tragenden Teile einer Brücke,
a er ermöglicht erst das Überbrücken. Das heißt aber,
ass ein Pfeiler ein solides Fundament haben muss.
enn wir vom europäischen Pfeiler sprechen, dann
üssen wir uns also fragen, ob heute tatsächlich die
feilerfähigkeit gegeben ist. Das ist eine Frage der mili-
ärischen Fähigkeiten, der Handlungsfähigkeit der euro-
äischen Institutionen und der europäischen Willensbil-
ung. Bei all diesen drei Elementen gibt es
ntscheidende europäische Defizite, egal wo man hin-
chaut. Solange diese Defizite existieren, können wir
war die Pfeilerfähigkeit reklamieren, aber wir werden
einen belastbaren europäischen Pfeiler haben. Damit
omme ich zu meiner Grundthese. Ein schwaches Eu-
opa, das die Pfeilerfähigkeit unter den neuen internatio-
alen Bedingungen des 21. Jahrhunderts faktisch nicht
at, wird die transatlantischen Beziehungen meines Er-
chtens eher belasten – um nicht zu sagen: gefährden –
ls ein starkes Europa.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU] – Zuruf von der CDU/ CSU: Das ist Oppositionsanalyse!)


Hören Sie auf! Das ist überhaupt keine Oppositions-
nalyse. Wenn ich Herrn Pflüger richtig verstanden
abe, dann hat er das Gegenteil gesagt.






(A) )



(B) )


Bundesminister Joseph Fischer

Die Position der Bundesregierung ist immer gewesen

– das ist die erste Priorität –: Wir wollen einen europäi-
schen Pfeiler innerhalb der NATO. Dann – so konse-
quent muss man sein – stellt sich auch die Frage nach ei-
nem europäischen Element in der NATO. Bisher galt das
Tabu: Es darf in der NATO keinen europäischen Caucus,
also keine europäische Gruppenbildung geben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Über diese Frage müssen wir – das tun wir bereits – mit
unseren amerikanischen Partnern ernsthaft diskutieren;
denn sonst wird über die Frage der europäischen Pfeiler-
bildung mehr und mehr außerhalb Europas diskutiert
werden. Das hat zumindest die Diskussion in der Euro-
päischen Union klar gemacht. Die Erfahrungen bei dem
Gymnich-Treffen und dem Treffen in Griechenland, ge-
nauer: auf Rhodos, wo die 25 Mitgliedstaaten der erwei-
terten Europäischen Union erstmals zusammengekom-
men sind, waren hervorragend. Ich war zunächst eher
skeptisch, ob eine so große Runde in der Praxis arbeits-
fähig ist. Ich kann Ihnen an diesem Punkt berichten: Es
lief hervorragend. Auch was die Substanz der Diskus-
sion angeht, war es eine sehr wohltuende Erfahrung.

Das alles macht doch klar, dass es keinen Gegensatz
zwischen der Stärkung des europäischen Pfeilers, der
Stärkung der europäischen Integration und der transat-
lantischen Beziehungen und ihrer Neugestaltung gibt.


(Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU]: Das muss nicht sein! Aber bei euch ist es eben so!)


– Ach, nein. Was Sie zum Beispiel über die Viererinitia-
tive gesagt haben, teile ich nicht. Verhofstadt hat bereits
vor einem Jahr einen Brief geschrieben, der in diese
Richtung ging. Der Europäische Konvent arbeitet jetzt
und genau darauf zielte diese Initiative. Ganz entschei-
dend sind natürlich nicht nur die gemeinsame Außenpo-
litik und ihre institutionelle Umsetzung, sondern auch
der Ausbau der entsprechenden Fähigkeiten. Dieser Gip-
fel hat der Diskussion einen Stoß in die richtige Rich-
tung gegeben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Von dem, was Sie, Herr Kollege Pflüger, hier dargestellt
haben, habe zumindest ich in den europäischen Gremien
– ich war sowohl im Rat als auch beim Gymnich-Treffen –
nichts gehört.

Wenn wir eine positive Entwicklung der Beziehun-
gen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union
wollen, dann müssen wir die Fähigkeiten stärken, die
uns Europäer in die Lage versetzen, in Zukunft – anders
als auf dem Balkan in den 90er-Jahren – alle internen eu-
ropäischen Sicherheitsprobleme selbst zu lösen. Das ist
von entscheidender Bedeutung. Darüber hinaus müssen
wir in unserem strategischen Umfeld dazu beitragen
können, dass Sicherheit und Stabilität langfristig ge-
schaffen werden können. Unsere Erfahrungen mit den
langfristigen Stabilisierungsbemühungen in Afghanis-
tan, aber auch auf dem Balkan werden dazu wesentlich
beitragen. Außerdem müssen wir die Fähigkeiten entwi-

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(C (D keln, im transatlantischen Bündnis des 21. Jahrhunderts irklich Partner zu sein. Um dieses Ziel zu erreichen, werden wir – der Kol ege Struck hat darauf hingewiesen – vieles auf den Prüftand stellen müssen. Die Militärausgaben der EUtaaten machen zusammengerechnet 60 Prozent des Miitärbudgets der Vereinigten Staaten aus; der Output liegt llerdings bei nur 10 Prozent. Der Grund dafür besteht arin, dass die Betriebsgrößen heutzutage schlicht und infach „unterkritisch“ sind; jeder europäische Staat, ob roß, ob klein, hat faktisch eine eigene Armee. Das Erebnis ist entsprechend. Eine Verbesserung der Fähigeiten Europas wird nur über mehr Integration möglich ein. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


ber das, was ich angesprochen habe, werden wir ver-
tärkt diskutieren müssen.
Die Erweiterung der Europäischen Union und die Er-
eiterung der NATO werden Europa mehr Sicherheit
nd mehr Stabilität bringen. Man wird mehr Verständnis
üreinander aufbringen und mehr aufeinander zugehen
üssen. Bis der Prozess der notwendigen äußeren Inte-
ration tatsächlich zu einem größeren Verständnis unter-
inander geführt hat, wird einige Zeit vergehen. Das grö-
er gewordene Europa muss den politischen Willen, die
nstitutionen und die Fähigkeiten haben, die zur transat-
antischen Partnerschaft gehören. Das ist nicht nur für
rieden und Stabilität in Europa, sondern auch in der
elt von entscheidender Bedeutung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504406400

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Karl Lamers.


Dr. Karl A. Lamers (CDU):
Rede ID: ID1504406500

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In einer

eitung stand etwas Bemerkenswertes: „Struck auf US-
riedenstour“. Wer den entsprechenden Artikel genau
as, der spürte: Es geht nicht um Frieden, sondern darum,
ass ein Bundesminister nach Amerika reist, um außen-
olitisches Porzellan, das von Ihnen, Herr Außenminis-
er, und vom Bundeskanzler zerschlagen wurde, zusam-
enzukehren. So weit sind wir in diesem Land
ekommen. Glückwunsch!


(Beifall bei der CDU/CSU)

Es ist in der Tat bezeichnend, wie viel Aufmerksam-

eit ein normaler Arbeitsbesuch in der Bundesrepublik
eute erregt. Herr Außenminister, auch Ihr schönstes Lä-
heln und auch die schönsten staatsmännischen Reden
önnen nicht mehr darüber hinwegtäuschen, dass das
erhältnis zwischen US-Präsident Bush und Bundes-
anzler Schröder irreparabel zerstört ist. Das wird Ih-
en in Washington überall bestätigt.
Es ist ja in Ordnung, dass der Bundeskanzler in
ladimir Putin einen neuen Freund gefunden hat und






(A) )



(B) )


Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg)


sich mit ihm in Moskau und Sankt Petersburg an russi-
schen Kaminen wärmt.


(Gernot Erler [SPD]: Aber er geht nicht in die Sauna!)


Aber klug wäre es, Herr Erler, sich nicht die Freund-
schaft seines bisher verlässlichsten Partners zu verscher-
zen, der USA, eines Landes, das bisher stets Garant un-
serer Sicherheit gewesen ist. Setzen Sie, Herr Minister,
dies nicht aufs Spiel!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Zu guter Politik gehört auch handwerkliches Können,

gehört Sensibilität, gehört Fingerspitzengefühl – wenn
Sie verstehen, was ich meine.


(Lachen bei der CDU/CSU – Joseph Fischer, Bundesminister: Was ist das? – Gernot Erler [SPD]: Alles das, was Joschka hat!)


All das spreche ich dieser Bundesregierung in hohem
Maße ab. Selbst wenn Sie dann einmal etwas Richtiges
tun, nämlich die Außen- und Sicherheitspolitik vertiefen,
erweitern und ausbauen, schaffen Sie es, die gute Sache
in Misskredit zu bringen. Ich denke an den Vierergipfel
in Brüssel – ohne Großbritannien, ohne die Niederlande,
ohne andere.

Wer sich in diesen Tagen mit den Kolleginnen und
Kollegen der Parlamentarischen Versammlung der
NATO unterhält, zum Beispiel mit meinem Freund
Markus Meckel, der erfährt, dass viele irritiert sind, dass
viele misstrauisch sind: die Briten, die Amerikaner, die
Italiener, die Spanier. Herr Minister Fischer, da ist auch
von Ihrer Seite Vertrauen, das Grundkapital eines jeden
Bündnisses, zerstört worden. Damit muss Schluss sein.
Vor allem muss jetzt wieder Verlässlichkeit bewiesen
werden.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Die französische Verteidigungsministerin hat in die-

sen Tagen in Berlin mehr Dialog zwischen den Europä-
ern gefordert. Ich sage: Recht hat sie. Wir brauchen nicht
eine Einladung an vier nach Brüssel, sondern an alle 15, um
die europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik
aufzubauen. Was wir vor allem brauchen, sind ein Neu-
beginn und die Wiederaufnahme eines vertrauensvollen
Dialogs mit Amerika. Dies ist der Schlüssel zu einer gu-
ten Zusammenarbeit zwischen Europa und den Vereinig-
ten Staaten.

Zu erwähnen ist gerade auch das, was Condoleezza
Rice, die Sie, Herr Minister Struck, am Montag getroffen
haben, gesagt hat. Sie hat scharfe Kritik an Deutschland
und Frankreich geübt, weil beide Länder – so wörtlich –
während der Irakkrise die NATO als Geisel genommen
haben.


(Dr. Ludger Volmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch Condi kann irren!)


Ich finde es nicht tröstlich, Herr Minister Fischer, dass
sie dann noch hinzugefügt hat, Frankreich und Deutsch-
land blieben aber doch Verbündete. Wir waren einmal
Freunde. Das dürfen wir nicht aufs Spiel setzen.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Wer will mit Fischer schon befreundet sein?)


iese Aussage spricht noch nicht dafür, dass Tauwetter
ingesetzt hat. Wir brauchen wieder ein vertrauensvolles
iteinander.
Wir stehen vor der zweiten Erweiterungsrunde. Wir

aben die Öffnung der NATO immer gewollt. Wer sich
ie Landkarte Europas anschaut, der sieht, wie entschei-
end sie sich verändert hat. Insbesondere sieht man das
m Beitritt der baltischen Staaten, von Ländern also, die
ber Jahrzehnte von der Sowjetunion einverleibt waren.
ir heißen alle Beitrittsländer herzlich willkommen. Die
rweiterung erhöht die Stabilität in ganz Europa. Sie
erbessert die Fähigkeit der gesamten Allianz, neuen
edrohungen zu begegnen. Die Öffnung der NATO rich-
et sich gegen niemanden. Partnership for Peace ist auch
n Zukunft der Weg in die NATO. Die Tür bleibt auch in
ukunft offen.
In fünf Jahren zehn neue Mitglieder – das zeigt uns,
elch weiten Weg die Reformstaaten bei den politi-
chen, wirtschaftlichen und militärischen Reformen hin
u Demokratie zurückgelegt haben. Sie sind heute nicht
ur Kooperationspartner; sie sind echte Bündnispartner.
o früher Gegner standen, stehen heute Freunde, die
ich gegenseitig helfen und unterstützen. Diese Länder
aben ihre Chance genutzt. Die Menschen in diesen
ändern wollen Demokratie. Sie wollen Marktwirtschaft
nd echten Frieden. Eines muss uns aber immer klar
ein: Diese Länder spüren auch – Herr Minister Fischer,
etzt spreche ich gerade Sie an –, wo letztlich ihre Si-
herheit liegt, wer ihnen Sicherheit gibt: Amerika und
ie NATO. Wenn sich diese Länder wie Polen und an-
ere in der Irakfrage hinter die USA stellen, dann ist es
icht zu akzeptieren, dass sie seitens der Europäischen
nion dafür abgestraft oder gar gemaßregelt werden.


(Joseph Fischer, Bundesminister: Wer hat das denn gemacht? – Gernot Erler [SPD]: Wer hat das denn gemacht?)


ch fordere weniger Arroganz und mehr Bescheidenheit,
ehr Achtung diesen Ländern gegenüber.


(Beifall bei der CDU/CSU)

EU und NATO sind für diese Länder kein Entweder-

der.

(Dr. Ludger Volmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das verlangt doch keiner!)


erade vor dem Hintergrund ihrer leidvollen Geschichte
ind wir gut beraten, ihnen deutlich zu machen, dass sie
ollwertige und gleichberechtigte Mitglieder beider Zu-
ammenschlüsse sind oder werden. Da gibt es Befind-
chkeiten und Empfindlichkeiten, auf die wir achten
üssen.
Eine persönliche Erfahrung: Markus Meckel und ich
aren vor wenigen Tagen in Georgien. Gerade in einem
olchen Land mit großen inneren und äußeren Proble-
en, das von der Geschichte nun wahrlich nicht verhät-
chelt wurde, spürt man, wie die Menschen in die NATO






(A) )



(B) )


Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg)


streben. Das zeigt uns, wie ungebrochen die Attraktivität
dieses Bündnisses als Garant für Frieden und Stabilität
ist. Auch das Beispiel Balkan zeigt doch: Nicht die UN-
Schutztruppe konnte den Krieg stoppen, nein, es war die
NATO, die die blutigen Kämpfe, das Morden und andere
Verbrechen beendet hat. Erst die NATO hat den Wieder-
aufbau der zerstörten Landschaften ermöglicht.


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Norbert Lammert)

Meine Damen und Herren, die Bedrohungen der heu-

tigen Zeit sind andere und gravierendere, als sie noch
1989/1990 bestanden. Ich denke an die Bedrohung durch
den internationalen Terrorismus und durch Massenver-
nichtungswaffen, an die Destabilisierung durch zusam-
menbrechende Staaten. Gerade dieses Ausmaß der Be-
drohung zeigt uns, dass Europa und Deutschland heute
allein überhaupt keine Chance haben, sondern dass wir
diese Bedrohungen nur Seite an Seite mit den Freunden
in Amerika bewältigen können. Das ist gerade auch am
heutigen Tag eine wichtige Grundaussage.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Das Bündnis braucht eine gemeinsame Bedrohungs-

analyse. Wir müssen uns darüber einig werden, mit wel-
chen militärischen Strukturen und Fähigkeiten wir unsere
Bürger schützen wollen. Die französische Verteidigungs-
ministerin spricht von echter Partnerschaft. Herr Minis-
ter Fischer, echte Partnerschaft mit Amerika kann nicht
dadurch verwirklicht werden, dass man nur Reden hält
und große Beschlüsse verabschiedet, sondern nur da-
durch, dass man endlich etwas tut. Die Amerikaner sind
es nämlich leid, Ihre Bekundungen bezüglich Gemein-
samkeiten und einem konstruktiven Miteinander entge-
genzunehmen. Sie wollen endlich sehen, was Sie kon-
kret leisten, investieren und zur Verfügung stellen.

Es reicht vor diesem Hintergrund eben auch nicht aus,
wenn der Herr Bundesminister Struck immer wieder im-
mer mehr Geld für die Bundeswehr fordert – da hat er
unsere volle Unterstützung –, der Bundeskanzler ihm
aber sagt, dass er vielleicht ab 2006 damit rechnen
könne. Das ist ein Jahr, in dem er hoffentlich gar nicht
mehr an der Regierung ist.


(Gernot Erler [SPD]: Das glaubst du! – Joseph Fischer, Bundesminister: Keine falschen Hoffnungen!)


Er sollte lieber etwas tun, solange er es noch machen
kann.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Also Schluss mit Absichtserklärungen! Jetzt muss inves-
tiert werden, um glaubwürdig zu sein.

Bevor Sie auf irgendwelchen Gipfeln neue Be-
schlüsse fassen, tun Sie doch erst einmal das, wozu Sie
sich bereits verpflichtet haben, zum Beispiel die Anfor-
derungen des European Headline Goal erfüllen und den
Verpflichtungen vom NATO-Gipfel 1999 und denen von
Prag aus dem Jahr 2002 nachkommen. Da ist noch viel
zu tun. Reden Sie nicht, handeln Sie! So lautet meine
Forderung.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Das war aber ein reiner Textbaustein!)


ch fordere Sie auf: Machen Sie Schluss mit den reinen
onntagsreden, Herr Minister! Stellen Sie vielmehr mit
chritten der Glaubwürdigkeit und des Vertrauens die
ordatlantische Solidarität wieder her! Das ist das Wich-
igste.
Statt an Achsenbildungen mitzuwirken,


(Gernot Erler [SPD]: Ohne Achse fährt kein Auto!)


ollte die Bundesregierung lieber an unserer besonderen
icherheitspartnerschaft mit den USA festhalten und
das Fundament der brüchig gewordenen transatlanti-
chen Brücke wieder neuen Zement in Form von Ver-
auen und Verlässlichkeit gießen. Darauf kommt es an.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir, CDU und CSU, sind selbstverständlich für die

tärkung des europäischen Pfeilers der NATO, aber
icht auf Kosten der atlantischen Bündnissolidarität.
ATO und EU dürfen nicht zu Konkurrenten in Sachen
icherheit in Europa und in der Welt werden. Nur ge-
einsam haben wir die Chance, die Aufgaben der Zu-
unft zu lösen.
Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504406600

Nächster Redner ist der Kollege Markus Meckel,

PD-Fraktion.

Markus Meckel (SPD):
Rede ID: ID1504406700

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

ieber Kollege Lamers, eines kann man ganz sicher sa-
en: Ihr letzter Satz stimmt.


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])

ber vieles andere müssen wir diskutieren; das will ich
ber nicht hier an dieser Stelle machen. Ich will vielmehr
uf den langen Diskussionsprozess innerhalb der NATO
n den letzten zwölf Jahren eingehen.
Wir sind heute an einem wichtigen Punkt angekom-
en. Noch vor zwei Jahren wäre das so einfach und so
lar nicht gewesen. Man könnte einmal die verschiede-
en damaligen Positionen auch in den Reihen der heuti-
en Opposition über das, was damals für möglich und
icht für möglich gehalten wurde, darstellen.
Ich denke, es ist ein großer Erfolg, dass jetzt eine grö-

ere Zahl von Staaten mit der NATO Verhandlungen ge-
ührt hat, als es vor zwei Jahren Konsens war. Vor zwei
ahren war es Konsens, nur zwei Staaten aufzunehmen.
ir haben es geschafft, dass jetzt sieben Staaten Mitglie-
er werden. Dies ist ein großer Erfolg. Ich freue mich,
ass einige Kollegen, Herr Panajotov und Herr Iltschev
us Bulgarien, die oft mit Bangen verfolgt haben, was






(A) )



(B) )


Markus Meckel

wir in der NATO miteinander diskutieren, dieser Debatte
beiwohnen.


(Beifall im ganzen Hause)

Diese Diskussion war nicht einfach. Wir müssen uns

darüber klar sein, dass wir auch vor der Frage stehen – da-
mit komme ich auf das Verhältnis von NATO und EU zu-
rück –: Wie soll es weitergehen? Eben ist die Frage der
offenen Tür, künftiger Erweiterungen und mannigfalti-
ger Wünsche angesprochen worden. Es sind noch fünf
Staaten in der Mitte Europas, die eine Integrationsper-
spektive haben wollen: Kroatien, Bosnien und Herzego-
wina, Serbien und Montenegro, Mazedonien und Alba-
nien.

Wir sollten ein Interesse daran haben, dass die Mit-
gliedschaft in der EU und in der NATO möglichst kon-
gruent ist. Das mag nicht für jeden gelten; aber diese
Kongruenz sollte uns, soweit sie möglich ist, bei der Per-
spektive auf eine neue Mitgliedschaft ausgesprochen
wichtig sein.


(Beifall bei der SPD)

Wir werden in Zukunft eine intensive Diskussion über

die Frage miteinander führen müssen: In welchen Fällen
wollen wir Staaten eine Mitgliedsperspektive geben und
in welchen Fällen wollen wir unsere Nachbarschaftsver-
hältnisse so gestalten, wie es im Verhältnis zu Russland
und zur Ukraine geschieht?

