Protokoll:
14241

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 14

  • date_rangeSitzungsnummer: 241

  • date_rangeDatum: 12. Juni 2002

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 13:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 16:57 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Tagesordnungspunkt 1: Befragung der Bundesregierung: Einkom- mensentwicklung in Deutschland . . . . . 24129 A Karl Diller, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . 24129 B Dr. Barbara Höll PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24130 B Karl Diller, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . 24130 B Rolf Schwanitz, Staatsminister BK . . . . . . . . 24130 C Wolfgang Dehnel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 24130 C Karl Diller, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . 24130 D Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24131 A Karl Diller, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . 24131 A Wolfgang Meckelburg CDU/CSU . . . . . . . . . 24131 C Dr. Irmgard Schwaetzer FDP . . . . . . . . . . . . 24131 D Ulrike Mascher, Parl. Staatssekretärin BMA 24131 D Wolfgang Meckelburg CDU/CSU . . . . . . . . . 24132 B Ulrike Mascher, Parl. Staatssekretärin BMA 24132 C Heinz Schemken CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 24132 D Ulrike Mascher, Parl. Staatssekretärin BMA 24132 D Dr. Irmgard Schwaetzer FDP . . . . . . . . . . . . 24133 B Ulrike Mascher, Parl. Staatssekretärin BMA 24133 C Peter Dreßen SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24133 D Ulrike Mascher, Parl. Staatssekretärin BMA 24134 A Claudia Nolte CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 24134 B Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24134 C Erika Lotz SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24134 C Dorothea Störr-Ritter CDU/CSU . . . . . . . . . 24134 D Ulrike Mascher, Parl. Staatssekretärin BMA 24135 A Tagesordnungspunkt 2: Fragestunde (Drucksachen 14/9299, 14/9350) . . . . . . . 24136 A DringlAnfr 1 Ulrich Heinrich FDP Antw PStSekr Matthias Berninger BMVEL 24136 A ZusFr Ulrich Heinrich FDP . . . . . . . . . . . . . . 24136 B ZusFr Max Straubinger CDU/CSU . . . . . . . . 24137 B ZusFr Norbert Schindler CDU/CSU . . . . . . . 24137 C ZusFr Peter H. Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24138 A ZusFr Albert Deß CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 24138 B ZusFr Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24138 B DringlAnfr 2 Ulrich Heinrich FDP Antw PStSekr Matthias Berninger BMVEL 24138 D ZusFr Ulrich Heinrich FDP . . . . . . . . . . . . . . 24139 A DringlAnfr 3 Annette Widmann-Mauz CDU/CSU Antw PStSekr Matthias Berninger BMVEL 24139 B ZusFr Annette Widmann-Mauz CDU/CSU 24139 C ZusFr Peter H. Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24140 B ZusFr Max Straubinger CDU/CSU . . . . . . . . 24140 C ZusFr Heinrich-Wilhelm Ronsöhr CDU/CSU 24141 A ZusFr Christine Ostrowski PDS . . . . . . . . . . . 24141 C ZusFr Norbert Schindler CDU/CSU . . . . . . . 24141 D Plenarprotokoll 14/241 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 241. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 12. Juni 2002 I n h a l t : ZusFr Meinolf Michels CDU/CSU . . . . . . . . 24142 A ZusFr Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24142 B ZusFr Albert Deß CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 24142 D ZusFr Ulrich Heinrich FDP . . . . . . . . . . . . . . 24143 A DringlAnfr 4 Annette Widmann-Mauz CDU/CSU Antw PStSekr Matthias Berninger BMVEL 24143 D ZusFr Annette Widmann-Mauz CDU/CSU 24143 D ZusFr Heinrich-Wilhelm Ronsöhr CDU/CSU 24144 D ZusFr Christine Ostrowski PDS . . . . . . . . . . . 24145 A ZusFr Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24145 C ZusFr Peter H. Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24145 D ZusFr Max Straubinger CDU/CSU . . . . . . . . 24146 A Vorlage des deutsch-britischen Berichts zum Seeschiffsunglück am 6. März 2002 neben der HMS Cumberland an den Verteidigungsaus- schuss MdlAnfr 7 Günther Friedrich Nolting FDP Antw PStSekr’in Brigitte Schulte BMVg . . . 24147 A ZusFr Günther Friedrich Nolting FDP . . . . . . 24147 B Aufnahme des Weiterbaus der Hüttentalstraße (B 62) von Siegen-Süd (Nordrhein-Westfalen) bis Niederscheiderhütte (Rheinland-Pfalz) in den vordringlichen Bedarf des Bundesver- kehrswegeplanes MdlAnfr 10 Paul Breuer CDU/CSU Antw PStSekr Stephan Hilsberg BMVBW 24148 A Realisierung des Weiterbaus der Hüttental- straße (B 62) von Siegen-Süd (Nordrhein- Westfalen) bis Niederscheiderhütte (Rhein- land-Pfalz) MdlAnfr 11 WernerWittlich CDU/CSU Antw PStSekr Stephan Hilsberg BMVBW 24148 B ZusFr Werner Wittlich CDU/CSU . . . . . . . . . 24148 C ZusFr Paul Breuer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 24148 D Abschluss einer Finanzierungsvereinbarung für die ICE-Neubaustreckenverbindung Nürn- berg–Berlin mit Anbindung der Region Ober- franken MdlAnfr 16 Hans Michelbach CDU/CSU Antw PStSekr Stephan Hilsberg BMVBW 24149 A ZusFr Hans Michelbach CDU/CSU . . . . . . . . 24149 B Bundeszuschüsse an die Deutsche Bahn seit 1998 MdlAnfr 17 Albrecht Feibel CDU/CSU Antw PStSekr Stephan Hilsberg BMVBW 24149 D ZusFr Albrecht Feibel CDU/CSU . . . . . . . . . 24150 A ZusFr Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24150 C Zulässigkeit der in Nordrhein-Westfalen ge- planten Erhebung von Einschreib- und Stu- diengebühren im Falle des In-Kraft-Tretens der sechsten Novelle des Hochschulrahmen- gesetzes MdlAnfr 18 Maritta Böttcher PDS Antw PStSekr Wolf-Michael Catenhusen BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24150 D ZusFr Maritta Böttcher PDS . . . . . . . . . . . . . 24151 A Nachbesserung des Studiengebührenverbotes im Hinblick auf das gesamte Erststudium MdlAnfr 19 Maritta Böttcher PDS Antw PStSekr Wolf-Michael Catenhusen BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24151 C Zulässigkeit der Einführung von Studienge- bühren ab dem ersten Semester im Falle eines In-Kraft-Tretens der sechsten Novelle des Hochschulrahmengesetzes MdlAnfr 20 Dr. Heinrich Fink PDS Antw PStSekr Wolf-Michael Catenhusen BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24151 D ZusFr Dr. Heinrich Fink PDS . . . . . . . . . . . . . 24151 D Kooperationsvereinbarungen von Hochschu- len zur Einführung von Studiengebühren MdlAnfr 21 Dr. Heinrich Fink PDS Antw PStSekr Wolf-Michael Catenhusen BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24152 B Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 241. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. Juni 2002II Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bun- desregierung zum Nitrofen-Skandal . . . 24152 C Heinrich-Wilhelm Ronsöhr CDU/CSU . . . . 24152 C Jella Teuchner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24153 C Ulrich Heinrich FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24154 B Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 24155 B Eva Bulling-Schröter PDS . . . . . . . . . . . . . . 24156 C Christel Deichmann SPD . . . . . . . . . . . . . . . 24157 C Albert Deß CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 24158 B Matthias Berninger, Parl. Staatssekretär BMVEL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24159 B Norbert Schindler CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 24161 B Gustav Herzog SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24162 C Max Straubinger CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 24163 C Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24164 C Annette Widmann-Mauz CDU/CSU . . . . . . 24166 A Dr. Gerald Thalheim SPD . . . . . . . . . . . . . . . 24167 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24168 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 24169 A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Tabelle über den Um- fang der seit der Privatisierung der Bahn ge- flossenen Zuschüsse an die DB AG (Tagesord- nungspunkt 1, Frage 17) . . . . . . . . . . . . . . . . 24169 D Anlage 3 Qualifizierte Beratung der Kriegsdienstverwei- gerer durch das Bundesamt für Zivildienst über die Vorschriften des § 14 c Zivildienstgesetz mit der möglichen Ableistung eines FsJ/FöJ; Be- rücksichtigung der Gesetzesänderung bei der Neuordnung des Bundesamtes für Zivildienst MdlAnfr 1, 2 Ina Lenke FDP Antw PStSekr’in Dr. Edith Niehuis BMFSFJ 24170 A Anlage 4 Stärkung der Akzeptanz der erneuerbaren Energien bei den Bürgern; Internalisierung der externen Kosten MdlAnfr. 3, 4 Ernst Hinsken CDU/CSU Antw PStSekr’in Gila Altmann BMU . . . . . . 24170 C Anlage 5 Mitteleinsatz zur Umsetzung der Wettbe- werbshilfe für Werften MdlAnfr 5 Dietrich Austermann CDU/CSU Antw PStSekr’in Margareta Wolf BMWi . . . 24171 C Anlage 6 Ausschluss der mit digitalen Empfangsgeräten ausgestatteten deutschen Fernsehzuschauer von der Übertragung der Spiele zur Fußball- weltmeisterschaft 2002 MdlAnfr 6 Dr. Elke Leonhard SPD Antw PStSekr’in Margareta Wolf BMWi . . . 24172 A Anlage 7 Abzug von ABC-Kräften der Bundeswehr aus Kuwait MdlAnfr 8 Wolfgang Gehrcke PDS Antw PStSekr’in Brigitte Schulte BMVg . . . 24172 B Anlage 8 Ausnahmegenehmigung gemäß § 70 StVZO und § 29 StVO für den Abtransport von Lang- holz aus Nasslagern bis Ende 2003 MdlAnfr 9 PeterWeiß (Emmendingen) CDU/CSU Antw PStSekr Stephan Hilsberg BMVBW 24172 C Anlage 9 Aufstockung der Mittel für den Erlass von Alt- schulden von Wohnungsunternehmen in den neuen Bundesländern nach § 6 a Altschulden- hilfe-Gesetz im Haushalt 2003; Anteil der für den Stadtumbau 2002 verwendeten Bundes- mittel MdlAnfr 12, 13 Christine Ostrowski PDS Antw PStSekr Stephan Hilsberg BMVBW 24172 C Anlage 10 Bewilligte Anträge von Wohnungsunterneh- men auf Erlass von Altschulden für abgerisse- nen Wohnraum nach § 6 a des Altschulden- hilfe-Gesetzes; Aufstockung der Mittel für das Stadtumbauprogramm Ost ab 2003 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 241. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. Juni 2002 III MdlAnfr 14, 15 Heidmarie Ehlert PDS Antw PStSekr Stephan Hilsberg BMVBW 24173 A Anlage 11 Abschaffung der von Baden-Württemberg erhobenen Studiengebühren sowie angesichts der Einführung von Studienkonten Verzicht auf die Erhebung von Studiengebühren durch Rheinland-Pfalz im Falle eines In-Kraft-Tretens der sechsten Novelle des Hochschulrahmen- gesetzes MdlAnfr 22, 23 Pia Maier PDS Antw PStSekr Wolf-Michael Catenhusen BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24173 C Anlage 12 Sicherung der Gebührenfreiheit des Hoch- schulstudiums; Vereinbarkeit der durch das Ausbildungsförderungsreformgesetz erreich- ten Verbesserungen für Studienende mit einer Gebührenbelastung zum Beispiel in Nord- rhein-Westfalen MdlAnfr 24, 25 Ursula Lötzer PDS Antw PStSekr Wolf-Michael Catenhusen BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24173 D Anlage 13 Diskriminierungen von katholischen, insbe- sondere deutschstämmigen Christen in Russ- land; Beschleunigung des Aufnahmeverfah- rens von Spätaussiedlern MdlAnfr 26, 27 Hartmut Koschyk CDU/CSU Antw StMin Dr. Christoph Zöpel AA . . . . . . . 24174 B Anlage 14 Aufnahmeverweigerung für 13 militante Paläs- tinenser MdlAnfr 28 Erwin Marschewski (Recklinghausen) CDU/CSU Antw StMin Dr. Christoph Zöpel AA . . . . . . . 24174 D Anlage 15 Gespräche der USA mit Vertretern der kurdi- schen Opposition im Irak in Deutschland MdlAnfr 29 Wolfgang Gehrcke PDS Antw StMin Dr. Christoph Zöpel AA . . . . . . . 24175 A Anlage 16 Auswirkungen der Osterweiterung der EU auf den BGS, insbesondere bei einer gemeinsamen Grenzpolizei für die EU MdlAnfr 30, 31 Klaus Hofbauer CDU/CSU Antw PStSekr Fritz Rudolf Körper BMI . . . . 24175 B Anlage 17 Ergebnisse der Arbeit der „Ostsee-Taskforce“ zur Bekämpfung der organisierten Krimina- lität; Maßnahmen gegen den Menschenhandel in der Ostsee MdlAnfr 32 Wolfgang Börnsen (Bönstrup) CDU/CSU Antw PStSekr Fritz Rudolf Körper BMI . . . . 24175 D Anlage 18 Klassifizierung bei der Besteuerung amerika- nischer REITS in „Fonds“ bzw. „Kapitalge- sellschaften“; steuerliche Auswirkungen MdlAnfr 34, 35 Dr. Heinrich L. Kolb FDP Antw PStSekr Karl Diller BMF . . . . . . . . . . . 24176 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 241. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. Juni 2002IV Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 241. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. Juni 2002
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    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 241. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. Juni 2002 Dr. Gerald Thalheim 24168 (C) (D) (A) (B) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 241. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. Juni 2002 24169 (C) (D) (A) (B) Beck (Bremen), BÜNDNIS 90/ 12.06.2002 Marieluise DIE GRÜNEN Behrendt, Wolfgang SPD 12.06.2002* Bindig, Rudolf SPD 12.06.2002* Dr. Blank, CDU/CSU 12.06.2002** Joseph-Theodor Dr. Bötsch, Wolfgang CDU/CSU 12.06.2002 Erler, Gernot SPD 12.06.2002 Fischer (Frankfurt), BÜNDNIS 90/ 12.06.2002 Joseph DIE GRÜNEN Friedrich (Altenburg), SPD 12.06.2002 Peter Dr. Grygier, Bärbel PDS 12.06.2002 Hampel, Manfred SPD 12.06.2002 Hartnagel, Anke SPD 12.06.2002 Hoffmann (Wismar), SPD 12.06.2002 Iris Irmer, Ulrich FDP 12.06.2002 Jünger, Sabine PDS 12.06.2002 Kumpf, Ute SPD 12.06.2002 Lehder, Christine SPD 12.06.2002 Lemke, Steffi BÜNDNIS 90/ 12.06.2002 DIE GRÜNEN Lintner, Eduard CDU/CSU 12.06.2002* Dr. Lippelt, Helmut BÜNDNIS 90/ 12.06.2002* DIE GRÜNEN Lörcher, Christa fraktionslos 12.06.2002* Müller (Berlin), PDS 12.06.2002* Manfred Neumann (Gotha), SPD 12.06.2002 Gerhard Roos, Gudrun SPD 12.06.2002 Schily, Otto SPD 12.06.2002 Schlee, Dietmar CDU/CSU 12.06.2002 Seehofer, Horst CDU/CSU 12.06.2002 Dr. Freiherr von CDU/CSU 12.06.2002 Stetten, Wolfgang Welt, Jochen SPD 12.06.2002 * für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an den Sitzungen der Nordatlantischen Versamm- lung Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Tabelle über den Umfang der seit der Privatisierung der Bahn geflossenen Zuschüsse an die DB AG (Ta- gesordnungspunkt 1, Frage 17) Die Deutsche Bahn AG (DB AG) hat in den Jahren 1998 bis 2001 nachstehende Zuschüsse erhalten: entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Zuwendungsart 1998 bis 2001 (Istzahlen in Mio. DM) 1998 1999 2000 2001 Zinslose Darlehen/BschwAG 948 1 214 1 212 682 Zukunftsinvestitionsprogramm 0 0 0 1 022 BKZ/BschwAG 3 052 3 967 3 979 3 870 BKZ/DBGrG (Investive Altlasten) 1 742 1 938 1 595 2 016 Lärmsanierung 1 14 38 Zwischensumme 5 742 7 120 6 800 7 628 GVFG-Bundesprogramm 257 291 215 298 Mittel nach Hauptstadtvertrag 61 47 36 42 Summe investive Titel 6 060 7 368 7 051 7 879 Materialaufwand Altlasten DR 1 470 1 190 910 630 Personalaufwand Altlasten DR 2 325 1 958 1 482 1 009 Summe nichtinvestive Altlasten 3 795 3 148 2 392 1 639 Gesamt 9 855 10 516 9 443 9 518 Anlage 3 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dr. Edith Niehuis auf die Fragen der Abgeordneten Ina Lenke (FDP) (Drucksache 14/9299, Fragen 1 und 2): Wann stehen alle verwaltungstechnisch notwendigen Informa- tionen, Verfahrensregelungen und Rechtsverordnungen zur Verfü- gung, damit das Bundesamt für den Zivildienst (BAZ) kompetent und qualifiziert über die neuen gesetzlichen Vorschriften des § 14 c Zivildienstgesetz mit den Möglichkeiten der Ableistung eines Freiwilligen sozialen Jahres/Freiwilligen ökologischen Jahres (FsJ/FöJ) beraten kann, und welche inhaltliche Aufgabe wird dem BAZ bei der Beratung der Kriegsdienstverweigerer zukommen? Wie wird sich die Möglichkeit der Ableistung eines FsJ/FöJ auf die Personalsituation im BAZ auswirken, und wie wird die Geset- zesänderung bei der Neuorganisation des BAZ berücksichtigt? Zu Frage 1: „Der neue § 14 c Zivildienstgesetz tritt am 1. August 2002 in Kraft. Es ist vorgesehen, ebenfalls Anfang August eine Rechtsverordnung zu erlassen, die in dem von § 14 c Zivildienstgesetz gezogenen Rahmen einige Einzelheiten regeln wird. Die Rechtsverordnung soll nur wenige Be- stimmungen umfassen, da die entscheidenden Regelun- gen schon vom Gesetzgeber im § 14 c Zivildienstgesetz getroffen sind. Weitere Vorschriften sind nicht vorgese- hen. Auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt können Anfragen zum § 14 c Zivildienstgesetz zielführend beantwortet werden. Das belegt die tägliche Praxis. Weiterhin kann sich der Internetnutzer auch über die Internetseite des BMFSFJ unterrichten. Das Bundesamt für den Zivildienst hat keine Kompetenzen im Bereich von FsJ und FöJ. In- soweit muss es auf die zuständigen Landesbehörden ver- weisen. § 14 c Zivildienstgesetz ist eine Zivildienstaus- nahme wie der Andere Dienst im Ausland nach § 14 b Zivildienstgesetz oder der Entwicklungsdienst nach § 14 a Zivildienstgesetz. Wer einen solchen Dienst leisten will, muss sich selbst um die Verwirklichung seiner Pläne kümmern. Ansprech- partner für die zukünftigen Dienstleistenden sind die Trä- ger des freiwilligen sozialen Jahres bzw. des freiwilligen ökologischen Jahres. Zu Frage 2: Wir gehen davon aus, dass das vorhandene Personal für die Durchführung des § 14 c Zivildienstgesetz ausreicht, da es sich um eine Zivildienstausnahme handelt und nicht um einen vom BAZ auszugestaltenden Freiwilligen- dienst. Die Zahl der zum Zivildienst heranzuziehenden anerkannten Kriegsdienstverweigerer vermindert sich in dem Maße, wie anerkannte Kriegsdienstverweigerer ein FsJ oder FöJ ableisten. Insgesamt gehen wir davon aus, dass hinsichtlich des § 14 c Zivildienstgesetz eine dem § 14 b Zivildienstgesetz vergleichbare Entwicklung zu verzeichnen sein wird. Bei der Durchführung des Anderen Dienstes im Ausland nach § 14 b Zivildienstgesetz gibt es keine personellen Schwie- rigkeiten oder organisatorische Besonderheiten. Anlage 4 Antwort der Parl. Staatssekretärin Gila Altmann auf die Fragen des Abgeordneten Ernst Hinsken (CDU/CSU) (Drucksache 14/9299, Fragen 3 und 4): Was unternimmt die Bundesregierung, um die Akzeptanz der erneuerbaren Energien bei den Bürgern zu stärken, da trotz viel- fach positiver Einstellung zur Nutzung dieser Energien zahlreiche Projekte vor Ort auf erbitterten Widerstand von Anwohnern, Kommunen oder unteren Behörden stoßen? Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dem von Prof. Dr. Hohmeyer (Universität Flensburg) im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsi- cherheit und des Umweltbundesamtes erarbeiteten Gutachten „Vergleich externer Kosten der Stromerzeugung in Bezug auf das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)“, wonach der Biomasse für verschiedene Umweltschäden ein Bonus von 0,137 Euro pro kWh zustehen müsste, und was unternimmt sie, um die externen Kos- ten zu internalisieren? Zu Frage: 3: Das Interesse am Ausbau der verschiedenen Sparten der erneuerbaren Energien – Wind- und Wasserkraft, So- larwärme, Biomasse und Geothermie – ist sehr hoch. Dies geht aus einer Vielzahl von Anfragen und Rückmeldun- gen an die Bundesregierung hervor. Besonders hervorge- hoben wird dabei der positive Umwelteffekt der erneuer- baren Energien und ihr wichtiger Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung, ihr dezentraler Einsatz mit Arbeitsplätzen vor allem im Handwerk, in der Landwirtschaft und im Ma- schinenbau, der positive Arbeitsplatzeffekt – derzeit ist die Nutzung mit rund 120 000 Arbeitsplätzen in Deutschland verbunden – vor allem auch in ländlichen Regionen sowie die viel versprechenden Exportchancen. Ihr dezentraler Einsatz bedeutet auf der anderen Seite, dass eine Vielzahl von Einzelanlagen errichtet wird. Es handelt sich dabei im Allgemeinen um genehmigungsbe- dürftige Anlagen. Die Prüfung der Anträge und die Ge- nehmigung oder Nichtgenehmigung der Anlagen sind nach der Kompetenzverteilung von Bund, Ländern und Kommunen nicht Aufgabe des Bundes, was bei vielen Bürgern offensichtlich wenig bekannt ist. Der Bund hat geeignete Rahmenbedingungen geschaf- fen, dass ein Höchstmaß an Umwelt- und Sozialverträg- lichkeit sowie Einbeziehung der betroffenen Bürger er- reicht worden ist: So wurde nach § 35 Baugesetzbuch nicht nur eine Gleichstellung von Anlagen zur Wind- und Was- serkraftnutzung mit anderen öffentlich wichtigen Anliegen im Außenbereich bewirkt, sondern zugleich auch eine Ausweisung von Eignungs-, Vorrang- oder Ausschlussge- bieten für den Bau von Windkraftanlagen, sodass über die Planungsinstrumente ein gesteuertes Vorgehen erreicht wurde. Ein so genannter „Wildwuchs“ konnte damit ver- hindert werden. Die Ausweisung dieser Gebiete erfolgt nicht vom Bund, sondern obliegt den Ländern, Kreisen und Kommunen. Akzeptanz für geeignete Standorte ist daher nur vor Ort zu erzielen. Diese Regelung wurde übri- gens bereits in der 13. Wahlperiode verabschiedet. Da- rüber hinaus hat der Bund in der 14. Wahlperiode mit den Novellierungen des UVP-Gesetzes, des Bundesnatur- schutzgesetzes, des Wasserhaushaltsgesetzes, der Seean- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 241. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. Juni 200224170 (C) (D) (A) (B) lagenverordnung und verschiedener Regelungen im Ab- fall- und Immissionsschutzrecht sehr hohe Anforderun- gen an die Genehmigungsfähigkeit von Anlagen gestellt. Dies betrifft insbesondere auch Anlagen zur Nutzung der erneuerbaren Energien. Der konkrete Vollzug dieser Rege- lungen einschließlich der Öffentlichkeitsbeteiligung ist wiederum nicht Aufgabe des Bundes, sondern der Länder und zuständigen Genehmigungsbehörden. Die Bundesre- gierung geht davon aus, dass der erforderliche Abwä- gungsprozess vor Ort fundiert erfolgt und dabei die Ein- beziehung der betroffenen Bürger konsequent umgesetzt wird. Die Bundesregierung trägt durch intensive Information und Öffentlichkeitsarbeit zur Aufklärung und Akzeptanz der Bürger bei. Neben der Ausweitung des Internetange- botes kommt dabei nach wie vor geeigneten Druck- erzeugnissen ein hoher Stellenwert zu. So gehört bei- spielsweise die Publikation „Erneuerbare Energien und Nachhaltige Entwicklung“ zu den am meisten abgefrag- ten Veröffentlichungen des Bundesministeriums für Um- welt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Zu Frage 4: In der Studie „Vergleich externer Kosten der Stromer- zeugung in Bezug auf das Erneuerbare-Energien-Gesetz“ wird eine Auswertung der verschiedenen vorliegenden Studien zu externen Kosten der verschiedenen Stromer- zeugungssysteme vorgenommen. Dabei werden die wich- tigsten Schätzungen der Kosten der Emission klassischer Luftschadstoffe sowie der Klimafolgeschäden diskutiert. Nach Nettoanalysen der externen Kosten sowohl des anthropogenen Treibhauseffektes als auch der Luftschad- stoffemissionen kommt der Gutachter zu dem Ergebnis, dass sich die netto eingesparten externen Kosten der erneu- erbaren Energien wenig unterscheiden: Der Mittelwert des externen Nutzens liegt nach diesen Berechnungen heute bei rund 14 Cent pro Kilowattstunde. Das bedeutet, dass jede mit erneuerbaren Energien erzeugte Kilowattstunde volks- wirtschaftlich und langfristig betrachtet rund 14 Cent pro Kilowattstunde eingespart. Dieses Ergebnis gilt für alle Sparten der erneuerbaren Energien: für Strom aus Wind- und Wasserkraft ebenso wie für Strom aus Biomasse und Solarstromanlagen. Damit liegt der volkswirtschaftliche Nutzen der erneu- erbaren Energien deutlich über den Einspeisevergütungen des EEG: Die Vergütungen nach dem EEG pro eingespeis- ter Kilowattstunde betragen im Jahr 2002: für Wasserkraft 7,67 Cent bis 500 Kilowatt installierter Leistung, für Wind- kraft 9 Cent als Anfangsvergütung und 6,1 Cent nach Errei- chen der Absenkungsmarke, und für Biomasse 10,1 Cent bis 500 Kilowatt installierter Leistung, 9,1 Cent bis 5 Mega- watt Leistung und 8,6 Cent bis 20 Megawatt installierter Leistung. Für Photovoltaik beträgt die EEG-Vergütung derzeit 48,1 Cent pro Kilowattstunde und liegt damit über ihrem derzeitigen externen Nutzen. Angesichts des großen lang- fristigen Potenzials und ihrer hohen technologiepoliti- schen Bedeutung konstatiert der Autor die Rechtfertigung einer höheren Vergütung, um das Entwicklungspotenzial zur technischen und wirtschaftlichen Verbesserung dieser Sparte außerhalb des Labormaßstabs voranzubringen, auch mit Blick auf ein technologisches Wettrennen mit den USA und Japan. Die in Deutschland eingeführte Vergütungsregelung – zunächst das Stromeinspeisungsnetz und jetzt das Er- neuerbare-Energien-Gesetz – haben sich als besonders er- folgreich erwiesen: Sie schaffen mit ihren langfristig gere- gelten Vergütungssätzen betriebswirtschaftlich geeignete Rahmenbedingungen für Investoren und kreditgebende Banken; gleichzeitig leisten sie einen wichtigen Beitrag zur volkswirtschaftlich erforderlichen Internalisierung ex- terner Kosten. Über den im EEG enthaltenen Ausgleichs- mechanismus werden die Vergütungen bundesweit ausge- glichen und breit verteilt. Die Bundesregierung sieht in diesem Gesetz eine besonders effiziente Regelung zur In- ternalisierung externer Kosten und Nutzen der Strom- erzeugung. Die ausführliche Studie ist in der Reihe „Texte“ des Umweltbundesamtes erschienen und unter www.bmu.de und www.umweltbundesamt.de herunterladbar. Eine Kurz- fassung ist in der monatlichen BMU-Zeitschrift „Um- welt“ Nr. 4/2002 zusammen mit einem Artikel über die Wirkungen des EEG erschienen. Anlage 5 Antwort der Parl. Staatssekretärin Margareta Wolf auf die Frage des Abgeordneten Dietrich Austermann (CDU/CSU) (Drucksache 14/9299, Frage 5): In welchem Volumen gedenkt die Bundesregierung nach dem EU-Kompromiss Mittel zur optimalen Umsetzung der Wettbe- werbshilfe für Werften einzusetzen? Zur Flankierung der laufenden Verhandlungen der Eu- ropäischen Kommission zur Einführung befristeter Schutz- maßnahmen für bestimmte Marktsegmente des Schiffbaus wurde im Rahmen der parlamentarischen Beratungen vor- sorglich eine – zunächst noch qualifiziert gesperrte – Ver- pflichtungsermächtigung in Höhe von insgesamt 24 Mil- lionen Euro in den Haushaltsplan 2002 eingestellt. Nach einer Entsperrung durch den Haushaltsaus- schuss des Deutschen Bundestages würden die Teilbe- träge in den Haushaltsjahren 2003 bis 2005 fällig werden. Damit wird deutlich gemacht, dass die Bundesregierung sich der wirtschaftlichen Bedeutung der Werftindustrie – insbesondere für die Küstenländer – bewusst ist und die innerhalb der Europäischen Kommission beabsichtigten handelspolitischen Maßnahmen auch national mitgetra- gen werden. Zusammen mit der Zweidrittel-Kofinanzierung der Län- der ergäbe sich damit ein Programmvolumen in Höhe von 72 Millionen Euro, mit dessen Hilfe die dringend notwen- digen Neuakquirierungen von Containerschiffen und Pro- dukten- und Chemikalientankern von bis zu 1,2 Millarden Euro Auftragsvolumen flankiert werden könnten. Ob da- rüber hinaus eine weitere Verpflichtungsermächtigung in den Haushalt 2003 eingestellt wird, ist Gegenstand der noch laufenden Gespräche zur Aufstellung des Regie- rungsentwurfs 2003. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 241. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. Juni 2002 24171 (C) (D) (A) (B) Anlage 6 Antwort der Parl. Staatssekretärin Margareta Wolf auf die Frage der Abgeordneten Dr. Elke Leonhard (SPD) (Drucksa- che 14/9299, Frage 6): Wie beurteilt die Bundesregierung den Ausschluss der mit di- gitalen Empfangsgeräten ausgestatteten deutschen Fernsehzu- schauer von der Übertragung der Spiele zur Fußball-Weltmeister- schaft 2002 vor dem Hintergrund des in der EG-Richtlinie zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit (Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“) festgeschriebenen Gebots der Ausstrahlung von Ereignissen erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung? Die Bundesregierung bedauert im Interesse der betrof- fenen Fernsehzuschauer, dass es den öffentlich-rechtli- chen Rundfunkanstalten nicht gelungen ist, die Spiele zur Fußballweltmeisterschaft 2002 auch in digitaler Form zu übertragen. Damit wird außerdem der weiteren Verbreitung der di- gitalen Empfangstechnik, der die Bundesregierung große Bedeutung beimisst, geschadet. Nach den Erklärungen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist die Abstrahlung in digitaler Form wegen der von der Kirch-Gruppe geforderten Ver- schlüsselung nicht möglich. Die für den öffentlich- rechtlichen Rundfunk zuständigen Aufsichtsgremien der Länder werden darauf zu achten haben, dass künf- tig die uneingeschränkte Versorgung der Zuschauer mit digitalen Empfangsgeräten gewährleistet wird. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass das Verwaltungs- gericht Köln nach Pressemeldungen es abgelehnt hat, im Wege einer einstweiligen Anordnung die Abstrah- lung durchzusetzen. Anlage 7 Antwort der Parl. Staatssekretärin Brigitte Schulte auf die Fragen des Abgeordneten Wolfgang Gehrcke (PDS) (Drucksa- che 14/9299, Frage 8): Sieht die Bundesregierung angesichts etwaiger US-amerikani- scher Planungen für einen Militärschlag gegen den Irak nunmehr Anlass, vorsorglich eigene Einheiten und Material der ABC- Kräfte der Bundeswehr aus der im Kriegsfall unmittelbar betrof- fenen Region aus Kuwait abzuziehen? Auftrag der deutschen ABC-Abwehrkräfte im Rahmen der Operation „Enduring Freedom“ in Kuwait ist es, nach einem möglichen terroristischen Angriff mit Massenver- nichtungswaffen auf amerikanische Stützpunkte oder Stützpunkte der Koalitionspartner sowie zivile Einrich- tungen in der Region Spüraufgaben und Dekontamination durchzuführen. Dies hat der Deutsche Bundestag beschlossen. Um die- sen Auftrag wahrnehmen zu können, müssen Teile des Kontingents in Kuwait präsent sein und von Zeit zu Zeit in Übung gehalten werden. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatsskretärs Stephan Hilsberg auf die Frage des Abgeordneten Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) (Drucksache 14/9299, Frage 9): Ist die Bundesregierung bereit, angesichts der Tatsache, dass die nach dem Sturm „Lothar“ im Dezember 1999 eingerichteten Nasslager zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrung und Qua- litätsverlusten bis Ende 2003 ausgelagert sein sollten, eine Ausnah- megenehmigung gemäß §70 Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung und § 29 Straßenverkehrsordnung zum Abtransport von Langholz aus Nasslagern, mit einer Erhöhung der zulässigen Gesamtge- wichte, bis zum Ende des Jahres 2003 zu erteilen? Nein. Sowohl die Erteilung einer Erlaubnis nach § 29 der Straßenverkehrsordnung (StVO) als auch die einer Ausnahmegenehmigung nach § 70 der Straßenverkehrs- Zulassungs-Ordnung (StVZO) zählen zum Verwaltungs- vollzug. Für den Vollzug der StVO und der StVZO sind nach den Artikeln 83 und 84 des Grundgesetzes (GG) die Länder, nicht der Bund zuständig. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Stephan Hilsberg auf die Fragen der Abgeordneten Christine Ostrowski (PDS) (Drucksa- che 14/9499, Fragen 12 und 13): Beabsichtigt die Bundesregierung, das bisher veranschlagte Finanzvolumen von rund 350 Millionen Euro für den Erlass von Altschulden von Wohnungsunternehmen in den neuen Bundes- ländern nach §6 a Altschuldenhilfe-Gesetz (AHG) im Interesse des Erhalts der betroffenen kommunalen und genossenschaftli- chen Wohnungsunternehmen mit dem nächsten Haushaltsplan aufzustocken, und wenn ja, in welcher Höhe? Wie viele der für 2002 veranschlagten Bundesmittel für das Stadtumbauprogramm Ost sind inzwischen den betroffenen Län- dern und Kommunen zugeflossen, und wie viel davon konnte be- reits wirksam für den Stadtumbau Ost eingesetzt werden? Zu Frage 12: Für zusätzliche Altschuldenhilfen nach § 6 a Altschul- denhilfe-Gesetz stehen ab 2001 über einen Zeitraum von zehn Jahren 358 Millionen Euro zur Verfügung. Die Län- der beteiligen sich an Sanierungskonzepten für die an- tragstellenden Wohnungsunternehmen in mindestens der Höhe der Entlastung durch den Bund. Da der zur Verfügung stehende Verpflichtungsrahmen derzeit nicht ausgeschöpft ist, besteht gegenwärtig keine Notwendigkeit zu Überlegungen für eine Mittelauf- stockung im nächsten Haushaltsplan. Zu Frage 13: Im Wettbewerb Stadtumbau hat der Bund den am Wettbewerb teilnehmenden Kommunen Zuwendungsbe- scheide über 12,8 Millionen Euro ausgehändigt. Von die- ser Summe wurden bereits 11,5 Millionen Euro an die Kommunen ausgezahlt. Nach der zwischen dem Bund und den Ländern am 29. Dezember 2001 und 9. April 2002 abgeschlossenen Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 241. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. Juni 200224172 (C) (D) (A) (B) Verwaltungsvereinbarung zur Städtebauförderung 2002 stellen die Länder für die zu fördernden Maßnahmen Landesprogramme auf. Der Bund fasst die Landespro- gramme zum Bundesprogramm zusammen und teilt den Ländern nach Maßgabe des Bundesprogramms die Fi- nanzhilfen des Bundes zu. Die Landesprogramme zum Stadtumbau Ost liegen erst zum Teil vor. Gleichwohl werden die einzelnen Län- der in Kürze das Zuteilungsschreiben über die Bundes- mittel mit der Maßgabe erhalten, dass die Zuteilung wirk- sam wird, sobald das Landesprogramm dem Bund vorliegt, von ihm gebilligt wird oder der Bund dem Pro- gramm nicht innerhalb der in der Verwaltunsvereinbarung vorgesehenen Monatsfrist widerspricht. Durch die früh- zeitige Zuteilung wird erreicht, dass die Länder die Bun- desmittel zügig in Anspruch nehmen und entsprechend dem Auszahlungsbedarf bei den zu fördernden Maßnah- men einsetzen können. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Stephan Hilsberg auf die Fragen der Abgeordneten Heidemarie Ehlert (PDS) (Drucksa- che 14/9299, Fragen 14 und 15): Wie viele Anträge von Wohnungsunternehmen auf Erlass von Altschulden für abgerissenen Wohnraum nach § 6 a des AHG wur- den bisher mit welchem Volumen bewilligt? Hält die Bundesregierung das bisher veranschlagte Finanz- volumen von 100 Millionen bis 150 Millionen Euro jährlich für das Stadtumbauprogramm Ost nach wie vor für ausreichend, oder beabsichtigt sie, es im Interesse des zwingend notwendigen Stadtumbaus mit dem nächsten Haushaltsplan ab 2003 aufzu- stocken? Zu Frage 14: Bisher liegen 90 Anträge vor. Diese bedürfen in vielen Fällen noch der Vervollständigung. Bewilligt wurden 25 Anträge mit einem Antragsvolumen von circa 18 Mil- lionen Euro. Zu Frage 15: Für die Förderung von Maßnahmen zum Stadtumbau Ost stehen im Bundeshaushaltsplan 2002 Finanzhilfen (Verpflichtungsrahmen) in Höhe von 178,9 Millionen Euro zur Verfügung. Das Förderprogramm ist auf eine langfristige Unterstützung angelegt und umfasst bis 2009 – mit der Komplementärfinanzierung durch Länder und Gemeinden – ein Volumen von insgesamt 2,7 Milliarden Euro. Hiervon trägt allein der Bund 1,1 Mil- liarden Euro. Das Programmvolumen geht weit über die Vorschläge der Leerstands-Kommission hinaus. Nach Auffassung der Bundesregierung leistet es im Zusammenwirken mit den weiteren wohnungs- und städtbaulichen Fördermaßnah- men einen wesentlichen und ausreichenden Beitrag zur Lö- sung der wohnungswirtschaftlichen und städtebaulichen Probleme in den vom Strukturwandel betroffenen ost- deutschen Städten. Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wolf-Michael Catenhusen auf die Fragen der Abgeordneten Pia Maier (PDS) (Drucksa- che 14/9299, Fragen 22 und 23): Wäre nach Auffassung der Bundesregierung das Land Baden- Württemberg im Falle eines In-Kraft-Tretens der vom Deutschen Bundestag beschlossenen sechsten Novelle des Hochschulrah- mengesetzes verpflichtet, die im Lande erhobenen Studienge- bühren für so genannte Langzeitstudiengebühren abzuschaffen? Wäre nach Auffassung der Bundesregierung das Land Rhein- land-Pfalz im Falle eines In-Kraft-Tretens der vom Deutschen Bun- destag beschlossenen sechsten Novelle des Hochschulrahmen- gesetzes verpflichtet, auf die Erhebung von Studiengebühren infolge der Einführung von Studienkonten zu verzichten? Zu Frage 22: Nein. Mit der Novelle des Hochschulrahmengesetzes werden Studiengebühren bis zum ersten berufsqualifizie- renden Studienabschluss in allen Ländern grundsätzlich ausgeschlossen. Das Gesetz garantiert den Studienwilligen und ihren Familien, dass ein Studium bis zum Bachelor bzw. bis zum konsekutiven Master-Abschluss, bis zum Di- plom, Magister oder bis zum Staatsexamen auch künftig studiengebührenfrei bleibt. Der Bund hat für den Hoch- schulbereich eine Rahmengesetzgebung und muss den Ländern Spielräume für Ausnahmeregelungen einräumen. Grundsätzlich lässt das vom Deutschen Bundestag beschlossene Gesetz zur Änderung des Hochschulrahmen- gesetzes (6. HRGÄndG) daher zu, dass das Landesrecht in besonderen Fällen Ausnahmen von der Studiengebühren- freiheit vorsieht. Die Regelung unterstützt auch die Ein- führung neuer nachfrageorientierter Studienfinanzierungs- modelle wie Studienkonten und Bildungsgutscheine. Das Landrecht regelt, welchen Umfang das Studienkonto bzw. die Bildungsgutscheine für ein gebührenfreies Studium haben oder wann die Regelstudienzeit als deutlich über- schritten gilt und damit Studiengebühren erhoben werden können. Hierbei sind differenzierte Regelungen möglich und sinnvoll, etwa zur Berücksichtigung von Gremien- tätigkeiten, Kindererziehungszeiten, Teilzeitstudierenden und Auslandsstudienzeiten. Zu Frage 23: Das 6. HRGÄndG verweist in seiner Begründung aus- drücklich auf die Vereinbarkeit eines Studienzeitkonten- modells mit der Studiengebührenfreiheit für ein Studium bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss. Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Wolf-Michael Catenhusen auf die Fragen der Abgeordneten Ursula Lötzer (PDS) (Drucksache 14/9299, Fragen 24 und 25): Welche Haltung hat die Bundesregierung zur von nordrhein- westfälischen Studierenden in einer landesweiten Demonstration in Düsseldorf am 8. Juni 2002 sowie in Streiks an rund 20 Hoch- schulen zum Ausdruck gebrachten Forderung nach Sicherung der Gebührenfreiheit des Hochschulstudiums ohne Wenn und Aber? Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 241. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. Juni 2002 24173 (C) (D) (A) (B) Wie beurteilt die Bundesregierung die im Ausbildungsförde- rungsreformgesetz erreichten Verbesserungen in der studenti- schen Ausbildungsförderung, wenn gleichzeitig Studierende von Ländern wie Nordrhein-Westfalen in zunehmendem Maße durch Gebühren belastet werden? Zu Frage 24: Mit der Novelle des Hochschulrahmengesetzes wird die Einführung von Studiengebühren bis zum ersten be- rufsqualifizierenden Studienabschluss in allen Ländern grundsätzlich ausgeschlossen. Das Gesetz garantiert den Studienwilligen und ihren Familien, dass ein Studium bis zum Bachelor bzw. bis zum konsekutiven Master-Ab- schluss, bis zum Diplom, Magister oder bis zum Staats- examen auch künftig studiengebührenfrei bleibt. Der Bund hat für den Hochschulbereich eine Rahmen- gesetzgebung und muss den Ländern Spielräume für Aus- nahmeregelungen einräumen. Grundsätzlich lässt das vom Deutschen Bundestag beschlossene Sechste Gesetz zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes (6. HRGÄndG) daher zu, dass das Landesrecht in besonderen Fällen Aus- nahmen von der Studiengebührenfreiheit vorsieht. Die Regelung unterstützt auch die Einführung neuer nachfra- georientierter Studienfinanzierungsmodelle wie Studien- konten und Bildungsgutscheine. Das Landesrecht regelt, welchen Umfang das Studienkonto bzw. die Bildungsgut- scheine für ein gebührenfreies Studium haben oder wann die Regelstudienzeit als deutlich überschritten gilt und da- mit Studiengebühren erhoben werden können. Hierbei sind differenzierte Regelungen möglich und sinnvoll, etwa zur Berücksichtigung von Gremientätigkeiten, Kinder- erziehungszeiten, Teilzeitstudierenden und Auslandsstudi- enzeiten. Erst die konkrete Ausgestaltung der Gebührenre- gelung im Landeshochschulrecht macht demnach eine Überprüfung möglich, ob es sich noch um eine rahmen- rechtliche zulässige Ausnahmebestimmung handelt, die der im HRG neu verankerten Studiengebührenfreiheit ent- spricht. Zu Frage 25: Der inzwischen deutlich werdende Erfolg des Ausbil- dungsförderungsreformgesetzes ist am Anstieg der An- tragszahlen ablesbar. Das Vertrauen der Studierenden in die staatliche Ausbildungsförderung ist nach Jahren be- dauerlich konstanten Rückbaus durch die Vorgängerregie- rung wieder zurückgewonnen worden. Soweit die noch nicht abgeschlossenen Überlegungen aus Nordrhein- Westfalen bislang überhaupt bekannt worden sind, sehen sie Härteregelungen und Ausnahmen vor, die insbeson- dere für BAföG-Empfänger gelten würden. Anlage 13 Antwort des Staatsministers Dr. Christoph Zöpel auf die Fragen des Abgeordneten Hartmut Koschyk (CDU/CSU) (Druck- sache 14/9299, Fragen 26 und 27): Welche Erkenntnisse besitzt die Bundesregierung über Diskri- minierungen von katholischen Christen in Russland, die zumeist der deutschen Minderheit angehören, wie sie Presseberichten zu- folge, nach vielen Jahren der Religions- und Glaubensfreiheit, vor allem im Konflikt mit der russisch-orthodoxen Kirche, verstärkt zu Tage treten, und wie begründet die Bundesregierung ihre der Medienberichterstattung zu entnehmende Haltung, es gebe keinen direkten politischen Handlungsbedarf („Kirchliche Nachrichten- agentur“ vom 22. Mai 2002)? Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, die Verfah- ren zur Aufnahme von Spätaussiedlern, vor dem Hintergrund der zunehmenden Konflikte mit der russisch-orthodoxen Kirche, zu beschleunigen, und welchen Handlungsbedarf sieht die Bundes- regierung bezogen auf das beschlossene Zuwanderungsgesetz? Zu Frage 26 und 27: Gegenwärtig ist eine Auseinandersetzung zwischen der Orthdoxen und der Katholischen Kirche um die Fra- gen der katholischen Kirchenstruktur in Russland zu be- obachten. Dabei wendet sich die Orthodoxe Kirche offen- bar auch mithilfe der Behörden gegen die Neugliederung der katholischen Bistümer und den Ausbau ihrer Struktur in Russland. Im Rahmen dieser Auseinandersetzung ist es unter anderem zur Versagung der Einreise für einzelne Angehörige des katholischen Klerus nach Russland ge- kommen. Die bestehende, gesetzlich garantierte Religi- onsfreiheit und -ausübung der Russlanddeutschen ist aus der Sicht der Bundesregierung aber nicht in Gefahr. Es be- steht daher keine Veranlassung, eine beschleunigte Aus- reise von Deutschstämmigen anzustreben. Russland ist an Art. 18 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und an Art. 9 der Europäischen Menschenrechtskonven- tion, die den Schutz der Religionsfreiheit vorsehen, ge- bunden Die Bundesregierung wird jedoch weiter genau beob- achten, ob und gegebenenfalls in welcher Weise das Vorge- hen russischer Behörden, zum Beispiel durch die Ableh- nung von Einreisegemehmigungen, die Religionsfreiheit in Russland insgesamt beeinträchtigt. Eine systematische Verhinderung der Aufnahme neuer Mitglieder durch die katholische Kirche in Russland vertrüge sich nicht mit dem Menschenrecht der Religionsfreiheit, wie es für die Mitglieder der Vereinten Nationen und des Europarates, also auch für Russland verbindlich ist. Anlage 14 Antwort des Staatsministers Dr. Christoph Zöpel auf die Frage des Abgeordneten Erwin Marschewski (Recklinghausen) (CDU/CSU) (Drucksache 14/9299, Frage 28): Wie stellt die Bundesregierung ganz konkret (bitte detaillierte Antwort) über die Festlegung im Gemeinsamen Standpunkt hi- naus sicher, dass keine/r der in der Antwort des Staatsministers im Auswärtigen Amt, Dr. Ludger Volmer, vom 6. Juni 2002 auf meine schriftliche Frage mit der Arbeitsnummer 5/154 erwähnten mili- tanten 13 Palästinenser aus den anderen EU-Aufnahmeländern nach Deutschland einreist (die wegen der Zuständigkeit für Ein- reise und Aufenthalt von Ausländern erkennbar in den Zuständig- keitsbereich des Bundesministeriums des Innern und nicht des Auswärtigen Amts fallende Teilfrage wurde nicht beantwortet) und welches sind ganz konkret die in der Antwort auf oben ange- führte schriftliche Frage genannten „grundsätzlichen politischen Erwägungen“, wegen derer Deutschland keine/n der 13 militanten Palästinenser aufgenommen hat? Der Gemeinsame Standpunkt der Europäischen Union wird in der Bundesrepublik wie folgt umgesetzt: Die Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 241. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. Juni 200224174 (C) (D) (A) (B) zwölf Palästinenser, die in der EU Aufnahme gefunden haben, sind deutschlandweit zur Grenzfahndung ausge- schrieben. Alle Dienststellen des BGS sind angewiesen, im Rahmen von Grenzkontroll- und Grenzraumüberwa- chungsmaßnahmen Einreiseversuche zu unterbinden. Die grundsätzlichen politischen Erwägungen, die die Bundesregierung veranlasst haben, keinen der zwölf Paläs- tinenser zu übernehmen, die die EU aufgenommen hat, wurden den zuständigen Ausschüssen des Bundestages in nicht öffentlichen Sitzungen erläutert. Unter anderem spielte dabei auch der Gesichtspunkt eine Rolle, dass es in sich widersprüchlich gewesen wäre, eine der fraglichen Personen aufzunehmen und möglicherweise gleichzeitig strafrechtlich gegen sie vorgehen zu müssen. Im Übrigen wurde Deutschland seitens der EU-Präsidentschaft nicht um Aufnahme gebeten. Anlage 15 Antwort des Staatsministers Dr. Christoph Zöpel auf die Frage des Abgeordneten Wolfgang Gehrcke (PDS) (Drucksache 14/9299, Frage 29): Hat die Bundesregierung vor dem Hintergrund etwaiger US- amerikanischer Planungen für eine Militärintervention im Irak Vertretern der USA Gelegenheit gegeben, in Deutschland Ge- spräche mit Vertretern der kurdischen Oppositionskräfte im Irak zu führen (vergleiche „Berliner Zeitung“ vom 22. April 2002)? Nein. Anlage 16 Antwort des Parl. Staatssekretärs Fritz Rudolf Körper auf die Fragen des Abgeordneten Klaus Hofbauer (CDU/CSU) (Drucksache 14/9499, Fragen 30 und 31): Welche personellen und strukturellen Auswirkungen der Osterweiterung der Europäischen Union sieht die Bundesregie- rung für den Bundesgrenzschutz (BGS)? Welche Auswirkungen für den BGS sieht die Bundesregierung im Hinblick auf das Gespräch der Innenminister der EU-Mit- gliedstaaten über eine gemeinsame Grenzpolizei für die Europä- ische Union? Zu Frage 30: Die EU-Osterweiterung, die frühestens zum 1. Januar 2004 zu erwarten ist, hat zunächst keine strukturellen Auswirkungen auf den BGS. Die Erweiterung bedeutet nicht zeitgleich den Wegfall der grenzpolizeilichen Kon- trollen. Es handelt sich um zwei unabhängige Akte, zwi- schen denen nach heutiger Einschätzung ein beträcht- licher Zeitraum liegen wird. Erst wenn alle Schengen Bedingungen in den Beitrittsstaaten erfüllt werden, kann die Abschaffung der Grenzkontrollen verantwortet wer- den. Die Ständige Konferenz der Innenminister und -se- natoren der Länder hat am 5./6. Juni 2002 der Einrichtung einer Arbeitsgruppe zur vertieften Behandlung des The- mas – unter Vorsitz des Bundesministeriums des Innern – zugestimmt. Ziel der Arbeitsgruppe soll es sein, zu einem abgestimmten Sicherheitskonzept an den Grenzen zu Polen und der Tschechischen Republik nach der EU-Er- weiterung bis zum Wegfall der Grenzkontrollen entspre- chend dem Schengener Durchführungsabkommen zu gelangen. An der Arbeitsgruppe nimmt neben den betrof- fenen Ländern Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen und Bayern auch das Bundesministerium der Finanzen teil. Zu Frage 31: Anlässlich des Treffens der Innenminister der Mit- gliedstaaten der Europäischen Union, der Beitrittskandi- datenstaaten und der Türkei wurde am 30. Mai 2002 in Rom die Machbarkeitsstudie „Europäische Grenzpolizei“ präsentiert. Die Studie, an der Italien, Deutschland, Frankreich, Belgien und Spanien mitgewirkt haben, regt an, die grenzpolizeiliche Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union zügig zu insti- tutionaliseren. Das Ergebnis der Studie fand bei allen grundsätzliche Zustimmung. Die weitere Behandlung der Vorschläge bleibt den zu- ständigen EU-Gremien, dem Justiz- und Innenrat und dem Europäischen Rat in Sevilla vorbehalten. Absehbar ist jedoch bereits jetzt, dass die internationalen Aktivitä- ten des Bundesgrenzschutzes weiter zunehmen werden. Die bisherigen gegenseitigen Hospitationen von BGS-Be- amten mit Italien, Spanien, Frankreich und Österreich werden voraussichtlich um weitere Länder ergänzt. Ziel ist es, den Einsatz von BGS-Beamten an den europäischen Großflughäfen auszubauen. Anlage 17 Antwort des Parl. Staatssekretärs Fritz Rudolf Körper auf die Frage des Abgeordneten Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/ CSU) (Drucksache 14/9499, Frage 32): Zu welchen konkreten, das heißt auf Zahlen, Untersuchungen und Feststellungen basierenden Ergebnissen und Erkenntnissen ist die Arbeit der „Ostsee-Taskforce“ zur Bekämpfung der organisier- ten Kriminalität – insbesondere bezogen auf die Expertengruppen „Illegale Migration“ und „Frauenhandel“ sowie die „Nordische Zu- sammenarbeit zwischen Kriminalermittlungsdienststellen“ (CID) – bis zum heutigen Tage – auch nach Auswertung von Vorfällen befreundeter Ostsee-Nachbarstaaten – gekommen, und welche greifbaren Schritte werden ihrerseits in Erwägung gezogen, um dem Problem des Menschenhandelns in der Ostseeregion wirk- sam entgegenzutreten? Die im Rahmen der Zusammenarbeit der Ostsseean- rainerstaaten gewonnenen Erkenntnisse hinsichtlich illega- ler Migration werden durch die Expertengruppe in einem jährlichen „Internationalen Lagebericht unkontrollierte Zu- wanderung und Schleusungskriminalität – Ostseeregion“ zusammengefasst und ausgewertet. In den vergangenen Jahren wurden aufgrund dieser Erkenntnisse mehrere ma- ritime Maßnahmen und Landoperationen, sowohl bi- als auch multilateral, durchgeführt. Im Bereich Menschenhan- del im Ostseeraum wird derzeit ein Lagebild unter Beteili- gung von Europol erstellt. Im Rahmen einer gemeinsamen ersten Bestandsaufnahme zum Menschenhandel in diesem Bereich wurde die Umsetzung folgender konkreter Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 241. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. Juni 2002 24175 (C) (D) (A) (B) Maßnahmen beschlossen: Intensivierung des polizeilichen Informationsaustausches auf dem Interpol-Weg, anlassbe- zogene gemeinsame Projekte mit Herkunfts- und Ziellän- dern von Opfern des Menschenhandels, Austausch erfahre- ner Polizeibeamter im konkreten Einzelfall (so genannte gemeinsame Ermittlungsteams), deliktspezifische Aus- und Weiterbildung sowie gemeinsame Seminare von Fach- beratungsstellen und Polizei. Weitere Informationen sind unter der Homepage www.balticseataskforce.dk abrufbar. Anlage 18 Antwort des Parl. Staatssekretärs Karl Diller auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) (Drucksache 14/9299, Fragen 34 und 35): Gibt es bei der Besteuerung US-amerikanischer REITS in Deutschland eine unterschiedliche Klassifizierung in „Fonds“ bzw. „Kapitalgesellschaften“, und was sind die steuerlichen Fol- gen der jeweiligen Klassifizierung für den Steuerpflichtigen? Wer nimmt die Klassifizierung des konkreten REITS vor, und haben die Finanzämter vor Ort dabei einen Handlungsspielraum? Zu Frage 34: US-amerikanische REITS (Real Estate Investment Trusts) werden bei der Besteuerung nicht in „Fonds“ und „Kapitalgesellschaften“ unterschieden. Der REIT ist eine amerikanische Investmentgesellschaft, die vorrangig Grundvermögen erwirbt und daraus passive Erträge erzielt. Nach amerikanischem Recht kann der REIT als Körper- schaft (corporation), als Vereinigung (association) oder als Trust errichtet werden. Die rechtliche Ausgestaltung des REITS im Einzelfall erfolgt durch den Emittenten. Die Besteuerung der inländischen Anteilseigener aus- ländischer Investmentgesellschaften wird durch das deut- sche Auslandsinvestmentgesetz geregelt. Für dessen An- wendung ist die rechtliche Ausgestaltung des REITS nach US-amerikanischem Recht irrelevant, da dem § 1 des Aus- landsinvestmentgesetzes eine wirtschaftliche Betrach- tungsweise zugrunde liegt. Für die Anwendbarkeit der steuerlichen Vorschriften des Auslandsinvestmentgesetzes kommt es regelmäßig allein darauf an, ob der REIT ein dem US-amerikanischen Recht unterliegendes Vermögen aus Grundstücken ist, das nach dem Grundsatz der Risiko- mischung angelegt ist. Dieser Grundsatz ist nach der Ver- waltungspraxis der Bundesanstalt für Finanzdienstleis- tungsaufsicht erfüllt, wenn das Vermögen aus mehr als drei Grundstücken besteht. Diese Voraussetzung wird bei REITS regelmäßig vor- liegen. Eine Klassifizierung in „Fonds“ bzw. „Kapitalge- sellschaften“ findet damit aufgrund der abschließenden steuerlichen Regelungen des Auslandsinvestmentgesetzes (§§17, 18 AuslInvestmG) nicht statt. Das Doppelbesteue- rungsabkommen mit den USA schränkt die Besteuerung der Erträge inländischer Anteilseigener an den REITS in Deutschland grundsätzlich nicht ein. Zu Frage 35: Eine Liste der Fonds, die zum öffentlichen Vertrieb in Deutschland zugelassen worden sind (§ 17 Abs. 3 Nr. 1 a AuslInvestmG), ist auf den Internetseiten der Bundesan- stalt für Finanzdienstleistungsaufsicht – www.bafin.de – unter der Rubrik: Sektor Bankenaufsicht – sonstige Ver- öffentlichungen erhältlich. Ebenfalls zu dieser Gruppe gehören Fonds, deren An- teile an einer deutschen Börse zum amtlichen Handel oder zum geregelten Markt zugelassen sind und die einen steu- erlichen Vertreter gegenüber dem Bundesamt für Finanzen bestellt haben (§ 17 Abs. 3 Nr. 1 b AuslInvestmG). Eine Liste dieser Fonds ist auf den Internetseiten des Bundes- amts für Finanzen – www.bff.online.de – unter der Ru- brik: Informationen zu ausländischen Investmentfonds er- hältlich. Die Ergebnisse der jeweiligen Eingruppierung nach diesen Listen und damit auch die Eingruppierung von REITS werden regelmäßig auch von den Finanzäm- tern der Besteuerung zugrunde gelegt. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 241. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. Juni 200224176 (C) (D) (A) (B) Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
Gesamtes Protokol
Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424100000
Die Sitzung ist eröff-
net.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:
Befragung der Bundesregierung

Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Ka-
binettssitzung „Einkommensentwicklung in Deutsch-
land“ mitgeteilt. Das Wort für den einleitenden fünf-
minütigen Bericht hat der Parlamentarische Staatssekretär
beim Bundesminister der Finanzen, Karl Diller.

Herr Staatssekretär, bitte.

K
Karl Diller (SPD):
Rede ID: ID1424100100
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten
Kolleginnen und Kollegen! Bis einschließlich 1998 wa-
ren die 90er-Jahre für die Einkommensentwicklung der
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bittere Jahre. In
realen Größen gerechnet lagen die Nettoeinkommen der
Arbeitnehmer 1998 um 923 Euro unter dem Niveau des
Jahres 1994. Das entsprach einem Rückgang von 5,8 Pro-
zent, wofür es eine Reihe von Erklärungen gibt.

Die Vorgängerregierung hatte eine falsche wirtschafts-
politische Ausrichtung gewählt, die Binnennachfrage
sträflich vernachlässigt und allein auf die Wettbewerbs-
und Investitionsfähigkeit der Unternehmen gesetzt. Eine
der Folgen waren ungewöhnlich niedrige Wachstums-
raten in dieser Zeit.

Zusätzlich stieg in dieser Zeit die Abgabenbelastung
der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer stark an. Der
Solidaritätszuschlag seit 1995 erhöhte die Steuerbelastun-
gen, ein Teil der Wiedervereinigungskosten wurde aus
den Sozialkassen bezahlt. Dadurch stiegen die Lohnne-
benkosten der Arbeitnehmer beispielsweise in der Ren-
tenversicherung um 1,3 Prozentpunkte und in der Kran-
kenversicherung um 0,7 Prozentpunkte, also insgesamt
um 2 Prozentpunkte des Bruttolohnes.

Betrachtet man die Volkswirtschaft insgesamt, so
führte die stagnierende Beschäftigung zusätzlich zu einer
Dämpfung der gesamtwirtschaftlichen Konsumnach-
frage, was bei den Produzenten zu Verunsicherungen über
die Absetzbarkeit ihrer Produkte geführt hat.

Seit 1996 haben die Arbeitnehmer sehr moderaten
Lohnabschlüssen zugestimmt. Das hat zu einer deutlichen
Verschiebung in der Einkommensverteilung zugunsten
von Unternehmenseinkünften geführt und gleichzeitig
eine Erhöhung der Kapitalrendite hervorgerufen. Trotz-
dem sind die Investitionen nicht so stark gewachsen, wie
das die damalige Regierung erwartet hatte.

Inzwischen hat sich die Situation für die Arbeitnehme-
rinnen und Arbeitnehmer deutlich verbessert. Vor allem
die Steuerpolitik der Bundesregierung hat dazu beigetra-
gen. Wir haben den Großteil der Entlastungswirkung auf
den unteren Tarifbereich bei der Einkommensteuer kon-
zentriert. Davon profitieren vor allem Familien mit Kin-
dern, Arbeitnehmer mit kleinen und mittleren Einkom-
men und der Mittelstand.

Jemand mit einem Jahresbruttolohn von 25 000 Euro,
der ledig und ohne Kinder in der Steuerklasse I ist, zahlt
in diesem Jahr 15 Prozent und ab nächstem Jahr 19 Pro-
zent weniger Lohnsteuer als 1998. Ist er verheiratet ohne
Kinder in der Steuerklasse III, zahlt er in diesem Jahr
41 Prozent und ab dem nächsten Jahr 54 Prozent weniger
Lohnsteuer. Hinzukommt der kräftige Anstieg des Kin-
dergeldes. Ein verheirateter Bäckermeister mit einem Ge-
winn vor Steuern von angenommenen 25 000 Euro zahlt
in diesem Jahr 28 Prozent und im nächsten Jahr 39 Pro-
zent weniger Steuern.

In den neuen Ländern ist die Entlastungwirkung auf die
Nettoeinkommen je Arbeitnehmer relativ stärker als in
den alten. Wir haben in dieser Legislaturperiode die
Trendumkehr bei den Netto- und Realeinkommen der Ar-
beitnehmer geschafft. Von 1994 bis 1998 sanken sie pro
Jahr um 1,5 Prozent, seit 1998 steigen sie pro Jahr um
1,2 Prozent an.

Die Nettolöhne der Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-
mer lagen 2001 im Durchschnitt um real 534 Euro über
dem Niveau des Jahres 1998. Diese erfreuliche Trendum-
kehr ist insbesondere Folge der Ausweitung des Grund-
freibetrages, der Absenkung des Eingangssteuersatzes so-
wie der enormen Anhebung des Kindergeldes um mehr als
ein Drittel gegenüber 1998. Auch die ökologische Steuer-
reform hat hierzu durch die Senkung der Lohnnebenkos-
ten beigetragen. Der Rentenversicherungsbeitragssatz
sank von 20,3 Prozent auf 19,1 Prozent.

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(A)



(B)


241. Sitzung

Berlin, Mittwoch, den 12. Juni 2002

Beginn: 13.00 Uhr

Die deutliche Verbesserung der Situation der Arbeit-
nehmerinnen und Arbeitnehmer ist Ausdruck unserer
Politik, die sich am Prinzip der sozialen Gerechtigkeit ori-
entiert. Wir haben zugleich aber auch die Wachstums-
kräfte gestärkt. Die Unternehmensteuerreform trägt zur
Schaffung neuer Arbeitsplätze bei und fördert so die posi-
tive Entwicklung in breiten Kreisen der Bevölkerung.

Wir verfolgen einen umfassenden Politikansatz, der
sowohl die Angebots- als auch die Nachfragebedingun-
gen verbessert. Trotz der schwachen Entwicklung der
Weltwirtschaft sind in dieser Wahlperiode über 1 Million
neuer Arbeitsplätze entstanden, während die Zahl der
Arbeitsplätze in der vorigen Wahlperiode per Saldo nur
um 120 000 gestiegen war.

Waren die realen Nettolöhne und -gehälter aller Ar-
beitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der vorigen Wahl-
periode im Jahresdurchschnitt noch um 1,4 Prozent ge-
sunken, sind sie seit 1998 ebenfalls pro Jahr um
durchschnittlich 2,3 Prozent gestiegen.

Die steuerlichen Entlastungen zu Beginn des Jahres
2001 haben die verfügbaren Einkommen der privaten
Haushalte um ungefähr 1 Prozentpunkt erhöht. Die Entlas-
tung der Haushalte und Unternehmen zusammengenom-
men belief sich allein im letzten Jahr auf 45 Milliar-
den DM. Im Jahr 2003 wird der private Konsum durch die
nächste Stufe unserer Steuerreform erneut gestärkt wer-
den; ich habe Beispiele dafür angeführt. Die verfügbaren
Einkommen der privaten Haushalte werden um einen
weiteren knappen halben Prozentpunkt steigen. Hinzu
kommt die erwartete Ausweitung der Zahl der Beschäf-
tigten. Im nächsten Jahr können wir deswegen mit einem
Anwachsen des privaten Konsums in einer Größenord-
nung von real 2 Prozent rechnen.

Der Bundesregierung ist es damit gelungen, die soziale
Gerechtigkeit im Land zu stärken. Unsere Steuerpolitik
hat dazu wesentlich beigetragen. Unser moderner wirt-
schaftspolitischer Ansatz wird auch im nächsten Jahr zu
höheren Wachstumsraten und mehr Beschäftigung führen.
Die Lage der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wird
sich als Folge unserer Wirtschafts- und Finanzpolitik wei-
ter verbessern.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424100200
Wer hat Fragen an die
Bundesregierung? – Bitte sehr, Frau Kollegin.


Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1424100300
Herr Staatssekretär, Ihre Fi-
nanzpolitik hat sich mit dem Wechsel der Finanzminister
im Laufe der letzten vier Jahre geändert. Die PDS hat am
17. Dezember vergangenen Jahres eine Große Anfrage
zur Verteilung und Verteilungswirkung von Steuern und
Abgaben gestellt. Kann ich, da Sie heute hier Bilanz zie-
hen, davon ausgehen, dass unsere Große Anfrage bereits
beantwortet ist, sodass wir die Möglichkeit haben werden,
dieses Thema auf der Grundlage Ihrer Zahlen hier im Ple-
num ausführlich zu diskutieren?

K
Karl Diller (SPD):
Rede ID: ID1424100400
Verehrte Frau Kollegin, es steht jeder Frak-
tion frei, Antworten auf Große Anfragen zum Gegenstand
von Plenardebatten zu machen. Das liegt bei Ihnen.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424100500
Die Frage war, wann
die Antwort auf die Große Anfrage dem Haus zugeleitet
werden wird.

K
Karl Diller (SPD):
Rede ID: ID1424100600
Die Antwort ist von uns unterschrieben und
müsste Ihnen alsbald zugeleitet werden.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424100700
Dazu meldet sich
Herr Staatsminister Schwanitz.


Rolf Schwanitz (SPD):
Rede ID: ID1424100800

Frau Kollegin, die Antwort auf die Große Anfrage der
PDS zur Verteilung und Verteilungswirkung von Steuern
und Abgaben war unter der TOP-1-Liste im Kabinett. Sie
wird Ihnen also demnächst zugeleitet werden.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424100900
Das Wort hat Herr
Kollege Wolfgang Dehnel.


Wolfgang Dehnel (CDU):
Rede ID: ID1424101000
Herr Staatssekretär,
können Sie auch Angaben zu den im gleichen Zeitraum in
den neuen Ländern erzielten Nettoeinkommen machen?
Haben Sie dazu Zahlen in Ihrem Ministerium erarbeitet?
Vor dem Hintergrund der hohen Arbeitslosigkeit und der
stark angestiegenen Abwanderung gerade von jungen
Familien aus den neuen Bundesländern in die alten Bun-
desländer ist doch zu erwarten, dass die Realeinkommen
in den neuen Ländern nicht besonders gestiegen sein
können.

K
Karl Diller (SPD):
Rede ID: ID1424101100
Herr Kollege, die Zahlen, die ich Ihnen vor-
getragen habe, sind Zahlen des Statistischen Bundesam-
tes. Tendenziell – darauf habe ich vorhin hingewiesen –
ist die relative Entlastung in den neuen Bundesländern
größer, weil dort die tariflichen Löhne noch unter denen
der alten Bundesländer liegen und wir die größten Entlas-
tungen gerade in den unteren und mittleren Einkommens-
gruppen vorgenommen haben. Von daher ist die relative
Entlastung in den neuen Ländern größer.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424101200
Eine Zusatzfrage,
bitte sehr.


Wolfgang Dehnel (CDU):
Rede ID: ID1424101300
Wie erklären Sie sich
dann die große Abwanderungsbewegung gerade unter
diesen Menschen, wenn sie eigentlich seit 1998 in den
neuen Ländern bessere Lebensbedingungen vorfinden?

K
Karl Diller (SPD):
Rede ID: ID1424101400
Herr Kollege, das hängt nicht unbedingt nur
mit den Steuern, die man auf Lohn und Gehalt zahlt, oder
mit der Erhöhung des Kindergeldes zusammen, sondern
das hängt auch mit der beruflichen Perspektive junger
Menschen zusammen. In den neuen Ländern müssen im
Moment beispielsweise die Ausbildungsmöglichkeiten
noch mehr oder weniger staatlich unterstützt werden, weil




Parl. Staatssekretär Karl Diller
24130


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(D)



(A)



(B)


es nicht genug private Ausbildungsplätze gibt. Wir haben
den Drang, das zu ändern, und sind zuversichtlich, dass
sich die Situation weiter verbessert. Sie hat sich schon ver-
bessert; sie wird sich noch weiter verbessern.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424101500
Nun möchte der Kol-
lege Dr. Ilja Seifert eine Frage stellen. Bitte sehr.


Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1424101600
Herr Staatssekretär, Sie wollten
eigentlich zur Einkommenssituation berichten. Wenn ich
es richtig verstanden habe, haben Sie sich nur zur Ein-
kommenssituation von abhängig Beschäftigten geäußert.
Wie sieht es mit denen aus, die keinen Arbeitsplatz haben
bzw. sich von ABM zu ABM oder von SAM zu ABM han-
geln und zwischendurch immer wieder einmal arbeitslos
sind? Ich denke insbesondere an die Situation im Osten
Deutschlands. Wenn man über die Einkommenssituation
in Deutschland spricht, dann muss man die Situation die-
ser Menschen ja wohl mit bedenken. Ich denke an Regio-
nen, in denen seit Jahren eine Arbeitslosigkeit oberhalb
von 20 Prozent besteht und die zudem noch mit Abwan-
derung zu tun haben.

K
Karl Diller (SPD):
Rede ID: ID1424101700
Herr Kollege, ich darf darauf hinweisen,
dass in der Amtszeit dieser Bundesregierung die Mittel für
die Förderung von Familien mit Kindern von 40 Milliar-
den DM auf 53 Milliarden DM gestiegen sind, zum einen
durch die kräftige Ausweitung des Kindergeldes, zum an-
deren aber auch durch Leistungen wie beispielsweise die
deutliche Verbesserung des Erziehungsgeldes oder die
Verbesserungen beim Wohngeld.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424101800
Herr Dr. Seifert hat
noch eine Frage.


Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1424101900
Es kann ja sein, dass wir anein-
ander vorbei geredet haben. Vielleicht darf ich die Frage
noch einmal anders stellen: Wir wissen, dass in den letz-
ten 13 Jahren im Osten wesentlich weniger Kinder gebo-
ren worden sind, weniger als im Westen und weniger als
früher in der DDR. Für Kinder, die nicht geboren werden,
kann auch kein Kindergeld gezahlt werden, also bekom-
men viele Menschen vermutlich weniger oder gar kein
Kindergeld. Das aber war nicht meine Frage.

Die Frage ist: Wie geht es den Menschen, die keinen
festen Arbeitsplatz haben, die immer mal wieder eine
mehr oder weniger alimentierte Beschäftigung bekom-
men? Wie hat sich deren Einkommenssituation in den
letzten Jahren entwickelt? Sind deren Einkommen
tatsächlich gestiegen oder sind sie gesunken? Nach der
täglichen Erfahrung in einem Wahlkreis in Ostsachsen
kann ich nicht nachvollziehen, dass es den Menschen im
Osten relativ besser geht als im Westen.


(Peter Dreßen [SPD]: Das hat er auch nicht behauptet!)


Vielleicht können Sie das so erläutern, dass auch ein
schlichtes Gemüt wie ich es versteht.

K
Karl Diller (SPD):
Rede ID: ID1424102000
Herr Kollege, ich möchte noch einmal deut-
lich darauf hinweisen, dass ich von Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmern und von der Entwicklung der realen
Nettolöhne gesprochen habe. Diese ergeben sich nach Ab-
zug der Lohnnebenkosten, also der Beiträge zur Sozial-
versicherung, und nach Abzug der zu zahlenden Steuern
sowie unter Berücksichtigung der Preissteigerungsrate und
sind in dieser Wahlperiode deutlich gestiegen, während sie
in der letzten Wahlperiode leider Gottes kräftig gesunken
waren.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424102100
Noch Fragen zur Ein-
kommensentwicklung in Deutschland? – Das ist nicht der
Fall. Dann danke ich Herrn Staatssekretär Diller.

Mir ist gesagt worden, dass nun Kollege Meckelburg
etwas zur Riester-Rente fragen möchte. Auch dieser
Punkt hat heute im Kabinett eine Rolle gespielt. Ich freue
mich, dass Frau Staatssekretärin Ulrike Mascher für
Antworten zur Verfügung steht. Wollen wir zunächst
einige Fragen sammeln? Vielleicht können wir so in
eine möglichst gute Diskussion kommen. Herr Kollege
Meckelburg, Sie beginnen.


Wolfgang Meckelburg (CDU):
Rede ID: ID1424102200
Frau Staatsse-
kretärin, es hat in der Wochenendpresse Berichte gege-
ben, wonach von den bislang 2 Millionen Deutschen, die
einen Altersvorsorgevertrag unterzeichnet haben, rund
400 000 ihre Police inzwischen wieder storniert haben.
Das scheint auch der Hintergrund für den Bericht heute
Morgen im Kabinett gewesen zu sein.

Darf ich Sie fragen, ob es Pläne gibt, die private Al-
tersvorsorge in eine private Zwangsrente umzuwandeln,
wofür der sozialpolitische Sprecher der SPD-Fraktion,
Klaus Brandner, laut „Focus“ vom 29. April plädiert hat?
Stimmt des Weiteren die Aussage in der „Welt am Sonn-
tag“, dass diese Pläne nicht den Gefallen des Bundes-
kanzlers gefunden haben und deshalb kassiert wurden?


