Protokoll:
14148

insert_drive_file

Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 14

  • date_rangeSitzungsnummer: 148

  • date_rangeDatum: 7. Februar 2001

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 13:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 17:01 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Tagesordnungspunkt 1: Befragung der Bundesregierung: Jahr der Lebenswissenschaften . . . . . . . . . . . . . . . 14461 A Edelgard Bulmahn, Bundesministerin BMBF 14461 B Detlef Parr F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14462 B Edelgard Bulmahn, Bundesministerin BMBF 14462 C Detlef Parr F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14462 D Edelgard Bulmahn, Bundesministerin BMBF 14462 D Heinz Wiese (Ehingen) CDU/CSU . . . . . . . . 14462 D Edelgard Bulmahn, Bundesministerin BMBF 14463 A Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14463 B Edelgard Bulmahn, Bundesministerin BMBF 14463 B Maritta Böttcher PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14463 C Edelgard Bulmahn, Bundesministerin BMBF 14463 D René Röspel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14464 A Edelgard Bulmahn, Bundesministerin BMBF 14464 B Dr. Ernst Dieter Rossmann SPD . . . . . . . . . . 14464 C Edelgard Bulmahn, Bundesministerin BMBF 14464 D Angelika Volquartz CDU/CSU . . . . . . . . . . . 14465 A Edelgard Bulmahn, Bundesministerin BMBF 14465 B Angelika Volquartz CDU/CSU . . . . . . . . . . . 14465 C Edelgard Bulmahn, Bundesministerin BMBF 14465 C Norbert Hauser (Bonn) CDU/CSU . . . . . . . . 14465 D Edelgard Bulmahn, Bundesministerin BMBF 14466 A Norbert Hauser (Bonn) CDU/CSU . . . . . . . . 14466 A Edelgard Bulmahn, Bundesministerin BMBF 14466 B Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14466 C Edelgard Bulmahn, Bundesministerin BMBF 14466 C Eckart von Klaeden CDU/CSU . . . . . . . . . . . 14466 D Dr. Eckhart Pick, Parl. Staatssekretär BMJ 14467 A Norbert Hauser (Bonn) CDU/CSU . . . . . . . . 14467 A Dr. Eckhart Pick, Parl. Staatssekretär BMJ 14467 B Norbert Hauser (Bonn) CDU/CSU . . . . . . . . 14467 B Dr. Eckhart Pick, Parl. Staatssekretär BMJ 14467 B Sylvia Bonitz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 14467 C Dr. Eckhart Pick, Parl. Staatssekretär BMJ 14467 C Tagesordnungspunkt 2: Fragestunde (Drucksache 14/5203) . . . . . . . . . . . . . . . 14467 D Entschädigung von vom Herstellungsverbot betroffenen Catgut-Herstellern MdlAnfr 1, 2 Wolfgang Dehnel CDU/CSU Antw PStSekr’in Gudrun Schaich-Walch BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14468 A, C ZusFr Wolfgang Dehnel CDU/CSU . . . . . . . . 14468 A Aufruf der Parlamentarischen Staatssekretärin beim BMU, Gila Altmann, 1996/97 zur Ver- hinderung von Castor-Transporten und ihre heutige Mitverantwortung für deren Durch- führung MdlAnfr 3, 4 Vera Lengsfeld CDU/CSU Antw PStSekr’in Gila Altmann BMU 14468 D, 14469 A ZusFr Vera Lengsfeld CDU/CSU 14468 D, 14469A Plenarprotokoll 14/148 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 148. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 7. Februar 2001 I n h a l t : ZusFr Eckart von Klaeden CDU/CSU . . . . . . 14469 B ZusFr Sylvia Bonitz CDU/CSU . . . . . . . . . . . 14469 D ZusFr Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14470 A Finanzielle Unterstützung insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen bei der Umsetzung des Rechts auf Weiterbildung MdlAnfr 5 Norbert Hauser (Bonn) CDU/CSU Antw PStSekr Wolf-Michael Catenhusen BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14470 B ZusFr Norbert Hauser (Bonn) CDU/CSU . . . 14470 C Unterschiedliches Mindeststrafmaß für sexu- elle Übergriffe auf widerstandsunfähige und widerstandsfähige Personen MdlAnfr 6, 7 Dr. Heinrich L. Kolb F.D.P. Antw PStSekr Dr. Eckhart Pick BMJ 14471 A, 14472 C ZusFr Dr. Heinrich L. Kolb F.D.P. 14471 C, 14472 C ZusFr Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . 14472 A, 14473 A Finanzielle und ideelle Unterstützung des durch die BSE-Krise und den Schweinemast- skandal stark in Mitleidenschaft gezogenen Metzgerhandwerkes und der Fleischindustrie durch den Bund MdlAnfr 10 Ernst Hinsken CDU/CSU Antw PStSekr Matthias Berninger BMVEL 14473 C ZusFr Ernst Hinsken CDU/CSU . . . . . . . . . . 14473 D ZusFr Dirk Niebel F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . 14474 D ZusFr Eckart von Klaeden CDU/CSU . . . . . . 14474 D ZusFr Georg Girisch CDU/CSU . . . . . . . . . . 14475 A Zusammenarbeit der Bundesanstalt für Arbeit mit den wissenschaftlichen Forschungsinstitu- ten bei der Evaluation arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen MdlAnfr 11 Dirk Niebel F.D.P. Antw PStSekr Gerd Andres BMA . . . . . . . . . . 14475 B ZusFr Dirk Niebel F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . 14475 C Beibehaltung des IR 25 im bayerischen Eisen- bahnverkehrsnetz MdlAnfr 14 Ernst Hinsken CDU/CSU Antw PStSekr’in Angelika Mertens BMVBW 14476 C ZusFr Ernst Hinsken CDU/CSU . . . . . . . . . . 14476 C ZusFr Georg Girisch CDU/CSU . . . . . . . . . . 14477 B Auswirkungen der Änderung des bestehenden Systems der staatlichen Eigenheimzulage im Sinne einer Reduzierung der Zulage im ländli- chen Raum MdlAnfr 15, 16 Ina Lenke F.D.P. Antw PStSekr Achim Großmann BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14477 D, 14478 A ZusFr Ina Lenke F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14478 A ZusFr Hans-Michael Goldmann F.D.P. . . . . . . 14478 B Kontakte des Bundesministers Joseph Fischer zur Ex-Terroristin Margrit Schiller in den 70er- Jahren MdlAnfr 22 Sylvia Bonitz CDU/CSU Antw StMin Dr. Ludger Volmer AA . . . . . . . . 14478 C ZusFr Sylvia Bonitz CDU/CSU . . . . . . . . . . . 14478 D Aussagen des Bundesministers Joseph Fischer im Januar 2001 zu seiner Haltung zur Gewalt nach 1977 MdlAnfr 23 Sylvia Bonitz CDU/CSU Antw StMin Dr. Ludger Volmer AA . . . . . . . . 14479 B ZusFr Sylvia Bonitz CDU/CSU . . . . . . . . . . . 14479 C Entscheidungen des Bundesverwaltungsge- richts vom 19. Oktober 2000 zu Sprachkennt- nissen von Aussiedlern; eventuelle Initiative zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes MdlAnfr 24 Hartmut Koschyk CDU/CSU Antw PStSekr Fritz Rudolf Körper BMI . . . . . 14480 B ZusFr Hartmut Koschyk CDU/CSU . . . . . . . . 14480 C Beteiligung der Bundesländer an den UMTS- Lizenz-Einnahmen MdlAnfr 29 Hans Michelbach CDU/CSU Antw PStSekr’in Dr. Barbara Hendricks BMF 14481 A ZusFr Hans Michelbach CDU/CSU . . . . . . . . 14481 A Zulassung des vollen oder anteiligen Vorsteu- erabzugs für privat mitgenutzte Firmenwagen MdlAnfr 30 Hans Michelbach CDU/CSU Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Februar 2001II Antw PStSekr’in Dr. Barbara Hendricks BMF 14481 D ZusFr Hans Michelbach CDU/CSU . . . . . . . 14482 A Verkleinerung des Bundeswehrstandortes Bay- reuth bzw. Auflösung der Luftwaffenausbil- dungsbataillone in Germersheim (Rheinland- Pfalz) oder Mengen (Baden-Württemberg) MdlAnfr 31 Hartmut Koschyk CDU/CSU Antw PStSekr’in Brigitte Schulte BMVg . . . . 14482 D ZusFr Hartmut Koschyk CDU/CSU . . . . . . . . 14483 A ZusFr Horst Friedrich (Bayreuth) F.D.P. . . . . 14483 D ZusFr Eckart von Klaeden CDU/CSU . . . . . . 14484 A ZusFr Peter Zumkley SPD . . . . . . . . . . . . . . . 14484 D Nutzung des Schießplatzes Kyritz-Ruppiner Heide trotz Urteil des Bundesverwaltungs- gerichts vom Dezember 2000 MdlAnfr 32, 33 Wolfgang Gehrcke PDS Antw PStSekr’in Brigitte Schulte BMVg . . . . 14485 A ZusFr Wolfgang Gehrcke PDS . . . . . . . . . . . . 14485 B ZusFr Hans-Michael Goldmann F.D.P. . . . . . 14487 A Verlegung des Sitzes der Wehrbereichsverwal- tung I von Kiel nach Hannover; Zukunft des Arsenals in Kiel MdlAnfr 34, 35 Angelika Volquartz CDU/CSU Antw PStSekr’in Brigitte Schulte BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14487 C, 14488 D ZusFr Angelika Volquartz CDU/CSU 14487 D, 14488 B Verlegung der Schule für Feldjäger und Stabs- dienste Sonthofen nach Hannover MdlAnfr 36, 37 Dr. Gerd Müller CDU/CSU Antw PStSekr’in Brigitte Schulte BMVg . . . . 14489 B ZusFr Dr. Gerd Müller CDU/CSU . . . . . . . . . 14489 C Vereinbarkeit der Veröffentlichung von weite- ren Auflösungen und Verringerungen von Truppenteilen, zum Beispiel der Auflösung der 5. Kompanie des Nachschubbataillons 4 in Weiden, im nicht öffentlichen Bundeswehrin- tranet mit dem vorgelegten Ressortkonzept; Berücksichtigung von Alternativvorschlägen der Länder MdlAnfr 39, 40 Georg Girisch CDU/CSU Antw PStSekr’in Brigitte Schulte BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14490 D, 14491 D ZusFr Georg Girisch CDU/CSU . . . . 14491 A, 14492 A Zusatztagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde betr.: Haltung der Bun- desregierung zu den Äußerungen von Bundesminister Müller zur vorgesehe- nen Änderung des Betriebsverfassungs- gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14492 B Rainer Brüderle F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14492 B Walter Riester, Bundesminister BMA . . . . . . 14493 C Gerald Weiß (Groß-Gerau) CDU/CSU . . . . . 14495 A Dr. Thea Dückert BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14496 A Uwe Hiksch PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14497 B Dr. Werner Müller, Bundesminister BMWi 14498 C Gunnar Uldall CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 14499 D Werner Schulz (Leipzig) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14501 A Dr. Heinrich L. Kolb F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . 14502 A Dr. Ditmar Staffelt SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 14503 C Johannes Singhammer CDU/CSU . . . . . . . . . 14504 C Franz Thönnes SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14505 C Karl-Josef Laumann CDU/CSU . . . . . . . . . . 14507 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14508 C Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14508 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 14509 A Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Heino Wiese (Hannover) (SPD) zur namentlichen Abstim- mung über den Entwurf eines Gesetzes zur Re- form der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Alters- vorsorgevermögens (Altersvermögensgesetz – AvmG) in der Ausschussfassung – hier Alters- vermögensgesetz (147. Sitzung, am 26. Januar 2001; Tagesordnungspunkt 16 – Plenarproto- koll 14/147, Seite 14451 ff) . . . . . . . . . . . . . . 14509 C Anlage 3 Rechtliche Grundsätze bei der Änderung der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Februar 2001 III MdlAnfr 8, 9 Dr. Elke Leonhard SPD Antw PStSekr’in Margareta Wolf BMWi . . . . 14509 C Anlage 4 Dienstleistungen im Nah- und Regionalver- kehr nach der für 2002 geplanten Tarifreform der Deutschen Bahn MdlAnfr 12, 13 Wolfgang Weiermann SPD Antw PStSekr’in Angelika Mertens BMVBW 14510 A Anlage 5 Behinderungen von Hilfs- und Menschen- rechtsorganisationen bei ihrem humanitären Einsatz in Tschetschenien durch russische Behörden MdlAnfr 17, 18 Monika Brudlewsky CDU/CSU Antw StMin Dr. Ludger Volmer AA . . . . . . . . 14510 D Anlage 6 Wiederaufnahme der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit mit Indien vor dem Hinter- grund des im Januar 2001 durchgeführten Test- flugs der atomwaffenfähigen Mittelstreckenra- kete Agni II MdlAnfr 19 Dirk Niebel F.D.P. Antw StMin Dr. Ludger Volmer AA . . . . . . . . 14511 B Anlage 7 Auswirkungen des Agni-II-Tests auf die in- disch-pakistanischen Beziehungen und die Entwicklungszusammenarbeit MdlAnfr 20, 21 Jörg van Essen F.D.P. Antw StMin Dr. Ludger Volmer AA . . . . . . . . 14511 D Anlage 8 Gespräch des Bundesministers Schily mit dem EU-Kommissar Antonio Vitorino über die Ausgestaltung des Familiennachzuges inner- halb der EU MdlAnfr 25, 26 Erwin Marschewski (Recklinghausen) CDU/CSU Antw PStSekr Fritz Rudolf Körper BMI . . . . . 14512 A Anlage 9 Verfahrensstand der Vertragsabschlüsse mit den Partnerorganisationen gemäß § 10 Abs. 2 des Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung „Erinne- rung, Verantwortung und Zukunft“; Zweck- bindung der durch die „Holocaust-Restituti- onskampagne“ gegen Deutschland eingegan- genen und vom Word Jewish Congress verwal- teten Gelder MdlAnfr 27, 28 Martin Hohmann CDU/CSU Antw PStSekr’in Dr. Barbara Hendricks BMF 14512 C Anlage 10 Schließung von 49 Standortverwaltungen; so- zialverträgliche Regelung insbesondere in strukturschwachen Gebieten, zum Beispiel Oberviechtach MdlAnfr 38 Klaus Hofbauer CDU/CSU Antw PStSekr’in Brigitte Schulte BMVg . . . . 14513 A Anlage 11 Gespräche des Bundesministers Rudolf Scharping zur Zukunft des Bundeswehrstand- ortes Rotenburg/Fulda MdlAnfr 41, 42 Helmut Heiderich CDU/CSU Antw PStSekr’in Brigitte Schulte BMVg . . . . 14513 B Anlage 12 Einrichtung einer neuen Garnison in der Re- gion Wittstock; Unterlassung der Weitergabe von Hinweisen über den Umgang mit uranhal- tiger Munition an das erste deutsche KFOR- Kontingent MdlAnfr 43, 44 Maritta Böttcher PDS Antw PStSekr’in Brigitte Schulte BMVg . . . . 14513 D Anlage 13 Fehlende Warnhinweise bezüglich des NATO- Einsatzes von DU-Munition an die Bevölke- rung in Bosnien-Herzegowina 1995/96 MdlAnfr 45, 46 Heidi Lippmann PDS Antw PStSekr’in Brigitte Schulte BMVg . . . . 14514 A Anlage 14 Unterweisung der Soldaten des ersten KFOR- Kontingents im Kosovo über die toxischen Ri- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Februar 2001IV siken der Uranmunition sowie Beachtung der Vorschriften zum Schutz vor Gefährdungen durch DU-Munition MdlAnfr 47, 48 Eva Bulling-Schröter PDS Antw PStSekr’in Brigitte Schulte BMVg . . . . 14514 B Anlage 15 Vereinbarkeit der Einrichtung einer neu zu schaffenden Ausbildungs- und Verwendungs- reihe „Betreuungssoldat“ für die Eigenbewirt- schaftung von Betreuungseinrichtungen mit dem Einsparkonzept der Bundeswehr; Anhe- bung der Besoldung der Kompaniechefdienst- posten von A 11 auf A 12 MdlAnfr 49, 50 Werner Siemann CDU/CSU Antw PStSekr’in Brigitte Schulte BMVg . . . . 14514 C Anlage 16 Fehlende Beantwortung der Anfrage zur Verle- gung des Sitzes der Bundesakademie für Si- cherheitspolitik von Bonn nach Berlin MdlAnfr 51 Norbert Hauser (Bonn) CDU/CSU Antw PStSekr’in Brigitte Schulte BMVg . . . . 14514 D Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Februar 2001 V Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Februar 2001
  • folderAnlagen
    Karl-Josef Laumann Berichtigung 147. Sitzung, Seite 14446 (A) und Seite 14452 (A), ist bei den endgültigen Ergebnissen der namentlichen Abstimmun- gen nach den Ja-Stimmen jeweils einzufügen Nein SPD Detlev von Larcher. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Februar 2001 14509 (C) (D) (A) (B) Balt, Monika PDS 07.02.2001 Dr. Bartsch, Dietmar PDS 07.02.2001 Behrendt, Wolfgang SPD 07.02.2001* Dr. Berg, Axel SPD 07.02.2001 Bierling, Hans-Dirk CDU/CSU 07.02.2001 Bühler (Bruchsal), CDU/CSU 07.02.2001* Klaus Friedrich (Altenburg), SPD 07.02.2001 Peter Göring-Eckardt, Katrin BÜNDNIS 90/ 07.02.2001 DIE GRÜNEN Heyne, Kristin BÜNDNIS 90/ 07.02.2001 DIE GRÜNEN Hiller (Lübeck), SPD 07.02.2001 Reinhold Imhof, Barbara SPD 07.02.2001 Klappert, Marianne SPD 07.02.2001 Leidinger, Robert SPD 07.02.2001 Otto (Frankfurt), F.D.P. 07.02.2001 Hans-Joachim Schröder, Gerhard SPD 07.02.2001 Dr. Schuchardt, Erika CDU/CSU 07.02.2001 Sebastian, CDU/CSU 07.02.2001 Wilhelm-Josef Dr. Spielmann, Margrit SPD 07.02.2001 Spranger, Carl-Dieter CDU/CSU 07.02.2001 Türk, Jürgen F.D.P. 07.02.2001 Voßhoff, Andrea CDU/CSU 07.02.2001 Welt, Jochen SPD 07.02.2001 Wohlleben, Verena SPD 07.02.2001 * Für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Heino Wiese (Hannover) (SPD) zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Reform der gesetzli- chen Rentenversicherung und zur Förderung ei- nes kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens (Altersvermögensgesetz – AvmG) in der Aus- schussfassung – hier Altersvermögensgesetz) (147. Sitzung, am 26. Januar 2001; Tagesord- nungspunkt 16 – Plenarprotokoll 14/147, Seite 14451 ff.) In der Abstimmungsliste bin ich nicht aufgeführt. Mein Votum lautet: „Ja“. Anlage 3 Antwort der Parl. Staatssekretärin Margareta Wolf auf die Fragen der Abgeordneten Dr. Elke Leonhard (SPD) (Drucksa- che 14/5203, Fragen 8 und 9): Inwieweit (Instrumente – Gremien – wissenschaftliche und kartellrechtliche Gutachten) hat die Bundesregierung Einfluss auf die gegenwärtige Änderung der Richtlinie des Europäischen Par- laments und des Rates über den Zugang zu elektronischen Kom- munikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung genommen? Sieht die Bundesregierung alle rechtlichen Grundsätze im Hinblick auf Zugang und Normierung des Entwurfs der oben genannten Richtlinie umfassend berücksichtigt? Zu Frage 8: Die Bundesregierung hat ihre Position zur künftigen Telekommunikations- bzw. Regulierungspolitik im Som- mer 2000 als Stellungnahme zum Tätigkeitsbericht der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post und zum Bericht der Monopolkommission nach § 81 TKG formuliert. In diese Stellungnahme sind Kommentare der Fachöffentlichkeit eingeflossen, und sie entstand in Kenntnis des Telekommunikationsberichtes 1999 der EU- Kommission (Review 1999), in dem die Kommission ihre Änderungsabsichten des Rechtsrahmens für die Telekom- munikationswirtschaft beschrieben hat. In der Ratsarbeits- gruppe wird die Zusammenschaltungsrichtlinie zusam- men mit den anderen Richtlinienvorschlägen des Review- Paketes beraten. Hier wirkt die Bundesregierung auf Ar- beitsebene mit und vertritt die deutsche Position; der Rat hat am 22. Dezember 2000 erstmals (ohne Ergebnis) die Rahmenrichtlinie erörtert. Die Bundesregierung hält wäh- rend des Beratungsprozesses fachlichen Kontakt zu den Experten der Regulierungsbehörde, des Bundeskartell- amtes und des Länderarbeitskreises Telekommunikation. Im Frühsommer 2000 hat sie auf einer Expertenkonferenz entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht zum Review 1999 externen Sachverstand einbezogen; eine weitere Konferenz über den erreichten Diskussions- stand wird im Mai dieses Jahres stattfinden. Zu Frage 9: Bei der Zugangs- und Zusammenschaltungsrichtlinie handelt es sich um die Grundlage zur Infrastrukturregu- lierung mit dem Ziel der Schaffung bzw. Erhaltung von Wettbewerb auf den Telekommunikationsmärkten. Dies wird durch die vorgeschlagenen und in deutsches Recht umzusetzenden Vorschriften umfassend abgebildet. Der Bundesregierung kommt es darauf an, dass die Netzzu- gangs- und Zusammenschaltungsregeln als Grundlage für wettbewerbliche Entwicklungen in Europa weitgehend harmonisiert werden, um auch in der Telekommunikation das Funktionieren des Binnenmarktes zu verbessern. Anlage 4 Antwort der Parl. Staatssekretärin Angelika Mertens auf die Fragen des Abgeordneten Wolfgang Weiermann (SPD) (Druck- sache 14/5203, Fragen 12 und 13): Wie beurteilt die Bundesregierung die für den 1. Januar 2002 geplante Tarifreform der Deutschen Bahn AG, die über eine dem Flugverkehr ähnliche Tarifstruktur zu einer Benachteiligung des Regionalverkehrs gegenüber dem Fernverkehr führt und die gleichzeitig geplante Schließung von bis zu 300 Fahrkartenschal- tern, die ebenfalls eine deutliche Verschlechterung im Nah- und Regionalverkehr bedeutet, unter anderem weil es an fachlicher Beratung der Kunden fehlt, da weder Kioskbesitzer oder Ähn- liche noch Automaten in der Lage sind, die Kunden adäquat über Tarife etc. zu beraten? Welche Prioritäten setzt die Bundesregierung in der Ver- kehrspolitik im Bereich des Personenverkehrs auf der Schiene hinsichtlich der Aufgaben Nah-, Regional- und Fernverkehr, und welche Schritte hält sie für unabdingbar, um sicherzustellen, dass der Nah- und Regionalverkehr in Zukunft flächendeckend die er- forderlichen Dienstleistungen garantiert? Zu Frage 12: Die Arbeiten der Deutschen Bahn AG (DB AG) an dem angekündigten neuen Tarifsystem für den Personenfern- verkehr sind noch nicht abgeschlossen, sodass zu Einzel- fragen der neuen Tarifstruktur und -höhe sowie zu den Auswirkungen derzeit noch nicht Stellung genommen werden kann. Die DB AG hat angekündigt, dass sie das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswe- sen demnächst über ihre Vorstellungen für ein neues Tarif- system unterrichten wird. Die Schließung von Fahrkar- tenschaltern und der verstärkte Verkauf von Fahrkarten über Automaten oder andere Verkaufseinrichtungen sind rein unternehmerische Entscheidungen der DB AG, auf die die Bundesregierung keinen Einfluss nehmen kann. Die Bundesregierung geht im Übrigen davon aus, dass die DB AG Entscheidungen mit Auswirkungen auf den Nah- und Regionalverkehr mit den Ländern oder den Aufgaben- trägern für den Schienenpersonennahverkehr abstimmt. Zu Frage 13: Die Verantwortung des Bundes nach Artikel 87 e Ab- satz 4 GG erstreckt sich auf die Infrastruktur und ein dem Wohl der Allgemeinheit dienendes Verkehrsangebot (aus- genommen Schienenpersonennahverkehr) der Eisenbah- nen des Bundes. Der Bund nimmt diese Verantwortung für beide Bereiche wahr, indem er – entsprechend dem Verkehrsbedarf und im Rahmen der zur Verfügung stehen- den Haushaltsmittel – Investitionen in die Schienenwege der Eisenbahnen des Bundes finanziert. Mit dem Zu- kunftsinvestitionsprogramm für Schieneninvestitionen 2001–2003 erhöht die Bundesregierung die Investitionen um jährlich 2 Milliarden DM auf rund 8,7 Milliarden DM jährlich. Damit steigt das Investitionsvolumen in das Be- standsnetz in den Jahren 2001–2003 auf insgesamt rund 15 Milliarden DM. Mit diesen Maßnahmen werden Lang- samfahrstellen abgebaut, Leit- und Sicherungstechnik modernisiert sowie Brücken- und Tunnelbauten saniert. Damit wird die Qualität des Netzes deutlich verbessert mit der Folge, dass sich die Pünktlichkeit zum Nutzen der Bahnkunden klar erhöht und der Verkehr auf der Schiene beschleunigt wird. Das Zugangebot im Fernverkehr gehört seit der Bahnreform zum unternehmerischen Be- reich der DB AG. Die Verantwortung für den SPNV (Stadt-, Vorort- und Regionalverkehr) ist auf die Länder übergegangen, die nach dem Regionalisierungsgesetz vom Bund umfangreiche finanzielle Mittel für den Nah- verkehr erhalten (2000: 13,4 Milliarden DM). An den Schnittstellen zwischen Nah- und Fernverkehr kommt es darauf an, dass Bahn und Länder Einvernehmen über ein optimiertes Gesamtangebot im Personenverkehr erzielen. Anlage 5 Antwort des Staatsministers Dr. Ludger Volmer auf die Fragen der Abgeordneten Monika Brudlewsky (CDU/CSU) (Drucksache 14/5203, Fragen 17 und 18): Welche konkreten Maßnahmen hat die Bundesregierung un- ternommen, um gegen die fortgesetzten Behinderungen von Hilfs- und Menschenrechtsorganisationen bei ihrem Einsatz für die Menschen in Tschetschenien durch russische Behörden zu protes- tieren? Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den per- manenten Behinderungen durch russische Behörden von Men- schenrechtsorganisationen in Tschetschenien? Zu Frage 17: Die humanitäre und menschenrechtliche Lage ist seit Beginn des Dagestan-/Tschetschenienkonflikts ständig Thema der Gespräche mit Russland sowohl im bilateralen wie auch im multilateralen Rahmen (EU; Europarat; OSZE; VN-Menschenrechtskommission). Zu den Kern- forderungen der Bundesregierung gehörte dabei auch die Verbesserung der humanitären und menschenrechtlichen Lage und der freie und ungehinderte Zugang für Men- schenrechts- und Hilfsorganisationen zur Region. Bun- desminister Fischer hat dies immer wieder seinen russi- schen Gesprächspartnern verdeutlicht. Bundespräsident Rau hat sich in einem Brief vom 11. Januar 2001 an Prä- sident Putin konkret für eine Verbesserung der adminis- trativen Abwicklung von Hilfslieferungen eingesetzt. Trotz der fortbestehenden erheblichen Defizite – auch die Sicherheitslage ist aufgrund des von beiden Seiten grau- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Februar 200114510 (C) (D) (A) (B) sam geführten Guerillakriegs noch immer schlecht – konnten für die Menschen in Tschetschenien und den an- grenzenden Regionen erste Fortschritte erreicht werden: Das Auswärtige Amt hat zur Verbesserung der huma- nitären Lage im Nordkaukasus bisher allein 8,3 Millio- nen DM für Hilfslieferungen verschiedener deutscher und internationaler Hilfsorganisationen zur Verfügung ge- stellt. Hinzu kommen 17,5 Millionen Euro im Rahmen der EU (ECHO). Nach anfänglichem Widerstand der russischen Seite ist es gelungen, zahlreiche internationale Beobachter- und Evaluierungsmissionen nach Tschetschenien zu entsen- den. Seit Juni 2000 arbeiten drei Mitarbeiter des Euro- parates im Büro des Sonderbeauftragten des russischen Präsidenten für Menschenrechte in Tschetschenien, Kalamanow. Die Parlamentarische Versammlung des Eu- roparates hat nach einer Evaluierungsmission (Lord Judd, MdB Bindig, 13. bis 18. Januar) Fortschritte festgestellt (beginnender Aufbau von Verwaltung, Gerichten und Po- lizei, angekündigter Abzug von Truppen) und der russi- schen Delegation in der Parlamentarischen Versammlung am 25. Januar das Stimmrecht wieder eingeräumt. Das UNO-Flüchtlingskommissariat und das Interna- tionale Komitee des Roten Kreuzes können seit Sommer 2000 in Tschetschenien tätig werden. Zu Frage 18: Die Bundesregierung drängt fortlaufend auf eine Ver- besserung der Arbeitsbedingungen von Menschenrechts- organisationen in Tschetschenien. Auch in diesem Be- reich konnten konkrete Fortschritte erreicht werden: Das IKRK konnte seit Sommer 2000 bereits eine Viel- zahl von Hafteinrichtungen besuchen. Die Europaratsvertreter im Büro-Kalamanow können sich seit Juni 2000 in Tschetschenien relativ frei bewegen, recherchieren und berichten. Die renommierte russische Nichtregierungsorganisa- tion „Memorial“ (S. Kowaljow) unterhält in Tschetsche- nien mittlerweile mehrere Büros (auch in Grosny). Nach eigener Auskunft erhält sie bei ihrer Arbeit Unterstützung vom Büro des Menschenrechtsbeauftragten für Tschet- schenien Kalamanow. Nach Einschätzung von „Memorial“ haben sich die Arbeitsbedingungen vor Ort für die Orga- nisation verbessert. Auch die Arbeit des Kalamanow- Büros wird zunehmend positiver bewertet. Anlage 6 Antwort des Staatsministers Dr. Ludger Volmer auf die Frage des Abgeordneten Dirk Niebel (F.D.P.) (Drucksache 14/5203, Frage 19) In welcher Weise hat die Bundesregierung gegenüber der in- dischen Regierung auf den von Indien am 17. Januar 2001 durch- geführten Testflug der atomwaffenfähigen Mittelstreckenrakete Agni II reagiert, und inwieweit ist nach Auffassung der Bundes- regierung dieser Raketentest mit der von ihr für die Wiederauf- nahme der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit mit Indien gegebenen Begründung vereinbar, Indien nehme mittlerweile eine grundsätzlich positive Einstellung zum CTBT (Comprehensive Test Ban Treaty/Vertrag über das umfassende Verbot von Nu- klearversuchen) ein und betreibe eine generell stabilitätsorien- tierte Außenpolitik? Die Bundesregierung hat den indischen Raketentest vom 17. Januar dieses Jahres – ebenso wie einen ähnli- chen Test im April 1999 – bedauert. Sie teilt die Sorge vieler Staaten über die Entwicklung ballistischer Rake- ten mit immer größeren Reichweiten in verschiedenen Regionen der Welt und unterstützt die internationalen Bemühungen, dieser Entwicklung mit geeigneten Mit- teln entgegenzutreten. Die Bundesregierung hat ihre Besorgnis gegenüber der indischen Regierung wiederholt zum Ausdruck gebracht, zuletzt unmittelbar nach dem Test anlässlich des jüngsten Besuchs von Außenminister Jaswant Singh in Berlin (17. bis 18. Januar 2001). In Reaktion auf den Raketentest erfolgte im Übrigen auch eine gemeinsame diplomatische Initiative der EU. Die Bundesregierung hat keinen Hin- weis darauf, dass sich die grundsätzliche Bereitschaft der indischen Regierung zur Zeichnung des CTBT geändert hat. Ungeachtet ihrer wiederholt zum Ausdruck gebrach- ten Besorgnis über Indiens Nuklearpolitik, in deren Kon- text auch der jüngste Raketentest gehört, ist die Bundes- regierung nach wie vor der Auffassung, dass Indien eine generell stabilitätsorientierte Außenpolitik verfolgt. Anlage 7 Antwort des Staatsministers Dr. Ludger Volmer auf die Fragen des Abgeordneten Jörg van Essen (F.D.P.) (Druck- sache 14/5203, Fragen 20 und 21): Welche Auswirkungen hat der Agni II-Test nach Auffassung der Bundesregierung auf die indisch-pakistanischen Beziehungen? Wie schätzt die Bundesregierung vor dem Hintergrund des Agni II-Tests die Erfolgsaussichten zur Erreichung des von Bun- desministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul anlässlich der Wie- deraufnahme der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit mit Indien angekündigten Ziels ein, alles tun zu wollen, „um dieje- nigen in Indien und Pakistan zu unterstützen, die ein Interesse an Deeskalation und friedlicher Lösung der regionalen Konflikte haben“? Zu Frage 20: Es gibt bislang keine Hinweise darauf, dass der indi- sche Raketentest Auswirkungen auf die Gesamtentwick- lung der indisch-pakistanischen Beziehungen hatte. Die jeweiligen Rüstungsprogramme sind nicht so sehr Ursa- che, als vielmehr Symptom der politischen Spannungen in der Region. Zwischen Indien und Pakistan gab es in den vergange- nen Monaten verschiedene Anzeichen erneuter Dialog- bereitschaft. Die Lage um Kaschmir hat sich etwas ent- spannt. Positiv zu vermerken sind auch die raschen pakistanischen Hilfsmaßnahmen nach dem verheerenden Erdbeben vom 26. Januar. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Februar 2001 14511 (C) (D) (A) (B) Zu Frage 21: Der indische Raketentest vom 17. Januar 2001 bestä- tigt erneut die Notwendigkeit von Dialog und Koopera- tion mit den Ländern der Region, mit Regierungen ebenso wie mit den Trägern der Zivilgesellschaft. Sonst wäre es in der Tat nicht möglich, diejenigen zu unterstützen, die ein Interesse an Deeskalation und friedlicher Lösung re- gionaler Konflikte haben. Folglich war auch dies eine maßgebliche Überlegung bei der Entscheidung vom ver- gangenen September für die Wiederaufnahme des ent- wicklungspolitischen Dialogs mit Indien und Pakistan. Was die Erfolgsaussichten aller Bemühungen um friedli- che Beilegung der regionalen Konflikte angeht, so sind sich die Bundesregierung und ihre Partner bewusst, dass hier nur in der längerfristigen Perspektive durchgreifende Veränderungen erwartet werden können. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Fritz Rudolf Körper auf die Fra- gen des Abgeordneten Erwin Marschewski (Reckling- hausen) (CDU/CSU) (Drucksache 14/5203, Fragen 25 und 26): Hat der Bundesminister des Innern, Otto Schily, in seinem von der Parlamentarischen Staatssekretärin beim Bundesminister des Innern, Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast, anlässlich der Plenarde- batte über die Familienrichtlinie der EU am 18. Januar 2001 an- gekündigten Gespräch mit EU-Kommissar Antonio Vitorino ge- fordert, von der Ausgestaltung des Familiennachzuges in Form von Rechtsansprüchen abzusehen, den Kreis der Nachzugsbe- rechtigten auf die Kernfamilie, den zur Zusammenführung be- rechtigten Personenkreis auf solche mit Daueraufenthaltsrecht zu beschränken, Familienzusammenführung nur gegen Nachweis von Wohnraum, Krankenversicherung, ausreichenden Einkünften zuzulassen und das Nachzugsalter der Kinder auf das 10. Lebens- jahr zu beschränken? Geht die Bundesregierung nach dem Ergebnis dieses Ge- sprächs davon aus, dass sie sich mit diesen Positionen durchset- zen wird? Zu Frage 25: Das von der Parlamentarischen Staatssekretärin beim Bundesminister des Innern, Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast, in der Plenardebatte des Deutschen Bundestages am 18. Ja- nuar 2001 angekündigte Gespräch von Bundesinnenmi- nister Otto Schily mit EU-Kommissar Antonio Vitorino hat inzwischen stattgefunden. In diesem Gespräch hat der Bundesinnenminister die Bedenken vorgetragen, die aus seiner Sicht gegen den derzeit vorliegenden Entwurf einer EU-Richtlinie zur Familienzusammenführung bestehen. Er hat damit an seine Ausführungen in der Plenarde- batte des Bundesrates am 10. November 2000 (Plenar- protokoll 756, S. 470 f.) angeknüpft. Zu Frage 26: Eine abschließende Einigung über den endgültigen Wortlaut der EU-Richtlinie wird nicht bilateral zwischen dem Innenminister der Bundesrepublik Deutschland und dem zuständigen EU-Kommissar erzielt. Eine Prognose in dem vom Fragesteller gewünschten Sinn kann schon deshalb nicht abgegeben werden, weil das Ergebnis der Beratungen in den zuständigen Gremien abzuwarten ist, in die außer der Kommission auch die übrigen Mitglied- staaten der Europäischen Union einbezogen sind. Anlage 9 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks auf die Fragen des Abgeordneten Martin Hohmann (CDU/ CSU) (Drucksache 14/5203, Fragen 27 und 28): Welchen Stand haben die Verfahren zum Abschluss der Ver- träge mit den Partnerorganisationen sowie die Verfahren der Be- reitstellung von Informationsmaterialien und Antragsformularen durch die jeweiligen Partnerorganisationen gemäß § 10 Abs. 2 des Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung „Erinnerung, Verantwor- tung und Zukunft“ sowie durch die Stiftung selbst bezüglich der Opfer medizinischer Experimente und für den Ausgleich von Ver- mögensschäden, besonders im Hinblick auf die Mitte April 2001 ablaufenden Fristen? Über welche Kenntnisse verfügt die Bundesregierung bezüg- lich der 5 Milliarden US-Dollar, die die „Holocaust-Restitutions- kampagne“ gegen Deutschland laut dem New Yorker Finanzchef H. durch Sanktionsdrohungen eingebracht hat und die angeblich vom World Jewish Congress verwaltet werden, und welche Zweckbindung gibt es für diese Gelder (vgl. „Neue Zürcher Zei- tung“ vom 20./21. Januar 2001)? Zu Frage 27: Die Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ hat mit der Stiftung „Deutsch-weißrussische Verständi- gung“ sowie mit dem „Deutsch-tschechischen Zukunfts- fonds“ bereits Partnerschaftsverträge abgeschlossen. Die übrigen Partnerschaftsverträge sind teils paraphiert – Ukraine, Polen, Russland – teils soweit vorbereitet, dass sie spätestens zu Beginn der nächsten Woche paraphiert werden können. Bereits vor Abschluss der Partnerschaftsverträge ha- ben die deutschen Botschaften in aller Welt, die Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ sowie die in Aussicht genommenen Partnerorganisationen über die Leistungsmöglichkeiten und ihre Voraussetzungen unterrichtet. Formlose Anträge wurden und werden seit- her entgegengenommen und als fristwahrend einge- reicht anerkannt. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass nach dem Antrag fast aller Partnerorganisationen die Antragsfrist auf 1 Jahr verlängert worden ist und da- her erst am 11. August 2001 ablaufen wird. Hinsichtlich der Opfer medizinischer Experimente und für den Aus- gleich von Vermögensschäden wird nicht die Stiftung, sondern die Partnerorganisationen, beziehungsweise die bei der IOM zu bildende Vermögenskommission die Entscheidungen entsprechend den gesetzlichen Rege- lungen treffen. Zu Frage 28: Mit Ihrer Frage greifen Sie offenbar missverständliche Hinweise zur Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ auf. Die Stiftung sieht bekanntlich Leistungen von 10 Milliarden DM, rund 5 Milliarden US-Dollar vor. Der New Yorker Finanzchef Herr Hevesi hatte sich an Boykottdrohungen gegen deutsche Unternehmen in den USA beteiligt, die seinerzeit mit zur Stiftungsinitiative Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Februar 200114512 (C) (D) (A) (B) der deutschen Wirtschaft und zur Aufnahme der interna- tionalen Gespräche über die Errichtung der Stiftung „Er- innerung, Verantwortung und Zukunft“ führten. Die Zweckbestimmung dieser Mittel ist im Gesetz zur Errichtung der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ vom 2. August 2000 festgelegt. Ein Teil der Mittel wird von der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ unter Mithilfe der Jewish Claims Confe- rence und der ICHEIC, der Internationalen Kommission zum Ausgleich von NS-bedingten Versicherungsschäden, – nicht vom World Jewish Congress – verwaltet werden. (2,072Milliarden DM sind für NS-bedingte Personen- schäden bestimmt; 950 Millionen DM sind zum Aus- gleich NS-bedingter Vermögensschäden vorgesehen.) Anlage 10 Antwort der Parl. Staatssekretärin Brigitte Schulte auf die Frage des Abgeordneten Klaus Hofbauer (CDU/CSU) (Druck- sache 14/5203, Frage 38): Kann die Bundesregierung bestätigen, dass im Zuge der Bun- deswehrreform bundesweit 49 Standortverwaltungen geschlossen werden sollen, und wenn ja, welche Maßnahmen sind zur sozial- verträglichen Abfederung dieser einschneidenden Organisations- änderungen vor allem in strukturschwachen Gebieten, zum Bei- spiel bei der Standortverwaltung in Oberviechtach in der ostbayerischen Grenzregion, geplant? Am 29. Januar 2001 hat Bundesminister Scharping die Feinausplanung und Stationierung zur grundlegenden Neustrukturierung der Bundeswehr entschieden und den Entwurf des Ressortkonzeptes dem Vereidigungsaus- schuss des Deutschen Bundestages und der Öffentlichkeit vorgestellt und den Landesregierungen zugleitet. Aufgrund der Stationierungsplanungen der Streitkräfte und aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten sind Standort- verwaltungen aufzulösen. Die geplante Auflösung von Standortverwaltungen bedeutet nicht, dass zwangsläufig alle Dienstposten entfallen. In den von der Neuorganisa- tion betroffenen Standortverwaltungsbereichen verblei- ben meist – wenn auch in Anzahl und Größe reduziert – militärische und zivile Einrichtungen. Deren Betreuung muss sichergestellt sein. Folglich wird ein Teil der Mitar- beiter, abhängig von der zu erwartenden Betreuungs- stärke, auch künftig auf ihren Dienstposten weiterbe- schäftigt, allerdings als Angehöriger der dann für diesen Bereich zuständigen neuen Standortverwaltung. Anlage 11 Antwort der Parl. Staatssekretärin Brigitte Schulte auf die Fragen des Abgeordneten Helmut Heiderich (CDU/CSU) (Drucksache 14/5203, Fragen 41 und 42): Hat die Bundesregierung öffentliche Äußerungen örtlicher Abgeordneter am 13. Dezember 2000 beim Besuch des Bundes- wehrstandortes Rotenburg/Fulda: „Unser Standort ist in keinster Weise gefährdet.“ (HNA vom 14. Dezember 2000) durch Unter- lagen, Zusicherungen oder Gespräche unterstützt? Hat die Bundesregierung im 2. Halbjahr 2000 bzw. im Januar 2001 Gespräche durch den Bundesminister der Verteidigung, Rudolf Scharping, persönlich mit dem Bürgermeister der Stadt Rotenburg und dem Landrat des Landkreises Hersfeld Rotenburg geführt und wann haben diese stattgefunden? Zu Frage 41: Es ist nicht Aufgabe der Bundesregierung, Äußerungen von namentlich nicht genannten Abgeordneten zu bewer- ten. Zu Frage 42: Bundesminister Rudolf Scharping hat mit einer großen Zahl von Abgeordneten, von Bürgermeistern, von Land- räten, mit den Ministerpräsidenten, mit Mitgliedern von Landesregierungen und mit Abgeordneten aus Landtagen und vielen anderen eine Fülle von Gesprächen geführt, um zu einer sachgerechten, also wirtschaftliche, soziale und regionale Kriterien soweit als möglich berücksichti- genden Entscheidung über die Stationierung der Bundes- wehr zu kommen. Einzelne dieser Gespräche wird die Bundesregierung oder der Bundesminister der Verteidi- gung nicht kommentieren. Allerdings prüft das Bundes- ministerium der Verteidigung entsprechend den Aussagen über Festlegungen der Feinausplanung, über die der Ver- teidigungsausschuss des Deutschen Bundestages und die Mitglieder des Bundestages informiert wurden, auf der Grundlage solcher Gespräche, ob der Stab der Division für luftbewegliche Operationen auch in Hessen stationiert werden kann. Darüber soll in Übereinstimmung mit den öffentlich bekannten Zeitplänen möglichst bis zum Ende der nächsten Woche, also bis 16. Februar 2001 entschie- den werden. Anlage 12 Antwort der Parl. Staatssekretärin Brigitte Schulte auf die Fragen der Abgeordneten Maritta Böttcher (PDS) (Drucksache 14/5203, Fragen 43 und 44): Wie will die Bundesregierung gegenüber der von Standort- schließungen betroffenen Bevölkerung begründen, dass in der Re- gion Wittstock eine neue Garnison für 1 000 Dienstposten mit ei- nem Finanzaufwand von ca. 214 Mio. DM (für Garnison und Truppenübungsplatz) eingerichtet werden soll? Warum wurden die durch den Sanitätsdienst der Bundeswehr Anfang Mai 1999 erstellten Hinweise über den Umgang mit uranhaltiger Munition nicht an das erste deutsche KFOR-Kontin- gent weitergegeben? Zu Frage 43: Eine Entscheidung über die weitere militärische Nut- zung des Truppenübungsplatzes Wittstock ist noch nicht getroffen worden. Zu Frage 44: Durch ein Fachreferat der Inspektion des Sanitäts- dienstes im Ministerium wurde dem Inspekteur des Sa- nitätsdienstes im Frühjahr 1999 eine Zusammenstellung von Informationen über abgereichertes Uran vorgelegt. Darin waren auch „Hinweise für den Einsatz eigener Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Februar 2001 14513 (C) (D) (A) (B) Kräfte“ enthalten. Die in der Zusammenstellung enthalte- nen Informationen wurden bei der Befehlsgebung für das erste deutsche Kontingent KFOR berücksichtigt. Anlage 13 Antwort der Parl. Staatssekretärin Brigitte Schulte auf die Fragen der Abgeordneten Heidi Lippmann (PDS) (Drucksache 14/5203, Fragen 45 und 46): Trifft es zu, dass über den Einsatz von DU-Munition vor, während und unmittelbar nach den Luftangriffen der NATO-Ver- bündeten auf bosnisch-serbische Stellungen 1995/1996 offiziell keine Informationen innerhalb der NATO ausgetauscht wurden? Trifft es zu, dass es nach diesen Luftangriffen keine Warnun- gen an die Zivilbevölkerung in Bosnien-Herzegowina gegeben hat? Zu Frage 45: Nach Angaben der NATO haben die Luftangriffe mit DU-Munition in den Jahren 1994/1995 stattgefunden; ein detaillierter Austausch von Daten dazu erfolgte erst in jüngster Zeit. Zu Frage 46: Darüber liegen der Bundesregierung keine Erkennt- nisse vor. Die Stationierung deutscher Kräfte in Bosnien- Herzegowina begann erst mit dem Jahreswechsel 1996/1997. Anlage 14 Antwort der Parl. Staatssekretärin Brigitte Schulte auf die Fragen der Abgeordneten Eva Bulling-Schröter (PDS) (Druck- sache 14/5203, Fragen 47 und 48): Hat es eine ausdrückliche Unterweisung der Soldaten des ers- ten KFOR-Kontingents über die toxischen Risiken der Uranmu- nition gegeben? War nach Erkenntnissen der Bundesregierung in allen Fällen sichergestellt, dass bei Maßnahmen der Räumung zerstörten mi- litärischen Geräts der jugoslawischen Streitkräfte, die mit Befehl des Bundesministers der Verteidigung, Rudolf Scharping, an das Heeresführungskommando vom 2. Juli 1999 erlassenen Vor- schriften bezüglich der Maßnahmen zur Vorsorge und zum Schutz vor Gefährdungen durch DU-Munition beachtet wurden? Zu Frage 47: In den Weisungen des Bundesministeriums der Vertei- digung war auf die toxischen Risiken der Uranmunition hingewiesen worden. Die konkrete Umsetzung dieser In- formation in Unterweisungen oder Belehrungen ist Ver- antwortung der Vorgesetzten vor Ort. Zu Frage 48: Sofort nach Eingang der ersten Information der NATO über den Einsatz von DU-Munition im Kosovo am 2. Juli 1999 hat die multinationale Brigade Süd einen Befehl über die erforderlichen Schutzmaßnahmen erlassen. Die Bundesregierung geht davon aus, dass die gegebenen Be- fehle und Weisungen umgesetzt sind. Anlage 15 Antwort der Parl. Staatssekretärin Brigitte Schulte auf die Fragen des Abgeordneten Werner Siemann (CDU/CSU) (Drucksache 14/5203, Fragen 49 und 50): Ist es zutreffend, dass das Bundesministerium der Verteidi- gung (BMVg) beabsichtigt, für die Eigenbewirtschaftung von Be- treuungseinrichtungen zukünftig eine neu zu schaffende Ausbil- dungs- und Verwendungsreihe „Betreuungssoldat“ einzurichten, und falls ja, wie würde dies mit den Zielen der politischen Leitung des BMVg zusammenpassen, im Zuge der Erneuerung der Bun- deswehr von Grund auf, alle Einsparpotenziale auszuschöpfen und wo immer möglich, nach Wegen der Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft zu suchen? Sind Presseberichte zutreffend (vgl. „Der Spiegel“ 4/2001), wonach bei der Anhebung der Besoldung von Kompaniechef- dienstposten von A 11 auf A 12 noch keine Einigung zwischen dem Bundesminister der Verteidigung, Rudolf Scharping, und dem Bundesminister der Finanzen, Hans Eichel, erzielt wurde, und wie ist der diesbezügliche aktuelle Stand der Verhandlungen zwischen den beiden Ressorts? Zu Frage 49: Es trifft nicht zu, dass das Bundesministerium der Ver- teidigung beabsichtigt, für die Eigenbewirtschaftung von Betreuungseinrichtungen zukünftig eine neu zu schaf- fende Ausbildungs- und Verwendungsreihe „Betreuungs- soldat“ einzurichten. Zu Frage 50: Bundesregierung und Bundestag haben beschlossen, die Kompanieschefs im Dienstgrad eines Hauptmanns künftig nach A 12 zu besolden. Dies erfordert eine Ände- rung des Bundesbesoldungsgesetzes, weil die zulässige Obergrenze von A 12-Stellen ausgeschöpft ist. Das Bun- desverteidigungsministerium verhandelt mit den zustän- digen Ressorts über die Änderung der Obergrenzen. Anlage 16 Antwort der Parl. Staatssekretärin Brigitte Schulte auf die Frage des Abgeordneten Norbert Hauser (Bonn) (CDU/CSU) (Drucksache 14/5203, Frage 51): Welche Gründe kann die Bundesregierung dafür vorbringen, dass sie die schriftliche Frage Nr. 1/14 aus 2001 (Eingang beim Bundeskanzleramt am 4. Januar 2001) mit dem Inhalt, ob es Über- legungen innerhalb der Bundesregierung gebe, den Sitz der Bun- desakademie für Sicherheitspolitik von Bonn nach Berlin zu ver- legen, bis zum 1. Februar 2001 immer noch nicht beantwortet hat und ist die Bundesregierung wenigstens in der Lage, eine Antwort darüber zu geben, wie der bisherige Sachstand in dieser Angele- genheit ist? Es gibt keine konkreten Planungen innerhalb des Bun- desministeriums der Verteidigung, den Sitz der Bundesaka- demie für Sicherheitspolitik von Bonn nach Berlin zu verlegen. Der Beirat der Bundesakademie für Sicher- heitspolitik hat sich in seiner Sitzung am 17. Januar 2001 unter anderem auch mit der Frage des Standortes der Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Februar 200114514 (C) (D) (A) (B) Akademie befasst. Der Beirat berät das Kuratorium der Bundesakademie in allen Fragen der ressortübergreifen- den sicherheitspolitischen Fortbildung an der Bundes- akademie für Sicherheitspolitik. Er gibt Empfehlungen zu Inhalt und Gestaltung der Lehre sowie zu ihrer Fortent- wicklung ab. Die Empfehlungen des Beirates aus der Sit- zung vom 17. Januar 2001 liegen dem Bundesministerium der Verteidigung bisher nicht vor. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 148. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Februar 2001 14515 (C)(A) Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
Gesamtes Protokol
Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414800000
Liebe Kol-
leginnen und Kollegen! Die Sitzung ist eröffnet.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf:
Befragung der Bundesregierung

Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Ka-
binettssitzung mitgeteilt: Jahr der Lebenswissenschaf-
ten.

Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht
hat die Bundesministerin für Bildung und Forschung,
Edelgard Bulmahn.

Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung
und Forschung: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr
geehrten Herren und Damen! Kein anderes Forschungs-
feld bewegt die Menschen zurzeit so sehr wie die
Lebenswissenschaften. Es bewegt sie emotional, rational
und intellektuell. Deshalb wollen und müssen wir uns mit
diesem Thema hier im Parlament, aber auch in vielen De-
batten an vielen Orten und Plätzen auseinander setzen.

Genomforschung und Biomedizin bestimmen die
Schlagzeilen. Manche fühlen sich angesichts der Vielzahl
von Schlagzeilen mitten hineingesetzt in einen Science-
Fiction-Film. Schlagzeilen verändern allerdings auch die
Sicht auf die Lebenswissenschaften, auf Biomedizin und
Genomforschung. Sie lösen auf der einen Seite sehr große
Hoffnungen aus, Krankheiten zu heilen, die bisher nicht
heilbar sind, auf der anderen Seite aber auch Ängste.

Es gibt heute viele Fragen, viel mehr Fragen als Ant-
worten. Deshalb ist Aufklärung dringend notwendig. Des-
halb ist eine breite gesellschaftliche Debatte dringend not-
wendig. Genau dies ist das Ziel des Jahres der
Lebenswissenschaften. Denn ich bin davon überzeugt,
dass Informationen und ihre Bewertung und damit die
Möglichkeit, sich eine Meinung zu bilden, die ent-
scheidende Grundlage dafür sind, die Chancen, die uns
die Lebenswissenschaften bieten, tatsächlich zu nutzen
und in einem breiten gesellschaftlichen Konsens die Risi-
ken zu minimieren.

Dass diese breite gesellschaftliche Debatte, verständ-
liche Informationen, der Diskurs, der Dialog notwendig

sind, kann man allein daran feststellen, dass sich etwa
62 Prozent der Menschen in Deutschland eher schlecht
und nur 1,5 Prozent sehr gut über Lebenswissenschaften,
über Gentechnik informiert fühlen. Das macht deutlich,
wie wichtig das Jahr der Lebenswissenschaften ist, wie
wichtig die Möglichkeiten sind, die im Rahmen dieses
Jahres vielen Menschen angeboten werden.

Es gibt eine zweite Entwicklung, die unterstreicht, wie
wichtig das Jahr der Lebenswissenschaften ist. Wir erhal-
ten in einem sehr hohen Tempo immer neue For-
schungsergebnisse. Über sie müssen wir einen Diskurs
führen. Wir müssen einen Meinungsaustausch darüber or-
ganisieren, wie wir die Rahmenbedingungen gestalten.
Ich glaube, das ist auch angesichts der Tatsache wichtig,
dass wir nur auf diesem Weg Science-Fiction und wirkli-
ches Leben auseinander halten können. Ich will ein Bei-
spiel dafür nennen: Ein gezüchteter menschlicher Klon
als persönlicher Organspender wäre ein Thema von
Romanautoren, ist aber kein Thema von Forschung. – Es
geht in der Bio- und Gentechnologie, in den Lebenswis-
senschaften darum, die Chancen zu nutzen und die Risi-
ken zu minimieren. Dazu brauchen wir diese Diskussion.

Mit dem Jahr der Lebenswissenschaften will die Bun-
desregierung einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass es
zu Beginn unseres Jahrhunderts keine Kluft zwischen den
Wissenden und den Nichtwissenden gibt. Wir wollen dem
Bedürfnis nach guten Informationsmöglichkeiten Rech-
nung tragen. Aus diesem Grund haben wir vor genau an-
derthalb Jahren mit den großen Wissenschaftsorganisatio-
nen in Deutschland und dem Stifterverband die Initiative
„Wissenschaft im Dialog“ gegründet. Wir haben uns da-
mals entschieden – ich habe den Wissenschaftsorganisa-
tionen einen entsprechenden Vorschlag gemacht –, dass
wir jedes Jahr eine Wissenschaft in den Mittelpunkt einer
breiten Debatte stellen. Im letzten Jahr haben wir die Phy-
sik mit ihren Anwendungsbereichen, der Informations-
und Kommunikationstechnologie sowie der astronomi-
schen Forschung, in den Mittelpunkt dieser Debatte ge-
stellt. Wir haben damit ein Experiment gewagt, bei dem
keiner sicher war, wie es ausgehen würde. Nach diesem
Jahr können wir sagen, dass das Experiment gelungen ist,
weil über 200 regionale Initiativen diese Idee aufgegriffen
und das Jahr der Physik wirklich gelebt haben. Wir hatten

14461


(C)



(D)



(A)



(B)


148. Sitzung

Berlin, Mittwoch, den 7. Februar 2001

Beginn: 13.00 Uhr

große Veranstaltungen mit einer beachtlichen Nachfrage.
Sehr viele Menschen haben diese Chance genutzt. Genau
das wollen wir mit dem Jahr der Lebenswissenschaften in
diesem Jahr wieder erreichen und nach Möglichkeit wol-
len wir noch ein Stück erfolgreicher sein.

Die Zielgruppen, die wir ansprechen wollen, sind die
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler selber, weil
wir sie mit dieser Initiative motivieren wollen, ihre For-
schungseinrichtungen im wahrsten Sinne des Wortes zu
verlassen und auf andere Menschen zuzugehen. Das ha-
ben sie im letzten Jahr getan und werden es auch in die-
sem Jahr tun. Wir führen viele Veranstaltungen auf Markt-
plätzen, in Kaufhäusern und in Theatern durch. Wir
weichen damit von dem typischen Bild ab, das man er-
wartet, nämlich dass in einer Hochschule eine entspre-
chende Vorlesung oder Informationsveranstaltung ange-
boten wird. Wir nutzen ganz unterschiedliche Wege, um
Menschen diese Informationsmöglichkeiten näher zu
bringen. Dies geschieht, wie gesagt, mit breiter Beteili-
gung der Forschungseinrichtungen, der Wissenschaftle-
rinnen und Wissenschaftler.

Wir werden auch in diesem Jahr eine Vielzahl von re-
gionalen Veranstaltungen durchführen. Das BMBF selber
organisiert vier große Veranstaltungen. Wir haben in der
letzten Woche die erste große Veranstaltung hier in Berlin
mit dem Titel „Gen-Dschungel“ begonnen. Auch die
Wissenschaftsorganisationen werden eine ganze Reihe
von großen Veranstaltungen durchführen. Parallel dazu
gibt es vor Ort Angebote zum Dialog.

Als Ergebnis erhoffe ich mir, dass die Menschen, die
im positiven wie im negativen Sinne mit Ergebnissen der
Lebenswissenschaften unmittelbar konfrontiert sind, mit-
entscheiden können und dass alle verstehen, worum es
geht. Das ist es, was wir erreichen wollen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414800100
Ich bitte da-
rum, zunächst Fragen zu dem Themenbereich zu stellen,
über den die Frau Bundesministerin berichtet hat. – Als
erster hat sich der Kollege Parr gemeldet.


Detlef Parr (FDP):
Rede ID: ID1414800200
Frau Ministerin, zunächst einmal
begrüßen wir es, dass das Jahr der Lebenswissenschaften
stattfindet und dass Sie in diesem sehr schwierigen und
diffizilen Bereich einen Dialog führen wollen.

Ein Teilaspekt, der aus der Sicht meiner Fraktion eine
große Bedeutung hat, ist die Präimplantationsdiagnostik.
Wir haben den Antrag gestellt, die Präimplantations-
diagnostik rechtlich abzusichern. Es geht darum, dass wir
den wenigen Paaren in Deutschland, die durch schwere
genetische Schäden in der Familie vorbelastet sind und
damit vor der Frage stehen, entweder keine Kinder zu ha-
ben oder welche zu adoptieren, die Möglichkeit geben
wollen, über die Präimplantationsdiagnostik zu einem ge-
sunden Kind zu kommen.

Ihre Kollegin aus dem Gesundheitsministerium hat in
mehreren öffentlichen Erklärungen deutlich gemacht,
dass die Bundesregierung diese Frage diskutiert und
hier einen neuen Weg gehen will, um deutschen Paaren
auf diesem Wege zu helfen. Es handelt sich um etwa
100 Paare jährlich, die bisher noch ins Ausland gehen
müssen.

Ich möchte Sie fragen, wie Sie das Problem der
Präimplantationsdiagnostik in das Jahr der Lebenswis-
senschaften einbetten wollen und ob Sie mit uns gemein-
sam das Ziel verfolgen, eine rechtliche Absicherung die-
ses Verfahrens hinzubekommen?

Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung
und Forschung: Die Politik hat grundsätzlich die Aufgabe,
die Grundlagen ihres Handelns zu formulieren und mit
den Menschen zu diskutieren. Genau das wollen wir auch
im Jahr der Lebenswissenschaften leisten. Dazu wird si-
cherlich auch die PID gehören. Ich finde es daher richtig,
dass dieses Thema im Ausschuss erörtert wird. Wir soll-
ten im Rahmen von Diskussionen mit der Bevölkerung im
Parlament eine Position dazu entwickeln. Das Ergebnis
dieser Debatte will ich nicht vorwegnehmen. Ich habe zu
diesem Thema eine persönliche Meinung, die Sie sicher-
lich schon zur Kenntnis genommen haben. Ich finde aber,
die endgültige Positionsbestimmung sollte durch das Par-
lament vorgenommen werden.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414800300
Eine weitere
Frage des Kollegen Parr.


Detlef Parr (FDP):
Rede ID: ID1414800400
Frau Ministerin, ich darf in die-
sem Zusammenhang daran erinnern, dass die Ethikkom-
mission des Landes Rheinland-Pfalz zu der PID Stellung
genommen hat und notwendige Regelungen fordert und
dass auch die Ärztekammer hierzu einen Richtlinienent-
wurf vorgelegt hat. Kann ich davon ausgehen, dass Sie
dem Parlament noch in diesem Jahr eine entsprechende
Vorlage unterbreiten werden, die eine Entscheidung in
dieser Frage zulässt?

Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung
und Forschung: Sie können davon ausgehen, dass die Po-
sitionen der Expertengruppe aus Rheinland-Pfalz – sie
geht davon aus, dass die Arbeit mit pluripotenten Zellen
als eine Analysemethode bei der PID im Rahmen unseres
Embryonenschutzgesetzes möglich ist; es gibt aber auch
andere rechtliche Auffassungen – vonseiten der Bundes-
regierung abgewogen werden. Ich gehe davon aus, dass
das auch für das Parlament und die zuständigen Aus-
schüsse gilt.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414800500
Eine Frage
des Kollegen Wiese (Ehingen).


Heinz Wiese (CDU):
Rede ID: ID1414800600
Frau Ministe-
rin, Sie haben auf die große Anzahl von Veranstaltungen
hingewiesen, die dazu dienen sollen, in einen breiten Dia-
log mit der Bevölkerung einzutreten. Es stellt sich dabei




Bundesministerin Edelgard Bulmahn
14462


(C)



(D)



(A)



(B)


die Frage nach der Finanzierung. Sie haben eine neue
GmbH, die gemeinnützige GmbH „Wissenschaft im Dia-
log“, erwähnt. Ich denke, dass auch durch diese Gesell-
schaft die Finanzierung in gewissem Umfang gesichert
werden kann. Haben Sie weitere Sponsoren an der Hand
bzw. ist daran gedacht, die geplanten Vorhaben über
Haushaltsplanmittel hinaus durch Sponsoring voranzu-
treiben?

Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung
und Forschung: Wir haben seitens meines Ministeriums
für das Jahr der Lebenswissenschaften einen Betrag von
4,2 Millionen DM vorgesehen. Die Forschungsorgani-
sationen – die Max-Planck-Gesellschaft, die Fraunhofer-
Gesellschaft, die Helmholtz-Gemeinschaft und die Wis-
senschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz –
beteiligen sich ihrerseits an dieser Initiative. Sie führen
große Veranstaltungen durch und finanzieren diese auch
selbst. Es handelt sich von daher um eine gemeinsame
Initiative des BMBF und der großen Forschungsorganisa-
tionen, von denen jeder seinen Teil der Finanzierung über-
nimmt.

Die vier großen Veranstaltungen, die ich eben genannt
habe, finanzieren wir seitens des BMBF.


Heinz Wiese (CDU):
Rede ID: ID1414800700
Vielen Dank.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414800800
Eine Frage
des Kollegen Tauss.


Jörg Tauss (Plos):
Rede ID: ID1414800900
Sehr geehrte Frau Ministerin, wir
begrüßen Ihre Initiative zum Jahr der Lebenswissen-
schaften sehr. Ich denke, nach dem erfolgreich abge-
schlossenen Jahr der Physik haben wir hier eine hervorra-
gende Chance, zum richtigen Zeitpunkt einen gesell-
schaftlichen Dialog zu führen, den wir sehr begrüßen
– der Kollege Parr von der F.D.P. ist leider schon weg –,
weil nicht mit fertigen Antworten an derart wichtige
Fragestellungen herangegangen wird.

Ergänzend zu dem, was Sie angesprochen haben, dass
neue Formen der Öffentlichkeitsarbeit gewählt werden
müssen, dass man dorthin gehen muss, wo die Menschen
sind, auf Märkte und Plätze, und nicht darauf warten darf,
dass die Menschen auf die Wissenschaft, die sich im El-
fenbeinturm versammelt hat, zugehen, würde mich inte-
ressieren, auf welche Weise die Schulen einbezogen sind.
Ich halte das für einen ganz wichtigen Punkt. Im Jahr der
Physik haben wir sehr viel für die Physik tun können. Ich
glaube, die spannende Diskussion, die gerade angeklun-
gen ist, betrifft ein Thema, mit dem sich junge Menschen
beschäftigen müssten und könnten. Mich würde interes-
sieren, was hier konzeptionell vorgesehen ist.

Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung
und Forschung: Ich habe vorhin darauf hingewiesen, dass
wir mehrere große Veranstaltungen durchführen und dass
es auch sehr viele regionale Initiativen gibt. Die Schulen
sind in beide Sparten einbezogen.

Die Veranstaltung „Kosmos Gehirn“ zum Beispiel, die
vom 7. bis 10. Juni in Göttingen stattfinden soll, beinhal-
tet Filmvorführungen, Autorenlesungen, eine Ausstellung
und eine Fortbildungsveranstaltung für Lehrer und für
Schülerinnen und Schüler und richtet sich daher sowohl
an ein allgemeines Publikum, aber mit ihren speziellen
Angeboten an Schulen eben auch an Schülerinnen und
Schüler. In dieser Art und Weise geschieht das im Übrigen
bei einer ganzen Reihe von größeren Veranstaltungen.

Gleichzeitig haben wir aber die regionalen Initiativen,
bei denen der Anstoß häufig von einer Hochschule oder
von einem Forschungsinstitut, zum Beispiel einem Max-
Planck-Institut oder einem Fraunhofer-Institut in der
Stadt oder in der Region, ausgeht, die dann auch die Schu-
len einbeziehen.

Umgekehrt hatten wir im letzten Jahr regionale Initia-
tiven, die von den Schulen selber ergriffen wurden. Auch
das halte ich von der Sache her für notwendig und richtig.
Diese Initiativen haben im Übrigen teilweise aus unserem
Haus, aus dem BMBF, eine kleine finanzielle Förderung
erhalten. Das wird auch in diesem Jahr wieder so sein.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414801000
Eine Frage
der Kollegin Böttcher.


Maritta Böttcher (PDS):
Rede ID: ID1414801100
Frau Ministerin, der zweite
Teil meiner Frage, die ich stellen wollte, ist soeben beant-
wortet worden. Ich möchte deshalb nur auf den ersten Teil
meiner Frage abheben.

Offiziell, zum Beispiel im Lenkungsausschuss der
GmbH, sind alternative sozialökologisch orientierte
Wissenschaftseinrichtungen sowie gesellschaftliche Or-
ganisationen, wissenschaftskritische Initiativen in Hoch-
schulen und Gesellschaft und die Öffentlichkeit im
Allgemeinen nicht beteiligt. Können Sie noch etwas dazu
sagen, wie unter diesen Umständen eben dieser kritische
Dialog, von dem Sie gesprochen haben, in der Gesell-
schaft zustande kommen soll und in welcher Weise diese
gesellschaftlich relevanten Gruppen und wissenschafts-
kritischen Dialogpartner in die Projekte im Rahmen des
Jahres der Lebenswissenschaften einbezogen werden
können?

Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung
und Forschung: Wir haben diese Organisationen mit ein-
bezogen; in dem mir vorliegenden Faltblatt werden auch
die Internet-Adressen angegeben werden. Ich will nur ei-
nige nennen: logischerweise das Ministerium für Bildung
und Forschung, aber auch das deutsche Humangenom-
projekt, das Informationssekretariat Biotechnologien, das
Deutsche Referenzzentrum für Ethik in den Biowissen-
schaften, das Gen-ethische Netzwerk, das Internet-Maga-
zin „Life Science“ und „Wissenschaft im Dialog“. Das
macht sehr deutlich, dass wir hier wirklich eine sehr große
Pluralität und Breite haben. Das ist mir auch ein wichti-
ges Anliegen.

Wir haben auch Organisationen einbezogen, die viel-
leicht eher eine skeptische Haltung haben. Wir beziehen
auch ethische Fragestellungen in die Diskussion ein. Das




Heinz Wiese (Ehingen)


14463


(C)



(D)



(A)



(B)


ist schon in der Eröffnungsveranstaltung deutlich gewor-
den. Dort haben wir die Fragestellungen, die sich mit den
Lebenswissenschaften verbinden, mit den Hoffnungen
und Ängsten, in einem breiten Kontext diskutiert und
zwar sowohl unter ethischen Fragestellungen als auch un-
ter naturwissenschaftlichen und geisteswissenschaftli-
chen Fragestellungen. Das ist die rote Linie, die sich
durch alle Veranstaltungen zieht, die wir im Jahr der Le-
benswissenschaften durchführen.

Um es ganz klar zu sagen: Das Jahr der Lebenswissen-
schaften ist keine Akzeptanzkampagne, sondern hat das
Ziel, dass ein großer Teil der Menschen, die sich nicht gut
informiert fühlen, die Chance hat, sich eine eigene Mei-
nung zu bilden. Sie sollen die Chance haben, mit For-
scherinnen und Forschern direkte Gespräche zu führen,
und zwar nicht nur Fragen zu stellen – auch diese Chance
müssen sie haben –, sondern auch Meinungen zu äußern
und Gegenmeinungen zu hören und damit vielleicht – das
ist im Übrigen eine Erfahrung aus dem Jahr der Physik –
wieder Denkanstöße in Richtung Wissenschaft zu geben.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414801200
Ein Frage
des Kollegen Röspel.


René Röspel (SPD):
Rede ID: ID1414801300
Frau Ministerin, die wissen-
schaftliche Entwicklung im Bereich der Bio- und Gen-
technologie ist ja sehr rasant. Häufig verläuft sie schnel-
ler, als wir in der Lage sind, gesellschaftliche und ethische
Fragen vernünftig zu diskutieren. Herr Parr, der Kollege
von der F.D.P., der leider wieder gegangen ist, nachdem er
seine Frage gestellt hat, hat ein Thema angesprochen, das
die F.D.P. gerne sehr schnell entschieden hätte, nämlich
die Zulassung der Präimplantationsdiagnostik. Frau Mi-
nisterin, sind Sie, anders als die Vorgängerregierung, be-
reit, auf Basis einer breiten Diskussion die gesellschaftli-
chen und ethischen Konsequenzen neuer Technologien zu
bewerten, und gibt es seitens des Bildungs- und For-
schungsministeriums eine verstärkte Förderung der For-
schung an ethischen und gesellschaftlichen Fragen?

Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung
und Forschung: Herr Röspel, ich bin nicht nur willens,
diese Debatte zu führen, sondern ich führe sie genau mit
diesem Jahr der Lebenswissenschaften, weil ich diese De-
batte für notwendig und wichtig halte und der Auffassung
bin, dass das, was alle Menschen berührt, auch von allen
Menschen gekannt und mitentschieden werden sollte. Ge-
nau deshalb haben wir das Jahr der Lebenswissenschaften
gestartet.

Im Übrigen fördern wir Forschungsprogramme, in de-
nen den von Ihnen angesprochenen Fragestellungen nach-
gegangen wird, aus dem Ministerium für Bildung und
Forschung durchaus sehr stark. Wir entwickeln zurzeit ein
Programm, in dem wir unter dem Titel „Vorsorgebegleit-
forschung“ Fragestellungen nachgehen, die sowohl der
grünen Gentechnik als auch der Anwendung der Gen-
technik am Menschen zuzuordnen sind. Allein für dieses
geplante Programm haben wir ein Volumen von 26 Milli-
onen DM vorgesehen. Ich kann Ihnen jetzt leider nicht die
Projektförderliste vorlesen, weil dies zu lange dauerte. Es

sind zig Seiten mit jeweils 15 Einzelprojekten. Daher
kann ich Sie nur bitten, sie sich bei uns im Internet anzu-
schauen. Dort wird deutlich, dass wir ein ganz breites
Spektrum von naturwissenschaftlichen wie auch ethi-
schen Fragestellungen bearbeiten. Auch auf diesem Wege
wollen wir dazu beitragen, eine fundierte und wirklich
vernünftige Meinungsbildung und Entscheidungsfindung
vorzubereiten und zu unterstützen.


René Röspel (SPD):
Rede ID: ID1414801400
Danke schön.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414801500
Eine Frage
des Kollegen Dr. Rossmann.


Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1414801600
Frau Ministerin,
mir geht es noch einmal um die Breite des Ansatzes, über
Jahre der Wissenschaften den Dialog in der Gesellschaft
zu befördern. Deshalb die erste Teilfrage: Wie weit sind
Organisationen, die in Deutschland im Weiterbildungsbe-
reich – ich denke hier an den Volkshochschulverband und
andere – tätig sind, in die Vorbereitung und Vermittlung
einbezogen? Zweite Teilfrage: Wissenschaftsrezeption er-
folgt auch über Journalismus, über Zeitungen. Gibt es sys-
tematische Ansätze, den Wissenschaftsjournalismus ge-
nerell zu beleben und ihn auf das zu orientieren, was in
den jeweiligen Jahren der Wissenschaften gemacht wird,
und in welcher Weise ist diese Vermittlungsquelle in die
Vorbereitung und Durchführung solcher Kampagnen ein-
bezogen?

Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung
und Forschung: Auch Wissenschaftsjournalisten sind ein-
bezogen. Zum einen berichten sie über diese Kampagne.
Zum anderen sind sie ständiger Partner sowohl der For-
schungs- und Wissenschaftsorganisationen als auch mei-
nes Ministeriums. Auch die Weiterbildungsorganisatio-
nen und Volkshochschulen sind im Rahmen der
regionalen Initiativen einbezogen.

All das kann und soll allerdings nicht zentral über mein
Ministerium gesteuert werden; dies hielte ich für falsch.
Vielmehr setzen wir einen Rahmen: Ich habe das Jahr der
Lebenswissenschaften vorgeschlagen und wir führen
diese Initiative gemeinsam mit den großen Forschungsor-
ganisationen und dem Stifterverband durch. Wir setzen
dabei den Rahmen und unterstützen auch regionale Initia-
tiven. Das Jahr der Physik hat gezeigt, dass die damit ver-
bundenen Chancen breit wahrgenommen werden, und
zwar sowohl von den Hochschulen und Fachhochschulen
als auch den Volkshochschulen, also den traditionellen
Weiterbildungsanbietern.

Ich gehe davon aus, dass das auch im Jahr der Lebens-
wissenschaften so sein wird. Deshalb haben wir gerade
bei der Planung des Rahmens der großen Veranstaltungen
die Zielperspektive ganz klar entwickelt, uns nicht nur mit
den traditionellen Formen, zum Beispiel mit Vorlesungen
in Hochschulen, an die Menschen zu wenden; vielmehr
wollen wir ganz unterschiedliche Darstellungsformen wie
Theateraufführungen, Filme und Diskussionsveranstal-
tungen anbieten. Es soll unter anderem eine Science-




Bundesministerin Edelgard Bulmahn
14464


(C)



(D)



(A)



(B)


Street – das ist eine Art Talkrunde – stattfinden. Die über-
raschende Erfahrung des letzten Jahres, dass diese Mög-
lichkeit von sehr vielen Menschen aufgegriffen wird, war
positiv.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414801700
Herr Kol-
lege Hauser, mir wurde mitgeteilt, dass Sie eine Frage zu
einem anderen Themenbereich stellen wollen.


(Norbert Hauser [Bonn] [CDU/CSU]: Nein, auch hierzu!)


– Dann bekommen Sie gleich das Wort.

(Norbert Hauser [Bonn] [CDU/CSU]: Kein Problem!)

Frau Kollegin Volquartz hat zunächst eine Frage.


Angelika Volquartz (CDU):
Rede ID: ID1414801800
Frau Ministerin,
ich habe eine Frage zur kommerziellen Nutzung von Gen-
mais. Sie haben im Zusammenhang mit dem Jahr der Le-
benswissenschaften ein neues Biotechnologieforschungs-
programm aufgelegt. Warum wurde in diesem Programm
die Förderung der Begleitforschung auf dem Gebiet der
kommerziellen Nutzung von Genmais in letzter Minute
gestrichen? Warum hat der Bundeskanzler seine im letz-
ten Jahr angekündigten Gespräche mit den betroffenen
Firmen über einen erweiterten Freilandanbau und die da-
mit verbundene Begleitforschung nicht geführt? Welche
Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der deut-
schen Saatgutzüchter sind dadurch zu erwarten?

Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung
und Forschung: Zu Ihrer Frage nach der Forschung im Be-
reich gentechnisch veränderten Saatgutes für Mais
möchte ich Folgendes sagen: Es ist nicht richtig, dass wir
die Begleitforschung eingestellt haben. Ich will nur fol-
gendes Forschungsprojekt – für einige ist es leider etwas
schwierig, zu verstehen; ich versuche, es zu erklären –
nennen – ich habe vorhin gesagt, dass mir eine lange Liste
laufender Vorhaben auf dem Gebiet der Sicherheitsfor-
schung vorliegt –: In diesem Projekt werden die ökologi-
schen Auswirkungen insektenresistenter Kulturpflanzen
mit rekombinanten Bacillus-thuringiensis-Toxin-Genen
– das betrifft den gentechnisch veränderten Mais, über
den wir häufig diskutieren – untersucht. Dabei geht es
auch um die Auswirkungen auf den Maiszünsler, also auf
das Insekt. Behandelt wird ebenfalls, in welchem Umfang
es einen nicht beabsichtigten Gentransfer gibt.

In einem weiteren Forschungsprojekt – dies wird erst
noch starten – geht es um die Entwicklung einer besseren
Methodik, um DNA zurückzuverfolgen. Beispiel: Eine
Pflanze mit einer bestimmten genetischen Veränderung
– solche Pflanzen gibt es in unserem Land – wird von ei-
nem Tier gefressen, das dann von Menschen gegessen
wird. Es soll erforscht werden, ob man genetische Ände-
rungen der Pflanze auch am Ende der Nahrungskette noch
feststellen kann. Bisher liegt keine ausgeklügelte Metho-
dik vor; daran arbeiten wir noch. Die Erforschung dieser
Fragestellung ist von der alten Regierung nicht verfolgt
worden; wir tun dies.

Das macht deutlich, dass wir wirklich ein ganz breites
Spektrum von Forschungsansätzen verfolgen. Wir
bemühen uns, in einem sehr breiten Diskurs mit vielen
Wissenschaftlern ganz unterschiedlicher Disziplinen –
sowohl mit Wissenschaftlern, die in der Genomforschung
tätig sind, als auch mit Wissenschaftlern, die sich stärker
auf ökologische Fragestellungen, zum Beispiel auf Pro-
bleme der Biosphäre, konzentrieren – alle relevanten For-
schungsaspekte zu bearbeiten.


Angelika Volquartz (CDU):
Rede ID: ID1414801900
Was ist mit der
zweiten und der dritten von mir in diesem Zusammenhang
gestellten Frage, die jeweils den Bundeskanzler betrifft?

Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung
und Forschung: Das war die Frage nach der kommerziel-
len Freisetzung?


Angelika Volquartz (CDU):
Rede ID: ID1414802000
Ja.

Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung
und Forschung: Die Gespräche mit den Unternehmen, die
im Bereich der Pflanzenzüchtung tätig sind, sind ausge-
setzt worden. In diesen Gesprächen ging es um die
Rahmenbedingungen für kommerzielle Freisetzungen.


(Norbert Hauser [Bonn] [CDU/CSU]: Warum ausgesetzt?)


Unser Anliegen war es, die Unternehmen dazu zu moti-
vieren, selbst auf kommerzielle Freisetzungen zu verzich-
ten. Freisetzungen im Rahmen von Forschungsvorhaben
finden statt; sie müssen auch stattfinden, damit wir durch
diese Forschungsarbeiten besseres Wissen über langfristi-
ges Verhalten, aber auch über die langfristigen Auswir-
kungen von gentechnisch veränderten Pflanzen in unserer
Umwelt erhalten. Deshalb muss man unterscheiden zwi-
schen kommerzieller Freisetzung, die ja nicht zum Ziel
hat, mehr Wissen zu erhalten, sondern bei der es darum
geht,


(Zuruf von der SPD: Um Geld!)

beispielsweise eine bestimmte angebaute Maissorte an-
schließend zu verkaufen, und Freisetzungen zu Forschungs-
zwecken. Freisetzungen im Rahmen von Forschungs-
projekten finden statt und werden durchgeführt, um durch
mehr Wissen bessere Grundlagen für unsere Entschei-
dungen zu erhalten. In der öffentlichen Debatte sind die
Freisetzungen zu Forschungszwecken gelegentlich mit
anderen durcheinander gebracht worden. Ich habe ja vor-
hin auf die lange Liste laufender und auch geplanter Vor-
haben hingewiesen.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414802100
Zwei Fragen
liegen noch vor: eine vom Kollegen Hauser und eine vom
Kollegen Koppelin.


Norbert Hauser (CDU):
Rede ID: ID1414802200
Frau Minister,
wir haben heute – das klang auch in der Frage meines Kol-
legen Parr an – im Ausschuss für Bildung, Forschung und




Bundesministerin Edelgard Bulmahn

14465


(C)



(D)



(A)



(B)


Technikfolgenabschätzung die Frage der Präimplantati-
onsdiagnostik diskutiert. In diesem Zusammenhang hielt
Staatssekretär Catenhusen es für möglich oder denkbar
– um es vorsichtiger zu formulieren –, dass im Embryo-
nenschutzgesetz geregelt wird, dass Präimplantationsdia-
gnostik dann zulässig ist, wenn sie auf die Herbeiführung
einer Schwangerschaft zielt und nicht allein Forschungs-
zwecken dient. Würden Sie diese Meinung teilen?

Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung
und Forschung: Dieses ist die Rechtsauffassung mehrerer
Rechtswissenschaftler. Ich habe ja vorhin darauf hinge-
wiesen, dass ich davon ausgehe, dass diese Frage auch im
Parlament erörtert wird. Es gibt unterschiedliche Rechts-
auffassungen. Die Rechtsauffassung durchaus maßgebli-
cher Rechtswissenschaftler entspricht genau derjenigen,
die Sie jetzt geschildert haben.


Norbert Hauser (CDU):
Rede ID: ID1414802300
Darf ich eine
Nachfrage stellen, Herr Präsident?


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414802400
Ja, bitte
schön.


Norbert Hauser (CDU):
Rede ID: ID1414802500
Frau Minister,
ich hatte Sie nicht danach gefragt, ob es Rechtsauffassun-
gen gibt, die das besagen, sondern ich hatte Sie gefragt, ob
Sie persönlich diese Rechtsauffassung teilen.

Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung
und Forschung: Ich bin Ministerin und vertrete hier von
daher auch die Bundesregierung. Diese Frage wird nicht
allein von der Forschungsministerin entschieden, sondern
sie muss sowohl von der Kollegin Justizministerin wie
auch von der gesamten Bundesregierung bewertet wer-
den.


Norbert Hauser (CDU):
Rede ID: ID1414802600
Kann ich da-
raus schließen – –


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414802700
Herr Kol-
lege Hauser, mit Blick auf die Zeit müssen zwei Fragen
genug sein. Diese waren schon ganz gut, die Antworten
übrigens auch.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Norbert Hauser [Bonn] [CDU/CSU]: Sie möchten also Zeit gewinnen!)


Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung
und Forschung: Ich bin der Auffassung, dass es einer so-
liden Analyse und Betrachtung der unterschiedlichen
Rechtsauffassungen bedarf. Genau diese wird die Bun-
desregierung auch durchführen.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414802800
Herr
Koppelin.


Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1414802900
Frau Ministerin, nachdem
zweimal von Mitgliedern der sozialdemokratischen Frak-
tion kritisiert wurde, dass mein Kollege Parr nicht anwe-
send ist,


(Detlev von Larcher [SPD]: War doch gar keine Kritik; das war ein Bedauern!)


möchte ich Sie fragen: Teilen Sie meine Auffassung, dass
er vorhin zwei vernünftige Fragen gestellt hat? Geht es Ih-
nen auch so wie dem Kollegen Parr, dass Sie zum Beispiel
um diese Zeit eigentlich an drei verschiedenen Orten sein
müssten? Der Kollege Parr ist im Augenblick in einem
Ausschuss. Können Sie das nachvollziehen?


(Zuruf von der SPD: Hinten steht er doch!)

Können Sie weiterhin nachvollziehen, dass wir als Op-

position, wenn solche Fragen vonseiten der Sozialde-
mokraten kommen, demnächst einmal fragen, wo welche
Minister zu welchen Zeitpunkten jeweils sind?

Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung
und Forschung: Ich kann vieles nachvollziehen; wie ich es
bewerte, ist eine ganz andere Frage.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414803000
Es liegen
jetzt noch zu einem anderen Themenbereich zwei Fragen
vor, einmal vom Kollegen Hauser und einmal vom Kolle-
gen von Klaeden. Sind diese Fragen auch an die Ministe-
rin gerichtet? – Nein, dann danke ich der Frau Ministerin.

Herr von Klaeden.


Eckart von Klaeden (CDU):
Rede ID: ID1414803100
Zunächst, Herr
Präsident, darf ich die anwesenden Kabinettsmitglieder
bitten, dem Herrn Bundeskanzler die besten Genesungs-
wünsche auszurichten.


(Zurufe von der SPD: Oh! – Trotz Plakat?)

Wir vermissen ihn sehr.

Ich frage, ob sich das Kabinett, das ohne den Bun-
deskanzler und seine Richtlinienkompetenz auskommen
musste, heute mit der Frage der Auslieferung von Herrn
Sirven beschäftigt hat und warum die Bundesjustizminis-
terin, die nach der einschlägigen Bund-Länder-Zustän-
digkeitsvereinbarung die Auslieferung jedenfalls so weit
hätte verzögern können, dass eine vernünftige Zeugen-
vernehmung durch den Untersuchungsausschuss möglich
gewesen wäre – die ja auch parteiübergreifend gewünscht
war –, nicht dem Wunsch des Untersuchungsausschusses
nachgekommen ist und nicht von der Möglichkeit einer
Verzögerung der Auslieferung Gebrauch gemacht hat.


(Detlev von Larcher [SPD]: Das hat sie gestern im Fernsehen schon gesagt!)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414803200
Möchte der
Vertreter des Kanzleramtes oder der Vertreter des Bundes-
justizministeriums sprechen? – Herr Staatssekretär Pick,
bitte schön.




Norbert Hauser (Bonn)

14466


(C)



(D)



(A)



(B)


D
Prof. Dr. Eckhart Pick (SPD):
Rede ID: ID1414803300
Nach meiner Kenntnis, Herr von
Klaeden, hat die Bundesjustizministerin unter anderem
dieses Thema angesprochen.

Zur Sache darf ich Ihnen sagen, dass die Bundesjus-
tizministerin bzw. das Bundesjustizministerium keinerlei
Rechtsgrundlage gesehen haben, um eine Auslieferung
des betreffenden Herrn zu verzögern.


(Zuruf von der SPD: Muss der Staatssekretär für diese juristische Belehrung etwas berechnen, oder?)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414803400
Kollege
Hauser, Bonn.


Norbert Hauser (CDU):
Rede ID: ID1414803500
Die juristische
Belehrung, Herr Kollege, könnten wir weiterführen. Wir
hätten Ihnen schon Wege aufzeigen können. Aber da Herr
Sirven uns nun Richtung Frankreich verlassen hat und wir
ihn vorerst nicht befragen können, die Frau Ministerin
gestern aber mitgeteilt hat, sie habe mit ihrer französi-
schen Kollegin darüber gesprochen, wann der Untersu-
chungsausschuss Herrn Sirven in Frankreich befragen
könnte, frage ich Sie, ob das Kabinett darüber gesprochen
hat und, wenn ja, welche Schritte Sie einleiten wollen, da-
mit der Untersuchungsausschuss diese Frage möglichst
schnell klären kann, deren Klärung durchaus im nationa-
len Interesse ist.

D
Prof. Dr. Eckhart Pick (SPD):
Rede ID: ID1414803600
Herr Kollege, mir ist nicht im Ein-
zelnen bekannt, ob diese Details besprochen worden sind.
Aber Sie wissen, dass die Bundesjustizministerin erklärt
hat, dass sie gestern mit ihrer Kollegin gesprochen hat und
dass vonseiten der französischen Justiz die Bereitschaft
besteht, dem Ausschuss die Gelegenheit zu geben, Herrn
Sirven zu befragen.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414803700
Eine weitere
Zusatzfrage.


Norbert Hauser (CDU):
Rede ID: ID1414803800
Über Schritte,
die die Bundesregierung einleiten wird, können Sie also
nichts sagen. Es hat jedoch wenig Sinn, ihn im Oktober
2002 zu befragen; denn dann haben wir keinen Untersu-
chungsausschuss mehr, weil wir in einer neuen Legisla-
turperiode sind. Es müsste also schon sehr bald gesche-
hen.

D
Prof. Dr. Eckhart Pick (SPD):
Rede ID: ID1414803900
Ich sagte Ihnen bereits, dass die
Bundesjustizministerin keine rechtliche Grundlage hatte,
die Auslieferung zu verzögern. Ich glaube, das ist unab-
hängig von jeder parteipolitischen Sicht festzustellen;
denn es bedarf natürlich eines entsprechenden Grundes,
um tätig werden zu können. Der Generalbundesanwalt ist
hier nicht zuständig, sondern es sind die Landesjustiz-
behörden.

Unabhängig davon hat die Bundesjustizministerin er-
klärt, dass sie alles tun wird, was in ihren Möglichkeiten
steht, um die französische Justiz zu veranlassen, dem Un-
tersuchungsausschuss die Gelegenheit zu geben, Herrn
Sirven ausführlich zu befragen – sofern er das will.


Norbert Hauser (CDU):
Rede ID: ID1414804000
Sie würden uns
bald über die Schritte unterrichten, die Sie unternehmen?

D
Prof. Dr. Eckhart Pick (SPD):
Rede ID: ID1414804100
Ich sagte Ihnen: Wir werden alles
tun, was im Rahmen unserer Möglichkeiten liegt. Wir
werden Sie dann gegebenenfalls über diese Schritte infor-
mieren. Ich gehe davon aus, dass wir auch dem Untersu-
chungsausschuss entsprechend Mitteilung machen wer-
den.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414804200
Eine Zu-
satzfrage der Kollegin Bonitz.


Sylvia Bonitz (CDU):
Rede ID: ID1414804300
Mich würde doch interes-
sieren, welche konkreten rechtlichen Möglichkeiten die
Bundesjustizministerin überhaupt geprüft hat, um dieses
Verfahren an sich zu ziehen. Das Interesse – das haben
meine Kollegen beschrieben – daran war überparteilich.
Da Sie sagen, es gibt keine rechtlichen Möglichkeiten,
bitte ich Sie, hier die einzelnen rechtlichen Prüfgrundla-
gen zu erläutern. Sie haben ja eine andere juristische Auf-
fassung.

D
Prof. Dr. Eckhart Pick (SPD):
Rede ID: ID1414804400
Sehr verehrte Kollegin, Sie können
davon ausgehen, dass das Bundesjustizministerium die in
Betracht kommenden Möglichkeiten geprüft hat, aber
keine rechtliche Grundlage gesehen hat, hier tätig zu wer-
den. Sie wissen, dass der Generalbundesanwalt nur in
ganz besonderen Ausnahmefällen ein Verfahren an sich
ziehen kann. Zunächst einmal sind die Landesjustiz-
behörden zuständig.


(Zuruf von der SPD: Hessen!)

Sie wissen auch, dass es in diesem Gesamtkomplex

ausgesprochen schwierig ist, eine Behörde der Länder zu
finden, die sich in diesem Verfahren für zuständig hält. In-
sofern sind der Bundesjustizministerin die Hände gebun-
den gewesen.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414804500
Ich beende
die Regierungsbefragung.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf:
Fragestunde
– Drucksache 14/5203 –

Wir kommen zunächst zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums für Gesundheit. Zur Beantwortung steht
die Parlamentarische Staatssekretärin Gudrun Schaich-
Walch zur Verfügung.