Hier ist schon der Wunsch etwa Georgiens angespro-
chen worden, Mitglied zu werden. Wir alle sollten die-
sen Wunsch in dem Sinne akzeptieren, dass die Länder
damit ihre innere Perspektive, die politische Entwick-
lung stabil halten wollen, dass sie ihre Westbindung
deutlich machen wollen, dass sie Sicherheit suchen, die
auch durch die Integrationsperspektive und die Koopera-
tion mit dem Westen besteht. Ob dies unmittelbar in eine
Mitgliedsperspektive mündet, darüber werden wir mit-
einander diskutieren müssen. Ich denke, dass wir jeden-
falls die Kooperation in jedem Sinne verstärken und
deutlich machen sollten, dass wir unsere zukünftigen
EU-Nachbarn im Blick haben und die Integration ent-
sprechend weiter ausbauen wollen.

Die NATO hat sich deutlich gewandelt. Manchmal
hat man den Eindruck, dass Kandidaten, die ihren Mit-
gliedswunsch äußern, vielleicht sogar Kandidaten, die
jetzt Mitglied werden, in eine NATO wollen, wie sie vor
zehn Jahren war, die also in erster Linie Schutz bedeutet.
Diese Länder müssen erst einmal lernen, was es eigent-
lich heißt, sowohl in der NATO als auch in der Europäi-
schen Union ein globaler Akteur zu werden. Heute kann
man nicht mehr von einer bestimmten Konstellation von
Gefolgschaften, der EU oder der Amerikaner, reden. Da-
für ist die NATO oft das Signum; da brauchen wir uns
nichts vorzumachen. Wir müssen sehen, inwieweit wir
selber partnerschaftsfähig sind. Da liegt unsere zentrale
Aufgabe. In diese Richtung werden unsere Bemühungen
in Zukunft gehen müssen.


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])

Der Bundesaußenminister hat schon deutlich ausge-

sprochen, dass die europäischen Bemühungen um eine

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(C (D icherheitspolitische Gemeinsamkeit auch in der NATO anche Fragen aufgeworfen haben. Als die ersten chritte zu einer europäischen Sicherheitsund Verteidiungspolitik gegangen worden sind, hat man diese bei er Clinton-Administration zunächst skeptisch betrachet, obwohl man zuvor immer gesagt hatte, dass die Euopäer mehr Verantwortung tragen sollen. Dann hat die linton-Administration dies akzeptiert. Die Bush-Admiistration war zu Beginn wiederum skeptisch. Heute lauet die Frage: Welche Rolle spielt die NATO eigentlich ür die Vereinigten Staaten? Ich glaube, erst dann wird in Schuh daraus, wenn man fragt, worin die Bedeutung er NATO liegt. Wir als europäische Staaten haben sicherlich ein emi entes Interesse an der NATO als sicherheitspolitischer erbindung zwischen Europa und den Vereinigten Staaen und Kanada. Wir wollen diese Beziehung gerade urch eine Stärkung des europäischen Pfeilers und urch die Zusammenführung Europas ausbauen. Das heißt natürlich auch, dass sich innerhalb der ATO die Führungsrolle verändern wird. Es wird nicht ehr nur eine Führungsnation in Gestalt der Vereinigten taaten geben – das ist die alte NATO –, unter deren chutz sich die anderen Staaten stellen werden. In der euen NATO wird es eine sicherheitspolitische Bezieung zwischen Amerika und dem stärker werdenden und emeinsam agierenden Europa, das in der NATO mit eier Stimme auftritt, geben. Wie das zu erreichen ist, wird ine spannende Frage sein. In den letzten Jahren haben wir erlebt, dass die zentra en Fragen der Sicherheit in den NATO-Gremien gar icht diskutiert wurden. Wir, die Mitglieder der Parlaentarischen Versammlung der NATO, haben dies allerings getan. Im NATO-Rat hingegen sind die zentralen ragen überhaupt nicht diskutiert worden. Beispielseise wurde in der NATO lange nicht über die Frage disutiert, welche Konstellation es im Zusammenhang mit em Raketenabwehrsystem Missile Defence geben soll. in weiteres Beispiel ist die Irakfrage, mit der sich die ATO selber auch nicht beschäftigt hat. Man muss Condoleezza Rice Folgendes deutlich sa en: Es waren die Vereinigten Staaten, die die NATO intrumentalisiert haben; (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der SPD)


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: So ist es!)


enn die Vereinigten Staaten – und nicht die Türkei – ha-
en eine Verbindung zwischen dem Schutz der Türkei
nd eine Entsendung von amerikanischen Truppen dort-
in hergestellt. Damit wurde die Kriegsvorbereitung zu
inem Thema für die NATO. Dieser Instrumentalisie-
ung haben sich einige Staaten entgegengestellt. Diesen
unkt, auf den man genau schauen muss, sollte man Frau
ice sehr deutlich machen.
In der Parlamentarischen Versammlung der NATO
urde klar – das ist schon mehrfach angesprochen wor-






(A) )



(B) )


Markus Meckel

den, Herr Kollege Lamers –, dass viele Fragen von den-
jenigen Staaten, die den Krieg für schwierig, problema-
tisch und nicht gerechtfertigt gehalten haben, auf ein
breites Interesse gestoßen sind. In vielen Gesprächen – so-
wohl am Rande als auch in den Plenarsitzungen – ist un-
sere Position akzeptiert worden, nicht zuletzt von briti-
schen Abgeordneten und Abgeordneten anderer Länder,
die sich am Irakkrieg beteiligt haben.

Das Ziel der neuen Mitgliedstaaten ist – das ist völlig
klar –, sich nicht von Amerika abkoppeln zu lassen. Es
wird mit Recht gefordert, dass wir beispielsweise die
Bindungen Polens zu Amerika akzeptieren müssen und
dass wir sensibel damit umgehen sollten. Diese Forde-
rung bedeutet keine Kritik an der Position der Bundesre-
gierung, sondern eine Akzeptanz ihrer Politik in der Ver-
gangenheit.


(Beifall des Abg. Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD])


Ich denke, das wird auch das heutige Treffen in Breslau
zeigen.

Wir müssen deutlich machen, dass auch Polens Rolle
im Hinblick auf die Gestaltung Europas anerkannt wird.
Angesichts der Tatsache, dass Polen das Weimarer Drei-
eck stärken will, muss man sich natürlich fragen, was
das bezüglich der Beziehungen zu den Vereinigten Staa-
ten von Amerika bedeutet. Manchmal hat man den Ein-
druck, dass darüber noch keine große Klarheit besteht.
Wir sollten das den Polen nicht vorwerfen, sondern mit
ihnen ein klärendes Gespräch suchen.

Die zentrale Frage ist, wie wir als Europäer das fort-
setzen, was in Brüssel am 23. April beschlossen worden
ist. Wir werden beim nächsten Gipfel im Juni sehen,
dass sich nicht nur vier Staaten, sondern mehrere Staaten
an dieser Pressure Group beteiligen, die die europäische
Integration aus sicherheitspolitischen Gründen voran-
bringen wollen. Auch die andernen EU-Partner werden
dieses Vorgehen irgendwann unterstützen; das ist gar
keine Frage. Wir sollten versuchen, diese Politik zu stär-
ken, und wir sollten deutlich machen, dass die Sicherheit
in der Welt größer wird, wenn Europa stark und damit
auch das transatlantische Verhältnis gestärkt wird.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Werner Hoyer [FDP])



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504406800

Nun hat das Wort der Kollege Dr. Klaus Rose für die

CDU/CSU-Fraktion.


Dr. Klaus Rose (CSU):
Rede ID: ID1504406900

Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Unabhängig von der notwendigen politischen Aus-
einandersetzung über das Thema NATO besteht heute,
so glaube ich, eine gemeinsame Freude. Es liegt uns der
Entwurf eines Gesetzes über den Beitritt von neuen Staa-
ten vor; ich werde es im Weiteren noch genauer begrün-

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(C (D en. Insgesamt höre ich nur Zustimmung und Freude arüber. Wir sollten dies auch signalisieren. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Der Gesetzentwurf, über den wir heute in erster Lesung
eraten, besteht – auch das soll erwähnt werden – aus nur
wei kurzen Artikeln. Wo sonst gibt es das?
Aber es geht um den Inhalt, um die Denkschrift der
undesregierung zu den Beitrittsprotokollen. Daraus
öchte ich zitieren; denn solche Worte hört man von der
undesregierung leider sonst nicht sehr häufig. Dort
eißt es, dass die Öffnung der NATO für neue Mitglie-
er, insbesondere die Aufnahme der genannten sieben
euen Mitglieder, einen wesentlichen Beitrag zur Stär-
ung von Sicherheit und Stabilität im euro-atlantischen
aum leisten wird. Außerdem heißt es:

Als Land in der Mitte Europas wird Deutschland in
besonderer Weise davon profitieren.

Das ist inzwischen eine Binsenweisheit, eine allge-
eine Erkenntnis. Aber es gab Jahre, in denen das völlig
nders ausgedrückt wurde. Darum sollte man nochmals
arauf hinweisen.
Ich sehe es genauso und sah es Mitte der 90er-Jahre

o, als ich als damaliger Vorsitzender des Verteidigungs-
usschusses die Öffnung der NATO mitbegleiten durfte.
an möge mir die heutige Genugtuung verzeihen; aber
amals gab es nicht bloß aus Moskau, sondern auch aus
roßen Teilen der damaligen Opposition Sperrfeuer. Bei
o manchen Delegationsreisen und ernsten Gesprächen
it Parlamentariern aus Ländern des ehemaligen Ost-
locks, die zu Besuchen in Bonn weilten, mussten wir
ühsam Vertrauen schaffen, Argumente austauschen
nd vertrauensbildende Maßnahmen durchführen, um
ie beitrittswilligen Länder davon zu überzeugen, dass
ie in der NATO gut aufgehoben und zu Hause sind.
Ich möchte das auch deshalb sagen, weil wir nicht nur

arüber diskutieren sollten, was die Bundesregierung tut.
ielmehr hat auch der Deutsche Bundestag einen wichti-
en Beitrag zum euro-atlantischen Prozess geleistet. Die
amaligen Mitglieder des Verteidigungsausschusses,
arunter der heutige Staatssekretär Walter Kolbow von
er SPD oder Paul Breuer, können das alles bestätigen.
uch heute sind einige Kollegen anwesend, die damals
art mitgearbeitet haben.
Mir hat zum Beispiel 1995 US-Verteidigungsminister

erry bei einem Gespräch im Pentagon gesagt, die
ATO sei kein Klub, zu dessen Eintritt man einfach ein
illet kaufen könne. Die mögliche NATO-Erweiterung,
o hat er gesagt, sei vielmehr als ein Reifeprozess aufzu-
assen, an dessen Ende von Fall zu Fall neue Beitritts-
andidaten stünden. Das heißt, jetzt können wir das Reife-
eugnis für zusätzliche sieben Partnerländer unterschreiben.
nd das ist gut so.
Ich persönlich habe all diese sieben Länder mehrfach

ereist. Ich möchte ihre Namen noch einmal aufzählen:
ulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Rumänien, Slowa-
ei und Slowenien. Ich erinnere mich an so manche






(A) )



(B) )


Dr. Klaus Rose

schöne Begegnung, zum Beispiel bei einem Gebirgsjä-
gerbataillon in Rumänien. Das war 1996. Dieses gute
Bataillon hätte schon damals die Voraussetzungen dafür
gehabt, unter dem NATO-Schirm zu stehen. Deshalb
habe ich keine Sorge, dass diese Länder nicht gut in die
NATO integriert werden können.

Was wird sich durch die veränderte, die vergrößerte
NATO neu ergeben? Natürlich muss man die Frage der
Rolle der NATO immer wieder stellen. Das ist heute
schon mehrfach kritisch getan worden. Bei uns muss
man natürlich die Frage stellen können, was die neuen
Staaten von sich aus zur kollektiven Sicherheit beitra-
gen.

Aus aktuellem Anlass möchte ich als CSU-Vertreter
unseren Nachbarn Polen ansprechen – eigentlich möchte
ich mich nicht an unseren Nachbarn Polen, sondern an
die Bundesregierung wenden –: Anstatt sich verärgert
darüber zu zeigen und beleidigt darüber zu sein, dass Po-
len im Irak eine größere Rolle als Deutschland spielt und
Polen das deutsch-dänisch-polnische Korps ins Ge-
spräch gebracht hat – das haben wir bekannterweise
während unserer Regierungszeit gewollt und eingerich-
tet; jetzt hat es eine Funktion; ich finde es eigentlich
schön, dass man an diese Funktion denkt –,


(Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

sollte die Bundesregierung fair vom NATO-Partner Po-
len sprechen. Ein Partner darf nicht folgenlos beschimpft
werden.


(Markus Meckel [SPD]: Macht doch gar keiner!)


Es passt auch nicht zusammen, dass der Parlamentari-
sche Staatssekretär Kolbow vor kurzem bei seinem Be-
such in Breslau die engen Beziehungen gepriesen und
die Reformschritte der polnischen Streitkräfte gelobt hat,
andere aus der Bundesregierung aber beleidigte Masken
aufsetzen, nur weil sich die Polen einmal trauen, ein bis-
schen selbstbewusst in der modernen politischen Land-
schaft aufzutreten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Natürlich muss und wird sich die NATO erneut refor-
mieren. Sie hat sich schon oft reformiert; ich will das al-
les gar nicht im Einzelnen aufzählen. Sie muss vor allen
Dingen in der Lage sein, größere Entfernungen zu über-
winden, eine größere Flexibilität zu gewinnen und Stra-
tegiefragen zu lösen. Peter Struck hat ja bekanntlich so-
gar gesagt, dass die NATO und damit auch die
Bundeswehr notfalls Verteidigungsmaßnahmen am Hin-
dukusch durchführen müssten. Die Bundesregierung hat
also immer den Veränderungen der NATO zugestimmt.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504407000

Ich möchte Sie fragen, ob Sie geneigt sind, eine Zwi-

schenfrage des gerade angesprochenen Kollegen Struck
zuzulassen.

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(C (D Aber selbstverständlich. Lieber Kollege Rose, sind Sie bereit – das nur zur larstellung –, zur Kenntnis zu nehmen, dass ich nicht rgerlich war wegen der möglichen Prüfung der Frage es Einsatzes des deutsch-dänisch-polnischen Korps im usammenhang mit Überlegungen der NATO? Vielmehr ar ich über die Art und Weise ärgerlich, wie es öffentich vermittelt worden ist, und darüber, dass es öffentlich ermittelt worden ist, ohne dass mit der Bundesregieung oder der dänischen Regierung gesprochen worden äre. Sind Sie, Herr Kollege Rose, ferner bereit, zur Kennt is zu nehmen, dass diese kleine Unstimmigkeit – so öchte ich es beschreiben – wirklich nichts an dem guen Verhältnis zu dem polnischen Verteidigungsminister ndern wird? (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Dr. Klaus Rose (CSU):
Rede ID: ID1504407100
Dr. Peter Struck (SPD):
Rede ID: ID1504407200


Dr. Klaus Rose (CSU):
Rede ID: ID1504407300

Erstens bin ich jederzeit bereit, etwas zur Kenntnis zu

ehmen, was der Klarstellung dient. Zweitens habe ich
en Namen Struck vorher nicht erwähnt; Sie haben jetzt
ür die Bundesregierung Stellung bezogen. Allerdings
ab es andere, die etwas beleidigt reagierten. Drittens
abe ich jetzt die Chance, dem ehemaligen Vizekapitän
er Fußballmannschaft des Deutschen Bundestages – de-
en Kapitän ich war – zu sagen: So geht man partner-
chaftlich miteinander um; das war eine Steilvorlage. Ich
offe, ich habe sie richtig zurückgegeben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Dr. Peter Struck [SPD]: Ich danke Ihnen sehr!)


Es geht also auch darum, dass wir die Rolle der
ATO immer wieder neu definieren müssen. In der er-
ähnten Denkschrift der Bundesregierung ist ja vor al-
em betont worden, dass sich die NATO nicht nur als rei-
es Verteidigungsbündnis versteht, sondern zugleich
uch als eine breit angelegte transatlantische Wertege-
einschaft. Daher meine ich, zusätzliche Partner ge-
onnen zu haben bedeutet politische Erfüllung. Gerade
uch die CSU stimmt dieser Entwicklung zu. Die neuen
artner werden noch viele Reformarbeiten leisten müs-
en. Sie müssen NATO-kompatibel werden. Sie dürfen
icht nur in Teilaspekten einen hohen Standard errei-
hen.
Ich möchte namens der CDU/CSU-Fraktion unseren

euen Partnern viel Erfolg wünschen und unsere Unter-
tützung signalisieren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504407400

Letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt ist

ie Kollegin Monika Heubaum, SPD-Fraktion.






(A) )



(B) )



Monika Heubaum (SPD):
Rede ID: ID1504407500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Heute debattieren wir über
einen wahrhaft historischen Vorgang: die anstehende Er-
weiterung der NATO um sieben Staaten. Um die heraus-
ragende Bedeutung dieses Ereignisses richtig einschät-
zen zu können, erscheint mir ein kleiner Rückblick
angebracht.

Am 4. April 1949 schlossen zwölf Staaten Europas
und Nordamerikas in Washington den Nordatlantikver-
trag mit dem Ziel, sich gegenseitig Beistand bei Angrif-
fen von außen zu leisten und friedliche und freundschaft-
liche internationale Beziehungen zu entwickeln.
Während des Kalten Krieges standen sich zwei Militär-
blöcke starr und in Konfrontation gegenüber.

Das Ende des Kalten Krieges im Jahre 1990 hat die
politischen Gegebenheiten fundamental verändert. Aus
ehemaligen potenziellen Feinden sind Freunde und Part-
ner geworden. Die NATO hat durch ihre Kooperation
mit diesen Nationen zu dieser Entwicklung einen ent-
scheidenden Beitrag geleistet.

Der Wegfall des alten Feindbildes machte die Allianz
jedoch nicht hinfällig, sondern erfüllte sie sogar mit
neuem Elan. Ehemalige Ostblockstaaten wollten nun
neue Mitglieder des Sicherheits- und Wertebündnisses
werden. So erfolgte im März 1999 der Beitritt der drei
Mitgliedstaaten Polen, Ungarn und Tschechische Repub-
lik, was aus euro-atlantischer Sicht der Stabilitäts- und
Wertegemeinschaft einen enormen Zuwachs an Festig-
keit und Sicherung gebracht hat.

Schon zu dieser Zeit stand fest, dass die Tür für wei-
tere Mitgliedstaaten offen bleiben muss. Damalige Be-
fürchtungen über auftretende Probleme wie beispiels-
weise verstärkte Spannungen mit Russland haben sich
als irreal erwiesen. Im Gegenteil: Parallel zur Öffnung
der NATO für neue Mitgliedstaaten haben wir in den
vergangenen Jahren schrittweise die Kooperation gerade
mit Russland vorangetrieben. Insbesondere die Intensi-
vierung der Beziehungen zwischen der NATO und Russ-
land ist ein wichtiger Faktor für Sicherheit und Stabilität
im euro-atlantischen Raum geworden.

Das hat zu großer Akzeptanz auch in der Bevölkerung
bezüglich einer NATO-Erweiterung geführt. Für den ge-
wünschten Beitritt zur NATO gibt es jedoch keinen Au-
tomatismus. So haben in den vergangenen drei Jahren
weitere Aspirantenstaaten erhebliche Anstrengungen un-
ternommen, um Beitrittsreife zu erlangen. Dazu gehö-
ren zum Beispiel die Beilegung von Konflikten, die Ein-
führung demokratischer Kontrolle bei den Streitkräften,
die Achtung der Menschenrechte und Strukturreformen
im militärischen Bereich. Ausrüstung und Strukturen
müssen dabei an die NATO-Standards angeglichen wer-
den. Daran werden natürlich auch künftige Beitrittskan-
didaten gemessen werden.