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424102300
Frau Schwaetzer,
bitte sehr.


Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer (FDP):
Rede ID: ID1424102400
Frau Staatssekretä-
rin, nachdem der Bundesarbeitsminister heute im Kabi-
nett berichtet hat, dass nur ein relativ geringer Anteil der
eigentlich Anspruchsberechtigten überhaupt in Erwägung
zieht, einen Vertrag für die so genannte Riester-Rente ab-
zuschließen: Was will die Bundesregierung tun, um die
Akzeptanz dieses Produkts zu erhöhen?


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424102500
Herr Kollege
Schemken, geht Ihre Frage in die gleiche Richtung oder
wollen wir erst eine Antwort hören?


(Heinz Schemken [CDU/CSU]: Erst die Antwort!)


– Frau Mascher, bitte sehr.

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1424102600
Herr Meckelburg,




Parl. Staatssekretär Karl Diller

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(C)



(D)



(A)



(B)


für die Zahl von 400 000 Stornierungen kenne ich keine
Quelle; sie ist auch nicht belegt. Ich halte es nicht für un-
plausibel, dass es einige Stornierungen gibt, allerdings
nicht in diesem Umfang. Dass es bei Verträgen, die bereits
im letzten Jahr abgeschlossen worden sind, die nicht zerti-
fizierte Produkte betrafen, möglicherweise Stornierungen
gibt, kann ich nicht ganz ausschließen. Aber die Zahl von
400 000 ist nirgendwo belegt. Falls Sie die Quelle dafür
nennen können, gehen wir der Sache noch einmal nach.
Nach unseren Recherchen ist diese Zahl nicht belegt.

Zur zweiten Frage: Aufgrund der Tatsache, dass jetzt
schon für etwa 15 Millionen Arbeitnehmer in 156 Ta-
rifbereichen entsprechende Tarifverträge abgeschlossen
sind und eine ganze Reihe von Pensionsfonds und Pen-
sionskassen neu genehmigt wurden – Pensionskassen hat es
auch schon früher gegeben –, gehen wir davon aus, dass eine
ausreichende Beteiligung von Berechtigten an der zusätzli-
chen Altersvorsorge erzielt wird. Wir haben immer gesagt,
dass wir die Akzeptanz in einigen Jahren prüfen werden.
Aber ich gehe davon aus, dass wir etwa 90 Prozent der Be-
rechtigten mit beiden Teilen – betrieblicher Altersvorsorge
und zusätzlicher privater Altersvorsorge – erreichen, sodass
sich die Frage einer verbindlichen zusätzlichen Altersvor-
sorge, wie sie andere europäische Länder, zum Beispiel die
Schweiz, kennen, für uns nicht stellt. Insofern entbehren
Spekulationen, ob Gerhard Schröder irgendwelche Pläne
kassiert hat, jeder Grundlage.

Frau Dr. Schwaetzer hat gesagt, es gebe nur einen sehr
geringen Anteil derjenigen, die zusätzliche Altersvorsor-
geprodukte annähmen, und die Akzeptanz bleibe erheb-
lich hinter den Erwartungen zurück. Mir ist eine Umfrage
des DIW, eines seriösen wirtschaftswissenschaftlichen
Instituts, bekannt, wonach 80 Prozent der Befragten er-
klärt haben, dass sie aufgrund der Möglichkeiten der För-
derung, die alltagssprachlich Riester-Rente heißt, daran
denken, zusätzliche Altersvorsorge zu betreiben. Ich
weiß, dass das Deutsche Institut für Altersvorsorge, das
nachdrücklich von der Deutschen Bank unterstützt wird,
hier zu anderen Ergebnissen gekommen ist. Aber dann
muss man sich auch die Fragestellung genau ansehen.
Man muss vor allem sehen, welche Gruppen befragt wor-
den sind: Es handelte sich nämlich vornehmlich um Äl-
tere, für die sich in der Tat die Frage stellt, ob es sinnvoll
ist, mit vielleicht 55 Jahren in dieser Form für das Alter
vorzusorgen. Ob die Riester-Förderung in einem solchen
Fall geeignet ist, kann sehr wohl mit einem Fragezeichen
versehen werden. Dies muss man sich genau anschauen.
Nach den Untersuchungen des Deutschen Instituts für
Wirtschaftsforschung hier in Berlin wollen 80 Prozent der
Befragten zusätzlich für das Alter vorsorgen.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424102700
Herr Meckelburg hat
eine weitere Frage. Danach kommen Herr Schemken und
Frau Dr. Schwaetzer an die Reihe. Zuerst einmal Herr
Meckelburg, bitte.


Wolfgang Meckelburg (CDU):
Rede ID: ID1424102800
Frau Staatsse-
kretärin, wenn ich das gerade richtig verstanden habe, ha-
ben Sie als Zielgröße genannt, dass Sie 90 Prozent der Be-
völkerung in die private Altersvorsorge einbeziehen
möchten. Steht dies nicht im Gegensatz zu dem, was

Bundesarbeitsminister Riester gerade auf einer Pressekon-
ferenz, die man auf Phoenix verfolgen konnte, gesagt hat,
wonach man bis 2008 bzw. 2010, also über den Einfüh-
rungsbereich hinaus, deutlich über 70 Prozent der Men-
schen und kurzfristig in drei bis fünf Jahren, zwei Drittel
der Menschen erreicht haben möchte? Darf ich Sie einmal
fragen, welches Ziel Sie sich denn für das Ende dieses Jah-
res gesetzt haben, also wie viele Menschen bis dahin pri-
vate Altersvorsorge betreiben sollen?

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1424102900
Herr Meckelburg,
ich glaube, dass es nicht besonders zielführend ist, wenn
wir hier zwischen zusätzlicher privater Altersvorsorge
und zusätzlicher betrieblicher Altersvorsorge trennen.
Das ist ein gemeinsames Projekt: Wir wollen die zusätz-
liche Altersvorsorge fördern. Nach den Entwicklungen,
die sich jetzt abzeichnen, und auch nach den Einschät-
zungen „der Branche“, wie dies so schön heißt, also der
Finanzdienstleister, wird sich die zusätzliche Altersvor-
sorge zu zwei Dritteln im betrieblichen Bereich und zu
etwa einem Drittel im privaten Bereich abspielen. Ich
fände es spekulativ, jetzt Zahlen zu nennen, wie viele
Menschen in dem einen und in dem anderen Bereich zu
erreichen sind. Ich habe Ihnen die Zahl der nach den Ta-
rifabschlüssen Berechtigten genannt. Wir haben noch
weitere Tarifabschlüsse zu erwarten, die dieses Element
aufgreifen. Zum Ende dieses Jahres bzw. zu Beginn des
nächsten Jahres werden wir sehen, wie die Situation ist.
Aber ich bin vorsichtig, hier und jetzt Zielvorgaben zu
formulieren.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424103000
Herr Kollege
Schemken, bitte.


Heinz Schemken (CDU):
Rede ID: ID1424103100
Frau Staatssekretärin,
Sie verwiesen soeben auf die Studie des Deutschen Insti-
tuts für Altersvorsorge, in der ja unter anderem festgestellt
wird, dass die Riester-Rente deshalb nicht so gut anläuft,
weil den Menschen draußen die wahre Lage der Rente
verschleiert werde.

Ist es vor diesem Hintergrund nicht zu beklagen, dass
die Renteninformationen erst im Jahre 2004 an alle Men-
schen herausgegeben sein werden und dass bis Ende
2002, das ja für den Abschluss der Verträge entscheidend
ist, nur 50 Prozent der Menschen diese Informationen er-
halten haben werden? Im Hinblick darauf, dass mögli-
cherweise bei dem einen oder anderen Rentner Lücken
vorhanden sind und diese verschleiert werden könnten,
wäre es ja kontraproduktiv, wenn die übrigen 50 Prozent
erst im Jahre 2004 über ihre wirkliche Lage in der gesetz-
lichen Rente Bescheid wüssten.

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1424103200
Herr Schemken,
das sehe ich nicht so. Die sozialdemokratisch-grüne Bun-
desregierung hat als erste Regierung ganz klar gesagt: Die
gesetzliche Rente wird in der Zukunft nicht mehr ausrei-
chen, um das, was man sich im Alter als gutes Auskom-
men wünscht und vorstellt, tatsächlich auch zu realisie-




Parl. Staatssekretärin Ulrike Mascher
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(D)



(A)



(B)


ren. Deswegen wollen wir für all diejenigen, die bisher
noch keine oder vielleicht eine unzureichende zusätzliche
Altersvorsorge haben, den Aufbau zusätzlicher Altersvor-
sorge ermöglichen, und zwar vor allen Dingen durch Zu-
lagen für diejenigen, die ein geringes Einkommen haben
oder die aus anderen Gründen, etwa weil sie mehrere Kin-
der haben, hinsichtlich ihrer Möglichkeit, zusätzliche Al-
tersvorsorge zu betreiben, etwas eingeschränkt sind.

Wir haben die Situation nicht verschleiert, sondern
ganz klar gesagt: Wir raten jedem und jeder, die Möglich-
keiten zu nutzen, die wir anbieten. Deswegen hat sich der
Finanzminister bereit erklärt, eine beachtliche Menge
Geld – 12,6 Milliarden Euro in der Endstufe – zur Verfü-
gung zu stellen.

Wir haben darüber hinaus gesagt: Um jedem klar zu
machen, wie seine persönliche Situation ist, wollen wir
– so rasch es möglich ist, was die technischen Vorausset-
zungen betrifft; das ist nach den Informationen der Ren-
tenversicherungsträger im Jahr 2004 der Fall – jedem Ver-
sicherten jedes Jahr eine Renteninformation zukommen
lassen. Bisher hatte man nur ab dem 55. Lebensjahr einen
Anspruch auf diese Renteninformationen. Wir wollen all
denjenigen, die älter als 27 sind, ab dem Jahr 2004 solche
Renteninformationen zukommen lassen. Es ist ein Rie-
senpaket sowohl an technischen als auch an logistischen
Problemen zu bewältigen.

Nun haben die Rentenversicherungsträger schon in
diesem Jahr begonnen, solche Renteninformationsbriefe
zu verschicken. Es ist von Landesversicherungsanstalt zu
Landesversicherungsanstalt unterschiedlich, welche Al-
tersgruppen schon jetzt solche Informationen bekommen.
Darüber haben wir hier schon diskutiert. Die BfA, die
bundesweit Renteninformationen verschickt, informiert
die 27- bis 45-Jährigen als Erste, damit sie die richtige
Weichenstellung treffen.

Von daher kann ich nicht sehen, dass wir uns den Vor-
wurf der Verschleierung der wahren Situation der Rente
bei jedem Einzelnen zu Eigen machen müssten. Wir tun
eine Menge dafür, individuell zu informieren und generell
die notwendigen Weichenstellungen zu befördern.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424103300
Frau Dr. Schwaetzer.


Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer (FDP):
Rede ID: ID1424103400
Frau Staatssekretä-
rin, ich habe von Ihnen Auskunft nicht über irgendwelche
Umfragen erbeten, sondern darüber, wie hoch der Pro-
zentsatz derer ist, die Anspruch auf eine Riester-Rente ha-
ben und bis Ende des Jahres einen entsprechenden Vertrag
abschließen könnten, das aber offensichtlich nicht tun.
Wenn ich das selber einmal hochrechne, komme ich auf
maximal 7 Prozent der Anspruchsberechtigten, die schon
einen Vertrag abgeschlossen haben.

Nun weichen Sie immer darauf aus, im Bereich der Be-
triebsrente laufe es ganz toll. Im nächsten Satz sagen Sie
aber, die Betriebsrente komme für etwa zwei Drittel der
Berechtigten in Frage. Das bedeutet, dass immer noch ein
Drittel – nicht 7 Prozent – eigentlich eine private Alters-
vorsorge abschließen müsste. Das sind diejenigen, die
sonst im Alter besonders große Rentenlücken hätten.

Deswegen kann ich Sie nur noch einmal fragen: Was
will die Bundesregierung eigentlich tun, um die Akzep-
tanz dieses Produktes in der Öffentlichkeit zu fördern?
Oder haben Sie diesen Teil Ihrer eigenen Reform schon
abgeschrieben?

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1424103500
Frau Dr. Schwaetzer,
natürlich haben wir diesen Teil unserer eigenen Reform
nicht abgeschrieben. Wir gehen von etwa 30 Millionen
Berechtigten aus. Wenn man die – wie gesagt nicht von
uns erfundene, sondern von den Finanzdienstleistern
stammende – Einschätzung zugrunde legt, dass etwa zwei
Drittel ihre zusätzliche Altersvorsorge über betriebliche
Angebote aufbauen werden, dann kommt man auf etwa
10 Millionen, die das im Bereich privater zusätzlicher
Altersvorsorge tun werden.


(Dr. Irmgard Schwaetzer [FDP]: Das ist ja noch schlimmer, als ich befürchtet hatte!)


Wir stellen jetzt, nach drei Monaten – Zahlen von Ende
März sind die letzten, die mir zur Verfügung stehen –, fest,
dass immerhin schon 2 Millionen Verträge abgeschlossen
wurden. Wir haben jetzt noch drei Viertel des Jahres, neun
Monate, nicht erfasst.


(Ulrich Heinrich [FDP]: Es ist Mitte des Jahres! Wie rechnen Sie denn?)


– Ich habe Ihnen gerade gesagt: Die Zahl 2 Millionen ist
von Ende März. Das ist die Zahl, die mir zur Verfügung
steht. Ich hätte gerne eine Zahl vom 10. Juni; aber leider
habe ich sie nicht. Diese Zahl wird wesentlich höher sein;
ich weiß nicht, wie viele Millionen.

Ich bin deswegen ganz zuversichtlich, weil wir von
Monat zu Monat mehr Verträge – auch im Bereich der pri-
vaten zusätzlichen Altersvorsorge – haben werden.


(Dr. Irmgard Schwaetzer [FDP]: Diese Zahl weiß sie, aber die der Stornierungen nicht!)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424103600
Nun hat der Kollege
Peter Dreßen eine Frage.


Peter Dreßen (SPD):
Rede ID: ID1424103700
Frau Staatssekretärin, trifft es
zu, dass nach der Rentenreform der rot-grünen Koalition
ein höheres Rentenniveau vorgesehen ist als nach der Re-
form der alten Regierung mit dem demographischen Fak-
tor? Trifft es zu, dass wir trotzdem – im Gegensatz zur al-
ten Regierung und zusätzlich zu den 67 oder 65 Prozent,
die wir dann erreichen – eine betriebliche oder so ge-
nannte private Altersvorsorge vorsehen?

Trifft es weiterhin zu, dass im Moment alles, was von
Oppositionsabgeordneten kommt, nur im spekulativen
Bereich ist?


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Eure ganze Politik ist im spekulativen Bereich!)


Wir haben, wie gesagt, noch neun Monate vor uns. Wir
waren es, die gesagt haben: Wartet in Ruhe ab, was auf
euch zukommt; ihr könnt euch das beste Produkt aussu-
chen. – Das Modell einer zusätzlichen Altersvorsorge per




Parl. Staatssekretärin Ulrike Mascher

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(C)



(D)



(A)



(B)


Tarifvertrag, das die Gewerkschaften entwickelt haben,
dürfte voraussichtlich wohl eines der besten Produkte sein,
weil dabei die geringsten Verwaltungskosten anfallen.

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1424103800
Herr Dreßen, es
ist richtig, dass wir, um eine Belastung von Arbeitneh-
mern und Arbeitgebern durch dramatisch steigende Ren-
tenversicherungsbeiträge abzuwenden, entschieden ha-
ben, dass das Rentenniveau in den nächsten 10, 20,
30 Jahren bei einer angenommenen 45-jährigen durch-
schnittlichen Erwerbstätigkeit nicht mehr die bisherige
Höhe von 70 Prozent erreicht; wir müssen hier eine mo-
derate Absenkung vornehmen. Ich will mich auf den
Streit über das Rentenniveau, das eine sehr abstrakte Re-
chengröße ist und eigentlich nichts darüber aussagt, wel-
che Rente die Betroffenen tatsächlich bekommen, jetzt
nicht einlassen. Wir könnten das stundenlang rauf- und
runterdiskutieren.

Richtig ist allerdings, dass wir gesagt haben: Wenn wir
solche Steigerungen der Zahlbeträge in der Zukunft nicht
mehr finanzieren können – es wird Steigerungen geben,
aber die Steigerungen werden nicht mehr so groß sein –,
dann müssen wir alle Anstrengungen unternehmen, die
notwendig sind, damit die Menschen durch eine zusätzli-
che Altersvorsorge im betrieblichen oder im privaten Be-
reich ein gutes Auskommen im Alter haben. Die Men-
schen müssen vorsorgen können, damit dann beide
zusammen, gesetzliche Rente und zusätzliche Altersvor-
sorge, ein schönes Alter, das wir uns alle wünschen, er-
möglichen. Das ist der entscheidende Unterschied. Wir
haben nicht gesagt, dass es erhebliche Belastungen in der
Zukunft gibt, die wir mindern wollen, sondern wir haben
gesagt: Wir helfen den Menschen, damit sie durch einen
Aufbau zusätzlicher Altersvorsorge im Alter ein gutes
Auskommen haben. Die Spekulationen über Zahlen halte
ich nicht für besonders hilfreich.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424103900
Mir liegen noch drei
Wortmeldungen vor, die auch noch beantwortet werden
können; ich bitte aber, damit einverstanden zu sein, dass
wir sie zusammenfassen, weil sonst die Zeit knapp wird.

Jetzt hat die Kollegin Nolte das Wort.


Claudia Nolte (CDU):
Rede ID: ID1424104000
Frau Staatssekretärin, ein
Blick in die neuen Länder zeigt, dass dort die meisten Un-
ternehmen weniger als 20 Beschäftigte haben, dass die
Löhne – schon seit langer Zeit – durchschnittlich niedri-
ger sind als in den Altbundesländern, dass vor allen Din-
gen die Langzeitarbeitslosigkeit sehr hoch ist und dass die
Zuschüsse für die Arbeitslosenhilfeempfänger in die Ren-
tenkasse durch Ihre Regierung abgesenkt worden sind,
sodass sich die Rentensituation für die Menschen in den
neuen Bundesländern sehr dramatisch darstellen wird. Ist
Ihre Erwartung, dass wir dort erhebliche betriebliche Al-
tersvorsorge aufbauen können, angesichts der Betriebs-
struktur realistisch und welche Maßnahmen sehen Sie vor,
um gezielt in den neuen Bundesländern für private Al-
tersvorsorge zu werben, weil die Situation dort etwas
schwieriger ist?


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424104100
Die nächste Frage hat
der Kollege Dr. Seifert.


Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1424104200
Meine Frage knüpft zum Teil di-
rekt an das an, was Frau Nolte gerade fragte. Wenn ich Sie
richtig verstanden habe, Frau Staatssekretärin, dann ist das,
was Sie ein gutes Einkommen im Alter nennen, das, was
einmal mit dem Stichwort „lebensstandardsichernde
Rente“ bezeichnet wurde. Wie hoch ist die Zahl der Men-
schen mit verhältnismäßig geringen Einkommen, die be-
reits eine private Altersvorsorge abgeschlossen haben? Ich
denke in erster Linie an Menschen aus Ostdeutschland,
aber es gibt ja auch im Westen welche, die ein verhältnis-
mäßig geringes Einkommen haben. Die so genannte
Riester-Rente wurde von uns unter anderem kritisiert, weil
wir befürchten, dass Menschen mit geringen Einkommen
weniger geneigt sein werden, das auch noch für Altersvor-
sorge auszugeben. Können Sie anhand bereits abgeschlos-
sener Verträge sagen, wie hoch der Anteil von Menschen
mit geringen Einkommen ist – entsprechend den Alters-
gruppen –, die solche Verträge abgeschlossen haben, im
Verhältnis zu Menschen mit höheren Einkommen?


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424104300
Nun folgt die Kolle-
gin Erika Lotz. Danach fragt noch Frau Störr-Ritter.


Erika Lotz (SPD):
Rede ID: ID1424104400
Frau Staatssekretärin, ich finde es
schon sehr erstaunlich, dass vonseiten der Opposition
jetzt Sorge über den Stand hinsichtlich der Verträge zur
Riester-Rente geäußert wird; der zugrunde liegenden Ge-
setzgebung hat die Opposition ja nicht zugestimmt.


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Weil sie zu kompliziert ist!)


Sie haben dankenswerterweise schon auf die Möglichkei-
ten von Arbeitnehmern im Rahmen einer betrieblichen
Altersvorsorge hingewiesen. Ich möchte hervorheben,
dass mit unserer Gesetzgebung die betriebliche Altersver-
sorgung eine Renaissance erfahren hat.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1424104500
Finden
Sie es nicht erstaunlich, wenn die Opposition bezüglich
des Zustandekommens von Verträgen Sorge äußert und
gleichzeitig aus den Reihen der Opposition dazu aufge-
fordert wird, zurzeit noch keine Verträge abzuschließen,
sondern damit bis nach der Bundestagswahl zu warten?


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Schöne Frage! Die hoffen auf den Wechsel!)


Finden Sie das nicht sehr widersprüchlich? Ich denke dabei
auch daran, dass ein Mitglied eines angeblichen Kompe-
tenzteams jetzt die Erhöhung der Rentenbeiträge angespro-
chen hat. Das alles ist meines Erachtens sehr scheinheilig.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424104600
Nun folgt die Kolle-
gin Störr-Ritter.


Dorothea Störr-Ritter (CDU):
Rede ID: ID1424104700
Frau Staats-
sekretärin, nach einer Umfrage des Marktforschungsinsti-
tuts Infratest haben nur 7 Prozent der Frauen und 15 Pro-
zent der Männer geplant, einen so genannten Riester-Ver-




Peter Dreßen
24134


(C)



(D)



(A)



(B)


trag abzuschließen. Könnte dies nicht doch mit der feh-
lenden Information über die Versorgungslücken zusam-
menhängen – die Menschen haben nicht so viel Geld zur
Verfügung, dass sie es planlos ausgeben können –, und
welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung dazu, dass
der Anteil bei Frauen, die einen solchen Vertrag abzu-
schließen planen, weniger als die Hälfte des entsprechen-
den Anteils bei Männern beträgt?


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424104800
Nun hat die Frau
Staatssekretärin das Schlusswort. Bitte sehr.

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1424104900
Vielen Dank. –
Frau Nolte hat die Sorge geäußert, dass sich wegen der
Betriebsstruktur in den neuen Bundesländern die betrieb-
liche Altersvorsorge vielleicht nicht so entwickeln kann
wie in den alten Bundesländern. Man muss hierbei sehen,
dass es bei der betrieblichen Altersvorsorge vier Durch-
führungswege gibt. Ein Durchführungsweg ist die Di-
rektversicherung. Wir haben in unserem Gesetz den
Rechtsanspruch jedes einzelnen Arbeitnehmers auf Ent-
geltumwandlung normiert. Auch diejenigen, die in einem
Betrieb mit weniger als 20 Beschäftigten tätig sind, in ei-
nem Betrieb also, in dem es keine Pensionskasse gibt und
in dem natürlich auch ein Pensionsfonds eher unwahr-
scheinlich ist, haben die Möglichkeit, diesen Rechtsan-
spruch auf Entgeltumwandlung zu realisieren, und haben
damit die Möglichkeit, Beiträge sozialversicherungs- und
steuerfrei – was eine erhebliche Förderung bedeutet – in
der betrieblichen Altersvorsorge einzusetzen.

Es gibt also Formen in der betrieblichen Altersvorsorge,
die auch für Kleinbetriebe geeignet sind, für die es sonst
überhaupt nichts gibt. Es gibt also auch dann Möglichkei-
ten, wenn sie sich nicht der Metallkasse anschließen oder
dem Pensionsfonds der chemischen Industrie, unter dessen
Dach auch kleine Betriebe etwas in dieser Beziehung ma-
chen können. Es gibt also Formen, die auch solchen Ar-
beitnehmern entsprechende Möglichkeiten geben.

Auch für Arbeitslosengeld- und Arbeitslosenhilfeemp-
fänger gibt es die Zulagenförderung. Ich bestreite nicht,
dass es für jemanden, der Arbeitslosengeld oder Arbeits-
losenhilfe bezieht, nicht einfach ist, dann auch die Min-
destbeiträge aufzubringen. Aber die Möglichkeit, die För-
derung für sich zu nutzen, ist vom Gesetz her gegeben.

Herr Seifert hat gefragt, ob ich Zahlen dazu nennen
kann, wie viele Abschlüsse es von Menschen mit geringem
Einkommen und/oder Menschen aus Ostdeutschland gibt.
Ich muss Sie enttäuschen. Wir haben derzeit keine Zahlen.
Ich kann Ihnen dazu noch nichts sagen. Anfang des nächs-
ten Jahres werden wir sicherlich Zahlen dazu haben.

Frau Lotz hat darauf hingewiesen, dass es ein wenig an
das Vergießen von Krokodilstränen erinnert, wenn eine
Fraktion solche Sorgen äußert, deren sozialpolitischer
Sprecher, Herr Laumann, dazu aufgefordert hat, keine
Verträge abzuschließen, weil nach der Bundestagswahl,
von der er annimmt, dass sie von der CDU/CSU gewon-
nen wird,


(Peter Dreßen [SPD]: Das ist ein großer Irrtum!)


alles besser wird. Mich erinnert das, wie gesagt, an die
Krokodilstränen: Es wird etwas beklagt, was offensicht-
lich selbst verursacht wurde, indem gesagt wird:
„Schließt noch nicht ab!“, und dann jammert man, dass
die Zahlen zu niedrig sind. Ich halte das für ziemlich un-
verantwortlich, weil ich trotz aller möglichen Schnellig-
keit und allen Drucks, den ich mir in einem Gesetzge-
bungsverfahren inzwischen vorstellen kann, meine, dass
eine grundlegende Änderung des Förderkonzepts in der
zusätzlichen Altersvorsorge nicht so rechtzeitig be-
schlossen werden könnte – ich benutze wohlgemerkt den
Irrealis „könnte“ –, dass sie auch in Anspruch genommen
werden könnte.


(Peter Dreßen [SPD]: Zumal sie sozial gerecht ist!)


Ich halte das, was der Kollege Laumann, den ich wegen
seines sozialpolitischen Engagements sehr schätze, öf-
fentlich erklärt hat, für unverantwortlich.

Frau Störr-Ritter hat die Sorge geäußert, dass aufgrund
der noch nicht flächendeckend vorhandenen Informatio-
nen über den Stand der Rentenanwartschaften die Bereit-
schaft, zusätzliche Altersvorsorge aufzubauen, unzuläng-
lich ist. Frau Störr-Ritter, ich hätte mir gewünscht, dass
die alte Bundesregierung schon 1996 den Rechtsanspruch
auf jährliche Information beschlossen hätte.


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Das war, als Sie dauernd die Anträge gestellt haben!)


Wir haben das gemacht; es geht aber nicht schneller. Sie
können sich gern bei Herrn Professor Ruland, dem Ge-
schäftsführer des Verbands Deutscher Rentenversiche-
rungsträger, informieren. Es liegt nicht an der zögerlichen
Haltung der Bundesregierung, dass es im Jahr 2002 noch
keine flächendeckenden Informationen gibt, sondern an der
Masse der Renteninformationen. Sie müssen erstellt und
versandt werden. Ich habe mich vergewissert, dass es sich
dabei um ein erhebliches praktisches Problem handelt. Wir
werden das aber Zug um Zug in den Griff bekommen.

Ich bedauere es sehr, dass es im Jahr 2002 noch keine
flächendeckenden Informationen gibt. Aber uns das als
Versäumnis anzurechnen, halte ich auch nicht für sehr
redlich, weil Sie nichts dafür getan haben, solch eine ehr-
liche Renteninformation zu ermöglichen. Ich bin mir si-
cher, dass gerade Frauen, die ihre Rentenanwartschaft
– leider – häufig dramatisch überschätzen, in stärkerem
Maße als bisher von den – auch für nicht erwerbstätige
und verheiratete Frauen – bestehenden Fördermöglich-
keiten Gebrauch machen werden, wenn sie die Zahlen
über ihre Rentenanwartschaften auf dem Papier sehen.
Wir tun alles dafür, sie zu informieren. Wir haben eine
sehr informative Broschüre über die zusätzliche Alters-
vorsorge von Frauen aufgelegt. Ich kann Sie nur auffor-
dern, auch Ihrerseits dafür zu werben, dass Frauen ent-
sprechende Verträge abschließen.


(Beifall bei der SPD)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424105000
Ich bedanke mich
bei der Staatssekretärin für die Beantwortung der Fra-
gen.




Dorothea Störr-Ritter

24135


(C)



(D)



(A)



(B)


Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:
Fragestunde
– Drucksachen 14/9299, 14/9350 –

Ich rufe zunächst gemäß Nr. 10 der Richtlinien für
die Fragestunde die dringlichen Fragen auf Drucksache
14/9350 auf. Wir kommen damit zum Geschäftsbe-
reich des Bundesministeriums für Verbraucherschutz,
Ernährung und Landwirtschaft. Zur Beantwortung der
Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Matthias
Berninger zur Verfügung.

Ich rufe die dringliche Frage 1 des Kollegen Ulrich
Heinrich von der FDP-Fraktion auf:

Auf welchen Beweisen basieren die Vermutungen der Bun-
desministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirt-
schaft, Renate Künast, in ihrer Regierungserklärung vom 6. Juni
2002, wonach höchstwahrscheinlich der Nitrofen-Skandal im
ökologischen Landbau auch die konventionelle Landwirtschaft
erfasst hat?

Herr Staatssekretär, ich bitte Sie, die Frage zu beant-
worten.

Ma
Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424105100
Herr Abgeordneter Heinrich, ich beant-
worte die Frage für die Bundesregierung wie folgt: In dem
besagten Lager in Malchin ist in den Jahren 1995 unter an-
derem Getreide eingelagert worden, das die Bundesan-
stalt für Landwirtschaft und Ernährung in die Intervention
gegeben hat. Allein im Wirtschaftsjahr 1999/2000 han-
delte es sich dabei um 1500 Tonnen Getreide.

Wir haben uns ferner die Lieferlisten der Firma NSP für
das laufende Wirtschaftsjahr 2001/2002 angesehen. Diese
Lieferliste enthält einen Befund, der uns große Probleme
bereitet. Es ist dort nämlich Weizen in einer Größenord-
nung von 72 Tonnen eingelagert worden, der aus einem
Umstellungsbetrieb stammt, das heißt, der noch nicht öko-
logisch vermarktet werden konnte. Diese 72 Tonnen sind
im Dezember 2001 an ein konventionelles Futtermittel-
werk in Malchin geliefert worden.

Unmittelbar vor Beginn dieser Fragestunde haben wir
das amtliche Untersuchungsergebnis von Rückstellpro-
ben dieser Lieferungen aus Mecklenburg-Vorpommern
bekommen.Zumindest bei der ersten Untersuchung – das
ist wirklich brandaktuell; insofern bitte ich um Verständ-
nis, dass wir Sie vorher nicht informieren konnten – hat
man in einer von zehn Rückstellproben 0,346Milligramm
Nitrofen je Kilogramm Weizen gefunden. Dieser Weizen
ist zu konventionellem Futtermittel verarbeitet worden.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424105200
Erste Zusatzfrage.


Ulrich Heinrich (FDP):
Rede ID: ID1424105300
Sie sagen gerade, dass der
Weizen zu konventionellem Futtermittel verarbeitet
wurde; er stammt dann voraussichtlich aus einem Um-
stellungsbetrieb, der konventionelle Ware und nicht Öko-
ware angeliefert hat.

Mat
Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424105400
Bei diesem Weizen handelt es sich in der
Tat um eine Lieferung aus einem Umstellungsbetrieb. Wo
der Fehler gemacht worden ist und warum der Weizen
zunächst als Ökoware eingelagert wurde, kann ich noch
nicht sagen. In diesem Jahr wurden ja in der Halle etwa
500 Tonnen Getreide, deren Spuren wir im Moment nach-
folgen, zusätzlich eingelagert. Dann wurde festgestellt,
dass das besagte Getreide offensichtlich von einem Um-
stellungsbetrieb stammt. Das wurde dann konventionell
vermarktet, wie es üblich ist, und ging an ein ortsansässi-
ges Futtermittelwerk, das große Mengen Futter produziert.


Ulrich Heinrich (FDP):
Rede ID: ID1424105500
In meiner Frage konnte ich
nicht die Ergebnisse zugrunde legen, die Sie eben erst,
wie Sie ausgeführt haben, bekommen haben. Die Aussa-
gen der Frau Ministerin, dass hier die Vermutung nahe
liegt, dass eventuell Ware durch Ware aus nicht ökologi-
schen Betrieben verunreinigt sein könnte, wurden ja
schon sehr viel früher geäußert.

Meine Frage war: Auf welche Beweise hat Frau Künast
damals ihre Aussage gestützt? Was Sie jetzt anführen, ist
ja eine neue Entwicklung, die man nicht voraussehen
konnte. Mir geht es darum, dass von Frau Ministerin
Künast immer wieder auf konventionelle Ware hingewie-
sen wurde, aber nirgends Beweise dafür vorlagen. Wir
wissen, dass im konventionellen Bereich über 190 Proben
stattgefunden haben und nirgends auch nur das Geringste
gefunden wurde. Ich möchte konkret wissen, auf welcher
Grundlage solche Aussagen getätigt werden.

Ma
Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424105600
Herr Abgeordneter, die Nachfrage beant-
worte ich Ihnen sehr gerne: Grundlage Nummer eins wa-
ren die konventionellen Getreidelieferungen, die in den
Vorjahren in dieser Halle eingelagert waren. Wir vollzie-
hen zurzeit nach, welche Lieferungen es in den Jahren
1995 bis 1999 gegeben hat. Allerdings ist diese Frage
nicht mehr von aktueller Relevanz für die Verbraucher,
weil das Getreide aus dieser Zeit in aller Regel schon ver-
arbeitet und verbraucht sein dürfte.

Darüber hinaus sind wir natürlich, weil es sich hierbei
auch um ein Problem internationaler Dimension handelt,
dabei, die Wege nachzuvollziehen, die das Interventions-
getreide genommen hat, das im Regelfall in Länder außer-
halb der EU exportiert wurde.

Neben dieser Erkenntnis haben bereits am Donnerstag,
zum Zeitpunkt der Regierungserklärung – auf die bezieht
sich ja Ihre Frage –, Lieferlisten vorgelegen und wir wuss-
ten bereits zu diesem Zeitpunkt, dass eine Getreideliefe-
rung in den konventionellen Bereich gegangen ist. Wir ha-
ben allerdings zunächst das Ergebnis der Untersuchungen
abgewartet, bevor wir diese Getreidelieferung themati-
siert haben. Ich bitte um Verständnis, aber wir wollten
Schaden von der betroffenen Firma abwenden.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424105700
Nun kommt die
Frage 2.


(Ulrich Heinrich [FDP]: Ich habe noch eine Frage!)





Vizepräsidentin Anke Fuchs
24136


(C)



(D)



(A)



(B)


– Sie haben schon zwei gestellt, aber ich gebe Ihnen heute
großzügigerweise noch eine dazu.


Ulrich Heinrich (FDP):
Rede ID: ID1424105800
Wenn konventionelles Ge-
treide dort eingelagert war und man in dem keine Rück-
stände gefunden hat, stellt sich natürlich die Frage, wie
dann die Verunreinigung tatsächlich zustande kommen
konnte. Dazu hätte ich auch von Ihnen ganz gern noch
eine Antwort. Die Lagerart – auf dem Boden als Schütt-
gut ausgebracht – hat sich ja nicht verändert. Dass vorher
konventionelles Getreide nicht verunreinigt wurde, nach-
her ökologisch produziertes Getreide aber doch verunrei-
nigt wurde, wirft ja erhebliche Fragen auf.

Ma
Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424105900
Da uns bisher keine Ergebnisse von Un-
tersuchungen des in den Vorjahren gelieferten Getreides
vorliegen, kann ich die Ausgangshypothese Ihrer Frage,
dass nämlich dieses Getreide bei der Lagerung in der Halle
nicht belastet worden ist, nicht bestätigen. Ich werde bei
der Beantwortung der folgenden Fragen darauf näher ein-
gehen. Wir gehen vielmehr davon aus, dass bei der Lage-
rung in der Halle Belastungen möglich gewesen sind.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424106000
Wir sind noch bei der
dringlichen Frage 1, in der es darum geht, ob auch die kon-
ventionelle Landwirtschaft betroffen ist. Danach behan-
deln wir Frage 2, in der es darum geht, was wir machen,
wenn die konventionelle Landwirtschaft nicht betroffen
ist, und ob es, falls dies der Fall ist, möglicherweise Scha-
denersatzprozesse gibt.

Jetzt hat der Kollege Straubinger das Wort zu einer
Zusatzfrage. Bitte sehr.


Max Straubinger (CSU):
Rede ID: ID1424106100
Herr Staatssekretär,
ich möchte Folgendes fragen: Wurden in Malchin ver-
schiedene Partien unterschiedlich gelagert? Kann auf-
grund neuerer Erkenntnisse jetzt tatsächlich nachvollzo-
gen werden, dass in Malchin sowohl Ökoware als auch
offensichtlich nicht für den Ökobereich vorgesehene
Ware eingelagert waren? Der Kollege Heinrich hat ja vor-
hin ausgeführt, dass die Lagerhaltung insgesamt Schütt-
gut betraf. Er hat auf Presseberichte hingewiesen, zum
Beispiel auf den im „Focus“ – er liegt vor mir –, in denen
es heißt: Getreide wurde eingelagert und mit einem Rad-
lader umgekehrt, um eine Nachtrocknung des Getreides
zu bewirken. Wie soll es jetzt möglich sein, eine einzelne
Partie herauszufinden?