(C)



(D)



(A)



(B)


Ich rufe die Frage 1 des Kollegen Wolfgang Dehnel auf:
Beabsichtigt die Bundesregierung, Mittel zur Entschädigung

von Catgut-Herstellern bereitzustellen, die durch das angekün-
digte Herstellungsverbot besonders betroffen sind?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1414804600
Herr Kollege
Dehnel, das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizin-
produkte hat vor dem Hintergrund der neuen Entwicklung
bezüglich BSE die Risiken von Catgut als nicht mehr ver-
tretbar beurteilt und den zuständigen Landesbehörden
empfohlen, das In-den-Verkehr-Bringen und die An-
wendung zu untersagen.

Allerdings sieht die Bundesregierung bei dieser Sach-
lage derzeit keine Möglichkeit für eine Entschädigung
von Catgut-Herstellern. Inwieweit eine finanzielle Unter-
stützung seitens der Länder möglich ist, konnten wir von
hier aus nicht beurteilen.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414804700
Eine Zu-
satzfrage.


Wolfgang Dehnel (CDU):
Rede ID: ID1414804800
Frau Staatssekretä-
rin, können Sie sich vorstellen, dass wir gemeinsam mit
den Bundesländern, besonders mit dem Bundesland
Sachsen, eine Lösung finden, damit beispielsweise den
beiden betroffenen Firmen in meinem Wahlkreis in Sach-
sen geholfen werden kann? Denn es geht hier um
Millionenverluste und um die Verluste von Arbeitsplätzen
in einer Grenzregion mit einer Arbeitslosenquote von circa
20 Prozent.

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1414804900
Wir sehen natür-
lich, dass Arbeitsplätze gefährdet werden. Aber spätestens
seit dem Bericht des Scientific Committee for Medical
Products and Medical Devices der Europäischen Kom-
mission zu Catgut vom 16. September 1998 war damit zu
rechnen, dass im Lichte der BSE-Erkenntnisse, die wir
haben, Maßnahmen gegen die Anwendung getroffen wer-
den müssen und dass das wirtschaftliche Risiko – wir be-
dauern das sehr – von den Unternehmen getragen werden
muss. Vonseiten der Bundesregierung gibt es keine Mög-
lichkeit, einen besonderen Fonds zu bilden. Ich sehe auch
nicht die Möglichkeit, dieses für ein bestimmtes Bundes-
land zu tun.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414805000
Eine zweite
Zusatzfrage.


Wolfgang Dehnel (CDU):
Rede ID: ID1414805100
Sie sagten gerade, es
gebe keine Möglichkeit. Wieso aber werden landwirt-
schaftliche Betriebe durch EU-Mittel unterstützt, wäh-
rend die Catgut-Hersteller, die von der Nachfrage abhän-
gig sind, die ihre Produktion ebenfalls umstellen und die
dafür neue Investitionen tätigen müssen, nicht unterstützt
werden? Wieso können Sie nicht ein Programm auflegen,
um auch diese Unternehmen zu unterstützen?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1414805200
Die EU-Mittel wer-
den ausschließlich zweckgebunden für Maßnahmen zur
Stützung des Rindfleischmarktes und in geringem Um-
fang auch für die Finanzierung der BSE-Tests zur Verfü-
gung gestellt. Eine anderweitige Möglichkeit der Mittel-
vergabe sehen wir nicht.

Die Bundesregierung wird sich allerdings an der Ver-
nichtung von Altbeständen an Tiermehlen in einer
Größenordnung von 60 Millionen DM beteiligen. Das ist
ein Drittel der Gesamtkosten. Sie betreffen den Bereich
Tiermehlvernichtung, Tierfette und Futtermittel. Darüber
hinaus sehen wir aber keine Möglichkeiten für weitere
Entschädigungsmaßnahmen.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414805300
Ich rufe die
Frage 2 des Kollegen Dehnel auf:

Plant die Bundesregierung, diese Unternehmen gegebenen-
falls mit EU-Mitteln zu unterstützen, wie dies bei BSE-betroffe-
nen landwirtschaftlichen Betrieben geschieht?

G
Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1414805400
Ich habe vorhin
ausgeführt, dass diese EU-Mittel zweckgebundene Mittel
sind. Wir können sie nicht zur Unterstützung von anderen
Industriezweigen zur Verfügung stellen. Wir können da-
mit ausschließlich den Landwirtschaftsbereich fördern.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414805500
Damit ist
dieser Geschäftsbereich abgeschlossen. Ich danke Ihnen,
Frau Staatssekretärin.

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesmi-
nisteriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
heit. Die Beantwortung der Fragen übernimmt die Parla-
mentarische Staatssekretärin Gila Altmann.

Ich rufe die Frage 3 der Abgeordneten Vera Lengsfeld
auf:

Hat nach Kenntnis der Bundesregierung die Parlamentarische
Staatssekretärin beim Bundesministerium für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit, Gila Altmann, 1996 oder 1997 ei-
nen Aufruf der niedersächsischen Grünen oder einer anderen
Gruppierung unterschrieben, in dem zur Beschädigung von Bahn-
anlagen aufgerufen wurde, um die Castortransporte so teuer wie
möglich zu machen und schließlich zum Erliegen zu bringen?

G
Gisela Altmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1414805600

Verehrte Kollegin Lengsfeld, die Bundesregierung beant-
wortet die Frage mit Nein.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414805700
Zusatz-
frage?


Vera Wollenberger (CDU):
Rede ID: ID1414805800
Sind Sie da ganz sicher?




Vizepräsident Dr. h. c. Rudolf Seiters
14468


(C)



(D)



(A)



(B)


G
Gisela Altmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1414805900

Ich habe meiner Antwort nichts hinzuzufügen.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414806000
Dann rufe
ich die Frage 4 der Abgeordneten Vera Lengsfeld auf:

Wie kann nach Ansicht der Bundesregierung die Parlamenta-
rische Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit, Gila Altmann, ihre damalige Hal-
tung mit der Tatsache vereinbaren, dass sie heute politisch
mitverantwortlich für die nächsten Castortransporte ist?

G
Gisela Altmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1414806100

Mit der Antwort auf Ihre erste Frage entfällt eine Antwort
auf Ihre zweite Frage, da sie suggestiv ist.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414806200
Zusatzfrage.


Vera Wollenberger (CDU):
Rede ID: ID1414806300
Frau Staatssekretärin,
ich hätte, da Sie bekanntermaßen eine Befürworterin der
Blockaden waren – Sie waren ja selbst anwesend –, gerne
gewusst, wie Sie heute glaubhaft dafür sorgen wollen,
dass solche Blockierungen nicht stattfinden.

G
Gisela Altmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1414806400

Verehrte Frau Kollegin, ich beantworte die Fragen hier im
Namen der Bundesregierung.


(Beifall der Abg. Dr. Ruth Fuchs [PDS])

In diesem Rahmen beantworte ich Ihre Frage nach den
Transporten so, dass die Bundesregierung die Transporte
für notwendig hält und sie rechtlich unabweisbar sind. Ich
persönlich habe dem nichts hinzuzufügen.


(Ina Lenke [F.D.P.]: Oh! Das ist aber eine Meinungsänderung um 180 Grad!)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414806500
Eine Zu-
satzfrage des Kollegen von Klaeden.


Eckart von Klaeden (CDU):
Rede ID: ID1414806600
Frau Staatssekre-
tärin, haben Sie damals einen solchen Aufruf unterschrie-
ben oder nicht?


(Werner Siemann [CDU/CSU]: Das ist jetzt eine Frage an die Bundesregierung!)


G
Gisela Altmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1414806700

Zunächst einmal war die Frage an die Bundesregierung
gerichtet.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Ich frage Sie jetzt, ob Sie unterschrieben haben!)


Ich stehe hier als Vertreterin der Bundesregierung und
habe diese Frage mit einem klaren Nein beantwortet. Das
ist Punkt eins.

Zum Zweiten müssen Sie schon etwas konkreter wer-
den, wenn Sie von mir persönlich eine Antwort haben
wollen.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Haben Sie einen solchen Aufruf unterschrieben? Ja oder nein? Sie beantworten die Fragen immer nur nach Kenntnis der Bundesregierung! Ich frage Sie persönlich!)


– Herr von Klaeden, der Form halber muss ich jetzt die
erste Frage an mich kurz zitieren, damit Sie mein Problem
mit Ihrer Frage verstehen. Dort heißt es nämlich:

Hat nach Kenntnis der Bundesregierung die Parla-
mentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für
Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Gila
Altmann,

– das bin ich –
1996 und 1997

(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: „Oder“ steht da!)

– im Gegensatz zu einigen anderen kann ich lesen;


(Zurufe von der CDU/CSU: Da steht „oder“!)

in meiner Unterlage steht „1996 und 1997“ –


(Norbert Hauser [Bonn] [CDU/CSU]: Vielleicht sollten wir uns auf einen Text einigen!)


einen Aufruf der niedersächsischen Grünen oder ei-
ner anderen Gruppierung unterschrieben, in dem zur
Beschädigung von Bahnanlagen aufgerufen wurde,
um die Castortransporte so teuer wie möglich zu ma-
chen und schließlich zum Erliegen zu bringen?

Das heißt, selbst wenn zwischen 1996 und 1997 „oder“
stehen sollte, heißt es hier: „Aufruf der niedersächsischen
Grünen oder einer anderen Gruppierung unterschrieben“.
Es sind zwei Jahreszahlen angegeben. Deshalb kann ich
auf diese Frage nur mit Nein antworten.


(Dirk Niebel [F.D.P.]: Vielleicht war es ein anderes Jahr!)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414806800
Nur, damit
alle Kolleginnen und Kollegen vom richtigen Sachverhalt
ausgehen: In der Frage steht in der Tat „oder“. – Das ist
keine Bewertung, sondern lediglich eine Feststellung.

Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege von Klaeden,
haben Sie nicht. Aber die Kollegin Bonitz hat eine Zu-
satzfrage.


Sylvia Bonitz (CDU):
Rede ID: ID1414806900
Frau Staatssekretärin,
dann frage ich, ob Sie persönlich seit 1996 – als Mitglied
der Bundesregierung oder in der Zeit davor – einen sol-
chen Aufruf unterschrieben haben.

G
Gisela Altmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1414807000

Ich habe bereits gesagt, dass ich hier als Vertreterin der
Bundesregierung Fragen beantworte und diese Frage mit






(C)



(D)



(A)



(B)


Nein beantworte. Es geht hier nicht um eine persönliche
Talkshow, sondern um Fragen an die Bundesregierung.


(Angelika Volquartz [CDU/CSU]: Das ist ja unglaublich!)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414807100
Eine Zu-
satzfrage des Kollegen Fischer.

Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land) (CDU/CSU): Frau
Staatssekretärin, ich frage Sie: Kann die Bundesregierung
ausschließen, dass Sie einen solchen Aufruf unterschrie-
ben haben?

G
Gisela Altmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1414807200
Ja,
das kann sie.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414807300
Damit sind
die Fragen zu diesem Geschäftsbereich beantwortet. Ich
danke Ihnen, Frau Staatssekretärin.

Ich rufe nun den Geschäftsbereich des Bundesministe-
riums für Bildung und Forschung auf. Zur Beantwortung
steht der Parlamentarische Staatssekretär Wolf-Michael
Catenhusen zur Verfügung.

Ich rufe die Frage 5 des Kollegen Norbert Hauser

(Bonn) auf:


Kann die Bundesregierung beziffern, wie hoch die Kosten für
die betroffenen Unternehmer wären, wenn man die durch die Bun-
desministerin für Bildung und Forschung, Edelgard Bulmahn, in
einem Interview in der „Welt“ vom 30. Januar 2001 aufgestellte
Forderung nach einem Recht auf Weiterbildung in die Tat um-
setzte, und wäre die Bundesregierung bereit, dann auch flächen-
deckend angelegte Unterstützungen zumindest für kleine und mit-
telständische Unternehmen zu leisten, damit die entstehenden
finanziellen Lasten ausgeglichen werden?

W
Wolf-Michael Catenhusen (SPD):
Rede ID: ID1414807400
Herr
Kollege Hauser, auf Ihre Frage, wie hoch die Kosten für
betroffene Unternehmer wären, wenn man die durch
meine Ministerin aufgestellte Forderung nach einem
Recht auf Weiterbildung in die Tat umsetzte, möchte ich
wie folgt antworten.

Die Bundesministerin für Bildung und Forschung,
Edelgard Bulmahn, hat in dem angesprochenen Interview
mit der „Welt“ ausgeführt, dass sie eine Verankerung des
Rechts auf Weiterbildung in den Tarifverträgen befür-
worte. Diese Vereinbarungen unterlägen damit der Tarif-
autonomie der Sozialpartner und könnten unter spezi-
fischer Berücksichtigung der Fortbildungserfordernisse
einzelner Branchen die für deren internationale Wettbe-
werbsfähigkeit immer bedeutsamer werdende Fortbil-
dung im Sinne des lebenslangen Lernens flankieren. Auch
vonseiten der Unternehmen wird der lebenslangen Wei-
terqualifikation ein wachsend hoher Stellenwert beige-
messen.

Soweit solche Regelungen über Weiterbildung in Tarif-
verträge aufgenommen werden, sind natürlich kurzfristig
zusätzliche Kosten für die Unternehmen nicht aus-

zuschließen. Zugleich muss aber beachtet werden, dass
besser ausgebildete Mitarbeiter auch zu einer größeren
Wettbewerbsfähigkeit des jeweiligen Unternehmens
beitragen. Insofern ist es aufgrund der Tarifautonomie der
Sozialpartner kaum möglich, die tatsächlich entstehenden
Kosten abzuschätzen; denn darüber würden sie verhan-
deln. Es ist ebenso kaum möglich, abzuschätzen, ob über
die Laufzeit entsprechender Tarifvereinbarungen für die
einzelnen Unternehmen netto mehr Kosten oder netto
mehr Erträge aus solchen Weiterbildungsmaßnahmen
entstehen.

Ich glaube, wir sind uns einig, dass die Finanzierung
von Weiterbildungsanstrengungen für die Belegschaften
auch Zukunftsinvestitionen von Unternehmen darstellt.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414807500
Eine Zu-
satzfrage.


Norbert Hauser (CDU):
Rede ID: ID1414807600
Vielen Dank,
Herr Staatssekretär. Sie sind Ihrem Stil treu geblieben. Sie
wissen, dass ich diesen zu schätzen weiß. – Das bedeutet
aber gleichzeitig, dass es, soweit keine Tarifgebundenheit
vorliegt, für die Mitarbeiter eine zwingende, flächen-
deckende Weiterbildung nicht gibt, oder ist daran gedacht,
solche Tarifverträge allgemeinverbindlich zu machen?

W
Wolf-Michael Catenhusen (SPD):
Rede ID: ID1414807700
Erstens
stellt sich auch dann die Frage von Betriebsvereinbarun-
gen. Das wissen auch Sie als sachkundiger Jurist. Zwei-
tens ist natürlich klar: Wenn die Ministerin sagt, dass wir
eine Lösung über Tarifverträge befürworten, denken wir
nicht daran, solchen Tarifvereinbarungen gesetzlich eine
andere Rechtsqualität zu verleihen, als sie sie durch den
Tarifvertrag haben.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414807800
Eine zweite
Zusatzfrage.


Norbert Hauser (CDU):
Rede ID: ID1414807900
Herr Staatsse-
kretär, die Ministerin hat auch angedeutet, dass sie es für
sinnvoll halte, im Betriebsverfassungsgesetz zusätzliche
Möglichkeiten für die Betriebsräte zu verankern, um bei
Fragen der Weiterbildung im Unternehmen mitzubestim-
men und mitzuberaten. Ist ein solcher Gedanke mit Herrn
Müller, der ja zurzeit mit Herrn Riester im Clinch liegt,
abgesprochen oder gibt es insofern die nächsten Mei-
nungsverschiedenheiten und Auseinandersetzungen zwi-
schen zwei Bundesministern?

W
Wolf-Michael Catenhusen (SPD):
Rede ID: ID1414808000
Es ist
ein normaler Vorgang, dass in Vorbereitung einer Kabi-
nettsentscheidung unterschiedliche Sichtweisen verschie-
dener Ressorts diskutiert und erörtert werden. Meine
Ministerin, Frau Bulmahn, hat von Anfang an keinen
Hehl daraus gemacht, dass wir als zuständiges Bundes-
ministerium für Bildung und Forschung insbesondere die
Initiativrechte von Betriebsräten bei der betrieblichen




Parl. Staatssekretärin Gila Altmann
14470


(C)



(D)



(A)



(B)


Weiterbildung stärken wollen. Wie weit dies konkret aus-
gestaltet wird, ist eine Frage, die, so vermute ich, bei Vor-
lage des Gesetzentwurfes in völligem Einvernehmen
sachgerecht gelöst sein wird.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414808100
Ich danke
Ihnen, Herr Staatssekretär.

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesminis-
teriums der Justiz. Es antwortet der Parlamentarische
Staatssekretär Prof. Dr. Eckhart Pick.

Ich rufe auf die Frage 6 des Kollegen Dr. Heinrich
Kolb:

Wie beurteilt die Bundesregierung die im Strafrecht vorgese-
hene Mindeststrafe für sexuelle Übergriffe auf eine widerstands-
unfähige Person, wie zum Beispiel Behinderte, von einem halben
Jahr Freiheitsstrafe im Gegensatz zur Mindeststrafe für sexuelle
Übergriffe auf eine widerstandsfähige Person von einem Jahr
Freiheitsstrafe vor dem Hintergrund des Art. 3 des Grundgesetzes
und wie rechtfertigt sie diese Unterscheidung?

D
Prof. Dr. Eckhart Pick (SPD):
Rede ID: ID1414808200
Herr Kollege Dr. Kolb, in Beant-
wortung Ihrer Frage darf ich ausführen:

Sexuelle Übergriffe gegen behinderte Menschen wer-
den in gleicher Weise bestraft wie Übergriffe gegen nicht
behinderte Menschen. Die sexuelle Nötigung oder Verge-
waltigung eines behinderten Menschen ist wie die eines
nicht behinderten Menschen nach § 177 StGB strafbar.

Durch das Dreiunddreißigste Strafrechtsänderungs-
gesetz wurde der Schutz behinderter Menschen durch
§ 177 StGB sogar noch erweitert. Neben der Anwendung
der Nötigungsmittel „Gewalt“ und „Drohung mit Gefahr
für Leib und Leben“ wurde auch das „Ausnutzen einer
hilflosen Lage“ unter Strafe gestellt. Damit wurde vor
allem der Schutz körperlich und geistig behinderter Men-
schen mit eingeschränkter Widerstandsfähigkeit gegen
erzwungene sexuelle Übergriffe verbessert.

In § 179 StGB wird behinderten Menschen ein zusätz-
licher Schutz gegen sexuelle Übergriffe gewährt. Nach
dieser Vorschrift ist bereits die bloße Vornahme einer se-
xuellen Handlung strafbar, wenn das Opfer wegen einer
Krankheit, Behinderung, tief greifenden Bewusstseins-
störung oder seiner körperlichen Verfassung widerstands-
unfähig ist. Ob der Täter mit Gewalt oder Drohung gehan-
delt oder die hilflose Lage des Opfers ausgenutzt hat, ist
im Rahmen des § 179 StGB unerheblich. Dies rechtfertigt
auch die im Vergleich zu § 177 StGB niedrigere Strafdro-
hung.

Die Bundesregierung hat sich in einem Bericht an den
Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages ausführlich
zur Strafvorschrift des § 179 StGB geäußert. Ich bin gerne
bereit, Ihnen im Anschluss an Ihre Frage diesen Bericht
persönlich zur Verfügung zu stellen.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414808300
Eine Zu-
satzfrage des Kollegen Kolb.


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1414808400
Herr Staatssekretär,
vielen Dank für dieses Angebot, das ich natürlich sehr
gerne annehme.

Sie haben sich in Ihrer Antwort auf die Strafbarkeit
konzentriert und am Schluss in einem Halbsatz gesagt,
dass ein unterschiedliches Strafmaß gerechtfertigt sei. In
meiner Funktion als behindertenpolitischer Sprecher der
F.D.P.-Fraktion erreichen mich viele Zuschriften von An-
gehörigen behinderter Menschen, in denen die Befürch-
tung zum Ausdruck kommt, dass dieses unterschiedliche
Strafmaß beim Täter dazu führen kann, dass er sich auf
bestimmte Opfergruppen konzentriert, was aus ihrer Sicht
nicht akzeptabel ist. Wir haben 1994 im Deutschen Bun-
destag gemeinsam eine Grundgesetzänderung beschlos-
sen, und zwar in Art. 3 Abs. 3: „Niemand darf wegen
seiner Behinderung benachteiligt werden.“ Sehen Sie
nicht eine Benachteiligung behinderter Menschen darin,
dass beim Strafmaß mit zweierlei Maß gemessen wird und
sich von daher eine besondere Gefährdung dieser Men-
schen ergibt?

D
Prof. Dr. Eckhart Pick (SPD):
Rede ID: ID1414808500
Herr Dr. Kolb, Ihre Auffassung be-
ruht auf einem Irrtum. Ich hatte Ihnen gesagt: Wenn eine
Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung in Form ei-
ner Nötigung oder einer Vergewaltigung vorliegt, ist die
Strafbarkeit genau die gleiche, unabhängig davon, ob die
betroffene Person körperlich oder in anderer Form behin-
dert ist. Als 1997 § 179 StGB geändert worden ist, haben
wir in dem entsprechenden Bericht des Rechtsausschus-
ses gesagt, dass § 179 – das war in diesem Hause allge-
meine Auffassung – einen Auffangtatbestand für die Fälle
darstellt, in denen der Wille des Opfers nicht gebeugt oder
gebrochen werden kann, weil es wegen seines körperli-
chen oder geistigen Zustandes nicht in der Lage ist, einen
entgegenstehenden Willen zu äußern. Für diese Fälle ha-
ben wir damals § 179 eingeführt.

In dem erwähnten Bericht der Bundesregierung steht
auch, dass diese Vorschrift vom Bundesgerichtshof in
seiner letzten in diesem Zusammenhang getroffenen
Entscheidung vom Oktober 1999 genauso gesehen wird.
Die Rechtsprechung ist mit diesem Auffangtatbestand
einverstanden. Er ist nach unserer Kenntnis innerhalb von
knapp anderthalb Jahren immerhin 15-mal im Falle von
hilflosen Personen zur Anwendung gekommen.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414808600
Eine zweite
Zusatzfrage.


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1414808700
Herr Staatssekretär, wie
beurteilen Sie vor diesem Hintergrund die aktuellen
– nicht nur in Einzelfällen, sondern in vielen Zuschriften –
vorgetragenen Bedenken der Angehörigen behinderter
Menschen?

D
Prof. Dr. Eckhart Pick (SPD):
Rede ID: ID1414808800
Zur Aufklärung ist zu sagen, was der
damals gemeinsam geäußerte Wille des Bundestages ge-
rade in diesen Fällen war. Was wäre denn die Konsequenz




Parl. StaatssekretärWolf-Michael Catenhusen

14471


(C)



(D)



(A)



(B)


gewesen, wenn wir hier keine Strafbarkeit eingeführt hät-
ten? Möglicherweise wäre es ein Beleidigungsdelikt, weil
nach Auffassung der Rechtsprechung bei behinderten
Menschen nicht der Wille gebrochen wird und für den Tä-
ter kein entgegenstehender Wille erkennbar ist. Insofern
ist dies eine Auffangvorschrift, die letztlich dazu dient,
gerade behinderte Menschen, aber auch Personen, die
zum Beispiel infolge von Drogen- oder Alkoholgenuss
widerstandsunfähig sind, zu schützen.

Insofern betrifft es nicht nur Personen, die eine ent-
sprechende Behinderung haben, sondern auch Menschen,
die zum Beispiel infolge von Alkoholgenuss oder anderen
Umständen widerstandsunfähig sind. Es handelt sich also
wirklich nicht um eine Diskriminierung; das wird auch im
Bericht deutlich. Ihre Fragestellung sollte aber Anlass
sein, diese Auffassung einmal den entsprechenden Ver-
bänden mitzuteilen.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414808900
Eine Zu-
satzfrage des Kollegen Dr. Seifert.


Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1414809000
Herr Staatssekretär, Sie haben
sehr ausführlich geschildert, dass die Regelung aus Sicht
des Justizministeriums relativ problemlos ist. Dennoch
muss man das, was Herr Kolb geschildert hat, dass zum
Beispiel die Behindertenbeauftragten der Fraktionen ver-
stärkt über diesbezügliche Ängste informiert werden,
ernst nehmen. Ich nehme an, das tun Sie auch. Kann es
nicht sein, dass die Vorschrift, die eine verminderte Straf-
androhung vorsieht, ein Fehler war und es daher sinnvoll
wäre, das Strafmaß diesbezüglich anzugleichen? Muss
man nicht, wann immer es sich um sexuelle Betätigungen
handelt, die nicht in beiderseitigem Einverständnis statt-
finden, klipp und klar sagen: gleiche Strafe für gleiche
Tatbestände?

D
Prof. Dr. Eckhart Pick (SPD):
Rede ID: ID1414809100
Herr Seifert, ich will wiederholen:
Wir haben, was Vergewaltigungen und andere Straftaten
gegen die sexuelle Selbstbestimmung betrifft, den glei-
chen Strafrahmen unabhängig davon, ob Menschen mit
oder ohne Behinderung betroffen sind. Es gibt auch kei-
nen Grund, hier zu differenzieren. Es war der Wille des
gesamten Parlaments, einen Auffangtatbestand für solche
Fälle zu schaffen, in denen der Wille des Opfers nicht ge-
brochen wird. Wir haben damals eine Regelung formu-
liert, die nicht nur Menschen mit Behinderungen betrifft,
sondern auch Menschen, die durch Alkohol- oder Dro-
genkonsum oder durch andere Umstände nicht fähig sind,
ihren entgegenstehenden Willen zu äußern.

Dass dieser Tatbestand durchaus auch praktische Be-
deutung hat, wird einerseits dadurch deutlich, dass der
Bundesgerichtshof diese Auffassung des Gesetzgebers in
einem Urteil bestätigt hat, und andererseits dadurch, dass
wir innerhalb eines überschaubaren Zeitraums 15 Fälle
hatten, in denen sich die Gerichte dieses Tatbestands be-
dient haben.

Anderenfalls gäbe es eine schmerzhafte Strafbarkeits-
lücke. In solchen Fällen nur mit dem Beleidigungstatbe-

stand zu arbeiten und dafür Sanktionen vorzusehen wäre
zu wenig.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414809200
Ich rufe die
Frage 7 des Abgeordneten Dr. Kolb auf:

Sieht die Bundesregierung die Gefahr, dass zum Beispiel be-
hinderte Mädchen und Frauen für Sexualstraftäter zur bevorzug-
ten Opfergruppe werden könnten, und beabsichtigt die Bundesre-
gierung, diese Vorschriften im Mindeststrafmaß anzugleichen?

D
Prof. Dr. Eckhart Pick (SPD):
Rede ID: ID1414809300
Herr Dr. Kolb, die Bundesregierung
sieht nicht die Gefahr, dass behinderte Mädchen und
Frauen zu einer bevorzugten Opfergruppe für Sexualstraf-
täter werden. Ich hatte Ihnen bereits ausführlich dargelegt,
dass diese Mädchen und Frauen durch das geltende Straf-
recht besonders geschützt werden. § 179 StGB ist im Ver-
hältnis zu § 177 StGB nur ein Auffangtatbestand, der ge-
ringere Anforderungen an die Strafbarkeit stellt. Es ist
deshalb nicht beabsichtigt, das Mindeststrafmaß der bei-
den Vorschriften anzugleichen. Ich füge ergänzend hinzu:
Der Strafrahmen umfasst immerhin sechs Monate bis
zehn Jahre Freiheitsentzug.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414809400
Eine Zu-
satzfrage.


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1414809500
Herr Staatssekretär, Sie
haben, wenn ich mich recht erinnere, von 15 Fällen ge-
sprochen, in denen der Auffangtatbestand von Gerichten
zur Aburteilung herangezogen wurde. Haben Sie Er-
kenntnisse, in welchem Rahmen sich das Strafmaß
tatsächlich bewegt hat, sodass belegbar ist, dass die von
mir oder den Petenten, die sich an mich gewandt haben,
befürchtete Sanktionslücke auch faktisch geschlossen ist?
Ich beziehe die Sanktionslücke nicht auf die Strafbarkeit,
sondern auf das Strafmaß.

D
Prof. Dr. Eckhart Pick (SPD):
Rede ID: ID1414809600
Ich habe die Einzelfälle jetzt nicht
im Kopf, aber ich werde Ihnen eine entsprechende Auflis-
tung gerne nachreichen. Nach meiner Erinnerung ist das
Strafmaß weitgehend – Freiheitsstrafe bis zu einigen Jah-
ren – ausgeschöpft worden, ist von diesen Möglichkeiten
also doch recht umfangreicher Gebrauch gemacht wor-
den. Aber ich werde Ihnen die genauen Daten gerne nach-
liefern.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414809700
Eine zweite
Zusatzfrage.


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1414809800
Herr Staatssekretär, für
diese umfangreiche Beantwortung möchte ich mich wirk-
lich bedanken. Nur noch zur Klarstellung: Die Bundesre-
gierung sieht also derzeit keinen Handlungsbedarf in die-
sem Bereich?

D
Prof. Dr. Eckhart Pick (SPD):
Rede ID: ID1414809900
Nein, den sehen wir nicht. Wir wer-




Parl. Staatssekretär Dr. Eckhart Pick
14472


(C)



(D)



(A)



(B)


den allerdings, wenn der Rechtsausschuss das will, über
diesen Bericht diskutieren. Er ist ihm zugeleitet, ist dort
aber noch nicht diskutiert worden. Im Übrigen wird die
Bundesregierung die Entwicklung auf diesem Gebiete
sehr sorgfältig verfolgen und den Rechtsausschuss, wenn
wir über neuere Entwicklungen besorgt sein sollten, ent-
sprechend informieren.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414810000
Eine Zu-
satzfrage des Kollegen Dr. Seifert.


Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1414810100
Herr Staatssekretär, auch ich
möchte Ihnen für die ausführliche und detaillierte Beant-
wortung danken. Aber eine Frage schließt sich für mich
an: Da die Betroffenen offensichtlich, im Gegensatz zu
dem, was Sie hier dargestellt haben, befürchten, dass das
Strafmaß weitgehend nicht ausgeschöpft wird, frage ich,
ob Sie als Bundesregierung nicht die Notwendigkeit
sehen, Betroffeneninitiativen – zum Beispiel von behin-
derten Frauen und Mädchen –, aber auch andere Selbst-
hilfeorganisationen so zu unterstützen, dass sie Auf-
klärungsarbeit leisten können, damit beispielsweise
behinderte Mädchen nicht Angst haben müssen, über-
haupt keine sexuellen Kontakte mehr haben zu können,
weil man die Befürchtung hat, sich strafbar zu machen.
Liebes- und sonstige Beziehungen müssen also einerseits
möglich sein – ich habe Sie auch so verstanden –, ohne
dass dabei eine Strafe droht, andererseits aber besteht
diese Gefahr. Sind Sie nicht der Meinung, dass da Auf-
klärungsarbeit geleistet werden müsste, zum Beispiel
durch Betroffene selbst, die finanziell oder organisato-
risch unterstützt werden müssten?

