Protokoll:
14211

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 14

  • date_rangeSitzungsnummer: 211

  • date_rangeDatum: 23. Januar 2002

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 13:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 17:01 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Tagesordnungspunkt 1: Befragung der Bundesregierung: Errich- tung der Kulturstiftung des Bundes . . . 20859 A Dr. Julian Nida-Rümelin, Staatsminister BK 20859 B Dr. Norbert Lammert CDU/CSU . . . . . . . . . 20860 A Dr. Julian Nida-Rümelin, Staatsminister BK 20860 B Eckhardt Barthel (Berlin) SPD . . . . . . . . . . . 20861 A Dr. Julian Nida-Rümelin, Staatsminister BK 20861 B Hartmut Koschyk CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 20861 D Dr. Julian Nida-Rümelin, Staatsminister BK 20861 D Hans-Joachim Otto (Frankfurt) FDP . . . . . . . 20862 A Dr. Julian Nida-Rümelin, Staatsminister BK 20862 B Monika Griefahn SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20863 A Dr. Julian Nida-Rümelin, Staatsminister BK 20863 B Dr. Heinrich Fink PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 20863 D Dr. Julian Nida-Rümelin, Staatsminister BK 20864 A Ernst Burgbacher FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20864 B Dr. Julian Nida-Rümelin, Staatsminister BK 20864 B Tagesordnungspunkt 2: Fragestunde (Drucksachen 14/8016, 14/8023) . . . . . . . 20864 C Bewertung der Äußerungen des tschechischen Ministerpräsidenten Milos Zeman zu den Sudetendeutschen DringlAnfr 1 Hartmut Koschyk CDU/CSU Antw StMin Dr. Christoph Zöpel AA . . . . . . . 20864 D ZusFr Hartmut Koschyk CDU/CSU . . . . . . . . 20865 A ZusFr Karl Lamers CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 20865 D ZusFr Erika Reinhardt CDU/CSU . . . . . . . . . 20866 B ZusFr Erika Steinbach CDU/CSU . . . . . . . . . . 20866 C ZusFr Ulrich Irmer FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . 20866 D ZusFr Carl-Dieter Spranger CDU/CSU . . . . . 20867 A ZusFr Hannelore Rönsch (Wiesbaden) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20867 B Auswirkungen der Äußerungen des tschechi- schen Ministerpräsidenten Milos Zeman zu den Sudetendeutschen auf die bisher erzielten Ansätze zur Verständigung DringlAnfr 2 Hartmut Koschyk CDU/CSU Antw StMin Dr. Christoph Zöpel AA . . . . . . . 20867 C ZusFr Hartmut Koschyk CDU/CSU . . . . . . . . 20867 D ZusFr Hannelore Rönsch (Wiesbaden) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20868 A ZusFr Erika Reinhardt CDU/CSU . . . . . . . . . 20868 C ZusFr Carl-Dieter Spranger CDU/CSU . . . . . 20868 D Verhandlungen zur Gründung der IT-Akade- mie in Bonn MdlAnfr 3 Norbert Hauser (Bonn) CDU/CSU Antw PStSekr Wolf-Michael Catenhusen BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20869 B ZusFr Norbert Hauser (Bonn) CDU/CSU . . . . 20869 C Plenarprotokoll 14/211 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 211. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 23. Januar 2002 I n h a l t : Verhandlungen zur Gründung der IT-Akade- mie in Bonn MdlAnfr 4 Norbert Hauser (Bonn) CDU/CSU Antw PStSekr Wolf-Michael Catenhusen BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20870 A ZusFr Norbert Hauser (Bonn) CDU/CSU . . . . 20870 B Kosten und Dauer der Informationskampagne „Familie – Deutschland“ MdlAnfr 6 Ina Lenke FDP Antw StSekr Uwe-Karsten Heye BK . . . . . . . 20870 D ZusFr Ina Lenke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20871 A Informationskampagne „Familie – Deutschland“ MdlAnfr 7 Ina Lenke FDP Antw StSekr Uwe-Karsten Heye BK . . . . . . . 20871 B ZusFr Ina Lenke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20871 C ZusFr Thomas Dörflinger CDU/CSU . . . . . . . 20872 A ZusFr Erika Reinhardt CDU/CSU . . . . . . . . . 20872 B ZusFr Dr. Barbara Höll PDS . . . . . . . . . . . . . . 20872 C ZusFr Helmut Heiderich CDU/CSU . . . . . . . . 20872 D Gespräch mit Israel über die Zerstörung von mit deutscher und europäischer Unterstützung durchgeführten Infrastrukturprojekten im Ga- zastreifen MdlAnfr 8 Ulrich Irmer FDP Antw StMin Dr. Christoph Zöpel AA . . . . . . . 20873 A ZusFr Ulrich Irmer FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . 20873 C ZusFr Heidi Lippmann PDS . . . . . . . . . . . . . . 20874 A Abzug der afghanischen Truppen aus Kabul bzw. Austausch durch die UN-Sicherheits- truppe ISAF MdlAnfr 9 Heidi Lippmann PDS Antw StMin Dr. Christoph Zöpel AA . . . . . . . 20874 B ZusFr Heidi Lippmann PDS . . . . . . . . . . . . . . 20874 C ZusFr Wolfgang Gehrcke PDS . . . . . . . . . . . . 20875 A Sanierung der Laborabteilung II (Veterinär- medizin) des Zentralen Institutes des Sanitäts- dienstes der Bundeswehr in Kronshagen MdlAnfr 11 Angelika Volquartz CDU/CSU Antw PStSekr’in Brigitte Schulte BMVg . . . . 20875 C ZusFr Angelika Volquartz CDU/CSU . . . . . . . 20875 C Bauleiterzustand der „Sanitärdienststellen Bundeswehr Kronshagen“ MdlAnfr 12 Angelika Volquartz CDU/CSU Antw PStSekr’in Brigitte Schulte BMVg . . . . 20876 A ZusFr Angelika Volquartz CDU/CSU . . . . . . . 20876 A Verlagerung eines Bundeswehrgeschwaders aus Penzing oder einem anderen Fliegerhorst nach Fürstenfeldbruck MdlAnfr 13 Gerda Hasselfeldt CDU/CSU Antw PStSekr’in Brigitte Schulte BMVg . . . . 20876 C ZusFr Gerda Hasselfeldt CDU/CSU . . . . . . . . 20876 C Sicherstellung der Finanzierung zur Beschaf- fung des militärischen Transportflugzeugs A400M MdlAnfr 14 Werner Siemann CDU/CSU Antw PStSekr’in Brigitte Schulte BMVg . . . . 20876 D ZusFr Werner Siemann CDU/CSU . . . . . . . . . 20876 D ZusFr Günther Friedrich Nolting FDP . . . . . . 20877 C ZusFr Heidi Lippmann PDS . . . . . . . . . . . . . . 20878 A ZusFr Paul Breuer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 20878 B ZusFr Dr. Klaus Rose CDU/CSU . . . . . . . . . . 20878 D ZusFr Dr. Barbara Höll PDS . . . . . . . . . . . . . . 20879 B ZusFr Hildebrecht Braun (Augsburg) FDP . . . 20879 D ZusFr Joachim Hörster CDU/CSU . . . . . . . . . 20880 B ZusFr Irmgard Karwatzki CDU/CSU . . . . . . . 20880 C ZusFr Renate Blank CDU/CSU . . . . . . . . . . . 20881 A ZusFr Jochen-Konrad Fromme CDU/CSU . . . 20881 A Zahl der Anträge von Unteroffizieren auf Übernahme in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten und Zahl der widerruflichen Verpflichtungserklärungen von Offiziersan- wärtern seit 1998 MdlAnfr 15 Werner Siemann CDU/CSU Antw PStSekr’in Brigitte Schulte BMVg . . . . 20881 B ZusFr Werner Siemann CDU/CSU . . . . . . . . . 20881 C Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 23. Januar 2002II Bearbeitung von Anträgen auf Anerkennung einer Wehrdienstbeschädigung des bei Radar- anlagen tätigen Personals MdlAnfr 16 Günther Friedrich Nolting FDP Antw PStSekr’in Brigitte Schulte BMVg . . . . 20882 B ZusFr Günther Friedrich Nolting FDP . . . . . . 20882 B ZusFr Heidi Lippmann PDS . . . . . . . . . . . . . . 20883 B ZusFr Paul Breuer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 20883 C ZusFr Hildebrecht Braun (Augsburg) FDP . . 20883 D Bearbeitung von Anträgen auf Anerkennung einer Wehrdienstbeschädigung des bei Radar- anlagen tätigen Personals MdlAnfr 17 Günther Friedrich Nolting FDP Antw PStSekr’in Brigitte Schulte BMVg . . . . 20884 C ZusFr Günther Friedrich Nolting FDP . . . . . . 20884 C Gefahren durch ABC-Waffen im Einsatzraum der Bundeswehr in Afghanistan MdlAnfr 18 Heidi Lippmann PDS Antw PStSekr’in Brigitte Schulte BMVg . . . . 20885 A ZusFr Heidi Lippmann PDS . . . . . . . . . . . . . . 20885 B Einsatz von Bundeswehrsoldaten in Kuwait MdlAnfr 19 Wolfgang Gehrcke PDS Antw PStSekr’in Brigitte Schulte BMVg . . . . 20885 C ZusFr Wolfgang Gehrcke PDS . . . . . . . . . . . . 20885 D ZusFr Günther Friedrich Nolting FDP . . . . . . 20886 C ZusFr Heidi Lippmann PDS . . . . . . . . . . . . . . 20886 D Einsatz von Bundeswehrsoldaten in Kuwait MdlAnfr 20 Wolfgang Gehrcke PDS Antw PStSekr’in Brigitte Schulte BMVg . . . . 20887 B ZusFr Wolfgang Gehrcke PDS . . . . . . . . . . . . 20887 B Aktuelle Stunde betr. Äußerungen des tschechischen Ministerpräsidenten Zeman zu den Sudetendeutschen . . . 20887 D Hartmut Koschyk CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 20887 D Gert Weisskirchen (Wiesloch) SPD . . . . . . . 20888 D Ulrich Irmer FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20889 C Dr. Antje Vollmer BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20890 C Wolfgang Gehrcke PDS . . . . . . . . . . . . . . . . 20891 D Petra Ernstberger SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 20892 D Erika Steinbach CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 20893 D Markus Meckel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20895 A Erika Reinhardt CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 20896 B Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . 20897 B Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . . . . . 20899 A Dr. Christoph Zöpel SPD . . . . . . . . . . . . . . . 20899 D Karl Lamers CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 20901 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20901 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 20903 A Anlage 2 Klärung der Frage der arbeitsrechtlichen Ein- stufung von mitarbeitenden Ehefrauen in Handwerksbetrieben MdlAnfr 1, 2 Ernst Hinsken CDU/CSU Antw PStSekr’in Ulrike Mascher BMA . . . . . 20903 D Anlage 3 Regelung der Schadensfälle bei den Radar- opfern der Bundeswehr und der NVA MdlAnfr 10 Hildebrecht Braun (Augsburg) FDP Antw PStSekr’in Brigitte Schulte BMVg . . . . 20904 C Anlage 4 Umplanung des Standortes Rotenburg im Hin- blick auf den Einzug der Division Luftbeweg- liche Operationen MdlAnfr 21, 22 Helmut Heiderich CDU/CSU Antw PStSekr’in Brigitte Schulte BMVg . . . . 20905 A Anlage 5 Nutzung der nach der Bundeswehrreform zur Auflösung vorgesehenen Standorte MdlAnfr 23, 24 Dr. Klaus Rose CDU/CSU Antw PStSekr’in Brigitte Schulte BMVg . . . . 20905 C Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 23. Januar 2002 III Anlage 6 Beginn des Erwerbs des Führerscheins mit 16 1/2 Jahren MdlAnfr 25 Wolfgang Börnsen (Bönstrup) CDU/CSU Antw PStSekr Stephan Hilsberg BMVBW . . . 20906 A Anlage 7 Aussage des Parlamentarischen Staatssekretärs beim BMVBW, Hilsberg, über das Vorliegen der Unterlagen für den Ausbau und den Lärm- schutz an der A 9 (Anschlussstelle München- Frankfurter Ring und Autobahnkreuz Mün- chen-Nord) MdlAnfr 26, 27 Johannes Singhammer CDU/CSU Antw PStSekr Stephan Hilsberg BMVBW . . . 20906 B Anlage 8 Fertigstellung der A 37 sowie der B 173 und der B 303 für den Bereich Coburg/Kronach; Finanzierung der ICE-Strecke Nürnberg–Berlin MdlAnfr 28, 29 Hans Michelbach CDU/CSU Antw PStSekr Stephan Hilsberg BMVBW . . . 20906 D Anlage 9 Unterschiedliche Behandlung bei der organisa- torischen und finanziellen Abwicklung des Grenzübertritts für Züge der DB Cargo und von privaten Eisenbahnunternehmen durch die Schweizer Zollbehörden MdlAnfr 30 Renate Blank CDU/CSU Antw PStSekr’in Dr. Barbara Hendricks BMF 20907 B Anlage 10 Anerkennung einer Ausgleichspflicht des Bun- des für die künftige Finanzierung von Nahver- kehrsleistungen als Ersatz für die entfallenen Interregio-Fernverkehrsverbindungen im Ge- setzentwurf zur Änderung des Regionalisie- rungsgesetzes (RegG) MdlAnfr 31, 32 PeterWeiß (Emmendingen) CDU/CSU Antw PStSekr’in Dr. Barbara Hendricks BMF 20907 C Anlage 11 Art der ausschließlich von der Deutschen Post erbrachten Dienstleistungen, umsatzsteuerli- che Auswirkungen; Umsatzsteuerpflicht bei Briefsendungen unter 200 Gramm MdlAnfr 33, 34 Klaus-PeterWillsch CDU/CSU Antw PStSekr’in Dr. Barbara Hendricks BMF 20908 A Anlage 12 Umsatzsteuerpflicht bei Briefsendungen über 200 Gramm MdlAnfr 35 Gerda Hasselfeldt CDU/CSU Antw PStSekr’in Dr. Barbara Hendricks BMF 20908 B Anlage 13 Begriff des Steuergeheimnisses MdlAnfr 36, 37 Heinz Seiffert CDU/CSU Antw PStSekr’in Dr. Barbara Hendricks BMF 20908 C Anlage 14 Umfang der EU-Fördermittel für die deutschen Regionen an der Grenze zu den östlichen Bei- trittsländern; eventuelle neue Programme MdlAnfr 38, 39 Klaus Hofbauer CDU/CSU Antw PStSekr Siegmar Mosdorf BMWi . . . . . 20909 A Anlage 15 Verloren gegangene Postsendungen bei der Deutschen Post AG in den Jahren 1998 bis 2001 MdlAnfr 40 Martin Hohmann CDU/CSU Antw PStSekr Siegmar Mosdorf BMWi . . . . . 20909 C Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 23. Januar 2002IV Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 23. Januar 2002
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    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 23. Januar 2002 20901 (C) (D) (A) (B) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 23. Januar 2002 20903 (C) (D) (A) (B) Balt, Monika PDS 23.01.2002 Behrendt, Wolfgang SPD 23.01.2002* Bierwirth, Petra SPD 23.01.2002 Bindig, Rudolf SPD 23.01.2002* Brandt-Elsweier, Anni SPD 23.01.2002 Bühler (Bruchsal), CDU/CSU 23.01.2002* Klaus Büttner (Ingolstadt), SPD 23.01.2002 Hans Caspers-Merk, Marion SPD 23.01.2002 Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 90/ 23.01.2002 DIE GRÜNEN Friedrich (Altenburg), SPD 23.01.2002 Peter Fuchs (Köln), Anke SPD 23.01.2002 Gradistanac, Renate SPD 23.01.2002 Günther (Duisburg), CDU/CSU 23.01.2002* Horst Haack (Extertal), SPD 23.01.2002 Karl-Hermann Heyne, Kristin BÜNDNIS 90/ 23.01.2002 DIE GRÜNEN Dr. Hornhues, CDU/CSU 23.01.2002 Karl-Heinz Hornung, Siegfried CDU/CSU 23.01.2002* Imhof, Barbara SPD 23.01.2002 Jäger, Renate SPD 23.01.2002* Jünger, Sabine PDS 23.01.2002 Klappert, Marianne SPD 23.01.2002 Dr. Küster, Uwe SPD 23.01.2002 Leidinger, Robert SPD 23.01.2002 Lintner, Eduard CDU/CSU 23.01.2002* Dr. Lippelt, Helmut BÜNDNIS 90/ 23.01.2002* DIE GRÜNEN Lörcher, Christa fraktionslos 23.01.2002* Dr. Lucyga, Christine SPD 23.01.2002* Michels, Meinolf CDU/CSU 23.01.2002* Neumann (Gotha), SPD 23.01.2002* Gerhard Onur, Leyla SPD 23.01.2002* Palis, Kurt SPD 23.01.2002* Roos, Gudrun SPD 23.01.2002 Schloten, Dieter SPD 23.01.2002* von Schmude, Michael CDU/CSU 23.01.2002 Dr. Schubert, Mathias SPD 23.01.2002 Schultz (Everswinkel), SPD 23.01.2002 Reinhard Dr. Schwarz-Schilling, CDU/CSU 23.01.2002 Christian Seehofer, Horst CDU/CSU 23.01.2002 Simm, Erika SPD 23.01.2002 Simmert, Christian BÜNDNIS 90/ 23.01.2002 DIE GRÜNEN Strebl, Matthäus CDU/CSU 23.01.2002 Welt, Jochen SPD 23.01.2002 Dr. Wieczorek, SPD 23.01.2002 Norbert Wieczorek-Zeul, SPD 23.01.2002 Heidemarie Zierer, Benno CDU/CSU 23.01.2002* * für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates Anlage 2 Antwort der Parl. Staatssekretärin Ulrike Mascher auf die Fragen des Abgeordneten Ernst Hinsken (CDU/CSU) (Drucksa- che 14/8016, Fragen 1 und 2): Treffen Informationen zu, dass die Einstufung von mitarbei- tenden Ehefrauen in Handwerksbetrieben als „Mitunternehmerin- nen“ durch die Arbeitsämter im Falle des Konkurses dieser Be- triebe häufig nicht aufgehoben und deshalb auch nicht gezahlt wird (vergleiche handwerk magazin 1/2002), und treffen weiter- hin Informationen zu, wonach dies auch darauf zurückzuführen ist, dass sich zwei zuständige Abteilungen im Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung nicht auf eine sachgerechte Lösung dieses Problems einigen können? entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Was unternimmt die Bundesregierung, um Unklarheiten in dieser Frage im Sozialgesetzbuch durch eine Gesetzesänderung oder durch Ausführungsbestimmungen zu beseitigen, da diese Frauen als Angestellte Arbeitslosen- und Rentenversicherungs- beiträge bezahlen und die Krankenkassen diese als abhängig Be- schäftigte eingestuft haben? Zu Frage 1: Über Ansprüche auf Leistungen nach dem Recht der Ar- beitsförderung entscheidet die Arbeitsverwaltung in eige- ner Zuständigkeit. Für Personen, die zuletzt im Betrieb ihres Ehegatten mitgearbeitet haben, gelten dabei die glei- chen Regelungen und Voraussetzungen wie für alle übrigen Beschäftigten. Danach setzt ein Anspruch auf Entgelt- ersatzleistungen im Fall der Arbeitslosigkeit bei Insolvenz oder Betriebsaufgabe unter anderem voraus, dass der Be- treffende als Arbeitnehmer versicherungspflichtig war. Über die Versicherungspflicht in den Zweigen der So- zialversicherung entscheiden die Sozialversicherungsträ- ger in eigener Rechtsanwendung und Rechtsauslegung und sind dabei an Entscheidungen des Bundesministe- riums für Arbeit und Sozialordnung oder anderer Stellen nicht gebunden. Um eine einheitliche versicherungsrecht- liche Beurteilung der hier angesprochenen Sachverhalte zu gewährleisten, haben sich die Spitzenorganisationen der Sozialversicherungsträger in einer gemeinsamen Verlautbarung vom 30. Mai 2000 auf einheitliche Krite- rien zur Beurteilung der Arbeitnehmereigenschaft der Be- troffenen verständigt. Sie haben hierzu auch einen ent- sprechenden Fragebogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung der Beschäftigung von Angehörigen ent- wickelt. Die getroffenen Regelungen sind sachgerecht und stehen im Einklang mit der Rechtsauffassung des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung. Von divergierenden Rechtsauffassungen verschiedener Abtei- lungen des Ministeriums als Ursache für eine nicht ein- heitliche Entscheidung der Sozialversicherungsträger kann deshalb keine Rede sein. Zu Frage 2: Die gemeinsamen Regelungen der Spitzenorganisa- tionen der Sozialversicherungsträger, insbesondere der einheitliche Fragebogen, sollen gerade Unklarheiten zur Versicherungspflicht und divergierende Entscheidungen einzelner Träger vermeiden. Dies setzt allerdings voraus, dass die Einzugsstellen bei Anmeldung zur Sozialversi- cherung oder bei der Betriebsprüfung erkennen können, dass es sich um eine Beschäftigung von Angehörigen han- delt. In einem Massenverfahren, wie der Meldung zur So- zialversicherung, ist dies aber nur möglich, wenn der Arbeitgeber auf einen solchen Sachverhalt hinweist, da- mit eine entsprechende versicherungsrechtliche Prüfung erfolgen kann. Um – über die vorstehenden Regelungen hinaus – den Ehegattenbeschäftigten eine weitestgehende Rechtssicherheit zur Versicherungspflicht, vor allem aber zum Anspruch auf Leistungen im Fall der späteren Ar- beitslosigkeit zu geben, hat bereits die frühere Regie- rungskoalition in § 336 des Dritten Buches Sozialgesetz- buch eine Regelung getroffen: Danach haben die Betroffenen die Möglichkeit, auf Antrag bei der zuständi- gen Einzugsstelle eine Erklärung des Arbeitsamtes darüber zu erlangen, ob dieses der festgestellten Versicherungs- pflicht zustimmt. Bei einer Zustimmung ist das Arbeitsamt fünf Jahre lang auch leistungsrechtlich an diese Entschei- dung gebunden. Nach Ablauf der Frist kann die Erklärung jeweils für weitere fünf Jahr beantragt werden. Es mangelt deshalb nicht an klaren Regelungen, sondern offenbar an einer sachgerechten Information der Betroffe- nen. Wenn Informationsdefizite vorliegen, sollten diese so schnell wie möglich beseitigt werden, damit die Betroffe- nen von ihren rechtlichen Möglichkeiten Gebrauch machen könnten. Nach meiner Kenntnis sind die Handwerkerver- bände hierzu bereits im intensiven Gespräch mit der Bun- desanstalt für Arbeit. Im Übrigen sind der Bundesanstalt für Arbeit auf Nachfrage keine konkreten Leistungsfälle der von Ihnen angesprochenen Art bekannt. Sofern Sie mir nähere Einzelheiten und Daten mitteilen, bin ich natürlich gerne bereit, den Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit zu bitten, den Einzelfällen nachzugehen. Anlage 3 Antwort der Parl. Staatssekretärin Brigitte Schulte auf die Frage des Abgeordneten Hildebrecht Braun (Augsburg) (FDP) (Drucksache 14/8016, Frage 10): Ist die Bundesregierung bereit, entsprechend den klaren Ankündi- gungen des Bundesministers der Verteidigung, Rudolf Scharping, eine großzügige Regelung der Schadensfälle bei den Radaropfern der Bun- deswehr und der Nationalen Volksarmee vorzunehmen und hierbei ins- besondere entsprechend meiner wiederholten Bitte von einer Umkeh- rung der Beweislast zugunsten der Antragsteller auszugehen? Die Bundesregierung prüft bereits entsprechend der Aussage des Bundesministers der Verteidigung, Fälle von Soldaten und zivilen Mitarbeitern von Radareinrichtun- gen, die Gesundheitsbeeinträchtigungen geltend machen. Sie ist dabei an bestehende Gesetze gebunden und hat des- halb im Einzelfall zu prüfen, ob ein Zusammenhang zwi- schen der Tätigkeit und der Erkrankung besteht. Im Rahmen der Sachverhaltsermittlung werden die Antragsteller befragt, die Personalunterlagen hinsicht- lich der Verwendungen gesichtet und private bzw. dienst- liche Krankenunterlagen eingeholt. Dies erfolgt in für Radarangelegenheiten speziell eingerichteten Arbeits- gruppen. Parallel dazu ermittel die von Bundesminister Scharping eingesetzte Arbeitsgruppe „Aufklärung der Arbeitsplatzverhältnisse Radar“ durch technische Exper- ten unter Einbindung des TÜV, der zuständigen Berufs- genossenschaft und des Bundes zur Unterstützung Ra- dargeschädigter die tatsächlichen Arbeitsbedingungen an Radargeräten der Bundeswehr und NVA. Die für die Prüfung der Arbeitsplatzverhältnisse zuständige Arbeits- gruppe legt bezogen auf die Tätigkeit und das Radargerät zugunsten der jeweiligen Antragsteller Extremwerte zu- grunde: Von den Messergebnissen und dokumentierten Werten werden nicht die Durchschnittswerte, sondern die plausi- blen Extremwerte als permanente Exposition angenom- men. Nicht die für die Tätigkeit durchschnittlichen Ab- ständige zum Störstrahler, sondern die nach den Angaben der Betroffenen größte Nähe als ständige Arbeitsdistanz werden der Bemessung zugrunde gelegt. Die Anzahl von Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 23. Januar 200220904 (C) (D) (A) (B) Jahresarbeitsstunden bei Expositionen und in äußerster Nähe zum Störstrahler wird berücksichtigt, die den höchs- ten Angaben der Betroffenen entsprechen. Diese Maximalwerte werden bei der Berechnung der gesetzlich vorgeschriebenen individuellen Körperdosis zugrunde gelegt, die Grundlage der versorgungsmedizini- schen Begutachtung ist. In den Verfahren muss somit die Beweislast nicht mehr thematisiert werden. Die Ein- führung einer Beweislastumkehr wäre nur durch ein Son- dergesetz möglich. Dies ist jedoch mit dem Gleichheits- grundsatz unvereinbar. Ein Verzicht auf den generellen und individuellen Kausalnachweis zöge vergleichbare Forderungen anderer Personengruppen im Bereich des sozialen Entschädigungsrechts nach sich. Anlage 4 Antwort der Parl. Staatssekretärin Brigitte Schulte auf die Fragen des Abgeordneten Helmut Heiderich (CDU/CSU) (Drucksache 14/8016, Fragen 21 und 22): Welche Finanzmittel hat die Bundesregierung bisher bereitge- stellt bzw. vor dem Hintergrund des Ressortkonzeptes des Bundes- ministers der Verteidigung, Rudolf Scharping, die Division Luftbe- wegliche Operationen von Veitshöchheim nach Rotenburg zu verlegen, „sobald dort die erforderliche Infrastruktur geschaffen worden ist“, konkret in die Haushalts- und Finanzplanung des Bun- des eingestellt, um die notwendigen Planungs- und Baumaßnahmen rechtzeitig zum Abzug des bisherigen Panzergrenadierbataillons 52 fertig gestellt zu haben und auf diese Weise den nahtlosen Übergang der Standortnutzung ohne Leerstandszeiten zu garantieren? An welche Planungsstellen bzw. Planungsbüros hat die Bun- desregierung bisher Aufträge zur vollständigen Umplanung des Standortes Rotenburg des bisherigen Panzergrenadierbataillon 52 im Hinblick auf den Einzug der Division Luftbewegliche Operatio- nen Ende 2004 vergeben, und zu welchen Zeitpunkten werden die einzelnen Aufträge soweit abgeschlossen sein, dass die jeweiligen Baumaßnahmen ausgeschrieben bzw. vergeben werden können? Zu Frage 21: Bisher wurden noch keine Haushaltsmittel für die Sta- tionierung Kommando Division Luftbewegliche Opera- tionen in Rotenburg a. d. Fulda bereitgestellt. Das Kom- mando der Division Luftbewegliche Operationen wird ab 1. Juli 2002 in Veitshöchheim aufgestellt. Die Durch- führungsplanung für die Herrichtung der Infrastruktur zur Aufnahme des Kommandos Division Luftbewegliche Operationen in Rotenburg sieht einen Baubeginn im Jahre 2004 vor, wenn das Panzergrenadierbataillon 52 in Ro- tenburg an der Fulda aufgelöst wird. Zu Frage 22: Erste Untersuchungen zur Unterbringung des Komman- dos Division Luftbewegliche Operationen wurden im Jahr 2001 durch das Heeresführungskommando und den Infra- strukturstab Süd durchgeführt. Mit Schreiben vom 20. De- zember 2001 hat die Wehrbereichsverwaltung IV in Wies- baden die Oberfinanzdirektion Frankfurt gebeten, eine Untersuchung über Art und Umfang der zur Realisierung erforderlichen Baumaßnahmen und eine Kostenschätzung für das Vorhaben zu veranlassen. Mitte 2002 soll die Ent- scheidungsunterlage für den Bau fertig gestellt sein, Ende 2002 soll das Planungsersuchen an die Oberfinanzdirektion Frankfurt erfolgen. Mit den Ausschreibungen soll in der zweiten Hälfte des Jahres 2003 begonnen werden. Anlage 5 Antwort der Parl. Staatssekretärin Brigitte Schulte auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Klaus Rose (CDU/CSU) (Druck- sache 14/8016, Fragen 23 und 24): Hat die Bundesregierung ein Konzept entwickelt, ob die zur Auflösung nach der jüngsten Bundeswehrreform vorgesehenen Standorte einer vorgeschriebenen neuen Nutzung zugeführt wer- den oder ob sie der freien Verfügung der Meistbieter überlassen bleiben? Ab welchem Zeitpunkt können bei völlig aufzulösenden Stand- orten öffentliche oder private Grundstücksinteressenten sinnvol- lerweise mit ernsthaften Nutzungsplanungen beginnen? Zu Frage 23: Die Bundesregierung wird die Liegenschaften in den aufzugebenden Standorten so schnell wie möglich einer neuen Nutzung zuführen. Das seit vielen Jahren bewährte Konversionsverfahren beginnt mit der Prüfung, ob für die aufzugebende Liegenschaft eine Bedarfsanmeldung einer anderen Bundeswehrverwaltung vorliegt. Ist das nicht der Fall, wird geprüft, ob Rückübertragungsansprüche der vorherigen Grundstückseigentümer bestehen, z. B. wenn die Grundstücke oder Teile ursprünglich davon für Zwecke der Landesverteidigung enteignet wurden. Liegt das Grundstück im Bereich der neuen Länder, sind ver- mögensrechtliche Ansprüche oder Restitutionsansprüche Dritter zu prüfen. Bestehen weder anderweitiger Bundes- bedarf noch die zuvor genannten Ansprüche, kann die Verwertung der Liegenschaft beginnen. Dabei können eventuelle Erwerbsabsichten des Landes oder der Kom- mune zur unmittelbaren Durchführung der ihnen oblie- genden Aufgaben vorrangig berücksichtigt werden. In enger Zusammenarbeit mit der Kommune und ge- gebenenfalls unter Einbeziehung eines Investors werden baurechtlich zulässige Nutzungsalternativen gesucht. Der Bund leistet hierbei Unterstützung, im Bedarfsfall auch durch die Finanzierung von Machbarkeitsstudien zur Un- tersuchung künftiger Nutzungsmöglichkeiten. Mit diesen Überlegungen wird in der Regel bereits vor tatsächlicher Freigabe der Liegenschaft begonnen, um eine zügige An- schlussnutzung auch im Interesse der wirtschaftlichen Entwicklung der Region zu erreichen. Wenn Einverneh- men mit der Kommune über die künftige Nutzung erzielt ist, wird die Liegenschaft auf dem freien Grundstücks- markt – in der Regel durch öffentliche Ausschreibung – zum Verkauf angeboten. Der Erwerber hat sich nach der von der Kommune als Planungsträgerin vorgegebenen Nutzungsmöglichkeit zu richten. Zu Frage 24: Mit dem Ressortkonzept Stationierung vom 16. Fe- bruar 2001 hat das Bundesministerium der Verteidigung umfassend über die geplanten Standortschließungen in- formiert. Auf dieser Grundlage wurden vor rund einem Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 23. Januar 2002 20905 (C) (D) (A) (B) halben Jahr die zur Abgabe vorgesehenen Liegenschaften in Listenform den Landesregierungen bekannt gegeben. Die Veröffentlichung der Freigabelisten durch das Bundesministerium der Verteidigung im Sommer des letzten Jahres diente auch dazu, die Kommunen frühzei- tig zu entsprechenden Planungen zu veranlassen. Für eine erfolgreiche Verwertung ist es wichtig, dass so schnell wie möglich Klarheit über die künftig zulässige Nutzung be- steht. Sie ist gleichzeitig ein wesentlicher Faktor für die Ermittlung des Verkaufspreises. Mit ihrer Informations- politik schafft die Bundesregierung gute Voraussetzungen dafür, dass die Landesregierung, die Kommunen und auch private Kaufinteressenten schon jetzt mit Nutzungsüber- legungen beginnen können. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Stephan Hilsberg auf die Frage des Abgeordneten Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/ CSU) (Drucksache 14/8016, Frage 25): Teilt die Bundesregierung die Auffassung von einigen Bun- desländern, dass es richtig und der Verbesserung der Verkehrssi- cherheit angemessen ist, wenn in Zukunft auch Jugendliche mit 161/2 Jahren mit dem Erwerb des Führerscheins beginnen können,um sich somit mit 17 Jahren in Begleitung Erwachsener als Auto- fahrer am Straßenverkehr beteiligen zu können, zumal Verkehrs- experten vor einem solchen Versuch dringend warnen, weil weder eine wirkliche Kontrolle beim begleitenden Fahrer möglich, noch die Verantwortung der Beifahrer bei einem Unfall geklärt sei, und welche Gründe hat die Bundesregierung für diese Haltung? Die fachlichen Grundlagen für eine abschließende Be- urteilung des von einigen Ländern vorgeschlagenen Mo- dellversuches, in Anlehnung an ähnliche Modelle im Aus- land, liegen zurzeit noch nicht vor. Die Bundesregierung hat die Bundesanstalt für Straßenwesen beauftragt, die in- ternationalen Erfahrungen mit den verschiedenen Ansät- zen und Modellen zur Absenkung des Unfallrisikos jun- ger Fahranfänger auszuwerten. Erst auf der Basis dieser Auswertung können Vorschläge für entsprechende Mo- dellversuche entwickelt werden. Um das Unfallrisiko jun- ger Fahranfänger zu reduzieren, ist es wichtig, dass bei den Fahranfängern eine verantwortungsbewusstere Ein- stellung im Straßenverkehr erreicht wird. Deshalb ist vor- gesehen, den Ländern durch eine Verordnung des Bun- desministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen die Durchführung von Modellversuchen zur Erprobung einer freiwilligen zweiten Ausbildungsphase zu ermögli- chen. Als Anreiz für eine freiwillige Teilnahme soll die Verkürzung der Probezeit auf ein Jahr nach erfolgreichen Abschluss dieser zweiten Ausbildungsphase dienen. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Stephan Hilsberg auf die Fragen des Abgeordneten Johannes Singhammer (CDU/CSU) (Drucksache 14/8016, Fragen 26 und 27): Was hat den Parlamentarischen Staatssekretär beim Bundesmi- nister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Stephan Hilsberg, veranlasst, auf meine Frage 22 in der Fragestunde am 12. Dezem- ber 2001 (Plenarprotokoll 14/207, S. 20483 B), ob die Planungs- unterlagen der Bayerischen Staatsregierung für den Ausbau und den Lärmschutz an der Bundesautobahn A9 zwischen der An- schlussstelle München-Frankfurter Ring und dem Autobahnkreuz München-Nord in seinem Hause vorliegen würden, im Plenum des Deutschen Bundestages den Abgeordneten zu antworten, dass die Unterlagen in der Tat noch nicht vorlägen, obwohl das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (BMVBW) dem entsprechenden in Rede stehenden Vorentwurf der Obersten Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern mit Datum vom 17. Dezember 2001 grundsätzlich zuge- stimmt hat und somit die Planungsunterlagen zum Zeitpunkt der Fragestunde am 12. Dezember 2001 entgegen den Aussagen des Parlamentarischen Staatssekretärs, Stephan Hilsberg, dem BMVBW bekannt gewesen sein müssten? Wie beurteilt die Bundesregierung die Schlussfolgerung, dass der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Ver- kehr, Bau- und Wohnungswesen, Stephan Hilsberg, in der Frage- stunde am 12. Dezember 2001 insoweit eine unrichtige Aussage gemacht hat? Zu Frage 26: In meiner Antwort auf die am 12. Dezember 2001 ge- stellte Frage nach dem Vorliegen der Projektunterlagen genannten Bezugsschreiben vom 26. November 2001 sind die im Zusammenhang mit dem Neubau des Stadions in Fröttmaning erforderlichen neu- und auszubauenden Anschlüsse an den Nordring (A 99) und an die Stadtein- fahrt München (A 9) sowie der sechsstreifige Ausbau die- ser Stadteinfahrt angesprochen. Tatsächlich lagen dem Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (BMVBW) zum Zeitpunkt der Fragestunde am 12. Dezember 2001 Projektunterlagen für den sechsstreifigen Ausbau der Stadteinfahrt München zwischen dem Kreuz München-Nord und dem Anschluss Frankfurter Ring vor, nicht jedoch die für den Neubau des Anschlusses an den Nordring und auch nicht die für den Umbau der innerhalb des sechsstreifig auszubauenden Abschnittes der A 9 gelegenen Anschlussstelle Fröttma- ning. In meiner Antwort habe ich diese Differenzierung nicht vorgenommen. Zu Frage 27: Die Bundesregierung bedauert die möglicherweise missverständliche Antwort vom 12. Dezember 2001 und begrüßt die Möglichkeit zur Klarstellung des Sachverhal- tes im Deutschen Bundestag. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Stephan Hilsberg auf die Fragen des Abgeordneten Hans Michelbach (CDU/CSU) (Drucksache 14/8016, Fragen 28 und 29): Wann werden die Bundesautobahn A73, die Bundesstraßen B173 und B 303 für den Bereich Coburg-Kronach fertig gestellt, und warum ist die Fertigstellung bisher noch nicht erfolgt? Wann wird eine Finanzierungsentscheidung zur ICE-Strecke Nürnberg–Berlin gefällt werden? Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 23. Januar 200220906 (C) (D) (A) (B) Zu Frage 28: Die einzelnen Abschnitte der angesprochenen vor- dringlichen Gesamtprojekte mit einem Kostenvolumen von rund 450 Millionen Euro weisen entsprechend ihrer Zugehörigkeit zum Ende 2000 abgelaufenen Fünfjahres- plan bzw. zu den neu beschlossenen Programmen unter- schiedliche Planungs- und Baustände auf. Zu Frage 29: Die Bundesregierung hält unverändert an der vollständi- gen Realisierung der Verkehrsprojekte „Deutsche Einheit“ (VDE) Nr. 8, ICE-Strecke Nürnberg–Berlin, fest. Zur Si- cherung des Baurechts, das bereits für die Mehrzahl der Ab- schnitte verlängert wurde, wird rechtzeitig vor Ablauf des Baurechts in einzelnen Abschnitten mit dem Bau begon- nen. Weiterhin werden bei Zusammenhangsmaßnahmen mit Dritten, so unter anderem mit den Bundesautobahnen (BAB) A38 und A73, nach erfolgter Antragstellung die Fi- nanzierungsanteile der Deutschen Bahn AG bereitgestellt. Die Frage nach dem Zeitpunkt der Fertigstellung bei- der Projekte kann derzeit nicht beantwortet werden. Der Weiterbau des VDE Nr. 8.1 und Nr. 8.2, Nürnberg–Erfurt und Erfurt–Leipzig/Halle, hängt auch von den dem Bund zur Verfügung stehenden Finanzmitteln für die Verkehrs- infrastruktur ab. Das durch die Entscheidungen der jetzi- gen Bundesregierung erreichte hohe Investitionsniveau wird gehalten werden können, wenn der Bund zusätzliche Einnahmen für die Verkehrsinfrastruktur erzielt. Anlage 9 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks auf die Frage der Abgeordneten Renate Blank (CDU/CSU) (Drucksache 14/8016, Frage 30): Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass es beim grenzüberschreitenden Bahngüterverkehr zwischen Deutschland und der Schweiz unterschiedliche Behandlungsformen bei der or- ganisatorischen und finanziellen Abwicklung des Grenzübertritts für Züge der DB Cargo einerseits und von privaten Eisenbahnun- ternehmen andererseits durch die Schweizer Zollbehörden gibt, und wenn ja, wie bewertet sie diesen Vorgang? Es ist richtig, dass unterschiedliche zollrechtliche Ver- sandverfahren angewendet werden, wenn Waren im grenzüberschreitenden Schienenverkehr durch eine „Alt- bahn“ (zum Beispiel Schweizer SBB oder Deutsche Bahn) oder ein privates Eisenbahnverkehrsunternehmen befördert werden. Dies gilt nicht nur für die Schweiz, son- dern auch für die anderen EFTA-Länder und die so ge- nannten Visegradländer (Polen, Slowakische Republik, Tschechische Republik und Ungarn). Bahnen, die im Internationalen Eisenbahnverband (UIC) eine zentrale Abrechnung und einen Haftungsver- bund vereinbart haben, können anstelle des Regel-Ver- sandverfahrens ein so genanntes vereinfachtes Eisen- bahnverfahren nutzen. Diese „Altbahnen“ verfügen über ein System, anhand dessen der Zoll feststellen kann, ob das Versandverfahren ordnungsgemäß abgewickelt wor- den ist oder in welchem Land es gegebenenfalls eine Un- regelmäßigkeit gegeben hat. Außerdem zahlt die „Alt- bahn“ des Landes, in dem eine Abgabenschuld entstanden ist, die Abgaben, auch wenn sie nicht selbst Schuldner ist. Deshalb wird in dem vereinfachten Eisenbahnverfahren insbesondere auf die Abgabe eines Grenzübergangs- scheins bei der jeweiligen Eingangszollstelle und auf eine Sicherheitsleistung für den auf dem Spiel stehenden Ab- gabenbetrag verzichtet. Private Eisenbahnverkehrsunter- nehmen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, müs- sen das Regel-Versandverfahren anwenden. Damit der Schienenverkehr an den Grenzen der Mitgliedstaaten mit den EFTA- und Visegradländern und zwischen diesen Ländern nicht zur zollrechtlichen Behandlung anhalten muss, können die beteiligten Verwaltungen mit Einver- ständnis der EU-Kommission bi- oder multilateral ver- einbaren, auf die Abgabe des Grenzübergangsscheins zu verzichten, wenn bestimmte Regeln eingehalten werden. Anlage 10 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks auf die Fragen des Abgeordneten Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) (Drucksache 14/8016, Fragen 31 und 32): Trifft es zu, dass die Bundesregierung in dem Entwurf des Ers- ten Gesetzes zur Änderung des Regionalisierungsgesetzes (RegG) grundsätzlich eine Ausgleichspflicht des Bundes für die künftige Finanzierung von Nahverkehrsleistungen als Ersatz für die entfal- lenen Interregio-Fernverkehrsverbindungen in Höhe von rund 102 Millionen Euro anerkennt? Warum sieht dann die Bundesregierung den notwendigen Aus- gleich für die entfallenen Interregio-Verbindungen in dem Angebot einer künftigen Höhe der Regionalisierungsmittel von 6,549 Milliarden Euro ohne Dynamisierung enthalten, wenn diese Summe doch bereits eine faktische Kürzung gegenüber dem Jahr 2000 bedeutet? Zu Frage 31: Nein. Die Bundesregierung bereitet derzeit ihre Mei- nungsbildung über die vom Regionalisierungsgesetz selbst verlangte Revision vor. Ein Gesetzentwurf der Bun- desregierung liegt noch nicht vor; eine Ausgleichspflicht des Bundes für die Finanzierung von Nahverkehrsleistun- gen als Ersatz für die entfallenden Interregio-Fernver- kehrsverbindungen in Höhe von rund 102 Millionen Euro besteht nicht. Zu Frage 32: Die Bundesregierung hat weder ein Angebot für Regio- nalisierungsmittel in Höhe von 6,549 Milliarden Euro un- terbreitet noch einen – entsprechend meiner Antwort auf die Frage 31 – Ausgleich für entfallende Interregio-Verbin- dungen in Aussicht gestellt. Die Regionalisierungsmittel sinken von 6,6 Milliarden Euro im Jahre 2000 auf 6,5 Mil- liarden Euro im Jahr 2001. Dies beruht allein auf dem Voll- zug geltenden Rechts, denn die den Ländern vom Bund zu- fließenden Regionalisierungsmittel sind keine Festbeträge: Nach dem Regionalisierungsgesetz ändert sich ab 1998 der Basisbetrag von 12 Milliarden DM „entsprechend dem Wachstum der Steuern vom Umsatz“. Da sich in 2001 das Umsatzsteueraufkommen schwächer als 2000 entwickelt hat, führt dies zu einer Ermäßigung der Regionalisierungs- mittel. Die unterschiedliche Behandlung folgt aus der Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 23. Januar 2002 20907 (C) (D) (A) (B) Notwendigkeit, den Abgabenanspruch zu sichern und aus dem Umstand, dass eine zentrale Kontrolle nur bei den „Altbahnen“, nicht aber den Eisenbahnverkehrsunterneh- men möglich ist. Sie ist deshalb gerechtfertigt. Anlage 11 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks auf die Fragen des Abgeordneten Klaus-Peter Willsch (CDU/ CSU) (Drucksache 14/8016, Fragen 33 und 34): Welche Postdienstleistungen werden derzeit ausschließlich von der Deutschen Post AG erbracht, und hat dies umsatzsteuer- liche Auswirkungen oder Rückwirkungen? Ist die Beförderung von Briefsendungen, deren Einzelgewicht weniger als 200 Gramm beträgt, umsatzsteuerpflichtig? Zu Frage 33: Der Deutschen Post AG steht das ausschließliche Recht zu, Briefsendungen und adressierte Kataloge, deren Einzelgewicht weniger als 200 Gramm und deren Einzel- preis bis zum Fünffachen des am 31. Dezember 1997 gel- tenden Preises für entsprechende Postsendungen der un- tersten Gewichtsklasse (bis 5,50 DM/2,80 Euro) beträgt, gewerbsmäßig zu befördern. Nicht berührt hiervon sind insbesondere die Beförderung inhaltsgleicher Sendungen von mehr als 50 Gramm, von denen der Absender eine Mindestzahl von 50 Stück einliefert, Dokumentenaus- tauschdienste sowie Dienstleistungen, die von Universal- dienstleistungen trennbar sind, besondere Leistungsmerk- male aufweisen und qualitativ höherwertig sind. Hieraus ergeben sich in der Tat umsatzsteuerliche Auswirkungen oder Rückwirkungen. Zu Frage 34: Die Beförderung von Briefsendungen, deren Einzelge- wicht weniger als 200 Gramm beträgt, durch die Deutsche Post AG ist nach allgemeiner Auffassung gemäß § 4 Nr. 11 b Umsatzsteuergesetz umsatzsteuerfrei, wenn diese zu den Briefsendungen gehören, für deren Beförderung der Deutschen Post AG das ausschließliche Recht zur ge- werbsmäßigen Beförderung zusteht. Anlage 12 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks auf die Frage der Abgeordneten Gerda Hasselfeldt (CDU/CSU) (Drucksache 14/8016, Frage 35): Ist die Beförderung von Briefsendungen, deren Einzelgewicht mehr als 200 Gramm beträgt, umsatzsteuerpflichtig? Die Beförderung von Briefsendungen, deren Einzel- gewicht mehr als 200 Gramm beträgt, durch andere Unternehmer als die Deutsche Post AG ist umsatzsteuer- pflichtig. Die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 11 b Umsatz- steuergesetz gilt ausdrücklich nur für Leistungen der Deutschen Post AG. Die Beförderung von Briefsendun- gen, deren Einzelgewicht mehr als 200 Gramm beträgt, durch die Deutsche Post AG ist nach allgemeiner Auffas- sung umsatzsteuerpflichtig. Zu der Frage, ob die Beförde- rung von Briefsendungen, deren Einzelgewicht mehr als 200 Gramm und bis zu 2 000 Gramm beträgt, durch die Deutsche Post AG umsatzsteuerpflichtig ist, gibt es un- terschiedliche Auffassungen. Anlage 13 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks auf die Fragen des Abgeordneten Heinz Seiffert (CDU/CSU) (Drucksache 14/8016, Fragen 36 und 37): Ist der Bundesregierung die höchstrichterliche Rechtspre-chung bekannt, wonach vom Steuergeheimnis nur „Verhältnisseeines anderen“ erfasst werden, die im Rahmen eines Steuerver-fahrens bekannt geworden sind? Inwiefern kann das Steuergeheimnis aus § 30 Abgabenord-nung (AO) durch Auskünfte über gesetzlich vorgesehene Steuer-befreiungen ihrer Art und Abgrenzung nach berührt sein, wenndiese Abgrenzung bereits im Gesetz steht und lediglich noch derkonkreten Auslegung bedarf? Zu Frage 36: Bereits nach dem Wortlaut des § 30 Abs. 2 Abgaben- ordnung fallen unter den Schutz des Steuergeheimnisses die Verhältnisse eines anderen, nicht aber verwaltungsin- terne Vorgänge. Soweit allerdings verwaltungsinterne Vorgänge Rückschlüsse auf Verhältnisse des Steuer- pflichtigen oder einer anderen Person zulassen, und sei es auch nur mittelbar, würde die Offenbarung dieser Vor- gänge einer Offenbarung der Verhältnisse des Steuer- pflichtigen gleichkommen, die § 30 Abgabenordnung ge- rade verhindern soll. Daher sind auch Auskünfte nach § 30 Abgabenordnung unzulässig, wenn klar ist, auf wel- chen Steuerpflichtigen sich die Vorschrift bezieht, da jede Aussage zur Auslegung der Vorschrift, jedenfalls wenn es mehrere vertretbare Auslegungen gibt, einen Rückschluss auf die steuerliche Behandlung eines konkreten Einzel- falles zulassen würde. So liegen die Dinge hier. Da der Steuerpflichtige – die Deutsche Post AG – kraft Gesetzes offenkundig ist, würde die Beantwortung der Frage, wie das für die Besteuerung der Deutschen Post AG letztlich zuständige Bundesminis- terium der Finanzen (Weisungsrecht im Einzelfall bei Auftragsverwaltung) auslegungsfähige Gesetzesbegriffe tatsächlich auslegt – denn darauf zielten Ihre schriftlichen Fragen Nummer 18 und 19 für den Monat Januar 2002, die die Bundesregierung unter Berufung auf § 30 Abga- benordnung inhaltlich nicht beantwortet hat – den Rück- schluss erlauben, wie konkrete Umsätze der Steuerpflich- tigen im Verwaltungsverfahren steuerlich behandelt werden. Zu Frage 37: Eine Verletzung des Steuergeheimnisses liegt, wie in der Antwort zu Frage 36 bereits ausgeführt, bereits dann vor, wenn durch die Mitteilung, wie eine Vorschrift aus- zulegen ist, Rückschlüsse auf die konkrete steuerliche Behandlung eines Einzelfalles möglich sind. Es handelt sich dann nicht mehr um eine bloß abstrakte Auskunft Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 23. Januar 200220908 (C) (D) (A) (B) über die allgemeine Auslegung einer gesetzlichen Rege- lung. Eine solche läge durch die Beantwortung der Frage nur dann vor, wenn die Bundesregierung keinerlei Ent- scheidungsbefugnis im konkreten Steuerfall hätte. Dies ist jedoch, wie ebenfalls bereits dargelegt, wegen der Stel- lung des Bundesministeriums der Finanzen im Rahmen der Auftragsverwaltung nicht der Fall. Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretärs Siegmar Mosdorf auf die Fragen des Abgeordneten Klaus Hofbauer (CDU/CSU) (Druck- sache 14/8016, Fragen 38 und 39): Ist der Bundesregierung bekannt, welcher Anteil der 195 Mil- lionen Euro, die die Europäische Kommission als zusätzliche För- dermittel für die Grenzregionen zu den Beitrittsländern bereitzu- stellen empfiehlt und der 65 Millionen Euro, welche zusätzlich durch die Initiative des Europäischen Parlaments für die Grenz- landförderung bereitgestellt wurden, der Bundesrepublik Deutsch- land zugute kommen, und wenn ja, nach welchem Maßstab wird sich dieser Anteil auf die Bundesländer beziehungsweise auf die Regionen an der Grenze zu den östlichen Beitrittsländern vertei- len? Wird diese zusätzliche Mittelbereitstellung neben der Er- höhung bzw. Erweiterung bestehender Förderprogramme auch zur Auflage neuer Programme genutzt werden, und wenn ja, wer- den diese neuen Programme auch die Förderung des Mittelstan- des bezwecken? Zu Frage 38: Die Europäische Kommission ist gegenwärtig bei der Umsetzung der „Gemeinschaftsaktion für Grenzregio- nen“ (195 Millionen Euro), der Spezifizierung der zu- sätzlichen Mittel in Höhe von 65 Millionen Euro sowie der Berechnung des jeweiligen Anteils der Mittel für die fünf betroffenen Mitgliedsländer. Die Bundesregierung steht mit der KOM in Kontakt, um einen angemessenen Anteil zu erhalten. Zu Frage 39: Wir gehen davon aus, dass der ganz überwiegende Teil der zusätzlichen Mittel in Verantwortung der Länder um- gesetzt wird. Es ist Sache der Länder, diese Mittel auch zur Finanzierung des Mittelstandes einzusetzen. Anlage 15 Antwort des Parl. Staatssekretärs Siegmar Mosdorf auf die Frage des Abgeordneten Martin Hohmann (CDU/CSU) (Drucksache 14/8016, Frage 40): Wie viele Postsendungen sind nach Kenntnis der Bundesre-gierung – insbesondere auch vor dem Hintergrund der Verpflich-tungen aus der Post-Universaldienstleistungsverordnung – jeweilsin den Jahren 1998 bis 2001 bei der Deutschen Post AG verlorengegangen, und welchen Gesamtwert hatten diese? Der Bundesregierung sind keine detaillierten Zahlen über den Verlust von Postsendungen im Bereich der Deut- schen Post AG bekannt. Die Post-Universaldienstleis- tungsverordnung enthält hierzu keine expliziten regulato- rischen Vorgaben, da eine solche Vorgabe in der Praxis nur sehr schwer überprüft werden könnte. Nach Informatio- nen der Regulierungsbehörde für Telekommunkation und Post ist anhand einer Auswertung von Bürgereingaben je- doch keine auffällige Häufung von Verlusttatbeständen feszustellen, die insgesamt eine Gefährdung des Univer- saldienstes vermuten lassen würde. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 211. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 23. Januar 2002 20909 (C) (D) (A) (B) Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
Gesamtes Protokol
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421100000
Guten
Tag, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wünsche Ihnen
nachträglich noch einmal ein gutes neues Jahr. Die Sit-
zung ist eröffnet.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:
Befragung der Bundesregierung

Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen
Kabinettssitzung mitgeteilt: Errichtung der Kulturstif-
tung des Bundes. Das Wort für den einleitenden fünf-
minütigen Bericht hat der Staatsminister für Angelegen-
heiten der Kultur und der Medien, Professor Dr. Julian
Nida-Rümelin.

D
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421100100
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen
und Herren Abgeordneten! Die Idee einer Kulturstiftung
des Bundes bzw. einer Nationalstiftung ist in diesem Jahr
rund 30 Jahre alt. Sie kam ursprünglich nicht aus der Po-
litik, sondern aus den Kreisen deutscher Intellektueller
und Künstler, vorneweg von Günter Grass.

In der Regierungserklärung des zweiten Kabinetts
Brandt vom Januar 1973 wurde das Ziel formuliert, eine
Nationalstiftung zu errichten, die den neuen Aufgaben des
Staates in der Kulturförderung gerecht wird, die, wie es
aus der damaligen Zeit sehr gut nachvollziehbar ist, auch
das ostdeutsche kulturelle Erbe in Westdeutschland prä-
sent hält und die die zeitgenössische Kunst und Kultur
fördert. In meinen Augen sind die Ideen von vor 30 Jah-
ren vom Ansatz her hochaktuell. Wir können uns durch-
aus auch heute noch an ihnen orientieren.

Tatsächlich – meine Redezeit ist kurz, deswegen will
ich den Prozess gar nicht darstellen – ist es trotz breiter
Unterstützung im damaligen Parlament – übrigens auch
vonseiten der Opposition; Richard von Weizsäcker hat
sich damals sehr positiv zu diesem Projekt geäußert –
nicht zur Gründung einer solchen Stiftung gekommen.
Helmut Schmidt hat noch einmal einen Anlauf unternom-
men. Die Projekte, die im Hinblick auf eine solche Stif-
tung schon unternommen worden waren – dazu gehören
die Kunstfonds, die unterdessen bei der Kulturstiftung der

Länder angesiedelt sind –, sind in die 1988 gegründete
Kulturstiftung der Länder eingegangen.

Seit Dezember des vergangenen Jahres haben wir eine
neue, sehr erfreuliche Situation. Bei allen Differenzen im
Detail gibt es nämlich eine Übereinstimmung zwischen
den Ministerpräsidenten der Länder und dem Bundes-
kanzler – auch ich habe an der betreffenden Sitzung teil-
genommen – darin, dass der Bund sein ursprüngliches
Ziel, eine Kulturstiftung des Bundes zu etablieren, auf-
greifen kann, wobei sowohl aus meiner Perspektive wie
offensichtlich auch aus jener der meisten Ministerpräsi-
denten ein Zusammenwachsen, also eine Fusion mit der
Kulturstiftung der Länder, wünschenswert ist und bleibt.

Allerdings soll dies in die Entflechtungsdiskussion ein-
gebettet werden. In der Kulturförderung soll es also eine
klare Verantwortungsteilung zwischen Bund und Ländern
sowie gegebenenfalls Kommunen geben. Wir haben dazu
auch schon im Vorfeld dieser Sitzung im Dezember erste
Gespräche geführt.

Ich möchte noch knapp charakterisieren, um was es ei-
gentlich geht: Warum eine nationale Kulturstiftung? Sol-
che Kulturstiftungen gibt es in den meisten westlichen De-
mokratien, aus gutem Grund: Sie können unabhängig von
etablierten Institutionen fördern. Sie sind flexibler. Sie er-
gänzen die Kulturförderung, die es schon gibt. Wir wollen
im Rahmen dieser Kulturstiftung zwischen staatlicher För-
derung einerseits und privater Förderung, bürgerschaftli-
chem Engagement andererseits eine Brücke schlagen.

Wir werden dabei länderfreundlich vorgehen – das ist
zugesichert worden –, das heißt die Länder im Stiftungs-
rat beteiligen. Ferner wird in der Praxis dieser Stiftung die
Förderung – solange wir das im Rahmen der Entflech-
tungsdebatte nicht geklärt haben –, auf die Bereiche be-
schränkt, die zwischen Bund und Ländern unstrittig zur
Bundeskompetenz gehören. Mein Ziel ist, das rasch vo-
ranzubringen. Im ersten Quartal dieses Jahres soll die Ar-
beit aufgenommen werden.

Danke schön.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421100200
Vielen
Dank, Herr Staatsminister.

20859


(C)



(D)



(A)



(B)


211. Sitzung

Berlin, Mittwoch, den 23. Januar 2002

Beginn: 13.00 Uhr

Ich habe als ersten Fragesteller Herrn Koschyk notiert.
Herr Lammert, Sie haben offensichtlich mit dem Kolle-
gen Einvernehmen darüber erzielt, als Erster zu sprechen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1421100300
Herr Staatsmi-
nister, Sie wissen, dass ich mich in meiner Sympathie für
die Gründung einer Bundeskulturstiftung weder durch se-
riöse noch durch gelegentlich skurrile Auseinanderset-
zungen zwischen Bund und Ländern über das angemes-
sene Verständnis des Kulturföderalismus irritieren lasse
und deswegen immer schon der Meinung war, dass es we-
der einen wirklich überzeugenden Grund gibt, dass der
Bund eine solche Kulturstiftung auf gar keinen Fall ma-
chen dürfe, noch es überzeugend wäre, eine solche Kul-
turstiftung um jeden Preis zu errichten. Deswegen möchte
ich mich ausdrücklich auf die von Ihnen noch einmal dar-
gestellten Vereinbarungen mit den Ländern beziehen.

Ich empfinde es schon als einen wunderschönen Aus-
druck der Skurrilitäten dieser Auseinandersetzung zwi-
schen Bund und Ländern über die Kompetenzverteilung
im deutschen Kulturföderalismus, dass die Kulturstiftung
der Länder ihren Sitz in Berlin nehmen wird, die Bundes-
kulturstiftung dagegen in Halle.

Ich hätte von Ihnen gerne gewusst, ob der Bund bei der
angestrebten Zusammenführung dieser beiden Stiftungen
darauf bestehen wird, den Ländern im Interesse eines le-
bendigen Kulturföderalismus entgegenzukommen und
bei einer Fusion der beiden Stiftungen den Sitz der Kul-
turstiftung der Länder in Berlin beizubehalten, oder ob
hier eine umgekehrte Präferenz verfolgt wird, was nach
den Erfahrungen der letzten Monate neue, unnötige Aus-
einandersetzungen erwarten lässt.

D
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421100400
Darf ich den Skurilitäten noch eine hinzufü-
gen? Es war kritisiert worden, dass die Aktivitäten des
Bundes zu sehr Berlin-zentriert seien. In dem Papier der
Chefs der Staatskanzleien wird aber nun gerade als Emp-
fehlung zugrunde gelegt, der Bund solle sich insbeson-
dere auf die beiden Städte Bonn und Berlin konzentrieren.
Beides geht nicht: kritisieren, dass zu viel in Berlin statt-
findet, und zugleich fordern, dass man sich darauf zu be-
schränken habe.

Was den Stiftungssitz angeht, haben mir die Kollegen
Kultusminister aus den Ländern gesagt, die Entscheidung
für Berlin als Stiftungssitz sei vor der deutsch-deutschen
Wiedervereinigung getroffen worden. Sie wäre danach
wohl nicht mehr zugunsten Berlins ausgefallen. Das zeigt,
dass die Frage des Sitzes einer gemeinsamen Stiftung si-
cherlich noch sehr streitig diskutiert werden wird.

Wir haben beim letzten Treffen des Stiftungsrates der
KSL vereinbart, im Hinblick auf eine solche angestrebte
gemeinsame Stiftung – ohne jetzt schon eine Entschei-
dung darüber treffen zu können, ob es zu einer gemeinsa-
men Stiftung kommt – für die Zusammenarbeit zumindest
ein gemeinsames Dach zu etablieren. Das ist in der Lie-
genschaft, die die Kulturstiftung der Länder jetzt für ihre
Zwecke nutzt, aber auch darüber hinaus vielleicht auch im
Bereich der Verwaltung – das müssen wir noch sehen –

möglich, sodass Halle Stiftungssitz wird – dort wird auch
die Verwaltung der Kulturstiftung des Bundes sein – wir
aber als Außenstelle die Kulturstiftung der Länder in Ber-
lin haben.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1421100500
Darf ich noch
eine Zusatzfrage stellen?


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421100600
Eine Zu-
satzfrage, bitte schön.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1421100700
Bei den Verhand-
lungen mit den Ländern hat insbesondere in der Schluss-
phase das Interesse der Länder an einer Entflechtung der
Wahrnehmung von Aufgaben im Bereich der Kulturför-
derung eine große Rolle gespielt. Wenn ich das Ergebnis-
protokoll der Besprechung der Ministerpräsidenten vom
genannten Datum richtig verstehe, dann ist dies auch aus-
drücklich vereinbart worden. Im Augenblick lasse ich
außen vor, ob sich für einen Ehrgeiz in Bezug auf die Ent-
flechtung von gemeinsam wahrgenommenen Aufgaben
vorrangig der Kulturbereich anbietet oder ob im Interesse
der Förderung von Kunst und Kultur nicht andere Felder
sinnvoller wären, wozu ich persönlich stark neige.

Ich hätte von Ihnen gerne gewusst, ob hinsichtlich der
damals von den Regierungschefs bekundeten Absicht, die
betreffenden Grundsatzbeschlüsse – nämlich ihre eigenen
Positionen, zu denen die Entflechtungsabsicht gehört – in
Verhandlungen mit dem Bund bis zum 8. März dieses Jah-
res – das ist gewissermaßen übermorgen – zu unterschrifts-
reifen Vereinbarungen zu konkretisieren, auch anschlie-
ßend mit der Bundesregierung eine Vereinbarung getroffen
worden ist und, wenn ja, ob aus Ihrer Sicht eine ernsthafte
Aussicht besteht, auch nur in der Nähe dieses Termins zu
einer seriösen Entflechtungskonzeption zu kommen.

D
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421100800
Ich bevorzuge – übrigens wohl ganz in Ihrem
Sinne – den Begriff „Systematisierung“ gegenüber dem
der Entflechtung. „Systematisierung“ kann Entflechtung
heißen – im Einzelfall halte ich das auch für sinnvoll; es
gibt Verflechtungen, die man im Sinne einer klareren Ver-
antwortungsteilung auflösen sollte –, aber nach meiner
Auffassung gibt es auch Aufgaben, die nur Länder und
Bund – entweder Sitzland und Bund oder Ländergesamt-
heit und Bund, zum Beispiel die Stiftung Preußischer Kul-
turbesitz – angemessen wahrnehmen können.

In der gemeinsamen Besprechung mit dem Bundes-
kanzler – nur an dem Teil habe ich natürlich teilgenom-
men – ist von Bundesseite sehr deutlich die Skepsis
formuliert worden, dass man sicherlich nicht bis zum
März bei einer doch starken Divergenz im Grundsätz-
lichen – es gibt immerhin zwei Papiere bzw. zwei juristi-
sche Stellungnahmen dazu, die sehr weit auseinander lie-
gen – zu einem Ergebnis kommen wird. Sonst hätte es in
der Tat nahe gelegen, das noch abzuwarten. In der Sitzung
hat auch niemand ernsthaft der Ansicht widersprochen,
dass es unrealistisch sei, bis zum 8. März eine Einigung
erzielen zu wollen. Ich sehe das nach wie vor sehr skep-




Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
20860


(C)



(D)



(A)



(B)


tisch und meine, wir müssen das sehr viel gründlicher an-
gehen. Sonst finden wir keine tragfähige Basis. Das wird
aber noch dauern.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421100900
Als
Nächster hat der Kollege Eckhardt Barthel das Frage-
recht.


Eckhardt Barthel (SPD):
Rede ID: ID1421101000
Herr Staatsminis-
ter, ich möchte damit beginnen, Ihnen zunächst einmal
dazu zu gratulieren, dass Sie den Zug, der seit 30 Jahren
auf dem Bahnhof stand, nun auf die Schiene gebracht ha-
ben. Das war sicherlich keine leichte Arbeit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich freue mich, dass Sie diesen Erfolg gehabt haben. Das
war auch wichtig.

Nun wird dies in den Medien nicht von allen so eu-
phorisch, wie ich das tue, begrüßt und als Erfolg gewer-
tet, sondern es geht in den Medien teilweise um die Frage:
Ist das Glas halb voll oder halb leer? – Da wir wohl beide
der Meinung sind, dass dieses Glas nicht nur halb voll ist
– ich würde sagen, dass es zwei Drittel voll ist –, hätte ich
gerne eine Bewertung Ihrerseits zu dieser Auseinander-
setzung. Ich möchte mich der Frage meines Vorredners in
Bezug auf die Entflechtungs- oder Systematisierungsde-
batte anschließen. Ich betrachte sie eigentlich als eine Be-
lastung für die weitere Entwicklung und das schnelle Vo-
rankommen der Bundeskulturstiftung. Wie sehen Sie das
Verhältnis zwischen der aufgesetzten Entflechtungs-
debatte und der Entwicklung der Bundeskulturstiftung?

D
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421101100
Nach meiner Überzeugung gibt es eine – ich
möchte es bewusst so nennen – nationale Verantwortung
für die Kulturentwicklung in Deutschland, die die Länder
und Kommunen allein auf sich gestellt nicht wahrnehmen
können. Das gilt selbstverständlich vor allem für die in-
ternationale Dimension bzw. den internationalen Kontext.
Der Begriff „Ländergesamtheit“ steht nicht in der Verfas-
sung. Von daher meine ich, dass diejenigen Stellungnah-
men von Verfassungsjuristen, die die Meinung vertreten,
es liege in der Natur der Sache, dass der Bund in nationa-
ler Verantwortung eine kulturpolitische Kompetenz hat,
zutreffend sind.

Dieser Punkt ist bis jetzt noch nicht geklärt, mit der
Folge, dass sich die jetzt etablierte Kulturstiftung des
Bundes in diesem Bereich zurückhalten muss, übrigens
entgegen dem, was die Länder vorschlagen. Die Minis-
terpräsidenten und die Kollegen Kultusminister treten
nämlich des Öfteren an mich heran und machen mich da-
rauf aufmerksam, dass dieses Projekt oder jene Institution
gefördert werden sollte, weil es bzw. sie von nationaler
Bedeutung sei. Hier muss man den Klärungsprozess auf
der Länderseite abwarten, der offensichtlich noch nicht
erfolgt ist. Insofern ist das Glas noch nicht ganz voll. Al-
lerdings sehe ich das deswegen nicht als eine große Be-
hinderung der Kulturstiftung des Bundes in ihrer Anfangs-
phase an, weil wir insbesondere aufgrund der Entwicklung
seit dem 11. September vor der großen zusätzlichen He-

rausforderung stehen, den Schwerpunkt im internationalen
Kulturaustausch zu setzen. Hier besteht kein Dissens über
die Kompetenz des Bundes.

Es gibt andere Bereiche – das wird Sie verwundern;
aber ich nehme das sehr ernst –, die schon 1973 ange-
sprochen wurden. Es entsteht in den nächsten Jahren eine
neue Situation durch die Einbeziehung unserer östlichen
Nachbarländer – zuerst als Beitrittskandidaten und dann
als Mitgliedstaaten – in die Europäische Union. Wir müs-
sen einen Prozess in Gang setzen, der nach dem Zweiten
Weltkrieg in Deutschland sehr erfolgreich in Richtung
Westen erfolgt ist, insbesondere in Richtung Frankreich,
wenn ich an den deutsch-französischen Kulturaustausch
denke. Der Prozess in Richtung Polen ist noch lange nicht
so weit. Das betrifft auch das Bewusstsein bei uns im
Land. Wir haben also mit der Kulturstiftung des Bundes
genug zu tun, wenn wir diese Felder vorrangig angehen
wollen. Damit sind wir in der Phase, in der eine Klärung
noch nicht stattgefunden hat, auf der sicheren Seite.


Eckhardt Barthel (SPD):
Rede ID: ID1421101200
Darf ich eine
zweite Frage anschließen?


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421101300
Mir lie-
gen noch sehr viele Wortmeldungen von anderen Abge-
ordneten vor. Diese möchte ich zuerst abarbeiten. Sie kön-
nen sich danach gern noch einmal zu Wort melden.

Nächster Fragesteller ist der Kollege Hartmut
Koschyk.


Hartmut Koschyk (CSU):
Rede ID: ID1421101400
Herr Staatsminister,
in der Kabinettsvorlage nehmen Sie auch zur Geschichte
der Stiftungsidee Stellung und beziehen sich dabei aus-
drücklich auf die Regierungserklärung des damaligen
Bundeskanzlers Willy Brandt vom 18. Januar 1973, aus
der Sie die Begründung der Notwendigkeit einer Kultur-
stiftung des Bundes zitieren, nämlich dass es bei einer sol-
chen Stiftung auch darum gehen müsse, dem Erbe ost-
deutscher Kultur eine Heimat zu geben. Da Sie für die
Begründung der Stiftungsidee das eben erwähnte Zitat aus
der Regierungserklärung Willy Brandts verwenden, frage
ich Sie, ob Sie sich vorstellen können, dass sich eine sol-
che Stiftung – dafür gibt es nach § 96 des Bundesvertrie-
benengesetzes einen klaren gesetzlichen Auftrag – auch
mit dem Erbe der Gebiete der deutschen Heimatvertrie-
benen beschäftigt. Dieser Teil der Kulturpolitik fällt ja
ausdrücklich in die Zuständigkeit des Bundes.

D
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421101500
Sie können die Wahl des Stiftungsortes Halle
auch als ein Signal dafür sehen – so ist es auch gemeint –,
dass in dem deutsch-deutschen Einigungsprozess, der seit
über zehn Jahren andauert, auch eine kulturelle Heraus-
forderung bzw. Dimension enthalten ist. Ich möchte jetzt
nicht mit Ihnen über den Begriff „Ostdeutschland“ disku-
tieren. Aber natürlich bezieht sich diese Dimension auch
auf den Bereich, der in § 96 des Bundesvertriebenenge-
setzes, der auch einen kulturellen Auftrag an den Bund be-
inhaltet, geregelt ist.




Staatsminister Dr. Julian Nida-Rümelin

20861


(C)



(D)



(A)



(B)


Ich bin der Auffassung, dass man die kulturelle He-
rausforderung, die darin besteht, dass die Gebiete, aus de-
nen die Vertriebenen ursprünglich kommen, zum Teil in
den Mitgliedstaaten der Europäischen Union angesiedelt
sein werden, mit einer entsprechenden kulturellen Schwer-
punktsetzung annehmen kann, ohne dass die Thematik
der Nachkommen der Generation im Mittelpunkt stehen
muss, die unmittelbar von den Vertreibungen in der End-
phase des Zweiten Weltkriegs und nach dem Zweiten
Weltkrieg betroffen war.

Darin steckt eine Aufgabe der Stiftung. Die Antwort
ist: Ja.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421101600
Ich
möchte das Fragerecht gern weitergeben und Sie, Herr
Koschyk, nachher noch einmal aufrufen. Die nächste
Frage stellt der Kollege Hans-Joachim Otto.


Hans-Joachim Otto (FDP):
Rede ID: ID1421101700
Herr Staats-
minister, ich möchte auf die Kompetenz- und Föderalis-
musfrage zurückkommen. Sie haben vorhin eine schöne
Formulierung benutzt. Mit Bezug auf Ihre Gespräche mit
den Ministerpräsidenten sagten Sie: „bei allen Überein-
stimmungen im Detail“. Mir geht es jetzt eher um die
Übereinstimmung im Grundsatz.

In Protokollen wird vieles diplomatisch verbrämt.
Können Sie bestreiten, dass Ihr Vorgehen, nämlich den
8. März nicht abzuwarten und diese Stiftung des Bundes
jetzt zu errichten, auf der Länderseite zu einer Verärge-
rung geführt hat – bei allem Bemühen um Entflechtung
usw. – und dass man an Sie die Bitte herangetragen hat,
dieses jetzt nicht im Alleingang zu tun, sondern zunächst
einmal die Systematisierung – so haben Sie es genannt –
abzuwarten?

Meine zweite Frage knüpft daran an: Können Sie be-
stätigen, dass der Rückzug der Länder aus der Finanzie-
rung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, der ja weitrei-
chende Folgen hat, einen Zusammenhang mit Ihrem
Vorgehen aufweist?

D
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421101800
Herr Otto, da irren Sie sich, und zwar in bei-
den Punkten. Die Kultusminister der Länder haben den
Wunsch geäußert, dass diese Stiftung ihre Arbeit nur in
Fusion mit der Kulturstiftung der Länder aufnimmt. Ent-
gegen dem, was ich etwa im Mai vorgeschlagen habe, ha-
ben sie keine getrennten Verantwortlichkeiten unter einem
gemeinsamen Dach, sondern eine vollständige Integration
gewollt. Mit dem Juli-Konzept, das Sie kennen, bin ich
auch dem entgegengekommen und habe eine Konzeption
für eine vollständig integrierte Stiftung vorgelegt. Wir wa-
ren also kurz vor einer Einigung mit der Zusage von Län-
derseite, dass das bis Juli – so hieß es ursprünglich – bzw.
dann bis Oktober abschließend geklärt ist. Ich bin nach
30 Jahren Vorgeschichte selbstverständlich nicht mehr be-
reit, diese Thematik auf einen ungewissen Zeitpunkt in
der Zukunft zu verschieben mit der Folge, dass das Vor-
haben erneut zerredet wird. Man muss auch im Kulturbe-
reich zeigen, dass stringentes, ergebnisorientiertes Han-
deln möglich ist. Die KMK weiß, wovon ich rede.

Die Ministerpräsidenten der Länder haben die Angele-
genheit dann zu ihrer Sache gemacht und gesagt: Wir wol-
len auch im Kulturbereich – der Kollege Lammert hat das
zuvor angesprochen – diskutieren, was wir generell an-
streben, nämlich eine möglichst vollständige Entflech-
tung der Zuständigkeiten des Bundes und der Länder. Da-
mit war die Ebene der Kultusminister bei den weiteren
Gesprächen ausgeklammert.

Wenn diese Position die Basis ist, dann kann man sich
selbstverständlich nicht mehr gegen eine Aufgabentren-
nung auch unter einem gemeinsamen Dach einer ange-
strebten Stiftung stellen. Das ist auch der Inhalt der Be-
sprechung der Ministerpräsidenten gewesen, in der es
geheißen hat: Die Frage, ob ein gemeinsames Dach er-
richtet wird, muss man dann klären, aber jedenfalls soll es
eine klare Verantwortungsteilung geben.

Der Appell, doch noch bis März zu warten, ist bei der
entscheidenden Sitzung am 20. Dezember von den Mi-
nisterpräsidenten nicht mehr erfolgt. Die Ministerpräsi-
denten haben vielmehr gesagt: Wir sehen ein, dass der
Bund das jetzt beginnt. Wir wollen ohnehin getrennte Ver-
antwortlichkeiten auch unter einem gemeinsamen Dach. –
Die Zusicherung vonseiten des Bundes, dass wir nur im
unstrittigen Bereich mit den Förderungen beginnen, war
für diese Einigung zwischen Bund und Ländern allerdings
wesentlich. Wenn man dieser Philosophie folgt, dass auch
für eine zukünftige gemeinsame Stiftung eine getrennte
Verantwortlichkeit fortbestehen muss – das wird natürlich
Thema der Gespräche sein –, dann heißt das, dass wir jetzt
die eine Säule errichten – die andere Säule gibt es schon
in Form der Kulturstiftung der Länder –; wir bereiten da-
mit das gemeinsame Dach vor.

Lassen Sie mich zum Schluss noch eine persönliche
Einschätzung geben. Es gab Ministerpräsidenten, die eine
Zeit lang der Meinung waren, wir sollten die Entschei-
dung noch bis zum März aufschieben. Es ist völlig unrea-
listisch, dass wir bis März zu einer Einigung kommen.
Was passiert wäre, liegt auf der Hand: Man hätte sich im
März wegen unüberbrückbarer Meinungsverschiedenhei-
ten erneut vertagt – vielleicht auf Juli. Glauben Sie ernst-
haft, dass wir dann in dieser Legislaturperiode noch zu ei-
nem Ergebnis gekommen wären? Ich halte das für eine
ganz unrealistische Vorstellung.

Es besteht die Erwartung der Künstlerinnen und Künst-
ler, dass wir etwas tun. Es wäre unverantwortlich gewe-
sen, diese Erwartung jetzt nicht zu erfüllen. Wir mussten
jetzt unseren Beitrag leisten; er soll dann – das ist das fort-
bestehende Ziel – mit dem zusammenwachsen, was die
Länder mit der Kulturstiftung der Länder etabliert haben.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Der zweite Teil meiner Frage ist noch nicht beantwortet!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421101900
Herr Otto,
der Herr Staatsminister kann Ihre Fragen beantworten,
wie er es für richtig hält.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Die Frage war schon gestellt! Finanzierung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz!)