Schritte zu Reformen werden nicht zuletzt mithilfe
der NATO im Rahmen eines „Membership Action Plan“
erzielt. Der „Membership Action Plan“ unterstützt die
Beitrittskandidaten in ihren Bemühungen, er eröffnet ih-
nen konkretes Feedback auf durchgeführte Maßnahmen

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(C (D nd steht den Ländern beratend bei der Aufstellung von rogrammen zur Seite. Auch Deutschland hat bilateral erhebliche und allseits nerkannte Hilfe geleistet. So wurden beispielsweise miitärische und zivile Berater entsandt, von Beitrittslänern benötigte Materialien zur Verfügung gestellt und usbildungsunterstützung geleistet. Dieses Engagement st aber nicht zuletzt auch im nationalen Interesse; denn eutschland als ein Land in der Mitte Europas profitiert n besonderem Maße vom Stabilitätstransfer, der mit der ATO-Erweiterung verbunden ist. Die sieben in Prag eingeladenen Staaten könnten nach rfolgreichem Ratifikationsverfahren bereits im Mai 004 formell Mitglieder der NATO sein. Die Erweiteung ist sowohl ein Erfolg für die Allianz als auch für die eitrittskandidaten. Sie leistet einen erheblichen Beitrag ur europäischen Stabilität und festigt die transatlantichen Beziehungen. Außerdem beschleunigt sie notwenige Reformen in den Mitgliedstaaten. Die Welt steht nun aber auch vor neuen Herausforde ungen, die viel komplexer sind. Auf der einen Seite hat uropa ein System von kooperativer Sicherheit aufbauen önnen, auf der anderen Seite sehen wir uns mit expanierendem Terrorismus konfrontiert, wie nicht zuletzt urch die dramatischen Ereignisse des 11. September 001 drastisch deutlich wurde. Nur die konstruktive tändige Zusammenarbeit der Nationen, für die sich geade die SPD einsetzt, kann dieser neuen Herausfordeung begegnen. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


(Beifall bei der SPD)


Wir müssen Alternativen zu rein militärisch angeleg-
en Reaktionen auf Konflikte finden. Dies ist nur in ei-
em multilateralen Rahmen auf allen relevanten Ebenen
u verwirklichen. Eine elementare Funktion des Bünd-
isses ist es, die richtigen Erwiderungen auf neue Risi-
en zu finden. Neben politischer Solidarität gehört dazu
ie militärische Fähigkeit zur Bekämpfung des Terroris-
us, aber auch zur zivilen Notfallplanung.
Die NATO ist also mehr als ein reines Verteidigungs-

ündnis. Sie ist eine Wertegemeinschaft, die entschei-
end für die Sicherheit und Stabilität in der Welt sorgt.
ußerdem sind Frieden und Sicherheit Grundlagen für
esellschaftliche und wirtschaftliche Prosperität. So
rägt die NATO zur Stärkung der Demokratie und der
echtstaatlichkeit ihrer Mitgliedstaaten bei.
Aber nicht alle Länder, die Mitglied der NATO wer-

en wollen, konnten zum NATO-Gipfel in Prag eingela-
en werden. Mit Albanien, Mazedonien und Kroatien
üssen wir in intensivem Kontakt bleiben. Gemeinsam
it der Bundesregierung werden wir diese Länder auch
eiterhin ermutigen, ihre Anstrengungen fortzusetzen,
m die Beitrittskriterien zu erfüllen.


(Beifall bei der SPD)

Die letzten Jahre haben gezeigt, dass allein die Per-

pektive, Mitglied der NATO werden zu können, einen






(A) )



(B) )


Monika Heubaum

entscheidenden Beitrag zur Konfliktprävention und
Konfliktlösung leisten kann. Die NATO-Operationen in
Mazedonien haben die Handlungsfähigkeit und Wirk-
samkeit der NATO im Bereich der präventiven Konflikt-
bearbeitung unter Beweis gestellt. Die Aussicht auf Mit-
gliedschaft aktiviert und beschleunigt den Reformkurs
der Kandidatenstaaten. Sie trägt sichtbar zur Stabilisie-
rung der Länder, aber auch der gesamten Region bei.

Eine Erweiterung der NATO bedeutet auch immer
Vergrößerung und Stärkung der transatlantischen Werte-
gemeinschaft. Gemeinsam mit der Erweiterung der Eu-
ropäischen Union ist sie daher auch in unserem Inte-
resse. Die Politik der offenen Tür muss fortgesetzt
werden, denn wir wollen, dass alle Menschen in Frieden,
Freiheit und Sicherheit leben können. Daher begrüßt die
SPD-Fraktion diese Erweiterung ausdrücklich.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504407600

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird die Überweisung des Gesetzent-

wurfs auf Drucksache 15/906 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. – Dazu
gibt es offenkundig keine anderweitigen Vorschläge.
Dann stelle ich mit der ausdrücklichen Ermutigung des
Kollegen Hoyer die Zustimmung des Plenums fest. Da-
mit ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 15 sowie Zusatz-
punkt 16 auf:

15 Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Be-
kämpfung des Missbrauchs von 0190er-/
0900er-Mehrwertdiensterufnummern
– Drucksache 15/907 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Kultur und Medien

ZP 16 Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Martina Krogmann, Ursula Heinen, Karl-Josef
Laumann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der CDU/CSU
Den Missbrauch von Mehrwertdiensteruf-
nummern grundlegend und umfassend be-
kämpfen
– Drucksache 15/919 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung war für
die Aussprache eine Stunde vorgesehen, die wir nicht
benötigen werden, weil die von den Fraktionen gemelde-
ten Redner Hubertus Heil, Manfred Zöllmer, Martina

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(C (D rogmann, Ursula Heinen, Ulrike Höfken, Marita Sehn nd für die Bundesregierung der Parlamentarische taatssekretär Ditmar Staffelt ihre Reden zu Protokoll egeben haben.1)

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagen

uf den Drucksachen 15/907 und 15/919 an die in der
agesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
er Gesetzentwurf auf Drucksache 15/907 – das ist
agesordnungspunkt 15 – soll zusätzlich an den Rechts-
usschuss, die Vorlage auf Drucksache 15/919 – das ist
usatzpunkt 16 – soll zusätzlich an den Innenausschuss
nd an den Ausschuss für Kultur und Medien überwie-
en werden. – Auch dazu gibt es offensichtlich keine an-
erweitigen Vorschläge. Ich vermute, dass mich der Kol-
ege Hoyer jetzt ermutigen möchte, die Zustimmung des
lenums zu den Überweisungsvorschlägen herzustellen,


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Volles Vertrauen!)

as hiermit mangels Widerspruchs bereits erfolgt ist.
Damit komme ich zu Tagesordnungspunkt 16:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Katherina
Reiche, Helmut Heiderich, Dr. Maria Böhmer,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/
CSU
Weiterentwicklung einer Biotechnologiestrate-
gie für den Forschungs- und Wirtschaftsstand-
ort Deutschland
– Drucksache 15/423 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für
iese Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. –
uch dazu höre ich keinen Widerspruch.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst

ie Kollegin Katherina Reiche für die CDU/CSU-Frak-
ion.


Katherina Reiche (CDU):
Rede ID: ID1504407700

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und
ollegen! Die Bedeutung dessen, was sich gegenwärtig
uf dem Gebiet der Bio- und Gentechnik abspielt, ist
aum zu überschätzen. Eine Revolution ist im Gange,
ie unser aller Leben tiefer und stärker verändern wird
ls die industrielle und die informationelle Revolution.

Anlage 2






(A) )



(B) )


Katherina Reiche

Denn die Erkenntnisse der modernen Biologie und ihre
Anwendung beeinflussen unser Selbstverständnis als
Menschen viel unmittelbarer als andere Naturwissen-
schaften. Kaum ein Lebensbereich wird davon unbeein-
flusst bleiben.

In Barcelona haben die EU-Regierungschefs im letz-
ten Jahr eine europäische Life-Science-Strategie be-
schlossen, eine strategische Vision für die Biowissen-
schaften und die Biotechnologie bis in das Jahr 2010.
Doch was hat die Bundesregierung seitdem getan, um
diese Strategie umzusetzen? – Nichts!


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Na, na, na!)


Die Rahmenbedingungen für die Biotechnologie haben
sich stattdessen verschlechtert.


(Jörg Tauss [SPD]: Gehen Sie einmal zu den parlamentarischen Abenden! Dann wüssten Sie das Gegenteil!)


Ich möchte Sie nur an die Haushaltsberatungen in die-
sem Jahr erinnern – ich weiß, das hören Sie nicht
gerne –: Der Spitzenforschung wurde mit einer Kürzung
von 60 Millionen Euro der Saft abgedreht.

Im globalen Wettbewerb ist Deutschland gerade auf
einen innovativen Vorsprung bei Produkten und Dienst-
leistungen angewiesen. Wissen und Forschung sind die
entscheidenden Faktoren. Fakt ist: Wir investieren nur
2,4 Prozent unseres Bruttoinlandsproduktes in For-
schung und Entwicklung. Das ist definitiv zu wenig.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Ulrike Flach [FDP])


Der Anteil der Förderung der Biomedizin an den For-
schungsmitteln beträgt in Deutschland nur 25 Prozent. In
den USA sind dies 33 Prozent, in Großbritannien
34 Prozent und in Dänemark 35 Prozent.

Resultat dieser Politik ist, dass Forschung und Ent-
wicklung zunehmend außerhalb von Deutschland statt-
finden. Gleichzeitig verlassen immer mehr junge deut-
sche Wissenschaftler unser Land. Sie forschen in der
Schweiz, in Großbritannien und in den USA. Allein im
letzten Jahr sind 111 000 junge Wissenschaftler abge-
wandert. Da der Abwanderung der Forschung und Ent-
wicklung erfahrungsgemäß auch die Produktion folgt,
hat dies mittel- und langfristig negative Auswirkungen
auf die Innovationskraft und die Leistungsfähigkeit der
deutschen Wirtschaft. Das führt zum Beispiel dazu, dass
Patienten viel später Zugang zu neuen innovativen Me-
dikamenten haben.


(Jörg Tauss [SPD]: Ausgerechnet die CDU!)

In Kürze werden auch die aufstrebenden asiatischen
Länder in den Wettbewerb eingreifen.

Die Bundesregierung hat es bis heute nicht fertig ge-
bracht, neue Spielräume für private Zukunftsinvestitio-
nen zu schaffen.


(Jörg Tauss [SPD]: Biomedizin der katholischen Kirche!)


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(C (D as gilt insbesondere für das Steuerrecht. In fast allen ndustrienationen gibt es neben niedrigen Unternehensteuern auch eine steuerliche Forschungsförderung. -und-E-treibende Unternehmen in Deutschland werden agegen nicht zielgerichtet steuerlich entlastet. Hinzu ommen eine Reihe von starren Reglementierungen, ine hohe Bürokratiedichte, steuerlich generell ungünsige Rahmenbedingungen, schleppende Genehmigungsnd Zulassungsverfahren, ein überregulierter Arbeitsarkt, eine schwache Konjunktur und der eben schon eschriebene steigende Fachkräftemangel. Es ist fahrlässig, das junge Pflänzchen Biotechnologie urch einen Rückgriff auf starre Dogmen zu zerstören. (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Ulrike Flach [FDP])

eben Sie den Unternehmen endlich mehr Luft zum At-
en!


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: So wie die CDU/CSU!)


ir stehen in Deutschland vor einer wichtigen Entschei-
ung: Entweder wir spielen in der Biotechnologie eine
assive und reagierende Rolle oder wir werden wieder
orreiter in diesem Bereich.
Die Erfahrungen in den vergangenen Jahren haben

anz deutlich gezeigt, dass die Entwicklung in der Bio-
echnologie stark von den politischen Rahmenbedingun-
en abhängt. Wir haben in den 90er-Jahren das Gentech-
ikgesetz novelliert und haben den Bioregio-Wettbewerb
nitiiert. Das war der Ausgangspunkt für einen bislang un-
rreichten Gründungsboom.


(Beifall bei der CDU/CSU)

er Technologietransfer aus universitären Forschungs-
inrichtungen in junge Start-up-Unternehmen hat seit-
em zugenommen. In der Biotechnologiebranche ist ein
elbstbewusstes Unternehmertum gewachsen. Auch die
kzeptanz der Biotechnologie hat in der Bevölkerung
ugenommen.
Wie sieht die Situation heute aus? Die Tageszeitung

Die Welt“ titelte gestern: „Deutsche Biotech-Branche
teckt in ihrer ersten schweren Krise“.
Der am 7. Mai vorgelegte „Deutsche Biotechnolgie-
eport 2003“ von Ernst & Young ist ein Alarmzeichen
n die Adresse der Bundesregierung. Den jungen Bio-
echunternehmen geht die Luft aus. Die Zahl der Be-
chäftigten ging 2002 um 7 Prozent auf 13 400 zurück.
er Umsatz sank um 3 Prozent. Die Zahl der Unterneh-
en sank zum ersten Mal seit fünf Jahren von 365 auf
60. 26 Unternehmen mussten Insolvenz anmelden. Die
usgaben für Forschung und Entwicklung wurden um
1 Prozent zurückgefahren. Von einer Aufholjagd ge-
enüber den Konkurrenten USA und Großbritannien
ann wirklich nicht mehr die Rede sein.
Die Bundesregierung muss reagieren, sonst bricht uns

ine der Schlüsseltechnologien weg. Die Wettbewerbs-
ähigkeit des Standorts muss verbessert werden, um
orschungsergebnisse schneller in marktfähige Produkte
nd Dienstleistungen umzusetzen. Wir müssen die






(A) )



(B) )


Katherina Reiche

Zulassungsverfahren beschleunigen und die steuerlichen
Rahmenbedingungen verbessern.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Akzeptanz der Biotechnologie ist eine entschei-

dende Voraussetzung. Erfreulicherweise fand in der Be-
völkerung ein Stimmungswechsel statt. 44 Prozent der
Bürgerinnen und Bürger sind mittlerweile der Ansicht,
dass der Nutzen der Bio- und Gentechnik deren Risiken
überwiegt. 1998 waren es noch 25 Prozent.


(René Röspel [SPD]: Wer war denn 1998 an der Regierung? Das ist doch interessant! – Jörg Tauss [SPD]: Das war eine Offenbarung!)


Außerdem stimmen 42 Prozent der Deutschen der Auf-
fassung zu, dass die Gentechnik für Deutschland eine
wirtschaftliche Bedeutung hat, und 46 Prozent der Deut-
schen befürworten den Einsatz der Gentechnologie zur
Immunisierung von Pflanzen.


(Thomas Rachel [CDU/CSU]: Trotz dieser rotgrünen Regierung!)


Meine Damen und Herren von der Bundesregierung,
Sie kannten diese Ergebnisse der Allensbach-Studie
lange vor der Bundestagswahl. Sie haben sie aus ideolo-
gischen Gründen verschwiegen


(Zuruf von der CDU/CSU: Wie so vieles andere auch!)


und die Veröffentlichung mehr als acht Monate ver-
schleppt.


(Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Allensbach muss man nicht ignorieren, sondern in den Papierkorb werfen!)


Es wird Zeit, dass diese Bundesregierung ein deutliches
Bekenntnis zur Biotechnologie abgibt und sich deutlich
hinter die Forscher der 360 Unternehmen mit 13 400 hoch
qualifizierten Beschäftigten stellt.

Lassen Sie gentechnisch veränderte Organismen in
der Pflanzenzüchtung wieder zu!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Setzen Sie sich für eine unverzügliche Aufhebung des
De-facto-Moratoriums für alle Neuzulassungen von gen-
technisch veränderten Lebensmitteln auf EU-Ebene ein!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Bei keinem einzigen der über 38 000 weltweit durchge-
führten Feldversuche konnten schädliche Auswirkungen
auf die Menschen, die Tiere oder die Biodiversität fest-
gestellt werden.


(Thomas Rachel [CDU/CSU]: Aha!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504407800

Frau Kollegin Reiche, gestatten Sie eine Zwischen-

frage des Kollegen Tauss?

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(C (D Nein, danke. Herr Kollege Tauss sollte zuhören, um och ein bisschen was zu lernen. (Beifall bei der CDU/CSU – Lachen bei der SPD)

Katherina Reiche (CDU):
Rede ID: ID1504407900
Hören Sie auf, mit den Ängsten der Menschen zu

pielen! Reine Angst war noch nie ein guter Ratgeber,
umal Sie diese mit einer hypertrophen Moral verbin-
en.


(Jörg Tauss [SPD]: Ist die unsicher!)

ngst verengt den Blick und immunisiert vor allem ge-
en jede Abwägung, die auch nach dem Nutzen neuer
rkenntnisse fragt. „Wer jedes Risiko ausschalten will,
er zerstört auch alle Chancen“, so Hans-Olaf Henkel,
er Präsident der Leibniz-Gemeinschaft.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Henkel hat Sie zurzeit richtig lieb!)


Wenn Deutschland seine führende Rolle innerhalb der
uropäischen Biotechnologie-Industrie selbstbewusst
ehaupten will, sind weitere Anstrengungen notwendig.
etzen Sie unverzüglich die EU-Biopatentrichtlinie
m!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

ie Unternehmen warten seit Juli 2000 auf Rechtssi-
herheit. Ohne Patente finden die Unternehmen keine
eber von Venture Capital und ohne Venture Capital
ibt es keinen Bestand der Unternehmen.
Novellieren Sie das Gentechnikgesetz, aber bitte

icht so, wie Sie es jetzt gerade planen! Das würde die
iotechnologiebranche nämlich weiter schwächen. Das
st ein Gentechnikverhinderungs- oder auch Ökoland-
auschutzgesetz.


(Jörg Tauss [SPD]: Sie sind doch eine Außenseiterin bei der CDU/CSU und nicht mehrheitsfähig! – Zuruf von der CDU/CSU: Die SPD hat einen Bürokratiewust zu verantworten!)


chon allein, dass der ursprüngliche Zweck des Geset-
es, die Bio- und Gentechnik nämlich als Chance und
otenzial für den Standort Deutschland anzusehen, er-
atzlos gestrichen wurde, spricht Bände, Herr Tauss.


(Beifall bei der CDU/CSU)

ie ebenso überraschenden wie faszinierenden Ergeb-
isse von Professor Hans Schölers Arbeit an murinen
S-Zellen sind ein weiteres Indiz für das ungeheure Po-
enzial dieser Technologie.


(Jörg Tauss [SPD]: Die heilige Frau Böhmer fehlt! Wo ist sie eigentlich?)


ir beginnen, den Schlüssel für das Funktionieren unse-
er Innenwelt zu verstehen. Auf diese faszinierende Op-
on sollten wir uns einlassen.
Wichtig ist ein Klima, in dem neue Ideen und Innova-

ionen entstehen können. Schule und Ausbildung können






(A) )



(B) )


Katherina Reiche

hier einen großen Beitrag leisten. Wir müssen die Neu-
gierde der Schülerinnen und Schüler auf Mathematik
und Naturwissenschaft weiter fördern.


(Thomas Rachel [CDU/CSU]: Bravo!)

Vielleicht ist ein naturwissenschaftlich interessierter
Abiturient schon der selbstständige Life-Science-Unter-
nehmer von morgen.

Der fruchtbare Transfer, der im 19. und in der ersten
Hälfte des 20. Jahrhunderts im Bereich der Ingenieur-
wissenschaften, der Chemie und der Physik zwischen
Wissenschaft und Unternehmertun stattfand, wiederholt
sich heute im Bereich der Biologie und der Pharmazie.
Es wäre fahrlässig, dieses Klima, in dem die Spitzenfor-
schung und der Unternehmergeist oft ein ganz neues,
symbiotisches Verhältnis eingehen, im Rückgriff auf
starre Dogmen zu zerstören, während die Entwicklung
um uns herum ganz rasant voranschreitet.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Bundesregierung ist aufgefordert zu handeln.
Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504408000

Herr Kollege Tauss, Sie wissen, dass ich persönlich

eine ganz besondere Freude an gezielten, knappen und
vor allen Dingen intelligenten Zwischenrufen habe. Ich
habe aber den Eindruck, dass es nicht nur der jeweilige
Redner, sondern möglicherweise auch das anwesende
Auditorium begrüßen würde, wenn gelegentlich einmal
drei aufeinander folgende Sätze ohne Zwischenruf vor-
getragen werden könnten.


(Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Ich war sehr zurückhaltend! – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Es gibt Redner, die dazu animieren, Herr Präsident!)


Ich wollte damit indirekt vorschlagen, dies bei der
nächsten Rednerin zu üben. Ich erteile dazu nun der Kol-
legin Frau Dr. Reimann für die SPD-Fraktion das Wort.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Für ein differenziertes Vorgehen sind wir immer!)



Dr. Carola Reimann (SPD):
Rede ID: ID1504408100

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten

Damen und Herren! Liebe Kollegin von der CDU/CSU-
Fraktion, es lohnte eigentlich nicht, Ihren Antrag zur
Weiterentwicklung einer Biotechnologiestrategie zu Pa-
pier zu bringen.


(Beifall bei der SPD)

Nun haben Sie sich auch nicht sehr viel Mühe gemacht;
denn Sie haben im Großen und Ganzen den alten Antrag
aus der 14. Legislaturperiode aus dem Papierkorb geholt
und einfach abgeschrieben.


(Ulrike Flach [FDP]: Von uns!)


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(C (D chon damals hinkte dieser Antrag in den allermeisten unkten der Realität hinterher. Unter Ihrem so genannten Zukunftsminister war der orschungshaushalt doch lediglich ein Steinbruch, der azu genutzt wurde, Theo Waigels Haushaltslöcher zu topfen. Diesen Trend haben wir mit der Regierungsbernahme 1998 umgekehrt. Wir haben den Haushalt ür Forschung und Bildung kontinuierlich erhöht. (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Helmut Heiderich [CDU/CSU]: Können Sie Ihre Behauptung auch einmal belegen, Frau Kollegin?)


ir haben die Forschungsförderung gerade für die Bio-
echnologie von 119 Millionen Euro in 1998 auf
43 Millionen Euro im Jahre 2003 verdoppelt.