Ma
Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424106200
Herr Abgeordneter, das ist dadurch mög-
lich, dass diese Halle – sie ist sehr groß – in verschiedene
Abteilungen unterteilt ist. Der größte Problembereich
– auch darauf werde ich bei der Beantwortung der fol-
genden Fragen eingehen – ist in Abteilung vier zu finden.
In dieser Abteilung ist das verseuchte Getreide gelagert
worden. Es war ursprünglich für den ökologischen Land-
bau vorgesehen. Man hat dann offenbar – so kann ich jetzt

nur spekulieren – den Fehler festgestellt und dieses Ge-
treide ordnungsgemäß nicht mit dem Etikett „ökologisch“
verkauft, sondern einem ortsansässigen Futtermittelher-
steller als konventionelles Getreide angedient. In Rück-
stellproben des Getreides, das, wie ich Ihnen eben gesagt
habe, an der gleichen Stelle lagerte wie die anderen in-
frage stehenden Getreidepartien, hat man ebenfalls eine
Nitrofen-Belastung gefunden.

Ich sage noch einmal: Meine Aussage steht unter dem
Vorbehalt, dass auch die zweite amtliche Probe positiv ist.
Ich wollte Ihnen meine Information allerdings nicht vor-
enthalten.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424106300
Der Kollege Schindler
hat das Wort zu einer weiteren Zusatzfrage. Bitte sehr.


Norbert Schindler (CDU):
Rede ID: ID1424106400
Herr Staatssekretär,
wir hören solche Botschaften wirklich nicht gern; denn sie
beunruhigen zusätzlich. Wie weit reichen die Erkennt-
nisse – schon letzten Samstag wurde stolz die frohe Bot-
schaft verkündet, man habe alles im Griff – und können Sie
darüber Auskunft geben, woher die Getreidepartien im
Einzelnen herkommen? Jetzt ist von einem Umstellungs-
betrieb die Rede. Anhand von Lieferbescheinigungen,
von Wiegescheinen muss es möglich sein, die Vorgänge
nachzuvollziehen. Tappen wir alle noch im Dunkeln, ob-
wohl man rasch aufklären wollte?

Ma
Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424106500
Herr Kollege Schindler, wir wissen sehr
genau, wer Getreide angeliefert hat und welche Liefer-
wege dieses Getreide genommen hat. Es waren drei: Ein-
mal die Lieferung in die Halle NSPMalchin, dann die Lie-
ferung von dort an Dritte; Dritte können diese Lieferung
weiterverteilt haben. Darüber hinaus ist ein sehr großer
Teil der Lieferungen an einen Zwischenhändler, nämlich
an das Unternehmen Busse, weitergegeben worden. Die-
ses Unternehmen hat wiederum andere beliefert. Am
Ende ist der Löwenanteil zu dem besagten Hersteller,
GS agri, gelangt, über den in der letzten Zeit viel geredet
worden ist; denn bei ihm hat man zunächst – Ausgangs-
punkt war Hipp-Putenfleisch – Nitrofen gefunden.

Wir vollziehen alle Lieferwege nach. Die Öffentlich-
keit muss eindeutig darüber informiert werden, dass alle
Nitrofen-Funde, über die wir jetzt reden, durch das Nach-
vollziehen der Lieferwege aufgedeckt worden sind. Ana-
lysen von Bereichen außerhalb dieser Lieferwege haben
bisher – in Fragen, die hier gestellt worden sind, ist das
schon angeklungen – zu keinen Ergebnissen geführt. Je-
der Nitrofen-Fund in der Lebensmittelkette ist mit Ge-
treide in Verbindung zu bringen, das in Malchin gelagert
worden ist. Dieses Getreide ist von unterschiedlichen
Landwirten angeliefert worden. Um eine Frage zu beant-
worten, die später gestellt werden wird: Das erhärtet den
Ermittlungsstand der Staatsanwaltschaft, die die Auffas-
sung vertritt, die Quelle der Kontamination sei diese
Halle, vor allem besagte Abteilung vier dieser Halle, ein-
deutig. Auf diesen Punkt werde ich aber später noch zu
sprechen kommen.




Vizepräsidentin Anke Fuchs

24137


(C)



(D)



(A)



(B)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424106600
Jetzt hat der Kollege
Carstensen das Wort.


Peter H. Carstensen (CDU):
Rede ID: ID1424106700
Herr
Staatssekretär, gerade Ihre letzte Antwort veranlasst mich
zu der Frage, ob Sie bestätigen können, dass diese
315 Tonnen Weizen aus der ökologischen Produktion
nicht einmal 14 Tage in dieser Halle gelagert wurden, be-
vor sie am 2. November zur Verarbeitung an die Betriebe
ausgeliefert wurden.

Ma
Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424106800
Herr Abgeordneter, ich kann Ihnen nicht
über jede einzelne Getreidelieferung Auskunft geben.
Dazu müsste ich mir die Liste im Detail anschauen. Ich
kann aber bestätigen, dass es Lieferungen über NSP zum
Beispiel an GS agri ab dem 31. Juli gegeben hat und dass
das Getreide zum Teil nur sehr kurze Zeit in dieser Halle
gelagert worden ist.

Die Halle ist in der Tat erst ab dem 1. August angemie-
tet worden. Aber die Schlüsselübergabe hat schon einige
Tage vorher stattgefunden. So erklärt sich, dass der
31. Juli in Lieferlisten aufgetaucht ist. Wir haben dieses
Datum erst im Nachhinein dadurch herausfinden können,
dass offensichtlich das Liefer- und Rechnungsdatum ver-
wechselt worden ist. Nach Abgleich der verschiedenen
Listen von GS agri, Zwischenhändler und NSP konnten
wir diesen Umstand aufklären. Wir haben genauso ge-
stutzt wie Sie. Wir haben aber dann herausbekommen,
dass die Schlüsselübergabe vorher stattgefunden hat.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424106900
Nun der Kollege Deß.


Albert Deß (CSU):
Rede ID: ID1424107000
Herr Staatssekretär, sind die
Erzeugerbetriebe, die dieses Getreide produziert haben,
namentlich bekannt? Wenn ja: Liegen diese Betriebe aus-
schließlich in Deutschland oder sind auch Betriebe aus
dem Ausland dabei?

Ma
Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424107100
Die Erzeugerbetriebe sind namentlich
bekannt. Leider ist ein Betrieb – das ist die Agrargenos-
senschaft in Stegelitz – ursprünglich verdächtigt worden,
Quelle der Vergiftung zu sein. Dieser Betrieb ist aber in
den Medien zu Unrecht dafür verantwortlich gemacht
worden. Das zeigt, dass es die Biobauern und die bäuerli-
chen Betriebe sind – wie bei vielen anderen Lebensmit-
telkrisen auch –, die zunächst einmal für das Problem ver-
antwortlich gemacht werden. Soweit mir bekannt ist, sind
sämtliche Zulieferer Betriebe, die in Deutschland gewirt-
schaftet haben.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424107200
Nun die Kollegin
Höfken.


Ulrike Höfken-Deipenbrock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424107300
Herr
Staatssekretär, bestätigt sich damit die These, dass es sich

hier um ein Problem handelt, das nicht in der Ökoproduk-
tion und auf den Biobauernhöfen verursacht wurde und
das nur aufgrund der vorhandenen doppelten Kontrollen
im Ökobereich entdeckt wurde? Bestätigen Sie, dass wir
leider davon ausgehen müssen, wie in den vergangenen
Debatten schon des Öfteren zum Ausdruck gebracht, dass
kontaminierte Ware auf den Markt für konventionelle
Ware gelangen konnte, ohne entdeckt zu werden? Sind Sie
ebenfalls der Ansicht, dass man die Probleme in beiden
Bereichen angehen muss, da es unerheblich ist, ob die Ge-
sundheit der Verbraucher durch konventionelle oder durch
ökologische Waren beeinträchtigt wird?

Ma
Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424107400
Frau Abgeordnete, ich teile Ihre Ein-
schätzung. Es ist einer der wichtigsten Punkte in der
agrarpolitischen Diskussion, dass wir im Falle einer Le-
bensmittelkrise dafür sorgen müssen, dass wir erst die Ur-
sache des Problems herausfinden, bevor einzelne land-
wirtschaftliche Betriebe an den Pranger gestellt werden.
Wir haben schon verschiedene Lebensmittelkrisen erlebt,
bei denen die Verbraucher gemeinsam mit den bäuerli-
chen Betrieben die Leidtragenden waren. Ich habe die
Hoffnung, dass man zu einem anderen Umgang mit den
bäuerlichen Betrieben kommt.

Es gibt aufgrund der Ermittlung in den letzten 14 Ta-
gen keine Anhaltspunkte, dass die Kontamination bereits
auf dem Acker erfolgt ist. Dagegen sprechen verschiedene
Aspekte: die hohen Werte von Nitrofen, die Frage, ob man
den Stoff in dieser Form anwenden kann, das Problem,
dass ein mit Nitrofen in hoher Konzentration belastetes
Getreide Geruchsspuren aufweisen kann. All diesen Fra-
gen sind wir nachgegangen. Die Ermittlungen von Bund
und Ländern lassen nur den Schluss zu, dass die Konta-
mination nicht in bäuerlichen Betrieben, sondern in Malchin
stattgefunden hat. Dazu kann ich Ihnen bei der Beantwor-
tung der anderen Fragen mehr sagen.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424107500
Wir kommen nun zu
den weiteren dringlichen Fragen.

Ich rufe jetzt die dringliche Frage 2 des Kollegen
Ulrich Heinrich auf:

Welche Auswirkungen für die konventionelle Landwirtschaft
erwartet die Bundesregierung für den Fall, dass sich diese Vermu-
tungen der Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung
und Landwirtschaft, Renate Künast, als falsch erweisen sollten
und die betroffene Wirtschaft gerichtliche Schritte gegen die Bun-
desministerin einleitet?

Herr Staatssekretär, bitte.

Ma
Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424107600
Die Frage 2 des Kollegen Heinrich geht
davon aus, dass sich die Behauptung der Ministerin
Künast, dieses Problem könne sich auf den konventionel-
len Landbau ausdehnen, als falsch erweist. In Anbetracht
dessen, was ich Ihnen eben mitgeteilt habe, ist Ihrer Frage
sozusagen die Grundlage entzogen. Es ist so, dass zumin-
dest eine Lieferung in den konventionellen Bereich ge-






(C)



(D)



(A)



(B)


gangen ist, eine gemessen an der Produktionsmenge des
Futtermittelwerks zugegebenermaßen sehr kleine Liefe-
rung. Besonders bedauerlich ist – da stimme ich dem zu,
was der Abgeordnete Schindler vorhin zum Ausdruck ge-
bracht hat –, dass dieses Problem nun auch auf den kon-
ventionellen Bereich übergegriffen hat.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1424107700
Es gibt eine Zusatz-
frage. Bitte, Herr Kollege.


Ulrich Heinrich (FDP):
Rede ID: ID1424107800
Das heißt, dass die Getreide-
lieferung durch Umwidmung von Bio- in konventionelle
Ware in den konventionellen Strang gelangt ist. Stimmt
das so?

Ma
Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424107900
Nein, Herr Abgeordneter. Ich habe es
eben dargestellt. Es ist so, dass Getreide aus einem Um-
stellungsbetrieb, das noch nicht als Bioprodukt ver-
marktet werden kann, als Partie eingelagert worden ist.
Nachdem man festgestellt hat, dass es nicht für den öko-
logischen Landbau zugelassen ist, hat man es, wie in ei-
nem solchen Fall üblich, für den konventionellen Land-
bau zur Verfügung gestellt, indem man es diesem
Futtermittelwerk angedient hat.


(V o r s i t z: Vizepräsident Dr. h. c. Rudolf Seiters)



Ulrich Heinrich (FDP):
Rede ID: ID1424108000
Wie konnte man das dann in
der Lagerhalle getrennt erfassen und ganz gezielt aus-
lagern?

Ma
Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424108100
Aufgrund der mir vorliegenden Liefer-
listen gehe ich davon aus, dass die einzelnen Partien ge-
nau dokumentiert wurden. Ich muss ohnehin sagen, dass
die sehr strengen Dokumentationspflichten bezüglich der
Lieferwege, die im ökologischen Landbau Standard sind,
es uns jetzt leichter machen, alle Wege nachzuverfolgen.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1424108200
Ich rufe die
dringliche Frage 3 der Kollegin Annette Widmann-Mauz
auf:

Welche Mengen konnten bis heute an mit Nitrofen verseuch-
ten Weizen, Futter- und Lebensmitteln sichergestellt werden – im
Nachgang zu der Staatssekretärskonferenz am 9. Juni 2002 und
den dort erworbenen Erkenntnissen?

Ma
Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424108300
Frau Kollegin Widmann-Mauz, es ist so,
dass wir, wie gesagt, die Lieferwege sehr genau kennen
und in den letzten Tagen aktiv waren. Wir wissen, dass von
NSP 18 Betriebe und von GS agri 73 Betriebe mit 90 Be-
triebsstätten beliefert worden sind. Wir wissen, dass es
auch Lieferungen im zweistelligen Tonnenbereich von
dem Futtermittelhändler Busse an Dritte gegeben hat. Wir

verfolgen jetzt jeden dieser Wege weiter. Die Länder ha-
ben das, wie es auch in dem Bericht für die Europäische
Kommission von dieser Woche angeklungen ist, konse-
quent umgesetzt. Betriebe, bei denen die Möglichkeit be-
steht, dass Nitrofen in die Nahrungsmittel gelangt ist, wer-
den gesperrt. Es finden entsprechende Untersuchungen
statt. Ergebnis dieser Untersuchungen sind die Nitrofen-
Funde überall im Bundesgebiet, die es jetzt langsam gibt.

Aber noch einmal: Diese Funde deuten nicht darauf
hin, dass wir ein Problem mit der Frage haben, wo die
Quelle ist, sondern sind ein Beleg dafür, dass wir mit der
Ausgangsthese, dass Malchin die Quelle der Kontamina-
tion ist, richtig liegen. Sie sind insoweit beunruhigend für
die einzelnen Hersteller, aber beruhigend in Bezug auf die
Frage der Quelle der Kontamination und die Richtigkeit
der Ausgangsüberlegung.

Sie fragen nach den genauen Mengen. Ich bitte um Ver-
ständnis: Wir haben, auch bei den Ländern, versucht,
diese Zahlen mit Blick auf diese Fragestunde zu ermitteln.
Die zuständigen Behörden der Länder konnten uns jedoch
nicht umfassend sagen, um welche Mengen es sich han-
delt. Aber an den eben beschriebenen Distributionswegen
können Sie erkennen, dass es hier um größere Mengen
geht, die allerdings aufgrund der Dokumentation klar
überschaubar sind.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1424108400
Eine Zu-
satzfrage.


Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1424108500
Herr Staatsse-
kretär, wenn die Dokumentation aufgrund des hervorra-
genden Kontrollsystems so lückenlos ist, wie Sie es dar-
stellen, können Sie dann abschließend sagen, dass Sie alle
Betriebe und auch alle Endabnahmestellen ausfindig ge-
macht haben, oder mit welchen Prozentwerten hinsichtlich
noch nicht gefundenen Futtermittel- oder Lebensmittel-
vorkommen, die nitrofenbelastet sind, rechnen Sie noch?

Ma
Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424108600
Frau Kollegin, ich könnte hier nur spe-
kulieren. Wir haben die Länder sehr frühzeitig zusam-
mengerufen, mit ihnen mehrere Sitzungen gehabt und
eine gemeinsame Taskforce eingerichtet. Es ist deutlich
geworden, dass es sich hier um ein bundesweites Problem
und nicht um ein regional eingrenzbares Problem handelt.
Vor diesem Hintergrund gehe ich davon aus, dass die zu-
ständigen Behörden in den Ländern mit äußerster Sorgfalt
vorgehen. Das haben wir auch in Brüssel so vorgetragen.
Deswegen möchte ich an dieser Stelle nicht spekulieren,
inwieweit hier durch Fehler Ungenauigkeiten entstehen
können. Wir können nur feststellen, dass zurzeit in allen
Bundesländern mit äußerster Sorgfalt an diesem Thema
gearbeitet wird.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1424108700
Eine zweite
Zusatzfrage.


Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1424108800
Herr Staats-
sekretär, wenn Sie hier nicht über prozentuale Zahlen in




Parl. Staatssekretär Matthias Berninger

24139


(C)



(D)



(A)



(B)


Bezug auf das, was noch nicht aufgeklärt ist, spekulieren
wollen, wie kommt es dann, dass in dem entsprechenden
Ausschuss des Europäischen Parlamentes vonseiten der
Bundesrepublik genauere Zahlen genannt wurden und
über diese auch spekuliert wird?

Ma
Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424108900
Was meinen Sie mit „genaueren Zahlen“?


Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1424109000
Ich meine
damit, dass etwa 6 Prozent des gesamten Bereiches noch
nicht aufgeklärt sind.

Ma
Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424109100
Das entzieht sich meiner Kenntnis. Ich
war dort nicht anwesend. Ich kann Ihnen nur sagen, dass
wir davon ausgehen, dass die Länder mit äußerster Sorg-
falt vorgehen. Es ist völlig klar, dass jede Ungereimtheit
ausgesprochen unerquicklich ist. Ich gehe nicht davon
aus, dass wir in der Nachverfolgung ein größeres Problem
haben. Aber es kann, wenn in der Lieferkette an Dritte,
Vierte oder Fünfte weitergeliefert wurde, in der Tat zu
Schwierigkeiten kommen. Das steht völlig außer Frage.
Außerdem sind in den Behörden Menschen tätig. Leider
ist es so, dass im Bereich der Lebensmittelsicherheit die
personelle Ausstattung der Behörden ausgesprochen ein-
geschränkt ist.

Soweit es den Verantwortungsbereich unseres Ministe-
riums betrifft, kann ich sagen, dass diese Angelegenheit
seit dem Tag, an dem die entsprechende Nachricht bei uns
eingetroffen ist, mit größter Sorgfalt und Ernsthaftigkeit
behandelt wird. Auch für die Länderkollegen nehme ich
in Anspruch, dass dort so vorgegangen wird.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1424109200
Eine Zu-
satzfrage des Kollegen Carstensen.


Peter H. Carstensen (CDU):
Rede ID: ID1424109300
Herr
Staatssekretär, Sie haben in einer Ihrer vorherigen Ant-
worten gesagt, dass es sich bei den jetzt gefundenen Men-
gen um größere Mengen handelt. Wir beide wissen, dass
am 2. November 2001 aus der Halle in Malchin 315 Ton-
nen Bioweizen verkauft worden sind. Wir beide wis-
sen auch, dass die Firma GS agri pro Monat ungefähr
1 700 Tonnen Biofuttermittel mit einem Anteil von
60 Prozent Getreide produziert. Das heißt, dass sie pro
Monat 1 000 Tonnen Getreide verarbeitet. Wir können
also davon ausgehen, dass diese 315 Tonnen bis Mitte
November verarbeitet worden sind.

Wie passt das jetzige Finden von größeren Mengen mit
Ihrer These zusammen, dass das Lager in Malchin die al-
leinige Quelle für die erfolgte Kontamination sein kann?
Getreide von dort dürfte doch heute überhaupt nicht mehr
auf den Markt sein. Es sind sieben Monate vergangen.

Mat
Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424109400
Ich verstehe Ihre Frage insoweit nicht, als
dass wir jede Getreidepartie verfolgen. Interessanterweise
finden wir immer dann, wenn Getreide, das in Malchin
gelagert wurde, entweder über NSP und den Zwi-
schenhändler GS agri oder über einen anderen Weg in den
Verkehr gebracht wurde und wir diesen Weg nachver-
folgen – sei es in Rheinland-Pfalz, sei es in Schleswig-
Holstein, sei es in Bayern –, positive Funde bei den Rück-
stellproben. Das bezieht sich nicht nur auf das Getreide,
das an die GS agri geliefert worden ist, sondern auch auf
das Getreide, das an die 17 – wenn man Busse einbezieht,
sind es noch mehr – Betriebe bzw. Futtermittelhersteller
geliefert worden ist. Daran sehen Sie: Wir können die
Spur immer wieder bis nach Malchin zurückverfolgen.
Insofern verstehe ich nicht, warum das nicht zu meiner
Ausgangsthese passen soll.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1424109500
Eine Zu-
satzfrage des Kollegen Straubinger.


Max Straubinger (CSU):
Rede ID: ID1424109600
Herr Staatssekretär,
die Bundesregierung geht davon aus, dass der Kontami-
nationspunkt das Lager Malchin ist. Wurden, um diese
These zu untermauern, mittlerweile zusätzliche Proben
von Ökogetreide in anderen Lagerstätten gezogen und zu
welchem Ergebnis kam man, wenn Proben von anderen
Lagerstätten gezogen wurden?

Ma
Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424109700
Wir haben insbesondere in den landwirt-
schaftlichen Betrieben, aber auch in den vorgeschalteten
Trockeneinrichtungen diverse Proben gezogen. Dort gab
es, bevor das Getreide Malchin erreicht hat, keine positi-
ven Funde.

Eigentlich ist das, was ich im Folgenden aus einem In-
spektionsbericht zitieren möchte, die Antwort auf eine
spätere Frage. Aber ich möchte Ihnen schon jetzt vorle-
sen, was Mitarbeiter der Biologischen Bundesanstalt für
Land- und Forstwirtschaft, die sich die Halle in Malchin
genauer angesehen haben, in ihrer Stellungnahme zum
Hallenzustand unter anderem festgestellt haben:

Die Abteilung 4 der Halle befand sich in einem sehr
sauberen Zustand. Ritzen waren freigelegt. In der
Halle

– jetzt kommt es –
sind zweifelsfrei Gerüche von Pflanzenschutzmitteln
wahrnehmbar. Der Betonfußboden war im Bereich
der Trizilinablagerung auskristallisiert. Im Außenbe-
reich der Halle zeigten die Gräser typische Nitrofen-
Symptome.

Für diejenigen, die es nicht wissen: Trizilin ist ein Han-
delsname für eine Nitrofen-Emulsion. Das heißt, Nitrofen
wird in organischen Lösungsmitteln gelöst.

Worauf möchte ich hinaus? – Die Experten der BBA
gehen fest davon aus, dass in dieser Halle größere Men-
gen Nitrofen vorhanden waren und diese größeren Men-
gen punktuell in das Getreide eingebracht wurden. Das er-




Annette Widmann-Mauz
24140


(C)



(D)



(A)



(B)


klärt die manchmal sehr hohen und manchmal gar nicht
vorhandenen, also keineswegs homogenen Belastungen
des Getreides.

Darüber hinaus hat es am vorletzten Wochenende eine
erste Untersuchung gegeben, bei der man im Staub der
Halle 2 Gramm Nitrofen pro Kilogramm festgestellt hat.
Gestern wurde eine weitere Analyse des Bodens durchge-
führt. Das Ergebnis waren 77,9 Gramm Nitrofen pro Ki-
logramm. Das ist mehr als das 77-Millionenfache des
Grenzwertes. Alles deutet darauf hin – da sind wir mit den
ermittelnden Behörden in Mecklenburg-Vorpommern,
der Staatsanwaltschaft und dem Landeskriminalamt, ei-
ner Meinung –, dass diese Halle, die früher das zentrale
Lager für Pflanzenschutzmittelreserven der drei Nord-
bezirke der ehemaligen DDR war, der Ort der Kontami-
nation ist.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1424109800
Zu dieser
Frage der Kollege Heinrich-Wilhelm Ronsöhr.


Heinrich-Wilhelm Ronsöhr (CDU):
Rede ID: ID1424109900
Herr
Staatssekretär, Sie haben vorhin gesagt, es gebe eine Do-
kumentation, die Ihnen die Aufklärung erleichtere. Es ist
ja gut, wenn dem so ist. Müssten Sie dann aber nicht,
wenn Malchin die einzige Quelle ist, zum jetzigen Zeit-
punkt lückenlos darüber Auskunft geben können – zu-
mindest für den Ökolandbau –, wohin das Getreide ge-
langt ist? Das Gleiche gilt für die Mengen. Darauf haben
Sie geantwortet, das könnten Sie nicht sagen.

Wenn es eine Dokumentation gibt: Warum hat die Auf-
arbeitung doch verhältnismäßig lange gedauert? Denn
wenn es Dokumente gibt, in die man schauen kann,
müsste man im Grunde genommen schneller handeln
können, als es geschehen ist. Die Lebensmittelkrisen dau-
ern in Deutschland einfach zu lange.

Ma
Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424110000
Herr Abgeordneter, die Ausgangsthese,
dass die Aufklärung in diesem Fall zu lange gedauert hat,
teile ich nicht. Im Gegenteil: Gerade aus den Reihen der
Opposition gab es Vorwürfe, dass wir mit der kontaminier-
ten Halle in Malchin das Problem zu schnell gelöst hätten.


(Widerspruch von der CDU/CSU – Norbert Schindler [CDU/CSU]: Ja, die Abgabe der Schlusserklärung!)


– Lassen Sie uns gleich darüber reden! Es kommen noch
entsprechende Fragen.

Zu Ihrer Frage: Die zuständigen Mitarbeiter unseres
Hauses und auch der Länder arbeiten mit Hochdruck da-
ran, die Wege nachzuvollziehen. Zum Teil werden die
Verfahren dadurch erschwert, dass einzelne Verursacher
dieses Nitrofen-Skandals aufgrund der staatsanwalt-
schaftlichen Ermittlungen bei der Herausgabe von Infor-
mationen mauern. Aber seit dem Zeitpunkt, als die Lei-
tung des Bundesministeriums für Verbraucherschutz,
Ernährung und Landwirtschaft in Gestalt meines Kolle-
gen, des Staatssekretärs Müller, die Information erhalten

hat, dass Nitrofen in Putenfleisch enthalten ist, wird mit
Hochdruck an diesem Thema gearbeitet. Ich sage Ihnen:
Ich bin erleichtert, dass wir relativ schnell die Quelle der
Kontamination gefunden haben; denn das lässt eindeutig
den Rückschluss zu, dass die bäuerlichen Betriebe nicht
die Verursacher sind. Das sollte uns alle freuen, ich denke,
auch Sie.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1424110100
Der Kollege
Ronsöhr kann erst zu der nächsten Frage eine weitere Zu-
satzfrage stellen. Deswegen gebe ich zunächst das Wort
der Kollegin Christine Ostrowski und dann dem Kollegen
Schindler.


Christine Ostrowski (PDS):
Rede ID: ID1424110200
Herr Staatssekretär, kön-
nen Sie erklären, warum eine Lagerhalle, die zur DDR-
Zeit mit Nitrofen bestückt war, nach der Vereinigung quasi
nahtlos zur Lagerung von Getreide verwendet wurde?

Ma
Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424110300
Frau Kollegin, Sie wissen, dass die Zu-
ständigkeit dafür nicht beim Bund liegt, sondern bei den
entsprechenden Behörden vor Ort. Ich kann mir das nicht
erklären.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1424110400
Kollege
Schindler.


Norbert Schindler (CDU):
Rede ID: ID1424110500
Herr Staatssekretär,
wie erklären Sie, nachdem Sie uns im Moment vorwerfen,
wir hätten zu schnell kritisiert, die Aufklärung sei nicht
ordnungsgemäß gewesen, dass auch der Minister Backhaus
in der Öffentlichkeit Selbstzweifel geäußert hat? Das
Gleiche gilt für Graefe zu Baringdorf. Dazu hätte ich gern
Ihre Meinung gehört. Es gibt ja eine enge Abstimmung.

Ma
Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424110600
Herr Abgeordneter, ich denke, es ist ab-
solut angebracht und legitim – das ist in Ihr Benehmen ge-
stellt –, die Frage zu stellen, ob Malchin tatsächlich die
Quelle der Kontamination ist. Sie können davon ausge-
hen, dass wir in den letzten 14 Tagen nichts anderes getan
haben, als uns immer wieder diese Frage zu stellen. Wir
hatten am Mittwoch vorvergangener Woche eine Aus-
schusssitzung, in der wir ausführlich informiert haben.
Auch dort wurde immer wieder die Frage gestellt, wie das
Nitrofen in die Lebensmittel gelangt sein kann.

Wir haben alle möglichen anderen Wege verfolgt. Aber
aufgrund der Tatsache, dass in Malchin die Abteilung 4
hochgradig mit diesem Stoff kontaminiert war und jedes
nitrofenbelastete Getreidekorn, das wir bisher gefunden
haben, nur eines mit den anderen gemeinsam hatte, näm-
lich dass es dort gelegen hat, gehen wir davon aus, dass
die Halle der Ort der Kontamination ist.

Wir gehen aber auch allen anderen Spuren selbstver-
ständlich mit dem gleichen Nachdruck nach. Man müsste




Parl. Staatssekretär Matthias Berninger

24141


(C)



(D)



(A)



(B)


aber andere konkrete Hypothesen für eine Belastung
nachweisen und auch Anhaltspunkte haben. Es gab nur ei-
nen Anhaltspunkt aus einer Lieferung auf Basis einer
Rückstellprobe im Bereich von Kochwürstchen. Bis zum
vergangenen Wochenende ging man dabei davon aus,
dass schon, bevor Futter mit dem Getreide aus Malchin
hergestellt worden ist, Nitrofen-Funde im Fleisch fest-
stellbar waren. Es hat sich aufgrund der amtlichen Proben
abschließend herausgestellt, dass diese Wurstprobe nicht
belastet war. Vor diesem Hintergrund können wir nach
wie vor sagen: Malchin ist der Ort der Kontamination.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1424110700
Eine Zu-
satzfrage des Kollegen Meinolf Michels.


Meinolf Michels (CDU):
Rede ID: ID1424110800
Die Halle in Malchin
wurde vorher für die Lagerung von Pflanzenschutzmitteln
genutzt. Kann es sein, dass es in Deutschland Hallen mit
ähnlichen Verwendungszwecken gibt, die heute für die
Getreidelagerung genutzt werden? Wenn ja, hat die Bun-
desregierung diesen Faden aufgenommen, um festzustel-
len, ob nicht auch an anderen Stellen, an denen heute Ge-
treide gelagert wird, früher einmal Pflanzenschutzmittel
gelagert wurden?

Ma
Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424110900
Herr Abgeordneter, ich bin Ihnen für die
Frage sehr dankbar; denn die ersten Fragen, die wir uns
am Samstag, dem 1. Juni, gestellt haben, waren: Wenn es
ein Zentrallager für die Pestizide für die drei Nordbezirke
gegeben hat, was ist dann mit den übrigen Bezirken? Was
ist mit anderen Altlasten? Sind die vielleicht in andere
Nutzung gegangen? Wir haben daher die Länder noch am
Samstag gebeten, dieser Frage nachzugehen. Der bishe-
rige Stand der Ermittlungen sagt glücklicherweise, dass es
keine ähnliche Nutzung, keine ähnlich kontaminierten
Orte wie in Malchin gegeben hat.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1424111000
Eine Zu-
satzfrage der Kollegin Ulrike Höfken.


Ulrike Höfken-Deipenbrock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424111100
Auf-
klärung ist wichtig und es wäre schön, wenn der Eifer der
Opposition beispielsweise auch bei BSE so groß gewesen
wäre. Was mich bei dieser Art von Aufklärungswillen be-
fremdet, ist, dass sich neun von 20 Fragen, die wir vorge-
legt bekommen haben, darauf beziehen, ob es nicht noch
andere Quellen als diese Lagerhalle gibt. 90 Prozent der
Zusatzfragen beziehen sich ebenfalls darauf.

Ich stelle die Frage an den Staatssekretär: Denken Sie,
dass das vielleicht eine Art Verdächtigungskampagne gegen
den Ökolandbau ist? Denn die Fragen zielen offensichtlich
ausschließlich darauf, Ökobetriebe zu verdächtigen.


(Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/ CSU]: Überhaupt nicht! Quatsch!)


Damit wird die Debatte zu meinem großen Bedauern dazu
instrumentalisiert, einem sich positiv entwickelnden Wirt-
schaftsbereich Schaden zuzufügen.

Ma
Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424111200
Frau Abgeordnete, ich gehe nicht davon
aus, dass dies das Ansinnen der Opposition ist. Im Ge-
genteil: Ich gehe davon aus, dass wir alle ein Interesse ha-
ben, klar und zweifelsfrei festzustellen, wie es zu dieser
Belastung gekommen ist. Es ist eine ernste Sache,


(Norbert Schindler [CDU/CSU]: Danke für die Klarstellung!)


wenn ein verbotener Stoff in Lebensmitteln auftaucht.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Die anderen mit diesem Lebensmittelskandal in Verbin-
dung zu bringenden Punkte, zum Beispiel die Unterlassung
des Futtermittelherstellers GS agri, die Funde sofort zu
melden – das Verschweigen hat auch an anderer Stelle statt-
gefunden –, finde ich schändlich. So wurde dieses Thema
nicht als Gesundheitsrisiko, sondern als Versicherungsfall
betrieben. Diese Aspekte sind das Hauptthema, das die Ver-
braucherinnen und Verbraucher neben der Frage, ob Mal-
chin die Quelle der Kontamination ist, interessiert.

Ich kann Ihnen sagen: Es war auch schon bei der De-
batte um die Regierungserklärung so, dass die Opposition
an dieser Frage weit weniger interessiert war als an der
Frage, ob Malchin der Ort der Kontamination war. Wenn
sie mit dem gleichen Eifer hierzu Fragen stellen würde,
könnten wir sicher noch weitere Aspekte des Nitrofen-
Skandals aufklären.


(Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/ CSU]: Wir dürfen doch die Fragen so stellen, wie wir wollen, und nicht so, wie er das sagt!)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1424111300
Der eine ist
für die Frage, der andere ist für die Antwort verantwort-
lich. Jetzt hat das Wort der Kollege Albert Deß.


(Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Darf ich eine Zusatzfrage stellen?)


– Frau Kollegin Höfken, Sie können zur nächsten Frage
eine Zusatzfrage stellen. Zwei Zusatzfragen stehen nur
dem fragestellenden Abgeordneten zu.

Jetzt fragt zunächst der Kollege Deß und dann der Kol-
lege Heinrich.


Albert Deß (CSU):
Rede ID: ID1424111400
Ich hatte mich nach der
Frage einer PDS-Kollegin zu Wort gemeldet. Herr Staats-
sekretär, sind Sie mit mir der Meinung, dass es von der
ehemaligen DDR-Regierung unverantwortlich war,
Nitrofen noch weitere zehn Jahre bis zum Ende der DDR
einzusetzen, obwohl seit Anfang der 80er-Jahre bekannt
war, dass dieses Mittel krebserregend ist?

Ma
Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424111500
Herr Abgeordneter Deß, dazu muss man wissen,
dass dieses Mittel auch in der alten Bundesrepublik noch
bis 1988 in Verkehr gebracht werden konnte. Wenn Sie sich
aber die Altlasten in Bitterfeld und anderswo anschauen,
dann steht außer Zweifel, dass das Regime in der DDR mit






(C)



(D)



(A)



(B)


Parl. Staatssekretär Matthias Berninger

solchen Giftstoffen anders umgegangen ist, als wir es in
Westeuropa und in der Bundesrepublik zum Standard ge-
macht hatten. Dies nehmen wir zum Anlass, bei der Oster-
weiterung der Europäischen Union keinerlei Zugeständ-
nisse in Fragen der Lebensmittelsicherheit und des
Umgangs mit Schadstoffen zu machen.


(Maritta Böttcher [PDS]: Deshalb geht es allen Ossis so schlecht! Sie sind alle vergiftet!)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1424111600
Kollege
Heinrich.


Ulrich Heinrich (FDP):
Rede ID: ID1424111700
Herr Staatssekretär, Sie haben
hier eben die mangelnde Bereitschaft der Industrie, von
GS agri, sowie der R + VVersicherungen beklagt und zu-
gleich uns, der Opposition, vorgeworfen, dass wir einsei-
tig agierten. Waren Sie mit dieser Äußerung aber nicht
selbst absolut einseitig, da Sie verschwiegen haben, dass
die Bundesanstalt für Fleischforschung in Kulmbach
– das ist eine Behörde in Ihrer Zuständigkeit – seit März
davon wusste und sich bis zum 23. Mai, als es von einem
Ökoverband bekannt gegeben worden ist, nicht gemeldet
hat? Es ist auch ein offenes Geheimnis, dass bei der
„Ökomesse“ in Nürnberg alle über die Nitrofen-Belas-
tung sowohl des Futters als auch der Produkte gesprochen
haben und nur das BMVEL nichts davon gehört hat. Wo
ist hier die Einseitigkeit?

Ma
Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424111800
Herr Abgeordneter, zunächst einmal bin
ich Ihnen sehr dankbar, dass Sie mich hier widerlegt ha-
ben und sich auch für die Frage der Verursacher und die
Fehler interessieren, die von ihnen begangen wurden.

Bei dem von Ihnen angesprochenen Aspekt geht es um
die Aufklärung. Insoweit muss man deutlich differenzie-
ren: Diejenigen, die frühzeitig Kenntnis hatten, es aber
entgegen dem Futtermittelrecht nicht meldeten, sondern
dieses Futtermittel weiterhin einsetzten, um Putenfleisch
und Eier zu produzieren, obwohl sie wussten, dass das Pu-
tenfleisch auch in den sensiblen Bereich der Babynah-
rungsherstellung gehen soll, und die Öffentlichkeit nicht
warnten, sondern sich mit ihrer Versicherung an einen
Tisch setzten, um das Problem still und heimlich auf dem
kleinen Dienstweg zu lösen, stehen für mich im Kreise der
Verursacher an erster Stelle.


(Ulrich Heinrich [FDP]: Das war doch mit den Ökoverbänden genauso!)


– Herr Abgeordneter, ich möchte zunächst sehr gerne die
von Ihnen gestellte Frage beantworten. Sie können dann
noch eine stellen.

Sie haben dann einen zweiten Problemkreis angespro-
chen: die Fehler in der Aufklärung. Sie wissen, dass wir
hier weder etwas verheimlichen noch etwas beschönigen.
Im Anschluss an die Regierungserklärung haben wir die-
ses Thema mehrere Stunden lang Punkt für Punkt debat-
tiert. Die Fehler haben sich in der öffentlichen Verwaltung
insbesondere dadurch ereignet, dass sich die zuständigen
Mitarbeiter kein Bild von der Dimension des Problems

gemacht haben und deswegen Informationen abgeheftet
und nicht weitergegeben haben. Klar ist, dass hier die
Bundesanstalt für Fleischforschung einen Fehler gemacht
hat. Über dieses Versäumnis reden wir sehr offen.