Staatsminister Dr. Julian Nida-Rümelin
20862


(C)



(D)



(A)



(B)


D
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421102000
Es ist richtig: Diese Frage war schon gestellt.
Entschuldigen Sie, das ich sie nicht gleich mitbeantwor-
tet habe. Auf der Basis der Philosophie der vollständigen
Verantwortungsteilung liegt es natürlich nahe, auch die
Stiftung Preußischer Kulturbesitz mit einzubeziehen.
Mein Eindruck ist – da dürfen Sie allerdings nicht mich
fragen, sondern müssen sich an Vertreter der Länder wen-
den –, dass der Meinungsbildungsprozess zu dieser spezi-
fischen Frage noch nicht abgeschlossen ist. Alles andere
würde einen Widerspruch darstellen: Im gemeinsamen
Teil dessen, was am 20. Dezember des letzten Jahres be-
sprochen worden ist, heißt es, dass man die Stiftung
Preußischer Kulturbesitz in die Entflechtung mit einzube-
ziehen habe. Wenn das aber heute schon entschieden
wäre, bräuchte man es gar nicht mehr mit einzubeziehen.
Meine Erwartung ist daher, dass es dazu bei den Ländern
noch eine Klärung gibt. Ich fände es wünschenswert,
wenn Bund und Länder das große nationale kulturelle
Erbe Preußens auch in Zukunft gemeinsam tragen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421102100
Die
nächste Frage hat die Kollegin Monika Griefahn.


Monika Griefahn (SPD):
Rede ID: ID1421102200
Herr Staatsminister,
zunächst auch von mir herzlichen Glückwunsch dazu,
dass es nun endlich geklappt hat.


(Zuruf von der FDP: Wir können die Frageauch zu einer allgemeinen Gratulationsstunde umfunktionieren!)


Ich glaube, wir können uns darüber freuen, dass im Haus-
halt bereits für dieses Jahr Mittel veranschlagt sind, die
wir auch gerne ausgeben wollen. Ich denke, die Bürgerin-
nen und Bürger, die Künstlerinnen und Künstler werden
nun – da die Mittel eingestellt, die Gründung vorgesehen
und der Beschluss gefasst ist – fragen – und das ist auch
meine Frage –, wie die Projekte aussehen sollen und wie
sich der Verfahrensablauf für dieses Jahr darstellt. Sie
sprachen davon, dass internationale Projekte in diesem
Jahr Vorrang haben sollen; Sie sprachen auch davon, dass
Länderminister bereits konkrete Projektvorschläge ge-
macht haben. Wie soll also das weitere Prozedere ausse-
hen?

D
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421102300
Wir sollten vonseiten der Politik nicht der
konkreten Arbeit der Stiftung vorgreifen. Die Politik wird
im Stiftungsrat ja auch vertreten sein; dort können wir un-
sere Vorstellungen einbringen. Aus meiner Sicht steht
schon heute fest, dass wir eine sorgfältige Trennung zwi-
schen Programmentscheidungen – also Entscheidungen
darüber, welche Schwerpunkte gesetzt werden und wel-
che Mittel für die jeweiligen Schwerpunkte zur Verfügung
stehen; das ist Aufgabe des Stiftungsrates – und Projekt-
entscheidungen – also Entscheidungen über Einzelpro-
jekte, die im Rahmen eines solchen Programmes realisiert
werden; das sollte Sache von Fachgremien und des Vor-
standes der Stiftung sein – aufrechterhalten sollten. Aus
dem Letzteren sollte sich die Kulturpolitik – jedenfalls ist
das meine Empfehlung – heraushalten. Damit hätten wir

ein Modell für eine staatsferne Förderung der Kunst. Wir
sollten nicht zulassen, dass sich das mit der Zeit ver-
schiebt. Ich will allerdings nicht ausschließen, dass ein-
zelne größere Projekte von besonderem Gewicht außer-
halb von Programmen auch im Stiftungsrat beschlossen
und beraten werden.

Zum Ablauf: Die Stiftung muss genehmigt werden,
und zwar vom Lande Sachsen-Anhalt, weil der Stiftungs-
sitz in Halle ist. Die durchschnittliche Zeit für Stiftungs-
genehmigungen in Deutschland beträgt 179 Tage.


(Zuruf von der FDP: Das wollen wir ändern!)

– Das wollen wir alle ändern. Darum hoffe ich, dass wir
diesen Zeitraum nicht abwarten müssen, sondern dass das
sehr viel schneller geht. Ich habe mit dem Ministerpräsi-
denten dazu auch schon gesprochen; er ist da zuversicht-
lich.


(Dr. Norbert Lammert [CDU/CSU]: Im Wahlkampf geht so etwas schneller! – Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP – Monika Griefahn [SPD]: Ich habe es auch schon ohne Wahlkampf schneller erlebt!)


Der Stiftungsrat wird dann über die Programme, die
vom Vorstand der Stiftung vorbereitet werden – das ist das
normale Prozedere –, beraten. Dort wird der Schwerpunkt
– da bin ich mir sicher – auf den internationalen Bereich,
den internationalen Kontext der Kunst- und Kulturent-
wicklung in Deutschland gelegt.

Von daher ist es jetzt zu früh, den Antragstellern zu sa-
gen, nach welchen Regularien sie sich richten sollen und
wo die Schwerpunkte liegen werden. Das entscheidet die
Stiftung, nachdem sie sich etabliert hat.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421102400
Die
nächste Frage stellt der Kollege Heinrich Fink.


Dr. Heinrich Fink (PDS):
Rede ID: ID1421102500
Herr Staatsminister, es wird
Sie nicht wundern, dass ich mich sehr darüber freue, dass
der Stiftungsort Halle ist. Noch mehr freut es mich natür-
lich, dass der Name, vielleicht auch der Patron für die Stif-
tung sein könnte: August Hermann Francke. Vielleicht
sollte man darüber noch einmal nachdenken; denn er ist
einer derer, die Kultur, Wissenschaft und Forschung auf
einen gemeinsamen Nenner gebracht haben.

Meine Frage schließt sich an die von Frau Griefahn an.
In der Konzeption vom Juli 2001 war für die damals
vorgesehene Sektion II der Stiftung ausdrücklich betont
worden, dass die Entscheidungen über die zu fördernden
Projekte frei „von staatlicher oder verbandlicher Einfluss-
nahme über Stiftungsgremien“ sein sollten – das haben Sie
noch einmal betont und das begrüße ich auch sehr – und
stattdessen durch „unabhängige Jurys“ erfolgen sollten.

Ist mein Eindruck richtig, dass die Bundesregierung
davon abgerückt ist? Die Fachbeiräte, die dafür am ehes-
ten infrage kämen, haben nur die Befugnis, Empfehlun-
gen zu geben. Im Übrigen kann ich der Satzung überhaupt
nicht eindeutig entnehmen, wer darüber entscheidet, wel-
che der angebotenen Projekte gefördert werden. Ich kann






(C)



(D)



(A)



(B)


nicht eindeutig erkennen, wo die Entscheidung fällt, wel-
che einzelnen Projekte entsprechend den Richtlinien und
Schwerpunkten gefördert werden. Ich denke aber, das
müsste erkennbar gemacht werden.

D
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421102600
Die Antwort lautet ganz klar: Im Gegenteil,
genau diese Stiftungsphilosophie ist auch die Basis für
das Konzept der Stiftung. Das heißt, nach wie vor sollen
Jurys – sie werden in der Stiftungssatzung als Fachbeiräte
bezeichnet – die Entscheidungen über Projektförderungen
treffen. Ich werde das gleich noch einmal qualifizieren.

Es ist Praxis – ich kenne sie aus meiner kommunalen
Erfahrung –, dass man die Letztentscheidung nicht bei
den jeweiligen Jurys lässt. Insofern sind es in formalem
Sinne Empfehlungen. In der Kommission in München,
die über Kunst am Bau entschied, gab es eine sehr gut
funktionierende Regelung, die Folgendes besagt: Wenn
der Empfehlung der jeweiligen Jury gefolgt wird, bedarf
es keiner weiteren Befassung des Stadtrates oder, wie hier,
des Stiftungsrates mehr. Auf diese Weise wäre eine staats-
ferne Kunstförderung garantiert, ohne dass die Jury im ju-
ristischen Sinne die Letztverantwortung trägt. Diese trägt
natürlich die Stiftung; denn die Mitglieder der Jurys sind
keine Angestellten, sondern Persönlichkeiten, die das
Ganze ehrenamtlich behandeln. Es gibt also keinerlei Ab-
rücken von dieser Stiftungsphilosophie. Dabei wird es
bleiben.

Was die Schwerpunkte im damaligen Konzept angeht,
möchte ich auf das verweisen, was ich in der Antwort auf
die Frage von Herrn Dr. Lammert gesagt habe: Wir müs-
sen die Schwerpunkte natürlich an die Zusicherungen den
Ländern gegenüber anpassen. Bis zur Klärung der Syste-
matisierungsfrage bewegen wir uns in der konkreten För-
derung im unstrittigen Bereich der Bundeskompetenz.
Das gilt auch für das, was von Länderseite für Bun-
deskompetenz gehalten wird.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421102700
Aus Zeit-
gründen lasse ich nur noch eine Frage zu. Der Kollege
Burgbacher hat das Recht zur Frage.


Ernst Burgbacher (FDP):
Rede ID: ID1421102800
Herr Staatsminister, Sie
haben zweimal von Projekten von nationaler Bedeutung
gesprochen, die gefördert werden sollen. Man denkt zu-
allererst an größere Renommierprojekte aus der profes-
sionellen Kulturszene. Nun gibt es auch im nicht profes-
sionellen Bereich eine Kulturszene, die in Deutschland
eine sehr große Rolle spielt. Wird es Ihrer Einschätzung
nach auch möglich sein, Projekte aus diesem Bereich zu
fördern? Wurde daran von Ihrer Seite gedacht?

D
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421102900
Die Antwort ist eindeutig ja, weil wir nicht
nur Kunstförderung – das hätten wir sonst hineinge-
schrieben –, sondern auch Kulturförderung mit dieser
Stiftung praktizieren wollen. Mich hat das Thema der kul-
turellen Integration in Deutschland – es spielt auch in dem
ursprünglichen Konzept eine Rolle – sehr beschäftigt.

Dieses Thema sollte ein Schwerpunkt der gemeinsamen
Stiftung sein. Wir müssen uns in diesem Bereich zunächst
zurückhalten, weil er von Länderseite nicht als Kompe-
tenzbereich des Bundes angesehen wird. Wenn wir auf
diesem Gebiet vorankommen wollen, dann kann sich das
nicht nur auf die Ebene der professionellen Kunstför-
derung beziehen. Das Gleiche gilt für internationale
Austauschprogramme, für Kooperationsprogramme, et-
wa zwischen unseren östlichen Nachbarländern und
Deutschland; denn auch dort ist die Dimension der
Laienkultur grundsätzlich einzubeziehen. Der Schwer-
punkt wird aber sicherlich auf professioneller Kunst
liegen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421103000
Gibt es
außerhalb des Themenbereichs, der eben angesprochen
worden ist, eine Frage an die Bundesregierung? – Das ist
nicht der Fall.

Ich beende die Befragung der Bundesregierung.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf:

Fragestunde
– Drucksachen 14/8016, 14/8023 –

Zu Beginn der Fragestunde rufe ich gemäß Ziffer 10
der Richtlinien für die Fragestunde die dringliche Frage 1
des Abgeordneten Hartmut Koschyk auf:

Wie bewertet die Bundesregierung die Äußerungen des
tschechischen Ministerpräsidenten Milos Zeman zu den Su-
detendeutschen im Hinblick auf die Rechtfertigung der Ver-
treibung – vergleiche „Profil“ vom 21. Januar 2002; „Süddeutsche
Zeitung“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, „Die Welt“ jeweils
vom 22. Januar 2002 – vor dem Hintergrund von Inhalt und Geist
der Deutsch-Tschechischen Erklärung, und wie wird die Bun-
desregierung auf diese Aussagen reagieren?

D
Dr. Christoph Zöpel (SPD):
Rede ID: ID1421103100
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!
Die Äußerungen von Ministerpräsident Zeman sind im
Kontext einer tschechisch-österreichischen Auseinan-
dersetzung gefallen, in deren eigentlichem Mittelpunkt
der von der österreichischen FPÖ in einem Referendum
instrumentalisierte tschechisch-österreichische Zankapfel
Temelin steht. Die Bundesregierung beabsichtigt nicht,
sich an dieser emotional stark aufgeheizten tsche-
chisch-österreichischen Debatte zu beteiligen.

Die Deutsch-Tschechische Erklärung vom 21. Ja-
nuar 1997 bleibt für die Bundesregierung Grundlage der
bilateralen Beziehungen mit unserem Nachbarland. Sie
hat keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass die Deutsch-
Tschechische Erklärung auch für die tschechische Regie-
rung die feste Basis der deutsch-tschechischen Beziehun-
gen darstellt. Dazu gehört – das will ich sehr deutlich
unterstreichen – auch die Ablehnung kollektiver Schuld-
zuweisungen.

Dies ist dem Bundesminister des Auswärtigen auch
von seinem tschechischen Kollegen Kavan gestern in ei-
nem Telefongespräch ausdrücklich bestätigt worden. In
der Erklärung, auf die ich mich beziehe, bekennt sich die
deutsche Seite ausdrücklich zu ihrer Verantwortung für
die historische Entwicklung, die schließlich auch zur Zer-




Dr. Heinrich Fink
20864


(C)



(D)



(A)



(B)


schlagung und Besetzung der tschechoslowakischen Re-
publik führte. Die tschechische Seite ihrerseits bedauerte,
wie der tschechische Ministerpräsident in seinem „Pro-
fil“-Interview feststellte, Leid und Unrecht, die unschul-
digen Menschen durch die Vertreibung zugefügt wurden.

Dass die Bundesregierung zur Völkerrechtswidrigkeit
der Vertreibung eine andere Rechtsauffassung als die
tschechische Regierung hat, ist bekannt. Beide Seiten sind
sich aber seit 1997 einig, ihre Beziehungen nicht mit die-
sen aus der Vergangenheit herrührenden politischen und
rechtlichen Fragen zu belasten.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421103200
Eine Zu-
satzfrage, Herr Koschyk.


Hartmut Koschyk (CSU):
Rede ID: ID1421103300
Herr Staatsminister,
halten Sie es wirklich für dem Vorgang angemessen, dass
sich die Bundesregierung nach derartig herablassenden,
beleidigenden, ehrverletzenden und übrigens auch der ge-
schichtlichen Wahrheit nicht entsprechenden Äußerungen
des tschechischen Ministerpräsidenten – auch gegenüber
Millionen deutscher Mitbürgerinnen und Mitbürger – da-
hinter verschanzt, dass es sich um eine tschechisch-öster-
reichische Kontroverse handele, in die die Bundesregie-
rung nicht eingreifen wolle? Halten Sie das Vorgehen
auch im Hinblick auf das Presseecho und die Kommen-
tarlage zu diesen Äußerungen von Herrn Zeman für an-
gemessen?

D
Dr. Christoph Zöpel (SPD):
Rede ID: ID1421103400
Herr Kollege Koschyk, bei dem Vorgang, nach dem
Sie mich fragen, gehen im Prinzip unterschiedliche, das
Verhältnis Tschechiens zu Europa betreffende Vorgänge
ineinander über. Es macht hauptsächlich Sinn, jeglichen
Schaden in dieser Angelegenheit zu vermeiden.

Eine erste Bemerkung. Wir halten es für eine ungüns-
tige Entwicklung, dass in Österreich ein Volksbegehren
durchgeführt wurde, bei dem die ja nicht zu bezwei-
felnden Gefährdungen, die von Kernkraftwerken ausge-
hen können, in einen Zusammenhang mit Möglichkeiten
der Verhinderung des Beitritts Tschechiens zur Europä-
ischen Union gebracht wurden. Die Bundesregierung
möchte alle Umstände vermeiden, unter denen irgendwo
in Europa Entwicklungen oder politische Diskussionen
stattfinden könnten, die diesen Beitritt verhindern könn-
ten. Das ist die eine Seite.

Auf der anderen Seite stehen die Bemerkungen von
Ministerpräsident Zeman gegenüber den Sudetendeut-
schen, die eindeutig in der Sprache der Kollektivschuld
geäußert wurden. Ich möchte hier ganz ausdrücklich
klarstellen – denn wir müssen uns hinter nichts verschan-
zen –, dass wir keine Kollektivschuld sehen. Ich füge
eines hinzu: Gerade mein näherer Umgang mit Sprechern
der Sudetendeutschen, den ich als Vorsitzender des
deutsch-tschechischen Koordinierungskreises habe, ver-
anlasst mich, Folgendes zu sagen: Betrachtet man das
Verhältnis Deutschlands zu Tschechien, insbesondere
auch zu den Sudetendeutschen, und das in letzter Zeit fest-
zustellende Verhalten der Repräsentanten der Sudeten-

deutschen, kommt man zu dem Ergebnis, dass die Äuße-
rung von Herrn Zeman nicht konstruktiv und auf jeden
Fall nicht weise war.

Die Bundesregierung und auch ich persönlich stehen
voll dahinter, dass die Sudetendeutschen in Deutschland
das nicht verdient haben. Wir werden mit ihnen zusam-
men dafür sorgen, dass es im Rahmen der europäischen
Einigung zu einer Aussöhnung und zu einer weiteren Auf-
arbeitung nicht gelöster Probleme kommen wird.

Ich möchte noch einmal sagen: Es gibt keinen Grund,
sich zu verschanzen. Das war nicht die Absicht. Wir ha-
ben nur die Absicht, kein zusätzliches Feuer zu schüren.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421103500
Eine wei-
tere Zusatzfrage? – Kollege Koschyk, bitte.


Hartmut Koschyk (CSU):
Rede ID: ID1421103600
Herr Staatsminister,
halten Sie es nicht für geboten, da es ja einen sehr inten-
siven Kontakt zwischen dem Bundeskanzler und seinem
tschechischem Amtskollegen gibt – ich denke nur an die
gemeinsame Sommerreise, die beide im letzten Jahr in das
deutsch-tschechische Grenzgebiet unternommen haben –,
dass der Bundeskanzler seinem tschechischem Amtskol-
legen, in welcher Form auch immer, deutlich macht, was
er von derartigen Äußerungen hält?

D
Dr. Christoph Zöpel (SPD):
Rede ID: ID1421103700
Im Rahmen der Linie, die ich eben skizziert habe,
war der erste notwendige und in diesem Sinn auch erfolg-
reiche Schritt, dass Bundesaußenminister Fischer, wie ich
es eben gesagt habe, mit seinem tschechischen Kollegen
telefoniert hat, der dabei ausdrücklich darauf hingewiesen
hat, dass er für die tschechische Regierung kein Abweichen
von der 1997 gemeinsam abgegebenen Erklärung sieht.

Ich glaube, am 20. Februar wird Bundesaußenminister
Fischer in Prag sein und mit Herrn Kavan zusammentref-
fen. Der Bundeskanzler persönlich – das möchte ich gerne
folgendermaßen formulieren – geht davon aus, dass die-
ses Zusammentreffen der Außenminister die Beziehungen
wieder so weiterentwickelt, dass seine nächste Begeg-
nung mit Herrn Zeman möglich bleibt.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421103800
Weitere
Fragen? – Kollege Lamers, bitte.


Karl Lamers (CDU):
Rede ID: ID1421103900
Herr Staatsminister, in Ih-
rer ersten Antwort haben Sie gesagt, die Bundesregierung
gehe davon aus, dass die tschechische Regierung die
Deutsch-Tschechische Erklärung nach wie vor als die
Grundlage der Beziehungen ansehe. In Ihrer Antwort auf
die Zusatzfrage des Kollegen Koschyk haben Sie gesagt,
die Äußerungen von Herrn Zeman seien nicht weise
und nicht konstruktiv. Darf ich daraus die Schlussfolge-
rung ziehen, dass die Bundesregierung die Äußerung des
tschechischen Ministerpräsidenten als nicht mit dem
Geist und dem Buchstaben der Deutsch-Tschechischen
Erklärung übereinstimmend ansieht?




Staatsminister Dr. Christoph Zöpel

20865


(C)



(D)



(A)



(B)


D
Dr. Christoph Zöpel (SPD):
Rede ID: ID1421104000
Das, was ich eben gesagt habe, war wiederholend.


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Sagen Sie einfach Ja! – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)


– Ich bin mir nicht sicher, ob es weise wäre, wenn ich so
antworten würde.


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Das war auch eine Antwort! – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Bundesregierung sieht, dass diese Äußerungen und
die darüber stattfindende Debatte nicht dazu beitragen,
dass sich auf der Grundlage dieser Erklärung, zu der beide
Seiten stehen – davon gehen wir aus –, die weitere Pro-
bleme aufarbeitenden deutsch-tschechischen Beziehun-
gen gut entwickeln werden. So sieht es die Bundesregie-
rung. Sie möchte alles tun, dass von den bilateralen
Beziehungen und von möglichen Erklärungen von Ver-
tretern der tschechischen Regierung im Normalfall wie-
der ein solcher Geist ausgeht, der die Zielsetzung dieser
gemeinsamen Erklärung widerspiegelt. So würde ich das
lieber formulieren, weil ich mir davon mehr verspreche,
als darüber nachzudenken, ob etwas verletzt wird.


(Abg. Karl Lamers [CDU/CSU] meldet sich zu einer weiteren Zusatzfrage)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421104100
Nein, Sie
haben nur eine Frage.

Eine weitere Frage, Frau Kollegin Reinhardt.


Erika Reinhardt (CDU):
Rede ID: ID1421104200
Herr Staatsminister,
welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die
Wirkung der Äußerung bei der tschechischen Bevölke-
rung? Unterstützt die Regierung die Kräfte in der Tsche-
choslowakei, die sich um eine Aufarbeitung der Ge-
schichte bemühen?


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Es gibt übrigens keine Tschechoslowakei mehr!)


D
Dr. Christoph Zöpel (SPD):
Rede ID: ID1421104300
Frau Kollegin, zu Ihrer ersten Frage: Redliche Er-
kenntnisse darüber, wie das in der Öffentlichkeit gewirkt
hat, kann es noch gar nicht geben. Ich möchte es anders
formulieren: Es hat bereits eine Diskussion unter poli-
tischen Repräsentanten Tschechiens und anderer Länder
eingesetzt. Die Bundesregierung verspricht sich davon
– ich selber habe nach meinen Erfahrungen den Eindruck,
dass diese nicht besonders zweckmäßigen Äußerungen
dazu führen könnten –, dass es auch in Tschechien zu ei-
ner weiterführenden Nachdenklichkeit kommt.


(Erika Reinhardt [CDU/CSU]: Und der zweite Punkt, die Unterstützung?)


– Es gibt, soweit wir die Presse auswerten konnten, keine
Hinweise auf eine explizite Unterstützung. Es gibt – ich
wiederhole das – nachdenkliche Äußerungen anderer
politischer Repräsentanten. Wir schätzen, dass vielleicht

sogar eine gute Diskussion darüber, was man besser sagt,
einsetzen könnte. Mehr kann man einen Tag danach sinn-
vollerweise nicht sagen. Im Nebel stochern sollte keine
Regierung.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421104400
Eine wei-
tere Frage, Frau Kollegin Steinbach.


Erika Steinbach-Hermann (Plos):
Rede ID: ID1421104500
Die Äußerungen des
tschechischen Ministerpräsidenten waren ja ganz offen-
kundig kein Schnellschuss. Vielmehr fielen sie in einem
schriftlichen, gegengezeichneten Interview, zu dem es bis
heute kein einziges Wort des Bedauerns seitens des tsche-
chischen Ministerpräsidenten gibt.

Wenn der Regierungschef unseres Nachbarlandes, zu
dem wir alle freundschaftliche Beziehungen wollen, eine
solche Tonart anschlägt, meinen Sie dann nicht, dass die
Würde der Opfer, die dadurch in ihrer Befindlichkeit und
in ihrer schlimmen Geschichte massiv verletzt wurden, es
erfordert, dass der deutsche Bundeskanzler, der eine Für-
sorgepflicht für die Deutschen hier in Deutschland und
ihre elementaren Anliegen hat, dazu eine Äußerung abgibt
und Kontakte zu seinen Kollegen in der Tschechischen
Republik aufnimmt?

D
Dr. Christoph Zöpel (SPD):
Rede ID: ID1421104600
Frau Kollegin, wenn Sie das Interview in Gänze le-
sen, finden Sie darin auch Bemerkungen, in denen der
tschechische Ministerpräsident Unrecht an Sudetendeut-
schen nicht leugnet, sondern sogar darauf hinweist, dass
er schon lange auf diesen Tatbestand hingewiesen hat.
Auch das steht in diesem sonst nicht weisen Interview.
Auch dies wertend, glaube ich, dass es den deutsch-tsche-
chischen Beziehungen und vor allem der europäischen In-
tegration Tschechiens besser tut, wenn zunächst die
Außenminister dieses Problem aufzuarbeiten suchen. In
der Folge können konstruktive deutsch-tschechische Be-
gegnungen mit allen Bereichen der tschechischen Regie-
rung fortgesetzt werden, auch auf der Ebene der Regie-
rungschefs.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421104700
Eine wei-
tere Frage, Kollege Irmer.


Ulrich Irmer (FDP):
Rede ID: ID1421104800
Herr Staatsminister, handelt es
sich nach Einschätzung der Bundesregierung bei den
Äußerungen des tschechischen Ministerpräsidenten
Zeman um einen verunglückten Einzelfall, um eine Ein-
zelmeinung, oder können Sie erkennen, dass es eine
Grundstimmung in dieser Richtung in der Tschechischen
Republik gibt?

D
Dr. Christoph Zöpel (SPD):
Rede ID: ID1421104900
Meine Formulierung, dass diese Äußerungen des
tschechischen Premiers nicht weise waren, wähle ich vor
allem auch deshalb, weil es für uns keinerlei Anlass gibt,
aus irgendwelchen Ereignissen zu schließen, dass dies
dem tatsächlichen Verhalten der tschechischen Regierung
im Dialog mit Deutschland entspricht. Das Gegenteil ist






(C)



(D)



(A)



(B)


der Fall. Es besteht die Bereitschaft, über bisher nicht be-
wältigte, zwischen Deutschland und Tschechien strittige
Fragen zu sprechen. Gerade auch aus diesem Grunde se-
hen wir dies nicht als repräsentativ für die Haltung der
tschechischen Politik in den letzten zwei Jahren. Ich
bleibe bei dieser Formulierung.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421105000
Herr Kol-
lege Spranger.


Carl-Dieter Spranger (CSU):
Rede ID: ID1421105100
Herr Staatsmi-
nister, ist Ihnen bewusst, dass diese verantwortungslosen
Äußerungen des tschechischen Ministerpräsidenten auch
in Deutschland eine verheerende Wirkung haben, insbe-
sondere was die Zustimmung der Bevölkerung zu dem
weiteren Einigungsprozess in Europa unter Beteiligung
der Tschechischen Republik angeht?

D
Dr. Christoph Zöpel (SPD):
Rede ID: ID1421105200
Die Formulierung „verheerende Wirkung“ war Ihre.
Das mag Ihr Eindruck sein; ich teile diesen Eindruck
nicht, weil ich den Stand der Diskussion über die Pro-
bleme zwischen Deutschen und Tschechen als besser ein-
schätze, sodass ich diese „verheerende Wirkung“ nicht er-
warte, vor allem wenn auf beiden Seiten insbesondere die
sich besonders betroffen Fühlenden daraus eine Konse-
quenz ziehen, die notwendig ist, nämlich den weiteren
Dialog mit Vorsicht, Zurückhaltung und Weisheit zu
führen. Vielleicht war das Ganze sogar eine Chance, auf
beiden Seiten noch mehr Nachdenklichkeit zu erreichen;
denn nur mit Nachdenklichkeit können Wunden geheilt
werden, die anscheinend noch offen sind, wie ich mich
selber mehrfach überzeugen konnte.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421105300
Es gibt
eine weitere Frage, und zwar der Kollegin Rönsch.


Hannelore Rönsch (CDU):
Rede ID: ID1421105400
Herr
Staatsminister, in den Gesprächen im März 1999 hat der
Herr Bundeskanzler auch angekündigt, dass der Beitritt
zur EU ohne Bedingungen von unserer Seite aus erfolgen
sollte. Könnte nicht eine Bedingung sein, dass man eine
Entschuldigung erwartet?

Herr Präsident, darf ich eine zweite Frage stellen?


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421105500
Nein.

D
Dr. Christoph Zöpel (SPD):
Rede ID: ID1421105600
Der Beitritt Tschechiens zur Europäischen Union
wird sich überhaupt nur vollziehen können, wenn der Ver-
söhnungsprozess zwischen Tschechen und Deutsch spre-
chenden Menschen – ich beziehe an dieser Stelle Österreich
mit ein – vorangeht. Da ich sicher bin, dass die Begegnun-
gen der Außenminister, über die ich gesprochen habe, und
hoffentlich bald auch wieder der Regierungschefs statt-
finden können, gehe ich davon aus, dass wir in einigen
Wochen feststellen können, dass auch die tschechische
Regierung alles tut, um den Beitritt Tschechiens und die

Versöhnung der Tschechen mit den Deutsch sprechenden
Nachbarn möglich zu machen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421105700
Wir kom-
men dann zur dringlichen Frage 2 des Kollegen Hartmut
Koschyk:

Wie bewertet die Bundesregierung den unter Frage 1 themati-
sierten Sachverhalt vor dem Hintergrund der gegenseitigen
Bemühungen im Rahmen des deutsch-tschechischen Gesprächfo-
rums, und welche kurzfristigen diplomatischen Maßnahmen wird
die Bundesregierung unternehmen, um Schaden von den im Rah-
men des Gesprächforums erzielten Ansätzen zur Verständigung
abzuwenden?

D
Dr. Christoph Zöpel (SPD):
Rede ID: ID1421105800
Herr Kollege, die deutsch-tschechischen Beziehun-
gen sind heute eng und gut. Das habe ich darzulegen ver-
sucht. Die erreichte Dichte und Qualität der deutsch-
tschechischen Beziehungen basieren im Wesentlichen auf
dem 1997 auf der Grundlage der Deutsch-Tschechischen
Erklärung in einem Aide-Mémoire von beiden Regierun-
gen gegründeten Gesprächsforum. Auch die Arbeit dieses
bilateralen Gremiums hat den deutsch-tschechischen Be-
ziehungen ein belastbares Fundament gegeben, das bei-
den Seiten seit seiner Gründung einen institutionalisierten
Rahmen für gegenseitiges Kennenlernen, offene Ge-
spräche und die Lösung verbleibender bilateraler Pro-
bleme bietet. Die Bundesregierung geht davon aus, dass
im Rahmen des Gesprächsforums unter Einbeziehung der
aus der Vergangenheit herrührenden Fragen auch künftig
ein offener und zukunftsgerichteter Dialog geführt wird.

Lassen Sie mich hinzufügen, dass vor allem das
Wirken meines tschechischen Co-Kollegen, Professor
Pick, dazu beiträgt. Die Alltagspraxis ist so, dass ich be-
reits gestern um 11 Uhr mit Kollegen Pick über den Vor-
gang telefoniert habe. Es ist angesichts der Debatte, die
wir heute führen müssen, gut, dass die nächste Veranstal-
tung des Gesprächsforums am 8. März hier in Berlin statt-
finden wird. Es gibt gar keinen Zweifel, dass Herr Pick
und ich, solange wir damit beschäftigt sind, alles tun,
damit auch über Vergangenheitsfragen gesprochen werden
kann. Wir haben dazu im Gesprächsforum der Sude-
tendeutschen Landsmannschaft soeben die entsprechen-
den Anregungen von Herrn Kollegen Posselt aufgegriffen.
In der Art und Weise, wie wir dort tätig sind, sehe ich
zwischen Herrn Posselt und mir keine Unterschiede; je-
denfalls sind für mich keine erkennbar.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421105900
Eine Zu-
satzfrage des Kollegen Koschyk.


Hartmut Koschyk (CSU):
Rede ID: ID1421106000
Herr Staatsminister,
Sie haben jetzt zu Recht das verdienstvolle Wirken Ihres
tschechischen Kollegen im Vorsitz des Forums, des frühe-
ren stellvertretenden Außenministers Pick, angesprochen.
Befürchten Sie nicht, dass die ja nicht aus dem hohlen
Bauch, sondern in einem sehr langen Interview gemachten
Äußerungen – wenn man die Interviewpraxis kennt, muss
man schon davon ausgehen, dass der tschechische Pre-
mier wusste, welche Äußerungen er tat und dass er sie voll
verantwortet weitergegeben hat – vielleicht ein gewisses




Staatsminister Dr. Christoph Zöpel

20867


(C)



(D)



(A)



(B)


innertschechisches Störmanöver sind, um die zurzeit sehr
hoffnungsvollen Gespräche, auch von Herrn Pick, im
Hinblick auf ein auch aus Sicht der Bundesregierung
wichtiges humanitäres Anliegen in den deutsch-tschechi-
schen Beziehungen zu stören und vielleicht dessen Lö-
sung zu verhindern?

D
Dr. Christoph Zöpel (SPD):
Rede ID: ID1421106100
Herr Kollege, meine Kenntnis über den Umgang der
tschechischen Regierung mit der Frage möglicher Schritte
zugunsten eindeutig nicht schuldiger Sudetendeutscher ist
so, dass mir keinerlei Anhaltspunkt bekannt wäre, dass
Ihre Vermutung, die ich verstehe, zutrifft.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421106200
Eine wei-
tere Frage von Frau Kollegin Rönsch.


Hannelore Rönsch (CDU):
Rede ID: ID1421106300
Herr
Staatsminister, mit eine Ursache für das Ganze war ja nun
das Volksbegehren in Österreich. Wie ist denn die Haltung
der Bundesregierung? Stimmt man dem Anschalten oder
Weiterbetreiben des Kernkraftwerks in Temelin vor dem
Hintergrund des Ausstiegswunsches in Deutschland un-
eingeschränkt zu und gibt es auch hier keine Bedingung,
es vielleicht abzuschalten?

D
Dr. Christoph Zöpel (SPD):
Rede ID: ID1421106400
Frau Kollegin, die Frage, wie sicher dieses Kern-
kraftwerk ist, hat bei den bisherigen Beitrittsverhandlun-
gen eine erhebliche Rolle gespielt und viel Zeit gekostet.
Bei der Behandlung des entsprechenden Kapitels über
Energie ist in den entsprechenden Gruppen in Brüssel die
Frage der Sicherheit intensivst geprüft worden. Die Er-
kenntnisse der Fachleute sind, dass dieses Kernkraftwerk
verglichen mit Kernkraftwerken, die es in schon bisher
der EU angehörenden Ländern gibt, nicht zurücksteht.

Dennoch gab es noch besondere Bemühungen auf
höchster Ebene der österreichischen und der tschechi-
schen Regierung im so genannten Melker Prozess, eine
Verständigung über zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen
und vor allem über ein besonderes Monitoring zu finden.
Die Ergebnisse dieses Prozesses hat Herr Kommissar
Verheugen mit beiden Regierungen Ende November in
Brüssel abschließend verhandelt und das Einverständnis
über zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen und über ein be-
sonderes Monitoring ist nun Bestandteil des von allen
Staaten akzeptierten und vorläufig abgeschlossenen Ka-
pitels über die Energieversorgung geworden.

Ich füge dem eines hinzu: Wer Sorgen hinsichtlich der
Zuverlässigkeit dieses tschechischen Kernkraftwerks hat,
muss alles tun, damit Tschechien in die Europäische
Union kommt. Nur dort gibt es eine Grundlage dafür, dass
die Sicherheitskontrollen und das Monitoring so sind, wie
es den Standards der Europäischen Union entspricht.
Würde Tschechien außerhalb der Europäischen Union
bleiben, gäbe es wesentlich weniger Möglichkeiten.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sehr gut!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421106500
Eine wei-
tere Frage von Frau Kollegin Reinhardt.


Erika Reinhardt (CDU):
Rede ID: ID1421106600
Herr Staatsminister,
Sie sagten, die Versöhnung zwischen den Menschen sei
wichtig. Aber hat nicht gerade da eine Bundesregierung
eine Verantwortung? Wie können Sie dann zu dem stehen,
indem Sie sagen, die Äußerung von Herrn Zeman habe
keine verheerende Wirkung, aber es sei keine weise Er-
klärung oder Aussage gewesen? Halten Sie diese Aussage
vonseiten der Bundesregierung für richtig oder glauben
Sie nicht, dass dies eher zu einer Spaltung der Menschen
als zur Versöhnung beiträgt?

D
Dr. Christoph Zöpel (SPD):
Rede ID: ID1421106700
Frau Kollegin, ich habe den Begriff „verheerend“
bewusst nicht übernommen, denn wenn man es sich ge-
nau überlegt, beinhaltet er ja die Prognose, dass dort
tatsächlich in Zukunft sehr Schlimmes, wenn auch nur in
den Köpfen von Menschen, passiert. Das möchten wir
nicht.

In Bezug auf den Umgang mit diesen nicht weisen
Äußerungen weise ich darauf hin: Gerade weil sich in
Deutschland und Tschechien sehr viele Betroffene ent-
sprechend verhalten, glauben wir, dass es keine verhee-
renden Auswirkungen geben wird. Diese Äußerungen
werden den weiteren Versöhnungsprozess und die Aufar-
beitung solcher Probleme im Ergebnis nicht behindern.
Das ist die Zielsetzung, von der alle meine Aussagen ge-
prägt sind.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421106800
Eine wei-
tere Frage des Kollegen Spranger.


Carl-Dieter Spranger (CSU):
Rede ID: ID1421106900
Herr Staatsmi-
nister, hat die Bundesregierung irgendwelche Anhalts-
punkte, dass der Ministerpräsident seine verantwortungs-
losen Äußerungen zurücknimmt oder sie bedauert?

D
Dr. Christoph Zöpel (SPD):
Rede ID: ID1421107000
Herr Kollege, auf die Gefahr, dass ich mich wieder-
hole, sage ich: Verschiedene Telefonate, Treffen der
Außenminister, das Sich-Vergewissern auf der Ebene der
Außenminister, dass es keine Veränderung in unserer Hal-
tung gibt – also all das, was ich Ihnen geschildert habe –,
tragen dazu bei, dass diese nicht sehr weisen Äußerungen
nicht zu einem Schaden führen und dass wir auf den Weg
zurückkehren, den wir alle gehen wollen. Daran wollen
wir alle arbeiten.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421107100
Damit
sind die dringlichen Fragen beantwortet.

Herr Kollege Ramsauer, Sie möchten, soweit ich weiß,
einen Antrag stellen.


Dr. Peter Ramsauer (CSU):
Rede ID: ID1421107200
Herr Präsident!
Nach Rücksprache mit meinen Kolleginnen und Kollegen
muss ich für meine Fraktion feststellen, dass aus unserer




Hartmut Koschyk
20868


(C)



(D)



(A)



(B)


Sicht die dringlichen Fragen durch die Bundesregierung
unzureichend beantwortet worden sind.


(Lachen des Abg. Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD])


Ich beantrage daher im Namen meiner Fraktion die
Durchführung einer Aktuellen Stunde zu diesem Fragen-
komplex im unmittelbaren Anschluss an die Fragestunde.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist normal vordergründig, Herr Kollege!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421107300
Die
CDU/CSU hat den Antrag auf Durchführung einer Aktu-
ellen Stunde zu diesem Thema gestellt. Dies entspricht
der Nummer 1 b der Richtlinien für Aussprachen zu The-
men von allgemeinem aktuellen Interesse. Die Ausspra-
che muss unmittelbar nach Schluss der Fragestunde auf-
gerufen werden. Damit entfällt die Aktuelle Stunde, die
von der FDP-Fraktion beantragt wurde.

Wir setzen jetzt die Fragestunde fort.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesminis-

teriums für Arbeit und Sozialordnung. Die Fragen 1 und 2
des Kollegen Ernst Hinsken sollen schriftlich beantwortet
werden.

Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums für Bildung und Forschung. Zur Beant-
wortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Wolf-
Michael Catenhusen zur Verfügung.

Ich rufe die Frage 3 des Abgeordneten Norbert Hauser

(Bonn) auf:


Welche Anstrengungen hat die Bundesregierung in den letzten
Monaten unternommen, um die Gründung der IT-Akademie in
Bonn zu forcieren, und trifft eine Meldung aus dem Bonner „Ge-
neral-Anzeiger“ vom 1./2. Dezember 2001 zu, nach der die Bun-
desregierung die finanzielle Unterstützung für diese Akademie
mit ihrer Forderung nach einer Übernahme der Trägerschaft für
das Internationale Kongresszentrum Bonn (IKBB) durch die Bun-
desstadt Bonn verknüpfen will?

Bitte schön, Herr Staatssekretär.