(Beifall des Abg. René Röspel [SPD])

it dieser Verdopplung der Mittel haben wir deutliche
ignale für eine Förderung von zukunftsweisenden
echnologien gesetzt. Wie Sie alle wissen, war dieser
chritt überfällig; denn international hatte Deutschland
uf dem Gebiet der Biotechnologie in der Tat viel an Bo-
en wettzumachen.
Ihr Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist nicht

uf der Höhe der Zeit. Ein Großteil Ihrer Forderungen ist
bsolet. Ich muss sagen: Ihr Antrag ignoriert so souve-
än alles bisher Geleistete, dass wir ihm deshalb nicht
ustimmen können.


(Beifall bei der SPD)

Sie verlangen ein Rahmenkonzept für Biotechnolo-

ie. Wir haben eines.

(Helmut Heiderich [CDU/CSU]: Das ist auch alles!)

as ist auch überall nachzulesen. Seit 2001 ist dieses
ahmenprogramm mit 800 Millionen Euro für die För-
erung von Projekten im Bereich der Biotechnologie
usgestattet, Kollege Heiderich. Darüber hinaus haben
ir 180 Millionen Euro für ein „Nationales Genomfor-
chungsnetz“ bereitgestellt, das nicht nur mit den nöti-
en Mitteln ausgestattet ist, sondern von seiner Infra-
truktur und seiner Vernetzung her international
eachtung findet und beispielhaft ist.


(Beifall bei der SPD)

Wir haben die besten Arbeitsgruppen und Forschungs-

inrichtungen, die fortgeschrittensten Technologien und
ie notwendige interdisziplinäre Forschungsexpertise aus
iologie, Medizin, Physik, Ingenieurwissenschaften,
athematik und Chemie darin gebündelt. Sie sind gut
usgestattet und haben mit 400 Millionen Euro Projekt-
örderung in diesem Bereich eine Basis, sinnvoll zu for-
chen. Darüber hinaus haben wir – das wurde bereits an-
esprochen – 480 Millionen Euro für die institutionelle
orschung über die DFG, die MPG und die HGF für den
ereich Biotechnologie zur Verfügung gestellt.
Die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands auf einem

er wichtigen Zukunftsfelder in Wissenschaft und Wirt-
chaft ist durch diese Bemühungen damit nachhaltig






(A) )



(B) )


Dr. Carola Reimann

gestärkt. Deshalb ist es für uns selbstverständlich, die
Förderung des Nationalen Genomforschungsnetzes auch
über das Jahr 2003 hinaus auf dem erforderlich hohen
Niveau zu unterstützen.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Sie fordern zum Beispiel eine Fokussierung auf Zu-
kunftsfelder. Ein Beispiel, die Proteomforschung, ist ge-
nannt. Auf dieses Beispiel will ich näher eingehen. In der
Tat hat sich nach der Aufklärung der Genomsequenzen
ein Feld eröffnet, das nach der Sequenzierung des
menschlichen Erbguts und vieler größerer und kleinerer
Organismen die Erforschung von Struktur, Funktionen
und Interaktionen von Proteinen weltweit auf diesen Be-
reich verlagert. Aber diese Tatsache wurde längst berück-
sichtigt. Schon im Jahr 2000 gab es einen Förderschwer-
punkt „Neue effiziente Verfahren für die funktionelle
Proteomanalyse“. Hierfür wurden 60 Millionen Euro zur
Verfügung gestellt, und zwar mit Erfolg. Deutsche For-
schergruppen liegen im Bereich der Proteomforschung
mit an der Weltspitze.

Ein weiterer Punkt: Sie fordern ein Konzept zur För-
derung der Bioinformatik. Ohne Zweifel stellt die Bio-
informatik ein weiteres Schlüsselfeld in der Forschung
dar. Sie aber suggerieren in Ihrem Antrag, wir hätten den
Zug verpasst und in Untätigkeit verharrt. Schauen Sie
sich einmal die Zahlen an! Dann werden Sie feststellen,
dass dies schlicht nicht stimmt. Schon 2000 gab es eine
Ausbildungs- und Technologieoffensive Bioinformatik.
Das hat dazu geführt, dass von 2001 bis 2005 für den
Aufbau von sechs nationalen Kompetenzzentren im
Bereich Bioinformatik 50 Millionen Euro zur Verfügung
gestellt wurden.


(Beifall bei der SPD)

Zu nennen sind: Berlin, München, Köln, Braunschweig,
Jena und Gatersleben. In diesen Zentren sollen interdis-
ziplinäre Arbeitsgruppen aus Hochschule, Wirtschaft
und außeruniversitären Forschungseinrichtungen inno-
vative Werkzeuge für die Bioinformatik entwickeln und
gleichzeitig einen aktiven Beitrag zur Ausbildung quali-
fizierter junger Bioinformatikerinnen und Bioinformati-
ker leisten; denn in der Tat gab es bisher in Deutschland
auf diesem Gebiet einen Mangel an qualifiziertem Perso-
nal. Die Kompetenzzentren bieten gemeinsam mit den
Ländern Aufbaustudien- und Ausbildungsgänge an, um
eine schnelle Deckung des Bedarfs an Nachwuchs in
Forschung und Wirtschaft sicherzustellen.


(Beifall bei der SPD)

Mittlerweile gibt es nicht nur diese sechs, sondern elf
Kompetenzzentren für Bioinformatik. Wenn Sie sich in-
formieren,


(Jörg Tauss [SPD]: Ja: „Wenn Sie sich informieren …“!)


werden Sie erfahren, dass an 20 Hochschulen und Uni-
versitäten in Deutschland Bioinformatik studiert werden
kann.

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(C (D (Katherina Reiche [CDU/CSU]: Das sagt doch nichts über die Effektivität des Programms aus!)


Meine Damen und Herren, es wurde bereits angespro-
hen: Diese Woche wurde der neue „Deutsche Biotech-
ologie-Report 2003“ von Ernst & Young vorgestellt.
ie deutsche Biotech-Branche hat sich trotz eines
chlechten gesamtwirtschaftlichen Umfeldes behaupten
önnen. Freilich haben wir für das Jahr 2002 leichte
ückgänge auch in diesem Hightechsektor verzeichnen
üssen. Aber nach Jahren überschießenden Wachstums
rlebt die deutsche Biotechnologie-Industrie eine Phase
er Konsolidierung, die von Ernst & Young eigentlich
chon länger erwartet worden war, aber erst jetzt einge-
eten ist. Vor diesem Hintergrund sehen wir die große
irtschaftliche Bedeutung der Förderung der Biotechno-
gie.
Ein Beispiel für die fortgesetzten Bemühungen, die-

en Wirtschaftszweig zu entwickeln, ist das Programm
Bio-Chance“ der Bundesregierung. Es wendet sich ge-
ielt an kleine und mittelständische Unternehmen. Zur-
eit werden 52 Firmen mit 50 Millionen Euro unter-
tützt. Eine kleine Geschichte am Rande: Die „Bio-
hance“-Preisträger können sich in der Regel sehr er-
olgreich am internationalen Markt etablieren.
Der Report weist im Übrigen ausdrücklich darauf hin,

ass für die erste Phase, die Gründungsphase, bei Bio-
ch-Unternehmen genügend Kapital vorhanden ist und
ass es zahlreiche Zuschüsse gibt, allen voran vom Staat.
Im Sommer werden Frau Ministerin Edelgard
ulmahn und Herr Minister Wolfgang Clement das Kon-
ept „Innovation und Zukunftstechnologien im Mittel-
tand“ vorstellen. Mit dieser Mittelstandsinitiative wer-
en unter anderem die steuerlichen Rahmenbedingungen
ür Wagniskapital in Deutschland verbessert und so wei-
re Anreize geschaffen, dass das in Deutschland zwei-
ellos vorhandene Kapital auch in diesen zukunftsträch-
gen Wachstumsmarkt fließt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Meine sehr geehrten Damen und Herren, biotechno-
gische Produkte erfahren – Frau Reiche hat es ange-
prochen – eine steigende Akzeptanz und positive Befür-
ortung durch die Verbraucherinnen und Verbraucher.
s gibt bereits jetzt eine wachsende Nachfrage, gerade
pharmazeutischen Bereich. Die Hoffnungen, die sich

uf diesen Sektor unserer Wirtschaft richten, sind damit
urchaus berechtigt und für uns überdies Ansporn, den
rfolgreichen Weg fortzusetzen. Dafür bedarf es – es tut
ir Leid – nicht Ihres überholten Antrages, sondern der
nterstützung der Regierung.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504408200

Nun hat die Kollegin Ulrike Flach das Wort für die

DP-Fraktion.






(A) )


)

Vizepräsident Dr. Norbert Lammert


(Jörg Tauss [SPD]: Herr Präsident, darf ich jetzt wieder?)

– Selbstverständlich nicht.


(Heiterkeit)



Ulrike Flach (FDP):
Rede ID: ID1504408300

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-

ren! Lieber Herr Tauss, üben Sie sich ruhig weiter in Zu-
rückhaltung!

Die EU-Kommission hat bereits vor einem Jahr ein
Papier vorgelegt, in dem eine europäische Biotechnolo-
giestrategie konkretisiert wurde. Was auf EU-Ebene
geht, muss auch in Deutschland endlich umgesetzt wer-
den: eine konsistente, eine klare und eine einheitliche
Biotechnologiestrategie. Ich bin aus diesem Grunde der
Kollegin Reiche sehr dankbar, dass die CDU/CSU mit
einem Antrag – genau wie wir es in der vergangenen Le-
gislaturperiode getan haben – erneut auf dieses Manko in
Deutschland hinweist.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Das unterscheidet uns deutlich von Bundesregierung und
Koalitionsfraktionen,


(Thomas Rachel [CDU/CSU]: Wohl wahr!)

die immer wieder gegenteilige, sich diametral wider-
sprechende Signale an die Wissenschaftler und Unter-
nehmer der Biotechnologiebranche gegeben haben.

Gerade die jüngsten Entwicklungen in den USA in
der Stammzellforschung machen klar, wie rasant die
Wissenschaft voranschreitet. Zum ersten Mal konnten
Wissenschaftler nachweisen, dass sich aus isolierten em-
bryonalen Stammzellen Eizellen züchten lassen. Auch
wenn vieles noch der Überprüfung in Versuchsreihen be-
darf, ergeben sich daraus weitreichende Perspektiven,
lieber Herr Röspel. Ich bin gespannt, wie unterschiedlich
wir beide das interpretieren werden.


(Heiterkeit bei der SPD)

Es sollte Ihre Ministerin, Frau Bulmahn, doch stutzig

machen,

(Thomas Rachel [CDU/CSU]: Die hört doch gar nicht zu!)

dass es wieder einmal ein deutscher Wissenschaftler ge-
wesen ist, der in den USA arbeitet, der diese Entdeckung
gemacht hat. Wir haben ausgezeichnete Wissenschaftler,


(René Röspel [SPD]: Der ist rüber gegangen, weil er unter Kohl keinen Job gekriegt hat!)


aber wir halten sie offensichtlich nicht am Standort
Deutschland,


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Wann ist der gegangen?)


weil unsere Rahmenbedingungen in der Biotechnolo-
gie nach wie vor nicht optimal sind.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


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(C (D as liegt an dem von mir schon angesprochenen widerprüchlichen Bild, das die Bundesregierung in dieser rage abgibt. Beispiel eins: Für die Förderung der Pflanzengenom orschung gibt das BMBF unter Frau Bulmahn dankenserterweise circa 16 Millionen Euro aus. Aber wenn es m die Zulassung geht, dann verhandelt Frau Künast einen Deut anders, als Frau Fischer das vor einigen Jahen getan hat. Sie blockiert über das Bundessortenamt rneut, dass es zum Anbau und damit zur Nutzung ommt. Fazit: Frau Bulmahn fördert ehrenwerterweise die rundlagenforschung, Frau Künast verstopft die Anendung. Es ist noch grotesker: Obwohl Sie über die itfinanzierung des 6. Forschungsrahmenprogramms uch die grüne Gentechnik fördern, haben Sie erst im pril einen Antrag zum Anbau gentechnisch veränderter flanzen abgelehnt, der schließlich die logische Konseuenz Ihrer Forderungen und Förderungen wäre. Beispiel zwei: Die Novellierung des Gentechnikge etzes, basierend auf neuen Richtlinien der EU, sollte ine spürbare Deregulierung für gentechnische Arbeiten Labors bringen. Die Bundesregierung hat daraus ein erregelungsgesetz gemacht, (Helmut Heiderich [CDU/CSU]: Überregulierung!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


as umfangreiche Dokumentations- und Meldepflichten
orsieht. Von Entlastung keine Spur, im Gegenteil. Das
t offensichtlich wieder einmal ein Fall für unsere Kol-
gin Birgit Homburger, die sich vor allen Dingen mit
ürokratie befasst.
Beispiel drei: Die Biopatentrichtlinie ist zwischen der

PD und den Grünen so umstritten, dass Sie das Vorha-
en offenbar aufgegeben haben.


(René Röspel [SPD] Nein!)

Dabei haben sich schon im letzten Jahr die Verbände,

ie sich auch nicht ganz einig waren, auf eine Umset-
ung eins zu eins geeinigt, liebe Kollegen von der SPD
nd den Grünen. Die Umsetzung ist seit drei Jahren
berfällig. Die unmittelbare Folge für Wissenschaft und
ndustrie ist Rechtsunsicherheit und alles andere, als der
erühmte, eben von allen beschworene Ruck nach vorn.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Abg. René Röspel [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage – Jörg Tauss [SPD]: Ich darf nicht! Darf Herr Röspel?)


Ich habe auch Zweifel, ob die gerade eingerichtete
nquete-Kommission „Ethik und Recht der modernen
edizin“ dazu führen wird, dass wir endlich Entschei-
ungen bekommen. Der CDU-Antrag scheint offensicht-
ch auch nichts dazu beizutragen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504408400

Frau Flach, würden Sie eine Zwischenfrage des Kol-

egen Röspel gestatten?

(B)







(A) )



(B) )



Ulrike Flach (FDP):
Rede ID: ID1504408500

Herr Röspel.


René Röspel (SPD):
Rede ID: ID1504408600

Danke, Frau Flach, ich frage als Abgeordneter. – Sie

sprachen an, dass die Nichtumsetzung der Patentrichtli-
nie dazu führt, dass es Rechtsunsicherheit und Unsicher-
heit bei den Unternehmen gibt. Sind Sie darüber infor-
miert, dass das Europäische Patentamt bereits
Erteilungen in Vorwegnahme dieser Richtlinie vollzieht
und sozusagen de facto – das ist eines der diskutablen
Probleme – diese Richtlinie schon angewendet wird?


(Helmut Heiderich [CDU/CSU]: Dann brauchen Sie gar nicht mehr zu regieren!)



Ulrike Flach (FDP):
Rede ID: ID1504408700

Es kann doch, lieber Herr Röspel, eine konsistente Bio-

technologiestrategie dieser Bundesregierung nicht darin
bestehen, dass Sie sagen, es passiere etwas im Hinter-
grund.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Wir wollen klare nationale Regeln haben, nach denen
unsere Unternehmen vorgehen können. Wenn sie die
nicht haben, sind sie verunsichert.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Gerade das Thema Ethikkommission hat bei mir zu

einer Verunsicherung geführt, liebe Frau Reiche, was das
Thema Ihres Antrags angeht. Ich sehe mit großem Inte-
resse, dass der Name des Kollegen Hüppe nicht auf dem
Antrag steht, was mich nicht weiter erstaunt, da ich seine
Gedanken zu diesem Thema verfolge. Wir brauchen auf
jeden Fall – das haben Sie deutlich gemacht – einen
Schub für dieses Land. Darin haben Sie unsere volle Un-
terstützung. Ihr Antrag ist an vielen Stellen mit unserer
Meinung konsistent, aber er atmet nach wie vor auch an
vielen Stellen die nicht gerade forschungsfreundliche
Seele der CDU, und das gerade im Stammzellbereich.
Wir werden uns aus diesem Grunde enthalten.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504408800

Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Dr. Loske,

Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich
möchte zuerst etwas zu dem Antrag der CDU/CSU an-
merken. In der CDU/CSU gibt es eine gewisse Zwie-
spältigkeit, die durch diesen Antrag sehr deutlich wird.
Auf der einen Seite werden sehr fundamentale ethische
Positionen vertreten; auf der anderen Seite sind Sie völ-
lig kritiklos den Empfehlungen der Deutschen Industrie-
vereinigung Biotechnologie gefolgt. Das passt vorne und
hinten nicht zusammen. Das sollten Sie sich klar ma-
chen.

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(C (D (Helmut Heiderich [CDU/CSU]: Das passt schon zusammen!)


er Hinweis von Frau Flach ist insofern berechtigt.
Es ist auch erstaunlich, wer in dieser Debatte nicht an-
esend ist. Ich möchte niemanden konkret nennen, aber
hr bildet in dieser Frage offenbar zwei Fraktionen, von
er nur eine hier vertreten ist, die sich aber umso lauter
ußert. Das ist nicht besonders glaubwürdig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Als zweiten Punkt möchte ich auf Professor Schöler
urückkommen. Auch das ist ein interessanter Wider-
pruch. Man muss in diesem Zusammenhang die Frage
tellen, wann er in die Vereinigten Staaten gegangen ist,
eil er hier keine Beschäftigungsmöglichkeit gefunden
at. Das war nämlich zu einer Zeit, als es diese Regie-
ung noch nicht gab. Ich habe vergangene Woche auf der
rsten Seite der „Süddeutschen Zeitung“ gelesen, dass
m Gegenteil inzwischen viele Wissenschaftlerinnen und
issenschaftler wieder aus dem Ausland nach Deutsch-

and zurückkehren. Wir haben es langsam geschafft
auch wenn wir noch viel besser werden müssen –, den
ug in eine andere Richtung zu bewegen.


(Beifall bei der SPD)

Dass ausgerechnet Sie uns vorhalten, die Wissen-

chaftler seien ausgewandert, ist schon arg an den Haa-
en herbeigezogen, zumal Sie genau wissen, dass seit
998 im Bereich der Wissenschaft insgesamt eine
norme Aufstockung erfolgt ist. Zwischen 1994 und
998 gab es einen Rückgang; zwischen 1998 und 2002
ar ein Anstieg zu verzeichnen. Selbst in der schwieri-
en Situation, in der wir uns jetzt befinden, wächst die-
er Haushalt, wenn auch langsamer als geplant. Insofern
assen Ihre Ausführungen vorne und hinten nicht zu-
ammen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504408900

Herr Loske, der Kollege Tauss möchte gerne eine

wischenfrage stellen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Eine kritische?


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504409000

Das wissen wir möglicherweise, sobald er sie gestellt

at.

(Helmut Heiderich [CDU/CSU]: Das bringt er bei Rot-Grün nicht fertig!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1504409100

Lieber Herr Kollege Loske, es geht mir um einen Er-

enntnisgewinn, weil sich die Kollegin Reiche beharr-
ich geweigert hat, Zwischenfragen zu beantworten. –
ehe ich es richtig, dass der von ihr erwähnte Wissen-
chaftler Schöler 1996 das Land verlassen hat? Können






(A) )



(B) )


Jörg Tauss

Sie mir noch einmal auf die Sprünge helfen, wer 1996
regiert hat?


(Heiterkeit bei der SPD)


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜ NEN)

Ob Professor Schöler 1996 das Land verlassen hat,

weiß ich nicht. Sein Weggang ist jedenfalls ein Verlust
für die deutsche Forschungslandschaft; das ist keine
Frage. Aber soweit ich mich erinnere, haben 1996 die
CDU/CSU und die FDP regiert.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Hervorragendes Gedächtnis! – Thomas Rachel [CDU/CSU]: Danke für den intellektuellen Beitrag!)


Sie sehen, ich kenne mich in der deutschen Innenpolitik
aus.

Ich wollte, wie gesagt, auf die enorme Spaltung in der
CDU/CSU zwischen den sehr heroischen, fundamenta-
len Positionen zur Bioethik und der Tatsache, dass Sie
einer sehr kritiklosen Biopolitikstrategie das Wort reden,
hinweisen. Das passt nicht zusammen.