Klar ist aber auch, dass wir sofort gehandelt haben,
nachdem die Spitze unseres Hauses von diesem Problem
erfahren hat. Es gibt Versäumnisse bei den Ökokontroll-
stellen, es gibt stille Rückrufaktionen im Ökohandel. Das
alles sind Fehler im Bereich der Aufklärung, die meiner
Meinung nach nicht entschuldbar sind. Darüber hinaus
gab es unmittelbar nach Bekanntwerden der Krise An-
laufschwierigkeiten bei der Koordinierung der Aktivitä-
ten von Bund und Ländern. Dies klappt inzwischen glück-
licherweise hervorragend.

Das alles darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass
es hier eine Gruppe von Verursachern gibt, die im Zen-
trum unserer Empörung stehen sollten. Hier handelt es
sich um Leute, die sogar Kindergärten weiter mit Puten-
fleisch beliefert haben, obwohl sie wussten, dass dieses
Putenfleisch belastet ist.


(Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Kriminell!)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1424111900
Ich rufe die
dringliche Frage 4 der Kollegin Annette Widmann-Mauz
auf:

Kann die Bundesregierung weitere Quellen für die Nitrofen-
Verseuchung ausschließen – im Nachgang zu der Staatssekretärs-
konferenz am 9. Juni 2002 und den dort erworbenen Erkenntnis-
sen?

Ma
Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424112000
Frau Kollegin Widmann-Mauz fragt nach
einem Punkt, der in der Diskussion bereits eine Rolle ge-
spielt hat: Können wir andere Nitrofen-Belastungen aus-
schließen?

Natürlich kann man das nie ausschließen. Man kann
aber aufgrund der bisherigen Ergebnisse, das heißt der
Analysen alter gaschromatographischer Untersuchungen
sowohl im Lebensmittel- als auch im Futtermittelbereich,
wo man keine Nitrofen-Funde hatte, und aufgrund der
Tatsache, dass das Pflanzenschutzmittel Nitrofen in Ost-
europa eben nicht mehr weit verbreitet ist, sondern im Ge-
genteil nur noch an einer Stelle, in der Bundesrepublik
Jugoslawien, zum Einsatz kommt, sowie aufgrund der
Tatsache, dass wir seit vielen Jahren, nämlich seit dem
Nitrofen-Verbot, hier keinerlei Probleme hatten, davon
ausgehen, dass dieser Skandal und die daraus entstande-
nen Probleme auf eine eindeutige Kausalkette zurückzu-
führen sind.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1424112100
Eine Zu-
satzfrage.


Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1424112200
Herr Staatsse-
kretär, wie stellen Sie sich zu der Aussage des Leiters des
Neuform-Labors, Peter Dräger, der in der „FAZ“ zitiert
wird: „Der mit Nitrofen verunreinigte Wegestaub hätte




Parl. Staatssekretär Matthias Berninger

24143


(C)



(D)



(A)



(B)


hüfthoch liegen müssen“, um überhaupt zu einer solchen
Kontamination zu kommen? Wie bewerten Sie diese Aus-
sage, auch vor dem Hintergrund, dass dieses Labor zum
Beispiel alle Lebensmittel der Reformhäuser prüft und
auch in der Vergangenheit schon auf Nitrofen geprüft hat?

Ma
Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424112300
Dieser Experte, Herr Dräger, geht
zunächst einmal davon aus, dass es zu einer homogenen
Kontamination des Getreides gekommen ist. Wenn Sie
meinen bisherigen Antworten gelauscht haben, werden
Sie mitbekommen haben, dass alle Ermittlungen von ei-
ner punktuellen Belastung ausgehen. Insofern ist die Aus-
gangshypothese, es sei zu einer homogenen Belastung ge-
kommen, falsch.

Die zweite Ausgangshypothese, die Belastung sei über
den Staub in der Halle gekommen, halte ich ebenfalls für
falsch. Aus der Tatsache, dass wir zunächst eine positive
Staubprobe hatten, hat der Experte offensichtlich ge-
schlossen, der Staub in der Halle sei das Problem. Wie be-
reits gesagt wurde, ist in dieser Halle mit Radladern gear-
beitet worden. Ich zitiere hier noch einmal aus dem
BBA-Bericht über die Besichtigung der Halle in Malchin:
„Der Betonfußboden war im Bereich der Trizilin-Altlage-
rung auskristallisiert.“ Das heißt, sie haben diesen Stoff
einfach auf dem Boden gehabt. Deshalb erklärt es sich
relativ leicht, dass es beim Umgang mit dem Getreide,
beispielsweise beim Verladen, beim Wenden oder wobei
auch immer, zu punktuellen Kontaminationen gekommen
sein kann. Wie wir erleichtert feststellen können, ist nicht
jedes Getreidekorn aus dieser Halle belastet, sondern nur
ganz bestimmte Partien, was das Krisenmanagement jetzt
sicherlich leichter macht.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1424112400
Eine zweite
Zusatzfrage.


Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1424112500
Herr Staats-
sekretär, Sie sprechen gerade vom Krisenmanagement.
Nachdem wir in der letzten Woche über die Regierungs-
erklärung diskutiert haben und vor zwei Wochen die
Sondersitzung des Ausschusses hatten, würde mich inte-
ressieren, wie die konkreten Maßnamen aussehen. Sie ha-
ben vorher gesagt, mit der Leitung der Bundesanstalt für
Fleischforschung sei offen geredet worden. Wie sehen
denn die konkreten Maßnahmen aus, um dieses Missver-
halten, nämlich das Nichtweiterleiten einer wirklich
wichtigen Information, zu sanktionieren bzw. zu ahnden?

Ma
Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424112600
Zunächst einmal möchte ich darauf
hinweisen, dass das Ministerium, als der Chloramphe-
nicol-Skandal bekannt wurde, alle Beamten, auch im
nachgeordneten Bereich – zu dem zählt auch diese
Bundesforschungsanstalt –, am 23. Januar mit einem
entsprechenden Erlass aufgefordert hat, Informationen
mit einer solchen Tragweite an die entsprechenden Ver-
antwortlichen im Bundesministerium für Verbraucher-

schutz, Ernährung und Landwirtschaft weiterzuleiten. Mit
Schreiben vom 30. Januar hat der Chef der Bundesanstalt
für Fleischforschung uns bestätigt, dass der Erlass den
Mitarbeitern zur Kenntnis gegeben worden ist. Ich be-
dauere wie wir alle, dass er dort nicht zur Kenntnis ge-
nommen wurde und die Mitarbeiter nicht entsprechend
vorgegangen sind.

Darüber hinaus hat die Bundesanstalt für Fleischfor-
schung bisher den Standpunkt vertreten, sie habe im Rah-
men des Drittmittelbereichs eine privatwirtschaftliche
Analyse gemacht, das heißt, sie habe wie jedes andere pri-
vate Labor auch ihre Labors genutzt, um Analysen für die
Wirtschaft zu machen, und daher keinen Grund gesehen,
uns zu informieren. Diese Frage wird mit den Mitarbei-
tern erörtert.

Unsere Prioritäten sind ganz klar gesetzt: Wir wollen
zunächst alle Spuren des Getreides nachvollziehen. Wir
wollen den Fall aufklären. Wir wollen so gut es eben geht
dafür sorgen, dass die Verbraucher nicht mit diesem Gift
in Kontakt kommen. Wenn wir das in vernünftiger Form
gemacht haben, werden wir uns danach auch um die Feh-
ler kümmern, die bei uns gemacht worden sind. Bei uns
und auch in den Ländern ist die Strategie eindeutig: Jetzt
konzentrieren wir uns auf die Aufklärung, und wenn der
Fall gelöst ist und wir den Verbleib sämtlichen Getreides
nachvollzogen haben, werden wir uns mit den übrigen
Fragen beschäftigen. Ich denke, auch die Verbraucher ha-
ben ein Anrecht darauf, dass der Schwerpunkt genau so
gelegt wird.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1424112700
Es liegen
Anmeldungen für Zusatzfragen von dem Kollegen
Ronsöhr, der Kollegin Ostrowski, der Kollegin Höfken,
dem Kollegen Carstensen und dem Kollegen Straubinger
vor. Wir beginnen mit dem Kollegen Ronsöhr.


Heinrich-Wilhelm Ronsöhr (CDU):
Rede ID: ID1424112800
Herr Staats-
sekretär, weil es immer wieder um die Halle in Malchin
geht: Ich möchte feststellen, dass ich Ihre Aussagen dazu nie
kritisiert habe.

Natürlich kann man fragen, ob es außer der Halle in
Malchin noch andere Ursachen gibt. Diese Halle als ein-
zige Ursache ist auch von anderen in Zweifel gezogen
worden. Können Sie bestätigen, dass der Parlamentari-
sche Staatssekretär Thalheim in einer sächsischen Zeitung
bezweifelt hat, dass die Halle in Malchin die einzige Ur-
sache ist, weil er hier ein Diskreditierungspotenzial für die
ostdeutsche Landwirtschaft vermutet?

Ma
Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424112900
Herr Abgeordneter, ich kann bestätigen,
dass der Parlamentarische Staatssekretär Thalheim wie
auch der niedersächsische Landwirtschaftsminister
Bartels, der Landwirtschaftsminister von Mecklenburg-
Vorpommern, Backhaus, und die Bundesministerin
Künast am vergangenen Donnerstag, nachdem bekannt
geworden war, dass angeblich Würstchen belastet seien,
die vor der Lieferung hergestellt worden waren, zunächst




Annette Widmann-Mauz
24144


(C)



(D)



(A)



(B)


gesagt haben, es sei nicht auszuschließen, dass es weitere
Kontaminationsquellen gebe. Dies war von Anfang an
eher unwahrscheinlich. Den von Ihnen vermuteten Hin-
tergrund der Äußerungen des Kollegen Thalheim würde
ich als hoch spekulativ zurückweisen.

Worum es uns von Anfang an ging und auch jetzt noch
geht, ist, entsprechende Offenheit zu demonstrieren. Wir
gehen jeder Vermutung, auch jeder Expertenmeinung
nach, und sei sie noch so abwegig. Niemand konnte damit
rechnen, dass in einer solchen Halle Getreide eingelagert
wird. Daran kann man schon erkennen, dass solche Pro-
bleme in aller Regel mit dem gesunden Menschenver-
stand zunächst einmal nicht erklärbar sind, rationale Ur-
sachen nicht zu erkennen sind, sondern dass man bei
Lebensmittelkrisen dieser Art immer wieder das Unmög-
liche denken muss.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1424113000
Frau Kolle-
gin Ostrowski, bitte.


Christine Ostrowski (PDS):
Rede ID: ID1424113100
Herr Kollege Deß, Sie
haben mich angeregt, mich jetzt ein zweites Mal zu mel-
den.

Herr Staatssekretär, in der Halle in Malchin wurden zu
DDR-Zeiten Pflanzenschutzmittel gelagert. Nach der Ver-
einigung wurde darin Getreide gelagert. Sehen Sie denn
einen Zusammenhang zwischen diesen beiden Nutzungs-
möglichkeiten und der Privatisierungspolitik der Treu-
hand?


(Lachen bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


Ma
Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424113200
Frau Kollegin Ostrowski, das ist sicher
auch eine der wichtigen Fragen, denen man jetzt in Meck-
lenburg-Vorpommern nachgeht, um festzustellen, wo
Fehler gemacht worden sind. Es ist zweifellos so, dass
auch Versäumnisse in diesem Bereich zu suchen sind, wo-
bei ich Ihnen eines klar sagen will: Weder die Frage, was
in der DDR geschah, noch die Frage, was die Treuhand
gemacht hat, steht für mich im Mittelpunkt, sondern für
mich steht im Mittelpunkt, nachdem klar ist, dass man das
Gift im Essen hat, wie sich die Leute danach verhalten ha-
ben. Darauf sollten wir uns in erster Linie konzentrieren.
Die Staatsanwaltschaft wird ja nun ermitteln, ob schuld-
haftes Verhalten vorgelegen hat. Es werden sicherlich ver-
schiedene Akteure Rechenschaft ablegen müssen.

Ich möchte aber auch ergänzen, dass wir nach der Wie-
derherstellung der deutschen Einheit insgesamt doch eine
sehr erfolgreiche Politik der Altlastensanierung in den
neuen Ländern betrieben haben. Die alte Regierung hat si-
cherlich richtig gehandelt, im Einigungsvertrag festzule-
gen, dass hierfür in erster Linie der Bund aufkommen
muss. Das hat sichergestellt, dass die Kommunen mit
großer Sorgfalt Altlasten ausfindig gemacht haben, die
dann auch beseitigt wurden, sodass wir nicht davon aus-
gehen können, permanent in den neuen Ländern mit die-
sen Problemen konfrontiert zu werden.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1424113300
Frau Kolle-
gin Höfken, bitte.


Ulrike Höfken-Deipenbrock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424113400
Herr
Staatssekretär, Sie haben meine Vermutung zurückgewie-
sen, dass es sich hier um einen Angriff auf die Ökoland-
wirtschaft handeln könnte. Auch die Opposition hat be-
stätigt, dass dies nicht der Fall ist. Wären Sie insofern
nicht der Auffassung, dass die Fragen 4, 5, 7, 8, 9,
13, 14, 15, 17 und die Zusatzfragen eigentlich bereits be-
antwortet sind


(Susanne Kastner [SPD]: Sie sind überflüssig!)


und wir uns weiteren Fragen dieser interessanten Diskus-
sion zuwenden könnten?


(Ulrich Heinrich [FDP]: Das ist nicht in Ihrer Zuständigkeit!)


Ma
Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424113500
Frau Abgeordnete, es würde mir eine
Rüge des Parlamentspräsidenten einbringen, wenn ich
diese Frage wahrheitsgemäß beantworten würde.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU/CSU: 2:0, wie beim Fußball!)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1424113600
Kein Kom-
mentar. – Herr Kollege Carstensen, bitte.


Peter H. Carstensen (CDU):
Rede ID: ID1424113700
Herr
Staatssekretär, ich habe das Gefühl, dass Sie sich genauso
wie ich über einige Äußerungen von Frau Kollegin
Höfken, die sonst so tough ist und nicht so viel Angst vor
Fragen hat, wundern.


(Widerspruch bei der SPD)

Deshalb sage ich und versuche, das in Frageform zu klei-
den: Können Sie sich vorstellen, sind Sie mit mir der Mei-
nung und sind Sie bereit zur Kenntnis zu nehmen, dass
auch die Opposition ein Interesse daran hat, diese Ge-
schichte aufzuklären? Sind Sie ebenfalls bereit, zur
Kenntnis zu nehmen, dass auch diejenigen – zu denen
gehörte auch ich –, die bis gestern bzw. vorgestern noch
der Meinung waren


(Susanne Kastner [SPD]: Intelligenz, Herr Carstensen!)


– hören Sie doch einmal einen Augenblick zu! –, dass die-
ses Mittel auf dem Ökobetrieb, der den Weizen nach Mal-
chin geliefert hat, appliziert worden sein könnte – zum
Beispiel als Erntehilfe –, inzwischen die Erkenntnis ha-
ben, dass dieses nicht stimmt, weil es dort Rückstands-
proben gibt?

Können Sie sich auch vorstellen, dass wir Ihre These,
dass es sich bei der Halle in Malchin um die alleinige
Quelle handelt, deswegen für sehr unwahrscheinlich an-
sehen, weil von dort 550 Tonnen Getreide – davon waren




Parl. Staatssekretär Matthias Berninger

24145


(C)



(D)



(A)



(B)


315 Tonnen Weizen – geliefert worden sind? Ich habe Ih-
nen schon eben meine Bedenken mitgeteilt. Oder stehen
im Moment größere Mengen Getreide aus Malchin in dem
Verdacht, belastet gewesen und ins Futtermittel gelangt zu
sein?

Ma
Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424113800
Wir reden in der Tat noch immer über die
550 Tonnen. Sie haben die Zahl genannt; ich bitte um Ent-
schuldigung, dass ich nicht genau weiß, welche exakte
Menge in den Lieferlisten festgelegt wurde. Ich habe es
mehrfach gesagt: Wann immer man diese Spuren zurück-
verfolgt und Nitrofen im Getreide oder aber auch in an-
deren Lebensmitteln gefunden hat, gab es eine eindeutige
Verbindung zwischen dem positiven Befund und der La-
gerhalle in Malchin. Wenn man dazu noch betrachtet, in
welchem Zustand sich diese Halle befindet, lässt das für
die Staatsanwaltschaft und die ermittelnden Behörden
von Bund und Ländern nur den Schluss zu, dass Malchin
der Ort der Kontamination ist.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1424113900
Kollege
Straubinger, bitte.


Max Straubinger (CSU):
Rede ID: ID1424114000
Herr Staatssekretär,
wenn man von der These ausgeht, dass das nur über Mal-
chin gekommen sein kann, dann muss man natürlich auch
davon ausgehen, dass hier mehrere Einlagerungs- und
Auslagerungsvorgänge stattgefunden haben. Ich nehme
an, dass, wenn alles richtig gehandhabt wird, das Lager
im Anschluss an diese Einlagerungs- und Auslagerungs-
vorgänge gereinigt wird. Müsste es bei den einzelnen
Proben dann nicht eine abfallende Konzentration der
Nitrofen-Belastung geben? Um es etwas salopp auszu-
drücken: Durch die ständigen Einlagerungs- und Ausla-
gerungsvorgänge müssten hier gewisse Reinigungspro-
zesse stattgefunden haben, sodass die Verunreinigung
geringer wurde.

Ma
Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424114100
Herr Abgeordneter, zunächst ein-
mal verstehe ich unter einem solchen Reinigungspro-
zess nichts anderes als eine illegale Entsorgung von
Giftmüll, die dadurch vorgenommen wurde, dass Ge-
treide in dieser Halle gelagert und dann woandershin
transportiert wurde. Es gibt höchst unterschiedliche
Konzentrationen. Diese deuten darauf hin, dass größere
mit Nitrofen hoch belastete Partikel beim Wende-,
Lade- oder sonstigem Vorgang in das Getreide hinein-
gekommen sind und im Rahmen der Futtermittelher-
stellung so homogenisiert wurden, dass sie von den Tie-
ren aufgenommen wurden.

Das Problem ist, dass Nitrofen ein fettlöslicher Stoff
ist, der sich in den Tieren anreichert und akkumuliert. Je
mehr kontaminiertes Getreide die Tiere zu sich nehmen,
desto höher ist die Anreicherung. Um es deutlich zu sa-
gen: Wir gehen davon aus, dass die Belastung in den Hal-
len Stück für Stück sank. Das ist sehr erschreckend, weil
wir daher davon ausgehen müssen, dass das bereits in den

Vorjahren dort eingelagerte konventionelle Getreide nit-
rofenbelastet war.


(V o r s i t z: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)


Warum hat man das erst jetzt herausgefunden? Die Ant-
wort auf diese Frage ist sehr wichtig, weil der Biolandbau
häufig kritisiert wird. Dies wurde herausgefunden, weil es
bei einem Hersteller für Babynahrung hervorragende End-
kontrollen bei der ökologischen Lebensmittelerzeugung
gegeben hat. Früher ist das offensichtlich an allen Kon-
trollinstitutionen vorbeigegangen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424114200
Der Kol-
lege von Klaeden hatte sich zur Geschäftsordnung gemel-
det. Bitte schön.


Eckart von Klaeden (CDU):
Rede ID: ID1424114300
Herr Präsident,
ich glaube, bei diesem Punkt drehen wir uns in der Fra-
gestunde im Kreis. Deshalb beantrage ich im Namen
meiner Fraktion eine Aktuelle Stunde zu dem Thema:
Haltung der Bundesregierung zum aktuellen Nitrofen-
Skandal.


(Gustav Herzog [SPD]: Welche Überraschung!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424114400
Es ist eine
Aktuelle Stunde zu dem hier angesprochenen Thema be-
antragt worden. Die Aktuelle Stunde werden wir nach Ab-
lauf der Fragestunde aufrufen.

Wir setzen die Fragestunde fort. Wir kommen zur dring-
lichen Frage 5 des Kollegen Hans-Michael Goldmann.


(Zuruf des Abg. Ulrich Heinrich [FDP])

– Also, die dringlichen Fragen 5 bis 20 werden schriftlich
beantwortet.1)

Wir kommen dann zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
Die gestellten Fragen, die Fragen 1 und 2, sollen schrift-
lich beantwortet werden.

Das Gleiche gilt für den Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsi-
cherheit. Auch hier sollen die Fragen 3 und 4 schriftlich
beantwortet werden.

Das gilt wiederum für den Geschäftsbereich des
Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie.
Auch die Fragen 5 und 6 sollen schriftlich beantwortet
werden.

Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums der Verteidigung. Zur Beantwortung steht
die Parlamentarische Staatssekretärin Brigitte Schulte zur
Verfügung.

Ich rufe die Frage 7 des Kollegen Günther Friedrich
Nolting auf:




Peter H. Carstensen (Nordstrand)

24146


(C)



(D)



(A)



(B)


1) Abdruck als Anlage zum Plenarprotokoll der 242. Sitzung

Zu welchen Ergebnissen kommt der deutsch-britische Bericht
zu den Umständen im Zusammenhang mit dem fatalen Seeschiffs-
unglück, das sich am 6. März 2002 neben der HMS „Cumberland“
ereignete, und warum wurde dieser Bericht dem Verteidigungs-
ausschuss des Deutschen Bundestages bisher nicht zugeleitet?

Frau Staatssekretärin.

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1424114500
Herr Präsident! Liebe Kollegin-
nen und Kollegen! Lieber Kollege Nolting, das Kentern ei-
nes Beibootes der britischen Fregatte „Cumberland“ am
6. März 2002 überlebten zwei britische und ein deutscher
Soldat. Zwei Soldaten der deutschen Fregatte „Mecklen-
burg-Vorpommern“ konnten nur noch tot geborgen werden.

Die gemeinsam durchgeführte britisch-deutsche Unter-
suchung über die von der „Cumberland“ geführte Ret-
tungsaktion kommt zu dem Ergebnis, dass die beiden deut-
schen Soldaten nicht, wie anfangs vermutet wurde, an
Unterkühlung gestorben, sondern ertrunken sind. Beide To-
ten hatten ihre Rettungsschwimmwesten nicht korrekt an-
gelegt und die Spritzwasserschutzhauben nicht übergezo-
gen. Im Fall des Oberbootmaaten dürfte dies unmittelbar
zum Tode geführt haben, da sein Kopf unter die Schwimm-
körper seiner Rettungsweste geriet. Der Hauptgefreite er-
trank durch ständiges Einatmen von Spritzwasser.

Auch die Staatsanwaltschaft Oldenburg hat in beiden
Fällen als Todesursache Ertrinken festgestellt. Ihren Er-
mittlungen lagen unter anderem das Ergebnis der britisch-
deutschen Untersuchung zugrunde. Der Havarieausschuss
der Marine hat den Unfall in Bezug auf das Verhalten der
„Mecklenburg-Vorpommern“ untersucht und dem Be-
fehlshaber der Flotte seinen Bericht zur Entscheidung und
damit zum förmlichen Abschluss des Verfahrens vorge-
legt. Er ist im Wesentlichen zu dem Ergebnis gekommen,
dass die Bergungsaktion zwar durch die „Cumberland“ ge-
leitet und durchgeführt worden sei, es die Fregatte „Meck-
lenburg-Vorpommern“ jedoch unterlassen habe, ihren Mo-
torkutter als zusätzliches Rettungsmittel unverzüglich zu
Wasser zu bringen. Dies wäre nach den Umständen mög-
lich, zumutbar und geboten gewesen.

Die Staatsanwaltschaft hat im Hinblick auf die Todes-
ursache kein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Inzwi-
schen hat sie die Havarieakten, die der britisch-deutsche
Untersuchungsbericht umfasst, angefordert, da sich in
dem marineinternen Havarieverfahren Sachverhalte erge-
ben haben, die zu einer Abgabe an die Staatsanwaltschaft
wegen unterlassener Hilfeleistung geführt haben.

In diesem neuen Verfahren geht es nicht mehr um die
Feststellung der Todesursache, sondern um ein mögliches
schuldhaftes Verhalten eines der Beteiligten auf der
„Mecklenburg-Vorpommern“. Daher ist größte Zurück-
haltung geboten, um eine Vorverurteilung und Einfluss-
nahme von außen zu vermeiden. Aus diesen erkennbaren
Gründen, Herr Kollege, hat es noch keinen abschließen-
den Bericht an den Verteidigungsausschuss gegeben.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424114600
Zusatz-
frage des Kollegen Nolting, bitte schön.


Günther Friedrich Nolting (FDP):
Rede ID: ID1424114700
Frau Staatssekre-
tärin, Sie haben dieses tragische Unglück angesprochen.

Ich will dieses Thema mit Zurückhaltung behandeln. Aber
es hätte dieser Frage nicht bedurft, wenn es im Verteidi-
gungsausschuss eine umfassende Information gegeben
hätte. Deshalb meine Frage:Warum sind die Informatio-
nen, die Sie uns heute hier geben, und der Bericht der
deutsch-britischen Kommission – diese Frage steht noch
immer im Raum – nicht dem Verteidigungsausschuss zu-
geleitet worden?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1424114800
Herr Kollege Nolting, das habe
ich mit meiner ausführlichen Antwort auf Ihre schriftlich
eingereichte Frage zu erklären versucht. In der Tat ist es
für einen verantwortlichen Truppenführer – in diesem Fall
für den zuständigen Admiral – eine schwere Entschei-
dung, ein solches Verfahren förmlich nicht zu beenden
und die Staatsanwaltschaft ermitteln zu lassen; die Frage
hinsichtlich der Todesursache ist ja erledigt. Das haben
Sie, wie ich dem Protokoll über die Sitzung des Verteidi-
gungsausschusses, an der ich nicht teilnehmen konnte,
entnommen habe, mehrfach erfahren.

Die Frage, ob unterlassene Hilfeleistung und ob ein Fehl-
verhalten eines Beteiligten, der auf der „Mecklenburg-Vor-
pommern“ Dienst hatte, vorliegt, hat zu der von Ihnen an-
gesprochenen Zurückhaltung geführt, Herr Kollege. Wir
hatten in den letzten Wochen Grund, zu sagen: Nein, es ist
notwendig, diesen Fall an die Staatsanwaltschaft abzuge-
ben.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424114900
Eine wei-
tere Zusatzfrage, Kollege Nolting.


Günther Friedrich Nolting (FDP):
Rede ID: ID1424115000
Frau Staatssekre-
tärin, hätten wir uns nicht vieles auch an öffentlicher
Diskussion ersparen können, wenn der Bericht, der jetzt
mehrfach angesprochen wurde und der eine Tatsachen-
feststellung beinhaltet, den Ausschussmitgliedern zuge-
stellt worden wäre?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1424115100
Herr Kollege Nolting, wie Sie
ja wissen, habe ich mich – auch das wiederhole ich – mit
dieser Frage intensiv in Neustadt beschäftigt. Ich habe mir
dort zeigen lassen, wie die Rettungswesten angelegt wer-
den, und sagen lassen, dass alle Zeitsoldaten – die ertrun-
kenen Männer waren Zeitsoldaten – wissen, wie wichtig
es ist, das Anlegen dieser Westen zu beherrschen. Alle
möglichen Vermutungen wurden öffentlich geäußert. Un-
ter anderem wurde behauptet, wir hätten die falsche
Schutzkleidung, die falschen Westen. Dies alles trifft
nicht zu. Das wurde sorgfältig überprüft. Bis zum Mai
dieses Jahres wurde ermittelt, wie ein solcher Unfall pas-
sieren konnte. Weil ich mich informieren wollte, wie ein
solches Unglück passieren konnte, habe ich sogar in Kauf
genommen, der historischen Rede von Herrn Bush am
23. Mai nicht beiwohnen zu können, was ich bedaure. Es
ist ein tragisches Unglück, dass beide Männer ihre Wes-
ten nicht richtig angelegt haben.

Wir haben dann eine Auswertung vorgenommen. Da-
nach hat sich die Frage gestellt, ob es möglich gewesen




Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms

24147


(C)



(D)



(A)



(B)


wäre, diese Männer zu retten, wenn man sie schneller er-
reicht hätte. Dies hat dazu geführt – dafür habe ich sehr
viel Verständnis –, dass der zuständige Befehlshaber der
Flotte mit dem Abschluss des Verfahrens gewartet und die
Sache an die Staatsanwaltschaft abgegeben hat. Noch ein-
mal: Die Staatsanwaltschaft hat noch nicht endgültig ent-
schieden. Sie hat eigene Ermittlungen in diesem Fall an-
gestellt. Deswegen konnte es weder zu dem Zeitpunkt,
den Sie angesprochen haben, noch kann es heute einen ab-
schließenden Bericht geben. Es ist völlig klar, dass Sie
später einen solchen Bericht erhalten werden. Das Un-
glück ist eine große Tragödie.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424115200
Die
Frage 8 des Abgeordneten Gehrcke wird schriftlich be-
antwortet. – Vielen Dank, Frau Staatssekretärin.

Wir kommen jetzt zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen. Zur
Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär
Stephan Hilsberg zur Verfügung.

Die Frage 9 des Kollegen Peter Weiß wird schriftlich
beantwortet.

Ich rufe die Frage 10 des Abgeordneten Paul Breuer
– er ist anwesend – auf:

Sind die Vorarbeiten der Bundesregierung zur Aufstellung des
Bundesverkehrswegeplanes bereits so fortgeschritten, dass nun-
mehr eine definitive Aussage über die Aufnahme des Weiterbaus
der Hüttentalstraße, Bundesstraße B 62, von Siegen-Süd in Nord-
rhein-Westfalen bis Niederscheiderhütte in Rheinland-Pfalz in
den vordringlichen Bedarf getroffen werden kann?

Bitte schön, Herr Staatssekretär.

S
Stephan Hilsberg (SPD):
Rede ID: ID1424115300
Sehr
geehrter Herr Abgeordneter Breuer, der Weiterbau der
Hüttentalstraße von Siegen-Süd bis Niederscheiderhütte
ist nach Auffassung der Bundesregierung im Rahmen der
laufenden Überarbeitung des Bundesverkehrswegeplans
als indisponibel zu betrachten. Die Bundesregierung wird
vorschlagen, sie in den vordringlichen Bedarf aufzuneh-
men.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424115400
Herr
Breuer hat keine Zusatzfrage.

Ich rufe die Frage 11 des Abgeordneten Werner
Wittlich auf:

In welchem Zeitraum kann der Weiterbau der Hüttentalstraße,
Bundesstraße B 62, von Siegen-Süd in Nordrhein-Westfalen bis
Niederscheiderhütte in Rheinland-Pfalz nach Einschätzung der
Bundesregierung verwirklicht werden?

Ist Herr Wittlich anwesend? – Das ist der Fall.
Bitte schön, Herr Staatssekretär.

S
Stephan Hilsberg (SPD):
Rede ID: ID1424115500
Sehr ge-
ehrter Herr Wittlich, man befindet sich zurzeit – es geht ja
um das gleiche Projekt – im Planfeststellungsverfahren.

Erst nach Vorliegen des Baurechts kann die Bundesregie-
rung nach Abstimmung mit den Auftragsverwaltungen
der Länder Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz
Aussagen zu einer Finanzierung der Maßnahme treffen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424115600
Zusatz-
frage, Kollege Wittlich, bitte schön.


Werner Wittlich (CDU):
Rede ID: ID1424115700
Herr Staatssekretär,
wann kann das Baurecht erlangt werden? Man hört vor
Ort die unterschiedlichsten Aussagen.

S
Stephan Hilsberg (SPD):
Rede ID: ID1424115800
Auf-
grund der Tatsache, dass das ein Projekt ist, das vor Ort
– ich will nicht sagen: umstritten ist – beklagt wird, rech-
nen wir nicht damit, dass das Baurecht vor Ende des
Jahres 2003 erlangt wird.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424115900
Weitere
Zusatzfrage.


Werner Wittlich (CDU):
Rede ID: ID1424116000
Wie wäre es dann,
wenn das Baurecht im Jahr 2003 erlangt wird, mit der
Finanzierung? Wäre die gesichert? Wird das eingeplant?

S
Stephan Hilsberg (SPD):
Rede ID: ID1424116100
Das
wird eine Frage der Aufstellung der nächsten Verkehrs-
und Verkehrsfinanzierungsprogramme sein.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424116200
Vielen
Dank. – Eine Zusatzfrage vom Kollegen Breuer.


Paul Breuer (CDU):
Rede ID: ID1424116300
Herr Staatssekretär, halten
Sie es für möglich, dass im Vorfeld der Schritte, die Sie
eben beschrieben haben, Maßnahmen für den Gelände-
erwerb bzw. den Erwerb von Immobilien, die heute noch
auf der Trasse stehen, getroffen werden?

S
Stephan Hilsberg (SPD):
Rede ID: ID1424116400
Prinzi-
piell ist so etwas möglich. Allerdings ist es ja bis zum
Ende des Jahres 2003 noch ein gewisser Zeitraum. Es ist
allgemein nicht üblich, dass solches Gelände bereits so
frühzeitig erworben wird. Außerdem ist das eine Frage der
Abstimmungsgespräche unseres Hauses mit den Landes-
auftragsverwaltungen. Ich glaube, dass darüber im ge-
genseitigen Interesse Einvernehmen erzielt werden kann,
zumal das Projekt indisponibel gestellt worden ist.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424116500
Die Fra-
gen 12 und 13 der Kollegin Ostrowski sollen schriftlich
beantwortet werden.

Ebenfalls sollen die beiden Fragen der Kollegin Ehlert
– das sind die Fragen 14 und 15 – schriftlich beantwortet
werden.




Parl. Staatssekretärin Brigitte Schulte
24148


(C)



(D)



(A)



(B)


Dann kommen wir zur Frage 16 des Abgeordneten
Hans Michelbach:

Hält die Bundesregierung die Planungen zur ICE-Neu-
baustreckenverbindung Nürnberg–Berlin mit Anbindung der
Region Oberfranken vor dem Hintergrund der Ablehnung durch
die SPD-Landtagsfraktion in Bayern – vergleiche „Coburger Ta-
geblatt vom 3. Juni 2002“ – weiterhin aufrecht und, wenn ja, wann
wird eine endgültige Finanzierungsvereinbarung mit der Deut-
schen Bahn AG, DB AG, abgeschlossen?

Herr Michelbach ist anwesend.
Bitte schön, Herr Staatssekretär.

S
Stephan Hilsberg (SPD):
Rede ID: ID1424116600
Sehr ge-
ehrter Herr Michelbach, die Bundesregierung hat entschie-
den, die Realisierung der Verkehrsprojekte „Deutsche
Einheit“ Nr. 8.1 und Nr. 8.2 im Zuge der ICE-Verbindung
Nürnberg–Berlin fortzusetzen. Hierin eingeschlossen ist
die Anbindung der Region Oberfranken in Coburg.

Für den Abschnitt Nürnberg–Ebensfeld, der im Zusam-
menhang mit dem Ausbau der S-Bahn nach Forchheim
realisiert wird, befinden sich entsprechende Finanzie-
rungsvereinbarungen in Vorbereitung. Für den Abschnitt
Ebensfeld–Erfurt besteht bereits eine Finanzierungsver-
einbarung, die einem geänderten Bauablauf, der sich nach
Aussetzung des Weiterbaus im Sommer 1999 ergeben
hatte, angepasst wird. Die bereits bestehende Finanzie-
rungsvereinbarung aus dem Jahr 1999 für die Neu-
baustrecke Ebensfeld–Erfurt wird hinsichtlich der Kosten
und des geänderten Bauablaufs derzeit fortgeschrieben.
Zurzeit befindet sich die Finanzierungsvereinbarung für
den Neubauabschnitt Erfurt–Gröbers bei der DB AG in der
Vorbereitung. Für den Neubauabschnitt Gröbers–Leipzig,
der seit Oktober 1996 im Bau ist, besteht bereits eine Fi-
nanzierungsvereinbarung.

Das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Woh-
nungswesen hat der DB AG mitgeteilt, dass für vor-
dringliche Teilmaßnahmen des VDE 8.2 Anträge auf
Finanzierung von vorzeitigem Grunderwerb und von
unumgänglichen bauvorbereitenden Maßnahmen im Rah-
men der betreffenden Vereinbarung beim Eisenbahn-Bun-
desamt gestellt werden können.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424116700
Zusatz-
frage, Kollege Michelbach.


Hans Michelbach (CSU):
Rede ID: ID1424116800
Herr Staatssekretär,
vielen Dank für die klare Antwort.

Meine Zusatzfrage lautet: Warum hat die SPD-Land-
tagsfraktion in Bayern bei dieser Klarheit zusätzliche Stu-
dien und zusätzliche Veränderungswünsche vorgetragen
und würde dies in Bezug auf Ihre Position, dass nämlich
die ICE-Neubaustrecke Nürnberg–Coburg–Berlin in die-
ser Form gebaut wird, Wirkung zeigen?

S
Stephan Hilsberg (SPD):
Rede ID: ID1424116900
Herr
Michelbach, erstens ist es nicht unsere Aufgabe, hier über
die Motivation von Dritten zu spekulieren, und zweitens

hat die SPD-Landtagsfraktion in Bayern keine zusätz-
lichen Informationswünsche geäußert, sondern Informa-
tionen über den Hintergrund dieser Bauentscheidung er-
beten. Diese Informationen werden wir ihr – wie allen
anderen Fraktionen auch – selbstverständlich zur Verfü-
gung stellen.


Hans Michelbach (CSU):
Rede ID: ID1424117000
Herr Staatssekretär,
sehen Sie durch diese neue Initiative der SPD-Landtags-
fraktion – es heißt darin, es solle alles neu geprüft werden –
neue Hemmnisse für die notwendige Ausbaumaßnahme,
die Sie hier doch bejaht haben?


(Susanne Kastner [SPD]: Was Sie alles glauben, was im „Coburger Tageblatt“ steht!)


Ist in Verbindung mit der A 73 in jedem Fall die Durch-
führung der Maßnahmen gewährleistet?

S
Stephan Hilsberg (SPD):
Rede ID: ID1424117100
Herr
Michelbach, die Haltung der Bundesregierung zur Frage
der Realisierung der VDE Nr. 8.1 und 8.2 hatte ich Ihnen
in der Antwort auf die von Ihnen gestellte Frage darge-
stellt. Dem ist nichts hinzuzufügen.