W
Wolf-Michael Catenhusen (SPD):
Rede ID: ID1421107400
Lieber
Herr Kollege Hauser, auf ihre Frage 3 möchte ich Ihnen
folgendermaßen antworten: Wie Sie wissen, hat sich die
Arbeitsgruppe des Koordinierungsausschusses im Bun-
desministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
am 20. September 2001 auf das Konzept für Bonn-IT ver-
ständigt.

Offen geblieben war seinerzeit die Frage, ob für Bonn-
IT eine selbstständige Stiftung errichtet oder ob stattdes-
sen für einen überschaubaren Zeitraum für die laufenden
Kosten Ausgleichsmittel zur Verfügung gestellt werden
sollen. Dazu werden zurzeit zwischen dem Land Nord-
rhein-Westfalen und der Bundesregierung – hier ist ins-
besondere das Bundesfinanzministerium beteiligt – Ge-
spräche geführt. Wir gehen davon aus, dass sie bald zu
einem Abschluss gebracht werden können.

Die Arbeitsgruppe des Koordinierungsausschusses hat
sich am 20. September auch auf weitere Ausgleichsmaß-
nahmen verständigt. Diese stellen in ihrer Gesamtheit ei-
nen gewissen konzeptionellen Abschluss der Maßnahmen
der Ausgleichsvereinbarung dar. Im Rahmen dieses Kon-
textes ist deshalb auch das Projekt Internationales Kon-
gresszentrum Bonn, IKBB, in die weiteren Überlegungen
und Gespräche einbezogen worden.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421107500
Zusatz-
frage.


Norbert Hauser (CDU):
Rede ID: ID1421107600
Herr Staats-
sekretär, können wir auch im Falle weiterer Verzögerun-
gen im Zusammenhang mit der IT-Akademie – das wäre
ja nicht das erste Mal, woran auch immer es gelegen ha-
ben mag; da gab es ja viele Gründe – davon ausgehen,
dass der Fortschritt bei den anderen Projekten nicht be-
hindert wird, dass also nicht abgewartet wird, bis die IT-
Akademie – sei es in Form einer Stiftung, sei es in einer
anderen Rechtsform – errichtet werden kann, und dass
man nicht alles andere auf die lange Bank schiebt und in-
sofern die anderen Ausgleichsprojekte blockiert werden?

W
Wolf-Michael Catenhusen (SPD):
Rede ID: ID1421107700
Wir
sind zuversichtlich, dass dies nicht eintritt. Natürlich hat
die Realisierung und genaue Formulierung des Konzepts
der IT-Akademie in Bonn und seiner jetzt noch in der Dis-
kussion befindlichen Rahmenbedingungen eine gute Zeit
gebraucht. Das ist bei innovativen neuen Konzepten nicht
ungewöhnlich, wenn Sie daran denken, dass eine Vielzahl
von Akteuren, sowohl vonseiten der Wissenschaft wie
auch vonseiten der Politik, in dieses Konzept eingebun-
den werden mussten.

Angesichts des Fortschritts in den Gesprächen sind wir
zuversichtlich, dass wir die noch offenen Fragen, auch
was die Finanzierung angeht, bis zum Sommer beantwor-
tet haben. Ich gehe auf keinen Fall davon aus, dass sich
daraus negative Auswirkungen auf andere in dem Kon-
zept vereinbarte Maßnahmen für Bonn ergeben.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421107800
Zusatz-
frage.


Norbert Hauser (CDU):
Rede ID: ID1421107900
Ist das Chip-
Design-Center, das einmal Teil dieser Akademie – in wel-
cher Form auch immer – sein sollte, noch Bestandteil die-
ser Überlegungen oder gehört das Chip-Design-Center
nicht mehr dazu?

W
Wolf-Michael Catenhusen (SPD):
Rede ID: ID1421108000
Es ha-
ben sich seit meiner Präsentation des Konzepts für die IT-
Akademie im Bundestagsausschuss für Forschung und
Technologie keine konzeptionellen Änderungen ergeben.
Das gilt auch für das Thema, das Sie gerade angesprochen
haben.




Dr. Peter Ramsauer

20869


(C)



(D)



(A)



(B)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421108100
Gibt es
weitere Fragen? – Das ist nicht der Fall.

Ich rufe Frage 4 des Kollegen Hauser auf:
Wenn ja, welche Gründe kann die Bundesregierung dafür

nennen, eine Verbindung dieser beiden unterschiedlichen Pro-
jekte herzuleiten, und warum sind die Verhandlungen zur IT-Aka-
demie in Bonn immer noch nicht zum Abschluss gebracht wor-
den, obwohl dies die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die

(Bundestagsdrucksache 14/5016)


W
Wolf-Michael Catenhusen (SPD):
Rede ID: ID1421108200
Auf
Ihre Frage 4 möchte ich Ihnen, Herr Kollege, antworten,
dass Sie als Bonner Abgeordneter natürlich besser wissen
als ich, dass beide Maßnahmen letztendlich auf das Ber-
lin-Bonn-Gesetz zurückzuführen sind. Ich habe über den
Stand der Gespräche im Ausschuss für Bildung und For-
schung in seiner Sitzung am 17. November entsprechend
Bericht erstattet. Wie ich vorhin schon erwähnt habe,
rechne ich mit einem alsbaldigen Abschluss der Ge-
spräche zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen und der
Bundesstadt Bonn, sodass ich auch keine Verzögerung für
andere Projekte sehe. Wir gehen auch davon aus, dass die
Gespräche insbesondere zwischen dem Ministerpräsiden-
ten des Landes Nordrhein-Westfalen und dem Bundesfi-
nanzminister über die von mir genannten offenen Fragen
in einem fortgeschrittenen Stadium sind.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421108300
Zusatz-
frage, Herr Kollege Hauser.


Norbert Hauser (CDU):
Rede ID: ID1421108400
Muss ich Ihrer
Antwort trotzdem entnehmen, dass in der Zeit, in der die
Verhandlungen und Gespräche über die IT-Akademie
fortgeführt werden, die anderen Projekte so lange geparkt
bleiben, bis hierfür grünes Licht gegeben werden kann?
Falls das so sein sollte: Wo ist der innere sachliche Zu-
sammenhang, die anderen unstrittigen Projekte nicht wei-
terlaufen zu lassen, um sich auf einen streitigen oder noch
nicht geklärten Teil zu konzentrieren?

W
Wolf-Michael Catenhusen (SPD):
Rede ID: ID1421108500
Dies in
abstrakter Weise und hypothetisch hier in der Fragestunde
auszubreiten


(Norbert Hauser [Bonn] [CDU/CSU]: Eine Hypothese ist das nicht, Herr Kollege!)


ist etwas kompliziert, weil zurzeit noch die Verhandlun-
gen laufen. Ich sehe die von Ihnen beschriebene Gefahr
aufgrund des fortgeschrittenen Stadiums der Gespräche
nicht.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421108600
Weitere
Zusatzfragen? – Das ist nicht der Fall. Vielen Dank, Herr
Staatssekretär.

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesminis-
teriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent-

wicklung. Die Beantwortung der Frage 5 des Abgeordne-
ten Ulrich Irmer wird gemäß Ziffer 11 der Richtlinien für
die Fragestunde auf die nächste Fragestunde verschoben.
Ich höre, Sie seien darüber informiert.


Ulrich Irmer (FDP):
Rede ID: ID1421108700
Ich bin aus dem Bundesministe-
rium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick-
lung in den letzten Tagen mehrfach angerufen und gebe-
ten worden, ich möge auf die Beantwortung der Frage
verzichten, weil man nicht die Kapazität hätte, die Ant-
wort vorzubereiten. Mir ist das völlig unverständlich und
ich betrachte es als eine Verkürzung des parlamentari-
schen Fragerechts, dass ich jetzt so abgespeist werde. Ich
sehe das überhaupt nicht ein. Die Zahlen, die ich hier er-
beten habe, sind zum Teil in den Zeitungen veröffentlicht
worden. Ich sehe überhaupt keinen Grund, weshalb eine
große Behörde wie das BMZ sich darauf beruft, sie habe
keine Kapazität, die Beantwortung von solchen Fragen
vorzubereiten. Ich muss hier energisch protestieren und
nehme das nicht ohne weiteres hin. Es drängt sich der Ver-
dacht auf, dass es vielleicht aus politischen Gründen miss-
liebig ist, die Frage zu beantworten.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Wird doch nur um eine Woche verschoben!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421108800
Die Frage
bleibt im Raum. Sie wird in der nächsten Fragestunde
wieder aufgerufen. Die Bundesregierung ist verpflichtet,
die Frage nach bestem Wissen und Gewissen zu beant-
worten.


Ulrich Irmer (FDP):
Rede ID: ID1421108900
Ich gebe trotzdem meine
Empörung und meinen Protest zu Protokoll.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421109000
Ich bitte
um Verständnis, Herr Kollege Irmer. Das ist die Ge-
schäftsordnungslage.


Ulrich Irmer (FDP):
Rede ID: ID1421109100
Ich akzeptiere das. Ich gebe trotz-
dem meine Missbilligung und meine Kritik an der Bun-
desregierung zu Protokoll.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421109200
Ich bitte
in der nächsten Fragestunde wieder um Präsenz. Die Bun-
desregierung wird aufgefordert, die Frage in der nächsten
Woche zu beantworten.

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundeskanz-
leramtes. Zur Beantwortung steht der Staatssekretär Uwe-
Karsten Heye zur Verfügung.

Wir kommen zur Frage 6 der Kollegin Ina Lenke:
Welche Gesamtkosten verursacht die Informationskampagne

„Familie – Deutschland“ bislang und in den weiteren geplanten
Stufen und auf welchen Zeitraum ist die Kampagne ausgelegt?

U
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421109300
Sehr ver-
ehrte Abgeordnete, ich beantworte Ihre Frage nach den






(C)



(D)



(A)



(B)


Kosten der Informationskampagne „Familie – Deutsch-
land“ wie folgt: Bisher sind beim Bundespresseamt Ge-
samtkosten in Höhe von rund 3,1 Millionen Euro ange-
fallen. Im Rahmen der Endabrechnung kann sich das noch
nach unten verändern, etwa durch Rabattierungen und
Ähnliches. Die Kampagne hat am 22. November 2001 mit
einer Pressekonferenz begonnen. Sie endet im April 2002.
Für die Fortsetzung sind etwa 3,3 Millionen Euro veran-
schlagt.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421109400
Zusatz-
frage?


Ina Lenke (FDP):
Rede ID: ID1421109500
Welche Art von Nachfragen, von
Kritik und Beschwerden wegen der Art der Kampagne,
der hohen Kosten und der unverständlichen Botschaft ha-
ben Sie oder das Bundespresseamt bekommen?

U
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421109600
Es gibt
durchaus unterschiedliche Reaktionen. Das ergibt sich
aus der Kontur dieser Kampagne. Insgesamt wird sie aber
mit großer Aufmerksamkeit zur Kenntnis genommen. So
gibt es Abflüsse bei den Informationsbroschüren in ei-
ner Größenordnung von mehr als 100 000. Die gleichen
Informationen haben wir natürlich auch ins Internet ein-
gestellt. Die dort enthaltenen Informationen sind rund
4 000 mal heruntergeladen worden. Wir können also zum
jetzigen Zeitpunkt mit dem Echo sehr zufrieden sein.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421109700
Weitere
Zusatzfrage, Frau Kollegin Lenke.


Ina Lenke (FDP):
Rede ID: ID1421109800
Was sollen die Fotos der Plakatkam-
pagne bewirken? Ich habe Briefe von Bürgern bekommen,
in denen sie darauf hinweisen, dass die Kampagne sie
mehr abstößt als anspricht, und in denen ein ausgewoge-
nes Kosten-Nutzen-Verhältnis in Abrede gestellt wird.

U
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421109900
Verehrte
Abgeordnete, ich bin mir nicht ganz sicher, zu welchem
Bereich Sie diese Frage stellen. Eigentlich gehört Ihre Zu-
satzfrage zu Ihrer zweiten Frage, die ich Ihnen nun gern
aufgrund Ihrer Zusatzfrage beantworten würde, wenn ich
das darf.


(Ina Lenke [FDP]: Machen Sie das!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421110000
Dann rufe
ich nun die Frage 7 der Kollegin Ina Lenke auf:

Welche Bewusstseins- und Verhaltensänderungen bei den
Bürgerinnen und Bürgern verfolgt die Bundesregierung mit der
Kampagne?

U
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421110100
Die Kam-
pagne verfolgt drei Ziele:

Erstens soll sie insbesondere Familien dabei helfen,
sich über ihre Rechte zu informieren und die Möglichkei-
ten zu nutzen, die ihnen durch die Politik der Bundesre-
gierung neu und zusätzlich gegeben worden sind.

Zweitens soll sie zugleich ein Bewusstsein dafür schaf-
fen, was Familien für die Gesellschaft leisten.

Indem sie über die Ziele und Ergebnisse der Politik der
Bundesregierung informiert, erfüllt sie drittens die urei-
genste Aufgabe des Bundespresseamtes, nämlich die Ar-
beit der Bundesregierung ressortübergreifend darzustel-
len. Sie verdeutlicht Zusammenhänge, indem sie über das
Gesamtspektrum familienpolitischer Leistungen in den
verschiedenen Politikfeldern informiert.

Mit der Verwirklichung dieser Ziele erfüllt die Bun-
desregierung konkret Aufgaben, die der staatlichen Öf-
fentlichkeitsarbeit gemäß dem Grundsatzurteil des Bun-
desverfassungsgerichts aus dem Jahre 1977 obliegen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421110200
Durch die
Zusammenfassung der beiden Fragen haben wir die Frage
des Herrn Dörflinger zunächst übergangen. Sind Sie da-
mit einverstanden, Ihre Frage im Anschluss an die Zu-
satzfragen von Frau Lenke zu stellen?


(Thomas Dörflinger [CDU/CSU]: Ja!)

– Bitte, Frau Lenke.


Ina Lenke (FDP):
Rede ID: ID1421110300
Ich habe tatsächlich noch Zusatz-
fragen.

In Ihrer Kampagne sprechen Sie über 100 Vorteile, die
den Familien durch Ihre Regierung zugekommen sind.
Sprechen Sie in Ihrer Kampagne, auf der Internetseite und
in Ihren Broschüren auch über Nachteile, zum Beispiel
darüber, dass der Haushaltsfreibetrag für Alleinerzie-
hende gestrichen wird und dass die Kindergelderhöhung
um 30 DM nur für das erste und zweite Kind gilt?

U
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421110400
Ich denke,
dass dieser Bundesregierung in der Summe der Urteile des
Bundesverfassungsgerichts aufgegeben war, einen Teil der
Arbeit zu tun, die die Vorgängerregierung nicht hat leisten
können. Wir haben das vorbildlich getan. Insgesamt werden
in dieser Legislaturperiode – bislang jedenfalls – Mittel in
einer Größenordnung von mehr als 10 Milliarden Euro zu-
sätzlich für familienpolitische Leistungen eingesetzt. Damit
werden hierfür insgesamt jetzt rund 50 Milliarden Euro pro
Jahr aufgewendet. Ich denke, das ist eine Leistung, die man
würdigen kann und die auch gewürdigt wird.

Zu Ihrer speziellen Frage bezogen auf die Alleinerzie-
henden: Hier haben wir dem einschlägigen Urteil des
Bundesverfassungsgerichts zu folgen. Sie wissen, dass
zurzeit im Finanzministerium geprüft wird, ob es noch
eine rechtliche Marge dafür gibt, um bei den Aufwendun-
gen für die Alleinerziehenden eine zusätzliche Verbesse-
rung zu erreichen. Diese Frage wird geprüft und soll noch
in dieser Woche, spätestens in der kommenden, beant-
wortet werden.




Staatssekretär Uwe-Karsten Heye,

20871


(C)



(D)



(A)



(B)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421110500
Weitere
Zusatzfrage, Frau Lenke? – Bitte schön.


Ina Lenke (FDP):
Rede ID: ID1421110600
Herr Staatssekretär, ist Ihnen be-
kannt, dass das Bundesverfassungsgericht der Regierung
bzw. dem Bundestag nicht auferlegt hat, den Haushalts-
freibetrag für Alleinerziehende zu streichen, sondern nur
die Gleichstellung der Alleinerziehenden mit der Familie
vorgeschrieben hat? Ist Ihnen der Unterschied geläufig
und bekannt?

U
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421110700
Der Unter-
schied ist mir schon bekannt. Insoweit kommen wir
schnell auf einen gemeinsamen Nenner. Dennoch geht es
ja darum, zusätzliche Leistungen für Alleinerziehende,
die – in der Regel jedenfalls – in einer besonders schwie-
rigen Situation leben, zu realisieren oder zu ermöglichen.
Insoweit hat das Urteil des Bundesverfassungsgerichts
Einfluss auf die Entscheidungen der Bundesregierung ge-
habt.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421110800
Eine wei-
tere Frage des Kollegen Dörflinger.


Thomas Dörflinger (CDU):
Rede ID: ID1421110900
Herr Staatssekre-
tär, können Sie bestätigen, dass die infrage stehende Kam-
pagne der Bundesregierung von der Agentur Odeon Zwo
konzipiert worden ist, und können Sie dem Hohen Hause
vor dem Hintergrund der Tatsache, dass ausweislich einer
Drucksache des Niedersächsischen Landtages vom
26. Januar 2001 im Zeitraum zwischen 1990 und 2000
430 Aufträge an die erwähnte Agentur gegangen sind,
bitte mitteilen, wie viele Aufträge – vielleicht auch, in
welcher Höhe – das Presse- und Informationsamt der
Bundesregierung seit 1998 an diese Agentur vergeben
hat?


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das hat mit der Frage nun wirklich nichts zu tun!)


U
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421111000
Ich kann
Ihnen das im Moment leider nicht sagen, weil ich diese
Zahlen nicht verfügbar habe. Ich werde das aber gerne
nachtragen.

Sie sprechen von der Lead-Agentur des Bundespresse-
amtes. Die Auftragsvergabe ist in einem Verfahren er-
folgt, das jeder Nachprüfung standhält. Von daher bin ich
gerne bereit, Ihnen all diese Fragen zu beantworten und es
nachzutragen. Wir müssten dann darauf zurückkommen.
Ich hoffe, dass ich Ihre Frage befriedigend beantworten
kann.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421111100
Eine wei-
tere Frage von Frau Kollegin Erika Reinhardt.


Erika Reinhardt (CDU):
Rede ID: ID1421111200
Herr Staatssekretär,
wie kommt es, dass eine Kampagne, die über 3 Milli-

onen Euro kostet, weder in der Vorbereitung noch in der
Durchführung mit dem Ministerium für Familie, Senio-
ren, Frauen und Jugend abgestimmt wurde? Glauben Sie
nicht, dass das sinnvoller gewesen wäre?

U
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421111300
Es handelt
sich um eine Kampagne, die Leistungen von insgesamt
etwa neun Ressorts – einschließlich des von Ihnen ge-
nannten Ministeriums – mit einbezieht. Wir sind natürlich
mit diesem Hause im Gespräch.

Über ästhetische Fragen kann man immer streiten, ver-
ehrte gnädige Frau. Ich denke, dass diese Kampagne das
erreicht hat, was man im werblichen Umfeld, in dem auch
die Bundesregierung ihre Informationstätigkeit zu leisten
hat, erreichen will, nämlich Aufmerksamkeit zu erzielen.
Sicherlich gab es nicht nur positive Reaktionen, aber auch
und vor allem. Insoweit denke ich, dass das Ziel erreicht
ist: Man spricht darüber.


(Erika Reinhardt [CDU/CSU]: Ich habe eine zweite Frage!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421111400
Nein, Sie
haben nur eine Frage. Entschuldigung! Eine weitere
Frage, Frau Kollegin Dr. Höll.


Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1421111500
Herr Staatssekretär, können
Sie gerade vor dem Hintergrund der Kampagne, in der Sie
ja die Verbesserungen für das erste und zweite Kind von
verheirateten Paaren positiv herausstellen, erklären, warum
Sie es so darstellen, als ob das für alle Kinder gilt? Dass
Verbesserungen ab dem 1. Januar dieses Jahres eingetre-
ten sind, gilt nicht für sozialhilfeberechtigte Kinder.
Warum haben Sie gerade vor diesem Hintergrund reale
Verschlechterungen der finanziellen Lage von Kindern
von Alleinerziehenden bewusst politisch in Kauf genom-
men?

Ich finde es sehr widersprüchlich – ich kann es mir von
der politischen Zielstellung her nicht ganz erklären –, ei-
nerseits ein entsprechendes Gesetz zu verabschieden und
andererseits diesen Tatbestand entweder nicht zu berück-
sichtigen oder in der Öffentlichkeit fälschlicherweise das
Bild vermitteln zu wollen, dass die Situation für alle Kin-
der besser geworden sei.

U
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421111600
Ich weiß
nicht, woraus Sie diese Schlussfolgerung ziehen. Aus den
Informationsleistungen, die jedem Mann und jeder Frau
zur Verfügung stehen, ist das nicht zu entnehmen. Im Ge-
genteil: Es wird deutlich gemacht, dass diese Regelungen
für das erste und das zweite Kind gelten.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421111700
Eine wei-
tere Frage des Kollegen Heiderich.


Helmut Heiderich (CDU):
Rede ID: ID1421111800
Darf ich Sie noch
fragen, wie Sie die Aussage von verschiedenen Werbe-






(C)



(D)



(A)



(B)


agenturen beurteilen, dass trotz ordnungsgemäßer Aus-
schreibung der jeweilige Auftrag immer der Firma Odeon
erteilt werde, sodass die anderen Werbeagenturen zuneh-
mend gar kein Interesse mehr hätten, sich an den Aus-
schreibungen zu beteiligen?

U
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421111900
Das
kann ich überhaupt nicht nachvollziehen, Herr Abgeord-
neter. Die einzelnen Ressorts beschäftigen unter-
schiedliche Agenturen, sodass dieser Hinweis für mich
nicht nachvollziehbar ist.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421112000
Vielen
Dank, Herr Staatssekretär.

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Auswärtigen
Amtes. Zur Beantwortung steht der Herr Staatsminister
Dr. Christoph Zöpel zur Verfügung.

Wir kommen zur Frage 8 des Kollegen Ulrich Irmer:
In welcher Weise hat die Bundesregierung die Zerstörung von

mit deutscher und europäischer Unterstützung durchgeführten In-
frastrukturprojekten gegenüber der israelischen Regierung zur
Sprache gebracht und wie hat die israelische Regierung hierauf
reagiert?

D
Dr. Christoph Zöpel (SPD):
Rede ID: ID1421112100
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!
Herr Kollege Irmer, es ist selbstverständlich, dass die
Bundesregierung, seit es die von Ihnen angesprochenen
Ereignisse gibt, in bilateralen Gesprächen mit der israeli-
schen Regierung nachdrücklich über die Beeinträchti-
gung der Projektarbeit sowie die Beschädigung und Zer-
störung von Infrastrukturmaßnahmen zu sprechen bemüht
ist. Die Bundesregierung dringt kontinuierlich darauf, die
Projekte internationaler Geber unbedingt zu schützen.

Die letzte Erörterung auf der Ebene der Außenminister
dazu fand am 17. Januar dieses Jahres telefonisch statt, als
der aktuelle Fall der Zerstörung des Flughafens Gaza er-
folgt war. Auch anlässlich der bilateralen Regierungs-
konsultationen im November 2001 in den palästinensi-
schen Gebieten wurde über diese Problematik mit Israel
gesprochen. Am 7. Dezember 2001 wurde ein detaillier-
tes Schreiben an das israelische Außenministerium über-
geben, in dem die deutschen Schäden benannt und freier
Zugang zu den Projekten sowie Schadensersatz für Be-
schädigungen erbeten wurden.

Bei einem Gespräch von Vertretern der deutschen Bot-
schaft Tel Aviv, des Vertretungsbüros Ramallah, der Ge-
sellschaft für Technische Zusammenarbeit und der Kre-
ditanstalt für Wiederaufbau am 8. Januar dieses Jahres
sagte die israelische Seite zum wiederholten Male zu, den
Schadensfällen im Einzelnen nachgehen zu wollen und
über Hergang und Gründe zu informieren. Die Informa-
tionen sind – das gehört zu den bedauerlichen Dingen –
bisher nicht eingegangen. Darüber hinaus wurde versi-
chert, dass es generelle Anweisungen an das israelische
Militär gebe, die Projekte der Entwicklungszusammenar-
beit internationaler Geber nicht zu beeinträchtigen.

Neben diesen bilateralen Bemühungen gibt es die
Bemühungen der Europäischen Union, an denen wir ent-
sprechend den Regeln der Europäischen Union teilneh-
men.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421112200
Eine Zu-
satzfrage des Kollegen Irmer.


Ulrich Irmer (FDP):
Rede ID: ID1421112300
Hat die Bundesregierung die is-
raelische Regierung auf den Widerspruch hingewiesen,
der darin liegt, dass just die israelische Regierung die Eu-
ropäische Union bzw. die Bundesrepublik Deutschland
und andere Geber händeringend aufgefordert hat, Ent-
wicklungsprojekte in den Autonomiegebieten zu fördern?
Wie verträgt sich das damit, dass diese Zerstörungen jetzt
stattgefunden haben, wobei ich hinter die Zusicherung der
israelischen Regierung ein Fragezeichen setze, man habe
um Schonung dieser Projekte gebeten? Denn ich kann mir
nicht vorstellen, dass Befehle zur Zerstörung eines Flug-
hafens einfach aus Versehen erfolgen.

D
Dr. Christoph Zöpel (SPD):
Rede ID: ID1421112400
Herr Kollege, es ist unstreitig, dass ein Großteil die-
ser von Deutschland wie von anderen Geberländern ge-
förderten Projekte auf Wunsch Israels begonnen und
durchgeführt wurde. Insbesondere der derzeitige Außen-
minister hat dabei eine besondere Rolle gespielt, wie je-
der, der seine Reden verfolgt, weiß. In den Gesprächen,
die der Bundesaußenminister mit Außenminister Peres
geführt hat, ist dies zur Sprache gekommen.

Wir haben noch heute im Kabinett über diesen sehr
speziellen Zusammenhang gesprochen. Sie fragen mich
jetzt Dinge, die weder Sie noch ich wissen können.


(Ulrich Irmer [FDP]: Sie schon, Sie sind ja in der Regierung! Ich kann es nicht wissen, deshalb frage ich Sie!)


Herr Kollege Irmer, wenn ich das beantworte, werden Sie
mir anschließend Recht geben.

Unstreitig unterstehen das Verteidigungsministerium
und die Armee in Israel der Regierung. Damit kommen
solche Dinge sicherlich nicht zufällig in dem Sinne zu-
stande, dass ein Einzelner einen Fehler begangen hat.

Was die von Ihnen angesprochene Problematik angeht
– das können wir alle nur so analysieren –, gehört es in ei-
nen Zusammenhang der derzeitigen Logik Israels, mit
dem, was es als Terrorismus analysiert, so umzugehen. In
solchen Situationen, wenn sie zu intensiven Militäreinsät-
zen führen, stehen oft selbst sinnvolle Objekte – auch
wenn sie international finanziert sind – nicht mehr im
Wege. Das ist eine analytische Bemerkung. Dies hindert
uns nicht daran, immer wieder das vorzubringen, was ich
Ihnen dargestellt habe. Wir werden auch nicht davon ab-
lassen, weil das Ergebnis für die Zukunft der betroffenen
Region unter keinem Gesichtspunkt als günstig angese-
hen werden kann.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421112500
Herr
Irmer zu einer weiteren Zusatzfrage, bitte.




Helmut Heiderich

20873


(C)



(D)



(A)



(B)



Ulrich Irmer (FDP):
Rede ID: ID1421112600
Hat die Bundesregierung die Ab-
sicht, an der Zusage der israelischen Regierung festzuhal-
ten, dass man nach Möglichkeit versuchen wird, solche
Entwicklungsprojekte bei der Antwort auf die Terroran-
schläge zu schonen? Ist die israelische Regierung gefragt
worden, inwieweit sie vielleicht bereit ist, die jetzt ange-
richteten Schäden selbst zu beheben?

D
Dr. Christoph Zöpel (SPD):
Rede ID: ID1421112700
Ich hatte in meiner ersten Antwort erwähnt, dass es
eine entsprechende Zusage gibt, auf derartige Vorhaltun-
gen der Bundesregierung einzugehen. Die Tatsache des
Auflistens dieser Projekte – dasselbe macht die Europä-
ische Union – ermöglicht es uns zumindest, nicht auszu-
schließen, dass mit der israelischen Regierung auch darü-
ber geredet werden muss, in welcher Weise dieser
Schaden ausgeglichen werden kann.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421112800
Frau Kol-
legin Lippmann, Sie wollen eine weitere Frage dazu stel-
len, bitte.


Heidi Lippmann-Kasten (PDS):
Rede ID: ID1421112900
Herr Staatsminister, wie be-
urteilen Sie Forderungen aus anderen europäischen Staa-
ten, in dem Fall, dass sich Israel nach Ihren Ausführungen
nicht daran halten sollte, international oder von der EU
geförderte Projekte bei ihren Anschlägen zu verschonen,
weitere Projektmittel einzufrieren?

D
Dr. Christoph Zöpel (SPD):
Rede ID: ID1421113000
Die Frage, die Sie gestellt haben, muss sich jede
Regierung stellen. Sie ist sicherlich projektabhängig zu
beantworten. Es kann einerseits keinen Sinn machen, Pro-
jekte – ob EU-finanziert oder von einzelnen Mitglied-
staaten finanziert – nicht weiter zu fördern, die menschli-
che Begegnungen unter all diesen tragischen Umständen
des Zusammenlebens fördern und erleichtern. Es macht
andererseits aber offenkundig auch keinen Sinn, derzeit
Baumaßnahmen zu finanzieren, ohne zu wissen, was dort
passiert. Das ist eine Entscheidung, die sich mit der Si-
cherheitslage von Tag zu Tag ändert und, wie gesagt, vom
Charakter der Projekte abhängen muss.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421113100
Damit
kommen wir – Sie können gleich stehen bleiben, Frau
Kollegin Lippmann – zu Ihrer Frage, der Frage 9:

Wie weit ist der Abzug der afghanischen Truppen aus Kabul
entsprechend der Petersberger Vereinbarung fortgeschritten und
wann soll der Abzug und vollständige Austausch durch die UN-Si-
cherheitstruppe ISAF – International Security Assistance Force –
gemäß der Vereinbarung erfolgen, auf die sich auch der Beschluss
des Deutschen Bundestages vom 22. Dezember 2001 bezieht?

Herr Staatsminister, bitte.

D
Dr. Christoph Zöpel (SPD):
Rede ID: ID1421113200
Herr Präsident! Frau Kollegin, afghanische bewaff-
nete Kräfte sind teilweise aus Kabul abgezogen worden.
Der Prozess dauert an. Die afghanische Interimsregierung
unterstützt uneingeschränkt die diesbezüglichen Verein-
barungen des Petersberger Abkommens.

Eine exakte Bestimmung der Anzahl von afghani-
schem Militär in Kabul und Umgebung ist derzeit nicht
möglich, weil im Zuge des Aufbaus der Strukturen der
zukünftigen afghanischen Sicherheitsorgane eine genaue
Abgrenzung zwischen Militär und Polizeikräften zurzeit
noch im Gange ist. Die volle Einsatzbereitschaft der UN-
Sicherheitstruppe ist seitens der britischen Einsatz-
führung auf Mitte Februar 2002 terminiert.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421113300
Eine Zu-
satzfrage, Frau Kollegin Lippmann.


Heidi Lippmann-Kasten (PDS):
Rede ID: ID1421113400
Kann die Bundesregierung
einen Artikel aus der „New York Times“ bestätigen, wo-
nach der US-Commander der Truppen in Afghanistan
vorgestern, also am 21. Januar, gesagt haben soll, dass die
alliierten Truppen, die sich im Rahmen des NATO-Ein-
satzes dort befinden – einschließlich von Spezialkräften
aus der Türkei, Großbritannien und Deutschland –, die
Suche nach Osama bin Laden, Mullah Omar und weiteren
al-Qaida-Kämpfern auf weniger als zwölf Regionen re-
duziert haben?

D
Dr. Christoph Zöpel (SPD):
Rede ID: ID1421113500
Mir persönlich ist dieser Artikel nicht bekannt. Sie
können ja nicht voraussetzen, dass die Bundesregierung
alle Artikel der internationalen Presse jederzeit kennt. Wir
haben nur die Kenntnis, dass die Bemühungen, Taliban-
und al-Qaida-Kämpfer an der Ausführung terroristischer
Aktionen, wie es sie in der Vergangenheit gegeben hat, zu
hindern, fortgesetzt werden und dass auch ihre Anführer
noch gesucht werden.

Wenn Sie dem von Ihnen erwähnten Artikel in der
„New York Times“ entnommen haben, dass sich die Ver-
einigten Staaten bei ihren Militäraktionen auf das Not-
wendige beschränkt haben, dann muss ich Ihnen sagen,
dass das auf vollständige Zustimmung der Bundesregie-
rung trifft, die in sehr starkem Maße für die Verhältnis-
mäßigkeit der militärischen Mittel eintritt.


(Heidi Lippmann [PDS]: Das ist jetzt Ihre Interpretation!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421113600
Eine wei-
tere Zusatzfrage, Frau Lippmann?


Heidi Lippmann-Kasten (PDS):
Rede ID: ID1421113700
Ich habe eine weitere Zu-
satzfrage zu dem Themenkomplex der Beteiligung deut-
scher Spezialkräfte an der In-Gewahrsam-Nahme afgha-
nischer al-Qaida-Kämpfer und anderer Afghanen. Kann
die Bundesregierung bestätigen, dass an der Inhaftierung
und der Verbringung der Gefangenen auf den US-ameri-
kanischen Stützpunkt vor Kuba deutsche Spezialeinheiten
beteiligt sind?

D
Dr. Christoph Zöpel (SPD):
Rede ID: ID1421113800
Das kann ich nach meinem Wissensstand nicht be-
stätigen. Das soll keine kritische Bemerkung sein. Aber
das Spektrum dessen, was Sie mich in einer sehr kriti-






(C)



(D)



(A)



(B)


schen Angelegenheit fragen, wird jetzt sehr weit. Herr
Präsident, ich erlaube mir diesen Hinweis, weil mir sehr
daran gelegen ist, in dieser Angelegenheit nichts zu sagen,
was nicht stimmt.

Ich kann aber auf Ihre Frage, sofern sie die politische
Einordnung der Angelegenheit betrifft, wie folgt antwor-
ten: Die Bundesregierung ist in jeder Hinsicht bemüht,
sich mit den Vereinigten Staaten darüber zu verständigen,
dass gefangen genommene Afghanen, die zur al-Qaida-
Organisation oder zum Taliban-Regime gehören, nach
den Prinzipien des Völkerrechts behandelt werden. So-
lange abschließend noch nicht geklärt ist, welchen völ-
kerrechtlichen Status die Gefangenen haben, sollten sie
als Kriegsgefangene behandelt werden. Das bedeutet
natürlich, dass auch soweit Deutsche in solchen Fällen be-
troffen sind, nach den Prinzipien des Völkerrechts zu ver-
fahren ist.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421113900
Eine Zu-
satzfrage? – Bitte schön, Herr Kollege Gehrcke.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421114000
Herr Staatsminister, ich
möchte auf die Frage meiner Kollegin, Frau Lippmann,
zurückkommen, die auf die Veröffentlichung in der „New
York Times“ zielte. Selbstverständlich gehe auch ich da-
von aus, dass die Bundesregierung nicht alle Zeitungen
liest. Selbstverständlich bin auch ich daran interessiert,
dass bewaffnete Konflikte so gut wie möglich begrenzt
werden. Aber Sie haben die Brisanz der Frage nicht erkannt
oder Sie haben das, wonach meine Kollegin gefragt hat, so-
gar indirekt bestätigt. Es wäre mir neu, dass deutsche Kri-
senreaktionskräfte an militärischen Bodenoperationen in
Afghanistan beteiligt sind. Das war laut „New York Times“
die Aussage des US-amerikanischen Oberbefehlshabers in
Afghanistan. Ich würde es sehr interessant finden, wenn Sie
mir die Beteiligung deutscher Kräfte an Bodenoperationen
in Afghanistan bestätigen würden.

D
Dr. Christoph Zöpel (SPD):
Rede ID: ID1421114100
Herr Kollege, jetzt muss ich mich bei Ihnen richtig
bedanken. Wiewohl die Bundesregierung im Zweifelsfall
jeden Zeitungsartikel lesen kann, gehört es zur Normalität
des Zusammenlebens von Menschen in einem politischen
System, dass nicht jeder Befragte, der der Bundesregie-
rung angehört, wissen kann, was alles gelesen wurde.

Meiner Antwort, die auf meiner Auffassung über einen
mir bis dahin nicht bekannten Zusammenhang beruhte,
können Sie in keiner Weise entnehmen, dass ich gesagt
habe, deutsche Bodentruppen seien in Afghanistan mi-
litärisch tätig. Ich danke Ihnen dafür, dass Sie mir Gele-
genheit gegeben haben, das klarzustellen. Das war sehr
kollegial.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421114200
Vielen
Dank, Herr Staatsminister.

Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums der Verteidigung. Zur Beantwortung steht
die Parlamentarische Staatssekretärin Brigitte Schulte zur
Verfügung.

Die Frage 10 des Kollegen Hildebrecht Braun wird
schriftlich beantwortet.

Ich rufe Frage 11 der Abgeordneten Angelika
Volquartz auf:

Plant die Bundesregierung die vollständige Sanierung der La-
borabteilung II – Veterinärmedizin – des Zentralen Institutes des
Sanitätsdienstes der Bundeswehr in Kronshagen und, wenn ja,
wann wird voraussichtlich mit der Sanierung begonnen werden?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1421114300
Sehr geehrte Frau Kollegin, die
Laborabteilung Veterinärmedizin des Zentralen Instituts
des Sanitätsdienstes der Bundeswehr ist in Kiel erst
aufgebaut worden; vorher gab es eine solche Einrichtung
nicht. Durch die Auflösung des Bundeswehrkrankenhau-
ses Kiel-Kronshagen zum 31. März 1997 ergab sich die
Möglichkeit, diese Laborabteilung provisorisch in einem
anderen Gebäude unterzubringen. Erste bauliche Maß-
nahmen zur Herrichtung dieses Gebäudes wurden bereits
durchgeführt.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421114400
Die Frau
Kollegin Volquartz hat eine Zusatzfrage. Bitte schön.


Angelika Volquartz (CDU):
Rede ID: ID1421114500
Welchen Betrag
wendet die Bundesregierung jährlich zur Unterhaltung
der Liegenschaft „Sanitätsdienststellen Bundeswehr
Kronshagen“ auf und gibt es eine ausreichende Bewerber-
zahl für im Sanitätsdienst der Bundeswehr ausgeschrie-
bene Stellen?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1421114600
Frau Kollegin, Sie müssen das
im Zusammenhang sehen mit der Tatsache, dass wir die
Sicherung der Laborabteilung Veterinärmedizin in Kiel
beibehalten. Das liegt daran, dass dort Liegenschaften
vorhanden sind. Was wir an Geld auszugeben planen,
hätte ich Ihnen in Zusammenhang mit Ihrer zweiten Frage
noch gesagt. Tatsache ist, dass Liegenschaften frei und da-
mit anderweitig nutzbar geworden sind. Was zum Erhalt
der Liegenschaften jeweils notwendig ist, entscheidet sich
danach, welche Nutzung erfolgt.

Herr Präsident, es bietet sich vielleicht an, dass ich an
dieser Stelle gleich die zweite Frage der Kollegin
Volquartz beantworte.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421114700
Frau Kol-
legin Volquartz, sind Sie damit einverstanden?


Angelika Volquartz (CDU):
Rede ID: ID1421114800
Einverstanden.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421114900
Dann rufe
ich jetzt auch die Frage 12 der Abgeordneten Angelika
Volquartz auf:

In welchem baulichen Zustand befindet sich die Liegenschaft
„Sanitätsdienststellen Bundeswehr Kronshagen“ nach Kenntnis
der Bundesregierung?




Staatsminister Dr. Christoph Zöpel

20875


(C)



(D)



(A)



(B)


B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1421115000
Entscheidend ist erstens, dass
die wesentliche Bausubstanz dieser Liegenschaft in ei-
nem befriedigenden Zustand ist; sonst hätte man sie auch
gar nicht behalten. Abgesehen davon gab es natürlich den
Wunsch der Kieler, diese Einrichtung dort zu behalten.