Ähnliches gilt für das Thema Biopatentrichtlinie.
Ich gehe gleich näher darauf ein. Man kann dieses
Thema zwar sehr gewissenhaft diskutieren, aber einst-
weilen ist Realität, dass nur sechs von 15 Ländern inner-
halb der Europäischen Union die Biopatentrichtlinie in
nationales Recht umgesetzt haben. Neun Länder haben
sie noch nicht umgesetzt. Manche haben sogar vor dem
Europäischen Gerichtshof dagegen geklagt. Viele ver-
schleppen die Umsetzung; andere quälen sich damit. Nur
die Union – die FDP sowieso – weiß, was richtig ist.


(Ulrike Flach [FDP]: Und die zuständigen Verbände!)


Realität ist, dass es auch in Deutschland eine Spaltung
gibt. Auf der einen Seite gibt es ernst zu nehmende Kriti-
ken vonseiten der Kirchen, der Umweltverbände und in-
teressanterweise vonseiten der Forschung und des Bau-
ernverbands. Deren Kritik gilt der Sorge, dass es eine
forschungshemmende Wirkung geben könnte und die
Entwicklung möglicherweise eingeschränkt würde. Auf
der anderen Seite steht das Begehren nach Rechtssicher-
heit und Rechtsklarheit. Das ist völlig klar. In diesem
Spannungsfeld bewegen wir uns. Wir führen zurzeit Ge-
spräche zwischen den Koalitionspartnern.


(Helmut Heiderich [CDU/CSU]: Wie lange schon! – Thomas Rachel [CDU/CSU]: Schon fünf Jahre lang!)


Die Gespräche sind keineswegs eingestellt worden, Frau
Kollegin Flach.

Wir – ich meine in diesem Zusammenhang die
Grünen – verfolgen ein doppeltes Ziel: Wir sind bereit,
die Biopatentrichtlinie auf nationaler Ebene umzusetzen,
wenn die offenen Fragen geklärt werden, die die Reich-
weite der Patente betreffen. Wir wollen nicht, dass große
Konzerne quasi ganze Gensequenzen besetzen und dann

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(C (D en Forschungsfortschritt verhindern. Das ist mit uns icht möglich. (Thomas Rachel [CDU/CSU]: Wer will denn das?)


Das zweite Ziel, das wir verfolgen, ist die Einführung
ines Herkunftsnachweises. Hinzu kommen Datenschutz-
rwägungen.


(Thomas Rachel [CDU/CSU]: Wann kommt denn Ihr Vorschlag?)


Ich glaube, dass wir in diesen Fragen zu einer Lösung
ommen können. Ich bin zuversichtlich, dass wir das
chaffen werden.
Der entscheidende Punkt ist, dass auf europäischer

bene über kurz oder lang ein neuer Anlauf zur Über-
rbeitung der Biopatentrichtlinie erfolgen muss.

(Helmut Heiderich [CDU/CSU]: Wie lange wollen Sie sich eigentlich noch herausreden?)

enn diese Richtlinie entspricht in ihrer heutigen Fas-
ung dem Diskussionsstand von Anfang bis Mitte der
0er-Jahre. Das wissen diejenigen unter Ihnen, die sich
amit beschäftigen, sehr genau. Die Revolution der Er-
enntnisse in der Bioforschung hat in den vergangenen
rei bis fünf Jahren stattgefunden. Das heißt, das Patent-
echt auf dem Stand der ersten Hälfte der 90er-Jahre und
er Forschungsstand zu Beginn des 21. Jahrhunderts
laffen weit auseinander. Weil beides nicht zusammen-
asst, ist die Überarbeitung der Biopatentrichlinie auf
uropäischer Ebene notwendig. Das ist unsere Position.


(Zuruf von der CDU/CSU: Ja, dann macht es doch!)


Sie wissen doch, dass das Initiativrecht bei der Kom-
ission liegt. Die Regierung kann sehr wohl Signale
enden. Das werden wir auch tun.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504409200

Herr Loske, darf nun vielleicht auch die Kollegin

lach eine Zwischenfrage stellen?


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Ja, gerne. Warum nicht?


Ulrike Flach (FDP):
Rede ID: ID1504409300

Lieber Kollege Loske, da Sie offensichtlich allwis-

end sind, möchte ich Sie gerne fragen:


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Allwissend?


Ulrike Flach (FDP):
Rede ID: ID1504409400

Darf ich das, was Sie gesagt haben, so interpretieren,

ass Sie erst abwarten wollen, ob auf EU-Ebene erneut
ovelliert wird, bevor Sie zu Werke gehen?






(A) )



(B) )



(BÜNDNIS 90/DIE GRÜ NEN)

Ich verstehe den Zusammenhang nicht. Was meinen

Sie mit „allwissend“?

(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜ NEN und bei der SPD)


Ulrike Flach (FDP):
Rede ID: ID1504409500

Ich meinte das im Hinblick auf die zielführende Frage

des Kollegen Tauss.

(BÜNDNIS 90/DIE GRÜ NEN)

Jetzt verstehe ich die tiefere Ironie. Der Groschen ist

bei mir pfennigweise gefallen.
Die Umsetzung der europäischen Richtlinie in natio-

nales Recht müssen wir angehen. Das ist gar keine
Frage.


(Katherina Reiche [CDU/CSU]: Seit drei Jahren!)


Es gibt noch – das habe ich bereits erwähnt – drei of-
fene Fragen, nämlich die Frage der Reichweite der
Stoffpatente, des Herkunftsnachweises und des Daten-
schutzes. Hierüber gibt es im Moment Gespräche zwi-
schen SPD, Grünen und BMJ. Wir sind gewillt, zu ei-
ner Lösung zu kommen. Aber wir als Grüne wollen –
das hat das Kabinett schon in der letzten Legislaturperi-
ode beschlossen –, dass die Bundesregierung in Brüs-
sel einen neuen Anlauf zur Überarbeitung der Biopaten-
trichtlinie startet, um sie auf die Höhe der Zeit zu
bringen. Das ist unsere Position.


(Ulrike Flach [FDP]: Ich danke Ihnen!)

Ich hoffe, dass ich Ihre Frage auch mit meinem durch-
schnittlichen Wissen ausreichend beantworten konnte.

Zurück zu dem, was wir Grüne wollen: Unsere Posi-
tion zur gesamten Gentechnik ist, glaube ich, in den letz-
ten Jahren klar geworden. Wir wollen die ethisch unbe-
denkliche Forschung im Bereich der roten Gentechnik
unterstützen. Das tun wir bereits im Rahmen unserer
Forschungspolitik. Das soll bei der medizinischen For-
schung und insbesondere bei der Medikamentenfor-
schung intensiviert werden. Wir wollen aber auch klare
ethische Prinzipien und vor allen Dingen Transparenz.
Deswegen sind solch große Konferenzen, die zur Auf-
klärung der Öffentlichkeit beitragen, wie die im Jahr
2000 von Andrea Fischer oder wie die im Jahr 2003 von
Edelgard Bulmahn zum Klonen initiierte, ein wichtiger
Beitrag zum öffentlichen Diskurs. Der Opposition fehlt
offenbar die Vorstellung, dass man über komplexe ethi-
sche Probleme auch fundamental diskutieren muss.

Für uns ist auch die ethische Begleitforschung sehr
wichtig; denn wir glauben in der Tat, dass neben der rei-
nen technischen Forschung auch dieser Forschung ein
großer Stellenwert beigemessen werden muss. Biotech-
nologie ist mehr als das, was Sie in Ihrem Antrag präsen-
tieren. Wir sind zum Beispiel der Meinung, dass der
ganze Bereich der Bionik ein sehr zukunftsträchtiges

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(C (D eld ist. Hier geht es um das Lernen von der Natur Stichwort „sanfte Biotechnologie“ –, um die Übertragarkeit von Bau-, Funktions-, Datenübertragungs-, Enticklungsund Evolutionsprinzipien der Natur auf die echnik. Das ist eine intelligente Form der Biotechnoloie, die wir auf der ganzen Linie unterstützen. (Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])


Es ist bekannt, dass wir der grünen Gentechnologie
keptisch gegenüberstehen. Wir glauben nämlich, dass
ie im Grunde genommen nicht erforderlich ist, dass
urch züchterische Leistungen die gleichen oder sogar
essere Ergebnisse erzielt werden können. Hier gibt es
ffenkundig einen Dissens. Wir sind jedenfalls der Mei-
ung, dass man in diesem Bereich eher Anbau-, Züch-
ungs- und auch Tierhaltungsoptionen fördern sollte, die
uf eine umweltverträgliche Landwirtschaft hinauslau-
en.


(Ulrike Flach [FDP]: Das ist das, was ich gesagt habe!)


Man muss es vor allen Dingen ganzheitlich sehen.
an darf nicht einen kleinen Bereich herausnehmen.
it der CDU-Position habe ich folgendes Problem: Auf
er einen Seite vertreten Sie fundamentalistische Prinzi-
ien. Auf der anderen Seite reden Sie – quasi als Ersatz-
andlung – die grüne Gentechnologie hoch. Das ist recht
igentümlich.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich fasse zusammen: Das, was die CDU/CSU in ih-
em heutigen Antrag präsentiert hat, ist meines Wissens
ortgleich mit einem Antrag aus dem Jahre 2002. Die
iskussion ist aber weitergegangen. Sie sind genau ein
ahr hinter dem Stand der aktuellen Diskussion zurück.
eswegen können wir Ihrem Antrag nicht zustimmen.
Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504409600

Nächster Redner ist der Kollege Helmut Heiderich,
DU/CSU-Fraktion.


(Jörg Tauss [SPD]: Beweisen Sie einmal, dass jemand etwas von dem Thema versteht, Herr Heiderich!)



Helmut Heiderich (CDU):
Rede ID: ID1504409700

Herr Tauss, ich werde versuchen, Ihnen intellektuell

erecht zu werden.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen

nd Kollegen! Zuerst: Die wirtschaftliche Lage in
eutschland ist bedenklich. Die Arbeitslosigkeit steigt
naufhörlich. Anstatt Fortschritte zu erzielen, dümpeln
ir nur noch dahin. Es gibt mehr Stillstand als Entwick-
ung. Wachstum weisen unter Rot-Grün nur noch die
ergrößerten Löcher in den Haushaltskassen auf.






(A) )



(B) )


Helmut Heiderich


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist Schwarzmalerei!)

– Verehrter Herr Kollege Schmidt, das ist keine
Schwarzmalerei, sondern Feststellung der Fakten, die je-
den Tag auf den Titelseiten der Zeitungen verbreitet wer-
den. Das ist Ihre Politik. Diese müssen Sie schon zur
Kenntnis nehmen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Warum sage ich das? Gerade in einer solchen Lage

– so meine ich – müsste die Regierung doch massiv inte-
ressiert sein, die Wachstumskerne der Zukunft mit aller
Kraft weiterzuentwickeln. Ich möchte in diesem Zu-
sammenhang Herrn Schröder zitieren. In seiner Rede
bezeichnete der Bundeskanzler die Gentechnik – jetzt
hören Sie gut zu! – als Schlüsseltechnologie für die mo-
derne Landwirtschaft – Herr Loske, haben Sie zugehört? –,
für die Medizin, für die Pharmazie, für die Chemie und
für die Lebensmittelindustrie, für den Umweltschutz und
für viele andere Wirtschaftsbereiche. Solche Worte hörte
man auf der EXPO 2000. Manche sollen daran sogar ge-
glaubt haben.

Die Realität der Politik von Rot-Grün und des Kanz-
lers sehen schlecht aus, verehrter Herr Tauss. Das kann
man aktuell beispielsweise dem Biotechnologie-Report
von Ernst & Young entnehmen, aus dem hier eben schon
mehrfach zitiert worden ist.

Man muss die Situation genau betrachten. Wir von
der CDU/CSU weisen schon seit zwei Jahren in diesem
Hause auf Folgendes hin – Herr Tauss, hören Sie gut
zu! –: Die Biotechnikbranche in Deutschland verliert
zunehmend an Wettbewerbsfähigkeit. Die Bundesregie-
rung, insbesondere Frau Ministerin Bulmahn, hat für die
Öffentlichkeit immer ein rosiges Bild gezeichnet, indem
sie auf die bloße Anzahl der gegründeten Unternehmen
hingewiesen hat. Die Praxis ist allerdings gar nicht rosig;
denn die deutschen Unternehmen sind zu klein, sie sind
in ihrer Entwicklung weit zurück und sie sind weit davon
entfernt, wirtschaftlichen Erfolg zu haben.

Ich nenne in diesem Zusammenhang zwei Zahlen.
Schon 2001 stellten Ernst & Young fest, die deutsche Bio-
technik habe in diesem Jahr einen Verlust von
411 Millionen Euro erwirtschaftet; das seien 66 Prozent
mehr als im Vorjahr. In 2002 ist der Verlust auf inzwi-
schen 661 Millionen Euro – das ist ein Zuwachs um
mehr als die Hälfte – gestiegen. Uns ist es ein Rätsel,
wie Sie bei diesen Vorgaben behaupten können, im Be-
reich der Biotechnik alles Erforderliche getan zu haben.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Des Weiteren zeigt der aktuelle Biotechnologie-Re-

port, dass Deutschland in den wichtigen Entwicklungs-
phasen II und III – in diesen Phasen werden die Ideen
der Forscher in Produkte, in wirtschaftlichen Erfolg und
in Arbeitsplätze umgesetzt – weit abgeschlagen zurück-
liegt. In diesen Phasen habe Deutschland einen Anteil
von gerade 6 Prozent an der europäischen Entwicklung.
Zum Vergleich: Großbritannien hat einen Anteil von
58 Prozent. Man hat uns jahrelang erklärt, man wolle
eine Aufholjagd gegenüber Großbritannien und den

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(C (D SA beginnen. Ich stelle fest: Deutschland liegt mit eiem Anteil von 6 Prozent gegenüber Großbritannien um ängen zurück. Sie sollten sich nicht loben, sondern ndlich versuchen, eine bessere Politik im Bereich Bioechnologie zu machen. In Entwicklungsphase III – erst in dieser Phase wird ber die Vermarktung der Produkte Umsatz gemacht – waen im Jahre 2002 – Herr Tauss, bitte hören Sie genau zu; as können auch Sie intellektuell verarbeiten – gerade och drei deutsche Produkte im Wettbewerb. ch möchte Sie bitten, sich dieses Themas ein bisschen ehr anzunehmen und über unseren Antrag nicht einach hinwegzugehen, nach dem Motto: Das alles haben ir schon gestern gewusst. – Mitnichten! Vielleicht haen Sie etwas gewusst; aber Sie haben – das ist der entcheidende Punkt – nichts vorangebracht. Was tut die Bundesregierung in dieser Lage? Ich erin ere nur kurz – meine Redezeit ist sehr eng bemessen – an as, was Sie getan haben: Die Bundesregierung hat – entegen ihrer festen Zusage – im Bereich der Spitzenforchung Kürzungen in Höhe von 70 Millionen Euro vorenommen. (Jörg Tauss [SPD]: Was schwätzen Sie denn da? Das, was Sie erzählen, ist die schlichte Unwahrheit!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Lachen bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)


ngesichts dessen frage ich Sie: Wo bleiben die For-
cher? Wo bleiben die Wissenschaftler? Wo bleiben die
echnischen Mitarbeiter? Wo bleiben die Studenten? Wo
leibt die Entwicklung? Erst auf hohen Druck von allen
eiten sind Sie von Ihren Plänen ein Stück weit abge-
ückt. Dem gingen monatelange Diskussionen voraus.
In der „FAZ“ vom 29. April 2003 steht Folgendes:
Wegen besserer Arbeitsbedingungen, besserer Be-
zahlung, besserer Perspektiven kommt es zu einer
verstärkten Abwanderung von Spitzenkräften ins
Ausland.


(Jörg Tauss [SPD]: Schon wieder falsch!)

Ich bitte Sie, das einfach nachzulesen. Ich habe dieses
itat nicht erfunden. Ich habe es hier einfach nur vorge-
ragen.


(Jörg Tauss [SPD]: Nachgeplappert! Sie können es mal überprüfen!)


Verehrter Herr Tauss, ich habe es so vorgetragen, wie
s in der „FAZ“ steht. Dort können Sie es gerne nachle-
en.
Ich komme auf das Biopatentrecht zu sprechen. Die
undesregierung sei auf der Höhe der Zeit, hat Herr
oske gesagt. Inzwischen sind aber fast fünf Jahre ins
and gegangen. Die Bundesregierung – das haben Sie
ben bestätigt – ist noch immer handlungsunfähig.


(Ulrike Flach [FDP]: So ist es!)







(A) )



(B) )


Helmut Heiderich

Ich erinnere Sie daran, dass Sie schon einmal einen Ent-
wurf in dieses Parlament eingebracht haben. Da Sie sich
nicht einig werden konnten, mussten Sie Ihren Entwurf
wieder zurückziehen. Sie sind bis heute nicht in der
Lage, einen neuen Entwurf einzubringen. Das ist ein
Faktum und das ist das Ergebnis Ihres politischen Han-
delns.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Nun kann man natürlich, wie der Kollege Röspel, sa-
gen: Was soll es? Das Europäische Patentamt macht so-
wieso längst, was es will. – Dann können Sie auch Ihre
Regierungstätigkeit in Deutschland einstellen und sich
verabschieden.


(Ulrike Flach [FDP]: Das ist wohl wahr!)

Dann können andere für Sie handeln.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Das wäre für Deutschland in dieser Situation sicherlich
eine bessere Lösung.


(Jörg Tauss [SPD]: Es gibt bei Ihnen ja keinen, der es könnte!)


Ich will an dieser Stelle, Herr Tauss, ein Zitat von EU-
Kommissar Bolkestein einbringen, der zum Thema Bio-
patentrichtlinie gesagt hat: Solange diese nicht umge-
setzt ist, „sind dem europäischen Biotechnologiesektor
die Hände gebunden; er wird folglich immer weiter zu-
rückfallen“. Das ist ein Zitat vom 28. Januar dieses Jah-
res. Das ist eine klare Aussage eines Fachmannes. Das
sollte man zumindest einmal zur Kenntnis nehmen und
nicht einfach so zur Seite wischen.

Was macht die Bundesregierung sonst noch? Sie ver-
schärft die Vorschriften; sie verstärkt die Bürokratie. Sie
verzögert – das ist eben schon vorgetragen worden – Ge-
nehmigungsverfahren. Herr Loske, an einer Stelle könn-
ten Sie sich wirklich sehr erfolgreich betätigen. Es ist
höchste Zeit, dass Sie Künast und Trittin von der Bremse
nehmen. Solange sie die Verfahren weiter verschärfen,
wird in Deutschland die Biotechnikbranche weiter auf
dem Rückzug sein und nicht nach vorn kommen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Beispiel Gentechnikgesetz; das ist schon angespro-
chen worden. Erst haben Sie jahrelang gebraucht, bis
überhaupt eine Umsetzung in Gang kam.


(Lachen des Abg. Jörg Tauss [SPD])

– Ich bitte Sie, Herr Tauss!


(Jörg Tauss [SPD]: Das ist Geschichtsklitterung!)


– Ich kann Ihnen zum Nachlesen gern einen Bericht Ih-
rer Bundesregierung geben, in dem sie versprochen hat,
bis zum Jahr 2000 die Umsetzung vorzulegen. Das kön-
nen Sie gern von mir haben. Eingehalten haben Sie es
nicht; Sie haben es in 2002 endlich geschafft. Sie sind
hinter Ihren eigenen Versprechungen also um Jahre zu-
rück.



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(C (D Herr Tauss, das ist so. Statt Hürden abzubauen – wir Deutschen waren einal die Vorreiter beim Gentechnikrecht; viele Europäer aben das übernommen; jetzt kommt es von Europa ach Deutschland zurück, aber Sie sagen nicht: Wir sind roh und damit einverstanden –, setzen Sie neue Hürden bendrauf. Sie packen neue Bürokratie drauf. Das ist zu iner neuen Behinderung und zu einer neuen Beeinträchigung geworden. (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Ulrike Flach [FDP])


(Jörg Tauss [SPD]: Das ist ganz daneben!)


(Jörg Tauss [SPD]: Nein!)


Bundesregierung und Forschung. Vorhin ist die Ge-
omforschung schon angesprochen worden. Was wird
it den UMTS-Förderungen im nächsten Jahr? Ihnen
iegen sicherlich so wie mir die Brandbriefe von For-
chungsanstalten vor, zum Beispiel der Proteinstruktur-
abrik Berlin. Es wird gesagt: Wir stehen vor dem Aus.
ie Bundesregierung sagt nicht, wie es weitergehen soll.
lles zerbricht und zerfällt. – Frau Bulmahn, ich habe es
chriftlich. Sie können es gerne bei mir einsehen. Es
iegt Ihnen bestimmt auch vor.


(Jörg Tauss [SPD]: Schicken Sie es mal!)

Gern; das können Sie haben. – Es besteht längst die Si-
uation, dass Sie um die Probleme herumreden, aber Lö-
ungen hermüssen.