D
Prof. Dr. Eckhart Pick (SPD):
Rede ID: ID1414810200
Herr Dr. Seifert, ich hatte schon vor-
her gesagt, dass das Bundesjustizministerium gerne bereit
ist, entsprechenden Verbänden Informationen zukommen
zu lassen. Ich werde in unserem Hause empfehlen, zu die-
ser Frage einige Informationen ins Internet zu stellen, da-
mit entsprechende Organisationen diese dort abrufen kön-
nen. Wir sind der Meinung, es ist wichtig und richtig, dass
die Betroffenen darüber informiert werden, dass sie in der
Tat nicht diskriminiert werden, sondern dass hinter dieser
Vorschrift ein besonderer Schutzgedanke steht, mit dem,
so denken wir, dem Willen des Hauses entsprochen
wurde. Wir werden diese Entwicklung der Strafbarkeit in
der Praxis allerdings, wie schon gesagt, beobachten, ent-
sprechende Konsequenzen ziehen und Vorschläge ma-
chen.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414810300
Keine wei-
teren Zusatzfragen. Dann danke ich Ihnen, Herr Staatsse-
kretär.

Die Fragen 8 und 9 der Kollegin Dr. Leonhard aus dem
Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft
und Technologie werden schriftlich beantwortet.

Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums
für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft
auf
Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1414810400


Was tut die Bundesregierung, um dem durch die BSE-Krise
und den Schweinemastskandal stark in Mitleidenschaft gezoge-
nen Metzgerhandwerk sowie der Fleischindustrie sowohl ideell
als auch finanziell zu helfen, um Konkurse abzuwenden, Existen-
zen zu sichern und den Absatz von Fleischwaren wieder zu för-
dern?

Ma
Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1414810500
Herr Kollege Hinsken, die Bundesre-
gierung ergreift im Zuge der Agrarwende umfangreiche
Maßnahmen. Zum Ersten geben wir über 900 Millio-
nen DM direkt für die BSE-Bekämpfung aus.

Zum Zweiten reagieren wir auf den Schweinemast-
skandal, der immer größere Ausmaße hat – inzwischen
sind 3 000 bis 4 000 Betriebe betroffen –, indem wir mit
den Ländern umfangreiche Kontrollmaßnahmen in Gang
setzen und auch so das Vertrauen der Deutschen in
Fleischprodukte wieder erhöhen.

Zum Dritten hat die Ministerin mit der Lebensmittel-
industrie, den Landwirten und den Verbrauchern umfang-
reiche Gespräche begonnen mit der Zielsetzung, über ent-
sprechende Qualitätslabels wieder Fleischprodukte auf
den Markt zu bringen, in die die Leute so viel Vertrauen
haben, dass sie diese dann auch kaufen und konsumieren.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1414810600
Zusatz-
frage.


Ernst Hinsken (CSU):
Rede ID: ID1414810700
Herr Staatssekretär
Berninger, die von Ihnen getroffenen Aussagen sind sehr
allgemein. Sie berühren nicht den Kern der von mir ge-
stellten Frage. Deshalb habe ich mich zu dieser Zusatz-
frage gemeldet: Ist Ihnen bekannt, dass von den 205 000
Beschäftigten im Metzgerhandwerk 5 000 Arbeitsplätze
akut gefährdet sind, erstmals Kurzarbeit angemeldet
wurde, darüber hinaus Entlassungen vorgenommen wur-
den, Betriebsschließungen um Jahre vorgezogen werden
sowie junge und neue Betriebe, vor allem Neugründer,
größte Probleme haben, weil die Umsatzeinbrüche beim
Rindfleisch bis zu 80 Prozent und beim Fleisch allgemein
circa 20 Prozent betragen und die Versicherungen bisher
nicht bereit sind, Metzger gegen BSE-bedingte Schlie-
ßungen zu versichern? Warum hat Ihre Ministerin, Frau
Künast, mit allen möglichen Leuten gesprochen, aber mit
dem Deutschen Fleischer-Verband bisher kein einziges
Gespräch geführt? Dies ist ein Skandal ohnegleichen.

Ma
Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1414810800
Herr Kollege Hinsken, Sie haben ver-
schiedene Fragen gestellt. Zum ersten Punkt: Selbstver-
ständlich ist der Bundesregierung bekannt, dass eine
Reihe von Arbeitsplätzen im Metzgerhandwerk und im
ländlichen Raum insgesamt infolge der BSE-Krise und
des Schweinedopingskandals in Bayern gefährdet sind.
Selbstverständlich ist die Bundesregierung über diese
Entwicklung besorgt und unternimmt Schritte, um diese
Arbeitsplatzgefährdung in den Griff zu bekommen.




Parl. Staatssekretär Dr. Eckhart Pick

14473


(C)



(D)



(A)



(B)


Zum zweiten Punkt: Die Ministerin hat mit einer Reihe
von Leuten Gespräche geführt. Sie ist noch nicht so lange
im Amt, dass sie mit all denen in dieser Republik, die un-
mittelbar von diesen Problemen betroffen sind, gespro-
chen hat. Zu viele Verbände und Interessengruppen sind
davon betroffen, als dass man alle innerhalb von drei Wo-
chen zu Gesprächen hätte bitten können. Es fand aber
etwa zu der Frage, wie wir mit den zur Schlachtung an-
stehenden 400 000 Rindern umgehen, eine umfangreiche
Gesprächsrunde statt, zu der auch Vertreterinnen und Ver-
treter der Fleischindustrie geladen waren. Insofern hat
sich die Bundesregierung umfassend beraten.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1414810900
Der Ab-
geordnete Ernst Hinsken hat eine zweite Zusatzfrage.


Ernst Hinsken (CSU):
Rede ID: ID1414811000
Herr Staatssekretär, es
ist löblich, wenn man mit den betroffenen Verbänden
spricht. Mich berührt aber vor allem, dass man dem Deut-
schen Fleischer-Verband nicht die ihm gebührende Be-
deutung beimisst. Dieser ist die Dachorganisation aller
Metzgereibetriebe in der Bundesrepublik Deutschland,
um das nur nebenbei zu erwähnen. Dieser Verband hat
sich schon mit vielen Schreiben an Ihr Ministerium ge-
wandt, die zum Teil nicht – oder erst, nachdem sie hin und
her gegangen sind – beantwortet wurden. Aber die Minis-
terin, die dafür die Verantwortung trägt, ist bislang zu ei-
nem Gespräch nicht bereit gewesen. Deshalb habe ich
meine erste Zusatzfrage gestellt.

Nun meine zweite Zusatzfrage, Herr Staatssekretär: Ist
die Bundesregierung bereit, um Kostenreduzierung bei
den betroffenen Betrieben bemüht zu sein, wie zum Bei-
spiel BSE-Tests zu bezahlen, die Mehrkosten für die Ver-
brennung von Konfiskaten zu tragen, die Erstattung des
Erlösausfalls wegen der Nicht-mehr-Herstellung von
Tiermehl vorzunehmen und zinsgünstige Überbrückungs-
darlehen über eine bundeseinheitliche Lösung auflegen zu
lassen? Bislang hat sich nach meinen Informationen nur
das Land Rheinland-Pfalz dazu bereit erklärt. Dort sind
demnächst Wahlen, vielleicht hat das damit zu tun.


(Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Dort regiert auch die F.D.P.!)


Diese Maßnahmen können unter Umständen in einem
halben Jahr wieder eingestellt werden. Dies ist aber nicht
die bundeseinheitliche Lösung, von der ich spreche. Ich
meine, der Metzgermeister im Norden der Republik, in
Schleswig-Holstein, ist genauso viel wert wie der Metz-
germeister im fernen Bayern oder in Rheinland-Pfalz.
Deshalb bitte ich Sie, mir zu sagen, was die Bundesregie-
rung zu tun gedenkt bzw. was sie schon unternommen hat,
abgesehen davon, dass man eine Arbeitsgruppe einge-
richtet hat, die sich damit beschäftigten soll. Arbeitsgrup-
pen gibt es viele. Es kommt aber immer darauf an, was da-
bei herauskommt und dass ein Ergebnis möglichst bald
und nicht erst dann erzielt wird, wenn viele Betriebe vor
die Hunde gegangen sind.


(Werner Siemann [CDU/CSU]: Das war ein Satz!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1414811100
Herr
Staatssekretär, möchten Sie diesen Fragenkatalog beant-
worten?

Ma
Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1414811200
Selbstverständlich, Herr Präsident. –
Zum Ersten: Herr Abgeordneter Hinsken, die Bundesre-
gierung übernimmt die Kosten für den Aufkauf der
400 000 Rinder im Zuge der Aufkaufaktion über die Bun-
desanstalt für Landwirtschaft und Ernährung. Wir sind
das einzige Land innerhalb der Europäischen Union, das
diese Rinder testet, und infolgedessen auch das einzige
Land, das die Kosten übernimmt.

Die Bundesregierung ist nicht bereit, generell die
durch BSE-Tests entstehenden Kosten zu übernehmen,
sondern ist der Meinung, dass diese von den übrigen Be-
troffenen zu tragen sind.

Zum Zweiten: Wir richten nicht nur Arbeitsgruppen
ein, sondern geben auch konkrete Handlungsanleitungen
an die Länder, zum Beispiel zum Thema Schlachtung. Es
gibt einen konkreten Katalog, wie die Schlachtung in Zu-
kunft zu erfolgen hat, sodass die BSE-Risiken minimiert
werden. Im Zuge des Agrarministerrates Anfang letzter
Woche in Brüssel hat sich die Ministerin mit ihren euro-
päischen Amtskollegen darauf verständigt, eine Reihe
von Risikomaterialien künftig nicht mehr in den Nah-
rungsmittelkreislauf gelangen zu lassen und bei der
Schlachtung dafür Sorge zu tragen, dass das Risiko der
Kontaminierung mit Prionen oder anderen potenziellen
BSE-Erregern – etwa aus der Wirbelsäule – minimiert
wird.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414811300
Eine Zu-
satzfrage des Kollegen Niebel.


Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1414811400
Herr Staatssekretär, Sie haben zu
Beginn Ihrer Antwort gesagt: Die Bundesregierung über-
nimmt die Kosten für den Aufkauf der 400 000 Rinder. Ist
die Antwort so zu verstehen, dass Sie auf eine Beteiligung
der Länder verzichten?

Ma
Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1414811500
Die Bundesregierung übernimmt die
Kosten der Aufkaufaktion, und zwar sowohl den Anteil
von 70 Prozent – das sind 500 Millionen DM –, den die
Europäische Union zu erbringen hat, als auch den 30-pro-
zentigen Anteil, der national erbracht werden muss.
Hieran sind die Länder nicht beteiligt.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414811600
Herr von
Klaeden hat eine Zusatzfrage.


Eckart von Klaeden (CDU):
Rede ID: ID1414811700
Herr Staatssekre-
tär, wenn es der Terminplan der Ministerin nicht zulässt,
sich mit dem Deutschen Fleischer-Verband zu treffen,
wären Sie bereit, sich für einen solchen Gesprächstermin
zur Verfügung zu stellen?




Parl. Staatssekretär Matthias Berninger
14474


(C)



(D)



(A)



(B)


Ma
Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1414811800
Herr Kollege von Klaeden, ich bin selbst-
verständlich bereit, mit allen Betroffenen zu reden. Sofern
es mein Terminkalender zulässt, mache ich das gern.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Ich bin gern dabei!)


– Das dachte ich mir.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414811900
Eine Zu-
satzfrage des Kollegen Girisch.


Georg Girisch (CSU):
Rede ID: ID1414812000
Herr Staatssekretär, Sie
sagten soeben, dass die Bundesregierung nicht bereit ist,
die BSE-Tests zu bezahlen. Ist Ihnen bekannt, dass der
Bundeskanzler in der nächsten Woche, in den nächsten
Tagen ein Gespräch mit den Ministerpräsidenten der Län-
der führen und gerade über dieses Thema sprechen wird?

Ma
Matthias Berninger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1414812100
Mir ist das sehr wohl bekannt. Am heuti-
gen Tag bereiten die Agrarminister von Bund und Ländern
das Gespräch des Bundeskanzlers mit den Ministerpräsi-
denten der Länder am 16. Februar vor. Die Haltung der
Bundesregierung ist aber: Die laufenden Kosten, sowohl
für BSE-Tests als auch für die Tierkörperbeseitigung, sind
nicht Sache des Bundes. Wir haben eine föderale Finanz-
zuständigkeit. Da hat der Bund bestimmte Aufgaben zu
erfüllen; ich habe schon angedeutet, welche. Die Länder
müssen ihren Anteil ebenfalls erbringen.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414812200
Keine wei-
teren Zusatzfragen. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.

Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums
für Arbeit und Sozialordnung auf. Zur Beantwortung steht
der Parlamentarische Staatssekretär Gerd Andres zur Ver-
fügung.

Ich rufe die Frage 11 des Kollegen Niebel auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Zusammenarbeit der

Bundesanstalt für Arbeit mit den wissenschaftlichen Forschungs-
instituten bei der Evaluation arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen
vor dem Hintergrund, dass die Herausgabe von Daten verweigert
und dadurch ein unabhängiges wissenschaftliches Gutachten ver-
hindert wird (vgl. „Handelsblatt“ vom 23. Januar 2001)?

G
Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1414812300
Herr Kollege Niebel, es
ist nicht zutreffend, dass die Bundesanstalt für Arbeit sich
weigert, grundlegende Daten zugänglich zu machen. Die
Bundesanstalt ist vielmehr mit hohem Arbeitseinsatz
bemüht, Datenmaterial aufzuarbeiten und bereitzustellen.

Richtig ist, dass die bestehenden gesetzlichen Rege-
lungen in Bezug darauf, Daten von der Bundesanstalt zu
erhalten, und die Kooperationsbereitschaft der BA bisher
nur begrenzt in Anspruch genommen worden sind. Trotz
anhaltender Kritik einiger Wissenschaftler sind in den
vergangenen Jahren nur wenige Anträge auf Herausgabe

personenbezogener Daten – um die geht es – für die Eva-
luation arbeitsmarktpolitischer Instrumente gestellt wor-
den. Derzeit liegt kein ausreichend präzisierter Antrag auf
Herausgabe personenbezogener Daten für den entspre-
chenden Zweck vor. Insoweit muss die Behauptung, ein
unabhängiges wissenschaftliches Gutachten werde durch
diese Weigerung einer Herausgabe von Daten verhindert,
als gegenstandslos zurückgewiesen werden.

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der
Bundesanstalt hat im Übrigen mehrere Kooperationsver-
träge mit Wissenschaftlern zur Evaluation bestimmter In-
strumente der aktiven Arbeitsmarktpolitik abgeschlossen.
Gegenstand dieser Verträge ist auch der Datenaustausch.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414812400
Eine Zu-
satzfrage.


Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1414812500
Herr Staatssekretär, Sie werden
mir wahrscheinlich zustimmen, dass man einen und den-
selben Menschen nicht zweimal gleichzeitig leben lassen
kann. Von daher ist es sehr wichtig, die Effizienz arbeits-
marktpolitischer Instrumentarien dadurch zu überprüfen,
dass man Lebensverläufe Arbeitsloser, die einander bis
auf die Teilnahme an arbeitsmarktpolitischen Maßnah-
men gleichen, miteinander vergleicht. Dafür braucht man
personenbezogene Daten. Kann ich Ihrer Antwort entneh-
men, dass einem entsprechenden Antrag eines wissen-
schaftlichen Forschungsinstitutes Rechnung getragen
würde?

G
Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1414812600
Herr Abgeordneter
Niebel, ich will Ihnen zunächst mitteilen, dass in den ver-
gangenen Jahren das dafür zuständige BMA alle derarti-
gen Anträge positiv beschieden hat. Ich weiß, auf welchen
Vorgang sich Ihre Frage bezieht. Die beteiligten Wissen-
schaftler, die sich öffentlich geäußert haben – insbeson-
dere einer aus Mannheim –, haben keine Anträge gestellt.
Das will ich einmal klarstellen. Werden Anträge gestellt,
muss das BMA sie entsprechend prüfen. Ich gehe davon
aus: Wenn das wissenschaftlich fundiert ist, wird dem An-
trag stattgegeben werden.

Mit meiner Antwort zu dem ersten Teil Ihrer Frage will
ich ein Missverständnis ausräumen, das Ihnen allerdings
bekannt ist: Vor dem Hintergrund zunehmender Forde-
rungen nach den Daten der Bundesanstalt durch externe
Wissenschaftler ist bereits im Vorfeld erkennbar gewor-
den, dass einigen Wissenschaftlern der Unterschied zwi-
schen der amtlichen Statistik – die Statistik der Statisti-
schen Ämter des Bundes und der Länder – und den
Geschäftsstatistiken – dabei handelt es sich um die Statis-
tiken der Sozialversicherungsträger, zum Beispiel der
Bundesanstalt – nicht geläufig ist. Bei den gewünschten
Daten handelt es sich um Geschäftsstatistiken der Bun-
desanstalt, die in der Regel dem Sozialdatenschutz unter-
liegen. Damit ist ein Zugriff durch Dritte nur mit aus-
drücklicher Genehmigung möglich.

Zu diesem Zweck hat das jeweilige Forschungsinstitut
einen spezifischen Antrag beim BMAzu stellen. Ich habe






(C)



(D)



(A)



(B)


das schon zu Beginn meiner Antwort auf Ihre Frage er-
läutert. Das Genehmigungsverfahren erfolgt auf der
Grundlage des § 75 des X. Sozialgesetzbuches. In den
letzten Jahren wurde den Anträgen regelmäßig stattgege-
ben.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414812700
Eine zweite
Zusatzfrage des Kollegen Niebel.


Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1414812800
Herr Staatssekretär, vielen Dank
für die Antwort.

Stimmen Sie mir darin zu, dass es bei 43,4 Milliar-
den DM, die dieses Jahr für die aktive Arbeitsmarktpoli-
tik ausgegeben werden – trotz sinkender Arbeitslosenzah-
len sind es 1 Milliarde DM mehr als im letzen Jahr –, Sinn
macht, die Effizienz der arbeitsmarktpolitischen Instru-
mente zu überprüfen?

G
Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1414812900
Ich kann zunächst be-
stätigen, dass in diesem Jahr 1 Milliarde DM mehr für die
aktive Arbeitsmarktpolitik ausgegeben wird. Das ist ein
besonderes Verdienst dieser Bundesregierung.


(Hans-Michael Goldmann [F.D.P.]: Das ist eine Notwendigkeit!)


–Wenn er das so sagt, kann ich ihn nur bestätigen. Gleich-
zeitig will ich herausstellen, was die Bundesregierung
Gutes tut. Das habe ich hiermit getan.

Zum zweiten Teil Ihrer Frage: Ich bin selbstverständ-
lich Ihrer Meinung, dass die Evaluation, also die Über-
prüfung dieser Maßnahmen, zeitnah und unmittelbar zu
erfolgen hat. Deswegen will ich Ihnen sagen – das wissen
Sie auch –, dass bei allen Programmen, die die neue Bun-
desregierung aufgelegt hat – ob es sich um das Jugendso-
fortprogramm oder um Programme zur Förderung der In-
tegration von Sozialhilfeempfängern in Arbeit handelt,
sehr penibel darauf geachtet wird, dass eine Evaluation
stattfindet.

Ich will Sie im Übrigen darauf hinweisen, dass die alte
Bundesregierung dies über Jahre hinweg versäumt hat.
Das war ein Fehler. Wir lassen über die Bundesanstalt so-
gar Sonderprogramme evaluieren, die die alte Bundes-
regierung aufgelegt hat, weil bisher keine Evaluation
stattgefunden hat. Ich stimme Ihnen ausdrücklich zu, dass
man sehr genau schauen muss: Welche Mittel werden ein-
gesetzt? Wie ist die Wirkungsweise dieser Mittel? Es
macht keinen Sinn, für Maßnahmen Geld auszugeben, die
keinen Erfolg erzielen. Insofern kann ich Ihnen in diesem
Zusammenhang völlig zustimmen.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414813000
Ich danke
Ihnen, Herr Staatssekretär.

Wir kommen jetzt zu den Fragen aus dem Geschäfts-
bereich des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und
Wohnungswesen. Zur Beantwortung steht die Frau Staats-
sekretärin Angelika Mertens zur Verfügung.

Die Fragen 12 und 13 des Kollegen Wolfgang
Weiermann werden schriftlich beantwortet.

Ich rufe die Frage 14 des Kollegen Ernst Hinsken auf:
Was hat der Bundesminister für Verkehr, Bau- und Woh-

nungswesen, Kurt Bodewig, aufgrund meiner brieflichen Anfrage
vom 12. Dezember 2000 bislang an Einwirkung auf die Deutsche
Bahn AG unternommen, damit der IR 25 nicht aus dem Verkehr
gezogen wird, für dessen weiteren Einsatz die Bayerische Staats-
regierung sogar bereit ist, das Defizit zu tragen?

Bitte, Frau Staatssekretärin.

A
Angelika Mertens (SPD):
Rede ID: ID1414813100
Herr
Kollege Hinsken, die Gestaltung des Schienenfernver-
kehrsangebotes der Deutschen Bahn AG gehört seit der
Bahnreform zum eigenverantwortlichen unternehmeri-
schen Bereich der im Verkehrsmarkt tätigen Aktiengesell-
schaft. Die DB AG richtet zum Fahrplanwechsel im
Juni 2001 ihren Personenfernverkehr neu aus. Ab diesem
Zeitpunkt entfallen dann eine Reihe von schwach ausge-
lasteten Zügen, um die Wirtschaftlichkeit dieses Bereichs
langfristig zu sichern. Auf Vorstandsebene führt die
DB AG derzeit mit den Bundesländern Gespräche über
ein nachfragegerechtes Ersatzangebot für künftig entfal-
lende Züge.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414813200
Eine Zu-
satzfrage des Kollegen Hinsken.


Ernst Hinsken (CSU):
Rede ID: ID1414813300
Frau Staatssekretärin,
pflichten Sie mir bei, wenn ich feststelle, dass ich mich als
Parlamentarier total frustriert sehe, wenn ich auf einen
Brief vom 12. Dezember des letzten Jahres erst acht Wo-
chen später eine lapidare Antwort bekomme? Muss es
nicht als ungehörig bezeichnet werden, wie man seitens
Ihres Ministeriums mit uns umgeht?


(Werner Siemann [CDU/CSU]: Ein klares Ja!)


A
Angelika Mertens (SPD):
Rede ID: ID1414813400
Herr
Hinsken, ich glaube, ganz oft wird vergessen – Sie sind ja
schon etwas länger dabei –, dass wir im Jahre 1994 eine
Bahnreform gemacht haben. Man kann nicht eine Bahn-
reform machen und dann alles vergessen, was bei dieser
Reform vereinbart wurde. Die Bahnreform hatte drei
Hauptziele: mehr Verkehr auf die Schiene, Schaffung ei-
nes eigenverantwortlichen Bereichs für den Personenver-
kehr und Entlastung des Bundeshaushalts. Ich denke, dass
wir uns diesen Gegebenheiten beugen müssen.

Sie können von uns nicht erwarten, dass wir jede Ver-
kehrsverbindung kommentieren. Sie können sicher sein,
dass es regelmäßig informelle Gespräche gibt; aber darü-
ber hinaus ist diese Bahnreform für uns als Parlament eine
gute Grundlage dafür, dass die Bahn eigenwirtschaftlich
handeln kann. Die Frage, die Sie ansprechen, gehört zum
operativen Bereich und fällt nicht in die Verant-
wortlichkeit der Bundesregierung. Das innerhalb der
Bundesregierung betroffene Ministerium – der Einzelplan
weist das entsprechend aus – ist für die Infrastruktur zu-
ständig. Das müssen wir so hinnehmen. Es wäre gut,
wenn wir das ein bisschen verinnerlichen würden.




Parl. Staatssekretär Gerd Andres
14476


(C)



(D)



(A)



(B)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414813500
Eine zweite
Zusatzfrage.


Ernst Hinsken (CSU):
Rede ID: ID1414813600
Frau Staatssekretärin,
ich gehe davon aus, dass Sie meine Frage genau gelesen
haben. Sie hat sich nämlich auf einen Punkt bezogen, zu
dem ich keine Antwort bekommen habe. Ich brauche nicht
darüber belehrt zu werden, was Inhalt der Bahnreform ist,
der ich damals zugestimmt habe. Ich habe mich be-
schwert, weil ich es einfach nicht einsehe, dass Parla-
mentarier acht Wochen lang hingehalten werden, ohne
dass eine Antwort erfolgt.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Seien Sie doch so freundlich und stellen Sie einmal eine Frage!)


Ein Zweites: Wie bewerten Sie, dass der bayerische
Wirtschaftsminister Dr. Otto Wiesheu bereit ist, das Defi-
zit für die angesprochene Linie zu tragen, und die Bahn
trotzdem keine Bereitschaft erklärt, den IR 25 am Leben
zu erhalten?

A
Angelika Mertens (SPD):
Rede ID: ID1414813700
Viel-
leicht mag es mit dem Ministerwechsel, den es gegeben
hat, zusammenhängen, dass die Antwort acht Wochen ge-
dauert hat. Ansonsten gebe ich Ihnen darin Recht, dass
acht Wochen zu lange sind.

Zum zweiten Punkt: Sie wissen, dass wir uns immer
darüber freuen, wenn die Bayerische Staatsregierung aus
ihren Regionalisierungsmitteln Züge bestellt. Ich gehe da-
von aus – das ist zumindest meine Information –, dass die
DB AG und die Bayerische Staatsregierung in Verhand-
lungen sind und wir irgendwann ein Ergebnis sehen wer-
den. Es verbietet sich für uns als Bund, in diese Verhand-
lungen einzutreten.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414813800
Eine Zu-
satzfrage, Herr Girisch.


Georg Girisch (CSU):
Rede ID: ID1414813900
Frau Staatssekretärin,
das Unternehmen Deutsche Bundesbahn ist zwar eine Ak-
tiengesellschaft, aber da der Bund ja zu 100 Prozent Ei-
gentümer ist, hat die Bundesregierung eine gewisse Auf-
sichtspflicht. Was die Streckenstilllegung beim Interregio
25 betrifft, so muss man anmerken, dass der Fernverkehr
immer noch ein grundgesetzlicher Auftrag des Bundes ist.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Art. 87 e des Grundgesetzes!)


Der Bund kann sich daher aus dem Fernverkehr nicht so
schnell zurückziehen.

Teilen Sie die Auffassung der bayerischen SPD-Abge-
ordneten, dass die Strecke des Interregio 25 nicht stillge-
legt werden darf?

A
Angelika Mertens (SPD):
Rede ID: ID1414814000
Ich
möchte zunächst zwei Korrekturen anbringen: Zum einen

reden Sie von der „Deutschen Bundesbahn“. Sie heißt
jetzt Deutsche Bahn AG.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Und ist eine Aktiengesellschaft! – Zuruf von der CDU/CSU: Besserwisserin!)


Zum Zweiten habe ich die nochmalige Bitte an Sie, zu
verinnerlichen, dass wir eine Bahnreform gemacht haben.
Der Bund tritt für die Infrastruktur ein, damit die DBAG
ein ordentliches Fernverkehrsnetz aufrechterhalten kann.
Nur auf diese Weise macht das Vorgehen Sinn. Es macht
keinen Sinn, einzelne Strecken herauszugreifen und dafür
zu bezahlen. Auch das war Inhalt der Bahnreform und an
die Ergebnisse dieser Reform sollten wir uns auch halten.

Was den dritten Teil Ihrer Frage angeht: Ich freue mich
über jede Verbindung bei der DBAG, die zustande kommt
und die auch einigermaßen ausgelastet ist.


(Werner Siemann [CDU/CSU]: Auch wir freuen uns darüber!)


Ich denke aber, wir müssen genau darauf achten, wie stark
das Verkehrsaufkommen auf den einzelnen Strecken ist, in
welchen Relationen der Betrieb durchgeführt wird und wie
lang die befahrenen Strecken sind. Die Länder bekommen
für den Nahverkehr Regionalisierungsmittel. Es ist weder
ökonomisch noch ökologisch, warme Luft zu transportie-
ren; für den Betrieb einer Strecke muss eine entsprechende
Anzahl an Kunden vorhanden sein. Ich gehe davon aus,
dass die DBAG so schlau ist, dann Angebote vorzuhalten,
wenn eine entsprechende Nachfrage besteht.


(Georg Girisch [CDU/CSU]: Das heißt im Klartext: Die SPD-Abgeordneten in Bayern befördern heiße Luft?)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414814100
Ich danke
Ihnen, Frau Staatssekretärin.

Zur Beantwortung der restlichen Fragen aus dem Ge-
schäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr, Bau-
und Wohnungswesen steht der Parlamentarische Staatsse-
kretär Achim Großmann zur Verfügung.

Ich rufe die Frage 15 der Kollegin Ina Lenke auf:
Plant die Bundesregierung eine Änderung des bestehendenSystems der staatlichen Eigenheimzulage im Sinne einer Senkungder Eigenheimzulage für Neubauten im ländlichen Raum beigleichzeitig höherer Förderung von Ballungsgebieten und Altbau-ten, und wenn ja, welche Auswirkungen haben diese Änderungen?

A
Achim Großmann (SPD):
Rede ID: ID1414814200
Vielen
Dank, Herr Präsident. – Frau Kollegin Lenke, wegen des
Sachzusammenhanges möchte ich Ihre Fragen 15 und 16
zusammen beantworten.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414814300
Ich rufe die
Frage 16 der Kollegin Lenke auf:

Wie bewertet die Bundesregierung den Umstand, dass eineReduzierung der Eigenheimzulage im ländlichen Raum für jungeFamilien, die sich städtisches Bauland nicht leisten können, zurFolge hat, dass durch die niedrigere staatliche Förderung für Neu-bauten im ländlichen Raum für viele Familien – nicht nur in Bal-lungsgebieten, sondern dann auch im ländlichen Raum – der Bauder eigenen vier Wände unfinanzierbar wird?






(C)



(D)



(A)



(B)


A
Achim Großmann (SPD):
Rede ID: ID1414814400
Eine
bundesweite Änderung der Eigenheimzulage ist nicht be-
absichtigt, sodass sich dementsprechend auch keine
Auswirkungen auf die Wohneigentumsbildung im länd-
lichen Raum ergeben werden.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414814500
Eine Zu-
satzfrage.


Ina Lenke (FDP):
Rede ID: ID1414814600
Wie können Sie sich erklären, dass
die wohnungsbaupolitische Sprecherin der Grünen in ei-
nem Interview und in Meldungen an die Presse sagt, dass
die Bundesregierung darüber nachdenkt? Sagen Sie mir,
dass die wohnungsbaupolitische Sprecherin der Grünen
möglicherweise die Unwahrheit sagt?

A
Achim Großmann (SPD):
Rede ID: ID1414814700
Ich würde
in diesem Fall empfehlen, die wohnungsbaupolitische Spre-
cherin von Bündnis 90/Die Grünen selbst zu fragen. Sie
kann Ihnen sicherlich eine kompetentere Antwort auf die
Frage geben als ich. Ich kann Ihnen nur sagen, was die
Bundesregierung plant oder nicht plant. Danach haben Sie
gefragt und diese Frage habe ich beantwortet.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414814800
Eine zweite
Zusatzfrage.


Ina Lenke (FDP):
Rede ID: ID1414814900
Ihre Antwort sagt mir, dass Sie
nicht wollen, dass die Eigenheimzulage für Familien im
ländlichen Raum geringer ausfällt als für solche in der
Stadt. Das heißt, diese Bundesregierung wird in dieser Le-
gislaturperiode die Eigenheimzulage nicht regional ge-
wichten. Ist das richtig?

A
Achim Großmann (SPD):
Rede ID: ID1414815000
Sie prä-
zisieren die Frage, die Sie anfangs gestellt haben. Ände-
rungen bei der Neubauzulage im gesamten Bundesgebiet
sind nicht geplant.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414815100
Eine Zu-
satzfrage des Kollegen Goldmann.