Zweitens. Zur Herrichtung für die neue Zweckbestim-
mung im Rahmen der Umstrukturierung wurde für meh-
rere große und kleine Baumaßnahmen ein Volumen von
20 Millionen Euro errechnet. Ein Teil dieser Maßnahmen
ist bereits durchgeführt worden. Andere Maßnahmen,
zum Beispiel Bauunterhaltungsmaßnahmen an Dächern
und Fassaden, erfolgen im Rahmen des Notwendigen. Es
gibt also eine feste Summe von 20 Millionen Euro. Dabei
ist zu berücksichtigen, dass die Liegenschaft nicht nur von
dieser Sanitätsdienststelle, sondern auch noch von ande-
ren Einrichtungen genutzt wird. Es ist also ein Bedarf von
20 Millionen Euro für kleine und große Baumaßnahmen
errechnet worden.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421115100
Eine wei-
tere Zusatzfrage der Frau Kollegin Volquartz, bitte schön.


Angelika Volquartz (CDU):
Rede ID: ID1421115200
Vielen Dank, Frau
Staatssekretärin.

Ist der Bundesregierung bekannt, dass die Kosten für
eine sachgerechte Unterhaltung der Liegenschaft, also
über diese Maßnahmen hinaus, die Sie genannt haben,
nach Aussagen der zuständigen Standortverwaltung bei
jährlich 1,5 Millionen bis 2 Millionen DM – ich bitte um
Verzeihung, dass ich noch die D-Mark-Beträge nenne; ich
müsste das jetzt schnell umrechnen – liegen?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1421115300
Das können wir ja schnell
umrechnen. – Ihnen ist aber klar, liebe Frau Kollegin
Volquartz, dass die 20 Millionen Euro, also die rund
40 Millionen DM, nicht nur für dieses Labor – die Her-
richtung ist natürlich sehr aufwendig –, sondern auch – so
haben mir das meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
aufgeschrieben – für die notwendige Sanierung von
Dächern und für Maßnahmen an den Fassaden zur Verfü-
gung stehen. Die Gesamtsumme kann ich Ihnen nicht sa-
gen. Ich bin da auch etwas zurückhaltend. Sie wissen, dass
wir das Liegenschaftsmanagement etwas verändern wol-
len. Ob die Zahlen dann noch zutreffen, betrachte ich aus
heutiger Sicht mit Vorsicht. Ich bin aber gern bereit, Ihnen
das, was wir zurzeit wissen, nachzureichen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421115400
Vielen
Dank.

Dann kommen wir zur Frage 13 der Kollegin Gerda
Hasselfeldt:

Gibt es Pläne der Bundesregierung, ein Bundeswehrgeschwa-
der aus Penzing oder einem anderen Fliegerhorst – möglicher-
weise im Zusammenhang mit der Anschaffung der neuen Trans-
portflugzeuge – nach Fürstenfeldbruck zu verlegen?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1421115500
Frau Kollegin Hasselfeldt, die
Frage, ob ein Bundeswehrgeschwader aus Penzing oder
aus einem anderen Fliegerhorst nach Fürstenfeldbruck
verlegt werden soll, beantworte ich mit einem klaren Nein.

Nebenbei gesagt: Das ist eine Frage, die in bestimmten
Abständen immer wieder gestellt wird.


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Offensichtlich ist das notwendig! – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Im beginnenden Wahlkampf ein probates Mittel!)


Also ein klares Nein. Es ist nicht geplant, ein Bundes-
wehrgeschwader nach Fürstenfeldbruck zu verlegen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421115600
Eine Zu-
satzfrage.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1421115700
Frau Staatssekretä-
rin, vor dem Hintergrund Ihrer Antwort frage ich: Sind die
Befürchtungen betreffend mögliche nächtliche Fracht-
flüge gerechtfertigt?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1421115800
Ich bin ganz überrascht. Ich
habe in Erinnerung, dass der Kampf in der Vergangenheit
immer gegen die zivile Nutzung dieses Platzes betrieben
wurde.

In einer Zeit erhöhten Flugaufkommens bei der Bun-
deswehr, die sich ja heute immerhin an internationalen
Einsätzen beteiligt, kann es ohne weiteres dazu kommen,
dass Flughäfen der Bundeswehr – dort kann man ja star-
ten und landen; Sie wissen das sehr gut – auch einmal für
andere Aufgaben genutzt werden müssen. Ich habe aber
keine Erkenntnis darüber, dass es zu einer stärkeren Be-
lastung von Fürstenfeldbruck etwa als Ausweichflugha-
fen zu Penzing kommen wird.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421115900
Damit
kommen wir zur Frage 14 des Abgeordneten Werner
Siemann:

Ist die deutsche Finanzierung zur Beschaffung des militäri-
schen Transportflugzeugs A 400 M gesichert und, wenn ja, wie?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1421116000
Herr Kollege Siemann, die Fi-
nanzierung des neuen Transportflugzeuges A 400 M ist
nach Meinung der Bundesregierung gesichert. Sie beab-
sichtigt, das Vorhaben „Zukünftiges Transportflugzeug“
aus dem Einzelplan 14 zu finanzieren.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421116100
Zusatz-
frage, Kollege Siemann.


Werner Siemann (CDU):
Rede ID: ID1421116200
Frau Staatssekretärin,
bisher ist der Vertrag vom Verteidigungsminister als unter
einem Parlamentsvorbehalt stehend unterzeichnet wor-
den. Gehen Sie davon aus, dass dieser Parlamentsvorbe-
halt für die Finanzierung des Objekts für den Fall, dass ein






(C)



(D)



(A)



(B)


Entschließungsantrag der Koalition noch in dieser Woche
beschlossen wird, wegfällt?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1421116300
Ich bin immer wieder über-
rascht, dass die Regeln des Parlamentarismus – Kollege
Siemann, das betrifft nicht Sie – nicht jedem bekannt sind.
Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages
muss bei jeder Beschaffungsmaßnahme, die eine Summe
von 25 Millionen Euro – früher 50 Millionen DM – über-
steigt, gefragt werden. Übrigens werden Sie im Verteidi-
gungsausschuss auch gefragt; aber die eigentlichen
Geldsäcke sitzen ja woanders.


(Heiterkeit)

– Ich nehme das Wort sofort zurück; aber ich darf es ei-
gentlich sagen, weil ich lange Zeit zu denen gehört habe.
Nochmals: Mit jeder Beschaffungsmaßnahme von über
25 Millionen Euro muss das Parlament befasst werden.
Zurzeit gibt es aber gar keinen Parlamentsvorbehalt. Ich
habe das auch mehrfach gelesen und mich gewundert. Es
gilt nichts anderes, als dass in dem Moment, in dem die
Vorlage mit einem Volumen von mehr als 25 Milli-
onen Euro auf den Tisch kommt, der Verteidigungsaus-
schuss und der Haushaltsausschuss zustimmen müssen.
Das haben wir in der Tat noch nicht geleistet.

Bislang hat der Bundeskanzler international erklärt,
dass wir die 73 Flugzeuge haben wollen; bislang hat der
Verteidigungsminister seine Amtskollegen auf unser
Haushaltsrecht – seine Amtskollegen haben leider kein so
strenges Haushaltsrecht – hingewiesen und gesagt, dass er
sich selbstverständlich die Zustimmung des Haushalts-
und Verteidigungsausschusses und damit des Parlamentes
holen wird. Morgen werden wir – das ist mein Kenntnis-
stand – klar und deutlich als Koalitionsparteien sagen,
dass wir auch gewillt sind, diese 73 Flugzeuge zu finan-
zieren. Ich habe die große Hoffnung, dass Sie sich dem
anschließen, da ja auch Sie für die Beschaffung sind.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421116400
Weitere
Zusatzfrage, Kollege Siemann.


Werner Siemann (CDU):
Rede ID: ID1421116500
Frau Staatssekretärin,
die Opposition – hier in Form der CDU/CSU-Bundes-
tagsfraktion – hat also Recht, dass am 31. Januar dieses
Jahres, also an dem Datum, an dem unsere Partner eine
rechtsgültige Entscheidung haben wollen, noch keine
rechtsverbindliche, die Bundesrepublik Deutschland ver-
pflichtende Unterschrift von einem Vertreter dieser Bun-
desregierung – in diesem Fall vom Verteidigungsminis-
ter – unter diesen Vertrag gesetzt ist?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1421116600
Sie haben nicht Recht. Wenn
eine Regierung, die eine Mehrheit im deutschen Parlament
hat, 73 Flugzeuge haben will, wenn die sie tragenden Par-
teien ihr dabei zustimmen und wenn sie dann auch noch von
Teilen der Opposition, nämlich von der CDU/CSU-Frak-
tion, die ja bereits im Voraus die Verpflichtungsermächti-
gung erhöhen wollte, unterstützt wird, dann kann sie mor-
gen klar und deutlich erklären, dass das auch weiterhin gilt.

Das Flugzeug selbst, Kollege Siemann, wird allerdings
leider erst im Jahr 2007 zur Verfügung stehen. Natürlich
könnte man auf dem Markt andere Dinge kaufen. Aber wir
beschließen doch gerade alle gemeinsam, dass die Indus-
trie in Europa das Flugzeug entwickeln soll. Nach all dem
ist es eine schlichte Tatsache, dass wir gemeinsam ein
Flugzeug haben wollen, dass wir in den Haushalts- und
Verteidigungsausschuss kommen und dass das Parlament
morgen Abend erklären wird, dass es dem Erwerb der
73 Flugzeuge zustimmt. Die Herren und Damen in Frank-
reich, in England und in anderen Ländern sollten sich
– das kann ich Ihnen sagen, weil ich lange die NATO-
Sprecherin der SPD-Fraktion war – einmal ihr eigenes
und unser Haushaltsrecht ansehen.

Im Jahr 2003 wird die Regierung – ich gehe davon aus,
dass wir sie wieder stellen –


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Ganz richtig! – Widerspruch bei der CDU/CSU)


– dann werden Sie es tun – die Verpflichtungsermächti-
gung auf die Summe, die im Vertrag festgelegt wird, aus-
stellen. Zahlungen in großem Maßstab werden ja erst in
den nächsten Jahren fällig. Deswegen gehe ich davon aus,
dass das rechtmäßig ist. Ich bin auch davon überzeugt,
dass Sie dem zustimmen werden.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421116700
Eine wei-
tere Zwischenfrage hat der Kollege Nolting.


Günther Friedrich Nolting (FDP):
Rede ID: ID1421116800
Frau Staatssekre-
tärin, wäre es nicht besser – ein Entschließungsantrag ist ja
rechtlich nicht bindend –, einen Nachtragshaushalt aufzu-
legen, um zu einer sauberen parlamentarischen Lösung zu
kommen und unseren Partnern Rechtssicherheit zu geben?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1421116900
Wenn eine Regierung, die von
der Bevölkerung gewählt wurde und die Mehrheit im Par-
lament hat, dem Parlament morgen ausdrücklich erklärt,
dass sie das möchte, dann ist das ein Weg. Mir persönlich
– das habe ich deutlich gesagt – wäre es natürlich lieber
gewesen, wir wären im Herbst des letzten Jahres bereits
mit den Vertragsverhandlungen so weit gewesen, dass wir
eine Verpflichtungsermächtigung für das Jahr 2002 hätten
einsetzen können, die der Summe entsprochen hätte. Zu
diesem Zeitpunkt haben wir mit den Vertretern der Indus-
trie, aber auch mit unseren Kollegen aus den anderen Län-
dern über die Größenordnung des Auftrags und über die
Kosten eines solchen Flugzeugs verhandelt. Auch das war
in Ihrem Interesse.

Bezüglich des Nachtragshaushalts bin ich aufgrund der
Tatsache, dass das Parlament die Beschaffung ausdrück-
lich bestätigen wird, ziemlich zuversichtlich, dass wir
später – bei der Aufstellung des Haushalts 2003 – entspre-
chend der Verpflichtungsermächtigung Korrekturen vor-
nehmen werden.


(Günther Friedrich Nolting [FDP]: Bei den Vorbehalten, die es bei diesen Dingen bei vielen Kollegen in der Koalition gibt!)





Werner Siemann

20877


(C)



(D)



(A)



(B)


– Das weiß ich nicht.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421117000
Eine wei-
tere Frage der Kollegin Lippmann.


Heidi Lippmann-Kasten (PDS):
Rede ID: ID1421117100
Frau Staatssekretärin, Sie ha-
ben gerade bestätigt, dass die rot-grüne Koalition, die die
Mehrheit in diesem Parlament hat, durch die morgige Ab-
stimmung eine zusätzliche Verpflichtung über 3,4 Milli-
arden Euro mit einer sehr langfristigen Bindung eingeht,


(Zuruf von der CDU/CSU: Ohne haushaltsrechtliche Absicherung!)


ohne einen Nachtragshaushalt zu erlassen, der über den
22. September dieses Jahres hinausreichen würde. Habe
ich das richtig verstanden?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1421117200
Die Absicht haben Sie richtig
verstanden. Es kann gut sein – das kann ich nicht beurtei-
len –, dass es zu einem späteren Zeitpunkt notwendig wer-
den kann, einen Nachtragshaushalt aufzustellen. Aus heu-
tiger Sicht betrachte ich das als eher unwahrscheinlich.
Das wissen wir aber nicht. Das hängt von der konjunktu-
rellen Entwicklung und von möglichen internationalen
Krisen – es kann sein, dass noch ein paar Schwierigkeiten
auf uns zukommen werden – ab. Wir gehen heute davon
aus, dass das rechtlich abgesichert ist.

Es sind übrigens zwei Parteien, die diesen Beschluss
fassen werden, die SPD und die Grünen.


(Günther Friedrich Nolting [FDP]: Die Grünen nicken nur ab!)


– Das wollen wir doch erst einmal abwarten. Wichtig ist,
dass wir das Flugzeug bekommen, Herr Kollege.


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Ohne Rücksicht auf die Rechtslage!)


Es ist mir immer noch ein Stück zu teuer. Wir haben
5 Milliarden Euro eingesetzt und es kommen jetzt noch
einmal 3,6 Milliarden Euro hinzu. Das ist eine stattliche
Summe. Ich hoffe, dass es dabei bleiben wird und die
Kosten sich nicht wundersam vermehren werden, wie es
schon bei etlichen Projekten passiert ist.

Den Kollegen von der Union kann ich nur sagen: Ei-
gentlich wollten wir das Flugzeug schon in den 90er-Jah-
ren haben, weil es dringend gebraucht wird.


(Zuruf von der CDU/CSU: Ganz besonders Sie waren dagegen!)


– Ich war immer dafür. Da haben Sie die Falsche erwischt.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421117300
Eine wei-
tere Zusatzfrage des Kollegen Breuer.


Paul Breuer (CDU):
Rede ID: ID1421117400
Frau Staatssekretärin, ist es
nicht so, dass das Haushaltsrecht vorschreibt, dass im
Hinblick auf die Einschätzung künftiger Vorbelastungen
von Haushalten durch von der Regierung geschlossene

Verträge die Verpflichtungsermächtigungen die Funktion
haben, diese zu berücksichtigen, und die bisher ausge-
brachte Verpflichtungsermächtigung des Deutschen Bun-
destages nicht ausreicht, um das Gesamtprojekt zu finan-
zieren, somit also die notwendige haushaltsrechtliche
Vorsorge nicht getroffen worden ist?

Meine Frage ist: Wie wird das weitere Verfahren sein?
Wie stellt sich die Bundesregierung, wenn das, was ich
gesagt habe, stimmt, vor, im Bereich des Bundeshaus-
haltsrechts und der Bundeshaushaltsordnung weiter zu
verfahren?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1421117500
Herr Kollege, zunächst einmal:
Der Haushalt enthält für die nächsten Jahre Verpflich-
tungsermächtigungen in Höhe von 5,1 Milliarden Euro.
Nach unserer Vorstellung werden diese 5,1 Milliar-
den Euro in ihrer Summe erst nach 2007 gebraucht wer-
den. Ich hoffe mit Ihnen, dass der Betrag von 8,3 Milliar-
den Euro, den man mittlerweile, wenn wir die
73 Flugzeuge kaufen, errechnet hat, dann wirklich der
Endsumme entspricht. Aufgrund meiner langjährigen Er-
fahrung, die Sie bestätigen werden, bin ich hinreichend
skeptisch, dass dieser Betrag am Ende ausreichen wird.

Wir haben uns wirklich bemüht – das sage ich hier noch
einmal für die Zuhörer –, mit unseren Partnern zusammen
einen Preis auszuhandeln, der unter diesen Entwicklungen
liegt. Leider haben wir unterschiedliche Vorstellungen, wie
dieses Flugzeug hergestellt wird. Deutschland ist aller-
dings das einzige Land, das eine angemessene Zahl von
Flugzeugen bestellen will. Die 5,1 Milliarden Euro wer-
den also für die Jahre 2002 und folgende allemal reichen.
Aber für die Gesamtsumme der Ausgaben für 73 Flug-
zeuge werden sie am Ende ganz bestimmt nicht reichen;
denn die Flugzeuge werden, wie auch ich glaube, nicht
billiger werden.

Im Haushalt 2003 werden wir entsprechende Korrek-
turen vornehmen. Wenn wir die Beratungen darüber jetzt
abschließen und das Parlament erklärt mehrheitlich, es
wolle das, dann halte ich die Angelegenheit eigentlich für
ziemlich abgesichert. Als Haushälterin hätte ich mir, wie
Sie, natürlich gewünscht – ich sage das noch einmal –, wir
hätten Ende Oktober/Anfang November gewusst, was das
Flugzeug wirklich kostet, um im Haushalt eine entspre-
chende Summe zu veranschlagen.


(Heidi Lippmann [PDS]: Sie sind blauäugig gewesen!)


– Ich bin nicht blauäugig gewesen. Ich habe nur die
Summe für zu hoch gehalten.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421117600
Als
Nächster hat der Kollege Klaus Rose das Fragerecht.


Dr. Klaus Rose (CSU):
Rede ID: ID1421117700
Frau Staatssekretärin,
Sie haben vorhin dem Kollegen Siemann nicht Recht ge-
geben. Können Sie wenigstens mir zustimmen, wenn ich
behaupte, dass der Kollege Metzger von der Fraktion des
Bündnisses 90/Die Grünen das bisherige Verfahren als




Parl. Staatssekretärin Brigitte Schulte
20878


(C)



(D)



(A)



(B)


sehr zweifelhaft angeprangert hat? Damit hat er zur
Kenntnis gegeben, dass die Zustimmung der beiden Ko-
alitionsfraktionen – Sie haben eine große Zustimmung er-
wartet – nicht hundertprozentig ist. Damit ist das, was Sie
gerade eben noch beschrieben haben, als eine Hilfskon-
struktion anzusehen. Geben Sie mir Recht, wenn ich be-
haupte, dass alles, unabhängig vom Inhalt, von der haus-
haltsrechtlichen Seite her etwas sehr seltsam abgelaufen
ist?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1421117800
Lieber Herr Kollege Dr. Rose,
wir beide sind seit langem Haushälter. Sie werden deswe-
gen die Entstehungsgeschichte der 50-Millionen-Vorla-
gen in Erinnerung haben. Diese Vorlagen hatten den
Grund, Rüstungskosten in den Griff zu bekommen. Einer
der Gründe, warum ich hier stehe, ist auch die Hoffnung,
dass es uns einmal gelingt, das Explodieren der Preise zu
verhindern.

Die Aussage des Kollegen Metzger verwundert mich
deshalb, weil er den Wunsch hatte, überhaupt nur 40 Flug-
zeuge zu bestellen. Das wissen Sie sehr genau. Der Rech-
nungshof hat nämlich eine etwas merkwürdige Darstel-
lung über den Gebrauch der Flugzeuge vorgelegt. Wir
sind inzwischen seit langem davon überzeugt – die inter-
nationalen Einsätze zeigen es ja –, dass wir mehr Flug-
zeuge benötigen, um die entsprechenden Anforderungen
zu bedienen. Das ist auch dem Kollegen Metzger klar.

Als die CDU/CSU-Fraktion im Haushaltsausschuss
die Anhebung der Verpflichtungsermächtigungen auf
8 Milliarden Euro – so viel wollte sie damals haben – be-
antragt hat, haben wir gesagt: Wir kennen die endgültigen
Kosten noch nicht; wenn wir diese Summe schon von
vornherein einsetzen, dann ist völlig klar, dass die Indus-
trie sie angesichts des jetzigen Preisniveaus auf keinen
Fall – das haben wir bis jetzt noch nie erlebt – unterbieten
wird. Das war der einzige Grund, warum ich als diejenige,
die das Parlament in solchen Fragen meistens begleitet,
gesagt habe: Lasst uns mit den Verpflichtungsermächti-
gungen warten, bis der richtige Zeitpunkt erreicht ist.

Vor diesem Hintergrund ist es in der Tat eine Hilfslö-
sung – ich halte sie aber für gerechtfertigt –, dass das Par-
lament nun klar sagt: Wir wollen 73 Flugzeuge – soviel
ich weiß, wollen das auch Sie –; wir wollen die Zusam-
menarbeit mit den europäischen Partnern; wir wissen, das
wird entsprechende Kosten mit sich bringen. Wir müssen
uns noch darauf verständigen, unter welchen Modalitäten
wir dieses Flugzeug kaufen wollen: Wollen wir gleich mit
in die Entwicklung hineingehen oder wollen wir durch
„commercial approach“ nicht doch den Großteil später, ab
2007, zahlen? Diese Verständigung zu erzielen, das ist un-
sere Schwierigkeit. Ich will ausdrücklich nicht bestreiten,
dass die ganze Angelegenheit ein Sonderfall ist.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421117900
Eine wei-
tere Frage der Kollegin Höll.


Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1421118000
Frau Staatssekretärin, Sie ha-
ben eben in einer Antwort erklärt, dass Sie hoffen, dass die

Summe erst ab 2007 fällig wird. Mich würde interessie-
ren, wann Sie wissen, ab wann die Summen fällig werden,
und inwieweit Sie dieses Vorhaben für vereinbar mit Zie-
len Ihrer Regierung halten, die Nettokreditaufnahme ab-
zusenken und bis zum Jahre 2006 einen ausgeglichenen
Haushalt zu erreichen? Denn dieses Ziel ist nach den bis-
herigen Berechnungen ja nur ohne die Finanzierung die-
ses Flugzeugs erreichbar.

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1421118100
Frau Dr. Höll, hier kommen
mehrere Dinge zusammen. Erstens habe ich nicht gesagt,
dass ich hoffen will, dass sie ab 2007 bezahlt werden kön-
nen. Aber eine der Möglichkeiten kann sein, dass wir erst
so spät bezahlen. Der zweite Aspekt ist der Hinweis da-
rauf, dass wir selbstverständlich die Absicht haben, vor
2007 in der Lage zu sein, die Ausgaben des Bundeshaus-
halts ohne Nettokreditaufnahme zu bestreiten. Der dritte
Punkt ist die Frage, welche Höhe dann der Verteidigungs-
haushalt hat. Hier gehöre ich, das wissen Sie ja, nicht zu
denjenigen, die spekulieren und sagen, dass er immer wei-
ter erhöht werden muss.

Dies alles wird sehr davon abhängen, in welcher inter-
nationalen Lage wir uns befinden, wie viele Soldaten mit
welcher Ausrüstung wir brauchen. Ich wage als kritische
Haushälterin nur vorsichtig zu sagen: Wir können leider
nicht davon ausgehen, dass der Verteidigungshaushalt in
den nächsten Jahren sinken wird. Er wird eher eine andere
Entwicklung nehmen.

Mein Ziel ist allerdings, dass wir im Verteidigungs-
haushalt noch besonnener mit dem Geld des Steuerzahlers
umgehen. Ich glaube in der Tat, dass noch weitere Ein-
sparpotenziale bestehen, sodass die entsprechenden Mit-
tel für neue Projekte zur Verfügung gestellt werden kön-
nen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421118200
Eine wei-
tere Frage des Kollegen Hildebrecht Braun.


Hildebrecht Braun (FDP):
Rede ID: ID1421118300
Frau Staatsse-
kretärin, unsere europäischen Partner erwarten im Hin-
blick auf den gemeinsamen Bau der A400M bis zum Mo-
natsende eine bindende Erklärung der Bundesrepublik
Deutschland. Geht die Bundesregierung davon aus, dass
sich der Bundestag bezüglich seines Haushaltsgebarens
durch eine schlichte Entschließung über die Zeit hinaus,
für die die jetzige Regierung im Amt ist, binden kann und
binden wird? In anderen Worten: Gehen Sie davon aus,
dass eine zukünftige Mehrheit, die ja wohl für den Haus-
halt 2003 verantwortlich sein wird, durch den Beschluss,
den Sie morgen am späten Abend vom Bundestag erhal-
ten wollen, gebunden sein wird?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1421118400
Ja, davon gehe ich aus. Denn
sonst kann man als Bundesregierung nicht das Parlament
bitten, die Entscheidung der Bundesregierung, 73 Trans-
portflugzeuge zu beschaffen, zu bestätigen. Herr Kollege
Braun, ich sage Ihnen noch einmal – mein Vorteil ist ja,




Dr. Klaus Rose

20879


(C)



(D)



(A)



(B)


dass ich jahrelang international tätig gewesen bin –: Wenn
die anderen nur annähernd eine solche Haushaltskontrolle
hätten, wie sie der Deutsche Bundestag besitzt, dann
würde bei diesen Projekten manches leichter sein. Das
muss ich Ihnen wirklich mit aller Klarheit sagen, da ich
mich sehr gewundert habe. Es handelt sich ja nicht um alle
Partner, sondern es waren der belgische und der französi-
sche Verteidigungsminister, die den Wunsch äußerten,
dass bis zum 31. Januar dieses Jahres auch eine Erklärung
des Bundestages vorliegen sollte.


(Zuruf von der CDU/CSU: Besonders misstrauisch!)


– Das hat nichts mit Misstrauen zu tun.
Entscheidend daran ist, dass wir diese Aussage ma-

chen. Aber den Vertrag werden wir erst dann unterzeich-
nen und dem Parlament endgültig vorlegen, wenn wir
wissen, dass die Kosten – die Entwicklungskosten und
möglicherweise die Vorfinanzierung – auch wirklich ge-
nau durchgerechnet worden sind.

Deswegen sage ich zu dem Entschließungsantrag, den
die SPD und das Bündnis 90/Die Grünen einbringen wol-
len: Wir gehen davon aus, dass diese Frage bis zum
31. März 2002 erledigt ist. Ich mache mir in diesem Zu-
sammenhang keine Sorgen; denn ich kenne die entspre-
chenden Herrschaften gut genug. Mich plagt vielmehr die
Sorge, wie sich die Kosten entwickeln werden.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1421118500
Eine wei-
tere Frage des Kollegen Joachim Hörster.


Joachim Hörster (CDU):
Rede ID: ID1421118600
Frau Staatssekretärin,
der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat eine
Bewertung des Beschaffungsverfahrens vorgenommen.
Er kommt dabei zu folgendem Ergebnis:

Ein Vertragsabschluss über die Beschaffung der
73 A400M konnte deshalb ohne Verstoß gegen das
Haushaltsrecht nur unter Parlamentsvorbehalt erfol-
gen. Der inzwischen abgeschlossene Vertrag bleibt
wegen des vereinbarten Parlamentsvorbehalts bis zur
Erteilung der Zustimmung durch den Haushaltsge-
setzgeber schwebend unwirksam und trägt somit der
Wirkung der qualifizierten Sperre der ausgebrachten
VE Rechnung.

Stimmen Sie mir zu, dass das im Ergebnis bedeutet,
dass eine wirksame Vereinbarung mit den anderen Ver-
tragspartnern nicht zustande gekommen ist?


(V o r s i t z: Vizepräsidentin Petra Bläss)


B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1421118700
Es liegt daran, dass Sie wirk-
lich nicht wissen, wie militärische Verträge abgeschlossen
werden. Es ist sehr häufig vorgekommen – übrigens auch
bei Ihrer Regierung –, dass MoUs gezeichnet werden, die
noch nicht die Wirkung eines Vertrages haben und die das
Parlament nachher absegnet. Vor Ihnen steht diejenige,
die solche 50-Millionen-DM-Verträge veranlasst hat. Da
ging es zum Beispiel um den Tornado, weil der sehr teuer

wurde; beim Eurofighter haben wir inzwischen ganz an-
dere Zahlen erreicht als ursprünglich geplant.

Es geht wirklich um die schlichte Tatsache, dass der
Verteidigungsminister und auch der Bundeskanzler ge-
sagt haben: Ja, wir haben die Absicht, 73 Flugzeuge zu be-
schaffen und damit auch „lead nation“ in diesem Projekt
zu werden. Ihr, Haushaltsausschuss und Parlament, müsst
sagen, ob ihr die 73 Flugzeuge wirklich wollt. Denn dann
müsst ihr natürlich die Haushaltsmittel dafür zur Verfü-
gung stellen.

Darauf, dass wir überhaupt Flugzeuge haben wollen,
weisen der Titel und die Verpflichtungsermächtigungen
hin. Im Haushalt steht ja kein Geld; es stehen dort nur Ver-
pflichtungsermächtigungen. Das korrigieren wir nun. Es
kann sein, dass wir im März zu dem Ergebnis kommen,
dass es doch besser ist, begleitend zu finanzieren. Dann
kann es sogar sein, dass wir noch im Jahr 2002 eine erste
Rate einstellen. Das ist alles noch nicht geklärt.

Ich kann nur wiederholen: Ich hätte mir gewünscht, wir
wären früher fertig gewesen. Dann hätten wir die Ver-
pflichtungsermächtigung richtig einstellen können. Das
waren wir aber nicht.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421118800
Die nächste Zusatz-
frage kommt von der Kollegin Irmgard Karwatzki.


Irmgard Karwatzki (CDU):
Rede ID: ID1421118900
Frau Kollegin
Schulte, sind Sie mit mir der Meinung, dass es das Beste
wäre, wenn Sie einen Nachtragshaushalt einbringen wür-
den? Dann hätten wir eine vernünftige rechtliche Grund-
lage.

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1421119000
Das Beste wäre gewesen, das
gleich im Haushalt 2002 zu veranschlagen. Da sind wir
uns einig, nicht wahr?

Niemand bringt gern schon im Januar oder Februar ei-
nen Nachtragshaushalt ein. Auch Sie hätten das nicht gern
getan, wenn Sie in dieser Lage gewesen wären, Frau Kol-
legin. Das geben Sie zu.


(Zuruf von der CDU/CSU)

– Hier ist eine klare Aussage: Das Parlament wird morgen
erklären, dass es die 73 Flugzeuge haben will. Nebenbei
gesagt, bin ich davon überzeugt, dass dies die Mehrheit
beschließen wird, die das dann später auch durchführen
wird. Darüber hinaus aber ist es sowohl bei Ihnen wie bei
der FDP unstrittig, dass wir das Flugzeug brauchen und
dass es nach Möglichkeit dieses Modell sein soll.


(Irmgard Karwatzki [CDU/CSU]: Sie haben damit meine Frage nicht verneint!)


– Ich würde sie nie verneinen. Das muss ich Ihnen aus-
drücklich sagen. Das ist selbstverständlich eine Alter-
native. Warum soll man das nicht zugeben?


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421119100
Jetzt hat sich noch die
Kollegin Blank zu einer Frage gemeldet.




Parl. Staatssekretärin Brigitte Schulte
20880


(C)



(D)



(A)



(B)



Renate Blank (CSU):
Rede ID: ID1421119200
Frau Staatssekretärin,
was hält Sie eigentlich außer der Tatsache, dass es Januar
ist, von einem Nachtragshaushalt ab?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1421119300
Das habe ich schon ziemlich
ausführlich erklärt. Ich halte es für vernünftig, erst einmal
den endgültigen Vertrag im Haushaltsausschuss und im
Verteidigungsausschuss abzuwarten, damit klar wird, was
das kostet und wie die Zahlungsmodalitäten sind. Das
liegt nicht bis Ende Januar vor.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421119400
Jetzt gibt es eine wei-
tere Wortmeldung des Kollegen Jochen Fromme.


Jochen-Konrad Fromme (CDU):
Rede ID: ID1421119500
Frau Staats-
sekretärin, wenn es der richtigste Weg gewesen wäre, das
in den Haushalt einzustellen, müssen Sie doch einen poli-
tischen Grund gehabt haben, das nicht zu tun. War der
Grund etwa, dass Sie in diesem Falle Ihr Sparimage ge-
fährdet gesehen hätten?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1421119600
Nein. Ich sage es noch einmal:
Wir hatten zu diesem Zeitpunkt keine Vereinbarung mit
unseren Partnern.


(Zuruf von der CDU/CSU: Aber jetzt!)

– Wir haben den Haushalt im November beschlossen. Er
ist, glaube ich, Mitte November in den Gremien abge-
schlossen worden. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir noch
keinen Vertrag, sodass wir uns über die Höhe der Kosten
hätten verständigen können.

Es ging zudem nicht nur um die Höhe der Kosten, son-
dern auch um die Aufteilung. Sie erinnern sich, dass Italien
noch lange geschwankt hat, ob es mitmachen sollte oder
nicht. Das hatte Einfluss auf die Verteilung der Pakete und
damit darauf, wer welchen Bereich übernimmt und damit
Arbeitsplätze in seinem eigenen Land absichert.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421119700
Jetzt rufe ich die
Frage 15 des Kollegen Werner Siemann auf:

Wie hat sich die Zahl der Anträge von Unteroffizieren auf
Übernahme in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten von
1998 bis 2001 entwickelt und wie hat sich im gleichen Zeitraum
die Zahl der widerruflichen Verpflichtungserklärungen von Offi-
ziersanwärtern entwickelt?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1421119800
Herr Kollege Siemann, in den
Jahren 1998 und 1999 konnte bei einer Bewerberzahl von
etwas mehr als jeweils 8 000 die hinsichtlich der Um-
wandlung des bestehenden Dienstverhältnisses in das ei-
nes Berufsunteroffiziers vorgesehene Quote mit einer
Übernahme von 1 222 Antragstellern in 1998 und von
1 552 Antragstellern in 1999 erfüllt werden.

In den vergangenen beiden Jahren konnten aufgrund
geänderter Ausschreibungsverfahren weniger Bewerber
eine Übernahme beantragen. Bei einem Schnitt von

5500 Anträgen konnten jedoch die festgelegten Über-
nahmequoten mit 1027 im Jahr 2000 und 1529 im
Jahr 2001 mit qualifizierten Bewerbern erfüllt werden.

Im Zeitraum von 1998 bis 2002 nahmen jährlich durch-
schnittlich rund 940 der eingestellten Bewerber die Mög-
lichkeit wahr, sich mit widerruflicher Verpflichtungs-
erklärung einstellen zu lassen. Etwa 530 hatten sich sofort
gebunden. Mit Widerruf der Verpflichtungserklärung ha-
ben in den letzten Offiziersanwärterjahrgängen von ihrem
Recht auf Rücktritt Gebrauch gemacht: 230 Soldaten
in 1998, 305 Soldaten in 1999, 320 Soldaten in 2000 und
365 Soldaten in 2001.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421119900
Herr Kollege Siemann
zu einer ersten Nachfrage, bitte.


Werner Siemann (CDU):
Rede ID: ID1421120000
Frau Staatssekretärin,
die Zahl der Widerrufserklärungen hat sich erhöht und ist
bei über 300 stehen geblieben. Was wird die Bundes-
regierung in der Zukunft tun, um diese Zahl zu reduzie-
ren?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1421120100
Das kommt darauf an. Wichtig
für die Offiziere ist, dass es genügend Bewerber gibt. Auf-
grund der heutigen Lebensplanung von jungen Menschen
werden Sie nicht verhindern können, dass es sich ein Teil
der Leute dann doch noch anders überlegt. Vor allen Din-
gen dürfen Sie nicht vergessen, dass wir eine erhöhte Zahl
von Soldaten in Auslandsaufenthalten haben. Wir haben
im Moment alle drei Teilstreitkräfte in ständigen Einsät-
zen, vom Sanitätsdienst ganz zu schweigen. Das spielt
natürlich eine Rolle. Sollte sich herausstellen, dass wir
das Bewerberaufkommen nicht erreichen, das wir benöti-
gen, um genügend Nachwuchs zu erhalten – wir brauchen
mindestens die Zahl der Berufssoldaten –, dann werden
wir uns entweder etwas hinsichtlich der Verlängerung des
Dienstes der Zeitsoldaten einfallen lassen – vielleicht auf
20 Jahre; das wird ja oft überlegt – oder die Attraktivität
erhöhen. Das wird sowieso nötig sein, wie Sie feststellen,
wenn Sie die schwächer werdenden Jahrgänge und die
Konkurrenz betrachten. Das wird bereits in zwei, drei Jah-
ren ein Problem werden.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421120200
Kollege Siemann hat
noch eine zweite Nachfrage.


Werner Siemann (CDU):
Rede ID: ID1421120300
Die Regierung beab-
sichtigt, die Zahl der Berufs- und Zeitsoldaten in den nächs-
ten Jahren auf 200000 Soldaten zu erhöhen. Wenn Sie jetzt
sagen, es müsse ein Attraktivitätsprogramm geschaffen
werden: Gibt es da schon irgendwelche konkreten Vorstel-
lungen, gerade vor dem Hintergrund, dass wir vermehrt
Auslandseinsätze haben und auch andere Beeinträchtigun-
gen dazu führen können, dass sich noch weniger melden?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1421120400
Ich glaube, Sie haben gemeinsam
mit uns dafür gestimmt, Anstrengungen zu unternehmen,






(C)



(D)



(A)



(B)


damit alle Kompaniechefs nach A12 bezahlt werden. Das
war bis dahin nicht der Fall. Die jungen Männer haben
sich mit Altersgenossen im öffentlichen Dienst vergli-
chen, die als Gymnasiallehrer, Realschullehrer und sogar
bereits als Hauptschullehrer andere Größenordnungen er-
reicht haben. Das ist ein Punkt.

Der zweite Punkt ist: Die Offiziere in der Gesamtheit
sind nicht unser Problem. Allerdings gibt es sehr wohl
Schwierigkeiten bei Sanitätsoffizieren. Zunehmende Pro-
bleme gibt es bedauerlicherweise auch bei den Marinean-
gehörigen. Früher gab es dort überhaupt keine Probleme.
Heute spielen die langen Stehzeiten außerhalb Deutsch-
lands eine Rolle. Wir müssen auch abwarten, wie sich die
Situation der Offiziere in den fliegerischen Diensten wei-
terentwickelt.

Sorgen mache ich mir persönlich am meisten in Bezug
auf die Unteroffiziere und Feldwebel. Da werden wir in
der Tat über die bisher erreichte Attraktivität hinaus ge-
meinsam noch einiges tun müssen, was die Eingruppie-
rung im Vergleich zu anderen Berufsgruppen des öffentli-
chen Dienstes betrifft. Ich nenne das Stichwort Polizei.
Über dieses Problem entscheiden wir aber nicht allein; da
reden der Innenminister und die Länder mit.


(Werner Siemann [CDU/CSU]: Da müssen wir durchsetzungsfähig sein!)


– Ja, natürlich, das müssen wir. Ich sehe das sehr wohl als
Notwendigkeit; denn wir stellen gerade bei den Einsätzen
fest, dass wir qualifizierte Leute benötigen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421120500
Ich rufe die Frage 16
des Kollegen Günther Friedrich Nolting auf:

Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen, um
die seit Anfang des Jahres 2001 mehrfach durch den Bundesmi-
nister der Verteidigung, Rudolf Scharping, angekündigte schnel-
lere, streitfreie und großzügige Bearbeitung von Anträgen auf An-
erkennung einer Wehrdienstbeschädigung zu gewährleisten, die
von aktivem oder ehemaligem Personal von Radareinrichtungen
der Bundeswehr gestellt wurden?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1421120600
Herr Kollege Nolting, das
Bundesministerium der Verteidigung hat, nachdem sich
die Zahl der Anträge auf Wehrdienstbeschädigung von
Personal der Bundeswehr bei Radareinrichtungen erhöht
hatte, eine Arbeitsgruppe „Aufklärung der Arbeitsplatz-
verhältnisse Radar“ und eine Arbeitsgruppe „Beschä-
digtenversorgung Strahleneinwirkung“ eingerichtet. Die
personellen Kapazitäten zur Beschleunigung der versor-
gungsmedizinischen Begutachtung in diesen Verfahren
wurden erheblich verstärkt. Die Maßnahmen haben dazu
geführt, dass eine große Zahl von Anträgen abschließend
bearbeitet werden konnte.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421120700
Herr Kollege Nolting
zu einer ersten Nachfrage, bitte.