(Abg. Edelgard Bulmahn [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


Noch ein letztes Beispiel. In der grünen Gentechnik
aben Sie es dazu gebracht, dass in diesem Jahr wenigs-
ens ein Miniversuch auf sage und schreibe 200 Quadrat-
etern in Thüringen stattfinden durfte. Nur, ehe der Ver-
uch überhaupt in Gang kommen konnte, haben die
reunde von Greenpeace den Versuch gegen Recht und
esetz zerstört. Sie sitzen dabei, schauen sich das an und
agen kein Wort; weder verhindern Sie es, noch verurtei-
en Sie es. Da wäre eine Bundesregierung gefordert, end-
ich einmal Position zu beziehen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

enn Sie das täten, könnten Sie sagen, Sie hätten etwas

ür die Gentechnik getan.
Unser Antrag ist ein deutlicher Fortschritt.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504409800

Aber die Redezeit ist auch deutlich überschritten.


Helmut Heiderich (CDU):
Rede ID: ID1504409900

Es ist mein letzter Satz, Herr Präsident. – Ich bitte Sie

erzlich, im Interesse der deutschen Biotechnikindustrie
em Thema mehr Beachtung zu schenken und unserem
ntrag zuzustimmen.
Schönen Dank.






(A) )



(B) )


Helmut Heiderich


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504410000

Frau Kollegin Bulmahn, ich bitte um Nachsicht. Bei

deutlich überschrittener Redezeit kann ich eine Zusatz-
frage nur noch schwerlich zulassen.

Zum Schluss der Debatte zu diesem Tagesordnungs-
punkt erteile ich dem Kollegen Röspel für die SPD-Frak-
tion das Wort.


René Röspel (SPD):
Rede ID: ID1504410100

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wollte ei-
gentlich meine Rede einmal mit einem ganz anders gear-
teten Überblick über dieses Thema beginnen, aber ich
kann nicht anders, als zunächst auf Herrn Heiderich ein-
zugehen. Frau Reimann hatte ja wirklich in aller Deut-
lichkeit gezeigt, was diese Bundesregierung in den letz-
ten vier Jahren geleistet hat. Ich hatte gehofft, dass das
auch verstanden wird, aber vielleicht lesen Sie einfach
noch einmal das Protokoll nach, um die entsprechenden
Zahlen und Fakten nachzuvollziehen.


(Beifall bei der SPD)

Es war schon hanebüchen, was ich hier teilweise von Ih-
nen, Herr Heiderich, vernommen habe.

Erster Punkt. Sie behaupteten, ein Gentechnikgesetz
gebe es nicht und dessen Erstellung sei von uns ver-
schleppt worden, während andere Länder Vorreiterrollen
eingenommen hätten. Ich erinnere mich noch, als ich vor
etwas mehr als zehn Jahren im Labor gestanden habe,
dass darüber diskutiert wurde, dass die Zulassungsver-
fahren gerade für Laborversuche in allen anderen Län-
dern viel einfacher und weniger bürokratisch seien, die
Kohl-Regierung es aber wenigstens hinbekommen habe,
das Gentechnikgesetz in Teilen zu verändern. Das heißt,
es gab es schon damals und es gibt es heute auch noch.
Es geht darum, es zu verändern und


(Helmut Heiderich [CDU/CSU]: Es geht um die Umsetzung der Richtlinie!)


– in der Tat – EU-Richtlinien umzusetzen.
Zweiter Punkt. Ehe Sie etwas zur Situation von Bio-

technologieunternehmen sagen, sollten Sie vielleicht
erst einmal den Bericht von Ernst & Young wirklich
durchlesen und nicht nur einige aus dem Zusammenhang
gerissene Fakten bringen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Natürlich steckt diese Branche im Moment in der Krise
und hat Probleme. Wenn man sich aber einmal um-
schaut, stellt man zum Ersten fest, dass das für alle Bran-
chen in Deutschland, in Europa und in der Welt zutrifft.
Zum Zweiten ist die Krise der Biotechnologie nicht auf
deutsche Unternehmen beschränkt, sondern in allen an-
deren Ländern besteht das gleiche Problem. Zum Dritten
sind auch die Verluste der Biotech-Unternehmen, die Sie
beklagen, in größerem Zusammenhang zu sehen. Ich
kenne bis auf wenige Ausnahmen in Deutschland welt-

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(C (D eit kaum Unternehmen im Biotechnologiesektor, die ereits schwarze Zahlen schreiben. Das Grundproblem st nämlich immer dasselbe: Man braucht am Anfang iele Mittel für die Forschung, bis man überhaupt zu eiem Ergebnis kommt. Das führt quasi automatisch dazu, ass das Unternehmen, wenn es nicht mit starker staatliher Unterstützung gegründet wird, in den ersten Jahren assive Verluste macht. Ihre Darstellung hat mich also chon ein wenig entsetzt. Schließlich möchte ich noch einen Punkt ansprechen: n der Tat haben wir es geschafft, dass seit den Jahren 999 und 2000 viele Biotechnologieunternehmen in eutschland gegründet wurden. Ich kann mich dann ber nicht 2003 darüber auslassen und beschweren, dass as alles kleine Unternehmen seien. Erwarten Sie etwa, ass bereits nach drei Jahren Großkonzerne existieren? ch muss schon sagen, dass es wohl besser wäre, wenn an diese Argumentation von Ihnen im Protokoll nicht achliest; denn das lohnt sich nicht wirklich. Ich wollte eigentlich meine Rede mit einem entwick ungsbzw. evolutionsbiologischen Überblick beginen. Nach einer gängigen wissenschaftlichen Theorie ist n einem Freitagmorgen – wir können uns darüber unteralten, ob es nicht vielleicht doch ein Donnerstagmorgen ar – vor etwa 4,5 Milliarden Jahren diese Erde bzw. iese Welt entstanden. Dieser Zeitraum übersteigt unsere orstellungsmöglichkeiten bei weitem. Vielleicht macht s ja Sinn, statt dieses Zeitraums eine Strecke zu nehen. Wenn man sich also vorstellt, dass sich die Evoluon jedes Jahr um 1 Millimeter auf dieses Rednerpult zuewegen würde, dann wäre die Welt in 4 500 Kilometern ntstanden; die Evolution hätte also irgendwo mitten im tlantik auf den Azoren begonnen. Da es weitere 700 Millionen Jahre gebraucht hat, bis as erste Leben entstanden ist, wären wir damit also imer noch 3 500 Kilometer von hier entfernt in Spanien. a es weitere 2 Milliarden Jahre brauchte, bis die ersten ellen entstanden sind, wären wir in Marseilles angekomen und hätten noch 1 500 Kilometer bzw. 1,5 Milliarden ahre vor uns. 450 Kilometer von hier entfernt in Frankurt – das entspricht 450 Millionen Jahren – wären, wenn an sich jedes Jahr nur 1 Millimeter vorwärts bewegen ürde (Katherina Reiche [CDU/CSU]: Kommen Sie einmal zur Sache!)


(Beifall bei der SPD)


gleich, ich will nur einen Überblick geben; das dürfte
icht schaden –, die ersten Würmer aufgetaucht, 350 Ki-
meter entfernt in Göttingen die ersten Fische und im
50 Kilometer entfernten Magdeburg würden wir die
rsten Säugetiere sehen, die sich jedes Jahr um
Millimeter weiter auf uns zu bewegten. Der Mensch
rennt sich vom Affen etwa auf dem Ku’damm und auf
em Wege von der Gedächtniskirche zum Kanzleramt
ürde er in den letzten 600 000 Jahren auch den auf-
echten Gang erlernt haben.


(Zurufe von der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


René Röspel

– Warten Sie einmal ab. – Kurz vor dem Plenarsaal
stünde der moderne Homo sapiens sapiens und 8 Meter
von mir entfernt hätten wir vor 8 000 Jahren gelernt,
Ackerbau zu betreiben. Vor 4 000 Jahren hat er das Her-
stellen von Metallwerkzeugen erlernt; das wären die
nächsten 4 Meter gewesen.

Die Erfindung der Elektrizität vor 100 Jahren – jetzt
wird es vom Maßstab her vielleicht deutlich; ich merke
an Ihrer Unruhe, dass Sie das möglicherweise noch nie
gehört haben, aber es bedarf auch einer gewissen Form
von Geduld – hätte 10 Zentimeter von mir entfernt statt-
gefunden. Auf den letzten 3 Zentimetern befindet sich
der Mensch im Zeitalter der Bio- und Gentechnologie,
wo er beginnt, Evolution zu verändern, wo er das, was
sich auf einer Strecke von Frankfurt oder Magdeburg bis
hierhin ereignet hat, auf eine Strecke von 2 oder
3 Zentimetern reduziert.


(Dr. Martin Mayer [Siegertsbrunn] [CDU/ CSU]: Was lernen wir daraus?)


– Was Sie daraus lernen, will ich Ihnen, wenn Sie das
noch nicht verstanden haben, sagen: Wir sind dabei, evo-
lutionäre Grenzen zu überschreiten, indem wir Gene aus
Bakterien in Pflanzen übertragen, wobei wir nicht über-
blicken können, was in den letzten Jahrmillionen pas-
siert ist. Dass es zu einer solchen Entwicklung kam,
wussten wir nicht.

Darf man nicht skeptisch sein, wenn sich die Ereig-
nisse auf der Strecke von Magdeburg bis hierher nun auf
2 Zentimetern abspielen sollen? Muss man sich nicht so-
gar bewusst sein, dass man hier Prozesse initiiert, die in
der Natur Jahrmillionen gebraucht und evolutionäre Ka-
tastrophen am laufenden Band verursacht haben? Han-
deln wir richtig, wenn wir glauben, im Vergleich dazu
reichten ein paar Jahre, um Folgen wirklich abschätzen
zu können?


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Darum geht es. Wir müssen die Dimension erkennen,

die wir in Teilen überschreiten. Deswegen habe ich das
etwas ausführlicher dargestellt. Ich habe gehofft, dass
Sie das auf diese Weise begreifen.

Ist das, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Op-
position, die Ideologie, die Sie uns auch heute wieder
vorgeworfen haben? Auch im Antrag haben Sie uns vor-
geworfen, wir seien per se gegen grüne Gentechnologie.
Begreifen Sie nicht, dass wir in wenigen Jahren Evolu-
tion spielen und überhaupt nicht wissen, was wir anrich-
ten, wenn die Natur Tausende von Jahren gebraucht hat,
um Erfahrungen zu sammeln?


(Helmut Heiderich [CDU/CSU]: Das ist Ihre Politik!)


Sie erwarten, dass wir das binnen zehn Jahren schaffen.
Wir müssen und wollen mit freisetzender Gentechnik

bewusst umgehen; aber es gibt keine wissenschaftliche
Beurteilung der Folgen. Eines ist sicher: Wenn wir gen-
technisch veränderte Pflanzen, Fische, Mikroorganismen

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(C (D reisetzen, so ist das irreversibel und wir wissen nicht, as damit passieren wird. Der Zeitraum von zehn Jahren eicht nicht aus, um das zu beurteilen. Ich sehe, Sie verstehen das nicht. Wir haben in den letzten Jahren zwei große Dogmen erloren. Dolly, vor fünf Jahren entstanden, hat uns geeigt, dass alle Lehrbücher der Biologie neu geschrieben erden müssen. (Ulrich Heinrich [FDP]: Man muss es probieren, Herr Kollege!)


(Widerspruch bei der CDU/CSU)


ie Veröffentlichungen der letzten Woche zeigen, dass
as, was wir noch vor einem Jahr bezüglich der Stamm-
ellen glaubten, ebenfalls neu bewertet werden muss.
Frau Reiche, Sie sagen, junge Forscher verlassen
eutschland und gehen in die Schweiz. Dort hat der Na-
onalrat vor zwei Tagen ein Moratorium beschlossen,
onach die Landwirtschaft in der Schweiz bis 2009 gen-
chnikfrei bleiben soll.


(Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])


Sie haben gesagt, wir sollen die Biopatentrichtlinie
msetzen. Sie haben als Opposition natürlich das Recht,
u mäkeln; aber Sie bieten keine Lösungen an. Natürlich
ibt es kritische Stimmen aus den Kirchen, aus Kranken-
äusern, von Ärzten, aber auch aus der Forschung, die
agen, dass sie so nicht umgesetzt werden kann. Wollen
ie, dass Gene patentiert werden, oder nicht? Wir ma-
hen uns die Entscheidung sehr schwer und es ist eine
ngwierige Auseinandersetzung; aber wir werden diese
ichtlinie umsetzen und hoffen, dass sie zum Wohle al-
r sein wird.


(Helmut Heiderich [CDU/CSU]: Kommen Sie doch mal zum Thema!)


Eine weitere dicke Luftblase in Ihrem Antrag ist die
orderung, Tiere gentechnisch nur zu verändern, wenn
s nicht auf Kosten ihrer Gesundheit und ihres Wohlbe-
indens geschieht. Ich frage Sie: Wer hat diesen Antrag
eschrieben? Müssten Ihre Forschungspolitiker da nicht
ufschreien? Wie wollen Sie in der Realität beurteilen,
b sich eine Maus noch wohl fühlt, wenn sie gentech-
isch verändert ist? Wenn Sie diesen Antrag eins zu eins
msetzen, gibt es keine Forschung an Tieren mehr. Ich
abe mich zu Beginn meines Studiums wirklich dafür
ingesetzt und es gibt gute Initiativen, auch vom Minis-
rium, um die Forschung an Tieren und Tierversuche
öglichst zu reduzieren. Aber wenn dieser Antrag so
mgesetzt wird, wird Forschung an Tieren nicht mehr
öglich sein. Ich bin gespannt auf die Debatte mit den
orschern. Oder haben Sie einen Dr. Doolittle in Ihrer
raktion, der mit Tieren reden kann?
Aber es gibt auch realistische und vernünftige Forde-

ungen in Ihrem Antrag; das will ich gar nicht ver-
chweigen.






(A) )



(B) )



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504410200

Herr Röspel, Sie werden die Forderungen nicht mehr

alle vortragen können, wenn Sie die Redezeit annähernd
einhalten wollen.


René Röspel (SPD):
Rede ID: ID1504410300

Das Gentestgesetz muss kommen. Ich bin guten Mu-

tes, dass wir nach der Sommerpause mit der parlamenta-
rischen Diskussion beginnen werden.

Vieles aus Ihrem Antrag hat sich erledigt; viele For-
derungen laufen ins Leere. Diese Regierung braucht sich
eben nicht, was die Förderung von Biotechnologie anbe-
langt, zu verstecken. Aber wir müssen auch die Beson-
derheit dieser Technologie berücksichtigen und verant-
wortungsvoll damit umgehen. Ich habe versucht,
darzulegen, welche Dimension Evolution und Gentech-
nik haben. Aber es scheint mir in Teilen nicht gelungen
zu sein.

Eine letzte Bemerkung. Mein Ausflug in die Evolu-
tion am Anfang meiner Rede hatte das Ziel, klar zu ma-
chen, dass es manchmal Zeit zum Nachdenken braucht.
Was uns als lang erscheint – ein Jahrzehnt oder zwei
Jahrzehnte –, ist im Maßstab der Evolution nur der
Bruchteil einer Sekunde. Diesen Punkt müssen wir se-
hen. Manche Entscheidungen darf man eben nicht in ei-
ner Sekunde fällen.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Jörg Tauss [SPD]: Die Spitze der Evolution war Heiderich!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504410400

Herr Kollege Röspel, die Übersetzung der Evoluti-

onsgeschichte in ein Entfernungs- und Streckenmodell
hat zweifellos den großen Reiz, dass man von der bild-
haften Vorstellung ausgehen kann, dass das erstmalige
Auftreten des Homo sapiens im Plenum des Deutschen
Bundestag stattgefunden hat.


(René Röspel [SPD]: Offenbar haben einige eine andere Tür genommen!)


Ich bin aber nicht ganz so sicher, ob man das unseren
Debatten immer anmerkt.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD, der CDU/ CSU und der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Mit allen Stärken und Schwächen, Herr Präsident!)


Ich schließe die Aussprache zu diesem Tagesord-
nungspunkt. Interfraktionell wird die Überweisung der
Vorlage auf Drucksache 15/423 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. – Dazu
darf ich offensichtlich Einverständnis feststellen. Dann
ist das so beschlossen.

Ich rufe nun Punkt 17 und Zusatzpunkt 17 der Tages-
ordnung auf:

17 Erste Beratung des von den Abgeordneten Hans-
Michael Goldmann, Birgit Homburger,
Dr. Christel Happach-Kasan, weiteren Abgeord-

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(C (D neten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung des Gesetzes zur Modulation von Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Änderung des GAK-Gesetzes – Drucksache 15/754 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit P 17 Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung des Modulationsgesetzes und zur Änderung des GAK-Gesetzes – Drucksache 15/948 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die DP als Antragstellerin fünf Minuten erhalten soll. – uch dazu stelle ich Einvernehmen fest. Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort zu ächst dem Kollegen Hans Goldmann für die antragstelende FDP-Fraktion. Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und ollegen! Wir werden uns große Mühe geben, dem echnung zu tragen, was Sie, Herr Präsident, eben angeahnt haben. Bei dem Thema Modulation wird uns das darüber sind wir uns sicherlich einig – besonders gut elingen. Lassen Sie mich eine kurze Vorbemerkung machen. ie Ereignisse in Nordrhein-Westfalen, wo es mögliherweise einen ersten Fall von Geflügelpest gibt – der erdacht erhärtet sich – und wo bis zu 100 000 Tiere geötet werden sollen – der Kollege von der CDU/CSU ird gleich noch darauf zu sprechen kommen –, zeigen, ass wir in der Agrarpolitik vor sehr ernsten Herausforerungen stehen, denen man keinesfalls national begegen kann, sondern bei denen es darauf ankommt, die inge im Zusammenhang – das heißt: im europäischen ontext – zu sehen. Warum sage ich das hier und heute? Weil uns das chicksal der Menschen berührt, die davon betroffen ind, und weil durch diese Ereignisse deutlich wird, dass ie nationale Modulation so, wie es sich die rot-grüne egierung – allen voran Frau Künast – denkt, nicht unktioniert. Nationale Modulation – man muss es einmal auf den unkt bringen – ist in einer Zeit, in der die Bauern das eld brauchen, um die Weichen in Richtung Globalisieung zu stellen, nichts anderes, als den Bauern das ihnen ustehende Geld wegzunehmen und an ihnen vorbei Hans-Michael Goldmann zurückzuverteilen. Es ist im Grunde genommen nichts anderes als Diebstahl bei den Bauern. Das muss man in aller Deutlichkeit sagen. Weil es eine breite Kritik an der nationalen Modulation gibt – ich werde noch darauf zu sprechen kommen –, muss man sich fragen: Warum wird das Instrument der nationalen Modulation so engagiert, aber auch so unqualifiziert von Rot-Grün verteidigt? Ich glaube, dass hat etwas damit zu tun, dass die Erfolge der Agrarpolitik der Grünen nicht zu sehen sind. Ganz im Gegenteil: Ein Misserfolg reiht sich an den anderen. Lassen Sie mich etwas zu einem Thema sagen, dass Sie sehr hoch gezogen haben: zum Biosiegel. Festzustellen ist, dass deutsche Bioverbände durch die europäische Biosiegelregelung in ihrer Existenz massiv gefährdet sind, weil europäische Bioprodukte mit niedrigerem Standard und aufgrund dadurch möglicher günstigerer Preise deutsche Biobauern aus dem Markt in Deutschland verdrängen. Den deutschen Biobauern geht es deshalb so schlecht, weil Sie ein sehr schlechtes Biosiegel auf den Weg gebracht haben. Das Fazit ist – auch wenn es wehtut –: Das Biosiegel à la Frau Ministerin Künast geht eindeutig zulasten der heimischen Bioproduzenten. (Albert Deß [CDU/CSU]: So ist es! – Ulrich Heinrich [FDP]: Das habe ich von Anfang an gesagt!)

Hans-Michael Goldmann (FDP):
Rede ID: ID1504410500

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP)


– Herr Kollege Heinrich, Sie hatten natürlich Recht;
denn Sie sind ein Experte. – Das Problem ist, dass es in
diesem Bereich zu einer Verarmung kommt. Die Bio-
agrarwende war eine dicke Bauchlandung.

Eine nächste steht in dem Bereich der nationalen Mo-
dulation bevor. Man muss sich das einmal auf der Zunge
zergehen lassen: An vielen Stellen diskutieren wir im
Hinblick auf die anstehenden Gespräche auf europäi-
scher Ebene über die so genannten Fischler-Vorschläge,
aber auch im Hinblick auf die anstehenden WTO-Ge-
spräche sehr engagiert und qualifiziert über Möglichkei-
ten, wie deutsche Bauern bzw. die europäische Land-
wirtschaft mit den geplanten Maßnahmen klarkommen
können, und darüber, welche Perspektiven wir in diesem
Zusammenhang schaffen können. Sie reagieren mit der
nationalen Modulation in einer Situation, in der die Eu-
ropäische Kommission von der Modulation Abstand
nimmt und andere Länder, die die nationale Modulation
schon getestet haben, sagen: Das bringt jetzt nichts, weil
wir europäische Vorstellungen und Richtlinien brauchen.