Hans-Michael Goldmann (FDP):
Rede ID: ID1414815200
Herr Staatssekre-
tär, Sie haben von bundeseinheitlicher Regelung gespro-
chen und eben noch einmal eine Formulierung benutzt,
die sich auf das gesamte Bundesgebiet bezog.

Ist der Umkehrschluss richtig, dass Sie eventuell re-
gionale Regelungen wollen, die zu einer Verlagerung der
Eigenheimzulage führen? Ganz konkret gefragt: Werden
Sie den Vorstellungen der Lehmann-Grube-Kommission
folgen, die den Vorschlag gemacht hat, die Eigenheimzu-
lage in den neuen Ländern zu verändern: weg vom Ei-
genheim im Grünen Richtung Innenstadt? Werden Sie
diesen Gedanken weiter verfolgen?

A
Achim Großmann (SPD):
Rede ID: ID1414815300
Der Vor-
schlag der Lehmann-Grube-Kommission, Herr Abgeord-
neter Goldmann, betraf eine Senkung der Neubauzulage.
Diese habe ich für die Bundesregierung gerade ausge-
schlossen.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414815400
Haben Sie
weitere Zusatzfragen? – Keine. Herr Staatssekretär, ich
danke Ihnen. Wir kommen zum Geschäftsbereich des
Auswärtigen Amtes. Zur Beantwortung der Fragen steht
der Staatsminister Dr. Ludger Volmer zur Verfügung.

Die Fragen 17 und 18 der Kollegin Monika
Brudlewsky, die Frage 19 des Kollegen Niebel und die Fra-
gen 20 und 21 des Kollegen van Essen werden schriftlich
beantwortet.

Ich rufe die Frage 22 der Kollegin Sylvia Bonitz auf:
Was wusste der Bundesminister des Auswärtigen, Joseph

Fischer, zu der Zeit, als er in seiner Frankfurter Wohngemein-
schaft mit Daniel Cohn-Bendit nach eigener Aussage gemeinsam
mit der Ex-Terroristin Margrit Schiller 1973 frühstückte, über ihre
Person und ihre Motive, und wie lange hat der Kontakt zu Margrit
Schiller bestanden?

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1414815500
Die Frage beantworte ich wie folgt: Das Auswärtige
Amt hat in einer Presseerklärung vom 23. Januar 2001
hierzu Stellung genommen. Die Bundesregierung hat dem
nichts hinzuzufügen.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414815600
Eine Zu-
satzfrage.


Sylvia Bonitz (CDU):
Rede ID: ID1414815700
Derweil die Stellung-
nahme des Auswärtigen Amtes ausgesprochen dünn war
und es hier um den Komplex geht, wieweit der Kontakt
des jetzigen Bundesaußenministers Joschka Fischer zur
früheren Terroristin Margrit Schiller doch etwas intensi-
ver war als bislang bekannt, stelle ich folgende Frage: Ist
es nicht vielmehr zutreffend, dass in den Gesprächen mit
Margrit Schiller konkret über die logistische Unterstüt-
zung der RAF durch den Revolutionären Kampf gespro-
chen wurde – ich verweise auf den „Focus“-Bericht vom
5. Februar 2001 – und dass der heutige Bundesaußenmi-
nister von den terroristischen Aktivitäten von Frau
Schiller damals somit Kenntnis gehabt haben muss, zumal
Schiller seinerzeit gerade erst aus ihrer zweijährigen Haft
entlassen worden war? Sie war zuvor wegen Mitglied-
schaft in einer kriminellen Vereinigung zu einer Haftstrafe
von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt worden, war
kaum aus dem Gefängnis entlassen, kam dann auf der Su-
che nach einem Unterschlupf und nach neuen Unterstüt-
zern für die RAF im Frühjahr 1973 nach Frankfurt, ist
dann im Haus Bornheimer Landstraße 64, in dem die heu-
tigen Politiker Fischer und Cohn-Bendit wohnten, gelan-
det und hat dort offensichtlich ganz gezielt Kontakt ge-
sucht. Im „Focus“ heißt es dazu:


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Verteilen Sie doch lieber den „Focus“! Das macht die Sache einfacher! – Sylvia Voß [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hier ist Fragestunde, keine Märchenstunde!)





(C)


(D)


(A)


(B)

Sie wollte wissen, ob der „Revolutionäre Kampf“
mit der RAF kooperieren will.

Vor diesem Hintergrund frage ich, welcher Kontakt
zwischen Herrn Fischer und Frau Schiller bestanden hat.

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1414815800
Frau Bonitz, wenn es Ihnen wirklich um Erkenntnis
ginge, hätten Sie auch den nächsten Satz aus dem „Fo-
cus“-Artikel zitiert. Dort heißt es nämlich, dass Fischer
solche Ansinnen rundheraus abgelehnt hat.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: So viel zu den Märchen!)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414815900
Eine weitere
Zusatzfrage.


Sylvia Bonitz (CDU):
Rede ID: ID1414816000
Das beantwortet nicht die
Frage nach der Art und Dauer des Kontaktes. Ich stelle
eine weitere Zusatzfrage. Der Herr Außenminister will
zurzeit offensichtlich nicht zugeben, dass er in dem Pro-
zess vor dem Frankfurter Landgericht am 16. Januar die-
ses Jahres eine Falschaussage getätigt haben könnte.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Das ist aber eine dicke Unterstellung! Nur in diesem Hause dürfen Sie das! Sie wissen doch, dass Sie das draußen nicht sagen dürfen!)


Warum wird dann im Auswärtigen Amt eine Expertise in
Auftrag gegeben, die sich mit genau diesem Falle einer
möglichen Strafbarkeit wegen einer Falschaussage be-
schäftigt?

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1414816100
Indem Sie die Worte benutzen, Außenminister
Fischer wolle etwas nicht zugeben, insinuieren Sie eine
Straftat. Das weise ich auf das Schärfste zurück.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Sehr richtig!)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414816200
Ich rufe die
Frage 23 der Kollegin Bonitz auf:

Wird vom Bundesminister des Auswärtigen, Joseph Fischer,
der sowohl in der Fragestunde des Deutschen Bundestages am
17. Januar 2001 als auch im Prozess gegen den Ex-Terroristen
Hans-Joachim Klein vor dem Frankfurter Landgericht am 16. Ja-
nuar 2001 ausgesagt hat, dass er sich 1977 von der Gewalt abge-
wandt habe, ausgeschlossen, nach 1977 Gewalttaten begangen zu
haben oder Gewalt – sei es durch Worte, sei es durch aktives Tun
oder Unterlassen – nach diesem Zeitpunkt noch gutgeheißen zu
haben?

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1414816300
Die Frage beantworte ich wie folgt: Bundesminister
Fischer hat in der Fragestunde vom 17. Januar 2001
hierzu umfassend Stellung genommen. Dem hat die Bun-
desregierung nichts hinzuzufügen.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414816400
Eine Zu-
satzfrage.


Sylvia Bonitz (CDU):
Rede ID: ID1414816500
Ich frage noch einmal
ganz konkret danach, inwieweit nach 1977 weitere Aus-
sagen von Herrn Fischer getätigt sein könnten, die nicht
zu seiner Aussage passen, dass er sich nach diesem Zeit-
punkt konsequent von der Gewalt gelöst habe. Ich stelle
diese Frage vor dem Hintergrund folgender Zitate bzw.
Handlungen von Herrn Fischer: Er hat in einem in der
Zeitschrift „Kursbuch“ 1979 veröffentlichen Gespräch
– es ging um das so genannte Darmwickeln: Die Vietcong
hatten damals einem Dorfoberen den Bauch aufgeschlitzt,
die Därme herausgerissen und da hängen lassen – Fol-
gendes gesagt:

Da gab es einen ... Streit über das Prinzip des revo-
lutionären Terrors mit einer humanistischen Frak-
tion, ... während die andere, mehr politische Seite, zu
der ich gehörte, gesagt hat, ja, das ist zwar un-
menschlich, aber wenn’s der Sache dient, dann muss
das wohl sein.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Unerhört!)

Ein weiteres Zitat stammt aus einem Telefonat mit dem

Buchautor Christian Schmidt: Fischer soll 1983 in einer
Bonner Kneipe einem Fotografen ein Glas Bier ins Ge-
sicht geschüttet haben. Dabei reagierte er allein darauf,
dass dieser versucht hatte, ihn zu fotografieren, wie er sich
eine Zigarre anzündete. Daneben hat Fischer 1983 – zu
der Zeit war er bereits Mitglied im Bundestag – Folgen-
des gesagt – ich zitiere aus der „Wirtschaftswoche“ – –


(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Frau Bonitz, das reicht!)


– Nein, es reicht noch nicht; ich habe noch einiges. – In
der „Wirtschaftswoche“ vom 18. Januar 2001 heißt es,
Fischer habe noch 1983 erklärt:

Ich werde weiterhin Rechtsbrüche in Kauf nehmen,
um menschliche Verhältnisse zu schaffen.

Des Weiteren hat er 1983, wie wir jetzt von mehreren
Fraktionsmitarbeitern wissen – –


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414816600
Frau Kolle-
gin Bonitz, Sie sollten uns alle jetzt nicht mit zu vielen Zi-
taten überstrapazieren. Der Gesamtzusammenhang ist
deutlich geworden. Nach der Geschäftsordnung muss ich
auf kurze Fragen drängen. Außerdem haben Sie gleich
noch eine weitere Zusatzfrage.


Sylvia Bonitz (CDU):
Rede ID: ID1414816700
Dann möchte ich nur
noch ein letztes Zitat, das die Bundesregierung trotz zwei-
facher Nachfrage bisher nicht dementiert hat, von 1998
vortragen. Herr Fischer sagte 1998:

Ich war nie gewaltfrei. Ich bin es heute noch nicht in
meinen Überzeugungen.

(Wolfgang Gehrcke [PDS]: Das stimmt aller dings!)


D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1414816800
Die Bundesregierung kann nicht zu jeder Kolpor-
tage Stellung nehmen. Die Gesinnung und die politische




Sylvia Bonitz

14479


(C)



(D)



(A)



(B)


Überzeugung des Herrn Bundesaußenministers sind, was
die Gewaltfrage angeht, völlig eindeutig und bedürfen
keiner weiteren Kommentierung.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Auch wahr!– Hans-Michael Goldmann [F.D.P.]: Das ist völlig eindeutig! – Wolfgang Gehrcke [PDS]: Das ist auch wahr!)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414816900
Eine zweite
Zusatzfrage.


Sylvia Bonitz (CDU):
Rede ID: ID1414817000
Herr Staatsminister, Sie
haben gesagt, Fischer Haltung sei völlig eindeutig. Zwi-
schen den von mir vorher genannten Zitaten und den Aus-
sagen von Herrn Fischers sowohl im Prozess als auch vor
dem Deutschen Bundestag in der Fragestunde am 17. Ja-
nuar, dass er sich seit 1977 von der Gewalt konsequent
losgesagt habe, besteht ein Widerspruch. Darf ich die
Schlussfolgerung ziehen, dass Sie diesen Widerspruch of-
fensichtlich nicht erkennen?

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1414817100
Das dürfen Sie daraus nicht schließen


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414817200
Es gibt
keine weiteren Zusatzfragen. Ich danke Ihnen, Herr
Staatsminister.

Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums
des Innern auf. Zur Beantwortung der Fragen steht der
Parlamentarische Staatssekretär Fritz Rudolf Körper zur
Verfügung.

Ich rufe zunächst die Frage 24 des Kollegen Hartmut
Koschyk auf:

Welche Auswirkungen haben nach Ansicht der Bundesregie-
rung die noch nicht veröffentlichten Entscheidungen des Bundes-
verwaltungsgerichtes vom 19. Oktober 2000 auf die Prüfung des
Bestätigungsmerkmales Sprache im Rahmen des Aufnahmever-
fahrens für Spätaussiedler und beabsichtigt die Bundesregierung
aufgrund der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes eine
Initiative zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes?

F
Fritz Rudolf Körper (SPD):
Rede ID: ID1414817300
Herr Kollege Koschyk, ich
beantworte Ihre Frage wie folgt: Mit der Zielsetzung, Ver-
waltungsgrundsätze im Lichte der angesprochenen Recht-
sprechung zu § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Bundesvertriebe-
nengesetz – Sie wissen, worum es geht – zu entwickeln,
traf sich am 5. Februar 2001 erstmals die unter Vorsitz des
Bundes mit Vertretern aus Hessen, Nordrhein-Westfalen
und Bayern gebildete Arbeitsgruppe. Eine klarstellende
Änderung des Bundesvertriebenengesetzes zur Fortset-
zung der bisherigen, bis jetzt höchstrichterlich bestätigten
Verwaltungspraxis ist, wie Sie wissen, vom Aussiedlerbe-
auftragten, Jochen Welt, bereits öffentlich gefordert wor-
den und wird von der Bundesregierung vorbereitet.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414817400
Eine Zu-
satzfrage.


Hartmut Koschyk (CSU):
Rede ID: ID1414817500
In welche Richtung
soll die von der Bundesregierung vorbereitete Gesetzes-
änderung gehen?

F
Fritz Rudolf Körper (SPD):
Rede ID: ID1414817600
Herr Kollege Koschyk, die beab-
sichtigte Gesetzesänderung geht wohl in die Richtung,
das bisherige Verfahren weitgehend einer gesetzlichen
Grundlage zu unterziehen.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414817700
Eine zweite
Zusatzfrage.


Hartmut Koschyk (CSU):
Rede ID: ID1414817800
Herr Staatssekretär,
in einer der tragenden Säulen des Urteils des Bundesver-
waltungsgerichts heißt es – ich darf daraus zitieren –, dass
es ausreichend ist, wenn das Kind die deutsche Sprache
und die Landessprache im Elternhaus erlernt und gespro-
chen hat, also mehrsprachig aufgewachsen ist. Das heißt,
dass das Bundesverwaltungsgericht dem Kriterium der
Sprache nicht mehr die zentrale Bedeutung beimisst, wie
dies zum Beispiel durch die bisherige Anerkennungspra-
xis der Bundesregierung, durch das Verfahren des Bun-
desverwaltungsamtes und der Länder geschehen ist. Plant
die Bundesregierung, diesem Urteil Rechnung zu tragen,
oder will sie die Anerkennungstatbestände verschärfen?

F
Fritz Rudolf Körper (SPD):
Rede ID: ID1414817900
Die Bundesregierung hat diese
Arbeitsgruppe eingesetzt, an der – das ist gar nicht un-
wichtig – insbesondere die betroffenen Länder Hessen,
Nordrhein-Westfalen und Bayern beteiligt sind, die für
den Vollzug in der Praxis verantwortlich sind. Es geht vor
allem um die Frage, wie dieses Urteil umzusetzen ist.
Wenn wir das alles schon wüssten, dann hätten wir diese
Arbeitsgruppe nicht einzusetzen brauchen. Ich spreche an
Sie, der sich in der Materie gut auskennt, die Einladung
aus, dort mitzuarbeiten. Diese Arbeitsgruppe soll die Vo-
raussetzungen dafür schaffen, gegebenenfalls – ich habe
darauf hingewiesen – auf gesetzlicher Grundlage reagie-
ren zu können.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414818000
Die
Fragen 25 und 26 des Kollegen Erwin Marschewski wer-
den schriftlich beantwortet. Herr Parlamentarischer
Staatssekretär, damit können Sie sich wieder Ihren übri-
gen Tätigkeiten zuwenden.

Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums
der Finanzen auf. Zur Beantwortung der Fragen steht die
Parlamentarische Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks
zur Verfügung.

Die Fragen 27 und 28 des Kollegen Martin Hohmann
werden schriftlich beantwortet.

Ich rufe die Frage 29 des Kollegen Hans Michelbach
auf:

Wie beurteilt die Bundesregierung die Ergebnisse des Gutach-
tens von dem Verfassungsrechtler Stefan Korioth – vergleiche „Die
Welt“ vom 31. Januar 2001 – zur Beteiligung der Bundesländer an
den UMTS-Lizenz-Einnahmen und wird die Bundesregierung die




Staatsminister Dr. Ludger Volmer
14480


(C)



(D)



(A)



(B)


Bundesländer nun doch anteilig an den genannten Einnahmen be-teiligen, um einer verfassungsgerichtlichen Auseinandersetzungvorzubeugen?

D
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1414818100
Lieber Kollege Michelbach,
ich weiß nicht, was das Haus tun sollte, wenn wir Ihre
wöchentlichen Fragen nicht zu beantworten hätten.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sehen Sie!)

Der baden-württembergische Finanzminister Stratthaus

hat mit Schreiben vom 30. Januar 2001 auch im Namen der
Länder Bayern und Hessen den Bund aufgefordert, bis
zum 14. Februar 2001 ihrer Forderung nach hälftiger Be-
teiligung an den UMTS-Erlösen nachzukommen. Derzeit
wird das Gutachten im BMF geprüft. Die Prüfung ist noch
nicht abgeschlossen. Bisher sieht das BMF keine Veran-
lassung, von seiner bestehenden Haltung abzuweichen.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414818200
Eine Zu-
satzfrage? – Bitte.


Hans Michelbach (CSU):
Rede ID: ID1414818300
Frau Staatssekretä-
rin, ich bedanke mich, dass Sie meinen Fleiß loben. – Ich
darf die ergänzende Zusatzfrage stellen: Ist hier nicht Eile
angesichts der Situation geboten, dass bis zum 19. Fe-
bruar dieses Jahres eine Normenkontrollklage erhoben
werden muss, um angesichts des vorliegenden Gutachtens
zu einer Lösung zu kommen?

Außerdem möchte ich Sie fragen: Ist es nicht einfach
notwendig, zu grundsätzlich gleichen Teilen Länder und
Kommunen zu beteiligen?

D
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1414818400
Herr Kollege, das Betreiben
von Übertragungswegen für Mobilfunkdienstleistungen
ist an eine staatliche Erlaubnis in Form einer Lizenz ge-
knüpft. Die Lizenzvergabe ist Teil der Regulierung der Te-
lekommunikation und der Frequenzordnung und wird als
hoheitliche Aufgabe des Bundes durch die Regulierungs-
behörde in bundeseigener Verwaltung durchgeführt. Die
Lizenzerteilung erfolgt gemäß § 16 Abs. 1 Telekommuni-
kationsgesetz gegen Gebühr. Im Falle einer Beschränkung
der Anzahl der Lizenzen, wie bei den UMTS-Lizenzen
gegeben, kann die Vergabe in einem Versteigerungsver-
fahren erfolgen. Gebühren nach § 16 Abs. 1 Telekommu-
nikationsgesetz werden nur insoweit erhoben, als die
Kosten den Versteigerungserlös übersteigen. Die Erlöse
stehen der staatlichen Ebene zu, die die Verwaltungskom-
petenz für die Regulierung der Telekommunikations-
dienstleistungen besitzt. Die Verwaltungskompetenz für
diesen Aufgabenbereich besitzt gemäß Art. 87 f Abs. 2
Satz 2 des Grundgesetzes der Bund.

Auch aus der Deckungsquotenrechnung ergibt sich
kein gesonderter Anspruch der Länder. Bei den Einnah-
men aus der UMTS-Versteigerung handelt es sich unter
anderem aufgrund ihres singulären Charakters nicht um
laufende Einnahmen im Sinne des Art. 106 Abs. 3 Grund-
gesetz. Die Umsatzsteuerverteilung dient außerdem nicht
einer jährlichen kurzfristigen Spitzabrechnung, sondern
korrigiert dauerhaft unterschiedliche Finanzentwicklun-

gen zwischen Bund und Ländern. Seit 1995 besteht eine
dauerhafte Schieflage zulasten des Bundes, die die Län-
der allerdings nie zum Anlass genommen haben, eine Um-
satzsteuerneuverteilung zugunsten des Bundes in Erwä-
gung zu ziehen.

Auch wenn das von den drei genannten Ländern in
Auftrag gegebene Gutachten zu anderen Ergebnissen
kommt – ich sagte Ihnen, dass wir noch nicht die Gele-
genheit hatten, das Gutachten abschließend zu prüfen –,
ist aus Sicht des Bundes keinerlei Eile geboten; denn so-
fern diese drei Länder klagen wollen, sind sie an diese
Frist gebunden, wir allerdings nicht. Wir würden einer
Klage mit Gelassenheit entgegensehen.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414818500
Eine zweite
Zusatzfrage.


Hans Michelbach (CSU):
Rede ID: ID1414818600
Frau Staatssekretä-
rin, sehen Sie es nicht doch, im Sinne der Herbeiführung
eines Konsenses beim Länderfinanzausgleich – daran
muss ja dem Bund besonders gelegen sein –, für notwen-
dig an, dass die Länder und Kommunen für die Steuer-
ausfälle, die sie aufgrund der Vergabe der UMTS-Lizen-
zen zu verzeichnen haben werden, einen gewissen fairen
Ausgleich erhalten? Diese Steuerausfälle entstehen da-
durch, dass die Lizenznehmer die Kosten für die Lizenzen
als Betriebskosten abschreiben können. Sollte im Sinne
eines Interessenausgleiches nicht dafür gesorgt werden,
dass dieses insbesondere bei Ländern und Kommunen
nicht in dieser Weise negativ zu Buche schlägt?

D
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1414818700
In der Tat können die Er-
werber der UMTS-Lizenzen die Kosten, die für deren Er-
werb angefallen sind, über einen Zeitraum von 20 Jahren
zu gleichen Teilen abschreiben. Die in Ihrer Frage enthal-
tene Unterstellung, dass dies dauerhaft zu Mindereinnah-
men führen würde, muss ich zurückweisen. Sie legen hier
eine sehr statische Betrachtungsweise an den Tag. Damit
dauerhafte Einnahmeausfälle des Staates entstehen,
müsste ja eine dauerhafte Minderung der Gewinne eintre-
ten, was ja die Ersteigerung von UMTS-Lizenzen völlig
sinnlos machen würde. Die Unternehmen haben die
UMTS-Lizenzen natürlich nur deswegen erworben, weil
sie hierdurch mittel- und langfristig eine Steigerung ihrer
Gewinne erwarten. Sonst hätten sie aus ökonomischer
Sicht nicht sinnvoll gehandelt. Insofern kann ich diese sta-
tische Betrachtungsweise nicht akzeptieren.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414818800
Ich rufe die
Frage 30 des Kollegen Michelbach auf:

Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus dem Urteil desBundesfinanzhofes, in dem die Begrenzung des Vorsteuerabzugsauf 50 v. H. für privat mitgenutzte Firmenwagen in Zweifel gezo-gen wurde, und wird die Bundesregierung vor einem Urteil desEuropäischen Gerichtshofes kurzfristig eine gesetzliche Regelungerwirken, die den vollen oder anteiligen Vorsteuerabzug zulässt?

D
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1414818900
Die von der Bundesre-
gierung in der Antwort auf die schriftliche Frage




Vizepräsident Dr. h. c. Rudolf Seiters

14481


(C)



(D)



(A)



(B)


Nummer 230 für den Monat August 2000 vertretene Auf-
fassung zur EU-rechtlichen Absicherung der Beschrän-
kung des Vorsteuerabzuges für gemischt genutzte Fahr-
zeuge bleibt unverändert bestehen. Die Bundesregierung
hält im Übrigen im Einvernehmen mit den obersten Fi-
nanzbehörden der Länder an den entsprechenden Vor-
schriften fest.

Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über
die in dem Vorlagebeschluss aufgeworfenen Fragen zur
Gültigkeit der rückwirkenden Ratsermächtigung für die
Bundesrepublik Deutschland zum Erlass des § 15 Abs. 1 b
Umsatzsteuergesetz bleibt abzuwarten.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414819000
Eine Zu-
satzfrage? – Bitte.


Hans Michelbach (CSU):
Rede ID: ID1414819100
Frau Staatssekretä-
rin, sehen Sie denn überhaupt noch eine Basis für den
Steuerzahler, Ihrer Steuerpolitik zu vertrauen, wenn ent-
sprechende Regelungen immer wieder durch höchste Ge-
richte, wie hier durch den Bundesfinanzhof, aufgehoben
werden? Haben Sie nicht die Begründung verinnerlicht,
dass mit der Pauschale, die auch bei geringer privater Nut-
zung einen 50-prozentigen Abzug vorsieht, die Verhält-
nismäßigkeit in Bezug auf den Steuerzahler weit über-
schritten ist? Vor allem bitte ich Sie, mir die Frage zu
beantworten, warum dies rückwirkend gelten soll, ob-
wohl der Europäische Rat dies erst rund ein Jahr, nachdem
Sie mit dem Steuerentlastungsgesetz eine entsprechende
Regelung getroffen haben, die am 1. April 1999 in Kraft
getreten ist, genehmigt hat.

D
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1414819200
Herr Kollege, meiner An-
sicht nach entsteht kein Vertrauensschaden dadurch, dass
höchste Gerichte zu Rechtsauslegungen kommen, die der
Gesetzgeber so zunächst nicht gesehen hat. Aufgrund der
Gewaltenteilung kann es durchaus sein, dass Gerichte zu
anderen Auffassungen gelangen als der Gesetzgeber. Wel-
che Wirkungen solche Gerichtsentscheidungen haben, ist
vom jeweiligen Einzelfall abhängig. Nicht jedes Urteil ist
unmittelbar geltendes Recht.

In diesem Fall hat der BFH einen Vorlagebeschluss ge-
genüber dem Europäischen Gerichtshof gemacht, in dem
er lediglich Zweifel – das ist also sehr vorsichtig formu-
liert – an der Vereinbarkeit der Ratsentscheidung mit dem
Gemeinschaftsrecht geäußert hat, weil dem deutschen
Gesetzgeber durch die Ratsentscheidung eine rückwir-
kende Genehmigung gegeben worden ist. Daran, wie ge-
sagt, bestehen Zweifel. Der BFH hat in diesem Zusam-
menhang überhaupt nicht von Unverhältnismäßigkeit
gesprochen, die Sie in Ihrer Frage thematisiert haben;
vielmehr geht es lediglich um den Zeitpunkt der Ratsent-
scheidung.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414819300
Eine weitere
Zusatzfrage.


Hans Michelbach (CSU):
Rede ID: ID1414819400
Frau Staatssekretä-
rin, widerspricht es nicht auch Ihrem Empfinden für eine
gerechte und einfache Steuerpolitik, wenn selbst bei einer

sehr geringen privaten PKW-Nutzung pauschal 50 Pro-
zent Vorsteuerabzug gestrichen werden, also eine sehr tief
greifende Pauschale erhoben wird, die 50 Prozent aus-
schließt? Führt dies letzten Endes nicht von vornherein zu
einem Unverständnis beim Steuerzahler und wird dadurch
das Gerechtigkeitsempfinden nicht mit Füßen getreten?

D
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1414819500
Herr Kollege Michelbach,
Sie unterstellen in Ihrer Frage, dass der Ausschluss der
50-prozentigen Abzugsfähigkeit in jedem Falle gilt. Dies
ist jedoch nicht der Fall; vielmehr haben wir festgelegt
– ich sage das einmal aus dem Kopf –, dass eine sehr ge-
ringe private Nutzung gleichwohl zu einer hundertpro-
zentigen Abzugsfähigkeit führen kann und umgekehrt.
Ich will einmal ein Beispiel für eine sehr geringe private
Nutzung anführen: Angenommen, ein Taxifahrer fährt mit
seinem ihm selbst gehörenden Taxi von seiner Wohnung
zum Halteplatz, von wo aus er zum ersten Mal Taxifahr-
ten unternimmt. Er kann auch in Zukunft 100 Prozent gel-
tend machen, obwohl er in geringfügigem Umfang eine
private Nutzung hatte, da er erst die Fahrt von der Woh-
nung zur Arbeitsstätte unternommen hat. Das, was Sie un-
terstellt haben, ist also nicht richtig.

Im Übrigen – das ist fast eine rechtsphilosophische
Frage – birgt jede Grenzziehung, jede Pauschalisierung
eine Ungerechtigkeit in sich. Auf andere Weise aber sind
Pauschalisierungen und Grenzziehungen nicht möglich.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414819600
Ich danke
Ihnen, Frau Staatssekretärin.

Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums
der Verteidigung auf. Frau Parlamentarische Staatssekre-
tärin Brigitte Schulte wird die Fragen beantworten.

Zunächst rufe ich die Frage 31 des Kollegen Hartmut
Koschyk auf:

Plant der Bundesminister der Verteidigung, Rudolf Scharping,dass die drastische Reduzierung des Bundeswehrstandortes Bay-reuth um das II./LwAusbRgt 3 durch Verlegung an den Regi-mentssitz nach Roth oder durch Auflösung des Bataillons erfolgensoll, und warum sieht er nicht die Auflösung eines der ebenfallszum Luftwaffenregiment 3 gehörenden Luftwaffenausbildungs-bataillone in Germersheim, Rheinland-Pfalz, oder Mengen, Ba-den-Württemberg, vor?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1414819700
Herr Kollege Koschyk, auf-
grund der künftig geringeren Personalumfänge für die
Luftwaffe wird die Zahl der Wehrpflichtigen von derzeit
20 269 auf künftig 10 700 reduziert werden. Deshalb wird
auch die Luftwaffe einen geringeren Bedarf an Ausbil-
dungsplätzen im Rahmen der Grundausbildung haben.
Deshalb musste zumindest erst einmal eines der acht Luft-
waffenausbildungsbataillone aufgelöst werden.

Die Absicht, das zweite Luftwaffenausbildungsregi-
ment 3 in Bayreuth aufzulösen, wurde nach einem umfas-
senden Vergleich aller acht Grundausbildungsstandorte
der Luftwaffe entwickelt. Grundlage für die Auswahl war
natürlich der vom Bundesminister der Verteidigung,
Rudolf Scharping, vorgegebene Kriterienkatalog zur
Stationierung.




Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks
14482


(C)



(D)



(A)



(B)


Die Luftwaffe plant keine Verlegung des Bataillons
nach Roth. Vielmehr plant sie aufgrund der gesunkenen
Zahl der Wehrpflichtigen dessen Auflösung. Dies schließt
allerdings nicht aus, dass im Zusammenhang mit der
Personalsteuerungsmaßnahme einzelne Zeit- und Berufs-
soldaten später von Bayreuth nach Roth versetzt werden,
um dort ihren Dienst zu leisten.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414819800
Eine Zu-
satzfrage.


Hartmut Koschyk (CSU):
Rede ID: ID1414819900
Frau Staatssekretä-
rin, kann denn die vom Bundesverteidigungsministerium
vorgesehene Auflösung des Ausbildungsbataillons in
Bayreuth nicht auch damit zusammenhängen, dass der
Standort Roth, an dem das zuständige Regiment sitzt,
durch die Ausgliederung der Sanitätstruppe ein Sanitäts-
ausbildungsbataillon verliert und dass für das nicht mehr
in Roth stationierte Sanitätsausbildungsbataillon des
Regimentes das Bayreuther Bataillon, auch wenn es vor-
her aufgelöst werden sollte, in einer anderen organisatori-
schen Form in Roth wieder aufgebaut werden soll? Die
für diesen Wahlkreis zuständige Kollegin Wohlleben hat
daher davon gesprochen, dass es in Roth einen Zuwachs
durch das in Bayreuth aufzulösende Bataillon geben soll.