Günther Friedrich Nolting (FDP):
Rede ID: ID1421120800
Frau Staatssekre-
tärin, der Bundesminister der Verteidigung hat großzü-
gige Regelungen angekündigt. Sind Sie mit mir einer

Meinung, dass wir in den schwebenden Verfahren zu ei-
ner Umkehr der Beweislast kommen sollten, um die Posi-
tion der Betroffenen zu erleichtern?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1421120900
Für den Kollegen Braun hatte
ich eine ganze Reihe von Antworten auf diese Fragen
schon vorbereitet, weil er nach der ursprünglichen Rei-
henfolge vor Ihnen war. Ich kann das gerne noch einmal
erklären, weil dies auch draußen immer wieder zu Nach-
fragen führt:

Nach den bestehenden Gesetzen sind wir gebunden,
den Einzelfall zu prüfen. Das ist klar und richtig in einem
Rechtsstaat. Im Rahmen der Sachverhaltsermittlung wer-
den die Antragsteller befragt, die Personalunterlagen hin-
sichtlich der Verwendung gesichtet und private bzw.
dienstliche Krankenunterlagen eingeholt. Dies erfolgt in
für Radarangelegenheiten speziell eingerichteten Arbeits-
gruppen, die ich Ihnen genannt habe. Die für die Prüfung
der Arbeitsplatzverhältnisse zuständige Arbeitsgruppe
muss feststellen, ob durch das Gerät tatsächlich eine ent-
sprechende extreme Belastung auf den jeweils Erkrankten
zukam. Von den Messergebnissen und den dokumentier-
ten Werten werden nicht nur die Durchschnittswerte, son-
dern auch plausible Extremwerte als permanente Expo-
sition angenommen. Diese Maximalwerte zeigen, wenn
man bei der Berechnung die gesetzlich vorgeschriebene
individuelle Körperdosis zugrunde legt, dass es nicht
möglich ist nachzuweisen, dass eine Mehrzahl der Leute
aufgrund ihrer Arbeit an den Geräten medizinisch er-
krankt ist. Wir haben in jedem Einzelfall, zu dem uns die
entsprechenden Unterlagen vorliegen, mit der Prüfung
begonnen.

Die Einführung der Umkehr der Beweislast würde nur
durch ein Sondergesetz möglich. Dies wäre mit dem
Gleichheitsgrundsatz unvereinbar. Ein Verzicht auf den
generellen und individuellen Kausalkettennachweis
würde Forderungen anderer Personengruppen, nicht nur
im Bereich der Bundeswehr, sondern auch in der übrigen
Arbeitswelt, nach sich ziehen. Deswegen geht es nur auf
dem von uns verfolgten Wege. Das macht es auch so kom-
pliziert, Herr Kollege Nolting.

Immer, wenn ich auf diese Problematik angesprochen
worden bin, habe ich ganz deutlich gesagt: Gebt mir bitte
diesen Fall, wenn ihr das Gefühl habt, er wird nicht
schnell genug bearbeitet. Ich habe bisher nicht von einem
solchen Fall Kenntnis erlangt; das ist eigentlich schon
ganz interessant. Allerdings hat sich, nachdem wir diese
Arbeitsgruppe gebildet hatten, die Zahl der Antragsteller
verfünffacht.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421121000
Der Kollege Nolting
hat noch eine zweite Nachfrage.


Günther Friedrich Nolting (FDP):
Rede ID: ID1421121100
Frau Staatssekre-
tärin, sind Sie nicht mit mir der Meinung, dass durch die
Ankündigung des Ministers, es solle großzügige Rege-
lungen geben, bei den Betroffenen der Eindruck erweckt
wurde, dass die Fälle schnell und vor allen Dingen auch




Parl. Staatssekretärin Brigitte Schulte
20882


(C)



(D)



(A)



(B)


unbürokratisch bearbeitet werden? Wir haben jetzt die Si-
tuation, dass die Maßnahmen der Regelung sich sehr lang
hinziehen.

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1421121200
Ich darf Sie noch einmal daran
erinnern, dass das Thema ja nicht neu ist. Zu Beginn des
Jahres 2001 hat eine Universität – ich glaube, es war die
Universität Witten-Herdecke – behauptet, dass solche
Strahlenschäden Krebserkrankungen hervorrufen kön-
nen. Im weiteren Verlauf hat das dazu geführt, dass man
behauptete, die Zahl der Wehrdienstbeschädigungen sei
gestiegen. Es hat in der Vergangenheit immer schon Fälle
gegeben, in denen geprüft worden ist, und die Prüfungen
haben auch früher schon nur in einem ganz geringen An-
teil zum Nachweis einer Berufserkrankung und einer
Wehrdienstbeschädigung geführt.

Weil dieser Vorgang in der Öffentlichkeit eine so große
Rolle gespielt hat, hat der Herr Minister diese Arbeits-
gruppe unter Leitung von Herrn Dr. Sommer eingerichtet.
Der Minister hat gesagt: Wenn die Ursache nachgewiesen
ist, werden wir uns großzügig verhalten. Seit dieser Zeit hat
sich der Zahl derjenigen, die sich gemeldet haben
– wir haben noch das spezielle Problem mit der NVA–, ver-
fünffacht. Wir müssen jeden Fall korrekt prüfen. Wir haben
zwar das entsprechende Personal verstärkt. Aber wir kön-
nen die rechtlichen Grundlagen nicht außer Kraft setzen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421121300
Jetzt gibt es eine
Nachfrage der Kollegin Heidi Lippmann.


Heidi Lippmann-Kasten (PDS):
Rede ID: ID1421121400
Frau Staatssekretärin, Sie
sagten gerade selbst, dass der Vorgang nicht neu sei. Das
ARD-Magazin „Monitor“ hat schon im Jahre 1991 über
die gesundheitlichen Probleme der radargeschädigten
Soldaten ausführlich berichtet.

Sie haben schon ausgeführt, dass zwei Arbeitsgruppen
– die eine unter der Leitung von Herrn Dr. Sommer – ein-
gerichtet wurden. Ist denn mit Datum Ende 2001 bekannt,
wie viele Soldaten oder wie viele ehemalige Soldaten, die
einen solchen Antrag aufgrund ihrer Diensttätigkeit an
den besagten Radargeräten eingereicht haben, seit Ein-
richtung der beiden Arbeitsgruppen verstorben sind?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1421121500
Nein. Wir können das natürlich
untersuchen, Frau Kollegin. Ich kann Ihnen sagen – das
gehört zu der Antwort auf die zweite Frage von Herrn
Nolting –, wie viele Fälle wir bislang behandelt haben und
wie viele Fälle entschieden worden sind. Das kann ich
tun. Ich kann Ihnen aber jetzt nicht sagen, wie viele Sol-
daten inzwischen verstorben sind. Das müsste man im
Rahmen der Antragsprüfung untersuchen.

Man muss sehr sorgfältig untersuchen, Frau Lippmann,
ob es sich überhaupt um Fälle handelt, die ursächlich et-
was mit der Bundeswehr zu tun haben. Wir müssen sehr
aufpassen, dass eine spektakuläre Erscheinung nicht
gleich zu der Behauptung führt, dass es so ist. Ich bin da-
von überzeugt, dass die Mitarbeiter, die sich in unserem

Ministerium oder auch in den Wehrbereichen mit dieser
Frage befassen, sorgfältig vorgehen. Die Bundeswehr ist
ja auch eine verwaltende Armee, sodass von den Soldaten
entsprechende Unterlagen existieren.

Besondere Schwierigkeiten bereitet die Tatsache, dass
die betroffenen Soldaten größtenteils erst nach ihrer be-
ruflichen Tätigkeit erkrankt sind.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421121600
Der nächste Frage-
steller ist der Kollege Paul Breuer.


Paul Breuer (CDU):
Rede ID: ID1421121700
Danke, Frau Präsidentin! –
Frau Staatssekretärin, Minister Scharping hat nicht nur
eine großzügige, sondern auch eine großherzige Lösung
zugesagt. Die Betroffenen, die im Übrigen morgen mit ei-
ner Mahnwache beginnen, haben bislang nicht erkennen
können – mir wird es auch nicht deutlich aufgrund dessen,
was Sie hier sagen –, wo die Großherzigkeit im Verfahren
liegt. Vielleicht können Sie dem Hohen Hause einmal sa-
gen, in welcher Art und Weise sich die Großherzigkeit im
Verfahren niederschlägt.

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1421121800
Die Großherzigkeit im Verfah-
ren muss immer im Rahmen der rechtsstaatlichen Be-
stimmungen erfolgen. Das muss man in aller Deutlichkeit
allen Kolleginnen und Kollegen sagen.

Wir prüfen die einzelnen Systeme, von denen behaup-
tet wird, dass es die schadhaften Systeme seien, zum Bei-
spiel die Systeme Hawk oder Nike. Zum Teil aber sind
diese in der Truppe gar nicht mehr im Einsatz.

Wir beide gehören schon eine Weile dem Bundestag
an. Wir wissen auch, dass sehr schnell behauptet wird,
man habe die Ursache mit den entsprechenden Folgen
entdeckt. Das hat dazu geführt, dass dieser Vorgang in so
spektakulärer Weise dargestellt wurde. Dadurch wurde
der Minister veranlasst, sofort zu sagen: Bitte prüft jeden
Fall sorgfältig und schnell, damit die Erkrankten nicht das
Gefühl haben, dass die Untersuchung erst dann abge-
schlossen sein wird, wenn sie verstorben sind.

Tatsache ist – das muss auch der Bundeswehrverband
zugeben –, dass die geprüften Anträge zum großen Teil
abgewiesen werden mussten, weil eine Ursache nicht
nachweisbar war. Dieses Vorgehen kann ich nicht außer
Kraft setzen, Herr Kollege.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421121900
Jetzt eine Frage des
Kollegen Hildebrecht Braun.


Hildebrecht Braun (FDP):
Rede ID: ID1421122000
Frau Staats-
sekretärin, Sie sagten, eine Umkehr der Beweislast komme
deswegen nicht infrage, weil dies unzulässig und gar
rechtswidrig sei. So habe ich Sie jedenfalls verstanden.

Ich habe bereits vor zehn Monaten im Ausschuss die
Prüfung dieser Frage gefordert, weil im Arzthaftungsrecht
und im Versicherungsrecht, also in zwei nahe gelegenen
Rechtsgebieten, eine gewisse Umkehr der Beweislast




Günther Friedrich Nolting

20883


(C)



(D)



(A)



(B)


durch die obersten Gerichte längst stattgefunden hat. Das
ist nämlich dann der Fall, wenn der Geschädigte einen
Sachverhalt plausibel vortragen kann, der einen Kausal-
zusammenhang zwischen seiner früheren Tätigkeit und
der späteren Schädigung nahe legt. Ist es nicht unter dem
Blickwinkel der besonderen Fürsorgepflicht des militäri-
schen Arbeitgebers, die natürlich viel weiter geht als die
des Arztes gegenüber seinen Patienten oder gar die der
Versicherung gegenüber einem Versicherungsnehmer, be-
sonders nahe liegend, dass der Staat, wenn er jemanden in
einer gefährlichen Situation beschäftigt und ihn damit ei-
ner besonderen Gefährdung aussetzt, auch bei der Frage
der Beweislastumkehr mehr Entgegenkommen zeigt?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1421122100
Herr Kollege Braun, ich würde
Ihnen zustimmen, wenn das zuträfe. Unsere Untersu-
chungen, auch die der Vergangenheit, zeigen aber, dass
man immer gewisse Verhaltensmaßnahmen gekannt hat.
Man wusste immer, dass man sich entsprechend verhalten
musste. Deswegen ist es so schwierig, ohne den Gleich-
heitsgrundsatz zu verletzen. Es ist nicht so, dass wir sagen
würden, wir hätten kein Verständnis für diese Menschen.
Sie wissen aber, dass es in der Bundeswehr eine ganze
Menge von Arbeitsplätzen gibt. Der eine nimmt seine Ar-
beit, Gott sei Dank, ohne eine gesundheitliche Schädi-
gung wahr, ein anderer kann aber möglicherweise sagen:
Diese Gesundheitsschädigung kommt von dieser oder je-
nen Verwendung. Ich brauche das nicht zu vertiefen; wir
haben bis zu 495 000 Soldaten gleichzeitig gehabt. Das
macht die Schwierigkeit aus.

Wir würden also, wenn wir die Beweislastumkehr bei
uns zuließen, eine Fülle von Problemen bekommen. Dann
würde auch die gesamte Industrie, die gesamte Wirt-
schaft, die gleichen Probleme haben. Das ist eigentlich
der Grund, warum man die Beweislast nicht umkehrt, so
viel Verständnis man in den Einzelfällen auch hat – auch
ich habe das. Deswegen habe ich immer gesagt: Bitte gebt
uns die Einzelfälle. Ich habe ein bisschen das Gefühl, dass
Sammelklagen im Moment Mode geworden sind. Bei den
Einzelfällen, die wir überprüft haben, hat sich ergeben,
dass wir nur in fünf Fällen eine angemessene Entschä-
digung geben konnten. Bei allen anderen hat sich gezeigt
– ich bin keine Medizinerin, ich habe mich aber erkun-
digt –, wie schwierig es ist, die Überschreitung von
Grenzwerten festzustellen. Darauf wage ich, Herr Braun,
vorsichtig hinzuweisen, wenn man die Beweislastumkehr
bei einem so komplizierten Gebilde wie der Bundeswehr
zur rechtlichen Grundlage zulassen will.


(Hildebrecht Braun [Augsburg] [FDP]: Dies geht dann zulasten der Soldaten?)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421122200
Leider ist ein Dialog
in der Fragestunde nicht möglich. Wir bleiben aber beim
Thema.

Ich rufe jetzt Frage 17 des Kollegen Nolting auf:
Wie viele dieser Anträge sind mit welchem Ausgang bis heute

abschließend bearbeitet worden und wie viele können voraus-
sichtlich noch bis zum Ende der Legislaturperiode positiv be-
schieden werden?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1421122300
Herr Kollege Nolting, von den
circa 330 zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Berichts
des Arbeitsstabes Dr. Sommer im Juni 2001 vorliegenden
Anträgen auf Anerkennung einer Wehrdienstbeschädi-
gung waren bis Mitte Januar 2002 290 Fälle entschieden.
Die Anerkennung einer Wehrdienstbeschädigung erfolgte
in fünf Fällen.

Bis zum 15. Januar 2002 haben 1 505 ehemalige und
aktive Bundeswehrsoldaten, 117 zivile Mitarbeiter und
879 Angehörige der ehemaligen NVA einen Antrag ge-
stellt. Die Dienststellen des Bundesministeriums der
Verteidigung bemühen sich, dass möglichst im ersten
Halbjahr 2002 in allen laufenden Wehrdienstbeschä-
digungsverfahren, in denen sie zuständig sind, Entschei-
dungen getroffen sind. Aufgrund der ersten Ergebnisse
der Arbeitsgruppe „Aufklärung der Arbeitsplatzverhält-
nisse Radar“ zu sechs Radargerätetypen wird deutlich,
dass von einer systematischen Verstrahlung von Radar-
personal durch sämtliche Radargerätetypen keine Rede
sein kann. Eine Prognose über die Zahl der Fälle, in de-
nen eine Wehrdienstbeschädigung festgestellt werden
kann, ist, denke ich, im März dieses Jahres, nach Vorlie-
gen sämtlicher Ergebnisse der Arbeitsgruppe „Auf-
klärung der Arbeitsplatzverhältnisse Radar“, möglich.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421122400
Die erste Nachfrage,
bitte.


Günther Friedrich Nolting (FDP):
Rede ID: ID1421122500
Frau Staatssekre-
tärin, hat das jetzige Radarpersonal die Möglichkeit, an
kostenlosen Untersuchungen teilzunehmen, um etwaige
Strahlenschäden festzustellen?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1421122600
Sie wissen, dass es bei der Un-
tersuchung des Personals unterschiedliche Rhythmen
gibt. In solchen Bereichen ist die Sensibilität in den letz-
ten Jahren noch erhöht worden. Ich habe heute Morgen
bei der Vorbereitung die gleiche Frage wie Sie jetzt ge-
stellt. Dabei hat sich dann ergeben, dass es bei der Bun-
deswehr Ärzte gibt, die häufigere Untersuchungen für
notwendig halten, genauso wie solche, die es nicht für
notwendig halten, dass dem Wunsch von Patienten nach
einer jährlichen Untersuchung in allen Bereichen nachge-
kommen wird. Ich glaube jedoch, dass in diesem speziel-
len Bereich die Sensibilität groß genug ist und dies auch
schon in der Vergangenheit überprüft wurde.

Ein Grund für die Schwierigkeiten ist auch, dass An-
haltspunkte für eine Wehrerkrankung zu dem Zeitpunkt,
in dem die Leute im aktiven Dienst sind, noch relativ ge-
ring sind. Ich brauche Ihnen auch nicht zu sagen, welche
Ursachen das alles haben kann. Ich wusste auch nicht,
dass das Krankheitsspektrum, das jetzt von denjenigen
angemeldet worden ist, die glauben, durch ihren Wehr-
dienst beschädigt worden zu sein, so groß ist.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421122700
Das sieht nach einer
zweiten Nachfrage aus. Bitte, Herr Kollege Nolting.




Hildebrecht Braun (Augsburg)

20884


(C)



(D)



(A)



(B)



Günther Friedrich Nolting (FDP):
Rede ID: ID1421122800
Frau Staatssekre-
tärin, werden eigentlich auch Erkrankungen aufgrund von
Hochfrequenzstrahlungen berücksichtigt – und falls
nicht, warum nicht?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1421122900
Das ist ebenfalls eine wichtige
Frage. Auch darüber haben wir in den letzten Jahren in der
Öffentlichkeit verstärkt diskutiert. Dies betrifft wieder ei-
nen Personenkreis, der sorgfältig kontrolliert wird; das ist
im zivilen Bereich ähnlich. Hier gibt es aber keine erhöh-
ten Auffälligkeiten. Wir haben – das muss man der Bun-
deswehr bescheinigen – einer möglichen Gesundheits-
gefährdung schon immer eine größere Aufmerksamkeit
entgegengebracht als andere. Das Problem besteht darin,
dass sich nicht alle an die Vorschriften halten.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421123000
Jetzt kommen wir zur
Frage 18 der Kollegin Heidi Lippmann:

Wie schätzt die Bundesregierung die Gefahren durch ABC-
Waffen im Einsatzraum der Bundeswehr im Rahmen der Teil-
nahme an der Antiterrorkoalition ein und welche Anhaltspunkte
gibt es dafür?1)

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1421123100
Frau Kollegin Lippmann, ver-
lässliche Erkenntnisse über ABC-Waffen im Einsatzge-
biet der Antiterrorkoalition werden erst nach Abschluss
der Durchsuchung der Höhlensysteme und anderer Ver-
stecke von Taliban und al-Qaida in Afghanistan erwartet.
Bis dahin tragen die in der Truppe getroffenen Schutz-
maßnahmen dem Risiko eines möglichen Einsatzes von
chemischen oder biologischen Kampfstoffen angemessen
Rechnung.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421123200
Frau Kollegin
Lippmann, bitte, Ihre erste Nachfrage.


Heidi Lippmann-Kasten (PDS):
Rede ID: ID1421123300
Frau Staatssekretärin, es gibt
hinreichende Erkenntnisse aus unterschiedlichen Ge-
heimdiensten, die ich hier nicht im Einzelnen benennen
möchte, welche Staaten wahrscheinlich über B- und
C-Waffen, auch über A-Waffenforschung und -entwick-
lung verfügen. In diesen Tagen rücken Soldaten nach Ku-
wait aus, um dort – ich weiß, das ist Inhalt der nächsten
Frage, ich muss aber vorgreifen – an einer Katastrophen-
schutzübung mit B- und C-Waffen unter Einsatz von deut-
schen ABC-Spürpanzern „Fuchs“ teilzunehmen. Über
diese Katastrophenschutzübung hinaus ist die Herstellung
einer 96-Stunden-Bereitschaft geplant. Wie können Sie
diese begründen, wenn bisher keinerlei Erkenntnisse vor-
liegen?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1421123400
Ich habe ganz bewusst von ge-
sicherten Erkenntnissen gesprochen. Auch in der Vergan-
genheit – ich darf Sie daran erinnern – haben wir in

verschiedenen Teilen der Welt die Erfahrungen machen
müssen, dass diese Länder entweder an ABC-Waffen he-
rumexperimentiert oder versucht haben, sich solche zu
beschaffen.

Unser Wissen bezieht sich zunächst einmal auf
Afghanistan. Neben dem Raum, in dem nach dem Kabi-
nettsbeschluss und dem Beschluss des Deutschen Bun-
destages der Einsatz vorgesehen ist, kommen aber auch
andere Gebiete – damit komme ich auf die Frage von
Herrn Gehrcke – für einen Einsatz infrage. Diesbezüglich
haben wir als eine Komponente die Bekämpfung von
ABC-Waffen aufgenommen, weil die Bundesrepublik
Deutschland dieses Thema schon in den vergangenen Jah-
ren aufmerksamer betrachtet hat. Mögliche Einsatzge-
biete sind über Afghanistan hinaus die arabische Halb-
insel, Mittel- und Zentralasien, Nordostafrika sowie die
angrenzenden Seegebiete – auch wenn man in letzteren si-
cher nicht den „Fuchs“ einsetzen wird. Gesicherte Er-
kenntnisse wird man aber erst haben, wenn man die Nach-
weise erbringt.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421123500
Jetzt rufe ich die Fra-
ge 19 des Kollegen Wolfgang Gehrcke auf:

Treffen Presseberichte über eine bevorstehende Entsendung
von Bundeswehrsoldaten aus ABC-Einheiten nach Kuwait zu

(vergleiche „Süddeutsche Zeitung“ vom 11. Januar 2002), und

wenn ja, was ist das Ziel eines solchen Einsatzes?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1421123600
Herr Kollege Gehrcke, die
Presseberichte in der „Süddeutschen Zeitung“ treffen in-
soweit zu, als es sich hier um ABC-Abwehrkräfte handelt,
deren Entsendung der Deutsche Bundestag am 16. No-
vember 2001 zur Unterstützung der Operation „Enduring
Freedom“ zugestimmt hat.

Der Zweck dieses Einsatzes ist die Bereitstellung von
Kräften zum Spüren und Dekontaminieren von ABC-
Kampfstoffen in Regionen, in denen zurzeit ein Risiko für
den Einsatz derartiger Kampfstoffe gesehen wird. Die
Unterstützung durch deutsche ABC-Abwehrsoldaten
kann daher sowohl den Streitkräften betroffener Koaliti-
onspartner, also Enduring-Freedom-Partner, als auch den
Nationen in der Region zugute kommen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421123700
Eine Nachfrage des
Kollege Gehrcke.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421123800
Mit Rückblick auf die
Fragen zur Beschaffungsdebatte darf ich mir vielleicht die
Anrede „teure Frau Staatssekretärin“ erlauben.

Sinn meiner Frage war ja, das Ganze in einen politi-
schen Kontext zu stellen: Können Sie nachvollziehen,
wenn ich sage, dass es darüber, dass die USA mögliche
Militärschläge auf den Irak noch nicht verbindlich ausge-
schlossen haben, eine, wie ich finde, nicht sehr vernünf-
tige Debatte mit verschiedenen Äußerungen gibt? Die
Bundesregierung hat zwar wieder einmal deutlich ge-
macht, dass sie das für wenig sinnvoll hält, sie kann es






(C)



(D)



(A)



(B)


1) siehe hierzu auch Frage 9

aber nicht ausschließen, weil sie so genau auch nicht
weiß, was die Amerikaner machen.

Stimmen Sie mir zu, dass die Stationierung solcher Mi-
litärgeräte in Kuwait – an der Grenze zum Irak – zumin-
dest in der arabischen Welt so verstanden würde, dass
Deutschland in dieser Frage nicht deeskalierend, sondern
eskalierend tätig ist und dass insofern ein falsches politi-
sches Signal davon ausgeht? Wäre die Bundesregierung
nicht gut beraten, diese Stationierung nicht zu vollziehen
bzw. sie auszusetzen?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1421123900
Deutschland wird seine Streit-
kräfte ganz bestimmt keinem Land aufdrängen. Davon
können Sie ganz sicher ausgehen.


(Wolfgang Gehrcke [PDS]: Davon kann man ausgehen!)


Wir besitzen gewisse Kompetenzen und es geht ja
nicht nur um Kuwait. Ohne die Zustimmung von Kuwait
kämen wir überhaupt nicht auf die Idee, dort hinzugehen.
Wenn es Ihnen auch etwas unwahrscheinlich zu sein
scheint, so ist es doch richtig, dass auch die Vereinigten
Staaten – sie sind dort unten und sie sind die „lead nation“
bei Enduring Freedom – in keinem Bereich ausschließen
können, dass es zum Einsatz von ABC-Waffen durch Ter-
roristen kommen kann. Dass man sich auf diesen mögli-
chen Fall vorbereitet und sagt, man wolle gemeinsam wis-
sen, wie damit umzugehen sei, halte ich für legitim. Sonst
würde die Bundesrepublik das auch nicht mitmachen.

Zu den stattgefundenen Spekulationen – nun sitzt der
Außenminister inzwischen vor mir – gibt es eine ge-
schlossene Meinung der Bundesregierung dahin gehend,
dass wir das Terrain, auf dem weitere Konflikte entstehen,
möglichst eingrenzen sollten. Lieber Herr Kollege
Gehrcke, ich kann Ihnen deshalb ausdrücklich nicht zu-
stimmen; denn das, was wir jetzt tun, ist Vorsorge und
nicht die Absicht, dort auch wirklich militärische Einsätze
durchzuführen. Insoweit habe ich damit keine Probleme;
denn ohne eine Zustimmung dieser Länder und ohne die
Bitte der Vereinigten Staaten, die nicht alles selbst ma-
chen können, gäbe es das nicht.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421124000
Bevor ich jetzt noch
die zweite Zusatzfrage des Kollegen Gehrcke zulasse,
möchte ich darauf verweisen, dass die restlichen Fragen
der Fragestunde – ab Frage 20 – schriftlich beantwortet
werden, weil wir gleich unmittelbar im Anschluss an die
Fragestunde in die Aktuelle Stunde eintreten. Zugelassen
sind aber auch noch die Zusatzfragen des Kollegen
Nolting und der Kollegin Lippmann.

Herr Kollege Gehrcke, bitte.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421124100
Frau Präsidentin, jetzt
muss ich erst einmal zurückfragen, weil ich das Verzeich-
nis der Fragesteller nicht vorliegen habe. Fällt damit
meine zweite Frage weg? Dann würde ich lieber keine Zu-
satzfrage stellen, sondern meine zweite Frage beantwor-

tet haben, weil damit die Probe aufs Exempel gemacht
wird, wie weit der Respekt vor den anderen Ländern geht.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421124200
Okay. Dann machen
wir es ganz fix.

Ich rufe jetzt den Kollegen Nolting zu seiner Zusatz-
frage und danach die Kollegin Lippmann auf. Ich bitte
beide und auch die Staatssekretärin um Kürze, sodass
dann noch kurz auf die Frage 20 geantwortet werden
kann.


Günther Friedrich Nolting (FDP):
Rede ID: ID1421124300
Frau Staatssekre-
tärin, von wem und wann wurden die ABC-Abwehrkräfte
angefordert? Wenn sie nicht angefordert wurden: Hat die
Bundesregierung diese ABC-Abwehrkräfte angeboten?
Daraus ergibt sich dann natürlich die Frage: wem?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1421124400
Darf ich Sie noch einmal daran
erinnern, Herr Kollege Nolting, dass dieses Parlament am
16. November 2001 mit großer Mehrheit erklärt hat, dass
wir im Rahmen der Operation Enduring Freedom be-
stimmte Komponenten an Sicherheit anbieten können. Sie
kennen das.


(Günther Friedrich Nolting [FDP]: Das kenne ich alles!)


Ich habe das vor mir liegen.
Darunter sind circa 800 ABC-Abwehrkräfte. Wir beide

wissen, dass es auch die Soldaten aus Höxter trifft. Ich
wohne noch ein bisschen näher an dieser Stadt; auch Sie
sind nicht allzu weit entfernt. Heute haben wir gehört,
dass sie nicht in Wilhelmshaven – wie die Medien berich-
ten –, sondern natürlich in Cuxhaven verladen werden,
wenn sie dazukommen.

Die Amerikaner, die die Hauptlast dieses Einsatzes tra-
gen, sind in dem Bereich auch durch den UN-Beschluss
– damit kann ich das gleich beantworten – die „lead na-
tion“. Sie sagen: Wir können nicht ausschließen, dass es
zum Einsatz solcher Waffen kommt. Wir möchten in Ab-
stimmung mit Kuwait dafür sorgen, dass wir damit auch
umgehen können.

Seit dem 18. Dezember 2001 befassen sich das Aus-
wärtige Amt und Kuwait mit der Frage der möglichen
Teilnahme von deutschen ABC-Kräften an diesem Trai-
ning. Auch die USA beteiligen sich an diesem Manöver.
Die Absicht ist, dass wir nach diesem Manöver die Mehr-
zahl der Truppen wieder zurückholen. Wir haben schon
bei der Bereitstellung der Verbände darauf hingewiesen,
dass diese Kräfte infrage kommen. Wir gehen in kein
Land hinein, in dem man uns nicht haben will.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421124500
Eine kurze Zusatz-
frage der Kollegin Lippmann, bitte.


Heidi Lippmann-Kasten (PDS):
Rede ID: ID1421124600
Frau Staatssekretärin, Sie
sagten gerade, dass seit dem 18. Dezember 2001 verhan-
delt wird. Aber erst seit dem 18. Januar dieses Jahres ist,




Wolfgang Gehrcke
20886


(C)



(D)



(A)



(B)


wenn ich richtig informiert bin, die Zustimmung Kuwaits
erteilt worden, währenddessen im Vorfeld deutsche Sol-
daten in Zivil mit etwas eigentümlichen Visa in Kuwait
gewesen sein sollen, um dort vorab zu verhandeln.

Sie haben die Frage des Kollegen Nolting nicht konkret
beantwortet, wann wer wen angefordert hat. Aber wie
lässt sich denn jetzt diese amerikanische Vereinbarung mit
Kuwait mit dem Beschluss, über den hier im Parlament
entschieden wurde, in Einklang bringen, dass speziell für
den Einsatz deutscher Truppen eine Zustimmung des je-
weiligen Landes vorhanden sein muss, die natürlich über
die Amerikaner als Verhandlungspartner hinausgeht?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1421124700
Das ist immer so. Wir haben
ein Statut, wonach wir nie in ein Land gehen, indem wir
einfach nur sagen: Wir wollen dahin. Dass man darüber
verhandelt, ist doch völlig klar. Der Formalismus ist in
Deutschland so ausgeprägt, dass es manche gar nicht
glauben können, wenn wir sie fragen, ob die Soldaten in
Uniform erscheinen können, weil es für sie selbstver-
ständlich ist, dass Soldaten Uniform tragen. Die Hälfte
oder – ich würde sogar sagen – das meiste von dem, was
in den Zeitungen stand, Frau Kollegin Lippmann, muss
man nicht glauben.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421124800
Ich rufe jetzt als Letz-
tes die Frage 20 des Kollegen Wolfgang Gehrcke auf:

Kann die Bundesregierung bestätigen, dass es zum Zeitpunkt
der ersten Aussagen des Bundesministers der Verteidigung,
Rudolf Scharping, über einen Einsatz von ABC-Kräften in Kuwait
weder eine offizielle Bitte an die Regierung von Kuwait gab noch
eine Einladung von dieser vorlag?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1421124900
Ich hatte gedacht, diese Frage
beantwortet zu haben. Aber vielleicht möchte Herr
Gehrcke eine Zusatzfrage stellen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421125000
Herr Gehrcke hat jetzt
sofort die Möglichkeit zu einer Zusatzfrage.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421125100
Frau Staatssekretärin, ich
will nur einmal die Fakten korrekt festhalten: Am 18. Ja-
nuar dieses Jahres ist die Einladung des kuwaitischen
Staates an die Bundesrepublik ergangen, die Truppen dort
zu stationieren. Die offizielle schriftliche Anfrage der
Bundesregierung stammt vom 10. Januar. Aber bereits
Ende November 2001 sind die Planungen, wie Sie selber
bestätigt haben, angelaufen. Im Dezember 2001 hat es
auch vom Verteidigungsminister verschiedene Veröffent-
lichungen über eine mögliche Stationierung gegeben. In
Ausschüssen gab es Informationen.

Können Sie sich nicht vorstellen, dass ein Staat wie Ku-
wait einen eigenartigen Eindruck erhalten muss, wenn in
Deutschland über Wochen eine Stationierung vorbereitet
und geplant wird, es öffentliche Äußerungen gibt und am
10. Januar als letzter Akt die offizielle Anfrage kommt?
Dass Kuwait dies nicht ablehnen wird, das wissen Sie, das

weiß ich und das weiß der Außenminister noch besser.
Können Sie sich aber vorstellen, dass diese Art und Weise,
mit Staaten umzugehen, Befremden auslösen kann?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1421125200
Es rührt mich ein bisschen an
– nehmen Sie mir das nicht übel –, wenn Sie sagen, dass
Kuwait möglicherweise von uns ein bisschen genötigt
wurde. Dieser Staat ist augenblicklich in einer ganz ande-
ren Situation. Dort sind amerikanische Streitkräfte statio-
niert. Er ist immerhin schon einmal Opfer einer Ausei-
nandersetzung gewesen. Ich habe nicht das Gefühl, dass
das, was in den Medien steht und was spekulativ darge-
stellt wurde, auch nur annähernd mit der Wahrheit zu tun
hatte. Wir haben uns angewöhnt, dass es in einer schwie-
rigen und kritischen Zeit klug ist, nichts oder zumindest
nur begrenzt etwas in der Öffentlichkeit zu sagen.

Ich meine, dass in einem demokratischen Staat in ei-
ner Krise in der Öffentlichkeit nicht alles gesagt werden
kann. Man darf aber auf keinen Fall die Leute belügen.
Die Soldaten haben sich in der Tat seit Dezember – nach-
dem dieser Beschluss gefasst worden war – mit dieser
Frage auseinander gesetzt. Wenn 800 Soldaten mit ihren
Gerätschaften infrage kommen, müssen sie diese auch in
Ordnung bringen. Darüber – im legalen und im illegalen
Bereich – ist die Öffentlichkeit informiert worden. Ich
habe damit keine Probleme und halte das alles für in Ord-
nung. Ich wünsche auch nicht, dass dieser Konflikt noch
ausgeweitet wird.


(Wolfgang Gehrcke [PDS]: Aber meine Fakten stimmen!)


– Nein, nicht alle.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421125300
Das war noch eine
sehr kurze Frage mit einer kurzen Antwort.

Die Fragestunde ist damit beendet.
Wir kommen nun zur Aktuellen Stunde, die die

CDU/CSU-Fraktion zu der Antwort der Bundesregierung
auf die dringlichen Fragen 1 und 2 verlangt hat:

Äußerungen des tschechischen Ministerpräsi-
denten Zeman zu den Sudetendeutschen

Ich eröffne die Aussprache. Erster Redner für die Frak-
tion der CDU/CSU ist der Kollege Hartmut Koschyk.


(Reinhard Freiherr von Schorlemer [CDU/CSU]: Ein guter Mann!)



Hartmut Koschyk (CSU):
Rede ID: ID1421125400
Frau Präsidentin!
Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir alle sind empört
über Äußerungen des tschechischen Ministerpräsidenten
Zeman in einem österreichischen Magazin. Ich darf für
meine Fraktion feststellen, dass aus unserer Sicht diese
Aussagen des tschechischen Ministerpräsidenten gegen-
über den sudetendeutschen Opfern der Vertreibung herab-
lassend, beleidigend und ehrverletzend sind und auch in
keiner Weise der historischen Wahrheit entsprechen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Ulrich Irmer [FDP])





Heidi Lippmann

20887


(C)



(D)



(A)



(B)


Ohne Frage stehen diese Aussagen in einem eklatanten
Gegensatz zu Geist und Buchstaben der Deutsch-Tsche-
chischen Erklärung von 1997,


(Zuruf von der CDU/CSU: Sehr wahr!)

insbesondere zu den darin vereinbarten Bemühungen um
eine dauerhafte und zukunftsgerichtete deutsch-tschechi-
sche Versöhnung. Sie stehen zudem aber auch in einem
krassen Widerspruch zum Geist des europäischen Eini-
gungsprozesses und auch zu den Bemühungen der Tsche-
chischen Republik, Mitglied der Europäischen Union zu
werden.

Lassen Sie mich Ulrich Glauber aus der „Frankfurter
Rundschau“ vom 21. Januar zitieren, der, wie ich meine,
sehr treffend zu diesen Äußerungen des tschechischen

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421125500


Zeman zeigt sich zur Versöhnung unfähig, weil er die
kollektive Vertreibung der Sudetendeutschen aus
seinem Land nach dem Zweiten Weltkrieg immer
noch rechtfertigt. Er leugnet mit der Brandmarkung
der früheren Mitbürger als Landesverräter ... den Wi-
derstand auch sudetendeutscher Genossen gegen die
Nazis.

Sicherlich schadet der tschechische Ministerpräsident mit
seinen ausfallenden Äußerungen letztlich seinem Land
selbst und er tut auch sich persönlich keinen Gefallen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Auch die Bevölkerung der Tschechischen Republik

wird erkennen, dass eine derartig aggressive und über-
holte Polemik nicht nur dem Geist des europäischen Eini-
gungsprozesses und einem zukunftsgewandten nachbar-
schaftlichen Miteinander von Tschechen und Deutschen
widerspricht, sondern dass dies auch der politischen Kul-
tur der Tschechischen Republik und auch eines tschechi-
schen Ministerpräsidenten unwürdig ist.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Ulrich Irmer [FDP] – Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Was sagen eigentlich die Sozialdemokraten dazu? – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Die Genossen kratzen sich keine Augen aus!)


Deshalb haben wir diese Aktuelle Stunde beantragt.
Deshalb ist es auch wichtig – wir sind Ihnen dankbar
dafür, Herr Außenminister, dass Sie in dieser Aktuellen
Stunde auch sprechen –, dass die Bundesregierung keinen
Zweifel daran lässt, dass Sie diese unqualifizierten, pole-
mischen und ehrverletzenden Äußerungen des tschechi-
schen Ministerpräsidenten mit aller Deutlichkeit zurück-
weist. Sie sind inakzeptabel und die Mitbürgerinnen und
Mitbürger sudetendeutscher Herkunft haben auch einen
Anspruch darauf, dass die Bundesregierung sie vor derar-
tigen ungerechtfertigten Angriffen eines ausländischen
Regierungschefs in Schutz nimmt.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Lassen Sie mich auch sagen, liebe Kolleginnen und

Kollegen, warum diese Aussagen auch in politischer Hin-
sicht höchst schädlich sind. Denn sie fallen schließlich in
eine Zeit hoffnungsvoller Gespräche, zum Beispiel auf

der Ebene des deutsch-tschechischen Gesprächsforums.
Dabei handelt es sich um konstruktive Gespräche, in de-
nen gerade auch die Repräsentanten der Sudetendeut-
schen eine wichtige, nach vorne weisende Rolle spielen.

Die Äußerungen des tschechischen Ministerpräsi-
denten Zeman – das möchte ich zum Schluss noch sa-
gen –, der sich – wenn man seine bisherige Amtsführung
betrachtet, muss man das leider feststellen – nicht als
ein sehr kluger und außenpolitisch einfühlsamer Regie-
rungschef erwiesen hat, sind verhängnisvoll. Das trifft
auch auf das Interview zu, mit dem er die Stimmung in
Österreich angeheizt hat.


(Karl Lamers [CDU/CSU]: Unglaublich! – Joseph Fischer, Bundesminister: Da kenne ich noch jemanden! – Dr. Antje Vollmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Stoiber!)