Wenn wir das national machen, haben wir einen enor-
men bürokratischen Aufwand. Wir könnten an die
Länder, die eigentlich davon profitieren sollten, zum Teil
nur Mittel vergeben, die geringer sind als die Kosten, die
dort aufgrund des bürokratischen Aufwands entstehen
würden. In einer Situation, in der alle die Ausweitung
der Bürokratie kritisieren, sollte man sich das einmal auf
der Zunge zergehen lassen. Das heißt, hier wird auf nati-
onaler Ebene ein bürokratischer Moloch auf den Weg

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(C (D ebracht, der erstens Diebstahl an den Bauern ist und weitens keine positive Auswirkung haben wird. Sie aber halten daran fest, und zwar auch dann – es ist öllig unverständlich –, wenn sich Ihre eigenen Minisrpräsidenten dagegen wenden, zum Beispiel der Minisrpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, der an den undeskanzler – wahrscheinlich in Du-Form – geschrieen hat: Gerd, sorge doch dafür, dass wir aus diesem naonalen Mist herauskommen! Selbst dann sagen Sie: ein, wir bleiben dabei, weil wir sonst überhaupt nichts ehr in diesem Bereich zu bieten hätten. Es gibt eine Gesetzesinitiative aus dem Bundesrat und ielfältige fachliche Bemühungen, Sie auf einen verünftigen Kurs zu bringen. Sie aber verschließen sich lugen Argumenten. Wir unternehmen heute einen weiren Versuch mit einem klugen Gesetzentwurf in Beleitung des Gesetzentwurfes aus dem Bundesrat, Sie ur Vernunft zu bringen. Ich setze nach wie vor darauf, ass die Weiterentwicklung des Homo sapiens, die der räsident vorhin angemahnt hat, auch bei Ihnen angeommen ist. Herzlichen Dank. Das Wort hat nun die Kollegin Waltraud Wolff für die PD-Fraktion. Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her en! Wir wollen die Sache wieder richtig auf die Füße tellen. Die rot-grüne Agrarpolitik stellt, seit Frau ünast Ministerin ist, den Verbraucherschutz und die ebensmittelsicherheit in den Vordergrund. Denn das ales sind wichtige Elemente, die zur Agrarpolitik gehöen. Wir haben hier große Erfolge zu verzeichnen. (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Stimmt doch gar nicht!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504410600
Waltraud Wolff (SPD):
Rede ID: ID1504410700

Herr Goldmann, ich weiß überhaupt nicht, was für eine
ahrnehmung Sie haben.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ich frage mich, was für eine Meinung Ihre Kollegen haben! Es ist doch überhaupt keiner da! – Gegenruf des Abg. Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Bei so einem Gesetzentwurf ist das auch nicht nötig!)


Nun aber zu dem Thema, das Sie auf die Tagesord-
ung gesetzt haben. Seit mehr als zwei Jahren – das
öchten wir an dieser Stelle einmal richtig stellen – be-
chäftigen wir uns hier im Parlament in bestimmten Ab-
tänden immer wieder mit der nationalen Modulation.
uch nach dem Beschluss des Bundestages und der Ei-
igung im Vermittlungsausschuss ist es der Opposition
nun mit neuen Mehrheiten im Bundesrat – wieder ein-
al wichtig, das Rad der Geschichte zurückzudrehen.






(A) )



(B) )


Waltraud Wolff (Wolmirstedt)


Nicht mit uns, sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen
von der Opposition!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Albert Deß [CDU/CSU]: Sie beleidigen die Wähler! Die Wähler haben die neuen Mehrheiten im Bundesrat geschaffen!)


Das Modulationsgesetz ist seit 1. Januar 2003 in Kraft
und wird es auch bleiben. Denn wir schauen nach vorn.
Wir blicken nach Europa; wir arbeiten auf eine gemein-
same Agrarpolitik hin.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Deswegen machen wir eine nationale Modulation!?)


Dazu gehört unbestritten natürlich auch die Modulation.
Die FDP-Fraktion bringt heute diesen Gesetzentwurf

ein.

(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Guter Entwurf!)

Das Papier kann ruck, zuck überflogen werden; die im-
mer wiederkehrenden Schlagworte sind sofort im Blick,
etwa: Einführung der nationalen Modulation nur für ei-
nen kurzen Zeitraum ist nicht verantwortbar;


(Zuruf von der CDU/CSU: Richtig!)

hohe Kosten;


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: So ist es!)

enormer Verwaltungsaufwand.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Albert Deß [CDU/CSU]: Genau so!)


Es kommt aber etwas für mich Neues hinzu. Daher zi-
tiere ich aus dem Vorspann Ihres Entwurfs:

Die dadurch verursachte Verschwendung von Steu-
ergeldern ist auch gerade angesichts der derzeitigen
Haushaltslage von Bund und Ländern nicht akzep-
tabel.

(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Richtig!)


Darauf werde ich nachher noch einmal zurückkommen.

(Dr. Peter Jahr [CDU/CSU]: Verwaltung kos tet Geld!)

In diese Beratungen ist auch ein Gesetzentwurf des

Bundesrates eingebracht worden, der den gleichen Wort-
laut wie der Ihrige aufweist. Am 11. April hat der Bun-
desrat mit Mehrheit beschlossen, dieses Gesetz dem
Bundestag zuzuleiten. Ich sagte soeben: gleicher Wort-
laut. Auch hier finden wir dieselben Schlagworte. Sie
werden sagen: Es sind ja auch dieselben Probleme. Man
könnte allerdings auch auf die Idee kommen, dass Sie,
nachdem sich die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat
geändert haben, die im Vermittlungsausschuss erzielten
Kompromisse über den Jordan schicken möchten, nur
um damit zu zeigen, dass Sie das Unterste nach oben
kehren können. Da frage ich mich natürlich: Was ist
denn das für eine Politik?


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das geht Ihnen völlig ab!)


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(C (D enn ich ganz böse wäre, könnte ich Sie auch als beraungsresistent bezeichnen, (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Sie sind beratungsresistent!)


ber das mache ich ja gar nicht.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich möchte jetzt zu den Argumenten kommen. Sie

prechen von einem zu kurzen Zeitraum für die Modu-
ation auf nationaler Ebene. Ich weiß nicht, wieso Sie
iese abgegriffenen Floskeln immer wieder verwenden;
enn wir reden ja nicht das erste Mal darüber. Ich gebe
hnen gerne noch einmal Nachhilfe. Ich glaube, ich er-
läre Ihnen das jetzt zum dritten Mal, aber ich mache es
ern. Der EU-Vorschlag über die obligatorische Modula-
ion bezog sich auf den Beginn des Jahres 2006.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Welches Land macht das denn noch?)


ls wir, auch mithilfe der Opposition, den Kompromiss
m Vermittlungsausschuss gefunden haben, war klar,
ass die nationale Regelung nur so lange gilt, bis in Eu-
opa die entsprechende Regelung obligatorisch einge-
ührt wird.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das ist ja die Katastrophe!)


as haben wir damals alle gewusst. Vielleicht war die
pposition nicht so weitsichtig; das mag sein.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Wir konnten es damals nicht verhindern!)


ber Fakt ist, dass wir alle über diesen Umstand Be-
cheid gewusst haben.
Der nächste Punkt: die zu hohen Kosten und der

norme Verwaltungsaufwand. Erstens ist ein Vorschlag
ein Beschluss. Das heißt, ob die EU die Modulation
006 einführt, ist noch gar nicht klar.


(Lachen bei der CDU/CSU und der FDP – HansMichael Goldmann [FDP]: Das ist ja wohl ein Witz! Jetzt wird es lustig! Die Höhe ist noch ungeregelt!)


Das ist geplant; ein Vorschlag ist kein Beschluss, Herr
oldmann.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Vielleicht entkoppeln die auch noch!)


s handelt sich um den kurzen Zeitraum von 2003 bis
006. Über ihn kann man sicherlich sagen: Das ist noch
n Ordnung.


(Albert Deß [CDU/CSU]: Aber Verträge müssen erfüllt werden!)


ch bin ja nicht die Frau mit der Glaskugel; im Kaffee-
atz kann ich auch nicht lesen. Deswegen sage ich: Wir
leiben bei der Gesetzeslage, die wir beschlossen haben.
Gemeinsam, meine Damen und Herren von der Oppo-

ition, haben wir im Vermittlungsausschuss, auf Wunsch






(A) )



(B) )


Waltraud Wolff (Wolmirstedt)


der Länder, ausdrücklich die Kleinbeihilfen für Hopfen,
Stärke, Saatgut und Tabak herausgenommen. Auf diese
Weise haben wir es ja erreicht, dass der bürokratische
Aufwand vertretbar blieb. Haben Sie auch das schon
wieder vergessen?


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Nein! Aber es könnte jetzt besser sein!)


Ich sage es noch einmal – für Sie als Erinnerung –,
dass nur diejenigen Direktzahlungen der Modulation un-
terliegen, die im Rahmen des integrierten Verwaltungs-
und Kontrollsystems abgewickelt werden. Auf gut
Deutsch heißt das – falls Sie es nicht wissen –,


(Albert Deß [CDU/CSU]: Ohne Opposition wärt ihr überhaupt nicht darauf gekommen!)


dass es für jeden Landwirt nur eine Zahlstelle gibt. Wo-
rin besteht denn das Problem? Die 2 Prozent nationale
Modulation werden für die Betriebe direkt berechnet und
einbehalten; das ist ein Vorgang. Dabei kann man nicht
von einem großartigen Aufwand sprechen.

Wenden wir unseren Blick einmal woanders hin: Den-
ken wir darüber nach, was seit dem Beschluss im Lande
passiert ist. Die Landesministerien, alle Berufsverbände,
jeder einzelne Bauer wusste, dass ab Januar 2003 ein
Teil der Betriebe 2 Prozent weniger Direktzahlungen aus
Brüssel bekommen wird.


(Dr. Peter Jahr [CDU/CSU]: Da haben sich alle gefreut!)


– Darauf kommen wir noch. – Dieses Geld wird zukünf-
tig zur Stärkung der ländlichen Räume hin zu einer noch
umweltgerechteren Landbewirtschaftung und für einen
besseren Verbraucherschutz verwandt, um nur einige
Verwendungszwecke zu nennen.

Die Leute saßen zusammen – viele sogar in ihrer Frei-
zeit –


(Dr. Peter Jahr [CDU/CSU]: Haben Sie die Landwirte gemeint?)


und haben sich Gedanken darüber gemacht, wie sie die
neue Ausrichtung der Agrarpolitik mit eigenen Projekten
gestalten können. Alle Berufsverbände haben hier große
inhaltliche Zuarbeit geleistet. Auch wenn sie die Modu-
lation nicht wollten, akzeptierten sie den Bundestagsbe-
schluss


(Dr. Peter Jahr [CDU/CSU]: Das sind Grimms Märchen!)


und gingen an die Arbeit.

(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Weil es keine Alternative gab! – Dr. Peter Jahr [CDU/ CSU]: Sollen sie gesetzeswidrig sein?)


Auch in den Landesministerien war man nicht träge.
Man schimpfte zwar über die Entscheidung, doch auch
dort wollte man nicht unvorbereitet auf den 1. Januar
2003 zugehen. Es ist nicht nur Papier beschrieben wor-
den. Man hat die Vorschläge und Programme


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Sollen sie das Geld nicht nehmen?)


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(C (D nd die Beschlüsse des Bundestages ernst genommen, onst hätte es gar nicht so viel Bewegung in den Bundesändern gegeben. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Peter Jahr [CDU/CSU]: Sollen wir in Zukunft Ihre Beschlüsse nicht mehr ernst nehmen?)


Jetzt möchte ich gern auf den Anfang meiner Rede
urückkommen. Die FDP-Kollegen schreiben im Ge-
etzentwurf, dass es sich hier um eine Verschwendung
on Steuergeldern handelt. Außerdem heißt es unter
D. Kosten“, dass keine zusätzlichen Kosten entstehen.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das ist doch klar!)


berflächlich betrachtet mögen Sie ja Recht haben, aber
ch finde das sehr fadenscheinig. Wir würden hier natür-
ich nur einen Federstrich machen, aber was ist mit der
eleisteten Arbeit in den Ländern? Hat sie nichts gekos-
et? Geht es nicht um Steuergelder?


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das ist noch schlimmer! – Albert Deß [CDU/CSU]: Jetzt wird die Argumentation haarsträubend!)


ie Länder mussten Programme erarbeiten, möglicher-
eise auch die EDV umstellen. Kostet das nicht das
eld der Steuerzahler?


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das muss alles wieder umgestellt werden, wenn die EURegelung kommt!)


Zusätzlich haben Sie etwas ganz Schlimmes gemacht:
ie haben nämlich mit der Einbringung des Gesetzent-
urfs das gesamte ehrenamtliche Engagement der land-
irtschaftlichen Berufsverbände, die nicht nur Zeit ge-
pfert, sondern auch viele Ideen eingebracht haben,
nfrage gestellt.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Frau Wolff!)

um Teil – so war es bei mir in Sachsen-Anhalt – sind
ie Berufsverbände sogar über ihren Schatten gesprun-
en und haben dem Ministerium einen gemeinsamen
orschlag vorgelegt. Hat das alles kein Geld gekostet?
ugegeben, dabei handelt es sich nicht um Steuergeld,
ber moralisch betrachtet ist Ihr Entwurf ein Tritt gegen
as Schienbein all derer, die sich abgemüht haben.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das ist doch nicht Ihr Ernst, Frau Wolff! Das können Sie nicht ernsthaft behaupten!)


Das bitte ich Sie noch einmal zu bedenken. Überlegen
ie, was Sie mit diesem Gesetzentwurf anrichten. Ziehen
ie ihn zurück! Lassen Sie uns die Zeit bis 2006 nutzen!
estalten wir unsere Programme so, dass sie zukunftsfä-
ig sind, den EU-Normen entsprechen und unsere Land-
irtschaft weiterentwickeln!
Schönen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504410800

Das Wort hat der Kollege Bernhard Schulte-Drüg-

gelte, CDU/CSU-Fraktion.


Bernhard Schulte-Drüggelte (CDU):
Rede ID: ID1504410900

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

gen! Hans Goldmann hat gerade erwähnt, dass in Nord-
rhein-Westfalen ein Verdachtsfall zur Geflügelpest posi-
tiv bestätigt wurde. Ich komme aus Nordrhein-
Westfalen und möchte sagen: Das ist ein sehr trauriger
Vorfall. Wir müssen jetzt alle Anstrengungen unterneh-
men, um die Geflügelpest einzugrenzen, damit wir
Klarheit erhalten. Staatssekretär Berninger ist anwe-
send. Er hat heute Vormittag schon einmal darüber in-
formiert, vielleicht nutzt er die Gelegenheit, um den
Abgeordneten hier weitere Informationen zukommen zu
lassen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nur 5 Minuten!)


Ich möchte zum Thema Modulation überleiten. Eu-
ropa wird weiter zusammenwachsen. Die Verträge zur
Osterweiterung sind Realität. Gemeinsam muss eine eu-
ropäische Politik gestaltet werden. Das gilt auch für eine
gemeinsame europäische Agrarpolitik, die den neuen
Herausforderungen gerecht wird. „Gemeinsam gestal-
ten“ sind die Worte von Bedeutung. Nationale Sonder-
wege führen ins Abseits. Die Regierung erhält nun aber-
mals die Chance, das Gesetz zur Modulation von
Direktzahlungen rückgängig zu machen. Hier bietet sich
die Chance, fehlerhafte Entscheidungen der jüngsten
Vergangenheit zu korrigieren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Hier besteht die Chance, die Wettbewerbsfähigkeit der
deutschen Bauern in Europa nicht noch durch einen wei-
teren nationalen Sonderweg zu verschlechtern.

Es drängt sich ohnehin der Eindruck auf, dass die Re-
gierungsfraktionen das Modulationsgesetz im Mai 2002
wider besseres Wissen verabschiedet haben, obwohl die
Schwierigkeiten und Nachteile eines deutschen Sonder-
weges schon damals bekannt waren. Heute stehen nur
noch Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein zu
diesem Gesetz. Im Bundesrat hielt Staatssekretär
Dr. Thalheim seine eigenen Argumente für eine Modula-
tion scheinbar selbst für so wenig überzeugend, dass er
es für besser hielt, sie gleich zu Protokoll zu geben.

Auch die neuerliche Begründung der Ministerin
Künast für die Beibehaltung des Modulationsgesetzes
nach dem Agrarministertreffen in Schwerin erscheint
mir da etwas dünn. Ich zitiere die Ministerin:

Wir werden ein erst vor kurzem beschlossenes Ge-
setz nicht schon wieder aufheben, noch bevor es
umgesetzt ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Regie-
rung, noch haben Sie Gelegenheit, die Notbremse zu zie-
hen. Ich fordere Sie auf: Machen Sie einfach Gebrauch
von dieser Technik!

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(C (D Ich möchte Ihnen noch einmal die wichtigsten ründe nennen, die gegen die Einführung der Modulaion sprechen. Erstens. Nach den starken Einkommensückgängen in der Landwirtschaft im letzten Jahr wird ie Modulation nun zu weiteren Kürzungen führen. Die etriebe in den neuen Ländern wird es besonders trefen. Die landwirtschaftlichen Betriebe erhalten Ausleichszahlungen für politisch begründete Preissenkunen. Sie sind auf diese Direktzahlungen angewiesen. Nur konomisch intakte Betriebe können auch eine ökoloisch intakte Landschaft erhalten. Nachhaltigkeit beinaltet eben nicht nur ökologische, sondern auch ökonoische und soziale Komponenten. Zudem werden die Einschnitte die deutsche Landirtschaft in einer Zeit schwächen, in der sie eigentlich estärkt werden müsste: im Vorfeld wesentlicher Entcheidungen bei den WTO-Verhandlungen und angeichts der Vorschläge der EU-Kommission zur Agrarreorm. Das wurde bereits deutlich gesagt. In dieser Lage üssten eigentlich die durch rot-grüne Politik verursachen Wettbewerbsnachteile ausgeglichen und nicht noch erschärft werden. s ist wirklich nicht einzusehen, warum die deutsche andwirtschaft als Testgebiet für rot-grünen ideologichen Firlefanz herhalten muss. Zweitens. Die Bundesregierung erreicht mit der Ein ührung der Modulation auch keine Stärkung des ländlihen Raumes. Der Bundeshaushalt für 2003 dokumentiert ine Kürzung des Etats für die Gemeinschaftsaufgabe Agrarund Küstenschutz“ um mehr als 100 Millionen uro. Da die nationale Kofinanzierung der Modulation us diesem Topf bezahlt werden soll, ohne dass eine Plaonderhöhung erfolgt, bedeutet das doch nichts anderes ls neue Lasten für die Landwirtschaft. (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Sehr richtig!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Drittens. Eine Agrarstruktur- und Umweltpolitik kann
on den Ländern auch ohne Modulation hervorragend
etrieben werden. Das zeigen viele unionsgeführte Län-
er wie beispielsweise Baden-Württemberg, Bayern,
achsen und Thüringen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

ordrhein-Westfalen, das immer noch die Einführung
er Modulation befürwortet, nimmt bei seinen Zahlun-
en für Agrar- und Umweltmaßnahmen einen der hinte-
en Plätze ein. Vielleicht sollte in Nordrhein-Westfalen
ier erst einmal ein Anfang gemacht werden.
Viertens. Bürokratie und Regulierung im Agrarbe-

eich haben überhand genommen. Das Gesetz wird Steu-
rgelder in Millionenhöhe verschlingen. Die Modulation
st bürokratischer Unsinn und liegt nicht im Interesse der
irtschaftenden Betriebe.






(A) )



(B) )


Bernhard Schulte-Drüggelte

Fünftens. Zuletzt möchte ich die europapolitische

Argumentation der Bundesregierung zurückweisen, die
lautet: Mit der Einführung der Modulation setze
Deutschland auch ein positives Signal für die erforderli-
che Reform der gemeinsamen Agrarpolitik. Das nach
Meinung der Bundesregierung vermeintlich positive Si-
gnal muss da wohl eher als Warnlicht für einen mögli-
chen Irrweg gedeutet werden. Mit der Einführung der
nationalen Modulation schlägt die Bundesregierung
nämlich einen Weg ein, den andere EU-Länder wie
Frankreich und Portugal aufgrund schlechter Erfahrun-
gen gerade erst verlassen haben.