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1414820000
Sie haben mich nach dem
Luftwaffenausbildungsregiment gefragt. Ich kann Ihre
Frage gut verstehen, Herr Kollege Koschyk. Es gibt viele
betroffene Kolleginnen und Kollegen, in deren Wahlkrei-
sen Standorte reduziert oder aufgelöst werden sollen. Klar
ist aber – ich habe mir die aktuellen Zahlen herausge-
sucht –: Die Zahl von 20 269 zur Luftwaffe einberufenen
Wehrpflichtigen – nicht alle sind zur gleichen Zeit in der
Ausbildung; viele leisten natürlich schon in den Verbän-
den ihren Dienst – wird auf rund 10 000 halbiert. Diese
Zahl der Einberufungen bedingt natürlich, dass wir nicht
mehr so viele Ausbildungsplätze brauchen. Da Roth und
Bayreuth nur 80 Kilometer von einander entfernt sind,
gab es die Entscheidung, einen der Standorte zu schließen.

Ich habe erfahren, dass aus wirtschaftlicher und infra-
struktureller Sicht Roth eindeutige Vorteile hat und des-
wegen die Liegenschaft dort weiter genutzt wird. Das ist
für einen Bayreuther Kollegen sicherlich keine befriedi-
gende Antwort. Aber diese Antwort ist sachlich begründet
und Sachargumente sollten wir in der Diskussion beden-
ken.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414820100
Eine zweite
Zusatzfrage.


Hartmut Koschyk (CSU):
Rede ID: ID1414820200
Frau Staatssekretä-
rin, Sie haben mehrfach ausgeführt, dass die Luftwaffe im
Bereich der Ausbildung Konzentrationen vornehmen
will. Der Inspekteur der Luftwaffe hat in dem Tagesbefehl
nach Bekanntgabe der Feinsteuerung zur Stationierung
gesagt, dass dafür ein Bataillon – in diesem Fall das Bay-
reuther Ausbildungsbataillon – aufgelöst werden solle.

Warum ist man nicht der Überlegung näher getreten,
das 4. Bataillon des Luftwaffenausbildungsregimentes in
Holzdorf aufzulösen, das nach mir zugänglichen Informa-
tionen nach Wittstock zu dem in der Öffentlichkeit
umstrittenen Übungs- und Bombenabwurfplatz der Luft-
waffe verlegt werden soll? Ist das Bayreuther Bataillon
dafür nicht das Bauernopfer? Denn ein Luftwaffenübungs-
platz ohne ein eigenes Bataillon – um das zu verhindern,
verlegt man jetzt das Bataillon von Holzdorf nach Witt-
stock – würde ja die Argumentation zur Erhaltung dieses
umstrittenen Übungsplatzes Wittstock schwächen. Kann
das nicht ein Grund für diese Entscheidung gewesen sein?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1414820300
Herr Kollege, Sie wissen ganz
genau, dass das nicht stimmt. Wenn ich mich richtig erin-
nere, haben Sie sich in der Vergangenheit immer sehr für
Standorte im östlichen Teil Deutschlands engagiert. Sie
glauben doch nicht im Ernst, dass wir ohne besondere
Veranlassung einen ostdeutschen Standort für die Erhal-
tung von zwei bayerischen Standorten infrage stellen.
Dass in Zukunft die Wunstorfer Transportgeschwader in
Holzdorf stationiert sein werden, ist übrigens eine Ent-
scheidung der alten Regierung, die ich zwar bedauert
habe, aber nachvollziehen konnte.

Herr Koschyk, ich muss Ihnen sagen, dass Ihr Vor-
schlag, ein Ausbildungsregiment im Osten aufzulösen, ei-
nen faden Beigeschmack hat.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1414820400
Eine Zu-
satzfrage des Kollegen Friedrich.


Horst Friedrich (FDP):
Rede ID: ID1414820500
Frau Staatsse-
kretärin, die Besonderheit des Luftwaffenausbildungs-
regimentes 3 in Roth ist ja, dass es mit insgesamt vier Ba-
taillonen auf drei Bundesländer verstreut ist. Wenn es
denn schon Sinn macht, bei der Dislozierung eines Regi-
mentes ein Bataillon aufzulösen, dann sollte es
– davon bin ich immer ausgegangen – das Bataillon sein,
das am weitesten vom Regimentssitz entfernt ist, weil es
von der Führung und den sonstigen Bedingungen her am
schwierigsten zu steuern ist. Wie erklären Sie einem ver-
nünftig nachrechnenden Menschen, dass nun ausgerech-
net die beiden Standorte, die vom Regimentssitz in Roth
fast dreimal so weit wie Bayreuth entfernt sind, nämlich
Germersheim und Mengen, bestehen bleiben, während
der am nächsten am Regimentssitz Roth liegende Stand-
ort, nämlich Bayreuth, also der Standort, der vom Regi-
mentssitz aus am einfachsten zu steuern ist, aufgelöst
wird?


(Vo r s i t z:Vizepräsidentin Anke Fuchs)


B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1414820600
Offensichtlich ist Ihnen nicht
bewusst, was in den Bataillonen stattfindet.


(Zuruf von der SPD: Richtig! Genau!)

Es ist sehr bezeichnend, was die Kollegen zum Teil in der
Öffentlichkeit sagen.




Parl. Staatssekretärin Brigitte Schulte

14483


(C)



(D)



(A)



(B)


In diesen Ausbildungsbataillonen werden die jungen
Wehrpflichtigen in den ersten drei Monaten – so wird es
zumindest in Zukunft wieder sein; das ist eine unserer
Überlegungen – zusammengefügt. Das macht die Luft-
waffe in meinen Augen sehr gut. Es ist zugegebener-
maßen ein für einen Bayern verständliches Interesse, die
Standorte in der Fläche zu schließen und den Standort
Bayreuth zu belassen. Aber es ist selbstverständlich, dass
wir möglichst die Fläche abdecken. Insoweit halte ich die
Entscheidung zwar für bedauerlich für Bayreuth – das
will ich überhaupt nicht bestreiten; so empfinde ich bei
der Schließung jedes Standortes –, aber in der Sache für
korrekt. Ich glaube, dass wir sie mit gutem Gewissen ver-
antworten können.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1414820700
Herr Kollege von
Klaeden hat eine Frage.


Eckart von Klaeden (CDU):
Rede ID: ID1414820800
Frau Staatssekre-
tärin, mir liegt hier ein Brief der Kollegin Sylvia Voß, Mit-
glied von Bündnis 90/Die Grünen, vor, in dem sie sich wie
folgt zu dem Standort Wittstock äußert. Ich möchte zwei
Absätze aus dem Schreiben zitieren. Das erste Zitat ist der
zweite Absatz:

Ehrlicherweise müsste das Verteidigungsministe-
rium eine vierte Kategorie von Standorten angeben,
nämlich die „aufzubauenden Standorte“.

(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

In Wittstock jedenfalls müssen nach Angaben der
Bundeswehr erst 500 Mio. DM investiert werden,

(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

um ein Luftwaffenausbildungsbataillon von 1200 Sol-
daten (davon 200–300 Zeit- und Berufssoldaten) in
Wittstock funktionsfähig stationieren zu können.

(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Das ist ja in teressant! Hochinteressant!)

Als Zweites möchte ich den vorletzten Absatz dieses

Schreibens zitieren:
Die Landesregierung Brandenburg, der Landrat der
Region, diverse Gemeinden, bundesdeutsche Frie-
densinitiativen u. v. m. setzen sich für eine zivile
Nutzung des durch Besatzungsrecht (Sowjetunion)

geschaffenen Bombenabwurfplatzes ein. Sollte der
Flugbetrieb wieder aufgenommen werden, würde es
sich um eine erhebliche Beeinträchtigung einer der
schönsten Ferienregionen Deutschlands handeln.

Wenn solche Kritik aus der Koalition kommt, frage ich
mich, ob die Entscheidung für Wittstock und gegen Bay-
reuth tatsächlich sachgerecht sein kann.

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1414820900
Herr Kollege von Klaeden, es
wird mir ein besonderes Vergnügen bereiten, bei den Ant-
worten, die ich anschließend Herrn Gehrcke zu den Fra-
gen zur Nutzung des Standortes Wittstock gebe, darauf

hinzuweisen, wer die Entscheidungen sowohl hinsichtlich
der Nutzung dieses Bombenabwurfplatzes wie auch hin-
sichtlich dessen, dass dort stationiert werden soll – dass
der Standort also in der Zukunft nicht nur als Bombenab-
wurfplatz genutzt werden soll, sondern selbstverständlich
auch zur Stationierung der Truppe; denn das war natürlich
die Forderung, die die Brandenburger gestellt haben –, ge-
troffen hat. Die Entscheidungen sind im Jahre 1992 er-
folgt.


(Peter Dreßen [SPD]: Ach Gott! Wer war denn da dran?)


Bekanntermaßen war daran kein sozialdemokratischer Ver-
teidigungsminister beteiligt. Ob Frau Kollegin Voß
– die damals in der Opposition war, jetzt allerdings das
Vergnügen hat, einer Regierungspartei anzugehören – Zah-
len genannt hat, die nichts mit der Realität zu tun haben
– denn wir haben von 214 Millionen DM gesprochen –,
muss natürlich ebenfalls in der Zukunft überprüft werden.

Ihre Frage war also, glaube ich, nicht ganz so pfiffig.

(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Nein! Sie war sehr gut! – Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Ich habe zitiert!)


Wir setzen diese Entscheidung um.
Ich stelle fest, dass es auf jeden Fall bei einem ost-

deutschen Standort bleibt. Dass, lieber Herr von Klaeden,
die alten Bundesländer einen Standort aufgeben müssen,
damit in den neuen Bundesländern einer erhalten werden
kann, halte ich im Sinne der deutschen Einheit, aber auch
angesichts des Aufkommens für gerechtfertigt.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Kein Widerspruch!)


– Danke.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1414821000
Nun hat der Herr Kol-
lege Zumkley das Wort zu einer Zusatzfrage. Bitte sehr.


Peter Zumkley (SPD):
Rede ID: ID1414821100
Frau Staatssekretärin, können
Sie bestätigen, dass neben den von Ihnen bereits genann-
ten Gründen auch das Aufkommen von jungen Wehr-
pflichtigen und jungen Soldaten eine Rolle spielt und dass
es deswegen richtig ist, die Dislozierung beispielsweise
des Luftwaffenausbildungsregimentes eben nicht zu zen-
tralisieren, sondern so vorzugehen, wie im Falle von Ger-
mersheim, Wengen und anderswo entschieden wurde?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1414821200
Lieber Herr Kollege Zumkley,
das kann ich Ihnen ausdrücklich bestätigen. Auf der an-
deren Seite will ich nicht bestreiten, dass Bayern natürlich
ein flächenmäßig großes Land ist. Aber angesichts der
Entfernungen in Bayern hätte man schon in der Vergan-
genheit darüber nachdenken können, dass das zweite Ba-
taillon wahrscheinlich an anderer Stelle richtiger wäre. So
ist es eine gerechte Entscheidung.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Das ist keine gerechte Entscheidung!)





Parl. Staatssekretärin Brigitte Schulte
14484


(C)



(D)



(A)



(B)


Es wäre ein Bärendienst an den neuen Bundesländern,
wenn wir dort ausgerechnet ein Ausbildungszentrum
wegnähmen.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1414821300
Nun rufe ich die Fra-
gen 32 und 33 des Kollegen Gehrcke auf, die ja schon an-
gekündigt wurden:

Hält die Bundesregierung weiterhin an einer militärischenNutzung des Boden-Luft-Schießplatzes Kyritz-Ruppiner Heidefest, auch wenn das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteilvom 14. Dezember 2000 zumindest derzeitig eine militärischeNutzung des Platzes untersagt?
Welche Gründe bewegen die Bundesregierung zu einem Fest-halten an diesem Truppenübungsplatz, der in großen Teilen derdort ansässigen Bevölkerung auf Widerstand stößt, wenn in ande-ren Teilen der Bundesrepublik Deutschland bestehende Standortegeschlossen werden?

Frau Staatssekretärin.

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1414821400
Sehr geehrter Herr Kollege
Gehrcke, vielleicht erinnern Sie sich, dass ich vor Weih-
nachten eine Kleine Anfrage der PDS sorgfältig beant-
wortet habe. Dennoch will ich ausdrücklich noch einmal
darauf hinweisen, dass das Bundesverwaltungsgericht am
14. Dezember entschieden hat, dass der Truppenübungs-
platz Wittstock, der auf der Grundlage des Verteidigungs-
gesetzes der DDR Volkseigentum war und den sowje-
tischen Streitkräften zu militärischen Zwecken zur
Verfügung gestellt wurde, nach Art. 21 Abs. 1 Satz 1 in
Verbindung mit Art. 19 des Einigungsvertrages Eigentum
des Bundes geworden ist. Damit hat das Gericht die
grundsätzliche Nutzungsbefugnis des Bundesministe-
riums, der Bundesregierung und der Bundesrepublik
Deutschland bestätigt.

Nun zu Ihrer zweiten Frage. Der Boden-Luft-Schieß-
platz Wittstock bietet aufgrund seiner Ausdehnung und
Lage in vergleichsweise dünn besiedeltem Gebiet gut ge-
eignete Ausbildungsmöglichkeiten und entlastet den
Flugbetrieb an den beiden anderen Boden-Luft-Schieß-
plätzen Siegenburg und Nordhorn. Eine Entscheidung
über die weitere militärische Nutzung des Truppen-
übungsplatzes Wittstock ist aber noch nicht getroffen
worden.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1414821500
Erste Zusatzfrage,
Herr Kollege.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1414821600
Frau Staatssekretärin, ich
bestätige Ihnen natürlich gerne, dass Sie die Kleine An-
frage korrekt, umfassend und gründlich beantwortet ha-
ben. Mit Ihren Antworten lässt sich übrigens in der Öf-
fentlichkeit gut arbeiten. Ich bin Ihnen sehr dankbar dafür.
Sie sind in Ihren Äußerungen sehr freimütig.

Ich habe mit großem Interesse zur Kenntnis genom-
men, dass Sie eben gesagt haben, eine endgültige Ent-
scheidung über die militärische Nutzung sei seitens der
Bundesregierung noch nicht getroffen worden. Das ist
neu. Das möchte ich ausgesprochen festgehalten wissen.

Sind Sie nicht mit mir der Auffassung, dass eine neue
Bundesregierung, wenn eine vorangegangene Bundesre-

gierung möglicherweise einen Fehler gemacht hat – ich
meine, sie hat 1992 mit Sicherheit einen Fehler gemacht –,
die Aufgabe hat, solche Fehler zu korrigieren?


(Beifall bei Abgeordneten der PDS – Peter Zumkley [SPD]: Nicht alles übertreiben!)


B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1414821700
Lieber Herr Kollege Gehrcke,
Sie haben das große Glück, dass ich manchmal in der Op-
position mit der Regierung gestimmt habe. So war ich im
Gegensatz zu anderen Kolleginnen und Kollegen nicht
der Meinung, dass wir auf Wittstock verzichten sollten.

Nun geschieht genau das Gleiche, Herr Kollege
Gehrcke. Wenn wir auf der einen Seite Solidarität mit den
neuen Bundesländern einfordern und Truppen dort statio-
nieren – auch so schöne Sachen wie zum Beispiel das
Ausbildungsregiment –, dann müssen wir auf der anderen
Seite auch erwarten, dass wir auf den vorhandenen
Flächen – Wittstock ist eine vorhandene Fläche; vielleicht
geben Sie mir durch Ihre Zusatzfragen noch die Chance,
mehr Zahlen zu nennen – in vernünftiger Weise Luft-Bo-
den-Übungen durchführen können, allerdings nie und
nimmer in der Art und Form der alt-ehemaligen sowjeti-
schen Streitkräfte. Wir prüfen jetzt die rechtlichen Grund-
lagen. Etwas muss geschehen, was damals von der alten
Regierung versäumt worden ist. Es muss ein Dialog mit
den Kommunen stattfinden, die geklagt haben. Es gibt ja
zwei verschiedene Gruppen. Die einen wollen unbedingt,
dass wir dort deswegen eine Garnison mit 1 000 Mann sta-
tionieren. Die anderen möchten, dass dort Ruhe ist. Ich
kann Ihnen das gerne aufgrund Ihrer weiteren Zusatzfra-
gen noch näher erklären.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1414821800
Weitere Zusatzfrage?


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1414821900
Ich habe ja noch die
Chance nachzufragen.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1414822000
Bitte sehr.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1414822100
Würden Sie dem Haus be-
stätigen, dass die Garnison in Wittstock bislang nur in
Rudimenten vorhanden ist und dass auf dem Truppen-
übungsplatz bislang nur Luft-Boden-Übungen stattgefun-
den haben, sodass Sie gar nicht davon ausgehen können,
dass Sie hier eine Garnison auflösen, da Sie eine Garnison
mit über 1 000 Soldaten erst aufbauen wollen? Ich weiß
nicht, wie Sie mir aus der Logik der Bundesregierung he-
raus erklären wollen – Sie werden mir sicherlich ein we-
nig Nachhilfeunterricht geben –, dass Sie auf der einen
Seite Garnisonen schließen, auf der anderen Seite aber ge-
gen den Protest großer Teile der Bevölkerung und der Ge-
meinden mit einigen hundert Millionen DM Aufwand
eine Garnison aufbauen.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Das gibt noch viel Spaß!)


Meine Kollegin Voß hat dazugerechnet – was ich nicht
getan habe – was die Munitionsberäumung auf dem Platz




Parl. Staatssekretärin Brigitte Schulte

14485


(C)



(D)



(A)



(B)


kostet. Dann sind Sie nämlich bei 500 Millionen DM.
Dieser Logik kann ich nicht folgen. Das dann noch als So-
lidarität mit Ostdeutschland zu bezeichnen, das ist der
Gipfel der Logik.


(Beifall bei der PDS – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Sehr gut!)


B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1414822200
Wenn ich mich nach Ihrer
Grundhaltung richten würde, müsste ich sagen: Alle für
Wittstock vorgeplanten Übungen, alle Luft-Boden-Übun-
gen, werden wir in Siegenburg durchführen. Herr
Koschyk weiß, wo das liegt. Denn es kann ja wohl nicht
ernsthaft sein, Herr Kollege Gehrcke, dass wir der Not-
wendigkeit, mit unseren Luftfahrzeugen zu trainieren,
nicht nachkommen können. 75 Prozent des Trainings ver-
legen wir schon ins Ausland. Es ist nun einmal so, dass
Besatzungen von Flugzeugen und vor allem die von
Jagdbombern üben müssen. Denn sie sollen eine Überle-
benschance haben. Dem müssen wir nachkommen.

Jeder, der sich in dieser Sache auskennt, weiß, zu wel-
chen Belastungen das führt. Wenn Sie sich das entspre-
chende Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes anschauen,
können Sie das nachlesen. Die alte Regierung hat es ver-
säumt, bei den betroffenen Kommunen nachzufragen. Erst
dadurch ist nämlich dieses Rechtsproblem entstanden.

Herr Kollege Koschyk, glauben Sie bitte nicht, dass der
Kollege Siemann und ich der Meinung sind, dass Nord-
horn allein die Leistungen übernehmen sollte. Ich bin der
Meinung, dass weiterhin eine Nutzung des Platzes in der
Kyritz-Ruppiner Heide erfolgen sollte.

Das, was wir räumen, sind doch keine Munitionsbe-
stände der ehemaligen Bundesrepublik Deutschland. Wer
soll denn einen solchen Platz mit einer solchen Belastung
räumen, wenn nicht die Bundeswehr? Warum haben wir
das wohl auch in Sachsen-Anhalt getan? Das war keine
besonders intelligente Frage von Ihnen.

Ich kann nachempfinden, dass es die Gemeinden gut
finden, wenn wir dort Auszubildende und Luftwaffen-
strukturen hinverlegen. Denn obwohl einige Gemeinden
dagegen geklagt haben, ist die Mehrzahl für einen Auf-
wuchs der Bundeswehr in Wittstock.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1414822300
Herr Gehrcke, Sie ha-
ben jetzt noch zwei Zusatzfragen. Bitte sehr.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1414822400
Frau Staatssekretärin, es
steht mir nicht zu, Bemerkungen zu machen. Ich habe es
als sehr charmant empfunden, wie Sie geantwortet haben.
Aber angesichts Ihrer Antwort habe ich auch den Ein-
druck, dass ich mit meiner Zusatzfrage ein wenig den
Nerv getroffen habe.

Zur Sache selbst: Sie irren sich, wenn Sie sagen, dass
es nur um Nachfragen bei den Gemeinden geht. Im dies-
bezüglichen Urteil steht, dass mit den Gemeinden ein
reguläres Anhörungsverfahren durchzuführen ist. Das ist
etwas anderes, als nur nachzufragen, ob sie eine militäri-
sche Nutzung wollen oder ob sie sie nicht wollen. Ein sol-

ches reguläres Anhörungsverfahren erfordert geraume
Zeit, in der Sie diesen Platz nicht militärisch nutzen dür-
fen. Daran geht erst einmal kein Weg vorbei. Würden Sie
zumindest das bestätigen, auch wenn Ihnen diese Frage
möglicherweise ebenfalls nicht als intelligent erscheint?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1414822500
Ich teile Ihre Meinung. Auch
ich bin der Auffassung, dass wir bei den Gemeinden nach-
fragen müssen. Aber es gibt da einen Punkt, den auch Sie,
Herr Gehrcke, wissen, nämlich dass bei der Übertragung
dieses Platzes ein paar Fehler bei der Wegemarkierung er-
folgt sind, die die Oberfinanzdirektion in Cottbus mögli-
cherweise in Ordnung bringen kann. Dann sieht bei den
Kommunen das Mitspracherecht anders aus.

Dennoch bin ich folgender Meinung: Wenn man eine
so weit reichende Einrichtung wie einen Abwurfplatz
plant – wir arbeiten dort zwar nicht mit scharfer Munition,
was daher zu relativ geringem Lärm führt; aber die Flug-
zeuge machen natürlich Lärm –, dann muss man die Ge-
meinden ordnungsgemäß anhören. Das ist 1992 versäumt
worden, ganz zu schweigen davon, dass dies in der ehe-
maligen DDR gar nicht stattgefunden hat. Dass wir die
Gemeinden anhören müssen, will ich Ihnen ausdrücklich
dezidieren. Dass wir jetzt diesem Rechtsanspruch nach-
kommen, hat die neue Bundesregierung geregelt. Ich
glaube, dass wir hier zu einem vernünftigen Ergebnis
kommen werden.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1414822600
Nun hat der Kollege
Gehrcke noch eine Zusatzfrage. Bitte sehr.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1414822700
Das ist meine letzte
Frage. – Ich möchte festhalten, dass das nicht die neue
Bundesregierung geregelt hat, sondern dass das Bundes-
verwaltungsgericht das in einem Urteil festgestellt hat,
und zwar in einem Verfahren, in dem die Bundesregierung
in Revision gegen ein Urteil des Oberverwaltungsgerich-
tes Brandenburg gegangen ist. Das macht schon einen
kleinen Unterschied. Vorhin haben wir über Sache und
Sachkunde geredet.

Würden Sie mir noch eine Antwort zur militärischen
Seite geben? Diese sprechen Sie an und wissen, dass wir
dazu sehr gegensätzliche und nicht zu vereinbarende
Standpunkte haben. Könnte es sein, dass dieser Platz in
der militärischen Planung bezüglich der Krisenreaktions-
kräfte der Bundeswehr gerade bei der Übung von Luft-
Boden-Einsätzen einen so zentralen Platz einnimmt, dass
die Bundeswehr aus diesem Grund nicht auf ihn verzich-
ten will?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1414822800
Nein, das trifft auch für den an-
deren Standort zu. Wir wollten eigentlich nur eine gleich-
mäßigere Verteilung vornehmen. Wir haben sie in der
alten Bundesrepublik in der Vergangenheit mit Siegen-
burg und Nordhorn durchgeführt. Wir haben diese Um-
verteilung damals ungleich stärker durch die Partner-
staaten belastet vorgenommen. Sie wissen, dass Nordhorn




Wolfgang Gehrcke
14486


(C)



(D)



(A)



(B)


lange von den Engländern genutzt wurde und erst jetzt an
die Bundesrepublik Deutschland, damit an die Bundes-
wehr, abgegeben wird.

Ich halte das einfach für eine gerechtere Verteilung, zu-
mal die optimalen Bedingungen bezüglich Entfernung
und Anflug gegeben sind. Damit verbunden sind die Be-
lastungen der Bevölkerung durch anfliegende Kampf-
flugzeuge auf diesem Standort relativ gering. Man kann
die Menschen, Herr Gehrcke, wegen der Munitionsreste
noch nicht auf den Truppenübungsplatz lassen. Daher
kann ich nicht verstehen, dass Sie das nicht nachvollzie-
hen wollen.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1414822900
Nun hat der Kollege
Goldmann eine Zusatzfrage. Bitte sehr.


Hans-Michael Goldmann (FDP):
Rede ID: ID1414823000
Frau Staatssekre-
tärin, kann ich Ihren Antworten zum Komplex Wittstock
– so will ich es vereinfachen – und den damit verbunde-
nen Problemstellungen entnehmen, dass der Bombenab-
wurfplatz Nordhorn-Range noch lange benutzt werden
muss? Halten Sie es vor diesem Hintergrund nicht für eine
besondere Härte für die Bevölkerung in der Region, dass
der Standort Lingen im Grunde genommen geschlossen
wird? Er wird zwar als bestehend weitergeführt, aber im
Kern ist ein Abbau von 755 auf 30 Plätze mit einer an-
schließenden Privatisierung eine Schließung.

Ist es nicht Augenwischerei, dass man, damit die Be-
völkerung in Lingen weiterhin den Bombenabwurfplatz
Nordhorn-Range akzeptiert, so tut, als ob man den Stand-
ort Lingen bei zukünftigen Planungen doch noch ernsthaft
in Betracht zöge?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1414823100
Wenn Sie ein wenig über den
Tellerrand schauen, werden Sie bemerken, dass im Land-
kreis Emsland noch ein zweiter Standort betroffen ist, der
sogar ganz aufgelöst wird: Werlte. Insofern ist das in der
Tat schwierig. Ich gehe davon aus, dass wir eine vernünf-
tige Aufgabenteilung in der Bundesrepublik finden wer-
den. Wir sind uns aber darüber einig, dass wir Standorte
nicht mehr erhalten können, an denen sich Truppenteile
befinden, deren Aufgaben zukünftig entfallen.

Da wir aufgrund der veränderten Bedrohungslage ge-
rade im Transportbereich vieles nicht mehr wie bisher
selbst machen müssen, kommt diese Problematik auf uns
zu. Genauso wird die Logistik eine andere Aufgabe als
früher wahrnehmen. Dazu gehören leider die zwei Ein-
richtungen, die im schönen Landkreis Emsland liegen.

Ich habe großes Verständnis für die Bevölkerung.

(Zuruf des Abg. Hans-Michael Goldmann [F.D.P.])

– Ich kann Ihnen nur sagen: Wir werden sehen, was mit
Lingen passieren wird. Die Logistikbrigade soll aufgelöst
werden, aber der Standort erhalten bleiben. Lassen Sie uns
doch erst einmal in Ruhe die Feinausplanung fortsetzen.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1414823200
Das war eine weitere
halbe Zusatzfrage des Kollegen Goldmann und eine halbe
Antwort der Frau Staatssekretärin.

Ich rufe die Frage 34 der Abgeordneten Angelika
Volquartz auf:

Welche Gründe waren ausschlaggebend für die Bundesregie-rung, den Sitz der Wehrbereichsverwaltung I nach Hannover zuverlegen, und welche Gründe sprachen nach Ansicht der Bundes-regierung im Rahmen der Entscheidungsfindung gegen einen Ver-bleib des Sitzes dieser Behörde in Kiel?
Frau Staatssekretärin, bitte.

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1414823300
Frau Präsidentin! Meine lieben
Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Volquartz, bei
der Entscheidung zur Zusammenführung der Wehrbe-
reichsverwaltungen I und II in Hannover wurden funktio-
nale, personelle und infrastrukturelle Gesichtspunkte ge-
genübergestellt und bewertet. Für Hannover als Sitz der
künftigen Wehrbereichsverwaltung sprechen unter ande-
rem eine geeignetere Infrastruktur. Zu berücksichtigen ist
die günstigere Verkehrsanbindung Hannovers gegenüber
Kiel und die Tatsache, dass in Hannover im Gegensatz zu
Kiel eine modernere Liegenschaft vorhanden ist, die auch
noch zusätzliche Mitarbeiter aufnehmen kann.

Hinzu kommt, dass bei der Stationierung der höheren
Kommandobehörden und Dienststellen auf eine ausge-
wogene Verteilung geachtet wurde, sodass Kiel in Zu-
kunft auch Sitz eines Wehrbereichskommandos bleibt,
während es Hannover nicht mehr sein wird.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1414823400
Zusatzfrage, Frau
Kollegin, bitte sehr.


Angelika Volquartz (CDU):
Rede ID: ID1414823500
Frau Staatssekretä-
rin, dies steht in einem krassen Widerspruch zu einer Aus-
sage, die Sie vor einem Jahr, am 19. Januar, hier in diesem
Raum gemacht haben, fünf Wochen vor der Landtagswahl
in Schleswig-Hostein. Damals haben Sie gesagt, dass Sie
wüssten, dass Unruhe in den Wehrbereichsverwaltungen
herrsche, „aber es gibt keinerlei Absichten, die Wehrbe-
reichsverwaltungen in Kiel und Hannover zusammenzu-
legen“. Auf meine Frage: „Kann ich daraus schließen,
dass der Bundeskanzler der gleichen Meinung ist wie der
Verteidigungsminister?“ führten Sie aus:

Wir haben das, was Sie vermuten, auch nicht vor;
denn unsere Vorstellung ist nicht, dass es sinnvoll ist,
die Wehrbereichsverwaltungen zu zentrieren. Sie
wissen ja selbst, wie groß der Wehrbereich I ist, der
Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg und das
flächenmäßig große Schleswig-Holstein umfasst,
und Sie wissen auch, wie groß Niedersachsen und
Bremen sind.

Ich überspringe und zitiere dann weiter:
Aber es gibt keinerlei Absichten hinsichtlich einer
Zusammenlegung dieser beiden Wehrbereichsver-
waltungen. Deshalb kann der Bundeskanzler gar
nicht davon sprechen.

Wie stehen Sie zu dieser klaren Aussage?




Parl. Staatssekretärin Brigitte Schulte

14487


(C)



(D)



(A)



(B)


In einer weiteren Ausführung zu meinen Fragen, was
den Standort Kiel anbetrifft, haben Sie auf die Arbeit der
Kommission hingewiesen. In diesem Zusammenhang ha-
ben Sie nicht auf die Arbeit der Kommission hingewiesen.
Erlauben Sie mir die Feststellung, dass Ihre Gründe, die
Sie eben angeführt haben, überhaupt nicht stichhaltig
sind. Das ist Ihnen auch bekannt. Nun meine Frage: Wie
stehen Sie zu dieser Aussage, die Sie vor einem Jahr ge-
macht haben – wie gesagt, fünf Wochen vor der Land-
tagswahl in Schleswig-Holstein –, und zu dem Kaufkraft-
verlust von 60 Millionen DM, der infolge des Abbaues
von 900 Dienststellen eintritt?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1414823600
Frau Volquartz, zu diesem
Zeitpunkt waren wir ernsthaft der Meinung, dass man auf
eine Zusammenlegung der Wehrbereiche verzichten
könne. Wir hatten aber schon lange das Gutachten des
Bundesrechnungshofes – das Sie und ich vielleicht nicht
im Auge haben – der zum Beispiel für die Zusammenle-
gung der Wehrbereichsverwaltungen von Stuttgart und
München plädierte. Bei der Überlegung, zwei Länder in
diesem Bereich zusammenzulegen, blieb natürlich ganz
klar die Erkenntnis, dass das dann auch für andere gilt.