– Herr Bundesaußenminister, der Österreicher, den Herr
Stoiber vielleicht meint, ist ein Politiker, der keine Regie-
rungsverantwortung hat. Zeman ist dagegen ein in Ver-
antwortung stehender Regierungschef. In einer solchen
Position muss man sich schon ein Stück zurückhalten.

Man muss ja nach den Beweggründen fragen. Ich
glaube, dass auch ein tschechischer Ministerpräsident ein
solches Interview nicht leichtfertig gibt, dass er ein sol-
ches Interview erst dann zur Veröffentlichung freigibt,
wenn es mit ihm abgestimmt worden ist. Dazu müssten
Sie, Herr Bundesaußenminister, heute Stellung nehmen –:
Besteht nicht die Gefahr, dass der tschechische Minister-
präsident ein Stück weit zündelt sowie hoffnungsvolle
Gesprächsansätze im deutsch-tschechischen Gesprächs-
forum und die mutige Position, die Herr Pick in dieser
Frage durch öffentliche Einlassungen eingenommen hat,
ein Stück weit hintertreibt, damit es nicht zu einer huma-
nitären Geste gegenüber den Sudetendeutschen kommt?
Darum bemüht man sich zurzeit auf deutsch-tschechi-
scher Ebene für diejenigen, die besonders unter der Ver-
treibung gelitten haben. Das ist eine Frage, die man sich
in diesem Zusammenhang auch stellen muss.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421125600
Für die SPD-Fraktion
spricht der Kollege Gert Weisskirchen.


Gert Weisskirchen (SPD):
Rede ID: ID1421125700
Lieber Kol-
lege Koschyk, ich bedauere es sehr, dass die Union und
Sie unbedingt im Rahmen einer Aktuellen Stunde über
dieses Thema debattieren wollen.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Das ist doch das Mindeste!)


Das ist zwar Ihr gutes Recht. Aber das fordert die Frage
heraus, wie Herr Posselt – den kennen wir alle –, der eine
kritische Position gegenüber der Deutsch-Tschechischen
Erklärung, die gerade erst fünf Jahre alt geworden ist – Sie
haben die positive Wirkung dieser Erklärung eben ge-
würdigt –, einnimmt, in der gestrigen Ausgabe der „Süd-
deutschen Zeitung“ erklären kann, dass sich der neue




Hartmut Koschyk
20888


(C)



(D)



(A)



(B)


Kanzlerkandidat Ihrer Partei kritisch gegenüber dem
deutsch-tschechischen Bemühen verhalten werde. Das
verstehe ich nicht. Das passt nicht zusammen. Herr
Stoiber konterkariert – das hat er wirklich gut gemacht –
den schwierigen Prozess der Aussöhnung mit der Tsche-
chischen Republik, den die damalige CDU/CSU-FDP-
Regierung auf den Weg gebracht hat. Er beruft sich dabei
auf eine Vorstandssitzung der CDU/CSU vom Montag,
lieber Kollege Lamers, auf der das Ganze besprochen
worden sei. Auch Herr Posselt beruft sich darauf.


(Karl Lamers [CDU/CSU]: Sie waren bei der Fragestunde nicht dabei! Der Staatssekretär hat Herrn Posselt gelobt!)


– Nein, lieber Kollege Lamers, das Wichtigste ist: Wir
dürfen uns – niemand aus diesem Hause darf das – die Er-
folge, die wir erreicht haben – vor zehn Jahren wurde der
Freundschafts- und Nachbarschaftsvertrag geschlossen;
vor fünf Jahren wurde die Deutsch-Tschechische Er-
klärung verabschiedet –, und die konstruktive Arbeit, zu
der Sie selber, Herr Koschyk, innerhalb des deutsch-
tschechischen Gesprächsforums beigetragen haben, nicht
kaputtreden lassen. Niemand – wer immer es auch sei –
darf das.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Friedrich Merz [CDU/CSU]: Wen meinen Sie denn damit?)


Nationalisten aller Länder vereinigt euch – das ist die
größte Gefahr, die es in dem zusammenwachsenden
Europa gibt. Wir lassen uns die Erfolge von niemandem
kaputtreden.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Dann sagen Sie es doch!)


Wenn Herr Haider dahinter steckt, dann müssten doch
auch bei Ihnen die Alarmglocken schrillen. Sie dürften
sich nicht an seiner in Österreich inszenierten Kampagne
beteiligen, auch nicht indirekt, lieber Kollege Lamers;
denn das passt, finde ich, nicht zu den Verdiensten, die
sich der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl, der die
deutsch-tschechischen Beziehungen auf eine gute Grund-
lage gestellt hat, erworben hat.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Hartmut Koschyk [CDU/ CSU]: Sagen Sie doch einmal etwas zu Herrn Zeman!)


– Der Kollege Zeman hat in der Tat etwas gesagt, was ich
– ich sage das in aller Klarheit – nicht teile.


(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Mehr fällt Ihnen dazu nicht ein?)


– Ich muss den Text noch einmal genau nachlesen.

(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Oh! – Friedrich Merz [CDU/CSU]: Tun Sie das mal, bevor Sie sich hier zu Wort melden!)


Wenn ich das richtig interpretiere, steht darin etwas, das
an eine Kollektivschuld erinnert.


(Karl Lamers [CDU/CSU]: Das hat sogar die Bundesregierung erkannt!)


Wenn man die Deutsch-Tschechische Erklärung zur
Grundlage unserer Beziehungen macht, dann kann es eine
Kollektivschuldzuweisung, an wen auch immer, nicht
geben. Das ist der wesentliche Punkt, den wir gemeinsam
verabredet haben.

So interessant das auch immer sein mag – am Ascher-
mittwoch oder bei den Veranstaltungen zu Pfingsten, die
in diesem Jahr noch in Rede stehen –: Ich bitte Sie herz-
lich darum, lassen wir uns alle gemeinsam in diesem Haus
nicht von irgendwem verrückt machen,


(Friedrich Merz [CDU/CSU]: „Von irgendwem“ ist gut!)


der irgendwelche Stichworte nutzt, um Populismus oder
Nationalismus zu schüren. Dafür sind die Beziehungen
zwischen Prag und Berlin, zwischen unseren Ländern viel
zu kostbar. Sie dürfen von niemandem zerredet werden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Johannes Singhammer [CDU/ CSU]: Das ist ja das Letzte! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Auch nicht von Herrn Zeman!)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421125800
Das Wort hat der Kol-
lege Ulrich Irmer für die FDP-Fraktion.


Ulrich Irmer (FDP):
Rede ID: ID1421125900
Frau Präsidentin! Meine Damen
und Herren! Im Interesse der guten Weiterentwicklung
der tschechisch-deutschen Beziehungen und im Interesse
der europäischen Integration habe ich an uns alle, an
Beteiligte und Unbeteiligte, eine Bitte: tiefer hängen!
Bitte, bitte tiefer hängen!


(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Hintergrund der heutigen Aktuellen Stunde und der
Äußerungen, mit denen wir uns leider befassen müssen,
ist das Volksbegehren, das Herr Haider in Österreich vor-
geblich gegen das Atomkraftwerk Temelin angezettelt
hat. Wenn wir hinter die Motive schauen, wird natürlich
ganz klar, dass Haider den Beitritt der Tschechischen Re-
publik zur Europäischen Union nicht möchte. Das steht
eigentlich dahinter.


(Markus Meckel [SPD]: So ist es!)

Die Reaktionen von Herrn Zeman erkläre ich mir

zunächst einmal mit dem alten Spruch: Auf einen groben
Klotz gehört ein grober Keil. Dass Herr Haider – gelinde
gesagt – ein grober Klotz ist, wissen wir alle. Dass Herr
Zeman ein grober Keil ist, haben wir leider auch schon
des Öfteren schmerzhaft zur Kenntnis nehmen müssen.

Bei dem Beitritt der Tschechischen Republik zur Euro-
päischen Union geht es darum, dass wir auch die Gespens-
ter der Vergangenheit bannen und dass wir uns in einem
von uns allen gewollten, den Menschenrechten ver-
pflichteten Europa gemeinsam wiederfinden. Da passt es
natürlich nicht ins Bild, wenn irgendjemand – es war lei-
der nicht irgendjemand – sagt, die Sudetendeutschen
seien Kriegsverbrecher gewesen, sie seien die fünfte Ko-
lonne von Hitler gewesen. Was in der Vergangenheit dort




Gert Weisskirchen (Wiesloch)


20889


(C)



(D)



(A)



(B)


geschehen ist, sagt die Deutsch-Tschechische Erklärung
in sehr schönen Worten. Darin wird das Verbrechen der
Nazis gegenüber dem tschechischen Volk gegeißelt; es
wird aber auch ganz klar und unmissverständlich festge-
stellt, dass das, was den Sudetendeutschen geschehen ist,
Unrecht war. Wir würden das heute im modernen Sprach-
gebrauch als ethnische Säuberung und nichts weniger be-
zeichnen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Genau, richtig!)

Das darf nicht kleingeredet werden. Dessen muss man
sich bewusst sein.

Es wäre völlig falsch, daraus jetzt politische Forderun-
gen abzuleiten und etwa zu sagen: Weil diese Gespenster
der Vergangenheit offensichtlich nach wie vor wirksam
sind, gibt es Hinderungsgründe für den Beitritt der
Tschechischen Republik zur EU. Das alles dürfen wir uns,
die wir den Beitritt dringend wollen, nicht gefallen lassen;
es widerspräche auch unseren Interessen. Deshalb ist al-
les, was in die Richtung geht, die Vergangenheit als Hin-
derungsgrund für eine konstruktive Zukunft aufzubauen,
extrem kontraproduktiv.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD])


Da darf man bitte auch nicht mit den Benes-Dekreten
kommen. Viele tschechische Politiker haben einleuchtend
erklärt, die Benes-Dekrete entfalteten heute keine Wirk-
samkeit mehr, sie seien in sich selbst Unrecht. Aber eine
förmliche Aufhebung würde zu Problemen führen, ge-
nauso wie eine förmliche Aufhebung des Münchner Ab-
kommens ex tunc für uns einen Rattenschwanz von recht-
lichen Fragen nach sich zöge. Ich ziehe diese Parallele
hier ganz bewusst. Wer die förmliche Aufhebung der
Benes-Dekrete verlangt, müsste auch bereit sein, das
Münchner Abkommen ex tunc, das heißt von Anfang an,
für null und nichtig zu erklären.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Mit guten Gründen haben sich alle Bundesregierungen
dagegen zur Wehr gesetzt, weil nämlich die Folgen, auch
die rechtlichen Folgen für einzelne Personen, unabsehbar
wären. Lassen wir uns doch bitte nicht auf dieses Glatteis
führen! Prüfen wir die Beitrittskriterien, die in der EU für
die Mitgliedschaft weiterer Länder in der Europäischen
Union aufgestellt worden sind! Es wird schwierig genug,
diese Beitrittsvoraussetzungen von allen Seiten zu erfül-
len. Auch die Europäische Union hat ja noch Hausauf-
gaben zu machen: Wir müssen die institutionellen Refor-
men verwirklichen, damit der Beitritt zusätzlicher Länder
ohne große Schwierigkeiten verkraftet werden kann.

Ein anderes: Gerade die tschechisch-deutsche Ge-
schichte mit der – auch kulturellen – Komponente des jü-
dischen Elements in der Stadt Prag, das die Nazis mit
ihrem Terror zerschlagen haben, kann uns ein Beispiel
dafür geben, wie wir uns in Zukunft das kulturelle Mitei-
nander und das Miteinander unterschiedlicher Völker in
unserer Europäischen Union vorstellen sollten. Das und
nicht Äußerungen von Leuten, die was für Interessen auch
immer verfolgen, sollte unser Leitbild sein.

Ich traue Herrn Haider nicht über den Weg. Leider
muss ich feststellen, dass auch der tschechische Minister-
präsident – und insofern ist es natürlich richtig, dass es
einen Unterschied macht, ob es sich um einen Privatpo-
litiker oder um einen Mann mit offizieller Funktion han-
delt – etwas gesagt hat, was ich zutiefst missbillige. Er hat
sich schwer vergriffen; er sollte sich dafür entschuldigen.
Aber bitte lassen wir auch solche unerträglichen Äuße-
rungen nicht dem im Wege stehen, was wir alle wollen,
nämlich die Vollendung unserer Europäischen Union und
den möglichst baldigen Beitritt Tschechiens zu unserer
Europäischen Union.


(Beifall im ganzen Hause)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421126000
Für die Fraktion Bünd-
nis 90/Die Grünen spricht jetzt die Kollegin Dr. Antje
Vollmer.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1421126100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lie-
ber Herr Kollege Irmer, ich glaube, mit „tiefer hängen“
haben Sie uns allen einen guten und klugen Rat gegeben.
Vielleicht werden wir ja am Ende der Debatte das Rätsel
lösen können, warum wir uns heute Nachmittag die Zeit
damit vertreiben müssen, die Äußerungen eines tschechi-
schen Ministerpräsidenten in einer österreichischen Zei-
tung zu kommentieren.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Sie müssen nicht reden, wenn Sie das nicht für angemessen halten!)


Wolf Biermann hat einmal einen sehr klugen Satz dazu
gesagt, den sich, so meine ich, die CDU/CSU merken
sollte und der lautet: „Ihr macht mich gerade populär da-
mit.“ Genau das machen Sie mit Herrn Zeman und seinem
Interview.

Herr Zeman hat ein Interview gegeben. Ich weiß nicht,
welcher Geist ihn dabei getrieben hat. Es war sicherlich
nicht der Geist der staatsmännischen Klugheit und der Di-
plomatie. Daran will ich keinen Zweifel lassen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Der Geist der Flasche!)


Er hat ja selber einen Hinweis gegeben, indem er gesagt
hat, er sei der „meistprovozierende Politiker Europas“.
Das ist auch eine Form von Eitelkeit, der Politiker manch-
mal anheim fallen können. Die Frage ist jedoch, was wir
im Moment damit zu schaffen haben. Ich glaube, dass die
Tschechische Republik wortgewaltige Politiker hat, die
Herrn Zeman sehr wohl in die Schranken weisen können,
wenn er sich verbal vergriffen hat. Insbesondere Vaclav
Havel pflegt dies regelmäßig zu tun – mindestens drei bis
viermal im Jahr. Die Debatte über die Frage, wie man die
Interessen des Landes vertritt, findet also in der Tschechi-
schen Republik und im tschechischen Parlament statt.
Dort gehört sie meines Erachtens nach hin und dort wird
sie wohl auch geführt werden.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Sie haben dem Kollegen Koschyk nicht zugehört!)





Ulrich Irmer
20890


(C)



(D)



(A)



(B)


Es gibt aber noch etwas anderes. Das ist eine Debatte,
an der wir ein ganz großes Interesse haben. Ich meine nicht
nur den politischen Streit, sondern die Klärung der Ver-
gangenheit und der damit zusammenhängenden schwieri-
gen Fragen. Das gilt im Hinblick auf die Tschechische Re-
publik und auf Polen. Gerade ist der polnische Botschafter
bei mir gewesen und hat mir, Frau Steinbach, einen wun-
derbaren, dicken Band über die Debatte über das Thema
Vertreibung in Polen gegeben. Diese Debatte findet in bei-
den Ländern statt und sie entwickelt sich erfreulich. Die
Menschen eignen sich damit eine schwierige Geschichte
an. Was diesen Prozess aber immer wieder stört, sind De-
batten der Art, wie wir sie heute führen: vom hohen Ross
herab, Rechtfertigung fordernd und zensierend.


(Karl Lamers [CDU/CSU]: Wer tut das denn?)

Ich glaube, wir sollten das im Interesse der zukünftigen
Debatten und der Entwicklung dieser Frage sein lassen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Karl Lamers [CDU/CSU]: Das tut doch keiner! Nun sagen Sie doch einmal, wer das getan hat!)


– Ich will Ihnen, Herr Lamers, erklären, wie ich mir Ihre
Intention zur heutigen Debatte vorstelle: Es gibt die
Deutsch-Tschechische Erklärung, Sie entstand – übrigens
unter starker Beteiligung der Opposition – in einem sehr
schwierigen zweijährigen Prozess und wurde von Helmut
Kohl und auch von Ministerpräsident Stoiber durchgeführt
und unterzeichnet. Das war ein sehr schwieriger Prozess,
und ich erinnere mich daran, wie wir hier damals darüber
diskutiert haben und ich gesagt habe: Respekt, dass diese
Erklärung auch von Bayern unterschrieben worden ist.

Ich werde den Eindruck nicht los, dass diese Art von
Debatten immer wieder Irritationen aufkommen lassen
sollen,


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Das ist sehr billig!)


als wollte man die damalige Unterschrift wieder infrage
stellen.


(Karl Lamers [CDU/CSU]: Hat denn nun Herr Stoiber oder Herr Zeman gegen diese Erklärung verstoßen?)


– Sie sagen, dass bei uns großes Entsetzen in den Reihen
der Sudetendeutschen entstanden ist, weil Herr Zeman
eine Äußerung gemacht hat. Sie wissen aber genauso,
dass immer und immer wieder in der Tschechischen Re-
publik großes Entsetzen und große Ängste entstanden
sind, wenn es Äußerungen auf den sudetendeutschen Ta-
gen gegeben hat, die nicht Geist und Inhalt der Deutsch-
Tschechischen Erklärung ausgedrückt haben. So ist es im-
mer wieder gewesen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Die Angst, die dahintersteckt, hat für die Sudetendeut-

schen letztendlich keine Folgen, während die Tschechen
immer wieder die Angst haben müssen, dass es ein Veto
gegen ihren Beitritt in die EU geben könnte.


(Christian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU]: Entschuldigung, das ist doch absoluter Quatsch! Sie haben doch keine Ahnung! Sie wissen es doch besser! Erzählen Sie keinen Schafsscheiß!)


Es wird von Herrn Haider und auch aus dem Kreis der
Vertriebenen mit einem Veto gedroht.


(Christian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU]: Sie wissen es ganz genau!)


Es wird gesagt: Wenn das und das nicht passiert, dann
müssen wir uns das noch einmal überlegen. Ich finde, eine
solche Drohung darf von diesem Parlament nicht ausge-
hen.


(Beifall des Abg. Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD])


Wir sollten Ihnen auch nicht den Gefallen tun, dass Sie
mittels solcher Debatten – es handelt sich natürlich um
Debatten in einem Wahlkampf, die geführt werden, um
den Kern Ihrer Stammwählerschaft zu befrieden – an
außenpolitischen Verhältnissen zündeln dürfen. Das wer-
den wir nicht mitmachen, das werden wir in aller Ruhe
zurückweisen. Deswegen ist die Frage, warum wir das
heute hier diskutieren müssen, sehr schnell beantwortet:
weil Wahlkampf ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421126200
Bevor ich dem nächs-
ten Redner, dem Kollegen Gehrcke, das Wort erteile,
möchte ich den vom Kollegen Christian Schmidt ge-
brauchten Begriff, den ich absichtlich nicht noch einmal
nenne, mit Entschiedenheit zurückweisen. Er entspricht
nicht dem Stil des Hauses.


(Christian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU]: Ich nehme ihn zurück! – Zurufe von der CDU/CSU: Das ist doch Biodünger!)


Bitte, Herr Kollege Gehrcke.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421126300
Frau Präsidentin! Liebe
Kolleginnen und Kollegen! Ich habe zwar nicht gehört,
was der Kollege Schmidt gesagt hat, aber jetzt bin ich
neugierig geworden, was dem Stil entspricht oder nicht.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Er hat von Biodünger geredet!)


Verraten Sie mir das nachher in der Pause.
Zur Sache selbst: Ich bin der festen Überzeugung, dass

die Kollegen von der CDU – zumindest die klügeren un-
ter ihnen –, die hoffentlich noch einmal über die Aktuelle
Stunde nachdenken, relativ rasch begreifen, dass sie sich
mit dieser Aktuellen Stunde einen Bärendienst erwiesen
haben. Ich glaube, das wissen Sie jetzt schon und haben
es schon vorher gewusst. Trotzdem haben Sie die Aktuelle
Stunde durchgezogen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich will Ihnen erklären, warum ich den Eindruck habe,

dass das so ist: Sie erwecken, ob Sie es wollen oder nicht
– ich unterstelle es Ihnen gar nicht –, den Eindruck, dass




Dr. Antje Vollmer

20891


(C)



(D)



(A)



(B)


Sie die antitschechische Kampagne von Haider in Öster-
reich von Deutschland aus flankieren. Diesen Eindruck
sollten Sie nicht erwecken.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Herr Gehrcke, das ist Unsinn, was Sie da sagen!)


Ich glaube, dass Sie hier einen Fehler gemacht haben.

(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Das alles ist auch biodüngerverdächtig!)

Für das Protokoll möchte ich festhalten, dass es Haider

natürlich nicht um den Ausstieg aus der Kernenergie geht,
obwohl es immer eine rechte ökologische Politik, eine
Blut-und-Boden-Politik, gegeben hat, sondern dass
Haider versucht, seinen Einfluss in Österreich über eine
Bekämpfung der EU-Mitgliedschaft Tschechiens wieder
auszuweiten. Deswegen finde ich es sehr bedenklich,
wenn zur Begründung der Auseinandersetzung ein Satz
des Kollegen Glos zu lesen war – ich zitiere –: „Mit einem
solchen Geist kann man nicht in die EU eintreten.“ Er
spielt und zündelt mit diesem Satz. Das sollten Sie nicht
machen, das ist eigentlich auch unter Ihrem Niveau.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Herr Zeman hat gezündelt!)


Ich komme nun zur zweiten Frage, über die man dann
entscheiden kann. Sicherlich ist das Interview von Zeman
in vielen Fragen nicht besonders durchdacht und nicht be-
sonders solide formuliert, um es milde auszudrücken. Da-
ran kann es überhaupt keinen Zweifel geben. Die eigent-
liche politische Frage ist aber: Spielt man das jetzt hoch,
um sozusagen eine Schnitte zu machen, oder spielt man es
herunter, weil man politische Vernunft walten lässt?


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Ist das Parlament nicht mehr ein Ort, um über solche Fragen zu sprechen?)


Wer dann so dezidiert „draufhaut“ und die Forderung
stellt, dass sich Herr Zeman entschuldigt – was er sicher-
lich nicht tun wird –, der verwischt damit einfach Gren-
zen und er verschleiert das, was man als Ursache benen-
nen muss – Zeman hat das gemacht –: den deutschen
Faschismus und alle seine Folgen. Darum kommen Sie
nicht herum.

Ich fand es besonders sympathisch, wie der tschechi-
sche Botschafter in Deutschland heute in der „taz“ die
ganze Angelegenheit kommentiert hat – ich möchte Ihnen
diesen einen Satz vortragen –: „Liebe Leute, vergesst eure
Geschichte nicht.“ Dem kann ich mich völlig anschlie-
ßen – ich sage das nach allen Seiten –: Liebe Leute, ver-
gesst eure Geschichte nicht! Das können wir auch hier
dokumentieren.

Was ich in dem Interview von Herrn Zeman beden-
kenswert finde, ist die Warnung vor rechtspopulistischen
Entwicklungen in Europa. Auch diese Warnung kann man
mit Blick auf Österreich, mit Blick auf Italien und mit
Blick auf Dänemark nicht einfach wegwischen. Eines der
Probleme – zumindest mein Problem – ist es, dass es bis-
her keine überzeugenden Gegenkonzepte gegeben hat.


(Karl Lamers [CDU/CSU]: Ist nicht eigentlich Herr Zeman ein Rechtspopulist? – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Ja, ist nicht eigentlich Herr Zeman ein Rechtspopulist?)


Eines will ich Ihnen, Kolleginnen und Kollegen von
der CDU – das ist Ihr Problem und nicht mein Problem –,
sagen: Da Ihr Kollege Stoiber, Ihr Kandidat, ja besonders
in die Mitte drängt, sollten Sie aufpassen, dass Sie mit Ak-
tionen wie mit der Beantragung dieser Aktuellen Stunde
die Mitte nicht wieder konterkarieren und sich auf eine
Ebene stellen, auf die Sie eigentlich nicht wollten.


(Beifall bei Abgeordneten der PDS und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Manfred Grund [CDU/CSU]: Von was reden Sie eigentlich?)


Das ist Ihr Problem. Ich bin deshalb der Auffassung, dass
Sie sich hier selbst einen Bärendienst geleistet haben.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Wo die Mitte ist, bestimmen Sie nicht! – Manfred Grund [CDU/CSU]: Was mittelmäßig ist, bestimmen Sie!)


– Das ist wahr: Wo die Mitte ist, bestimme ich nicht. Es
ist aber ganz interessant, darüber einmal nachzudenken.

Schlussendlich: Was kann man uns allen in dieser Si-
tuation raten? Erst einmal eine Portion Gelassenheit; die
Sache herunterspielen; bei dem bleiben, was vertraglich
vereinbart ist; den Aussöhnungsprozess fortsetzen und
vor allem keinen Zweifel daran lassen, dass wir für die
Osterweiterung der Europäischen Union einschließlich
Tschechiens zu den allgemeinen Bedingungen und nicht
zu Sonderbedingungen sind.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Wer lässt denn daran einen Zweifel?)


Deswegen sollten Sie das Wort von Ihrem Landesgrup-
penvorsitzenden, Herrn Glos, dass man vor diesem Hin-
tergrund noch einmal nachdenken muss, ob Tschechien
überhaupt reif sei – das meint er damit –, schnell aus der
Welt schaffen. Das richte ich als Appell an Sie. Sie scha-
den damit sich, Sie schaden unserem Land und Sie scha-
den den gegenseitigen Beziehungen. Heute wäre Gelas-
senheit angesagt.


(Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421126400
Nächste Rednerin ist
die Kollegin Petra Ernstberger für die SPD-Fraktion.


Petra Ernstberger (SPD):
Rede ID: ID1421126500
Frau Präsidentin! Meine
lieben Kolleginnen und Kollegen! Mit der heutigen De-
batte erhält diese Diskussion – so negativ man dazu ste-
hen kann – eine Aufwertung, die sie in diesem Parlament
und damit in der Öffentlichkeit nicht unbedingt hätte er-
fahren müssen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Man kann zu den Äußerungen von Premierminister
Zeman stehen, wie man will: Sie sind, wie Herr Staatsmi-
nister Zöpel gesagt hat, nicht gerade weise gewesen. Sie




Wolfgang Gehrcke
20892


(C)



(D)



(A)



(B)


sind auf einer Ebene angesiedelt, die wir eigentlich über-
wunden zu haben glaubten;


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Anscheinend ist sie noch nicht überwunden!)


denn wenn man sich die Deutsch-Tschechische Erklärung
anschaut, dann erkennt man: Prag hat dort eindeutig er-
klärt, dass es den kollektiven Charakter von Schuldzu-
weisungen verurteilt.

Wir sollten an das anknüpfen, was wir bereits die
ganzen Jahre getan haben: Seit zehn Jahren können wir
auf eine ordentliche, zukunftsorientierte Arbeit – auch der
Vertriebenenverbände – zurückblicken. Wir alle sind in
unserer Arbeit von einem gemeinsamen Ziel, nämlich der
Westverlängerung Europas, geeint worden. Wir haben ein
gemeinsames Projekt: ein Friedensprojekt, ein Versöh-
nungsprojekt und ein Zukunftsprojekt.

Wir bewegen uns dabei in einer historischen und einer
moralischen Dimension. Denn die Osterweiterung bzw.
Westverlängerung ist nichts anderes als die Antwort Eu-
ropas auf eine historische Entwicklung, nämlich auf den
Ersten und den Zweiten Weltkrieg sowie auf den Faschis-
mus und den Stalinismus, der über Europa hereingebro-
chen war.

Die Frage, ob eine Osterweiterung stattfindet, stellt
sich eigentlich gar nicht. Vielmehr müssen wir jetzt ge-
meinsam, auch in den bilateralen Beziehungen zu Tsche-
chien, die Chancen nutzen, um dieses Ereignis aktiv zu
gestalten. Das tun wir auch.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir tun dies in sehr vielen Gremien. Wir tun dies durch
den Zukunftsfonds, in dem 84 Millionen Euro installiert
sind, die zum Beispiel für Verbesserungen der Jugendzu-
sammenarbeit eingesetzt werden können. Es bestehen In-
stitutionen – in Regensburg zum Beispiel „Tandem“ –, die
sich speziell mit dem Austausch von jungen Menschen
befassen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Was hat das mit Zeman zu tun?)


Es gibt den Koordinierungsrat, in dem ja auch einige von
uns, zum Beispiel Herr Schmidt, Mitglied sind. In diesem
Koordinierungsrat wird konstruktive Arbeit geleistet, und
zwar auch mit Herrn Posselt und auch mit Herrn Schöpker.
Das muss man eindeutig so sagen.


(Zurufe von der CDU/CSU: Ja, sehr gut!)

Diese positiven Ansätze werden von Herrn Professor

Pick untermauert und begleitet.

(Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig!)


Er versucht, seine Arbeit in Tschechien mit seinen Inten-
tionen zu leisten, was wirklich sehr hoch anzurechnen ist.


(Zurufe von der CDU/CSU: Ja!)

All dies müssen wir doch als eine positive Entwicklung
feststellen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Ja, das tun wir doch!)


Es sind kleine Schritte, die wir tun.

(Zuruf von der CDU/CSU: Aber wichtige!)


Manchmal sind sie auch ein bisschen mühsam.

(Zuruf von der CDU/CSU: Und Zeman kon terkariert das!)

Aber im Grunde genommen sind die Schritte, die wir ma-
chen, erfolgreich.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Karl Lamers [CDU/CSU]: Dazu trägt Herr Zeman nichts bei!)


In Bezug auf die Äußerungen des Premierministers,
glaube ich, dass ihn die österreichische Situation, die
Frage der Aufstellung der zweisprachigen Ortsschilder
und Ähnliches, provoziert hat. Das aber zeigt uns, dass
wir in einem Prozess, den wir als relativ normal bezeich-
nen, einsehen müssen, dass dieser Prozess nicht selbst-
verständlich ist, sondern dass wir immer noch hart an ihm
arbeiten müssen.

Wir dürfen nicht zulassen, dass wir einen Rückschritt
machen. Unsere Aufgabe ist es vielmehr voranzuschrei-
ten. Wir müssen das Verdrängte wieder bewusst machen.
Wir müssen versuchen, dazu beizutragen, dass unsere
Nachbarn, auch in der Öffentlichkeit, wieder wahrge-
nommen werden. Die deutsche Öffentlichkeit befasst sich
eigentlich viel zu wenig mit Tschechien und seinen Pro-
blemen. Auch glaube ich, dass es ganz dringend notwen-
dig ist, nicht nur eine deutsch-tschechische Erklärung ab-
zugeben, sondern dass etwas Derartiges auch zwischen
Tschechien und Österreich geschehen sollte.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421126600
Die nächste Rednerin
ist die Kollegin Erika Steinbach für die CDU/CSU-Frak-
tion.


Erika Steinbach-Hermann (Plos):
Rede ID: ID1421126700
Frau Präsidentin!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hätte es
schon begrüßt, wenn der deutsche Außenminister
während der Diskussion über eine so wichtige europä-
ische Frage nicht streckenweise seine Akten bearbeitet
oder süffisant gelangweilt auf der Regierungsbank geses-
sen hätte.


(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der CDU/CSU: Nichts Neues! – Aber das sind wir ja gewohnt, Frau Kollegin!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, als ich am Sonntag
Abend das Interview mit dem tschechischen Ministerprä-
sidenten in meinen Händen hielt, habe ich es drei Mal
durchgelesen.


(Ulrich Irmer [FDP]: Das lohnt sich nicht!)

Ich konnte und wollte nicht glauben, dass ein europäischer
Regierungschef, der Ministerpräsident eines Landes, das




Petra Ernstberger

20893


(C)



(D)



(A)



(B)


Mitglied der Europäischen Union werden möchte, exakt
am fünften Jahrestag der deutsch-tschechischen Er-
klärung gegenüber der sudetendeutschen Volksgruppe
solche rassistischen Töne anschlägt. Das habe ich für un-
vorstellbar gehalten.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Äußerungen Zemans sind ganz einfach skandalös.
Sein Name wurde ja von fast keinem der Debattenredner
von der linken Seite dieses Hauses in den Mund genom-
men. Er wurde umgangen, als ob ein Niemand, ein No-
body, diese Äußerung getan hätte.


(Zuruf von der CDU/CSU: Die SPD schweigt!)


Es war der Regierungchef dieses Landes und keine ge-
ringe Größe. Es ist eine Verachtung der Tschechischen
Republik, wenn man so tut, als wäre der Regierungschef
dieses Landes ein Niemand.


(Susanne Kastner [SPD]: Das ist ein bisschen theatralisch!)


Es war die wichtigste Persönlichkeit dieses Landes, nicht
irgendjemand. Herr Kollege Weisskirchen, auch Sie wis-
sen das. Wenn Sie mit sich zu Rate gehen, werden Sie es
erkennen.


(Ulrich Irmer [FDP]: Gehen Sie in sich!)

Diese Äußerungen haben eines plastisch deutlich ge-

macht: Bis zum heutigen Tage entschuldigt Zeman die
Rassenpolitik Edvard Benes‘ gegenüber den tschecho-
slowakischen Staatsbürgern deutscher Volkszugehörig-
keit; denn das waren die Sudetendeutschen 1945. Er fin-
det kein Wort des Mitleids, des Beileids, kein Wort der
Reue für diese Verbrechen, die damals geschehen sind.

Wer heute, im Jahre 2002, die Vertreibung der Sude-
tendeutschen – wie Zeman es schriftlich getan hat; er hat
es auch nicht stockbetrunken und nebenbei getan,


(Ulrich Irmer [FDP]: Wer weiß!)

sondern schriftlich abgesegnet – als milde Strafe bezeich-
net und die gesamte deutsche Volksgruppe der damaligen
Tschechoslowakei schuldig spricht, der hat von Men-
schenrechten, der hat vom Wertefundament Europas rein
gar nichts begriffen. Da gibt es große Defizite.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Es ist gelobt worden, wie konstruktiv die Gespräche

auf anderer Ebene sind. Das weiß ich; die Sudeten-
deutschen tun massiv das Ihre dazu.


(Dr. Antje Vollmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie werden aber von Ihnen behindert!)


Sie sind eben sogar namentlich erwähnt worden. Wer das
registriert, der muss aber auch sehen, dass die Aussagen
eines Ministerpräsidenten die besten Versöhnungspapiere
zu Makulatur werden lassen, wenn der Regierungschef
am Ende nicht geistig hinter dieser Versöhnungspolitik
steht. Er konterkariert sie.


(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

Die historische Verantwortung für die tschechischen

Verbrechen an den deutschen Mitbürgern ab 1945 wird

nicht nur tabuisiert. Vielmehr wird sie durch diesen Re-
gierungschef heutzutage entschuldigt und gerechtfertigt.
Für ein Europa des Friedens, das wir doch brauchen und
das wir wollen, ist eine menschenrechtsbewusste Auf-
arbeitung dieser Verbrechen aber unerlässlich. Denn
Menschenrechte sind nicht teilbar. Sie gelten für alle
Menschen gleichermaßen. Sie gelten natürlich auch für
die Sudetendeutschen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Es ist ein Skandal, dass bis zum heutigen Tage in der

Tschechischen Republik Mörder von Sudetendeutschen
mit Billigung des tschechischen Gesetzgebers frei und un-
gestraft herumlaufen dürfen. Dass das nach wie vor so ist,
daran gibt es keinen Zweifel, Frau Vollmer. Es ist ein euro-
päischer Skandal, dass die Entrechtungs- und Vertrei-
bungsdekrete Edvard Benes‘, die 3 Millionen Menschen
ihrer Heimat, ihrer Würde oder ihres Lebens beraubt ha-
ben, heute immer noch Grundlage von Gerichtsurteilen
sind.


(Dr. Antje Vollmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Immer dasselbe! Sagen Sie mal etwas Neues!)


Das ist mit dem Wertekanon der Europäischen Gemein-
schaft nicht zu vereinbaren.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Es spricht doch Bände, dass die Menschenrechtskom-

mission der Vereinten Nationen die Tschechische Repu-
blik verurteilt hat, Entschädigung für Enteignung zu leis-
ten. Diese Verurteilung ist wenige Wochen alt. Sie ist
taufrisch.

Glücklicherweise – darüber bin ich sehr froh – gibt es
in der Tschechischen Republik Intellektuelle, junge Men-
schen und auch viele Politiker, die das ganz genauso se-
hen. Sie wissen, dass wir dann ein gutes Miteinander in
Europa haben, wenn wir am Ende konstruktiv miteinan-
der leben.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421126800
Frau Kollegin, Sie
müssen bitte zum Schluss kommen.


Erika Steinbach-Hermann (Plos):
Rede ID: ID1421126900
Ja, danke. – Liebe
Kolleginnen und Kollegen von den Sozialdemokraten, ich
darf Sie daran erinnern, dass Wenzel Jaksch Sudetendeut-
scher war. Er musste nach Großbritannien emigrieren.
Das hat ihn nicht davor bewahrt, am Ende aus seiner Hei-
mat vertrieben zu sein, ein Verfemter zu sein und sich als
Revanchist beschimpfen lassen zu müssen.

Das haben die Sudetendeutschen nicht verdient. Sie
hätten mit Sicherheit Worte der Zuwendung verdient. Es
ist Aufgabe des deutschen Bundeskanzlers, für seine
Sudetendeutschen, die beschimpft werden, beim tsche-
chischen Ministerpräsidenten ein Wort einzulegen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421127000
Frau Kollegin
Steinbach, ich bitte Sie! Es ist eine Aktuelle Stunde.




Erika Steinbach
20894


(C)



(D)



(A)



(B)



Erika Steinbach-Hermann (Plos):
Rede ID: ID1421127100
Bei allem Respekt vor
dem Amt des Außenministers: Herr Außenminister
Fischer, wenn ein Ministerpräsident sich äußert, ist ein
Außenminister nicht satisfaktionsfähig. Es ist Aufgabe
des Bundeskanzlers, darauf zu antworten.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421127200
Nächster Redner ist
der Kollege Markus Meckel für die SPD-Fraktion.


Markus Meckel (SPD):
Rede ID: ID1421127300
Verehrte Frau Präsidentin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was wir eben hier er-
lebt haben, war schon hochproblematisch. Zu behaupten,
dass der Außenminister nicht fähig sei, für die Bundesre-
gierung zu sprechen, ist schon ein ziemlich starkes Stück,


(Karl Lamers [CDU/CSU]: Das ist eine Grundsatzfrage! Die wollen wir hier nicht weiter erörtern!)


das ich grundsätzlich zurückweisen kann, zumal Ihnen
gesagt werden muss, liebe Kollegin: Was Sie eben hier ge-
macht haben, ist für das deutsch-tschechische Verhältnis
wahrhaftig in keiner Weise hilfreich.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)


Es ist in keiner Weise hilfreich,

(Susanne Kastner [SPD]: Eine Bewerbungsrede für den nächsten Sudetendeutschenkongress!)


weil es genau das nicht tut, was, wie Ulrich Irmer vorhin
deutlich gemacht hat, notwendig wäre: das Gesagte tief zu
hängen. Auch ich halte für falsch, was Ministerpräsident
Zeman gesagt hat. Ich halte es für falsch, in dieser Weise
kollektiv und allgemein von den Sudetendeutschen zu
sprechen. Dies entspricht auch nicht den historischen Tat-
sachen, auf die man klar hinweisen muss;


(Beifall bei der CDU/CSU)

denn man darf nicht vergessen, dass sich, wie Volkmar
Gabert in einer Presseerklärung deutlich gemacht hat,
80 Prozent der sudetendeutschen Jugend 1937/38 beim
Mobilisierungsbefehl gemeldet haben und bereit waren,
gegen Hitler-Deutschland zu kämpfen. Das ist ein ande-
res Bild. Dass es unter Henlein auch Sudetendeutsche
gab, die den Einmarsch begrüßt haben, ist überhaupt
keine Frage. Aber lasst uns doch diese Vergangenheit mit
Historikern differenziert besprechen


(Karl Lamers [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

und sie nicht zu einem Schlaginstrument der politischen
Auseinandersetzung machen. Dies wäre verfehlt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es ist wichtig, dass wir die Beziehungen im Geiste der
deutsch-tschechischen Aussöhnungserklärung miteinan-
der gestalten. Das ist in diesem Interview so nicht ge-
schehen. Ich bedaure das. Ich bin aber sicher – das zeigt

übrigens gerade die Debatte, die wir in diesen Tagen in der
Tschechischen Republik selbst haben –, dass genau das
passiert, was wir uns wünschen, nämlich dass in einem
Land, das über 40 Jahre nicht die Möglichkeit hatte, sich
offen und frei mit dieser Geschichte auseinander zu set-
zen, in dem viele noch nicht einmal die nötigen Informa-
tionen hatten, in dem die Betroffenen nicht darüber reden
konnten, diese Debatte beginnt.