(Susanne Kastner [SPD]: Das war aber aufregend, Herr Michelbach!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424117200
Wir kom-
men zur Frage 17 des Kollegen Albrecht Feibel:

In welchem Umfang sind seit der Privatisierung der Bahn Zu-

(ich bitte um eine Auflistung nach den Jahren 1998, 1999, 2000 und 2001 sowie jeweils nach Unternehmensbereichen)


Herr Staatssekretär, bitte.

S
Stephan Hilsberg (SPD):
Rede ID: ID1424117300
Herr
Feibel, die Deutsche Bahn AG hat in den Jahren 1998 bis
2001 nachstehende Zuschüsse erhalten. – Ich habe jetzt
ein Problem. Mir liegt eine Tabelle mit etwa 30 Zahlen vor
– Sie haben umfangreiche Zahlenangaben gewünscht –,
bei denen es sich jeweils um Millionenbeträge handelt.
Ich kann sie Ihnen im Einzelnen vortragen, aber dann ha-
ben Sie wahrscheinlich wenig davon. Ich kann sie Ihnen
kursiv oder summarisch vortragen, aber ich kann sie Ih-
nen auch schriftlich übergeben; dann könnten wir die
Frage auf dieser Grundlage weiter erörtern.

Darüber hinaus möchte ich Ihnen noch mitteilen, dass
der Bund Investitionsmittel für den Aus- und Neubau und
für Ersatzinvestitionen der Schienenwege der Eisenbah-
nen des Bundes zur Verfügung stellt. Die Mittel erhält die
DB Netz AG sowohl für den Bereich Fahrweg als auch für
den Bereich Station und Service. Eine Aufgliederung über
die beiden Bereiche liegt der Bundesregierung nicht vor.

Die Mittel zum Ausgleich des technisch-betrieblichen
Rückstands im Bereich der früheren Deutschen Reichs-
bahn – dabei handelt es sich um nicht investive Altlas-
ten – erhält das Unternehmen DB AG Holding. Auf die
konkrete Verwendung der Mittel nimmt der Bund keinen




Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms

24149


(C)



(D)



(A)



(B)


Einfluss. Ich möchte noch die Zahlen für das zurücklie-
gende Jahr 2001 nennen. In dem Jahr sind an investiven
Mitteln für zinslose Darlehen, für das Bundesschienenwe-
geausbaugesetz, das Zukunftsinvestitionsprogramm, für
Baukostenzuschüsse, für das Programm für investive Alt-
lasten nach dem Deutsche-Bahn-Gründungsgesetz und für
Lärmsanierung insgesamt 7,6Milliarden ausgegeben wor-
den. Wir haben im GVFG-Bundesprogramm und im Pro-
gramm für den Hauptstadtvertrag weitere 251 Millionen
zusätzlich ausgegeben. Wir haben für den Bedarf im Be-
reich der Altlasten der Deutschen Reichsbahn, das heißt
dem Material- und Personalaufwand, knapp 1,7Milliarden
ausgegeben. Das ergibt einen Gesamtbetrag in Höhe von
9,518 Milliarden im vergangenen Jahr.


(Albrecht Feibel [CDU/CSU]: Euro oder DM?)


– Das sind alles D-Mark-Beträge, weil im Jahr 2001 noch
in D-Mark gerechnet wurde. – Etwa auf demselben Ni-
veau liegen auch die Ausgaben der Vorjahre.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424117400
Herr Kol-
lege Feibel, sind Sie damit einverstanden, dass Ihnen die
schriftliche Aufstellung der Zahlen übergeben und dass
sie gleichzeitig zu Protokoll gegeben wird?


Albrecht Feibel (CDU):
Rede ID: ID1424117500
Herr Präsident, ich bin
mit der Übergabe dieser Daten einverstanden.1) Darüber hi-
naus möchte ich, ohne die Liste zu kennen, noch zwei Zu-
satzfragen stellen. Sind in dieser Liste auch Rückflüsse
bzw. Beträge aufgeführt, die die Deutsche Bahn nicht in
Anspruch genommen hat, wie es im Jahr 2001 der Fall war?

S
Stephan Hilsberg (SPD):
Rede ID: ID1424117600
Diese
Liste enthält nur Ist-Zahlen, das heißt nur tatsächlich an
die DB AG geflossene Beträge.


Albrecht Feibel (CDU):
Rede ID: ID1424117700
Das heißt, die geneh-
migten Beträge sind nicht aufgeführt?

S
Stephan Hilsberg (SPD):
Rede ID: ID1424117800
Sie ent-
hält nicht die Soll-Zahlen, sondern die abgerufenen, ge-
flossenen und verbauten Mittel.


Albrecht Feibel (CDU):
Rede ID: ID1424117900
Meine zweite Zusatz-
frage lautet: Können Sie davon ausgehen, dass die der
Bahn zur Verfügung gestellten Mittel ausschließlich in In-
vestitionen des Netzbetriebs und nicht des Fahrbetriebs
geflossen sind?

S
Stephan Hilsberg (SPD):
Rede ID: ID1424118000
Die
Liste enthält auch Beträge zur Finanzierung von nicht in-
vestiven Altlasten. Da dazu auch der Material- und Perso-

nalaufwand der Altlasten bei der Deutschen Reichsbahn
gehört, kann ich nicht davon ausgehen, dass das alles In-
vestitionen sind.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424118100
Zu einer
weiteren Frage erteile ich dem Kollegen Schmidt das
Wort.

Albert Schmidt (Hitzhofen) (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Herr Staatssekretär, können Sie in diesem
Zusammenhang bestätigen, dass die Bundesregierung
über die von Ihnen genannten Zahlen hinaus durch Son-
derzuwendungen für den Aufbau von Ingenieurkapazitä-
ten im Unternehmen Deutsche Bahn AG in Höhe von rund
460 Millionen DM sichergestellt hat, dass die im laufen-
den und im nächsten Haushaltsjahr vorgesehenen Haus-
haltsmittel, die nochmals Steigerungen gegenüber dem
Vorjahr enthalten, auch tatsächlich fristgemäß und sach-
gerecht verbaut werden können?

S
Stephan Hilsberg (SPD):
Rede ID: ID1424118200
Herr Ab-
geordneter, davon kann man ausgehen. Das kann ich be-
stätigen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424118300
Vielen
Dank, Herr Staatssekretär.

Wir kommen jetzt zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Bildung und Forschung. Zur Beantwor-
tung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär
Wolf-Michael Catenhusen zur Verfügung.

Frage 18 der Kollegin Maritta Böttcher:
Wären nach Auffassung der Bundesregierung Einschreibge-

bühren und Studiengebühren für so genannte Langzeitstudie-
rende, deren Einführung die Landesregierung in Nordrhein-West-
falen plant, im Falle eines In-Kraft-Tretens der vom Deutschen
Bundestag beschlossenen sechsten Novelle des Hochschulrah-
mengesetzes zulässig?

W
Wolf-Michael Catenhusen (SPD):
Rede ID: ID1424118400
Frau
Kollegin Böttcher, auf Ihre Frage möchte ich Ihnen ant-
worten: Mit der Novelle des Hochschulrahmengesetzes
wird die Einführung von Studiengebühren bis zum ersten
berufsqualifizierenden Studienabschluss in allen Bundes-
ländern grundsätzlich ausgeschlossen. Das Gesetz garan-
tiert den Studienwilligen und ihren Familien damit, dass
ein Studium bis zum Bachelor bzw. bis zum konsekutiven
Masterabschluss, bis zum Diplom, Magister oder bis zum
Staatsexamen auch künftig studiengebührenfrei bleibt.

Der Bund hat für den Hochschulbereich eine Rahmen-
gesetzgebungskompetenz und muss den Ländern Spiel-
räume für Ausnahmeregelungen einräumen. Grundsätz-
lich lässt das vom Bundestag beschlossene Sechste Gesetz
zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes daher zu,
dass das Landesrecht in besonderen Fällen Ausnahmen
von der Studiengebührenfreiheit vorsieht. Die Regelung
unterstützt dabei insbesondere die Einführung neuer
nachfrageorientierter Studienfinanzierungsmodelle wie




Parl. Staatssekretär Stephan Hilsberg
24150


(C)



(D)



(A)



(B)


1) Anlage 2

Studienkonten und Bildungsgutscheine. Das Landesrecht
regelt, welchen Umfang das Studienkonto bzw. die
Bildungsgutscheine für ein gebührenfreies Studium haben
und wann die Regelstudienzeit als deutlich überschritten
gilt und damit Studiengebühren erhoben werden können.
Hierbei sind differenzierte Regelungen möglich und sinn-
voll, etwa zur Berücksichtigung von Gremientätigkeiten,
Kindererziehungszeiten und Auslandsstudienzeiten sowie
zur Ermöglichung eines Teilzeitstudiums.

Erst die konkrete Ausgestaltung der Gebührenregelung
im Landeshochschulrecht lässt demnach die Überprüfung
zu, ob es sich noch um eine rahmenrechtlich zulässige
Ausnahmebestimmung handelt, die der im Hochschulrah-
mengesetz neu verankerten Studiengebührenfreiheit ent-
spricht.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424118500
Zusatz-
frage, Kollegin Böttcher?


Maritta Böttcher (PDS):
Rede ID: ID1424118600
Ja. – Herr Staatssekretär, ich
möchte zusätzlich nachfragen, wie die Bundesregierung
politisch den Sachverhalt beurteilt, dass das bevölke-
rungsreichste Bundesland, in dem rund ein Drittel aller
Studentinnen und Studenten bundesweit studieren, die
Gebührenfreiheit des Hochschulstudiums infrage stellt,
und zwar nur wenige Wochen nach der Verabschiedung
eines Studiengebührenverbots für das Erststudium durch
den Deutschen Bundestag.

W
Wolf-Michael Catenhusen (SPD):
Rede ID: ID1424118700
Da-
rauf möchte ich Folgendes antworten: Bei dieser Dis-
kussion muss man berücksichtigen, dass durch noch so
strikte Regelungen im Hochschulrahmengesetz die Er-
hebung von Verwaltungsgebühren durch ein Bundesland
nicht generell ausgeschlossen werden kann. Meine Mi-
nisterin, Frau Bulmahn, hat ja in den letzten Tagen deut-
lich gemacht, dass wir über die Pläne von Nordrhein-
Westfalen nicht glücklich sind. Bei Entscheidungen auf
Landesebene muss auch in die Überlegungen einbezo-
gen werden, ob damit das Signal verbunden sein könnte,
dass neue Hürden für den Studienzugang – vielleicht
nicht so sehr geldmäßige, sondern eher bewusst-
seinsmäßige – aufgebaut werden. Ich denke, die Lan-
desregierungen sind gut beraten, dieses auch dann in ihre
Abwägungen einzubeziehen, wenn sie vor großen finan-
ziellen Problemen, was die Konsolidierung des eigenen
Haushaltes angeht, stehen.


(Beifall des Abg. Wolfgang Weiermann [SPD])



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424118800
Noch eine
weitere Frage, Frau Böttcher?


Maritta Böttcher (PDS):
Rede ID: ID1424118900
Ja. – Kann ich also davon
ausgehen, dass die Bundesregierung die studentische Kri-
tik teilt, dass es mit der sechsten Novelle des Hochschul-
rahmengesetzes bisher weder rechtlich noch politisch ge-
lungen ist, die anhaltende Debatte um die Einführung von
Studiengebühren zu beenden?

W
Wolf-Michael Catenhusen (SPD):
Rede ID: ID1424119000
Die
sechste Novelle schreibt den Konsens, den die Wissen-
schaftsminister aller Bundesländer in Meiningen im letz-
ten Jahr gefunden hatten, rechtlich fest und schränkt da-
mit den Spielraum auch landesgesetzlicher Regelungen
im Kontext des Hochschulrahmengesetzes ein. Ich mache
aber noch einmal deutlich, dass jedes Hochschulrahmen-
gesetz auf diesem Gebiet nur eine Rahmengesetzgebung
darstellt und Handlungsspielräume für die Länder nicht,
wie manche glauben, völlig ausschließen kann.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424119100
Damit
kommen wir zur Frage 19 der Kollegin Böttcher:

Sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit, das vom Deut-
schen Bundestag in der sechsten Novelle des Hochschulrahmen-
gesetzes beschlossene Studiengebührenverbot dahin gehend
nachzubessern, dass zumindest für das gesamte Erststudium aus-
nahmslos Studiengebühren ausgeschlossen werden?

W
Wolf-Michael Catenhusen (SPD):
Rede ID: ID1424119200
Ich ant-
worte auf diese Frage mit Nein.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424119300
Das war
es? – Gut. Dann kommen wir zur Frage 20 des Kollegen
Dr. Heinrich Fink:

Wäre nach Auffassung der Bundesregierung die Realisierung
des im Rahmen einer durch Pressemeldungen bekannt geworde-
nen Kooperationsvereinbarung zwischen der Technischen Uni-
versität München und dem Centrum für Hochschulentwicklung

(CHE) entwickelten Modells zur Einführung von Studienge-

bühren ab dem ersten Semester im Falle eines In-Kraft-Tretens der
vom Deutschen Bundestag beschlossenen sechsten Novelle des
Hochschulrahmengesetzes zulässig?

W
Wolf-Michael Catenhusen (SPD):
Rede ID: ID1424119400
Herr
Kollege Fink, auf Frage 20 möchte ich zunächst mit der
Feststellung Nein antworten. Das vom CHE und der
Hochschulrektorenkonferenz gemeinsam veröffentliche
Eckpunktepapier „Studiengebühren als Optionen für au-
tonome Hochschulen“ stellt von seinem Ansatz her einen
Gegenentwurf zur Gebührenfreiheit für ein erstes berufs-
qualifizierendes Studium dar, die die Bundesregierung
mit dem vom Deutschen Bundestag beschlossenen sechs-
ten Gesetz zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes
verbindlich festschreiben will.

Der mit dem Modell verfolgten Absicht, in Koopera-
tion mit einzelnen Hochschulen Möglichkeiten auszulo-
ten, um den Hochschulen die autonome Entscheidung zur
generellen Erhebung von Studiengebühren ab dem ersten
Semester zu überlassen, wird hinsichtlich der staatlichen
Hochschulen mit In-Kraft-Treten des sechsten HRG-Än-
derungsgesetzes der Boden entzogen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424119500
Eine Zu-
satzfrage des Kollegen Fink.


Dr. Heinrich Fink (PDS):
Rede ID: ID1424119600
Wie wird die Bundesregie-
rung darauf reagieren, wenn es trotzdem dazu kommt?




Parl. StaatssekretärWolf-Michael Catenhusen

24151


(C)



(D)



(A)



(B)


W
Wolf-Michael Catenhusen (SPD):
Rede ID: ID1424119700
Da-
rüber müsste zunächst die zuständige Landesregierung
entscheiden. Dass sie diese Regelung als problematisch
ansieht, kann man auch den öffentlichen Äußerungen des
zuständigen Ressortministers des Freistaates Bayern un-
schwer entnehmen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424119800
Eine wei-
tere Zusatzfrage des Abgeordneten Fink.


Dr. Heinrich Fink (PDS):
Rede ID: ID1424119900
Gesetzt den Fall, der Freistaat
Bayern stimmt dem zu: Wird die Bundesregierung dem
Freistaat Bayern zustimmen oder wird sie dem Freistaat
Bayern zumindest ihre Missbilligung zu verstehen geben?

W
Wolf-Michael Catenhusen (SPD):
Rede ID: ID1424120000
Diese
Bundesregierung setzt sich in der Regel nicht mit hypo-
thetischen Fällen auseinander. Herr Kollege Fink, was die
rechtliche Bewertung, dass eine solche Regelung nicht
mit der vom Bundestag beschlossenen sechsten Novelle
des Hochschulrahmengesetzes vereinbar ist, angeht: Die-
ser Bewertung habe ich nichts hinzuzufügen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424120100
Wir kom-
men zur Frage 21 des Kollegen Dr. Fink:

Ist der Bundesregierung bekannt, welche weiteren Hoch-
schulen das im Oktober 2001 vom CHE unterbreitete Kooperati-
onsangebot „Studiengebühren als Optionen für autonome Hoch-
schulen“ angenommen und Kooperationsvereinbarungen zur
Entwicklung von Modellen zur Einführung von Studiengebühren
abgeschlossen haben?

W
Wolf-Michael Catenhusen (SPD):
Rede ID: ID1424120200
Ich
kann auf die Frage, ob uns bekannt ist, dass weitere Hoch-
schulen dieses Kooperationsangebot angenommen haben,
nur antworten: Uns ist diesbezüglich nichts bekannt.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424120300
Herr Kol-
lege Fink, möchten Sie eine Zusatzfrage stellen?


Dr. Heinrich Fink (PDS):
Rede ID: ID1424120400
Nein.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424120500
Vielen
Dank, Herr Staatssekretär.

Alle übrigen Fragen zu diesem Geschäftsbereich – es
handelt sich um die Fragen 22 bis 25 – werden schriftlich
beantwortet. Das Gleiche gilt für die Fragen des Ge-
schäftsbereichs des Auswärtigen Amtes – es handelt sich
um die Fragen 26 bis 29 – und des Bundesministeriums
des Innern; es handelt sich um die Fragen 30 bis 32.

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesminis-
teriums der Finanzen, zur Frage 33. – Ich stelle fest, dass
der Kollege Michelbach nicht mehr anwesend ist. Es wird
verfahren, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen.

Die Fragen 34 und 35 des Kollegen Dr. Kolb sollen
schriftlich beantwortet werden.

Damit sind wir am Ende der Fragestunde.
Die von der CDU/CSU beantragte Aktuelle Stunde soll

um 15.30 Uhr beginnen. Ich unterbreche die Sitzung bis
zu diesem Zeitpunkt.


(Unterbrechung von 15.08 bis 15.30 Uhr)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424120600
Die un-
terbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.

Die CDU/CSU-Fraktion hat zu den Antworten der
Bundesregierung auf die dringlichen Fragen 1 bis 4 eine
Aktuelle Stunde verlangt.

Ich rufe daher auf:
Aktuelle Stunde
auf Verlangen der Fraktion der CDU/CSU
Haltung der Bundesregierung zum Nitrofen-
Skandal

Ich eröffne die Aussprache. Als Erster hat der Kollege
Heinrich-Wilhelm Ronsöhr das Wort.


Heinrich-Wilhelm Ronsöhr (CDU):
Rede ID: ID1424120700
Herr Prä-
sident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was mir
und auch vielen anderen im Zusammenhang mit dem
Nitrofen-Skandal missfällt, ist die Tatsache, dass man so
außerordentlich viel Zeit zur Aufarbeitung dieses Skan-
dals benötigt.


(Karsten Schönfeld [SPD]: Das stimmt doch überhaupt nicht!)


Wenn sich unsere Feuerwehren beim Löschen von Brän-
den genauso viel Zeit lassen würden, wie man in Deutsch-
land für die Aufarbeitung von Lebensmittelskandalen
braucht, dann wären Teile von Deutschland schon abge-
brannt. Es muss einfach schneller gehandelt werden.

Der Herr Staatssekretär hat in der Fragestunde betont,
es sei alles dokumentiert. Darauf kann ich nur erwidern,
dass man dann nur in die Dokumente hineinschauen
müsste, um zu erfahren, wohin das mit Nitrofen ver-
seuchte Getreide gelangt ist.


(Gustav Herzog [SPD]: Herr Ronsöhr, Sie wissen doch, wie Lieferlisten aussehen!)


– Der Staatssekretär hat hier davon gesprochen, dass eine
lückenlose Dokumentation vorliegt. Man müsste also in
der Lage sein, schneller zu handeln. Das gilt allerdings
nicht nur für das Bundesverbraucherschutzministerium,
sondern auch für einige Landwirtschaftsministerien der
Länder.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Es darf nicht so lange dauern, wie das hier der Fall gewe-
sen ist.


(Karsten Schönfeld [SPD]: Wir haben in Bayern gemerkt, wie lange das dauert!)


Herr Staatssekretär, die CDU/CSU-Fraktion stimmt
mit Ihnen darin überein, dass es skandalös ist, wenn Fir-
men, die Erkenntnisse über Nitrofen-Belastungen haben,
diese den Behörden nicht melden.






(C)



(D)



(A)



(B)



(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es ist schlimm, dass Firmen weiter Getreide ausgeliefert
haben, obwohl sie von Nitrofen-Belastungen in diesem
Getreide wussten. Aber es ist genauso schlimm, wenn auch
Ökoverbände keine Meldungen über derartige Belas-
tungen machen. Dieser Punkt geht nach meiner Ansicht in
der Diskussion unter. All das muss als skandalös bezeich-
net werden.

Wie sieht es mit der Bundesanstalt für Fleischforschung
in Kulmbach aus? Sie hat schon im Januar von den Nitro-
fen-Belastungen erfahren. Sie musste aber erst einmal Vor-
kehrungen treffen, um genaue Messungen zum Nachweis
von Nitrofen durchführen zu können. Experten sagen
heute, dass es schneller möglich gewesen wäre und dass
das nicht unbedingt zwei Monate hätte dauern müssen.

Im März kam Putenfleisch auf den Markt, das in einem
hohen Maße mit Nitrofen belastet war, aber auch das
wurde nicht gemeldet.

Nun sagt mir die Bundesanstalt für Fleischforschung in
Kulmbach – ich halte es für blödsinnig, dass man sich so
herausredet –, der Grund sei, dass die Erlasslage des
Ministeriums das nicht hergegeben habe. Sie haben am
6. Juni, also in diesem Monat, den Erlass vom Januar kor-
rigieren müssen.


(Ulrich Heinrich [FDP]: Da haben wir aber eine andere Auskunft!)


– So hat mir das die Bundesanstalt für Fleischforschung
in Kulmbach berichtet. Man hat den Erlass, den man im
Januar herausgegeben hat, korrigieren müssen. Dazu
kann ich nur fragen, Herr Staatssekretär: Wie viele Le-
bensmittelkrisen müssen in Deutschland eigentlich statt-
finden, bevor wir zu einer wirklichen Erneuerung des Ver-
braucherschutzes kommen?


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir haben in diesem Hause – da widerspreche ich dem,

was Ulrike Höfken immer sagt – viele Beschlüsse zur
Aufarbeitung der BSE-Krise gemeinsam gefasst. Wir ha-
ben gemeinsam Konsequenzen aus der Krise gezogen. Ich
glaube auch, dass ich mich als Oppositionspolitiker hier
mit der entsprechenden Sorgfalt eingelassen habe.

Aber das Schlimme ist: Jetzt, anderthalb Jahre nach der
BSE-Krise, sagt Frau Künast, an und für sich sei alles beim
Alten geblieben. Im Grunde genommen hat sie also in den
anderthalb Jahren nach dem Ausbruch der BSE-Krise
nichts zur Erneuerung des Verbraucherschutzes getan.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Albert Deß [CDU/CSU]: Außer Schall und Rauch ist nichts gewesen!)


Das ist das Problem.
Wir hatten im vergangenen Winter einen Fischmehl-

skandal. Ich dachte, dass zumindest daraus Konsequen-
zen gezogen worden sind. Aber es sind wieder keine Kon-
sequenzen gezogen worden. Im Grunde genommen ist das
dem Ministerium vorzuhalten.

Ich fordere Sie im Namen meiner Fraktion jetzt wirk-
lich auf, die entsprechenden Schritte für einen ganz kon-
sequenten Verbraucherschutz einzuleiten. Sonst sind Sie
als Parlamentarischer Staatssekretär Ihr Geld und ist die
Ministerin ihr Ministergehalt nicht wert.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424120800
Als nächs-
ter Redner hat die Kollegin Jella Teuchner von der SPD-
Fraktion das Wort.


Jella Teuchner (SPD):
Rede ID: ID1424120900
Herr Präsident! Meine Damen
und Herren! Sowohl die Union als auch die FDP haben
heute an die Bundesregierung viele dringliche Fragen
zum Thema Nitrofen in Futtermitteln gestellt. Im Mittel-
punkt ihrer Fragen steht einmal mehr die Aufklärungsar-
beit des Bundesministeriums für Verbraucherschutz,
Ernährung und Landwirtschaft und nicht die Verantwor-
tung der Futtermittelhersteller und der Wirtschaft.

Die Antworten auf die meisten Fragen wurden gestern
von der EU-Kommission gegeben: Es wird keine Aus-
fuhrbeschränkungen für deutsche Bioprodukte geben und
über die von der Bundesregierung ergriffenen Maßnah-
men hinaus sind keine Sofortmaßnahmen erforderlich.

Die Veterinärexperten der EU-Staaten zeigten sich
zufrieden mit der Schadensanalyse der deutschen
Behörden und den bisher getroffenen Maßnahmen.

So schreibt die „Süddeutsche Zeitung“ heute. Das Pro-
blem, so die Kommission, liege in der föderalen Organi-
sation, die für Probleme bei Kontrollen immer wieder ver-
antwortlich sei.

Die Europäische Kommission bestätigt damit, was wir
schon letzte Woche hier gesagt haben: Renate Künast hat
schnell und richtig gehandelt. Die Kommission bestätigt
damit auch, dass es wichtig ist, die Koordination zwi-
schen dem Bund und den Ländern zu verbessern. Sie wis-
sen, dass wir hier ebenfalls erste Maßnahmen ergriffen
haben. Sie wissen aber auch, dass wir dabei ohne die Mit-
wirkung der Länder keine Fortschritte machen können.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Mit Ihren Fragen haben Sie wieder einmal versucht,
dem Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernäh-
rung und Landwirtschaft die Schuld an dem Nitrofen-
Skandal in die Schuhe zu schieben.


(Zuruf von der CDU/CSU: Weil es schuld ist!)

Ich finde das mittlerweile unerträglich, weil Sie in Ihrer
Rhetorik den großen Verbraucherschützer mimen, in
Ihrem Handeln aber weiterhin die Täter schützen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf von der SPD: So sind sie!)


Haben Sie eigentlich gemerkt, dass am letzten Don-
nerstag sechs Redner von der Union und der FDP und
33 Seiten des Plenarprotokolls erforderlich waren, bis von
Ihnen zum ersten Mal darauf hingewiesen wurde, dass




Heinrich-Wilhelm Ronsöhr

24153


(C)



(D)



(A)



(B)


Futtermittelhändler und Lebensmittelhersteller eine gra-
vierende Verantwortung tragen?


(Heinrich-Wilhelm Ronsöhr [CDU/CSU]: Frau Teuchner, haben Sie meiner Rede eigentlich nicht zugehört?)


Es bleibt festzuhalten: Es war das Bundesministerium
für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft,
das die Nitrofen-Funde öffentlich gemacht und die Auf-
klärung vorangetrieben hat.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wenn Sie nun versuchen, Renate Künast daraus einen
Strick zu drehen, dann verhindern Sie die Aufklärung. Sie
schützen nicht die Verbraucher, sondern die Täter.


(Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/ CSU]: Wo ist sie denn? Gestern hatte sie auch keine Zeit! – Gegenruf des Abg. Dr. Uwe Küster [SPD]: Sie ist in Rom beim Welternährungsgipfel! Unverschämt ist so etwas! Als Geschäftsführer würde ich darauf Einfluss nehmen!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424121000
Herr Kol-
lege Küster, könnten Sie bitte etwas maßvoller sein.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Mäßigen Sie sich, Herr Kollege Küster! – Dr. Uwe Küster [SPD]: Jetzt ist aber genug! – Gegenruf des Abg. Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/ CSU]: Blasenkopf! – Gegenruf des Abg. Dr. Uwe Küster [SPD]: Noch einmal laut für das Protokoll!)


– Das Wort hat die Kollegin und nicht Sie, Herr Küster!


Jella Teuchner (SPD):
Rede ID: ID1424121100
Ich meine aber auch, dass wir
in diesem Zusammenhang nicht von „Blasenkopf“ spre-
chen sollten.

Wir werden Ihnen Ihre durchsichtigen Wahlkampf-
manöver – denn mehr ist es nicht – nicht durchgehen las-
sen. Mit Ihrem Vorgehen werden Sie auch in der Öffent-
lichkeit nicht punkten können.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ihr Spiel ist voll und ganz durchschaut. Ich bin der Mei-
nung, Sie sollten darauf aufpassen, dass Ihnen die Öffent-
lichkeit für Ihr Verhalten und Ihre Vorgehensweise nicht
die rote Karte zeigt.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424121200
Das Wort
hat der Kollege Ulrich Heinrich von der FDP-Fraktion.


Ulrich Heinrich (FDP):
Rede ID: ID1424121300
Herr Präsident! Meine lieben
Kolleginnen und Kollegen! Letzten Donnerstag habe ich
Frau Ministerin Künast vorgeworfen, sie betreibe eine

chaotische Informationspolitik. Offensichtlich war die
Europäische Kommission der gleichen Meinung.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Anscheinend war die Angelegenheit so gravierend, dass
wir kurz davor standen, dass ein generelles Verbot des
Exports von Bionahrungsmitteln aus der Bundesrepublik
Deutschland verhängt wird. Wenn das nicht Zeugnis ge-
nug für die Dramatik und Ernsthaftigkeit ist, in der wir
hier verhandeln, dann weiß ich nicht, was alles noch pas-
sieren muss, damit das klar wird.

Herr Staatssekretär Berninger, Sie geben sich viel
Mühe; das gebe ich zu. Aber trotz allem sind wir in der
Sondersitzung des Ausschusses vom 30. Mai 2002 belo-
gen worden – nicht von Ihnen, Herr Staatssekretär –, als
ich gefragt hatte, wie die Informationen an die Behörden
weitergegeben worden sind. Uns wurde gesagt, dass alle
Behörden am 23. Januar benachrichtigt worden seien und
weiterhin alle Unregelmäßigkeiten sofort gemeldet wer-
den müssten. Jetzt stellen wir fest, dass diese Informatio-
nen nicht weitergegeben worden sind und dass nicht das
geschehen ist, was wir erwarten, nämlich dass unverzüg-
lich informiert wird.

Ich bin in meinen schlimmsten Befürchtungen bestätigt
worden. Denn wir mussten leider Gottes erleben, dass die
Dinge erst durch das Tätigwerden der Kommission und
das Zusammentreffen der Vertreter von Bund und Ländern
im Rahmen der Sondersitzung des vergangenen Sonntags
einigermaßen zurechtgerückt werden konnten. Ich stelle
ganz deutlich fest: Die Koordination zwischen Bund und
Ländern stimmt nicht und hat mit einem vorsorgenden
Verbraucherschutz überhaupt nichts zu tun.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Bei den verseuchten Shrimps bestand das gleiche Pro-

blem:

(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ja!)


Wenn etwas passiert,

(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Dann sind immer die anderen schuld!)

dann wird immer gesagt: Wir sind die Starken und klären
Millimeter für Millimeter auf. – Sie blasen sich auf und
wir stellen bei der nächsten Problemstellung fest, dass
man dem Thema wieder hinterherläuft und die Dinge
nicht vorsorgend im Griff hat.

Ich sage Ihnen eines: Das nächste Thema wird kom-
men; es werden die Nitrofurane sein. Ich warne Sie heute
erneut davor, dieses Thema zu leicht zu nehmen.

Sie sind von dem Zentralverband der Deutschen Ge-
flügelwirtschaft entsprechend unterrichtet worden. In Ih-
rer Antwort darauf haben Sie gesagt, Sie meldeten die
Vorfälle an die Kommission und hätten dann zwei Wo-
chen Zeit, um selber zu handeln. Vergangene Woche ist
die Zweiwochenfrist abgelaufen, Herr Staatssekretär
Berninger. Wo sind Ihre Handlungen? Haben Sie uns
heute etwas darüber zu sagen, was in Zukunft bei Impor-
ten von Geflügelfleisch zum Beispiel aus Brasilien, Thai-
land und China geschieht? Es gibt Befürchtungen, dass es
im vorsorgenden Verbraucherschutz Mängel gibt. Man




Jella Teuchner
24154


(C)



(D)



(A)



(B)


kann es sich nicht so einfach machen, immer wieder zu sa-
gen, dass man aufkläre, die eigentlichen Probleme, die
sich stellen, aber beiseite schiebt.

Ich möchte einmal deutlich auf das hinweisen, was
Prinz Charles heute in Deutschland gesagt hat.


(Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/ CSU]: Bei ihm war Frau Künast! Dafür hatte sie Zeit!)


– Ja, bei ihm war Frau Künast. Die FAO war ihr nicht ganz
so wichtig. Ich habe am Donnerstag schon nach einem
Prinzen für die Frau Ministerin gerufen. Offensichtlich ist
er heute gekommen; ich freue mich für sie.

Was er gesagt hat, ist richtig: Man darf aufgrund eines
Skandals nicht eine ganze Branche niedermachen. Hätte
sie sich doch nur daran gehalten!


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dieses Vorgehen ist doch typisch. Wie war es denn bei
BSE? Was hat nicht alles diese Diskussion in den letzten
anderthalb Jahren beherrscht! Man hat immer einen
Schuldigen gehabt


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Gewusst!)

und ihn als Sündenbock hingestellt. Übrig geblieben ist
nichts davon.


(Jella Teuchner [SPD]: Das glauben Sie doch selber nicht! – Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Quatsch!)


Auf der Basis dieser Ideologie, in die Sie sich hineinge-
steigert haben, werden Sie mit Ihrer Politik scheitern.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Detlev von Larcher [SPD]: Das war aber sehr schwach!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424121400
Herr Kol-
lege Carstensen, Sie haben, wie ich es eben bestätigt ge-
funden habe, den Kollegen Küster als Blasenkopf be-
zeichnet. Das ist kein parlamentarischer Sprachgebrauch.
Ich bitte Sie, dies in Zukunft zu unterlassen.


(Abg. Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU] meldet sich zu Wort)


– Sie haben nicht das Recht, dazu Stellung zu nehmen.

(Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/ CSU]: Ich bitte um Entschuldigung, aber ich habe das nicht gesagt!)


Als nächste Rednerin hat das Wort die Kollegin Ulrike
Höfken.


Ulrike Höfken-Deipenbrock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424121500
Herr
Carstensen hat mit sich selber gesprochen, sagt er gerade.


(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Heinrich,
ich finde, Sie müssen sich entschuldigen; denn Sie ver-

wechseln den ersten Erlass der Ministerin vom Januar, in
dem sie festgelegt hat, dass Vorkommnisse im Hinblick
auf die Lebensmittelsicherheit an das Bundesministerium
zu melden sind, mit dem zweiten Erlass, in dem diese Mel-
depflicht auf privatrechtliche Verträge ausgedehnt wird.
Insofern ist Ihnen absolut nichts Falsches erzählt worden.
Sie sind mitnichten belogen worden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Heinrich-Wilhelm Ronsöhr [CDU/CSU]: Aber Sie mussten nachbessern! – Gustav Herzog [SPD]: Herr Heinrich hört nicht zu!)


Ich möchte mich bei der Bundesministerin Renate
Künast, bei den Staatssekretären, insbesondere den
Staatssekretären Müller und Berninger, und allen Mitar-
beitern des Ministeriums für die rasche und energische
Aufklärungsarbeit bedanken.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wir sind nicht die Staatsanwaltschaft. Das Ergebnis der
Untersuchung ist, dass es sich in zwei Fällen, bei den Be-
trieben NSP und GS agri, um Fahrlässigkeit und Krimi-
nalität handelt und alle Spuren in diese Halle nach
Malchin führen. Es ist aber doch schwer zu verstehen,
dass diese Untersuchungsergebnisse nun ständig ange-
zweifelt werden. Sie sollten jedenfalls nicht instrumenta-
lisiert werden – das weisen Sie von sich; ich hoffe, das
stimmt – gegen die Betriebe des ökologischen Landbaus,
die überhaupt nichts dazu können, übrigens ebenso wie
die Betriebe des konventionellen Landbaus.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wir wollen den Verbraucherschutz verbessern und das
haben die Ministerin Renate Künast und die Koalition mit
großen Anstrengungen getan. Besonders nach der Über-
nahme des Verbraucherschutzministeriums wurde eine
ganze Reihe von Verordnungen und Gesetzen erlassen.
Ich möchte daran erinnern, dass heute zeitgleich der Ver-
mittlungsausschuss zum Verbraucherinformationsgesetz
tagt. Da zeigt sich doch die ganze Heuchelei der Oppo-
sition, gerade die der FDP.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Uwe Küster [SPD]: Da heuchelt jemand!)


Diese so genannte Freiheitspartei verweigert den Ver-
brauchern und der Öffentlichkeit die Informationsan-
sprüche. Das muss man sich auf der Zunge zergehen las-
sen.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das ist ein schlechtes Gesetz! Das ist das Problem!)


Das ist das schlechte Gewissen derjenigen, die sich auf die
Seite derer stellen, die die Verschwiegenheit tatsächlich
befürworten, und nicht auf der Seite derer sind, die nichts
zu befürchten haben.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das hat nichts mit Verschwiegenheit zu tun, überhaupt nichts!)





Ulrich Heinrich

24155


(C)



(D)



(A)



(B)


Wir haben bei der Vorbesprechung im Bundesrat in der
letzten Woche überhaupt keinen eigenständigen Vor-
schlag der Unionsfraktion und der FDP zu hören bekom-
men.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Ausschussdrucksache lesen!)


Es ist ganz klar: Man will die Informationsansprüche ver-
hindern und begründet das damit, dass dadurch Krimina-
lität nicht zu verhindern sei. Das wissen auch wir. Aber
alle diese Maßnahmen, alle Verordnungen zum Verbrau-
cherschutz tragen dazu bei, dass das Netz des Verbrau-
cherschutzes immer engmaschiger wird und es zu mehr
Fortschritt in Sachen Verbraucherschutz kommt. Das trägt
auch zum Schutz der seriösen Unternehmen und Betriebe
bei, die jetzt durch den Nitrofen-Skandal in Mithaftung
genommen werden.

Durch das Verbraucherinformationsgesetz können
Ross und Reiter genannt werden und die Behörden erhal-
ten die Möglichkeit aufzuklären. Das gilt auch für die
Täuschungsfälle, so zum Beispiel


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das steht doch nicht drin! Das gibt das Gesetz nicht her!)


bei als „rindfleischfrei“ deklarierten Würstchen, beim
berühmten Wasser im Schinken oder bei der unterlasse-
nen Information – hier geht es um vorsorgenden Verbrau-
cherschutz – im Bereich der Babynahrung. Sie versuchen,
eine Situation aufrechtzuerhalten, in der es Informationen
nur auf der Grundlage des Polizeirechts gibt. Sie wissen
ganz genau, wie defizitär dieses Recht in diesem Bereich
ist. Wir wollen die Informationsmöglichkeiten jedoch auf
ein hohes Niveau bringen.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Sie hätten letzte Woche eine einheitliche Abstimmung haben können! Das wissen Sie ganz genau!)