In Europa findet derzeit eine Diskussion über die Mo-
dulation in den Mitgliedstaaten statt. EU-Kommissar
Fischler hat bereits angekündigt, dass die Einführung der
obligatorischen Modulation in Europa auf das Jahr 2006
verschoben werden soll. Ich frage mich, ob es in dieser
Situation wirklich sinnvoll ist, mit nationalen Alleingän-
gen zu beginnen. Zudem bestätigen die jüngsten EU-Be-
rechnungen alle Befürchtungen: Bei einer Umsetzung
einer europäischen Modulation der Direktbeihilfen
müssten die deutschen Landwirte zugunsten ihrer Kolle-
gen aus den anderen Mitgliedstaaten mit Einbußen von
200 Millionen Euro rechnen.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Hört! Hört!)

Die Nettozahlerposition Deutschlands in der EU würde
sich weiter verschlechtern.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504411000

Herr Kollege, achten Sie bitte auf Ihre Redezeit.


Bernhard Schulte-Drüggelte (CDU):
Rede ID: ID1504411100

Das mache ich. – Ich darf zum Schluss sagen – das

Plenum ist ja heute eher leerer –, was genau Modulation
eigentlich bedeutet. Dazu darf ich einen Kollegen zitie-
ren, der gesagt hat: Wenn man einem Lehrer 10 Prozent
seines Gehaltes wegnimmt und der Staat dann die glei-
che Summe dazutut, um die maroden Schulen zu sanie-
ren, dann ist das Modulation. – Ich füge hinzu: Wenn Sie
Pech haben, werden von der Summe Verwaltungskosten
in Höhe von 30 bis 50 Prozent fällig, und nicht eine
Schule wird saniert, sondern der Kiosk, der daneben
steht.

Schönen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504411200

Herr Kollege Schulte-Drüggelte, ich gratuliere Ihnen

zu Ihrer ersten Rede im Plenum des Deutschen Bundes-
tages, die Sie nach manchen Anläufen heute halten
konnten und nicht, wie Ihre Reden zuvor, zu Protokoll
geben mussten, und wünsche Ihnen für die weitere parla-
mentarische Arbeit alles Gute.


(Beifall)

Nun hat der Parlamentarische Staatssekretär Matthias

Berninger das Wort.

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(C (D Ma Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin ben gebeten worden, etwas zur Situation angesichts der eflügelpest zu sagen. Die Situation ist in der Tat sehr rnst. Das wurde heute bereits mit den Berichterstattern nd den Obleuten im Landwirtschaftsausschuss besprohen. Wir haben vonseiten unseres Hauses versucht, sie mfassend über den aktuellen Stand zu informieren. In einem Hähnchenmastbetrieb in Nordrhein-Westfa en an der Grenze zu Holland ist eine erste Probe positiv uf Geflügelpest getestet worden. Wir sind nun dabei, all ie Maßnahmen, die Bund und Länder gemeinsam zur efahrenabwehr und gegen die Ausbreitung der Geflüelpest vereinbart haben, in Nordrhein-Westfalen durchuführen. Es haben heute bereits mehrere intensive Gepräche zwischen Bund und Ländern stattgefunden, risenstäbe tagen. Ich werde den Ausschuss und die entprechenden Mitarbeiter in den nächsten Tagen ausführich über den Fortschritt unterrichten. Wenn wir Glück haben, bewahrheitet es sich nicht, ass es bei uns Geflügelpest gibt. Aber die Wahrscheinchkeit ist doch groß, dass wir Geflügelpest in Deutschand haben. Es ist uns allen klar, dass deswegen auf uns nd vor allem auf die Betriebe Ärger und viele Konlikte, die damit verbunden sind, zukommen werden. ir kennen die Situation in den Niederlanden, wo inzwichen, weil anfangs nicht hart genug gegen die Geflügelest vorgegangen wurde, 26 Millionen Tiere geschlachet werden mussten. Wir versuchen alles, um das in eutschland zu vermeiden. Die Einigkeit zwischen Bund und Ländern in dieser rage ist in der Agrarpolitik sehr wohltuend. Ich ünschte mir manchmal, es gäbe diese Einigkeit in der grarpolitik auch da, wo es darum geht, fehlerhafte Entcheidungen der Vergangenheit zu korrigieren. Das hat uch ein Kollege vorhin schon gesagt. Wir geben in uropa Unsummen für die Agrarpolitik aus, nämlich den alben Budgetansatz der Europäischen Union. Hinzu ommen Gelder in Deutschland. (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Es gibt doch gar keine anderen europäischen Märkte!)

Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504411300

ir haben in den vergangenen Jahrzehnten falsche Ak-
ente gesetzt. Es ist erklärtes Ziel der Bundesregierung,
ie Agrarförderung so umzustellen, dass wir neue Ak-
ente setzen können.
Die geplanten Modulationsmaßnahmen sind inzwi-

chen schon sehr konkret. Hier ist sehr abstrakt über die
mverteilung von Mitteln gesprochen worden. Ich frage
ich, was dagegen spricht, in intensiv bewirtschafteten
egionen wie Vechta-Cloppenburg landwirtschaftliche
etriebe dabei zu unterstützen, ihren Viehbesatz zu ver-
ingern. Das ist in Holland mit großem Erfolg gemacht
orden. Das ist auch gut für die Umwelt; denn dann
tinkt die Landwirtschaft in den Regionen nicht mehr
um Himmel. Das ist eine der ganz konkreten Maßnah-
en.






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Matthias Berninger


(Albert Deß [CDU/CSU]: Dazu ist kein Modulationsgesetz notwendig! Das gibt es in Bayern schon lange!)


Was spricht, bitte schön, dagegen, – –

(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das ist die Region mit der geringsten Arbeitslosigkeit in Niedersachsen! Und mit den höchsten Standards für Mensch und Tier!)


– Aha, das ist die Region mit der geringsten Arbeitslo-
sigkeit. – Soll ich Ihnen mal etwas sagen? Wir haben rie-
sige ökologische Probleme in Vechta-Cloppenburg. In
dieser Region gibt es einen Viehbesatz, der bis zum
Himmel stinkt.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ich finde das, was Sie sagen, unverschämt! Das ist eine Diskriminierung der Menschen, die dort arbeiten! Das ist unglaublich!)


Ihre Agrarpolitik hat dazu geführt, dass die Tiere aus den
neuen Ländern abtransportiert und nach Vechta-Clop-
penburg gebracht wurden. Das und die in den neuen
Ländern bestehende hohe Arbeitslosigkeit wollen wir
korrigieren, weil die Menschen in den ländlichen Gebie-
ten dort Perspektiven brauchen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Weil Sie ökologisch und national gescheitert sind, brauchen Sie jetzt einen neuen Feind!)


– Lassen wir Herrn Goldmann am Freitagnachmittag
noch ein wenig dazwischenreden. Er kann gerne eine
Frage stellen. Ich sage Ihnen aber eines: Nachhaltigkeit
bedeutet, ökologische – –


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ich finde das unglaublich!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504411400

Die Wortmeldung ist immer für den Kollegen erteilt,

der aufgerufen wurde. Wenn das Bedürfnis besteht, ir-
gendetwas klarzustellen oder nachzufragen, so gibt es
die Möglichkeit, sich zu einer Zwischenfrage zu melden.
Man kann das vernünftigerweise nicht durch ständiges
Zwischenrufen kompensieren.

Ma
Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504411500


Herr Kollege Goldmann, Nachhaltigkeit bedeutet,

(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ich weiß, was das bedeutet!)

ökologische, soziale und wirtschaftliche Interessen in
Deckung zu bringen und nicht so einseitig vorzugehen,
wie Sie das hier wieder zum Ausdruck gebracht haben.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Die Bevölkerung in Nordrhein-Westfalen hat also selbst Schuld, dass Hunderttausend Tiere geschlachtet werden mussten? Das ist unverschämt!)


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(C (D Meine Damen und Herren, was spricht aufgrund der rfahrungen mit der Oderflut und dem Elbehochwasser, ie in den letzten Jahren für alle Beteiligten ein sehr rnstes Thema waren, dagegen, Anbaumethoden, wie um Beispiel die Mulchsaat, zu fördern, an deren Ende ine Landwirtschaft steht, die dafür sorgt, dass die Aborptionsfähigkeit der landwirtschaftlichen Flächen zum Beispiel für Regenwasser – deutlich besser sein ird, als das in der Vergangenheit der Fall war, und so azu beiträgt, Hochwasser in Zukunft zu vermeiden? (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das hat überhaupt nichts damit zu tun!)


Was spricht, bitte schön, dagegen, landwirtschaftli-
hen Betrieben, die ihren Wirtschaftsdünger zielgenauer
usbringen wollen, eine Unterstützung zu geben? Das ist
brigens eine Maßnahme, die man gerade in Bayern be-
onders favorisiert. Ich kann eine ganze Reihe weiterer
aßnahmen, die die Länder vereinbart haben – auch sol-
he, die zum Beispiel die Biodiversität und die Frucht-
olge landwirtschaftlicher Flächen erhöhen –, nennen.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Die Niedersachsen sind also am Elbehochwasser schuld! Einen solchen Blödsinn habe ich selten gehört! Unglaublich! Unverschämt!)


er entscheidende Punkt ist: Durch diese Maßnahmen
erden fehlerhafte Entscheidungen einer Agrarpolitik,
ie Sie über viele Jahre zu verantworten hatten, korri-
iert.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Wer hat denn die Skandale? Wir oder Sie?)


Weil wir schon mal bei den Arbeitsplätzen sind:
urch diese Fehlentscheidungen in der Agrarpolitik sind
etriebe massenhaft vor die Hunde gegangen. Dem ging
in galoppierender Strukturwandel voraus. Wir wollen
er Landwirtschaft eine dauerhafte Zukunft sichern.
azu gehört es eben auch, das Engagement der Bäuerin-
en und Bauern für den Natur- und Tierschutz beson-
ers zu fördern.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das hat sich unter Ihrer Regierung ja deutlich verbessert!)


as wird die Modulation mit einem Gesamtvolumen von
0 Millionen Euro natürlich nicht alleine schaffen. Sie
t aber ein ganz wichtiger Baustein, mit dem wir in
iese Richtung gehen.
Herr Kollege Goldmann, die Debatten auf der

uropäischen Ebene sind hier ganz eindeutig. Natürlich
ird es so gesehen, dass Fischlers Reformvorschläge in
er Agrarpolitik durch diese Maßnahmen in Deutschland
nterstützt werden. Das ist auch ein Grund dafür, wes-
alb wir daran festhalten. Wir glauben, dass diese Re-
orm der Agrarpolitik den ländlichen Räumen am Ende
twas nutzt. Wir halten überhaupt nichts davon, Ihre, um
Bild von vorhin zu bleiben, steinzeitliche Auffassung

on Agrarpolitik fortzusetzen.
Die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, die Bürgerin-

en und Bürger – das zeigen alle Umfragen – wollen
ine umweltfreundlicher ausgerichtete Landwirtschaft,






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Matthias Berninger

in der besser mit Tieren umgegangen wird, unterstützen.
Es ist die Aufgabe der Modulation, das zu belohnen. Wir
werden daran festhalten.

Zum Schluss will ich noch eines sagen: Bund und
Länder haben sich auf die Modulation geeinigt. Dass die
Länder ein paar Monate nach ihrer Zustimmung wieder
anfangen, populistisch zu diskutieren und das umkehren
zu wollen, ist wirklich ein schlechter Stil.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Das widerspricht ein wenig den guten Sitten. Ich kenne
keinen landwirtschaftlichen Betrieb, bei dem ein solches
Gebaren an den Tag gelegt wird, wenn man sich einmal
die Hand gegeben und eingeschlagen hat.


(Ulrich Heinrich [FDP]: Sie kennen doch diesen Prozess! Das war doch keine Zustimmung!)


Ich kann Ihnen ganz klar sagen: Auch das ist ein
Grund, weshalb wir daran festhalten. Wir wissen, wie hart
die Widerstände sind. Wir haben ja gemerkt, wie sehr Sie
sich selbst am ruhigen Freitagnachmittag aufregen. Auch
gegen diese Widerstände werden wir die Reform der
Agrarpolitik vorantreiben. Ich danke den Mehrheitsfrak-
tionen im Deutschen Bundestag ganz ausdrücklich, dass
sie uns dabei unterstützen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504411600

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege

Albert Deß für die CDU/CSU-Fraktion.

(Matthias Weisheit [SPD]: Albert, gib sie doch zu Protokoll!)


Albert Deß (CSU):
Rede ID: ID1504411700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Staatssekretär Berninger, ich habe Sie hin und wie-
der gelobt, dass Sie sich manchmal vernünftiger verhal-
ten als Ihre Ministerin. Anscheinend verfallen Sie aber
immer mehr in die Sprechweise Ihrer Ministerin.

Ich möchte zwei Punkte aufgreifen. Erstens. Sie ha-
ben genauso wie Ihre Ministerin erklärt, dass 50 Prozent
des EU-Haushaltes für die Landwirtschaft verwendet
werden. Es ist eine Ungezogenheit, diese Zahl so darzu-
stellen. Sie ist zwar rechnerisch richtig, aber man muss
ergänzen, dass nur wenig über den Brüsseler Haushalt
abgerechnet wird. Wenn die gesamten Ausgaben für die
Verteidigungspolitik und die Sozialpolitik genauso wie
große Teile der Agrarpolitik über Brüssel abgerechnet
würden, dann betrüge der Anteil für Landwirtschaft viel-
leicht 2 Prozent, nicht 50 Prozent. Ich kann es auch an-
dersherum sagen: Wenn die Strukturpolitik nicht in
Brüssel gemacht würde, dann betrügen die Ausgaben für
die Agrarpolitik 100 Prozent. Das muss man den Bür-
gern einmal sagen und die Zahlen nicht immer verleum-
derisch darstellen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Zweitens. Man kann die Landwirtschaft doch nicht ür das Elbehochwasser verantwortlich machen. Das asser stammt aus den Bergen in Tschechien. Dort sind iele Wälder, aber keine moderne Landwirtschaft. Hier inen Zusammenhang mit der modernen Landwirtschaft erzustellen halte ich für ziemlich vermessen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Zum Thema der Modulation: Wir machen heute einen
eiteren Versuch – die FDP hat einen Gesetzentwurf
ingebracht, den die Union unterstützt –, zu erreichen,
ass dieses unsinnige Modulationsgesetz zurückgenom-
en wird. Dabei hoffen wir auf die Vernunft der Regie-
ungsfraktionen. Aber inzwischen ist das Wort Vernunft
ei dieser Regierungskoalition anscheinend ein Fremd-
ort geworden. Wir hatten dieses Thema bereits am
0. Dezember des letzten Jahres diskutiert. Damals ist
in entsprechender Antrag abgelehnt worden. Der Bun-
esrat hat erneut einen Gesetzentwurf eingebracht. Ich
öchte die SPD und die Grünen bitten, dass sie diesem
nliegen Rechnung tragen.
Bis auf zwei Bundesländer sind alle Bundesländer für

ie Abschaffung der Modulation. Diese beiden Bundes-
änder sind mit Nordrhein-Westfalen und Schleswig-
olstein genau diejenigen, die im Agrar- und Umwelt-
ereich das wenigste Geld ausgeben. Anscheinend er-
offen sich diese Bundesländer, über die Modulation das
eld zu bekommen, das in ihrem eigenen Landeshaus-
alt zur Verfügung zu stellen sie nicht bereit sind.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Genau das ist der Punkt!)


Ich habe diese Zahlen hier am Rednerpult schon öfter
enannt. Baden-Württemberg, das von der Union und
er FDP regiert wird, sowie die drei unionsregierten
änder Bayern, Sachsen und Thüringen geben für Um-
elt- und Tierschutzmaßnahmen im Agrarbereich
wischen 54 und 104 Euro pro Hektar aus. In Nordrhein-
estfalen und Schleswig-Holstein sind es nur 1 bis
1 Euro pro Hektar. Das zeigt doch, wie weit hier Reden
nd Handeln auseinander klaffen. Wenn ihr euch ein
eispiel an Baden-Württemberg und den anderen
nionsregierten Ländern nehmt, dann brauchen wir das
odulationsgesetz nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


uch dort, wo die FDP zusammen mit der SPD regiert,
ieht es besser als dort aus, wo Rot-Grün regiert. Es ist
chon interessant, sich einmal die parteipolitischen Kon-
tellationen anzuschauen.
Ich bin der Meinung: Dieses Gesetz muss auch des-

alb zurückgenommen werden, weil sich die Landwirt-
chaft in einer äußerst schwierigen Einkommenslage
efindet. Der Agrarbericht dieser Bundesregierung hat
usgewiesen, dass die deutsche Landwirtschaft im
irtschaftsjahr 2001/2002 ein Einkommensminus von

ast 7 Prozent zu verkraften hatte. Für das laufende Wirt-
chaftsjahr hat diese Bundesregierung angekündigt, dass






(A) (C)



(B) )


Albert Deß
mit einem Einkommensminus von 15 bis 20 Prozent zu
rechnen ist. Einen großen Teil dieser Einkommens-
schwierigkeiten hat nicht Brüssel, sondern diese rot-
grüne Bundesregierung zu verantworten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Lieber Matthias Weisheit, mir wurde einmal ein Pa-
pier der SPD-Arbeitsgruppe Landwirtschaft von vor
über zwei Jahren zugespielt. Bezogen auf das Jahr 2004
wurde in diesem Papier festgestellt, dass die Maßnah-
men, die diese Bundesregierung plant, für die deutsche
Landwirtschaft eine finanzielle Benachteiligung von da-
mals 3 Milliarden DM, also 1,5 Milliarden Euro, bedeu-
ten. Schon im heurigen Jahr wird die deutsche Landwirt-
schaft diese Benachteiligung in Höhe von 1,5 Milliarden
Euro zu spüren bekommen. Prozentual gesehen ist dies

die wegen der von Rot-Grün verursachten Wirtschafts-
und Einkommensmisere ohnehin in Moll gestimmt ist,
bringt das Modulationsgesetz als rücksichtsloses Abkas-
siermodell den letzten Missklang. Dieser Missklang
sollte abgeschafft werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Sie arbeiten anscheinend nach dem Prinzip: Ent-

spricht die Wirklichkeit nicht der Ideologie – umso
schlimmer für die Wirklichkeit! Wir folgen einer ande-
ren Verhaltensregel: Eine Wahrheit erklärt man einem
Erwachsenen einmal, einem Kind zweimal, einem Esel
dreimal. Wir haben es jetzt zweimal erklärt und hoffen,
es nicht ein drittes Mal erklären zu müssen. Schaffen Sie
es ab!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


genau die Zahl, die die Bundesregierung im Voraus be-
rechnet hatte. Die Bundesregierung rechnet, wie gesagt,
für dieses Jahr mit einem Einkommensminus von 15 bis
20 Prozent. Eine Benachteiligung von 1,5 Milliarden
Euro durch die rot-grüne Bundesregierung bedeutet bei
etwa 7,5 Milliarden Euro Nettowertschöpfung der deut-
schen Landwirtschaft einen Einkommensverlust von ge-
nau 20 Prozent.

Ich bin dafür, dass Rot-Grün noch einmal intensiv
darüber nachdenkt, ob man nicht bereit sein sollte, zu-
sammen mit der großen Mehrheit der Bundesländer eine
vernünftige Regelung zu finden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Unsere Bauern brauchen Luft zum Atmen und haben ge-
nug von den rot-grünen Alleingängen der deutschen
Bundesregierung. Die größte Benachteiligung der deut-
schen Bauern ist doch, dass sie hier in Deutschland wirt-
schaften. Sie sind wesentlich größeren Nachteilen ausge-
setzt, als wenn sie ihre Betriebe in anderen Ländern
Europas hätten.

Es gäbe noch weitere Gründe, mit denen man darauf
hinweisen könnte, dass die Modulation abgeschafft wer-
den soll; der Verwaltungaufwand ist heute schon ange-
sprochen worden. Was bedeutet denn „Modulation“?
Modulation ist in der Musik das Wechseln von Dur in
Moll und umgekehrt. Für die deutsche Landwirtschaft,

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(D Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird vorgeschlagen, den Gesetzenturf auf Drucksache 15/754 federführend an den Auschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtchaft zu überweisen. Zusätzlich soll der Gesetzentwurf ur Mitberatung an den Ausschuss für Umwelt, Naturchutz und Reaktorsicherheit überwiesen werden. Der esetzentwurf auf Drucksache 15/948, Zusatzpunkt 17, oll in gleicher Weise überwiesen werden. Gibt es dazu nderweitige Vorschläge? – Das ist offenkundig nicht er Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen. (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Eine sehr großzügige Behandlung dieses Unsinns!)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504411800

Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
rdnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-

estages auf Mittwoch, den 21. Mai 2003, 13 Uhr, ein.
ch wünsche Ihnen allen ein schönes Wochenende.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Gleichfalls!)


Die Sitzung ist geschlossen.