Das ist ein großer Fortschritt. Auch diese durchaus
nicht glückliche Äußerung von Herrn Zeman befördert
diesen Diskussionsprozess. Ich freue mich, dass der Pro-
zess vorankommt. Ich halte es für wichtig, dass wir ihn
nicht dadurch behindern, dass wir, Frau Steinbach, mit ei-
nem groben Klotz reagieren und dazu beitragen, die tsche-
chische Gesellschaft zusammenzuschweißen, weil sie
sich insgesamt bedroht fühlt, und darüber hinaus, wie Sie
es in der Vergangenheit leider gemacht haben, solche Ei-
gentumsfragen als Bedingungen für die Mitgliedschaft in
der Europäischen Union im Erweiterungsprozess stellen.

Hier muss klar sein, was der Bundeskanzler von An-
fang an deutlich gesagt hat: Wir werden die Mitglied-
schaft und den Erweiterungsprozess der Europäischen
Union nicht mit bilateralen Fragen belasten. Dazu gehört
ganz eindeutig diese Frage. Wir müssen dem Bundes-
kanzler dankbar dafür sein, dass er das so klar ausgespro-
chen hat.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Karl Lamers [CDU/CSU]: Das haben wir auch immer gesagt!)


– Es freut mich, Kollege Lamers, dass Sie das gesagt ha-
ben. Ich weiß, dass das in Bezug auf Sie stimmt, aber ich
weiß auch, dass das nicht für alle gilt.


(Karl Lamers [CDU/CSU]: Das hat Theo Waigel für die CSU gesagt!)


Frau Steinbach wird Ihnen sagen können, wer ihre gegen-
teilige Position geteilt hat.

Wir sollten wirklich versuchen, den Dialog über die
Geschichte weiter voranzutreiben, und damit deutlich ma-
chen, dass die Geschichte uns nicht belasten darf. Das ist
das Wichtigste dieser Erklärung.

Natürlich wäre es hilfreich – auch diesen Gedanken kann
man durchaus aufgreifen –, wenn, wie es der tschechische
Ministerpräsident selber gesagt hat, diese Benes-Dekrete
heute keine wirksamen Rechtsakte mehr begründen dürften.
Genauso hilfreich wäre aber, wenn das tschechische Parla-
ment dies einmal deutlich aussprechen würde.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Karl Lamers [CDU/CSU]: Es fallen doch Urteile auf dieser Grundlage!)


Aber ich sage Ihnen gleichzeitig: Solche Fragen sollten
wir auf der angemessenen freundschaftlichen Ebene in
den Gremien, die wir dafür haben, besprechen, statt sie in
Attacken unterzubringen, die sich dann so anhören müs-
sen, als würden wieder alte Instrumente benutzt. Genau
das wollen wir nicht. Wir wollen es in Deutschland nicht
und wir wollen die entsprechenden Geister auch in Öster-
reich nicht bestärken. Das muss man ganz klar sagen und






(C)



(D)



(A)



(B)


das ist am Anfang hier ausgesprochen worden. Das, was
Herr Haider mit dem Volksbegehren, auf das Zeman rea-
giert hat, vorhat, ist der Versuch, den Erweiterungsprozess
und die Mitgliedschaft Tschechiens in der Europäischen
Union zu behindern. Dem müssen wir uns nun wahrhaf-
tig mit aller Kraft und sehr deutlich entgegenstellen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich kann uns alle nur aufrufen, Herrn Irmer folgend
diese Fragen eben nicht hoch zu hängen, sie nicht zu ei-
nem Staatsakt zwischen den Staaten zu machen, sondern
den gesellschaftlichen Dialog zwischen unseren beiden
Gesellschaften voranzutreiben, sodass wir den Aussöh-
nungsprozess, der zuallererst in der Gesellschaft stattfin-
den muss, weiter verfolgen können.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Aber im Parlament dürfen wir noch darüber reden! Wir müssen diejenigen, die diesen Prozess in der Tschechischen Republik begonnen haben – die waren die Ersten, denn Vaclav Havel hat begonnen, diese Frage auf der entsprechenden Ebene zu beantworten –, die Politiker und die Menschen aller Ebenen, entsprechend unterstützen. Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421127400
Die nächste Rednerin
ist die Kollegin Erika Reinhardt für die CDU/CSU-Frak-
tion.


(Zuruf von der SPD: Ich dachte, Herr Lamers!)


– Bei der CDU/CSU gab es einen Rednerinnen- und Red-
nertausch.


(Joseph Fischer, Bundesminister: Eine taktische Maßnahme!)



Erika Reinhardt (CDU):
Rede ID: ID1421127500
Frau Präsidentin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich war am Ende des
Zweiten Weltkrieges dreizehn Jahre alt. Ich werde die Bil-
der der Menschen, die vertrieben worden sind, nicht ver-
gessen. Wie Sie wissen, wohnte ich an der Grenze zur
Tschechoslowakei in Österreich. Ich bin gebürtige Öster-
reicherin. Es waren vor allem Frauen und Kinder, die in-
nerhalb von zwei Stunden ihre Häuser und Wohnungen
verlassen mussten. Sie wussten nicht, wohin.

Die Vertreibung der Menschen aus ihrer Heimat, die
Vertreibung der Sudetendeutschen, die bis zu diesem Zeit-
punkt mit ihren tschechischen Nachbarn sehr gut zusam-
mengelebt hatten – es gab keine Differenzen, Einzelfälle
ausgenommen –, ist Unrecht und eine Menschenrechts-
verletzung.

Trotz des Schmerzes über den Verlust der Heimat und
trotz des Unrechts und der Verbitterung ging von diesen
Menschen ein Signal der Hoffnung, ein Zeichen des Frie-
dens und der Versöhnung aus. In der Charta der Heimat-
vertriebenen aus dem Jahre 1950 verzichteten die deut-

schen Vertriebenen ausdrücklich auf Rache und Vergel-
tung.

Herr Außenminister, man hat das Gefühl, Sie langwei-
len sich etwas bei dieser Debatte. Ich glaube, wir alle soll-
ten sie etwas ernster nehmen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Antje Vollmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben Sie schon zwanzigmal gesagt! – Ulrich Irmer [FDP]: Das macht der immer so! Das ist seine Art!)


Die Heimatvertriebenen verpflichteten sich zur Schaf-
fung eines vereinten Europas. Sie haben einen der größ-
ten Beiträge zum Frieden in Europa geleistet, indem sie
die bestehenden Grenzen trotz der bitteren Erfahrungen
achteten und mittrugen. Mit dieser Haltung haben die
deutschen Heimatvertriebenen dazu beigetragen, dass im
Zusammenwachsen von Europa das Wissen um die ge-
schichtliche Wahrheit zu einer verbindenden Klammer
und nicht zu einer feindlichen Mauer wurde.

Meine Damen und Herren, wenn sich heute der tsche-
chische Ministerpräsident Milos Zeman hinstellt und die
Sudetendeutschen als Landesverräter beschimpft, dann
übt er nicht nur Verrat am europäischen Geist der Versöh-
nung und der Einigung, sondern stellt Menschen, die aus
ihrer Heimat vertrieben wurden, an den Rand von Verbre-
chern. Das ist unerhört und zutiefst verletzend.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Minister, ich habe in der heutigen Fragestunde die

Antwort Ihres Staatsministers, die Äußerung von Herrn
Zeman sei nicht weise, wirklich nicht nachvollziehen
können. Ich finde, sie war unerhört und er müsste eigent-
lich von Ihrer Seite eine Rüge erteilt bekommen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Es ist ja nicht das erste Mal, dass sich der tschechische

Ministerpräsident gegen die Sudetendeutschen in tiefster
Missachtung geäußert hat. Wir haben das schon einmal er-
lebt. Herr Zeman treibt damit einen Keil in das europä-
ische Versöhnungswerk. Solange solche ehrverletzenden
Äußerungen im Raume stehen, kann es keine Aufnahme
der Tschechischen Republik in die EU geben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Antje Vollmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha!)


– Ja, liebe Kollegin, ich bin schon dieser Meinung; denn
beide Seiten müssen aufeinander zugehen. Es kann nicht
sein, dass ein Ministerpräsident die Sudetendeutschen,
die nichts verbrochen haben und die man aus seinem
Lande vertrieben hat, ununterbrochen beleidigt. Ich
glaube, es ist notwendig, dass einmal ein versöhnendes
Wort aus dieser Richtung kommt und auch einmal eine
Entschuldigung zu hören ist.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Deshalb fordere ich die Regierung auf – ja, Herr

Außenminister, ich fordere Sie auf –, dem Ministerpräsi-
denten nahe zu legen, dass er sich entschuldigt und dass
er seine Aussage zurücknimmt; denn sie ist mehr als ehr-




Markus Meckel
20896


(C)



(D)



(A)



(B)


verletzend. Es ist die moralische Pflicht einer deutschen
Regierung, dies zu tun.

Wer gewalttätig aus seiner Heimat vertrieben wurde,
ist kein Landesverräter, sondern Opfer. Vertreibung ist
Unrecht – immer und überall. Vertreibung ist ein Verbre-
chen und eine Menschenrechtsverletzung.

Anfang Juli 2000 entschuldigte sich der Primas von
Böhmen im Beisein von 20 Bischöfen, des päpstlichen
Nuntius und zahlreicher Würdenträger für die Vertrei-
bung. Die tschechische Jugendorganisation „Jugend für
interkulturelle Verständigung“ hat den Stadtrat der mähri-
schen Stadt Brünn aufgefordert, die ehemaligen deut-
schen Bewohner der Stadt um Verzeihung zu bitten. Das
sind Zeichen der Versöhnung. Daran sollte sich der Mi-
nisterpräsident Milos Zeman messen lassen und daran
sollte er sich ein Beispiel nehmen.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421127600
Frau Kollegin, auch
Sie muss ich an Ihre Redezeit erinnern.


Erika Reinhardt (CDU):
Rede ID: ID1421127700
Wer ein einiges Europa
will, muss den Schutz ethnischer, nationaler und sprachli-
cher Minderheiten garantieren. Die Vertriebenen sind und
bleiben ein wichtiger Partner bei der europäischen Eini-
gung und der Verständigung mit unseren östlichen Nach-
barn.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421127800
Jetzt spricht der Bun-
desaußenminister Joseph Fischer.


Joseph Fischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1421127900

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Kolle-
gin, Sie täuschen sich völlig, wenn Sie meinen, dass ich
mich gelangweilt hätte. Im Gegenteil: Als Sie persönliche
Dinge angesprochen haben, habe ich an das Schicksal
meiner eigenen Familie gedacht. Es ist für die Debatte
durchaus relevant. Meine Eltern waren in den Dreißigern,
meine Schwestern waren vier bzw. neun Jahre alt – ich
war noch nicht auf der Welt –, als es 1946 nach 200 Jah-
ren plötzlich hieß, die Heimat in Ungarn zu verlassen und
in eine ungewisse Zukunft aufzubrechen.

Meine Mutter hat mir viel über diese Zeit erzählt. Sie
hat mir über das Unrecht der Vertreibung und über viele
andere schlimme Dinge erzählt. Sie hat mir von den Pfeil-
kreuzlern, den ungarischen Nazis, erzählt, bei denen viele
Volksdeutsche – aber bei weitem nicht alle – mitgemacht
haben. Sie hat mir von dem Todesmarsch der letzten
Überlebenden des Budapester Gettos, die von der SS
durch ein Dorf am Stadtrand von Budapest Richtung Wes-
ten getrieben wurden, erzählt. Sie hat mir also von einer
Tragödie erzählt, einer Tragödie, die sehr viele unschul-
dige Menschen das Leben gekostet hat.

Sie hat mir auch erzählt, dass die Verbrechen im Rah-
men der Vertreibung hauptsächlich Unschuldige getroffen
haben, weil diejenigen, die sich schuldig gemacht haben,

mit der Wehrmacht meistens über alle Berge waren. Viele
von ihnen sind hinterher nicht zur Rechenschaft gezogen
worden. Manche von ihnen sind nach 1945 in den Ver-
triebenenverbänden wieder aufgetaucht, was nicht heißen
soll, dass in den Vertriebenenverbänden hauptsächlich
ehemalige Nazis waren.

Ich selbst war als Kind oft auf Tagen der Heimatver-
triebenen, der Donauschwaben. Ich kann heute sagen,
dass das Verhältnis von Ungarn zu seinen ehemaligen
Bürgerinnen und Bürgern, zu den Donauschwaben, sehr
gut ist –, gründend auf der Versöhnung und wissend um
die Vergangenheit und um die Verantwortung.

Es ist nicht die Vergangenheit, mit der wir es heute zu
tun haben – auch wenn sie für die Gestaltung der Zukunft
wichtig ist –, sondern es ist das gemeinsame Europa. Wenn
diese Debatte einen Sinn macht, dann den, dass sie verge-
genwärtigt, was die wirkliche Ursache für die europäische
Integration ist, nämlich nicht, dass wir das Zeitalter der
Nationen überwinden – die werden fortexistieren –, son-
dern dass wir das Zeitalter des Nationalismus überwinden.
Diese Debatte zeigt, dass nationalistische Kräfte durchaus
auch heute wieder dabei sind, das europäische Einigungs-
werk zumindest infrage zu stellen. Ich glaube, um es wirk-
lich zu gefährden, sind sie zu schwach.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)


Lassen Sie mich ausführlich aus einer Drucksache des
Deutschen Bundestages aus der 13. Wahlperiode zitieren,
nämlich aus der Deutsch-Tschechischen Erklärung über
die gegenseitigen Beziehungen und deren künftige Ent-
wicklung. Das war noch unter Bundeskanzler Kohl. Dort
heißt es:

Die deutsche Seite bekennt sich zur Verantwortung
Deutschlands für seine Rolle in einer historischen
Entwicklung, die zum Münchner Abkommen von
1938, der Flucht und Vertreibung von Menschen aus
dem tschechoslowakischen Grenzgebiet sowie zur
Zerschlagung und Besetzung der Tschechoslowaki-
schen Republik geführt hat.
Sie bedauert das Leid und das Unrecht, das dem
tschechischen Volk durch die nationalsozialistischen
Verbrechen von Deutschen angetan worden ist. Die
deutsche Seite würdigt die Opfer nationalsozialisti-
scher Gewaltherrschaft und diejenigen, die dieser
Gewaltherrschaft Widerstand geleistet haben.
Die deutsche Seite ist sich auch bewusst, dass die na-
tionalsozialistische Gewaltpolitik gegenüber dem
tschechischen Volk dazu beigetragen hat, den Boden
für Flucht, Vertreibung und zwangsweise Aussied-
lung nach Kriegsende zu bereiten. ...
Die tschechische Seite bedauert, dass durch die nach
dem Kriegsende erfolgte Vertreibung sowie zwangs-
weise Aussiedlung der Sudetendeutschen aus der da-
maligen Tschechoslowakei, die Enteignung und Aus-
bürgerung unschuldigen Menschen viel Leid und
Unrecht zugefügt wurde, und dies auch angesichts
des kollektiven Charakters der Schuldzuweisung. Sie
bedauert insbesondere die Exzesse, die im Wider-




Erika Reinhardt

20897


(C)



(D)



(A)



(B)


spruch zu elementaren humanitären Grundsätzen
und auch den damals geltenden rechtlichen Normen
gestanden haben, und bedauert darüber hinaus, dass
es aufgrund des Gesetzes Nr. 115 vom 8. Mai 1946
ermöglicht wurde, diese Exzesse als nicht wider-
rechtlich anzusehen, und dass infolge dessen diese
Taten nicht bestraft wurden. ...
Beide Seiten stimmen darin überein, dass das began-
gene Unrecht der Vergangenheit angehört, und wer-
den daher ihre Beziehungen auf die Zukunft ausrich-
ten. Gerade deshalb, weil sie sich der tragischen
Kapitel ihrer Geschichte bewusst bleiben, sind sie
entschlossen, in der Gestaltung ihrer Beziehungen
weiterhin der Verständigung und dem gegenseitigen
Einvernehmen Vorrang einzuräumen, wobei jede
Seite ihrer Rechtsordnung verpflichtet bleibt und res-
pektiert, dass die andere Seite eine andere Rechts-
auffassung hat. Beide Seiten erklären deshalb, dass
sie ihre Beziehungen nicht mit aus der Vergangenheit
herrührenden politischen und rechtlichen Fragen be-
lasten werden.

Ende des Zitats.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ulrich Irmer [FDP]: Das haben wir damals sehr gut gemacht!)


Ich möchte an alle appellieren – wenn ich sage, an alle,
dann meine ich auch unsere tschechischen Partner –, dies
zur Grundlage für die gemeinsame Zukunft in einem sich
erweiternden, zusammenwachsenden Europa zu machen.
Auf dieser Grundlage kann die Bundesregierung nicht
den Vorwurf oder die These der Kollektivschuld akzep-
tieren. Wo es keine Kollektivschuld gibt, kann es auch
keine Kollektivstrafen geben. Vertreibung und Enteig-
nung wurden von uns immer als Unrecht begriffen.

Dennoch, wir wissen um das Umfeld dieser Debatte.
Ich freue mich, dass mein Kollege Jan Kavan, mit dem ich
gestern gesprochen habe, heute ein – wie ich finde – sehr
hilfreiches Interview in einer tschechischen Zeitung gege-
ben hat, in dem er sich ebenfalls auf die Deutsch-Tschechi-
sche Erklärung als die gemeinsame Grundlage der Zu-
kunftsgestaltung bezieht. Insofern möchte ich an alle Seiten,
auch an unsere tschechischen Partner, appellieren, dass
wir uns auf die Zukunft konzentrieren. Die Erweiterung
ist die Zukunft.

Es gibt einen Punkt, den ich nicht akzeptieren kann:
Wir dürfen jetzt keine zusätzlichen Erweiterungshemm-
nisse aufbauen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der PDS)


Das kann und darf es nicht geben. Das sollten wir hier völ-
lig klar machen.


(Zuruf des Abg. Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU])


– Es nützt auch gar nichts, wenn Sie hier permanent den
Namen des tschechischen Ministerpräsidenten wiederho-
len.

Ich denke, die Reaktion der tschechischen Öffentlich-
keit hat völlig klar gemacht, dass auch dort bestimmte
Äußerungen durchaus kritisch gesehen werden. Auch dort
gibt es eine europäische Orientierung. Deswegen ist für
uns völlig klar: Wir wollen die sehr guten Beziehungen
zwischen der Tschechischen Republik und der Bundesre-
publik Deutschland, gründend auf der Deutsch-Tschechi-
schen Erklärung, auf höchstem Niveau fortentwickeln.
Wir arbeiten an der Osterweiterung der Europäischen
Union, weil sie in Europa nicht mehr zulassen wird, dass
aus dem Nationalismus Unheil und schlimme Tragödien
entstehen. Das ist der Grundansatz der europäischen Inte-
gration, die nach dem Ende des Kalten Krieges jetzt auch
unsere östlichen Nachbarn umfassen wird.

Wir wollen keine neuen Beitrittshemmnisse. Ich habe
auch bei meinem Besuch in Österreich gesagt,


(Erika Reinhardt [CDU/CSU]: Sagen Sie das dem Ministerpräsidenten!)


dass es keine neuen Beitrittshemmnisse geben darf und
dass auch keine sozusagen ökologisch verbrämten Kam-
pagnen gemacht werden dürfen,


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der PDS)


die in Wirklichkeit nichts anderes bezwecken, als natio-
nalistische Stimmungen gegen Nachbarn zu mobilisieren,
um hier Beitrittshemmnisse aufzubauen. Davor kann ich
nur alle warnen.

In diesem Geiste und auf der klaren Grundlage der
Deutsch-Tschechischen Erklärung und auf der Position,
die ich gerade genannt habe, nämlich dass wir eine Kol-
lektivschuld nicht akzeptieren können, dass sie historisch
nicht begründet ist, dass es auch Sudetendeutsche gab, die
Widerstand gegen Hitler geleistet, die loyal zur damaligen
Tschechoslowakischen Republik gestanden haben – hier
wurden genügend Beispiele angeführt –, sind auch Kol-
lektivstrafen nicht akzeptabel und können schon gar nicht
schwerste Menschenrechtsverletzungen hinterher als
Recht bezeichnet werden. Das ist die gemeinsame Grund-
lage der Deutsch-Tschechischen Erklärung. Dies gilt hier-
für genauso wie für unsere fortwährende Verantwortung
für die Verbrechen Nazideutschlands.

Wenn wir uns dieser gemeinsamen Verantwortung für
die Zukunft bewusst sind, werden wir die anstehenden
Fragen partnerschaftlich lösen. Ich denke, das wird auch
die tschechische Seite so sehen. Mein Besuch anlässlich
des fünften Jahrestages der Verabschiedung der Deutsch-
Tschechischen Erklärung im Februar wird hoffentlich die
letzten Irritationen ausräumen. Wir haben ein Interesse an
guter Nachbarschaft und einer möglichst schnellen
Osterweiterung. Unsere tschechischen Freunde sind uns
willkommen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD, der FDP und der PDS)





Bundesminister Joseph Fischer
20898


(C)



(D)



(A)



(B)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421128000
Nächster Redner ist
der Kollege Christian Schmidt für die CDU/CSU-Frak-
tion.


Christian Schmidt (CSU):
Rede ID: ID1421128100
Frau Präsi-
dentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen!
In Niederbayern, wo der von mir vorhin in meinem Zwi-
schenruf, Frau Präsidentin, gebrauchte süddeutsche Aus-
druck einen Bedeutungswandel vom konkret Dinglichen
zum abstrakt Geistigen durchgemacht hat und besagt:
„Das ist unzutreffend“ denken die Grünen allerdings hin-
sichtlich Temelin etwas deutlicher als Sie, Herr Spitzen-
kandidat und Außenminister. Es entbehrt nicht einer
gewissen Delikatesse, dass der grüne deutsche Außen-
minister den Österreichern auszureden versucht, sich ge-
gen Temelin zu äußern.


(Joseph Fischer, Bundesminister: Soll ich Ihnen meine Meinung dazu sagen? Ohu soll stillgelegt werden! – Beifall bei Abgeordneten der CDU/ CSU)


Ich will durchaus würdigen, dass sich in Melk eine Lö-
sung angebahnt hat. Aber wenn ich den zum Teil erbitter-
ten Widerstand gegen Temelin – gerade im ostbayerischen
Grenzgebiet auch von Ihrer eigenen Partei – sehe,


(Joseph Fischer, Bundesminister: Wir machen ein Volksbegehren zu Isar I und II!)


würde ich dieses Thema nicht ohne weiteres nur einem
Menschen zuschreiben, der zugegebenermaßen damit
auch andere Ziele durchzusetzen versucht. Das Thema
muss ernsthaft diskutiert werden.

Allerdings halte ich es für falsch, dass man an diesem
oder an einem anderen Thema die Beitrittsfragen der Eu-
ropäischen Union in Bezug auf ein einzelnes Land neu
durchdekliniert. Es handelt sich um allgemeine Beitritts-
regeln. Diesem Missverständnis unterliegt offensichtlich
auch der jedenfalls nach diesen Äußerungen persönlich
nicht beitrittsfähige Herr Zeman. Gott sei Dank nehmen
wir nur Länder auf und keine Ministerpräsidenten mit
problematischen Äußerungen.

Wie beim europäischen Stabilitätspakt ist es nicht da-
mit getan, zu meinen, man rutsche in die Europäische
Union hinein und alle Fragen seien gelöst, ganz im Ge-
genteil: Dies wird ein politischer Stabilitätspakt auch in
die Zukunft hinein sein. Das macht es für mich gut be-
gründbar zu sagen: Ich nehme hier keine Position nach
dem Motto „Wenn nicht, dann nicht“ ein. Dies möchte ich
doch noch einmal an die Adresse der Kollegin Vollmer sa-
gen, die hier vollmundig argumentiert hat.

Die Beschlusslage der CDU in diesen Fragen kenne ich
relativ gut, die der CSU sehr gut, weil ich an ihr nicht un-
beteiligt bin. Ich kann Ihnen ganz klar sagen, dass man in
sehr abgewogener und differenzierter Form die Fragen
bespricht und sagt:


(Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Die Frau Vollmer ist ja gar nicht mehr da!)


Wir werden, wenn Tschechien Mitglied der Europäischen
Union ist – dieses Recht werden wir uns und wird sich die

Europäische Union nehmen –, die Fragen anhand der eu-
ropäischen Rechtsstandards überprüfen.

Ich habe einen Kronzeugen, den ich gern zitieren
möchte. Diejenigen, die beim Gesprächsforum im Rah-
men der deutsch-tschechischen Arbeit dabei sind, werden
sich vielleicht noch daran erinnern, dass, als wir in Brünn
vor, ich glaube, zwei oder drei Jahren


(Dr. Christoph Zöpel [SPD]: Es war November 1999!)


zusammensaßen – Günter Verheugen war damals gerade
EU-Kommissar geworden und noch Kovorsitzender des
Gesprächsforums –, die tschechischen Partner in Anwe-
senheit des Präsidenten des tschechischen Verfassungs-
gerichtes darauf hingewiesen haben, dass die Rechts-
standards, auch was die fortwirkenden Rechtsfolgen der
Benes-Dekrete betrifft – es gibt ja solche nicht nur in
Grundstücks- und Statusfragen –, nach dem Maßstab der
europäischen „Hausordnung“ zu prüfen sind.

Das ist der Punkt, über den nicht ein deutscher, sondern
in der Tat vor allem ein innertschechischer Dialog geführt
werden muss. Es kann doch niemanden in Tschechien un-
berührt lassen, wenn der UN-Menschenrechtsausschuss
feststellt, dass die tschechische Gesetzgebung zu Rück-
gabe und Entschädigung konfiszierten Eigentums dem
Pakt über bürgerliche und politische Rechte widerspricht,
also völkerrechtswidrig ist.

Überträgt man diesen Punkt auf die europäische
„Hausordnung“, bedeutet das, dass man sich seiner selbst
bewusst werden muss. Dass wir dazu nur einen be-
schränkten Beitrag leisten können, weiß auch ich. Die
Diskussion, bei der erfreulicherweise gerade in den letz-
ten beiden Tagen – es gibt nichts Schlechtes, worin nicht
auch ein klein wenig Gutes ist – Töne angeschlagen wur-
den – in Tschechien selbst, ob in „Mlada Fronta dnes“,
von Herrn Dolezal oder auch vom Außenminister –, die
durchaus im Sinne der Erklärung sind, Herr Minister, die
auch unsere und meine Zustimmung haben – sie sind nicht
ganz unbeeinflusst von unseren Gedanken gewesen –,
bietet eine Basis für die Zukunft.

Wenn es irgendjemand gewesen wäre, hätte man es da-
mit abtun können. Wenn es aber der Ministerpräsident
dieses Landes ist, dann muss er sich schon gefallen lassen,
dass man ihm – ohne dass man sich vorhalten lassen muss,
man würde Ungeziemendes tun – bei diesen Fragen sagt:
Mein Lieber, sehr verehrte Exzellenz, so bist du für Eu-
ropa nicht reif! Es ist erfreulich, dass es in deinem Land
andere Gedanken gibt, die dein Land für Europa reif ma-
chen. So trägst du nicht dazu bei.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421128200
Nächster Redner ist
der Kollege Christoph Zöpel für die SPD-Fraktion.


Dr. Christoph Zöpel (SPD):
Rede ID: ID1421128300
Frau Präsidentin! Meine
sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir sind uns
hier einig: Kollektivschuld gibt es nicht. Das sage ich ge-
gen jeden, der so etwas behauptet, und für jeden, dem so
etwas zugemutet wird. Dieser Einsicht entspricht aber ein






(C)



(D)



(A)



(B)


Zweites: Nachfolgende Generationen können sich nie aus
der Geschichte des Staatsvolkes, zu dem sie gehören, frei-
kaufen. Beides gilt. Die Verallgemeinerung dieser beiden
Erkenntnisse ist: Niemals gibt es nur Täter und niemals
gibt es nur Opfer.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Hartmut Koschyk [CDU/CSU])


Es gibt eine weitere Erkenntnis; mit ihr sollten wir mit
selbstkritischer Nachsicht umgehen: Es ist einfacher, sich
selbst an seine Opferrolle zu erinnern als an seine Täter-
rolle. Das gilt auch für nachfolgende Generationen. Es
gibt keinen Zweifel, dass sich viele Tschechen – auch Re-
präsentanten des politischen Systems Tschechiens – auch
nach 1989 schwer tun, die Täterrolle zu sehen. Aber auch
Deutschland hat lange gebraucht, bis es die Entscheidung
traf, Zwangsarbeiter zu entschädigen. Auf beiden Seiten
gibt es das also.

Ich habe seit zwei Jahren Gelegenheit, mich intensiver
mit dem Verhältnis der Tschechen und der Deutschen zu
beschäftigen. Das Verhältnis der Polen und der Deutschen
kannte ich aus meiner Biografie besser. Ich konnte viel
zuhören und habe viel gelernt. Beispielhaft für Menschen,
von denen ich gelernt habe, nenne ich Otto Pick und
Volkmar Gabert.

Aus dem, was ich von ihnen und anderen gelernt habe,
ziehe ich folgende Konsequenzen: Wenn Tschechen und
Deutsche aus dem immer noch vorhandenen Dilemma mit
dem Verhältnis von Opfer- und Täterrolle nicht zurecht-
kommen können – gemeinsam und einzeln –, dann macht
es Sinn, dass sie nach den Gründen fragen, wann Staaten
und Völker Opfer und wann sie Täter werden. Wenn wir
darüber nachdenken, kommen wir vielleicht zu anderen
Ansätzen.

Ich habe in manchen Diskussionen einen Gedanken für
tragfähig gehalten, den ich hier wiederholen möchte.
Wenn wir beide sagen, dass es nicht Tschechen und Deut-
sche waren, die sich teilweise gegenseitig Leid – das es
nie hätte geben sollen – angetan haben, sondern dass es
die Situation war, in der sie durch Faschismus, Kommu-
nismus und irregeleiteten Nationalismus dazu kamen, und
dass es dies aufzuarbeiten gilt, anstatt abwegig in dem
Verhältnis zweier Völker herumzurühren, dann wäre das
ein Fortschritt. Daraus kann man dann die positive Folge-
rung ziehen: Die Demokratie und vor allem auch die Zu-
sammenarbeit von Demokratien bieten die historische
Form, in der das vermieden wird. Wir versuchen, den Weg
in die Europäische Union in Zukunft zusammen mit den
Tschechen zu gehen.

Im Vorfeld – das ist für mich eine Konsequenz aus der
Debatte, die zu Beginn dieser Woche mit den Äußerungen
des tschechischen Premierministers begonnen hat – soll-
ten wir unsere gemeinsamen Bemühungen beschleunigen
und intensivieren und sollten danach streben, nachdem
Deutschland – den Kontext sehe ich schon – in einem wei-
teren Schritt, seine Täterrolle aufzuarbeiten, entschieden
hat, Zwangsarbeitern Genugtuung zukommen zu lassen
– in der ganzen Relativität, die da ist – Deutschen, denen
von Tschechen Unrecht angetan wurde, über das Wort hi-
naus – das Wort ist wichtig – Genugtuung zukommen zu

lassen. Das ist das eine. Das sollten wir intensivieren und
beschleunigen. Das ist für mich die Konsequenz aus dem,
was Zeman gesagt hat.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Das Zweite ist dann aber: Tschechen und Deutsche
diskutieren bereits im Rahmen europäischer Innenpolitik
miteinander. Auch Tschechen und Österreicher und
Österreicher und Deutsche tun dies. Meine letzten Worte
ergeben sich aus dem Sinn europäischer Innenpolitik.
Regierungen müssen in der derzeitigen Verfassungskon-
stitution Europas noch zwischen der Rolle der Diplo-
matie und der Teilnahme am innenpolitischen und inner-
europäischen Dialog teilweise hin- und herjonglieren,
was nicht so einfach ist. Aber hier in der Parlamentsde-
batte diskutiere ich als Teilnehmer an dem Diskurs euro-
päischer Innenpolitik.

In diesem Zusammenhang sage ich: Das Volksbe-
gehren in Österreich verstößt – aus welchen Motiven auch
immer es angestoßen wurde – gegen das Ziel, die europä-
ische Integration so schnell wie möglich zu schaffen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Es wäre gut, wenn es alle Österreicher schaffen würden,
das zu lassen. Die Worte von Zeman verstoßen gegen die-
ses Ziel. Das sage ich hier sehr deutlich.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ich hoffe, dass er dies in der innereuropäischen Diskus-
sion selber sieht und es schafft, daraus einen positiven
Beitrag wachsen zu lassen.

Ich habe die Bitte an alle: Es macht keinen Sinn, auf ei-
nen Fehler – aus welchen Motiven auch immer er gemacht
wurde – in der eigenen Rede wieder einen weiteren Feh-
ler folgen zu lassen. Die Debatte, die besagt, dass diese
Worte des tschechischen Premierministers signalisieren
könnten, Tschechien sei nicht bereit und fähig, in die Eu-
ropäische Union zu kommen, hilft uns nicht weiter. Das
Gegenteil ist der Fall. Solche Situationen, Fehler, Patzer
und Unweisheiten müssen eigentlich eher die Anstren-
gungen beflügeln, nach der Aussöhnung im deutsch-fran-
zösischen Verhältnis in den 50er-Jahren jetzt die Vollen-
dung herbeizuführen. Verbundene Demokratien werden
es vermeiden, dass sich Völker, irregeleitet von totalitären
Ideologien, wieder Leid antun. Wenn wir Europäer sind,
dann darf uns davon nichts, kein Haider – aus anderen
Motiven – und kein Zeman, daran hindern.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und der PDS)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421128400
Der letzte Redner in
dieser Debatte ist der Kollege Karl Lamers für die
CDU/CSU-Fraktion.




Dr. Christoph Zöpel
20900


(C)



(D)



(A)



(B)



Karl Lamers (CDU):
Rede ID: ID1421128500
Frau Präsidentin! Verehrte
Kolleginnen und Kollegen! Ich bin dankbar, dass als letz-
ter Redner für die SPD-Fraktion der Kollege Zöpel ge-
sprochen hat. Ihr Beitrag, Herr Kollege Weisskirchen, war
wirklich problematisch.

Ich halte es für völlig unangebracht, denjenigen, die
auf diese unmöglichen Äußerungen von Zeman reagieren,
die Verantwortung für den eingetretenen Schaden zuzu-
schieben.


(Zuruf von der CDU/CSU: Ja!)

Sie, Herr Zöpel, haben heute in der Fragestunde – ich

bedanke mich dafür – die Reaktion der Sudetendeutschen
auf diese Äußerungen maßvoll genannt und sie begrüßt.
Das stimmt überhaupt nicht mit dem überein, was die
Kollegin Vollmer gesagt hat. Sie ist nicht mehr hier, sonst
würde ich ihr einiges sagen.

Ich habe den Eindruck, dass, nachdem sie seinerzeit
versucht hat, eine Vermittlerrolle zwischen den Vertriebe-
nen und den Tschechen einzunehmen, und sie nicht sofort
auf Händen getragen wurde, sie dies in eine persönliche
Verärgerung versetzt hat – um es ganz zurückhaltend zu
formulieren –, die schädlich ist, weil sie nämlich das be-
einträchtigt, worauf es jetzt ankommt. Es kommt doch
jetzt darauf an, dass die wirklich inakzeptablen Äuße-
rungen des tschechischen Ministerpräsidenten nicht dazu
geführt haben, dass in Tschechien eine Solidarisierung
mit ihm erfolgt, sondern ganz im Gegenteil dazu, dass
eine kritische Debatte über ihn geführt wird.

Seine Äußerungen waren für mich ein fataler Rückfall
in eine Denkweise, von der ich den Eindruck hatte, dass
sie allmählich in Tschechien überwunden wird. Dazu ha-
ben die Sudetendeutschen viel beigetragen. Denn entge-
gen der Äußerung von Herrn Zeman bei seinem ersten
Besuch in Bonn – seinem Treffen mit Bundeskanzler
Schröder – werden die Benes-Dekrete dort noch ange-
wandt. Die Sudetendeutschen haben das moniert, aber
keine große Sache daraus gemacht und schon gar nicht
gesagt: Das muss weg, bevor die Tschechische Republik
in die Europäische Union eintritt. – Deswegen sind auch
die Ermahnungen, keine neuen Hindernisse für die Mit-
gliedschaft Tschechiens in der Europäischen Union aufzu-
bauen, an die verkehrte Adresse gerichtet, Herr Minister.


(Markus Meckel [SPD]: Wir haben es eben noch gehört!)


Das tut niemand. Ich darf Sie noch einmal daran erin-
nern, dass wir und der damalige CSU-Vorsitzende und
bayerische Ministerpräsident seinerzeit gesagt haben,
dass das keine Bedingungen für eine Mitgliedschaft
Tschechiens in der Europäischen Union sind. Wir möch-
ten das gerne weghaben, aber es sind keine Bedingungen.
In Wirklichkeit schafft Herr Zeman neue Schwierig-
keiten. Es kann doch kein Zweifel bestehen: Wenn er
diese Äußerungen vor dem Volksbegehren in Österreich
gemacht hätte, dann hätte es mindestens doppelt so viele
Stimmen für das Volksbegehren gegeben.

Wer also schafft die Bedingungen? Wer erschwert den
Beitritt Tschechiens?

Herr Minister, Sie haben lange aus der Deutsch-Tsche-
chischen Erklärung zitiert. Ich interpretiere das so, dass
Sie die Äußerungen von Herrn Zeman – gerade was das
Thema Kollektivschuld angeht – als im Widerspruch zu
der Deutsch-Tschechischen Erklärung stehend ansehen.
Ich hoffe, dass Sie das dann deutlicher sagen. Ich ver-
stehe, dass Sie sich als Mitglied der Regierung einer ge-
wissen Zurückhaltung befleißigen müssen. Aber bitte sa-
gen Sie Ihren Kollegen, dass Herr Zeman die Sache
irgendwie in Ordnung bringen muss.


(Zuruf von der CDU/CSU: Ja!)

So kann das nicht stehen bleiben,


(Beifall bei der CDU/CSU)

und zwar ganz entscheidend deswegen, weil es nicht nur
im Widerspruch zu der Deutsch-Tschechischen Erklärung
steht, sondern auch zum europäischen Geist.


(Zuruf von der CDU/CSU: Genau!)

Was Herr Zeman betreibt, ist im Grunde schlimmster

Populismus – und zwar nationalistischer, also Rechts-
populismus. Das ist wirklich völlig unvereinbar; denn die
Grundvoraussetzung für die Mitgliedschaft in der Euro-
päischen Union ist die Abkehr vom Nationalismus. In-
sofern stimme ich dem Kollegen Schmidt ausdrücklich
zu. Tschechien – das glaube ich unverändert – ist reif für
die Mitgliedschaft, aber Herr Zeman nicht. Aber leider ist
Herr Zeman Ministerpräsident dieses Landes. Er leistet
seinem Land einen Bärendienst.

Die Diskussion in Tschechien, die zwar noch nicht so
weit ist wie die in Polen, die aber in den letzten zwei Jah-
ren beachtliche Fortschritte gemacht hat, muss dazu
führen – darauf sollten wir hinwirken –, dass solche Äuße-
rungen wie die von Herrn Zeman in Tschechien selbst
nicht mehr akzeptiert werden. Herr Minister, dazu kann
die Bundesregierung Entscheidendes beitragen. Sie muss
klar machen, dass so etwas auch von der deutschen Re-
gierung nicht toleriert wird.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dann werden Sie die Diskussion in Tschechien in die rich-
tige Richtung bewegen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der SPD)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1421128600
Liebe Kolleginnen
und Kollegen, die Aktuelle Stunde ist beendet.

Wir sind damit am Ende unserer heutigen Tagesord-
nung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundes-
tages auf morgen, Donnerstag, den 24. Januar 2002,
9 Uhr, ein.

Die Sitzung ist geschlossen.