Ihr Verhalten entlarvt Sie endgültig als Parteien, die mit
dem Verbraucherschutz nichts zu tun haben wollen, wenn
es ernst wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wir haben – ich komme noch einmal auf die Vielzahl
der beschlossenen Gesetze und Maßnahmen aus der letz-
ten Zeit zurück – verbesserte Kontrollen im Futtermittel-
gesetz festgelegt. Daneben ist ein Futtermittelkontroll-
plan aufgelegt worden. Ziel sind bundeseinheitliche
Regelungen, ein Sachkundenachweis für die Futtermittel-
kontrolle. Es gibt verbesserte Kontrollen im Ökolandbau,
die Ökokontrollstellen haben strengere Meldepflichten
auferlegt bekommen. Stille Rückrufaktionen sollen nicht
mehr möglich sein. Das ist, Frau Widman-Mauz, wie Sie
anmerken werden, ein Gesetz, zu dem auch Sie einen Vor-
schlag gemacht haben. Sie haben ihn allerdings zu einem
Zeitpunkt gemacht, als das schon längst im Gesetz veran-
kert war, das heißt zu spät.


(Lachen bei der CDU/CSU)

Außerdem müssen Bundesbehörden – das habe ich be-

reits angesprochen – in Zukunft auch bei Privataufträgen

ihre Informationen an die zuständigen Behörden weiter-
geben.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424121600
Frau Kol-
legin, Ihre Redezeit ist abgelaufen.


Ulrike Höfken-Deipenbrock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424121700
Wir
haben das Tierarzneimittelneuordnungsgesetz tatsächlich
noch verabschiedet und damit zum verbesserten Verbrau-
cherschutz in diesem Bereich beigetragen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424121800
Frau Kol-
legin, Ihre Redezeit ist längst zu Ende.


Ulrike Höfken-Deipenbrock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424121900
Ich
erwarte, dass Sie uns bei diesen Maßnahmen in Zukunft
unterstützen.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der PDS)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424122000
Als
nächste Rednerin hat die Kollegin Eva Bulling-Schröter
von der PDS-Fraktion das Wort.


Eva-Maria Bulling-Schröter (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1424122100
Herr Präsident! Liebe
Kolleginnen und Kollegen! Dieser Futtermittelskandal
bestätigt wieder einmal: Die Kontroll- und Schutzmecha-
nismen, die die Versorgung der Bevölkerung mit gesun-
den Nahrungsmitteln und der Tierbestände mit schad-
stofffreien Futtermitteln gewährleisten sollen, sind
offensichtlich unzureichend. Das ist auch in Bayern so,
liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU/CSU. Dort
sind nach der „Süddeutschen Zeitung“ von heute 45 Bio-
bauern betroffen. Da Sie immer von Selbstverpflichtung
und Selbstkontrolle der Wirtschaft reden, kann ich Ihnen
nur sagen: Diese Mittel sind ungeeignet; sie haben ver-
sagt, ausreichende Sicherheiten zu bieten. Wir sollten
diese Instrumentarien endlich aus dem Verkehr ziehen.


(Beifall bei der PDS – Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In der DDR ist auch einiges schief gegangen!)


Inzwischen hat sich bestätigt, dass auf Ökohöfen so-
wohl Schweine- als auch Geflügelfleisch nitrofenbelastet
ist. Entgegen ersten Äußerungen sind doch belastete
Fleisch- und Wurstwaren in den Handel gelangt.
Schweine hatten auf einem Hof bereits seit dem 10. Mai
Futter bekommen, dessen Nitrofen-Belastung inzwischen
sicher ist. Ursprünglich und spontan waren die Bauern
von einer Fütterung von nur einer Woche ausgegangen.
Das war eine Fehleinschätzung. Der Hof hatte sich zu si-
cher gefühlt, weil das Futtergetreide, das er bezogen hatte,
nicht in dem betroffenen Lager in Malchin gelagert wor-
den war.

Damit ist klar, dass die sehr verzweigten Handelskanäle
bei einem Skandal nicht schnell genug rückverfolgt werden
können. Das muss auch Ihnen zu denken geben; hier muss




Ulrike Höfken
24156


(C)



(D)



(A)



(B)


etwas getan werden. In diesem Fall ist sogar ein Demeter-
Hof betroffen, dessen Wirtschaftsgrundlage eigene be-
triebsinterne Kreisläufe sind, die Zukäufe von außen mit
Ausnahme witterungsbedingt schlechter eigener Ernte nicht
zulassen. Damit können sogar Ökohöfe mit den strengsten
Auflagen ihrer Verbände in solche Skandale geraten.

Für die Ökobranche müssen daraus folgende Konse-
quenzen gezogen werden: Regionale Strukturen müssen
gestärkt werden, um die Anonymität der Handelswege zu
überwinden. Die lasche Ökoverordnung auf EU-Ebene
muss novelliert werden. Ökoanbauverbänden, aber auch
konventionellen Anbietern darf nur noch zertifiziertes
Futter zur Verfügung gestellt werden.

Die Adressaten sind also nicht nur die Ökobauern. Der
Fall diskreditiert nicht die Ökobranche, sondern er bestätigt
sie in ihrer Ausrichtung auf geschlossene Betriebsorganis-
men, in denen Futterzukäufe, aber auch Pflanzenschutz-
und Düngemittelzukäufe von außen nur in Ausnahmefällen
vorgesehen sind. Wenn sich eine gefährliche Abweichung
für Umwelt und Gesundheit zeigt, kann diese in solchen
Fällen schneller lokalisiert und minimiert werden.

Die Achillesferse ist bei Nitrofen gerade nicht die Phi-
losophie der Ökobauern, sondern deren Verbindung zum
offenen konventionellen Handelssystem. Da Ökohöfe
nicht auf einer Insel leben, wird es solche Verbindungen
aber auch weiterhin geben. Einmal mehr bestätigt sich
also, dass die konventionelle Landwirtschaft mit ihren
Zulieferern und Händlern sowie die entsprechenden Kon-
trollen Schwerpunkt einer ökologischen Agrarwende sein
müssen. Das sind wir den Verbraucherinnen und Verbrau-
chern aufgrund dieses Skandals wirklich schuldig.


(Beifall bei der PDS – Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Das ist der falsche Schluss, den Sie ziehen!)


Konkret ist notwendig, bundeseinheitliche Regelungen
zu schaffen, die das mit Futtermittel handelnde Unterneh-
men verpflichten, jede gehandelte Futtermittelcharge mit
einer Garantieerklärung zu versehen.


(Beifall bei der PDS)

Für die Landwirte muss daraus nicht nur die Herkunft des
Futtermittels bzw. der Zusatzstoffe und die Korrektheit
der Rezeptur hervorgehen, sondern vor allem eine Versi-
cherung, dass das betreffende Futtermittel frei von einer
Kontaminierung mit Schadstoffen ist. Hier sind jetzt die
Landesregierungen gefordert. Unternehmen bzw. Han-
delsfirmen, die eine solche Garantieerklärung abgeben,
sind den Landwirten und der Öffentlichkeit in einer Liste
zugänglich zu machen; denn nach Änderung der Gewähr-
leistungshaftung in der Bundesrepublik Deutschland ver-
langt auch die Landwirtschaft als Verbraucher bzw.
Nutzer von Futtermitteln eine Positivliste von den Futter-
mittelherstellern und vom Futtermittelhandel.

Lieber Kollege Deß, Sie haben sich in der Fragestunde
zur Chemikalienpolitik der DDR geäußert. In der Bun-
desrepublik werden jährlich rund 1 000 Tonnen Nitrofen
hergestellt. Die Herstellerfirma behauptet, es sei nur ein
Zwischenprodukt. Mich interessiert – das muss gegebe-
nenfalls noch recherchiert werden –, ob dies stimmt und
ob die Betriebswege überprüft worden sind.

Zum Schluss noch eine Anmerkung zu Ihren Äußerun-
gen in der Fragestunde, meine Kolleginnen und Kollegen
von der CDU/CSU: Der Landwirtschaftsminister aus
Bayern, Herr Miller – Sie kennen ihn sicherlich besser als
ich –, hat gestern beantragt, dass nitrofenverseuchtes Bio-
fleisch, dessen Kontamination unterhalb der Grenzwerte
liegt, als konventionelles Produkt verkauft werden darf.
Dem wurde Einhalt geboten. Aber wie ernst Sie es mit
dieser Problematik nehmen, sieht man bei solchen Äuße-
rungen aus Bayern immer wieder.


(Beifall bei der PDS sowie der Abg. Jella Teuchner [SPD] – Norbert Schindler [CDU/ CSU]: Was haben Sie beschlossen? Das wissen Sie doch!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424122200
Als nächste
Rednerin hat die Kollegin Christel Deichmann von der
SPD-Fraktion das Wort.


Christel Deichmann (SPD):
Rede ID: ID1424122300
Herr Präsident! Meine
sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe ein Stück
weit Verständnis dafür, dass die Opposition versucht, aus
solch einer Situation Honig zu saugen. Ich denke aber, das
Interesse an der Sache, die wir gemeinsam verfolgen soll-
ten, sollte Vorrang vor dieser Profilierungssucht haben.
Das, was Sie von CDU/CSU und FDP zu dem Thema ge-
boten haben, ist fernab von Gut und Böse.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)


Ich will es ganz deutlich sagen: Der Berufsstand ist der
Leidtragende in dieser Situation.


(Heinrich-Wilhelm Ronsöhr [CDU/CSU]: Der ist der Leidtragende auch durch Ihre Politik! Er ist doppelt belastet!)


Die Versäumnisse, die im Umfeld passiert sind, müssen
deutlich herausgestellt werden und dann gilt es, ihnen
Einhalt zu gebieten. Ich kann mich nur dem anschließen,
was Frau Höfken gesagt hat: Die Bundesregierung hat in-
tensiv und zügig aufgeklärt. Ich schließe hier auch die
Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern ein.


(Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/ CSU]: Das stimmt doch nicht!)


Obwohl wir schon eine ganze Menge zusammengetragen
haben, was uns erheblich weiter bringt, sind wir allerdings
noch nicht am Ende des Erkenntnisstandes.

In diesem Fall ist besonders schwierig, dass die Unter-
nehmen und auch die Verbände schon seit Wochen von
der Verunreinigung wussten, sie aber den Behörden nicht
gemeldet haben. Sie haben die Futtermittel weiter ver-
kauft und in die Nahrungskette einfließen lassen, sogar in
Nahrungsmittel für Kinder.


(Heinrich-Wilhelm Ronsöhr [CDU/CSU]: Und die Bundesbehörden?)


Eine stille Rückrufaktion der Produkte wurde veranlasst.

(Zuruf von der CDU/CSU: Aber nicht von der Bundesregierung!)





Eva Bulling-Schröter

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(C)



(D)



(A)



(B)


Das ist im Moment nicht zu verurteilen, aber es hilft in der
Sache überhaupt nicht weiter. Das Vertrauen der Verbrau-
cher wurde schändlich untergraben, und der Schaden ist
nicht wieder gutzumachen. Da beziehe ich auch den
Raiffeisenverband mit ein. Hier wird wieder Raffgier über
Fairness und die Verbraucherinteressen gestellt. Wir ha-
ben das hier deutlich zu machen und in dieser Richtung
für unsere Bürgerinnen und Bürger hier zu arbeiten.

Der Nitrofen-Skandal hätte erheblich eingegrenzt wer-
den können, wären die Informationen schneller geflossen.


(Heinrich-Wilhelm Ronsöhr [CDU/CSU]: Ja, aus Kulmbach!)


– Ich habe es eben deutlich gesagt: Es geht um die Ver-
bände, es geht auch um die entsprechenden Unternehmen,
die mit diesem Produkt gehandelt haben.


(Heinrich-Wilhelm Ronsöhr [CDU/CSU]: Die Bundesforschungsanstalt!)


Hier können wir Lücken schließen – die Bundesregierung
hat entsprechende Regelungen auch schon auf den Weg
gebracht –, aber gegen Schlamperei und Kriminalität, die
in diesem Skandal ganz deutlich geworden sind, helfen
eben auch keine Gesetze. Da hilft nur, die Dinge öffent-
lich zu benennen.

Wir brauchen ein Schnellwarnsystem. Warum melden
die Prüfeinrichtungen nicht Befunde, die weit über den
gesetzlich zulässigen Grenzen liegen? Das wäre erste
Bürgerpflicht; dafür muss man nicht erst ein Gesetz schaf-
fen. Wir brauchen einfach eine stärkere Ausrichtung hin
zur gläsernen Produktion. In dem Zusammenhang sage
ich aber gleichzeitig deutlich: Das bringt weitere Kosten
mit sich. Wir müssen uns dann auch darüber unterhalten,
wer die Kosten für die zusätzlichen Zertifizierungen und
Prüfungen trägt. Das gehört einfach mit zur Debatte.

Es hilft nicht, wenn wir hier Schuldzuweisungen hin
und her schieben. Wir müssen vielmehr gemeinsam dafür
sorgen, dass unsere Verbraucher auch wirklich das be-
kommen, was auf dem Etikett steht. Da fordere ich Sie zur
aktiven Mitarbeit auf.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424122400
Das Wort
hat jetzt der Kollege Albert Deß von der CDU/CSU-Frak-
tion.


Albert Deß (CSU):
Rede ID: ID1424122500
Herr Präsident! Werte Kol-
leginnen und Kollegen! Eines stelle ich vorneweg fest:
Leidtragende des Nitrofen-Skandals sind bis jetzt vor al-
lem die betroffenen Ökolandwirte, die im guten Glauben
Futter eingekauft haben und der Meinung waren, das Ge-
treide sei in Ordnung. Leidtragende sind aber auch die
Verbraucher, die durch diesen Nitrofen-Skandal wieder
einmal verunsichert wurden. Leidtragende sind auch die
gesamte Landwirtschaft und die gesamte Agrarbranche,
die – durch wen auch immer verursacht – wieder in der öf-
fentlichen Diskussion stehen.


(Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Im „Spiegel“ vom 10. Juni 2002 heißt es:
Künasts Kapriolen,
Renate Künast hat sich ihre erste große Panne als
Verbraucherschutzministerin geleistet: Die Entwar-
nung im Nitrofen-Skandal kam zu früh, inzwischen
zweifeln Ermittler sogar, ob die Pflanzenschutzhalle
in Malchin wirklich die Hauptquelle des Gifts war.

Es war und ist ein Trauerspiel, was hier abgelaufen ist.
Frau Künast erklärte zunächst zusammen mit den SPD-
Landwirtschaftsministern Backhaus und Bartels, dass die
Halle die einzige Quelle der Verunreinigung gewesen sei.
Einige Tage später lief die Meldung: Minister Backhaus
erklärt, die Halle kann nicht die einzige Ursache sein.


(Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Recht hat er!)


Ein Wissenschaftler erklärt mit Zahlen, dass die Halle al-
lein nicht die Ursache für die hohe Kontaminierung sein
kann. Dann erklärt man Brüssel gegenüber: Es war doch
die Halle. Es war also ein regelrechter Zickzackkurs, der
hier eingeschlagen wurde.

Ich hatte in meiner jüngsten Rede hier gefragt: Was
nun, Frau Künast? Es gibt eine Reihe von Widersprüch-
lichkeiten in der Aufklärung dieses Skandals. Und heute
frage ich wieder: Was nun, Frau Künast? Warum war es
möglich, dass die Ministerin nach dem Chloramphenicol-
Skandal wieder fast ein halbes Jahr lang anscheinend
nichts von diesen Nitrofen-Rückständen gewusst hat, ob-
wohl eine Bundesbehörde darüber informiert war? Statt
schnell aufzuklären haben Frau Künast und der Bundes-
kanzler den Bauernverband und den Raiffeisenverband
pauschal angeklagt, als ob die Verbände für die Öko-
getreidelagerung in Malchin zuständig gewesen wären.
Es ist unerträglich, wie Frau Künast von eigenen Ver-
säumnissen ablenkt und mit Pauschalvorwürfen andere an
den Pranger stellt.


(Beifall bei der CDU/CSU – Gustav Herzog [SPD]: Wer macht denn hier Pauschalvorwürfe?)


Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ich habe ei-
nigen von Ihnen heute das Protokoll der Agrarausschuss-
sitzung vom 7. November 2001 gezeigt. Ich habe in der
Sitzung aus anderen Gründen gefordert, dass Ökopro-
dukte stärker kontrolliert werden sollten. Heute stelle ich
die Frage: Wie viel staatliche Kontrollen hat es in diesem
Bereich seit dem 7. November 2001 gegeben? Auch diese
Frage muss die Bundesregierung beantworten. Wäre
nämlich das Problem früher erkannt worden, wäre der
Schaden vor allem für die betroffenen Ökobauern we-
sentlich geringer.

Eine Feststellung kann ich Ihnen nicht vorenthalten.
Wie hätte Frau Künast reagiert, wenn dieser Skandal im
konventionellen Bereich genauso abgelaufen wäre, wie er
jetzt im Ökobereich abgelaufen ist und dazu noch in uni-
onsregierten Ländern wie zum Beispiel Baden-Württem-
berg? – Frau Künast hätte den rhetorischen Kriegszustand
gegen die konventionelle Landwirtschaft ausgerufen.


(Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Das ist eine Unterstellung!)





Christel Deichmann
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(C)



(D)



(A)



(B)


Heute würde sie hier stehen und ein Verbot der konven-
tionellen Landwirtschaft fordern.


(Jella Teuchner [SPD]: So ein Schmarren!)

Die Ministerin hat die jetzt betroffenen Ökobauern mit

Recht in Schutz genommen. Bloß, Gleiches hätte ich für
die übrige Landwirtschaft auch bei der BSE-Krise und
beim so genannten Antibiotika-Skandal erwartet.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Hier hat die Ministerin flotte Sprüche losgelassen, die
ganze Landwirtschaft an den Pranger gestellt


(Widerspruch bei der SPD)

und die Verbraucher verunsichert. Niemand von dieser
Seite hat sich bis heute für die Vorwürfe beim so genann-
ten Antibiotika-Skandal entschuldigt, bei dem der Staats-
anwalt festgestellt hat, dass nicht in einer einzigen Unter-
suchungsprobe Antibiotika gefunden wurden. Ich stelle
die Forderung, dass die Frau Ministerin die konventio-
nelle oder – wie ich es besser ausdrücke – die moderne,
nachhaltige Landwirtschaft in der Öffentlichkeit genauso
behandelt wie die Ökolandwirtschaft.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich mache der Ökolandwirtschaft keine Vorwürfe. Das

sage ich hier in aller Öffentlichkeit. Wir müssen dafür sor-
gen, dass das Vertrauen in die landwirtschaftlichen Pro-
dukte wieder hergestellt wird. Wir haben größtes Interesse
daran, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher ge-
sunde Nahrungsmittel erhalten. Ob es sich um Ökopro-
dukte oder um Produkte der konventionellen Landwirt-
schaft handelt, ist zweitrangig. In diesem Sinne müssen
wir arbeiten. Dann können wir für unsere Landwirtschaft
etwas erreichen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424122600
Für die
Bundesregierung hat jetzt der Parlamentarische Staatsse-
kretär Matthias Berninger das Wort.

Ma
Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1424122700
Herr Präsident! Meine Damen und Her-
ren! Zunächst einmal muss man eines ganz deutlich sa-
gen: Der Nitrofen-Skandal ist nach wie vor unter Kon-
trolle. Jeder Nitrofen-Fund, den wir jetzt machen, ist auf
ein und dieselbe Quelle, nämlich das Lager in Malchin,
zurückzuführen. Auch die Nachricht vom heutigen Tage,
dass 72 Tonnen Getreide aus dieser Halle in Malchin an
einen konventionellen Futterbetrieb gelangt sind, darf
nicht dazu führen, dass man sich pauschale Überschriften
wie „Nun ist auch die konventionelle Landwirtschaft be-
troffen“ oder „Nun hat sich das auch auf die konventio-
nelle Landwirtschaft ausgeweitet“ ausdenkt.


(Heinrich-Wilhelm Ronsöhr [CDU/CSU]: Für Frau Künast gilt das, für Sie vielleicht nicht!)


Es ist für die Bürgerinnen und Bürger als Verbrauche-
rinnen und Verbraucher in diesem Land wichtig, zu er-

kennen, dass jeder Nitrofen-Fund, von dem wir jetzt re-
den, nichts anderes als das Ergebnis der Rückverfolgung
sämtlicher Spuren ist, die das Getreide seit der Einliefe-
rung in die Halle in Malchin hinterlassen hat.

In der Fragestunde haben wir in größerem Umfang da-
rüber diskutiert, ob Malchin der Ort der Kontamination ist
oder nicht. Wir gehen vonseiten der Bundesregierung fest
davon aus und sind damit einer Meinung mit den Er-
mittlungsbehörden der Länder und insbesondere auch mit
der Staatsanwaltschaft.

Lassen Sie mich aus einem Bericht zitieren, der, so
glaube ich, einiges deutlich macht. Dort steht:

Die o. a. Teilnehmer besichtigten gemeinsam den
entsprechenden Teil der Halle, wobei als erster Ein-
druck eine markante Geruchsbelästigung festgestellt
wurde, die auch jetzt noch einen eindeutigen Hinweis
auf die frühere Nutzung gab.
Der visuelle Eindruck zeigte trotz der inzwischen
sorgfältigen feuchten und mechanischen Reinigungs-
versuche deutlich Chemikalienspuren im Hallen-
boden und dem unteren Bereich der Hallenwände.
Dabei gab es deutliche Verkrustungen und farbliche
Penetrationen.
Ein lädierter und zwischenzeitlich niemals reparier-
ter Boden bzw. mit organischem Material gefüllter
Heizungsschacht sind als Schadstoffsenken anzuse-
hen – siehe nachstehende Abbildung.

Diese erspare ich Ihnen jetzt. Um Sicherheit in das Ver-
fahren zu bringen, ist es wichtig, dass wir den Ermitt-
lungsstand eindeutig zur Kenntnis nehmen.

Die Informationspolitik der Bundesregierung wurde
hier kritisiert. Interessanterweise hat die Kommission in
beiden Sitzungen, nämlich sowohl in der am letzten Mitt-
woch als auch in der am gestrigen Dienstag, die Informa-
tionspolitik der Bundesregierung ausdrücklich gelobt.


(Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Hört! Hört!)


Insofern ist dieser Vorwurf zurückzuweisen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Die Kommission hat es zu Recht stutzig gemacht, dass

eine Würstchenprobe zwischenzeitlich als nitrofenbe-
lastet angesehen wurde, was nicht in dieses Bild gepasst
hätte. Es gibt eine amtliche Untersuchung, nach der ab-
schließend erklärt wurde, dass diese Probe nicht belastet
war, sodass die Kommission davon abgesehen hat, ir-
gendwelche Sanktionsmaßnahmen gegen die Bundes-
republik Deutschland zu ergreifen. Ich gehe davon aus,
dass sie, solange wir die Spuren konsequent weiterverfol-
gen, davon auch weiterhin absehen wird. Für Bund und
Länder kann ich hier erklären, dass genau das jetzt unsere
Aufgabe ist. Nur so können wir verhindern, dass der Ver-
braucher durch weiteres Nitrofen zusätzlich belastet wird.

Meine Damen und Herren, hier wurde gesagt, dass das
alles nicht schnell genug geht. Zur gleichen Stunde – in-
sofern ist das wirklich eine Aktuelle Stunde – tagt der Ver-
mittlungsausschuss. Das Verbraucherinformationsgesetz




Albert Deß

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(C)



(D)



(A)



(B)


steht im Vermittlungsausschuss auf der Tagesordnung.
Dieses Gesetz soll eine neue Rolle des Bundes im Bereich
der Lebensmittelsicherheit regeln.

Ich habe mit Ihnen von der Opposition eineinhalb Jahre
über dieses Thema diskutiert. Sie haben daran nur herum-
genörgelt und herumgemeckert.


(Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/ CSU]: Was hätte der Verbraucher im März oder April denn zu Nitrofen fragen können? – Heinrich-Wilhelm Ronsöhr [CDU/CSU]: Wir haben doch eine viel stringentere Lösung eingebracht! Sie haben genauso versagt wie alle anderen!)


Am letzten Donnerstag saß der Minister Sinner des Lan-
des Bayern hier, der ebenfalls eine stärkere Kontrollfunk-
tion des Bundes abgelehnt hat. Ich kann Ihnen eines sa-
gen: Wenn Sie wollen, dass der Bund eine bessere und
koordinierende Rolle einnehmen kann, sollten Sie von-
seiten der Länder Ihre Blockadehaltung gegen das Ver-
braucherschutzgesetz aufgeben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der PDS – Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Quatsch!)


Darüber hinaus können Sie mit dem Verbraucherinfor-
mationsgesetz den Behörden ein wichtiges Werkzeug an
die Hand geben, das dort zu einer neuen Informationskul-
tur führt.


(Gudrun Kopp [FDP]: Das ist ein Placebogesetz! – Albert Deß [CDU/CSU]: Ausrede, Herr Berninger!)


Warum ist das ein wichtiges Werkzeug? – In dem Maße,
in dem wir den Bürgerinnen und Bürgern signalisieren,
dass das Behördenwissen im Bereich der Lebensmit-
telsicherheit nicht geheim, sondern öffentlich zugänglich
ist,


(Albert Deß [CDU/CSU]: Das ist eine faule Ausrede!)


schaffen wir eine neue Informationskultur, die auch dazu
führen wird, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
der öffentlichen Verwaltung – –


(Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/ CSU]: Was hätten die Leute vor vier Wochen denn fragen sollen? Da wusstet ihr noch nicht einmal Bescheid!)


– Meine Damen und Herren von der Opposition, das alles
scheint Ihnen offensichtlich nicht zu gefallen.


(Heinrich-Wilhelm Ronsöhr [CDU/CSU]: Sie haben nichts zur Aufklärung beigetragen!)


Ich denke aber, es ist angemessen, dass Sie mir während
meiner Rede zuhören. Jedenfalls halte ich von diesem Da-
zwischengeblöke überhaupt nichts.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Das Verbraucherinformationsgesetz soll in den Behör-
den eine neue Informationskultur schaffen. Wir können

nicht einfach von oben nach unten mit Erlassen dafür
sorgen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der
öffentlichen Verwaltung für dieses Thema sensibilisiert
werden.


(Heinrich-Wilhelm Ronsöhr [CDU/CSU]: Versagt habt ihr!)


Das schaffen wir nicht, wenn die Opposition in dieser
Debatte nur kleinkariert an uns herumkrittelt. Vielmehr
müssen wir alle gemeinsam die Mitarbeiter in den Land-
kreisverwaltungen, ob sie nun in Bayern oder in Schles-
wig-Holstein sitzen, auffordern und ermahnen,


(Widerspruch bei der CDU/CSU)

solche Informationen weiterzugeben. Sie, meine Damen
und Herren, haben die Chance, für diese neue Informati-
onskultur Ihren Beitrag zu leisten, indem Sie Ihre klein-
karierte Wahlkampfblockade im Vermittlungsausschuss
aufgeben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Zurufe von der CDU/CSU)


Eine ganze Reihe weiterer Themen sind angesprochen
worden. Ich will auf zwei Vorredner eingehen. Die Kolle-
gin Bulling-Schröter hat angesprochen, dass Nitrofen im
Rahmen der Herstellung von Chemikalien in Deutschland
nach wie vor vorkommt. Das ist richtig. Im Rahmen eines
geschlossenen Produktionskreislaufes passiert das. Wir
sind natürlich auch dieser Spur nachgegangen. Ich kann
Ihnen aber zur Beruhigung sagen, dass dieses Nitrofen
nicht freigesetzt wird, sondern ein Zwischenprodukt im
Rahmen der Herstellung eines Stoffes mit dem Marken-
namen Iloxan ist. Von dort geht für die Verbraucher also
keine Gefahr aus. Das sollte man hier auch sagen, damit
nicht jede Nachricht und jede Spur zu erneuter hektischer
Betriebsamkeit führt.

Der Kollege Heinrich hat etwas gemacht, was ich im
höchsten Maße unverantwortlich finde. Er hat nämlich
der Bundesregierung bei einem anderen wichtigen Ver-
braucherschutzthema Untätigkeit vorgeworfen. Ich führe
das aus, um deutlich zu machen, dass wir bei diesem
Thema Ihre Nachhilfestunden überhaupt nicht brauchen.


(Zuruf von der SPD: Richtig!)

Wir haben in Brüssel durchgesetzt, dass nach dem Anti-
biotikum Chloramphenicol gesucht wird.


(Heinrich-Wilhelm Ronsöhr [CDU/CSU]: Das ist ein Skandal!)


–Überhaupt nicht. Der Skandal ist dadurch entstanden, dass
wir nach dem Stoff haben suchen lassen, sonst hätte man
diese Shrimps damals gar nicht gefunden und sie wären ins
Futtermittel und damit in die Nahrungsmittelkette gelangt.
In dem Punkt sind Sie völlig falsch informiert.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Norbert Schindler [CDU/CSU]: Das stimmt so nicht! – Ulrich Heinrich [FDP]: Sie verdrehen die Tatsachen!)


– Ihnen gefällt das, was wir machen, nicht.

(Heinrich-Wilhelm Ronsöhr [CDU/CSU]: Ihr habt nicht gehandelt!)





Parl. Staatssekretär Matthias Berninger
24160


(C)



(D)



(A)



(B)


Dabei sollte Sie die Tatsache beruhigen, dass wir uns des
Themas Verbraucherschutz ernsthaft annehmen.

Jetzt komme ich zum zweiten Beispiel, dem Nitrofu-
ran, das mit Nitrofen nichts zu tun hat. Seit 1995 ist die
Menge des importierten Geflügels von 31 Tonnen sprung-
haft auf inzwischen 191 000 Tonnen in Europa gestiegen.
Wir alle miteinander haben ein gemeinsames Interesse
daran, dass dieses importierte Geflügel bei den Tier-
schutzstandards, aber vor allem auch bei den Lebens-
mittelstandards nach den gleichen Kriterien produziert
wird, wie das in Deutschland der Fall ist.

Die Bundesregierung ist deswegen in dieser Frage sehr
frühzeitig aktiv geworden und hat die Kommission, nach-
dem sie erste Kenntnisse davon hatte, dass möglicher-
weise verbotene Stoffe – in dem Fall ein verbotenes Anti-
biotikum – zum Einsatz kommen, aufgefordert, den
Einsatz dieser Stoffe zu untersagen. Wir haben dies in
Brüssel durchgesetzt. Ich will Ihnen einfach nur die Er-
gebnisse der letzten Meldungen vorlesen. 31. Mai 2002:
Nachweis von Nitrofuran aus Thailand – Sendung un-
schädlich beseitigt. 31. Mai 2002: erneuter Nachweis bei
der nächsten Lieferung – ebenfalls unschädlich beseitigt.
Eine dritte Sendung ebenfalls vom 31. Mai 2002 wurde
wiederum unschädlich beseitigt. Auch aus Brasilien wur-
den entsprechende Lieferungen gefunden und unschädlich
beseitigt.

Ich will damit deutlich machen: Während Sie Forde-
rungen an uns stellen, handeln Bund und Länder schon
lange verantwortlich und sorgen dafür, dass diese Stoffe
nicht in die Nahrungsmittelkette kommen. Es ist mir
wichtig, dies hier zu nennen, weil Lebensmittelsicherheit
ein Thema ist, das uns alle gleichermaßen betrifft. Dieses
Thema ist sehr wichtig und taugt nicht dazu, so billigen
Wahlkampf zu machen, wie das heute einige versucht ha-
ben, obwohl Ihnen jede Frage zufrieden stellend beant-
wortet worden ist.

Danke.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424122800
Das Wort
hat jetzt der Kollege Norbert Schindler von der CDU/CSU-
Fraktion.


Norbert Schindler (CDU):
Rede ID: ID1424122900
Herr Präsident!
Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Schlimm genug, was
derzeit passiert! Aufgrund der großen politischen Vor-
würfe geht das tägliche Geschäft unter. Ich möchte hier
anführen: Die siebte Änderungsverordnung steht an. Sie
kommt aber wegen des europäischen Streits mit Spanien
um Obst und Gemüse nicht zustande.

Dieses Problem wird durch die aktuelle Auseinander-
setzung über den Nitrofen-Skandal überlagert. Hoffent-
lich – ich sage das aus tiefer Sorge um die betroffenen
Landwirte und im Hinblick auf die Angst aller Verbrau-
cherinnen und Verbraucher in dieser Republik – weitet
sich dieser Skandal nicht aus, egal in welchem Bereich.

Die Biohöfe sind diesmal zuerst betroffen. Es wird ge-
nau untersucht und geforscht. Die Bundesregierung un-

terstellt uns, wir, die Opposition, verfolgten das mit
Häme. Ich möchte mit aller Deutlichkeit klarstellen: Wir
machen uns genauso große Sorgen um die Existenzen da
wie dort. Niemand von uns hat die Gewähr, dass wir mor-
gen oder übermorgen nicht mit einer entsprechenden Mel-
dung konfrontiert werden. Herr Staatssekretär Berninger,
Sie haben vorhin gesagt, dass 72 Tonnen irgendwohin un-
terwegs seien. Man könnte doch einmal nachfragen, wo-
hin diese 72 Tonnen gelangt sind. Was soll eigentlich pas-
sieren, wenn diese 72 Tonnen irgendwo untergemischt
worden sind?

Jetzt kommt natürlich der politische Drive. Wenn man
mit dem Thema Bio so umgeht, wie Sie es tun – in einer
Zeitung ist eine Karikatur erschienen, die Frau Renate
Künast als Witwe Bolte darstellt, die neben einem Baum
steht, in dem Hähnchen hängen; darunter steht: Und ihres
Lebens bester Traum hängt an diesem Apfelbaum –, dann
zeigt das, wie gefährlich es ist, wenn man sich in der Po-
litik einseitig festlegt


(Beifall bei der CDU/CSU)

und unterstellt: Nur bestimmte Kinder bekommen die
Masern. Jetzt sind wir in einer Situation, in der Sie, ideo-
logisch festgelegt, selbst betroffen sind.

Es komm hinzu, dass Kanzler Schröder auf dem SPD-
Parteitag, der vor wenigen Tagen in Berlin stattgefunden
hat, von überkommenen oder verkommenen – ich habe es
nicht genau verstanden – Strukturen gesprochen hat. Es ist
auch in der hier stattfindenden Debatte gesagt worden,
dass die eigentlich Verantwortlichen bei den Versicherun-
gen und im Bereich der Agraraufsicht zu suchen seien.
Das ist genauso, als ob der Innenminister sofort in Kennt-
nis gesetzt werden soll, wenn ein Kripobeamter feststellt,
dass irgendwo etwas Schlimmes passiert ist. In Kenntnis
der Vorgänge vor Ort machen wir uns wirklich leichtsin-
nig Vorhaltungen. In diesem Zusammenhang muss ich lei-
der Gottes auch den Kanzler erwähnen. Was sind nicht al-
les für Relativierungen auf dem SPD-Agrarkongress, der
vor einigen Monaten in Magdeburg stattgefunden hat, im
Vergleich zu den Aussagen von vor 18 Monaten vorge-
nommen worden, als noch von Agrarfabriken geredet
wurde! Jetzt haben Sie Ihre Meinung innerhalb kürzester
Zeit geändert. Das ist angesichts dieses schwierigen The-
mas keine vertrauensbildende Maßnahme.

Frau Ministerin Künast, natürlich hat der Staat die po-
litische Verantwortung zu tragen. Aber, Herr Berninger,
man kann den Präsidenten des Deutschen Bauernverban-
des in der ARD nicht vorführen und sagen, der solle bloß
ruhig sein, weil der gefordert habe, Gift bei der Bekämp-
fung von Obst- und Gemüsekrankheiten zuzulassen. Da
ist ein zu lockerer Umgang mit der Verantwortung, die
man gemeinsam hat. Das dient wirklich nicht der Sache.


(Beifall bei der CDU/CSU – Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es entspricht aber den Tatsachen!)


Wir stehen jetzt zum Teil vor einem Scherbenhaufen.
Rot-Grün ist seit fast vier Jahren und Frau Ministerin
Künast seit eineinhalb Jahren in der Verantwortung. Die
Menschen – das zeigen ernst gemeinte Umfragen – neh-
men Ihnen nicht mehr ab, wenn Sie von durchgreifenden




Parl. Staatssekretär Matthias Berninger

24161


(C)



(D)



(A)



(B)


Kontrollen und von überkommenen Strukturen, die aus
der Vergangenheit herrühren, reden und behaupten, dass
es im eigenen Hause keine Versäumnisse gegeben habe.
Sie hatten nicht 18, sondern fast 44 Monate Zeit zu han-
deln, schieben aber immer nur anderen die Verantwortung
in die Schuhe. Deswegen bitte ich Sie, Ihre ideologischen
Schuldzuweisungen in die eine oder andere Richtung zu
relativieren; denn solche Schuldzuweisungen dienen der
Sache wirklich nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir, die in der politischen Verantwortung sind, sollten
in Zukunft mit dem jetzt zur Diskussion stehenden Thema
kühl umgehen, auch wenn die Sorge um die schwangeren
Frauen – sie sind die Ersten, die betroffen sind; darin ist
die Angst begründet – noch so groß ist. Wir sollten genau
darlegen, welche Rückstände gesundheitsgefährdend sind
und welche nicht. In diesem Zusammenhang muss ich
noch eines sagen: Sie haben in den 16 Jahren, in denen wir
regiert haben und in denen Sie in der Opposition waren
– das betrifft vor allem die Partei der Grünen –, Themen
mit Emotionen belegt, die Sie jetzt, so Sie in der Regie-
rungsverantwortung sind, selber zu spüren bekommen.
Jetzt hat Sie die eigene Lehre eingeholt.

Ich appelliere im Interesse aller Betroffenen an uns
alle: Gehen wir in Zukunft kühl mit diesem Thema um
und lassen wir auch die spitzen Vorwürfe! Wir in der Op-
position haben das gleiche Recht und die gleiche Sorg-
faltspflicht, im Interesse aller Staatsbürger nach den Ur-
sachen zu forschen. Hoffentlich bleibt es bei dieser Halle.
Hoffentlich kann die Verteilung in der Konsequenz wirk-
lich so eingegrenzt und beherrscht werden, wie das heute
noch der Fall zu sein scheint. Im Hinblick auf schlimmere
Befürchtungen möchte ich weitere Schuldzuweisungen
überhaupt nicht machen.

Abschließend noch eine Bemerkung.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424123000
Herr Kol-
lege Schindler, Sie haben Ihre Redezeit um eine Minute
überzogen. Bitte keine Bemerkung mehr.


Norbert Schindler (CDU):
Rede ID: ID1424123100
Danke schön für den
Hinweis. – Jedem ist bewusst geworden: „Bio“ findet
nicht mit auf dem Misthaufen kratzenden Hühnern statt.
In das Bewusstsein aller Verbraucherinnen und Verbrau-
cher sind mittlerweile andere Größenordnungen gekom-
men. Der schnelle Antritt, auf einen Anteil von 20 Prozent
zu kommen, war deshalb nicht nur leichtsinnig,


(Albert Deß [CDU/CSU]: Unverantwortlich!)

sondern für manche Bereiche lebensgefährdend. Gut
Ding will Weile haben! Was man erreichen wollte, ist lei-
der Gottes so nicht eingetreten.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424123200
Als
nächster Redner hat der Kollege Gustav Herzog von der
SPD-Fraktion das Wort.


Gustav Herzog (SPD):
Rede ID: ID1424123300
Herr Präsident! Liebe Kolle-
ginnen und Kollegen! Die Opposition hat aus der Frage-
stunde diese Aktuelle Stunde entwickelt. Ich will zu Be-
ginn zwei Fragen stellen:

Erstens. Konnten das Parlament und die Öffentlichkeit
durch die Fragen der Opposition neue Erkenntnisse ge-
winnen? – Ich sage: Ja. Die Antworten der Regierung ha-
ben uns einige neue, leider auch unerfreuliche Erkennt-
nisse gebracht.

Zweitens. Wurde durch die dringlichen Fragen der Op-
position und durch diese Aktuelle Stunde bis jetzt – es fol-
gen ja noch ein paar Redner – das Problem einer Lösung ein
Stückchen näher gebracht? – Da habe ich große Zweifel.

Ich will eine erste Vorbemerkung machen. Bei allen
diesen Diskussionen wird mir deutlich, dass wir uns zum
Thema Föderalismus in diesem Bereich ernsthaft Gedan-
ken machen müssen – nicht in dieser, aber in der nächsten
Wahlperiode –, weil es nicht sein kann – der Kollege
Ronsöhr hat es durch seine Zwischenfragen nach den Do-
kumenten provoziert –, dass man in einem solchen Fall
durch 16 Bundesländer rennen muss, um irgendwelche
Unterlagen zusammenzuholen.


(Zustimmung bei der SPD)

Das ist nicht nach Europa vermittelbar. Das ist auch nicht
den Verbrauchern vermittelbar. Darüber müssen wir uns
über Parteigrenzen hinweg ernsthaft Gedanken machen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die zweite Vorbemerkung: Wird diese Debatte irgend-
etwas zur Einkommenssicherung der deutschen Landwirt-
schaft beitragen? – Mit vollster Überzeugung sage ich:
Nein. Diese Debatte wird sicherlich nicht dazu beitragen.

Wir haben am Donnerstag dreieinhalb Stunden disku-
tiert, haben uns beschäftigt mit den Verursachern, den
Vertuschern, den Aufklärern und den gesetzlichen Ver-
besserungen, die wir in die Wege geleitet haben. Wir ha-
ben uns auch mit der Frage beschäftigt, wer seriös mit die-
ser Angelegenheit umgeht.


(Heinrich-Wilhelm Ronsöhr [CDU/CSU]: Könnte es sein, dass Sie Ihre Rede schon vor der Aktuellen Stunde geschrieben haben?)


Ich muss feststellen, dass die Opposition ein klein wenig
auf dem Weg der Besserung ist. Am Donnerstag haben Sie
von der Opposition sich nämlich nur damit beschäftigt,
welche Probleme möglicherweise bei der Regierung lie-
gen. Heute haben Sie auch versucht, einige Fragen zur Sa-
che zu stellen.

Hat sich vom letzten Donnerstag bis heute einiges
geändert? – Bei den Verursachern eher nein, denke ich.
Mich hat noch einmal sehr, sehr nachdenklich gemacht,
dass der Herr Staatssekretär hier aus einem Untersu-
chungsbericht zitieren konnte, in dem steht, in einer Halle,
in der Getreide gelagert worden sei, seien offensichtlich
Gerüche nach Pflanzenschutzmitteln feststellbar. Ich wie-
derhole meine Frage vom letzten Donnerstag: Was den-
ken sich eigentlich die Leute dabei, dort Getreide oder Le-
bensmittel einzulagern?




Norbert Schindler
24162


(C)



(D)



(A)



(B)



(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)


Hierbei müssen wir auch nach der Verantwortung der
Unternehmen fragen.


(Albert Deß [CDU/CSU]: Da hat doch eine Zertifizierung stattgefunden!)


Fragen der Opposition zielen darauf: Kontrolliert der
Staat denn nun auch wirklich jeden Import? Ich gehe im-
mer noch davon aus, dass die Verantwortung für die Pro-
dukte, die in dieses Land eingeführt, verarbeitet und den
Verbrauchern angeboten werden, bei den Unternehmen
liegt. Sie müssen doch dafür sorgen, dass die Produkte ge-
sundheitlich unbedenklich sind und den gesetzlichen An-
forderungen entsprechen. Man muss also fragen: Kon-
trollieren die Unternehmen genug oder wird hier auf
Verdacht eingekauft und eingeführt nach dem Motto
„Wenn irgendetwas drin ist, wird der Staat es ja schon fin-
den“? Ich sage noch einmal: Auch über die Verantwortung
der Unternehmen für die Produktsicherheit müssen wir
ernsthafter diskutieren.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Hat sich bei denjenigen, die bei GS agri, NSP und – ich
erwähne das der Vollständigkeit halber, die Opposition
fragte bereits danach – auch bei den Ökokontrollstellen,
den Verbänden und der Raiffeisen-Versicherung versu-
chen, sich ihrer Verantwortung zu entziehen, etwas geän-
dert? – Nein, auch bei ihnen gibt es nichts Neues. Auch
die Aufklärer sind noch immer mit Volldampf damit be-
schäftigt, Informationen einzuholen.

Es gibt allerdings immer noch – auch daran hat sich
nichts geändert – kritische Nachfrager, aber auch Nebel-
werfer in dieser Angelegenheit. Dabei handelt es sich um
Wissenschaftler, die, ohne genau zu wissen, worum es
geht, ihre Positionen in der Öffentlichkeit vertreten, und
Medien, die das auch noch transportieren.


(Albert Deß [CDU/CSU]: Bei BSE habt ihr den Wissenschaftlern nicht widersprochen!)


Es gibt auch solche Informationen wie heute morgen, als
um 10.42 Uhr eine Meldung vor Fleisch aus einem nitro-
fenbelasteten Betrieb in Hamburger Bioläden warnte.
Eine Stunde später hieß es in einer weiteren Meldung: Ob
das betroffene Fleisch tatsächlich mit Nitrofen belastet
sei, könne noch nicht abschließend beurteilt werden.
Auch hierbei stellt sich die Frage, wie wir in Zukunft mit
solchen Informationen umgehen. Ich meine, wir sollten
uns langsam bemühen, davon wegzukommen, dass im-
mer neue Spekulationen in die Welt gesetzt werden.

Das Vertrauen unserer Verbraucher in die Lebensmittel
ist wieder einmal erschüttert worden. Diesmal betrifft es
die Ökoprodukte, was aber offenbar durch konventionelle
oder kriminelle Schlampereien verursacht worden ist.
Statt aber einen öffentlichen Hickhack zu veranstalten,
sollten wir alle daran mitarbeiten, das Vertrauen der Ver-
braucher wiederzuerlangen und den betroffenen Bauern
gemeinsam zu helfen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Hätten Sie das auch gesagt, wenn Sie in der Opposition wären?)


Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD – Norbert Schindler [CDU/ CSU]: Gustav, das ist nicht fair! Wie kann man denn so etwas sagen? Gegenrufe von der SPD: Laut und deutlich kann man es sagen! – Noch lauter und deutlicher!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424123400
Das Wort
hat jetzt der Kollege Max Straubinger von der CDU/CSU-
Fraktion.


Max Straubinger (CSU):
Rede ID: ID1424123500
Herr Präsident! Ver-
ehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich meine, die Debatte
zeigt deutlich – auch die heutige Aktuelle Stunde wird es
offenbaren –, dass die Bundesregierung bei der Bewälti-
gung der Nitrofen-Krise versagt hat.

Wir werfen der Bundesregierung vor, dass sie bei der
Aufklärung viel zu lange Wege gegangen ist und meinem
Eindruck nach bei der Aufklärung geradezu Scheuklap-
pen trägt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wer nur einseitig auf die Kontaminationsstelle Malchin
eingeht, geht mit der Bewältigung der Krise sicherlich
nicht sachgerecht um.


(Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig!)

Das geht aber nicht an. Es gibt verschiedenste Hinweise
darauf – und es ist in der Fragestunde deutlich geworden,
dass die Bundesregierung die entsprechenden Fragen
nicht beantwortet hat –, dass es möglicherweise auch an-
dere Quellen gibt.


(Gustav Herzog [SPD]: Herr Kollege, Sie haben nicht zugehört! – Weiterer Zuruf von der SPD: Das ist doch beantwortet worden!)


– Nein, sie wurden eben nicht beantwortet, sondern der
Herr Staatssekretär hat auf meine Frage geantwortet, dass
kein anderes Ökogetreide auf Rückstände untersucht
wurde. Meines Erachtens ist es aber notwendig, unabhän-
gig von Malchin auch bei anderen Stellen aufs Gerate-
wohl Untersuchungen anzusetzen, damit die notwendige
Aufklärung betrieben werden kann.

Ich meine, dass es insgesamt mit entscheidend ist,
sachgerecht mit der Bewältigung umzugehen. Dies wurde
viele Wochen lang verschleppt. Das Versagen der Bun-
desbehörden wurde schon vielfach angesprochen, aber es
liegt auch ein Versagen der Produzenten, der Futtermittel-
mischer und anderer vor.

Es ist dies keine Frage eines Verbraucherschutzgeset-
zes, Frau Höfken, oder anderer neuer gesetzlicher Rege-
lungen. Die Futtermittelhersteller wären aufgrund der Ge-
setzeslage verpflichtet gewesen, die Information über die
Belastungen weiterzugeben. Dann wäre dies auch offen-
kundig geworden. Hier ist ein Gesetzesverstoß begangen
worden, den wir verurteilen. Es geht nicht um die Frage
eines Verbraucherschutzgesetzes;


(Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie verwechseln da was!)





Gustav Herzog

24163


(C)



(D)



(A)



(B)


denn die notwendigen gesetzlichen Regelungen sind vor-
handen.

Lassen Sie mich noch eine weitere Bemerkung machen:
Es handelt sich auch um das Versagen einer Bundes-
behörde, wenn am 19. März Nitrofen im Putenfleisch fest-
gestellt wird und dies nicht an das zuständige Ministerium
weitergegeben wird. Wenn dann gesagt wird, wie am
30. Mai bei einer außerordentlichen Sitzung des Aus-
schusses für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirt-
schaft vonseiten des zuständigen Staatssekretärs Müller,
dass die Bundesanstalt gemäß der vorgeschriebenen Vor-
gehensweise richtig gehandelt hat, so war offensichtlich
der Erlass der Bundesregierung, so wie er im Januar er-
gangen ist, einfach unvollständig; er wurde ja jetzt erst
durch die Bundesregierung nachgebessert. Hier wird ja of-
fensichtlich, dass eine Teilschuld für das Versagen auch bei
der Bundesregierung liegt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Deshalb kritisieren wir die Bundesregierung.

Die Leidtragenden sind aber die Verbraucherinnen und
Verbraucher, weil sie wiederum bezüglich der Lebens-
mittelversorgung in Deutschland verunsichert werden. Da-
rüber hinaus sind natürlich die Leidtragenden auch alle
Landwirte, egal ob sie Lebensmittel bzw. Grundlagen dafür
konventionell oder wie die Ökobaubetriebe produzieren;
insbesondere betrifft das natürlich die in der Ökolandwirt-
schaft Tätigen. Das kommt aber auch daher, dass Rot-Grün
öffentlich ein verklärtes und zum Teil sehr falsches Bild der
Ökolandwirtschaft vermittelt hat, sehr einseitig für die Pro-
duktionsweise der Ökolandwirtschaftsbetriebe eingetreten
ist und die konventionell produzierenden Betriebe bei jeder
sich bietenden Möglichkeit an den Pranger gestellt hat.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist gelogen!)


Das ist natürlich auch dazu angetan, dass die Verbraucher
entsprechend verunsichert wurden.


(Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das hat kein Mensch in der ganzen Debatte getan! – Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Einzigen, die das tun, sind Sie!)


– Doch. Wer ständig jeglichen Einsatz von Dünge- und
Pflanzenschutzmitteln bekämpft, vergisst, dass Pflanzen-
schutzmittel notwendig sind, um qualitativ hochwertige
Produkte herzustellen.

Es ist hier eben auch festzuhalten, dass beim Getreide-
anbau in der Natur Fusarien und Mykotoxine, also Pilze,
entstehen und das Getreide damit behaftet ist. Sachge-
rechter Einsatz von Pflanzenschutzmitteln bedeutet auch
Verbraucherschutz, werte Damen und Herren. Ich glaube,
dass wir das auch einmal zum Ausdruck bringen müssen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Hier wird eben die ideologische Scheuklappe von Rot-
Grün besonders deutlich.

Es gibt eine Menge von Versagern in dieser Kette. Das
beginnt bei der Zertifizierung der Halle, was ja, wie dar-
gelegt, durch einen Ökoverband geschah.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424123600
Herr
Kollege Straubinger, kommen Sie bitte zum Schluss.


Max Straubinger (CSU):
Rede ID: ID1424123700
Ja, ich komme sofort
zum Schluss. – Es sind dann natürlich auch entsprechende
Weichenstellungen notwendig.


(Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 16 Jahre nichts getan!)


Ich glaube, dass die Bundesregierung dazu nicht die Kraft
hat.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424123800
Das Wort
hat jetzt der Kollege Albert Schmidt vom Bündnis 90/Die
Grünen.


(Ulrich Heinrich [FDP]: Oh, der große Agrarpolitiker!)


Albert Schmidt (Hitzhofen) (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kol-
legen! Man muss kein Agrarexperte sein, um hier in einer
Debatte zum Ausdruck zu bringen, dass wir die konse-
quent am Verbraucherschutz ausgerichtete Politik unserer
Landwirtschafts- und Verbraucherschutzministerin aus-
drücklich unterstützen.


(Albert Deß [CDU/CSU]: Das ist es eben nicht! – Norbert Schindler [CDU/CSU]: Das habt ihr ja auch getan!)


Die beste und wichtigste Nachricht des heutigen Tages,
liebe Kolleginnen und Kollegen, lautet: Die deutschen
Biobauern bleiben im europäischen Geschäft. Und das ist
gut so.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der PDS – Norbert Schindler [CDU/CSU]: Hoffentlich!)


Das ist nicht nur gut so, sondern das ist auch wohl be-
gründet. Ich möchte hier noch einmal mit aller Klarheit
sagen: An diesem ganzen Skandal trifft die Biobauern ge-
rade keine Schuld. Der Nitrofen-Skandal ist kein Skandal
des ökologischen Landbaus,


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Ein Zertifizierungsproblem!)


sondern der Skandal geht, wie wir jetzt zunehmend be-
greifen müssen, auf skrupellose Leute in der Futtermittel-
wirtschaft zurück.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Zuruf des Abg. Ulrich Heinrich [FDP])


Liebe Kolleginnen und Kollegen, nehmen Sie bitte
ganz nüchtern und unaufgeregt zur Kenntnis: Ohne Bio-
hersteller in der Lebensmittelwirtschaft wäre der ganze
Skandal überhaupt nicht aufgedeckt worden. Es war doch
ein Hersteller von ökologischer Babynahrung aus Bayern,
der quasi am Eingangstor seines Werkes auf Nitrofen ge-
stoßen ist. Es ist doch ein Wunder, dass dort überhaupt




Max Straubinger
24164


(C)



(D)



(A)



(B)


noch die Produkte daraufhin untersucht wurden, obwohl
das Pestizid überhaupt nicht mehr zugelassen ist. Das war
ein Biohersteller, der diese Kontrolle durchgeführt hat!


(Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Wann war das?)


Er hat das Futtermittel an den Hersteller zurückgeschickt
und gesagt: nicht mit mir.


(Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/ CSU]: Wann hat er das gefunden?)


Daraufhin kam die Kette der Ereignisse ins Rollen. Wir
sind zwar der Meinung, dass das viel zu lange gedauert
hat und der Weg viel zu umständlich war. Dies ist aber
nicht den Bio-Herstellern vorzuwerfen,


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Das macht doch keiner!)


weil es ein Bio-Hersteller war, der kontrolliert hat, was
woanders überhaupt nicht kontrolliert worden wäre.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Es ist also unbestreitbar, dass in diesem Fall die Bio-
Hersteller die Initialzündung für die Aufdeckung des
Skandals gegeben haben. Dennoch wollen wir festhalten,
dass Ökobetriebe im Bereich der Landwirtschaft letztlich
keine Pestizide brauchen: Im ökologischen Landbau wer-
den keine Pestizide eingesetzt, es müssen dafür keine Pes-
tizide produziert werden, es müssen keine gelagert wer-
den und es müssen keine geliefert werden.


(Ulrich Heinrich [FDP]: Sie erzählen ein Märchen!)


Aus der Sicht der Verbraucher müssen wir heute eine
Schlussfolgerung ziehen: Die Agrarwende ist nötiger
denn je, und zwar für die gesamte Produktionskette von
der Futtermittelerzeugung über die Tierhaltung bis hin zur
Nahrungsmittelherstellung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben diese Aktuelle Stunde heute aber nicht bean-
tragt, um die Agrarwende zu befördern;


(Zuruf von der CDU/CSU: Er hat es immer noch nicht kapiert!)


Sie unternehmen hier vielmehr den untauglichen Versuch,
den Ruf von Renate Künast zu erschüttern.


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Der ist schon ruiniert!)


Fragen Sie die Menschen auf der Straße nach Renate
Künast. Sie werden Ihnen sagen: Verbraucherschutz in
Deutschland hat einen Namen, und zwar Renate Künast.
Sie ist die Anwältin der Verbraucherinnen und Verbraucher.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Sie hat öffentlich und umgehend informiert. Sie hat die
Quellen aufgespürt und benannt. Sie hat das gesamte Ge-
flecht möglicher Verursacher aufgezeigt. Das ist ihre
Leistung. Es wird – ohne Ansehen der Person – Punkt für
Punkt aufgeklärt.

Wir müssen aber nicht nur von den Verursachern, son-
dern auch von den Vertuschern reden. Es geht auch um ge-
wisse verhängnisvolle Strukturen in einem „Verschweiger-
kartell“ der Futtermittelwirtschaft, um höchst eigenartige
personelle Verflechtungen, die in der Tat fragwürdig sind.
Ich will Ihnen einmal sagen, wie an den Stammtischen


(Zuruf von CDU/CSU: Wir sind hier nicht am Stammtisch!)


in Bayern Raiffeisen dekliniert wird: Raiffeisen, Greifei-
sen, Bescheißeisen.


(Albert Deß [CDU/CSU]: Das ist eine Beleidigung von Millionen Mitgliedern von Raiffeisen!)


Ich will hier nichts darüber aussagen, ob diese Beurtei-
lung angemessen ist, zumal ich selbst bei der Raiffeisen-
bank in Augsburg ein Konto habe; aber auf eines möchte
ich hinweisen: Wenn genossenschaftlich gebundene
Versicherungen glauben, man könne stille Aktionen zur
Rückholung von durch Gifte verseuchten Nahrungs- oder
Futtermitteln durch verschwiegene Abwicklungen vertu-
schen, dann ist dies eine mit krimineller Energie betrie-
bene Gemeinheit zum Schaden der Bauern sowie der Ver-
braucherinnen und Verbraucher.


(Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/ CSU]: Da klatscht schon keiner mehr!)


Die Verantwortung dafür liegt in dem Bereich, der der
Landwirtschaft eigentlich vorgelagert ist. Wen trifft aber
nachher die Krise? – Die Bauern, und zwar die Ökoland-
wirte genauso wie die konventionellen. Sie haben in die-
sem Bereich deckungsgleiche Interessen. Deshalb müs-
sen wir Punkt für Punkt aufklären und die Konsequenzen
ziehen.

Lassen Sie mich darauf hinweisen, dass die EU die Li-
nie von Renate Künast „Aufdecken – Informieren – Zur
Rechenschaft ziehen – Kontrollieren“ voll bestätigt. Ich
erwarte allerdings auch, dass die Länder an der Umset-
zung nun konsequent mitwirken, um eine Debatte über fö-
derale Strukturen zu vermeiden.

An die Adresse der CDU/CSU sage ich: Solange Sie im
Bundesrat den Weg für ein Verbraucherinformationsge-
setz, das den Menschen erlaubt, alles zu erfahren, was den
Behörden über die Inhaltsstoffe der Nahrung bekannt ist,
nicht frei machen, haben Sie überhaupt keine Glaubwür-
digkeit in Sachen Verbraucherschutz.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Wir werden gleich etwas dazu sagen! – Albert Deß [CDU/ CSU]: Ein schlampiges Gesetz kann man nicht durchgehen lassen!)


Sie können nach außen nicht vermitteln, warum Informa-
tionen in den Aktenschränken der Behörden verschlossen
bleiben sollen und warum Sie den Menschen auf der
Straße dieses Wissen nicht zubilligen. Das versteht kein
Mensch. Damit werden Sie nicht punkten. Sie werden un-
angenehme Rückfragen erhalten. Wir werden Sie an die-
ser Stelle nicht aus der Verantwortung entlassen.

Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, für mehr Verbrau-
cherschutz, auch für mehr Information zu sorgen, indem




Albert Schmidt (Hitzhofen)


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man den Menschen das Wissen, das die Behörden haben,
weitergibt.


(Zuruf von der CDU/CSU: Wenn sie es haben!)


Wenn Sie das weiterhin verweigern, melden Sie sich aus
der ernsthaften Verbraucherschutzdebatte ab.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424123900
Das Wort
hat die Kollegin Annette Widmann-Mauz von der
CDU/CSU-Fraktion.


Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1424124000
Herr Präsi-
dent! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Lieber Herr
Kollege Schmidt, Ihre Ausführungen zeigen, dass Sie sich
in dieser Debatte wirklich nicht auskennen.


(Hans Forster [SPD]: Besser als Sie!)

Die Vorwürfe, die Sie uns machen, sind schlicht falsch.

Erster Punkt. Von uns hat niemand der Firma Hipp ei-
nen Vorwurf gemacht, dass sie so stark geprüft und dann
auch etwas gefunden hat. Im Gegenteil: Was macht uns
stutzig? – Uns macht stutzig, dass nur die Firma Hipp ent-
sprechende Funde gemeldet und verfolgt hat, wo doch so
viele Verarbeiter von Bioprodukten in dieser Kette von
den verseuchten Futtermittelprodukten betroffen sind.
Das muss uns zu denken geben!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Es muss uns auch zu denken geben, dass zum Beispiel

ein Ökoverband wie „Naturland“ schon längst Bescheid
weiß, aber nicht handelt. Dem müssen wir nachgehen und
darum müssen wir uns kümmern,


(Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Jawohl, ohne Ansehen der Person!)


und zwar unabhängig davon, ob es ein Bioverband oder
ein konventioneller Verband ist. Wir müssen im Interesse
der Verbraucherinnen und Verbraucher schauen, wo die
Lücken sind.


(Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau das habe ich gesagt!)


Die Lücken sind sowohl in diesem Bereich als auch in-
nerhalb der Bundesregierung zu finden.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich fand es schon sehr mutig von Ihnen, Herr Schmidt,

dass Sie davon gesprochen haben, dass die Europäische
Kommission mit dem, was in unserem Land passiert, voll-
kommen zufrieden sei. Ich muss diese Woche anschei-
nend auf einem anderen Stern gelebt haben.


(Jella Teuchner [SPD]: Das glauben wir auch!)

Denn was sich diese Woche abgespielt hat, belegt doch
das glatte Gegenteil.

Byrne spricht von einer vollkommen verfehlten Infor-
mationspolitik. Vor zwei Wochen wurde nämlich noch ge-

sagt, der Skandal sei beendet. Jetzt heißt es, dass wieder
etwas gefunden wurde und dass der Skandal doch noch
nicht beendet sei. Der Agrarminister von Mecklenburg-
Vorpommern sagt, dass wir erst am Anfang stünden, was
die Aufklärung betrifft. Selbst Ihr Parteifreund im Euro-
paparlament Graefe zu Baringdorf ist der Meinung, dass
man den Mund nicht so voll hätte nehmen dürfen, wie es
Frau Künast getan hat.

Von einer klugen Informationspolitik, durch die die
Verbraucherinnen und Verbraucher seriös informiert wer-
den, kann überhaupt keine Rede sein. Da das Vertrauen
angeblich so groß sein soll, muss ich Sie fragen: Würde
die Europäische Kommission die irischen Prüfer aus Dub-
lin nach Deutschland schicken, wenn man nicht vermuten
würde, dass hier etwas zu finden sei?


(Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist ein gemeinsamer Aktionsplan der EU!)


Ich sage deshalb ganz klar: Mit dem, was Sie hier auf den
Weg gebracht haben, kann doch etwas nicht stimmen.

Was ebenfalls erstaunlich war und was auch Herr Byrne
ausdrücklich kritisiert hat, hat mit der Frage zu tun, wie in
Deutschland Informationen von Stellen, die prüfen und
kontrollieren, weitergeleitet werden. Ich muss mich schon
wundern: Es gab in der Fragestunde heute Nachmittag
keine einzige Antwort auf die Frage, wie man mit der Bun-
desanstalt für Fleischforschung in Kulmbach verfahren
will. Wir hören nichts darüber, ob dieses Fehlverhalten,
das dort an den Tag gelegt wurde, sanktioniert werden soll.
Die Bundesregierung scheint ein solches Verhalten durch-
gehen zu lassen. Mir ist nichts davon bekannt – ich habe
den Herrn Staatssekretär ausdrücklich dazu befragt –, ob
hier in irgendeiner Weise gehandelt wird.

Wir sind jetzt seit drei Wochen damit beschäftigt, den
Skandal einzugrenzen und zurückzuverfolgen, woher das
Getreide kommt und welche Bereiche insgesamt betrof-
fen sind. Sie haben immer wieder den Eindruck erweckt,
dass in dem geschlossenen System der Biokreislaufwirt-
schaft die Rückverfolgbarkeit hundertprozentig gegeben
sei. Im Fachausschuss des Europäischen Parlamentes
heißt es dagegen, dass man noch nicht so weit sei und dass
der Skandal noch nicht hundertprozentig eingegrenzt
werden könne. Nur eines kann stimmen: Entweder han-
delt es sich um einen geschlossenen Kreislauf und wir
können sehr schnell lückenlos dokumentieren


(Ulrich Heinrich [FDP]: Es ist natürlich kein geschlossener Kreislauf! Dieses Märchen stimmt schon lange nicht mehr!)


oder wir können es nicht.
Es ist kein Wunder, wenn die zweite Möglichkeit zutrifft.


(Gustav Herzog [SPD]: Stimmt doch gar nicht!)


Denn Sie haben ein Biosiegel eingeführt, das den Zusatz
von konventionellen Produkten in Bioprodukten erlaubt.


(Gustav Herzog [SPD]: Diffamieren Sie nicht immer das Biosiegel! Das ist Ihr Kreuzzug!)


– Herr Herzog, schauen Sie sich bitte die entsprechende
EU-Verordnung an. Darin ist festgelegt, dass Bio-Baby-




Albert Schmidt (Hitzhofen)

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nahrungsmittel bis zu 30 Prozent aus konventionellen Be-
standteilen bestehen dürfen.


(Widerspruch des Abg. Gustav Herzog [SPD])

Ich möchte zitieren, was beispielsweise der Presse-

sprecher des Öko-Landbau-Verbandes Demeter, Renée
Herrnkind, sagt. Ihre Politik, im Biobereich ganz schnell
auf Masse zu setzen, ohne dass die Strukturen der Land-
wirtschaft, auch die Kontrollstrukturen, nachwachsen
können, hat folgende Auswirkungen – ich zitiere aus ei-
ner Reuters-Meldung –:

„Wir sehen Risiken in dieser Industrialisierung“, sagt
Renée Herrnkind, Pressesprecher des Öko-Landbau-
Verbands Demeter.

Weiter heißt es in der Meldung von Reuters:
Die Supermarktketten haben das Potenzial von
Ökoprodukten erkannt und drängen daher die Pro-
duzenten, immer mehr zu liefern. „Wenn der Druck
erhöht wird, ist es für die Erzeuger schwieriger, die
Qualitätserfordernisse einzuhalten“, sagt Uli Zerger
von der Stiftung Ökologie und Landbau. Die Nach-
frage nach Bioprodukten sei in den vergangenen
Jahren jedoch so stark und so schnell angestiegen,
dass sich die ökologischen Betriebe nicht so schnell
auf den erhöhten Bedarf hätten umstellen können.

Es heißt weiter, dass vielfach Ware aus dem Ausland im-
portiert werde, dort potenzielle Schwachstellen zumin-
dest zu vermuten seien und dass die veränderten Logistik-
anforderungen durch diese Branche gar nicht in dem
notwendigen Umfang zu erfüllen seien.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424124100
Frau Kol-
legin Widmann-Mauz, kommen Sie bitte zum Schluss.


Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1424124200
Ich komme
zum Schluss. – Es kommt doch darauf an, dass wir eine
Verbraucherschutzpolitik betreiben, die vier Gesichts-
punkten gerecht wird: mehr Transparenz, Eigenverant-
wortung stärken, Kontrollen so gestalten, dass sie wirken
können, und nachhaltig handeln.

Deshalb ist der Verweis – dieser Satz sei mir noch ge-
stattet, Herr Präsident – auf eine vermeintliche Blockade-
haltung nicht gerechtfertigt. Ich zitiere die bereits in der
letzten Woche vorgelegte Ausschussdrucksache 14/748.
Damit hätten die Koalitionsfraktionen die Möglichkeit
gehabt, die Information der Verbraucherinnen und Ver-
braucher bei solchen Skandalen zu verbessern. Sie haben
dagegen gestimmt und das blockiert.


(Jella Teuchner [SPD]: Das ist blanker Unsinn, was Sie da sagen!)


– Nein, das ist nicht blanker Unsinn.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424124300
Frau Kol-
legin, bitte!


Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1424124400
Sie hatten die
Möglichkeit dazu, haben sich dieser Verbesserung aber
verweigert.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424124500
Als letz-
ter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat der Kol-
lege Dr. Gerald Thalheim das Wort.


Dr. Gerald Thalheim (SPD):
Rede ID: ID1424124600
Herr Präsident! Meine
sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde es gut, dass
sich der Deutsche Bundestag erneut ausführlich mit die-
sem Thema beschäftigt. Nicht gut finde ich den Versuch,
aus diesem Thema politisch Funken zu schlagen. Hinter
dem Nitrofen-Skandal steht kein Versagen der Bundesre-
gierung, schon gar nicht von Bundesministerin Künast.
Im Gegenteil, die entschlossene Aufklärung, die das Bun-
desministerium betrieben hat, findet allgemein Anerken-
nung, auch bei der EU-Kommission.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. HeinrichWilhelm Ronsöhr [CDU/CSU])


– Zu dir komme ich gleich.
Es ist auch kein Versagen der ökologischen Landwirt-

schaft.

(Albert Deß [CDU/CSU]: Das hat niemand von uns behauptet!)

Wir wissen heute, dass es eher Zufall war, dass das Öko-
getreide in diesem am stärksten verseuchten Teil der Halle
in Malchin gelagert wurde. Es ist auch kein vordergrün-
diges Versagen der Kontrollinstitutionen,


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Das sieht die Verbraucherzentrale anders!)


wenn, dann der Biokontrollstelle. Es ist ein Versagen von
Menschen, insbesondere der Menschen in der Futtermit-
telbranche, von den Beschäftigten bis in die Chefetage.


(Lachen bei der CDU/CSU)

– Da können Sie lachen.

Das eigentliche Problem ist die Katastrophe für die ge-
samte Branche, wenn in der Öffentlichkeit der Eindruck
entstanden ist: Was sich in Malchin abgespielt hat, könnte
sich auch anderswo abspielen; wie dort mit den Informatio-
nen umgegangen worden ist – da sind auch die Ökoland-
bauverbände zu kritisieren –, könnte auch woanders pas-
sieren. Das ist die Katastrophe. Deshalb ist dieses Thema
nicht für gegenseitige Schuldzuweisungen geeignet.

Damit sind wir bei dem eigentlichen Punkt, dem Un-
glaublichen, das sich in Malchin abgespielt hat. Auch ich
bin nach einigen Informationen, die dargelegt worden
sind, mit der Meinung in die Öffentlichkeit gegangen,
dass es sich so nicht abgespielt haben kann. Ich bin eines
Besseren belehrt worden. Ich habe erst heute früh mit je-
mandem telefoniert, der dort war. Wenn man in einer
Halle Pflanzenschutzmittel findet und darauf Getreide la-
gert, dann ist das ein Skandal – und doch die Erklärung.

Jedem Azubi in der Landwirtschaft wird im ersten Lehr-
jahr eingebläut, Futtermittel nicht gemeinsam mit Pflan-
zenschutzmitteln zu lagern bzw. sie nicht hintereinander




Albert Schmidt (Hitzhofen)


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an derselben Stelle zu lagern. Wir dürfen als Parlament
nicht die Illusion erwecken, dass wir ein solch eklatantes
Fehlverhalten durch Beschlüsse verhindern könnten. Hier
muss sich das Bewusstsein der Betroffenen ändern. Hinter
diesem Skandal steht eine unglaubliche Ignoranz, was das
Vorgehen, die Informationspolitik, aber nach wie vor auch
das Geschäftsgebaren des Futtermittelhandels und der Fut-
termittelindustrie anbelangt.


(Norbert Schindler [CDU/CSU]: Bitte nicht im Plural, Herr Thalheim! Das grenzt an Sippenhaft!)


Da sind wir bei der Antwort auf Ihre Frage, Kollege
Schindler, warum wir nicht schneller und besser infor-
mieren konnten: weil die Futtermittelindustrie nach wie
vor nicht in der Lage ist, Herkünfte anzugeben und dar-
zulegen, welche Partien in welches Mischfuttermittel ge-
raten sind. Das ist der entscheidende Punkt.


(Norbert Schindler [CDU/CSU]: Nicht im Plural! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)


– Da können Sie schreien, wie Sie wollen, die entschei-
dende Frage lautet: Woher kommt die Ignoranz in dieser
Branche? – Ich kann Ihnen die Antwort geben: Der Grund
ist, dass diese Branche gewohnt war, dass sich die Politik
schützend vor sie stellt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das ist die Antwort auf die Frage, die hier rhetorisch ge-
stellt worden ist.

Es ist reine Höflichkeit, wenn ich von diesem Pult aus
nicht darüber spreche, welche Parolen die Vorgänger in
unserem Haus im Hinblick auf BSE und ähnliche Berei-
che ausgegeben haben. Da wurden Denkverbote ausge-
sprochen. Die Wirkung ist bis heute zu sehen, auch in der
Bundesanstalt für Fleischforschung in Kulmbach.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wann ist denn Herr Honikel eingestellt worden? Ich hatte
die große Ehre, gemeinsam mit Herrn Stoiber die Bun-
desanstalt in Kulmbach zu besuchen. Ich kann mich noch
gut daran erinnern, wie Herrn Honikel auf die Schulter
geklopft und er zu privaten Untersuchungen motiviert
wurde. Auch aus dieser Hinsicht, aufgrund des Verhaltens
von Herrn Honikel, lassen sich keine Funken schlagen,
auch wenn Sie das immer wieder versuchen.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Wie bitte? Was soll das denn?)


Meine letzte Botschaft. Wie viele andere habe ich
geglaubt, dass alle in der Branche Beteiligten Schluss-
folgerungen aus der BSE-Krise gezogen haben. Die große
Enttäuschung ist: Was die Informationspolitik und die
Tatsache anbelangt, dass wirtschaftliche Interessen nach
wie vor höher gestellt werden als der Verbraucherschutz,
sind keine Schlussfolgerungen gezogen worden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich kann uns alle nur ermahnen, daraus die nötigen
Schlussfolgerungen zu ziehen. Sie lauten:

Erstens. Wer Qualität will – das hat wieder keiner ange-
sprochen –, muss auch einen entsprechenden Preis zahlen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Die Motivation für das Anmieten der Halle in Malchin
war vermutlich, dass es sich dabei um das günstigste An-
gebot, was die Kosten anbelangt, handelte.

Zweitens. Wir müssen die Kontrollen verstärken. Aber
da besteht wiederum eine Illusion: Wir können nicht jedes
Lebensmittel auf 10 000 chemische Stoffe, die produziert
werden, prüfen. Wir müssen zu Regelungen kommen,
dass ein solcher Eintrag von Anfang an vermieden wird.

Drittens. Wir müssen dafür sorgen, dass sich das Be-
wusstsein ein Stück weit ändert. Das ist ein entscheiden-
der Punkt. Falsche Haltungen haben wieder zu diesem
Skandal geführt.

Hier ist viel zu tun. Wir sollten uns gemeinsam an-
strengen. Die Branche hat es nicht verdient, wegen der
schwarzen Schafe in der aktuellen Krise an den Pranger
gestellt zu werden. Daran sollten wir gemeinsam arbeiten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS – Norbert Schindler [CDU/CSU]: Aber du hast im Plural Vorwürfe gemacht!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1424124700
Die Aktu-
elle Stunde ist beendet.

Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tagesord-
nung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundesta-
ges auf morgen, Donnerstag, den 13. Juni 2002, 9 Uhr, ein.

Die Sitzung ist geschlossen.