Aber, Frau Volquartz, Ihre Frage gibt mir auch die
Möglichkeit – ich hätte diesen Punkt sonst im Zusam-
menhang mit der nächsten Frage beantwortet –, zu sagen,
dass wir ja nicht alles in Hannover zentrieren wollen. Wir
sind auch noch nicht so weit, dass wir alle einzelnen Or-
ganisationsbereiche fertig haben. Wir werden nur – wenn
Sie wollen – den Kopf statt zweimal einmal besetzen, das
heißt, was die Führung im Präsidialbereich und was be-
stimmte Aufgabenbereiche betrifft. Aber viele Aufgaben
sollten zunächst in der Zukunft ausdrücklich auch von
Kiel wahrgenommen werden, auch wegen der Fläche. Das
Gleiche gilt übrigens auch für München und Stuttgart, wie
Sie feststellen werden, wenn Sie sich einmal die Entfer-
nung ansehen. Das ist einfach das Ergebnis von Wirt-
schaftlichkeitsberechnungen. Wir kommen nicht ganz da-
ran vorbei, wenn der Rechnungshof solche Empfehlungen
gibt.

Meine persönliche Vorstellung wird sein, weiterhin
noch möglichst viel zu dezentralisieren. Bei der Abwä-
gung einer Zusammenlegung, hat Hannover – so viel Ver-
ständnis ich für die Argumente der Kieler habe – meiner
Meinung nach heute das Prä.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1414823700
Ich entnehme jetzt
aus der Beantwortung, dass Sie die Frage 35 schon beant-
worten:

Beabsichtigt die Bundesregierung für den Fall, dass sie sichendgültig für Hannover als Sitz der Wehrbereichsverwaltung Ientscheidet, den dauerhaften Erhalt der 550 Dienststellen bei demin Kiel verbleibenden Teil der Wehrbereichsverwaltung I, undwelche Pläne verfolgt die Bundesregierung in Bezug auf das Ar-senal in Kiel?
Dann haben Sie noch drei Zusatzfragen. Bitte sehr,

Frau Kollegin.


Angelika Volquartz (CDU):
Rede ID: ID1414823800
Frau Staatssekretä-
rin, Sie gestatten erneut, dass ich Ihre Erinnerung bemühe.
Der Hinweis auf den Bundesrechnungshof hat in meiner

Fragestellung und in Ihrer Antwort schon eine Rolle ge-
spielt. Wir sind uns dieser Diskussion durchaus bewusst
gewesen. Trotz der Kenntnis der Diskussion im Bundes-
rechnungshof haben Sie darauf hingewiesen: Es gibt kei-
nerlei Pläne. Das muss ich hier noch einmal feststellen.
Wie erklären Sie, dass Sie jetzt darauf hinweisen, dass wir
diese Kenntnisse nicht hatten, die doch damals schon be-
wusst waren, auch in meiner Frage bzw. in Ihrer Antwort-
gebung?

Eine weitere Zusatzfrage zu dem Punkt, den Sie gerade
angesprochen haben, was das Belassen von 550 Dienst-
posten in Kiel betrifft. Uns ist mitgeteilt worden – viel-
leicht können Sie das ja dementieren –, dass diese 550
Dienstposten mit kw-Vermerken versehen sind und dass
wir eigentlich nur davon auszugehen haben, dass es sich
um ein vorübergehendes Verbleiben in Kiel handeln
sollte.

In der letzten Woche haben wir in Kiel mit der Minis-
terpräsidentin des Landes Schleswig-Holstein und Vertre-
tern der kommunalen Ebenen eine Gesprächsrunde ge-
führt. Wir waren uns einig, dass unsere Interpretation,
dass diese Dienstposten nur vorübergehend sind, nicht
verkehrt ist. Wenn Sie jetzt sagen, das sei falsch und die
Dienstposten sollen in der Anzahl, die ich eben genannt
habe, weiterhin in Kiel bleiben, würde ich Sie bitten, uns
zu sagen, wie die Perspektive von der Jahreszahl her aus-
sieht und ob die kw-Vermerke tatsächlich nicht vorhanden
sind.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1414823900
Frau Kollegin, Sie ha-
ben jetzt so viele Fragen gestellt, dass ich Sie bitte, damit
einverstanden zu sein, dass die Frau Staatssekretärin diese
noch beantwortet, Sie darüber hinaus aber keine weiteren
Fragen mehr stellen dürfen. Frau Staatssekretärin, Sie
dürfen jetzt antworten.

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1414824000
Aber gern, Frau Präsidentin.

Frau Kollegin Volquartz, Sie haben mit Recht auf die
Kommission hingewiesen, die damals ihren Bericht noch
nicht abgeschlossen hatte, gerade was die zivile Verwal-
tung betrifft. Damals – erinnern Sie sich – war von der
Kommission, die Herr von Weizsäcker geleitet hat, ein
Bundeswehrumfang von 240 000 empfohlen worden.
Dies hätte eine noch weiter gehende erhebliche Reduzie-
rung von Standorten, Standortverwaltungen und Wehrbe-
reichsverwaltungen bedeutet.

Weil wir mit Ihnen, der Union, bei der Wehrpflicht
bleiben wollen, wollen wir einen Umfang der Bundes-
wehr von 285 000 Soldaten behalten. Wir haben zurzeit
310 000.


(Hans-Michael Goldmann [F.D.P.]: Mit Wehrpflicht hat das überhaupt nichts zu tun!)


– Darüber, dass Sie sagen, dass ein Umfang von 285 000
Soldaten nichts mit der Wehrpflicht zu tun hat, bin ich er-
staunt.


(Hans-Michael Goldmann [F.D.P.]: Sehen Sie sich doch andere europäische Länder an!)





Angelika Volquartz
14488


(C)



(D)



(A)



(B)


Dies setzt aber voraus, dass sich anschließend die zivile
Verwaltung daran orientiert, wo die Truppe ist.

Sie stimmen sicher darin mit mir überein, dass Schles-
wig-Holstein auch in Zukunft ein nicht ganz unbedeuten-
der Standort bleiben wird. Das liegt natürlich auch an der
Tatsache, dass dort Luftwaffe, Heer und Marine statio-
niert bleiben. Deshalb gehe ich davon aus – das ist meine
auf den heutigen Kenntnissen beruhende Vorstellung –,
dass es sinnvoll ist, auch weiterhin bestimmte Dinge de-
zentral zu leisten. Wie aber in Zukunft die Aufgabentei-
lung im Einzelnen sein wird, was zum Beispiel von den
Wehrbereichsverwaltungen, was von den Standortverwal-
tungen bearbeitet wird, wo wir möglicherweise Truppen-
und Standortverwaltung zusammenfügen, wie wir Stand-
ortverwaltung neu definieren – so weit sind wir noch
nicht.


(Hans-Michael Goldmann [F.D.P.]: Aber vorher ordnen Sie!)


– Wir müssen bei den Soldaten anfangen. Das ist wohl
klar. Wir werden sehen, ob es uns gelingt, diese Zahlen zu
halten. Wir haben bekanntermaßen von Ihnen schon ein
Defizit an Zeit- und Berufssoldaten übernommen


(Werner Siemann [CDU/CSU]: Na!)

– das wissen Sie ganz genau –, das aufgrund der guten
Konjunktur nicht gerade geringer wird. Alles, was wir bei
der zivilen Verwaltung tun, hat sich daran zu orientieren,
was die Soldaten leisten. Wo sie es leisten und was mög-
licherweise in Zukunft zivile Mitarbeiter übernehmen
können – so weit sind wir noch nicht.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1414824100
Nun kommt die Frage
36 des Abgeordneten Dr. Müller:

Welche Gründe sind für die Bundesregierung ausschlagge-
bend, die angekündigte Verlegung der Schule für Feldjäger und
Stabsdienste Sonthofen nach Hannover durchzusetzen?

Wenn ich es richtig sehe, empfiehlt es sich, diese Frage
zusammen mit der nächsten Frage zu beantworten. Sind
Sie damit einverstanden? – Dann rufe ich auch die Frage
37 des Abgeordneten Dr. Gerd Müller auf:

Wie lässt sich die Verlegung der Schule für Feldjäger aus ei-
ner strukturschwachen, ländlichen Region nach Hannover in ein
boomendes wirtschaftliches Ballungszentrum mit den beschlosse-
nen Kriterien vereinbaren?

Frau Staatssekretärin, bitte.

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1414824200
Das will ich gern machen. Herr
Kollege Müller, zu Ihrer ersten Frage: Ausschlaggebend
für die Planung, die Schule für Feldjäger und Stabsdiens-
te von Sonthofen nach Hannover zu verlegen, ist die drin-
gend erforderliche Sanierung der Infrastruktur der Gene-
raloberst-Beck-Kaserne. Die Kosten dafür würden sich
auf mindestens 76 Millionen DM belaufen. Für die In-
standsetzungsdauer werden bis zu zehn Jahre veran-
schlagt. Durch laufende Baumaßnahmen würde der Aus-
bildungsbetrieb doch sehr eingeschränkt werden.

In Hannover hingegen steht aufgrund einer vorange-
gangenen Entscheidung der alten Bundesregierung die in

den 70er-Jahren gebaute ehemalige Offiziersschule des
Heeres mit geeigneter moderner Schulinfrastruktur zur
Verfügung. Zudem ist Hannover, was die zentrale Lage
betrifft, als Schulstandort natürlich günstiger. Dies hat zu
unserer Entscheidung geführt.

Zur Ergänzung und Beantwortung der zweiten Frage:
Die sehr hohen Einsparungspotenziale sowie die Möglich-
keit zur Nutzung auftragsgerechter, geeigneter Infrastruk-
tur in Hannover sind einige der Gründe für diese zentrale
Ausbildungsstätte gewesen. Im Übrigen muss ich aus-
drücklich sagen – ich bin selbst in Sonthofen gewesen –,
dass Sonthofen für mich eine attraktive Region ist, die das
Land Bayern weiterhin fördern sollte.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1414824300
Erste Zusatzfrage,
Herr Kollege.


Dr. Gerd Müller (CSU):
Rede ID: ID1414824400
Frau Staatssekretärin,
haben Sie zur Kenntnis genommen, dass Ihnen die Bür-
germeister, der Landrat und die Abgeordneten vor Ort ein
Konzept vorgelegt haben, das dieses Investitionsvolumen
genau halbiert?

Wie begründen Sie die Entscheidung, diese Schule mit
2 500 Mann aus Sonthofen, einer strukturschwachen Re-
gion an der Peripherie, in den boomenden Ballungsraum
Hannover zu verlagern? Das widerspricht allen Kriterien,
die die Bundesregierung selber verabschiedet hat. Staats-
sekretär Kolbow hat noch im Dezember ein klares Ja zum
Standort gesagt und eine solche Verlagerung in eine
Boomregion wie Hannover ausgeschlossen.

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1414824500
Wenn ich richtig unterrichtet
bin, bleibt der Standort Sonthofen als ein Standort des
Heeres bestehen. Wenn ich das richtig sehe, bleibt die
ABC-Schule erhalten und es bleiben Teile einer Standort-
verwaltung erhalten. Das ist angesichts der Tatsache, dass
andere Regionen alles aufgeben müssen, immerhin noch
eine relativ gute Situation.

Ich habe für jede Kommune Verständnis, die in dieser
Situation sagt: Nehmt uns nicht die Bundeswehr und die
zivilen Mitarbeiter weg! Aber in der Region Sonthofen,
die ich kenne, besteht die Möglichkeit, im Fremdenver-
kehr und in anderen Bereichen etwas für die Infrastruktur
zu tun.

Herr Kollege, da ich die neuen Bundesländer sehr gut
kenne, bin ich sehr vorsichtig damit, von strukturschwa-
chen Räumen zu sprechen. Ich tue das selbst bei meiner
südniedersächsischen Heimat nicht.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1414824600
Ihre zweite Zusatz-
frage.


Dr. Gerd Müller (CSU):
Rede ID: ID1414824700
Frau Staatssekretärin,
habe ich Sie richtig verstanden, dass diese Entscheidung
endgültig ist, dass keine Möglichkeit der Revidierung
bleibt? Wenn dies so ist, können Sie mir mitteilen, in wel-
chem Ausmaß der Bund bereit ist, in Konversionsmaß-
nahmen zu investieren?




Parl. Staatssekretärin Brigitte Schulte

14489


(C)



(D)



(A)



(B)


B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1414824800
Auch das will ich Ihnen gern
beantworten. Wenn ich eine andere Haushaltslage des
Bundes übernommen hätte, würde ich das mit großer
Freude tun.


(Lachen bei der CDU/CSU)

Aber wegen der Europäischen Währungsunion müssen
wir uns bei der Staatsverschuldung an bestimmte Stabi-
litätskriterien halten. Wir sind doch die Leidtragenden der
Finanzpolitik der Vergangenheit.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Machen Sie doch keine solchen Sprüche!)


Leise füge ich hinzu: Auch die Kommunen und die Län-
der haben sich ein Stück weit daran beteiligt. Im Moment
ist die Haushaltslage des Freistaates Bayern dank der
jahrzehntelangen Unterstützung durch andere Bundeslän-
der und den Bund günstiger als – –


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Durch eigene Leistung!)


– Ich lache mich doch kaputt. Ich bin zu lange im Bun-
destag, um nicht zu wissen, wie lange Sie Ergänzungs-
mittel bekommen haben. Ich war im Haushaltsausschuss.
Ich kann mich wirklich nur amüsieren. Ich freue mich
aber, was Sie daraus gemacht haben.

Noch sprechen wir mit den Landesregierungen, auch
wenn die jetzige bayerische Landesregierung den Termin
am Donnerstag erst einmal abgelehnt hat, wie wir heute
den Zeitungen entnehmen. Andere Länder haben Termine
wahrgenommen, sogar früher und in den Abendstunden.
Aber selbstverständlich werden wir alle Ihre Argumente
noch einmal aufnehmen.

Lieber Herr Dr. Müller, wir sind in der Situation, dass
wir die Bundeswehr verkleinern müssen. Wir müssen mit
dem Geld des Steuerzahlers anders umgehen. Es tut mir
wirklich sowohl für Sonthofen als auch für jeden anderen
Standort persönlich Leid. Aber wir werden nicht alles er-
halten können.

Wir werden abwägen. Aber wir haben in Hannover
diese Liegenschaft. Und über die Bezeichnung Boom-
town wollen wir einmal bei Gelegenheit reden.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1414824900
Da fragen wir einmal
Herrn von Klaeden.

Eine weitere Zusatzfrage.


Dr. Gerd Müller (CSU):
Rede ID: ID1414825000
Frau Staatssekretärin,
habe ich Sie richtig verstanden, dass diese Entscheidung
endgültig ist?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1414825100
Nein. Ich habe Ihnen ja gesagt:
Wir reden mit den Bundesländern. Der Termin am Don-
nerstag war von Herrn Scharping angeboten worden. Ihn
hat die Landesregierung von Bayern abgelehnt. Die ande-
ren sind zum Teil da gewesen; heute hat Herr Scharping
zum Beispiel einen Termin mit dem Ministerpräsidenten

Clement. Sie alle werden ihre Sorgen und Bedenken auf
den Tisch legen.

Die Kommunen aus der ganzen Bundesrepublik treffen
sich am 14. Februar in Rheine, um ihre Besorgnisse noch
einmal darzustellen. Diese werden wir erneut aufnehmen
müssen. Aber Sie können sich doch vorstellen: Die Ent-
scheidung für einen Standort bedeutet gleichzeitig ein Vo-
tum gegen einen anderen Standort. Deswegen muss sorg-
fältig abgewogen werden.

Es ist sehr schwierig, eine solche Entscheidung zu tref-
fen. Wenn wir abwägen, was dabei herauskommt, dann
würde ich sagen: Die Mehrzahl der Entscheidungen wer-
den so bleiben, wie wir sie vorgeschlagen haben. Ob das
auch für den Standort Sonthofen zutrifft, kann ich heute
nicht abschließend beurteilen.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1414825200
Die Frage 38 des Kol-
legen Hofbauer wird schriftlich beantwortet.

Ich rufe die Frage 39 des Abgeordneten Georg Girisch
auf:

Welche Erkenntnisse haben die Bundesregierung dazu ver-anlasst, noch am 29. Januar 2001 im nicht öffentlichen Bereich des Bundeswehrintranets weitere Auflösungen von Truppenteilenund Verringerungen an Standorten vorzustellen, obwohl im amselben Tag durch den Bundesminister der Verteidigung, RudolfScharping, vorgelegten Entwurf des Ressortkonzepts „Die Bun-deswehr der Zukunft – Feinausplanung und Stationierung” keineVerkleinerung ersichtlich war, wie es beispielsweise beim Stand-ort Weiden, für den im Ressortentwurf keine Verringerung ausge-wiesen wurde und noch am selben Tag im Intranet die Auflösungder 5. Kompanie des Nachschubbataillons 4 verbreitet wurde, ge-schehen ist?
Frau Staatssekretärin, bitte.

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1414825300
Ich schaue mir gerade die Fra-
gen 39 und 40 an.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1414825400
Wollen Sie die Fra-
gen 39 und 40 zusammen beantworten?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1414825500
Ich will einmal sehen.

Herr Kollege Girisch, in dem Entwurf des Ressortkon-
zepts sind Standortverkleinerungen nur dann aufgenom-
men, wenn mehr als 500 Dienstposten oder mehr als die
Hälfte der bisher am Standort vorhandenen Dienstposten
entfallen. Dies bedeutet aber nicht, dass alle anderen Stand-
orte in jeder Hinsicht unverändert bleiben. Durch Auflö-
sung der 5. Kompanie des Nachschubbataillons 4 werden
die genannten Bedingungen nicht erfüllt. Weiden wurde da-
her unter den zu verbleibenden Standorten geführt.

Wir haben natürlich Alternativen geprüft, ob wir zum
Beispiel im Falle der 5. Kompanie des Nachschubbatail-
lons 4 einen Ersatz finden können. Aber die Verlagerung
von Aufträgen der Logistiktruppen führt dazu, dass solche
Verbände aufgelöst werden. Einzelne Einheiten werden
dann wiederum zur Aufstellung neuer Kräfte eingesetzt,
weil wir ein streitkräfteübergreifendes Kommando schaf-
fen werden. Insoweit wird darauf hingewiesen, dass die
logistische Unterstützung der Panzerbrigade 12 in der






(C)



(D)



(A)



(B)


Oberpfalz von den Einheiten in Roding, Regensburg und
Pfreimd durchgeführt werden kann.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1414825600
Eine Zusatzfrage,
Herr Kollege.


Georg Girisch (CSU):
Rede ID: ID1414825700
Frau Staatssekretärin,
aus welchen Strukturgründen der Bundeswehr wird dieses
Nachschubbataillon verlegt?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1414825800
Wenn ich richtig unterrichtet
bin, wird es aufgelöst. Es werden eine ganze Reihe von
Nachschubbataillonen aufgelöst. Wir haben uns entschie-
den zur Erhöhung der Wirtschaftlichkeit des Verteidi-
gungshaushalts, Bereiche des Nachschubs, die früher,
Herr Kollege Girisch, darauf ausgerichtet waren, im Ver-
teidigungsfall gerüstet zu sein, teilweise zu privatisieren
und teilweise mit eigenen Kräften fortzusetzen. Das führt
dazu, dass eine ganze Zahl von Bataillonen aufgelöst
wird. Das trifft nicht nur Bayern, sondern auch Nieder-
sachsen. Hier ist der Standort Werlte im Emsland, den ich
schon erwähnt habe, betroffen. Dies ist zwar ein Trans-
portbataillon, doch die dargestellte Lage gilt auch für an-
dere Bereiche. Wir haben diese Situation an vielen Stand-
orten.

Für die Kollegen, die diese Thematik nicht so genau
kennen: In Weiden bleiben die Heeresunteroffiziers-
schule 2 und mehrere Kleindienststellen. Damit bleibt ein
geplanter Umfang an zivilen und militärischen Dienstpo-
sten – darunter sind nicht wenige Zeit- und Berufssolda-
ten sowie auch zivile Mitarbeiter – von 470 Dienstposten.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1414825900
Eine weitere Zusatz-
frage, Herr Kollege Girisch.


Georg Girisch (CSU):
Rede ID: ID1414826000
Frau Staatssekretärin,
halten Sie die Art und Weise, wie man in Weiden mit den
Personen umgegangen ist, für richtig, nämlich dass die
Bundeswehr aus Roding in Weiden angerufen hat, um
mitzuteilen: Schaut einmal ins Intranet; dort steht, dass ihr
aufgelöst werdet? Sollte man so mit Soldaten umgehen?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1414826100
Die Soldaten wussten genau,
dass sich die Bundeswehr grundlegend verändert. Auch
den zivilen Mitarbeitern hatten wir gesagt, dass wir eine
Strukturveränderung und eine erhebliche Reduzierung
vornehmen werden. Die Pläne, die über Monate diskutiert
wurden, riefen erhebliche Sorgen und Probleme hervor.
Das wissen Sie. Ich weiß, dass es für einige Kollegen, bei
denen man wusste, dass in ihrem Wahlkreis Standorte ge-
schlossen werden, sehr schwierig war. Die Kollegen ha-
ben zwar viele Resolutionen vorgelegt. Dennoch ist es zu
einer entsprechenden Entscheidung gekommen.

Ich kann Ihnen dazu nur sagen: Die Zeit- und Berufs-
soldaten werden, wie häufig in ihrem beruflichen Leben,
nur eine Veränderung ihres Einsatzortes hinnehmen müs-
sen. Wir sorgen uns um das zivile Personal. Für sie wer-

den wir nach Alternativen suchen müssen. Die Wehr-
pflichtigen sind nicht das Thema, weil die Zahl der Wehr-
pflichtigen in Zukunft reduziert werden wird und die dort
vorhandenen Wehrpflichtigen den Dienst beendet haben
werden. Wir haben im Zusammenhang mit der Nach-
wuchssituation bei den Zeitsoldaten ein großes Problem.

Die Soldaten sind in diesem Fall diejenigen, die wieder
einmal eine Umstrukturierung der Bundeswehr mitma-
chen. Ich habe in den letzten 20 Jahren – unabhängig von
den zwei Reformen der 90er-Jahre – eine ganze Reihe an
Umstrukturierungen mitgemacht. Die Sorge, die wir alle
teilen, ist: Was geschieht mit dem zivilen Personal?


(Georg Girisch [CDU/CSU]: Und die Antwort auf meine zweite Frage?)


– Ich habe versucht, die zweite Frage mitzubeantworten,
weil mich die Frau Präsidentin darum gebeten hat.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1414826200
Ich dachte, es be-
stünde ein Zusammenhang. Wenn Sie noch etwas dazu sa-
gen wollen, bitte schön.

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1414826300
Ich habe versucht, den Zusam-
menhang zwischen beiden Fragen herzustellen.


(Georg Girisch [CDU/CSU]: Alternativvorschläge der Länder! In meinem Wahlkreis wurde niemand über die Auflösung informiert!)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1414826400
Dann rufe ich die
Frage 40 des Abgeordneten Georg Girisch auf:

Steht der Bundesminister der Verteidigung, Rudolf Scharping,
zu seiner Aussage vom 29. Januar 2001 in der Sendung „heute“,
dass er bereit wäre, Änderungen an seinem Ressortkonzept vor-
zunehmen, wenn ihm die Länder Alternativvorschläge machen
würden, und, falls ja, welche Bedingungen müssten diese, aufge-
zeigt am Beispiel der umstrittenen Auflösung der 5. Kompanie des
Nachschubbataillons 4 in Weiden, erfüllen?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1414826500
Darüber habe ich Ihnen doch
wirklich Auskunft gegeben.

Wir haben Verkleinerungen bei den Standorten, bei de-
nen über 500 Dienstposten wegfallen oder eine Reduzie-
rung um mehr als die Hälfte der bisherigen Dienstposten
vorgenommen wird, aufgenommen. Das trifft hier aber
nicht zu. Wir haben das Intranet und das Internet im Übri-
gen geschaffen, damit sich unsere Mitarbeiter – zivile wie
militärische – sofort und auf der Stelle erkundigen kön-
nen. Es ist aber doch wohl üblich, zunächst einmal den
Bundestag – in Form des Verteidigungsausschusses – zu
unterrichten, und das haben wir am 29. Januar getan.


(Zuruf von der CDU/CSU: Zunächst einmal die SPD-Abgeordneten und dann die anderen!)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1414826600
Sie haben noch zwei
Zusatzfragen. Dann können wir den Komplex abschlie-
ßen.

Die erste Zusatzfrage, Herr Kollege Girisch.




Parl. Staatssekretärin Brigitte Schulte

14491


(C)



(D)



(A)



(B)



Georg Girisch (CSU):
Rede ID: ID1414826700
Frau Staatssekretärin, es
trifft nicht zu, dass irgendjemand in meinem Wahlkreis
bzw. in der gesamten Oberpfalz über die Auflösung infor-
miert war. Ich habe mich allerdings darüber gewundert,
dass die SPD-Abgeordneten die Pläne als selbstverständ-
lich hingenommen haben. Anscheinend waren sie vorher
informiert.

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1414826800
Herr Kollege, ich versuche, Ih-
nen das noch einmal zu erklären: Wir haben jene Kolle-
gen zeitgleich mit dem Bundestag unterrichtet, in deren
Wahlkreis ein signifikanter Wegfall von über 500 Dienst-
posten oder eine Halbierung der Zahl der vorhandenen
Dienstposten vorgesehen sind. Wir haben mit Freuden er-
lebt, wie in der Julius-Leber-Kaserne viele Kollegen über
ihre Handys informiert wurden. Herr Kollege Breuer hat
uns extra gebeten, diese Möglichkeiten zu schaffen, damit
die Betroffenen telefonisch unterrichtet werden konnten.

Es war aber richtig, mit diesen Plänen – das hat übri-
gens damals Herr Stoltenberg genauso gemacht – zuerst
ins Parlament zu gehen, bevor die Öffentlichkeit unter-
richtet wird. Weil wir heute das moderne Internet haben,
haben wir zeitgleich mit der Unterrichtung des Verteidi-
gungsausschusses die Pläne ins Internet gestellt. Auch die
Mitglieder des Bundestages sind sofort darüber unterrich-
tet worden, dass sie die Abfrage durchführen können.


(Zuruf von der CDU/CSU: Aber nur im Intranet der Bundeswehr!)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1414826900
Liebe Kolleginnen
und Kollegen, ich lasse jetzt keine Zusatzfrage mehr zu.
Wir sind weit über die Zeit.

Ich darf der Frau Staatssekretärin für die Beantwortung
der Fragen sehr herzlich danken.

Die Fragestunde ist beendet. Ich rufe Zusatzpunkt 1 der
Tagesordnung auf:

Aktuelle Stunde
auf Verlangen der Fraktion der F.D.P.
Haltung der Bundesregierung zu den Äuße-
rungen von Bundesminister Müller zur vorge-
sehenen Änderung des Betriebsverfassungs-
gesetzes

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
Rainer Brüderle, F.D.P.-Fraktion.


(Zurufe von der SPD: Oh! – Der weiß doch nichts!)



Rainer Brüderle (FDP):
Rede ID: ID1414827000
Frau Präsidentin! Meine
Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister Müller,
Ihr 26-Punkte-Papier ist eine einzige Abrechnung mit den
verfehlten, durch die IG Metall geprägten Riester-
Vorschlägen zur Ausdehnung der Mitbestimmung.


(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Freien Demokraten können Ihrer schonungslosen
Analyse nur zustimmen. Ihr Papier, Herr Müller, sagt
ganz deutlich: Der Gesetzentwurf aus dem Hause Riester
ist mittelstandsfeindlich, bürokratisch und kostenintensiv.


(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Er ist nicht nur ein Anschlag auf die unternehmerische
Freiheit, sondern ein kräftiger Schlag ins Gesicht aller Ar-
beitslosen. Knapp 4,1 Millionen Arbeitslose sprechen
eine deutliche Sprache zur Beschäftigungspolitik der
Bundesregierung.


(Widerspruch bei der SPD)

Der Gesetzentwurf zementiert die Fremdbestimmung

in den Betrieben durch Gewerkschaftsfunktionäre und
schwächt das Selbstbestimmungsrecht der Mitarbeiter in
den Unternehmen vor Ort.


(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Er führt zu Mehrkosten von mindestens 2,7 Milliar-
den DM, wie das Institut der deutschen Wirtschaft gestern
feststellte.

Mitbestimmung darf nicht mehr als eine geschlossene
Veranstaltung von Gewerkschaftsfunktionären in Betrie-
ben verstanden werden. Wir müssen heute vielmehr die
Mitarbeiterbeteiligung als moderne Form der Mitbestim-
mung stärken.


(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zurufe von der F.D.P.: Das ist allerdings wahr! – Das ist das Gebot der Stunde!)


Mit der Beteiligung der Arbeitnehmer am Betriebsvermö-
gen, mit Aktienoptionen als Gehaltsbestandteil werden
Verteilungskonflikte entschärft,


(Zurufe von der SPD: Aha!)

die Identifikation mit dem Betrieb gesteigert und die Ar-
beitsmotivation erhöht.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das ist der Weg der Zukunft!)


Walter Riester und seine Mannen versuchen hier je-
doch, den ewiggestrigen Gegensatz zwischen Arbeit und
Kapital künstlich am Leben zu erhalten.


(Uwe Hiksch [PDS]: Sie sind doch ein Ewiggestriger mit Ihrer Rede!)


– Dass Gewerkschaftsfunktionäre Probleme haben, ver-
stehe ich.

Sie wollen die Realität in ein Zwangskorsett pressen
statt zu überprüfen, ob die Mitbestimmungsrituale heute
noch zeitgemäß sind.


(Konrad Gilges [SPD]: Eine klassenkämpferische Rede ist das!)


Das wird aber der zunehmenden Flexibilisierung der Ar-
beitswelt und dem Strukturwandel der Wirtschaft nicht
gerecht.


(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(C)



(D)



(A)



(B)


Herr Müller, angesichts solch wirtschaftsfeindlicher
und standortschädlicher Vorlagen ist das die letzte Chance,
in dieser Legislaturperiode wirtschaftspolitisches Profil zu
zeigen. Das ist angesichts der Betonmentalität der Regie-
rung auch dringend notwendig. Ihre Rücktrittsdrohung
vom Montag ist dem Ernst der Lage angemessen. Herr
Müller, stehen Sie endlich einmal zu dem, was Sie sagen!


(Lachen bei der SPD)

Erklären Sie sich heute eindeutig.


(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Nennen Sie die nicht verhandelbaren Punkte beim Na-
men.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Der Mittelstand freut sich, wenn er zurücktritt!)


Ich habe nie geglaubt, dass ich einmal zu Protokoll ge-
ben würde: Herr Müller ist der einzige Hoffnungsträger
dieser Regierung


(Lachen bei der SPD)

für eine verzweifelt gegen den Riester-Unsinn kämpfende
Wirtschaft.


(Detlev von Larcher [SPD]: Das ist alles so leicht zu durchschauen, Herr Brüderle!)


– Wer schreit, ist getroffen; das ist ein altes Sprichwort;
Sie als Funktionär entlarven sich hier deutlich. – Herr
Müller, Sie werden sonst Nummer acht im Rücktrittsor-
chester von Gerhard Schröder.

Die SPD-Fraktion – allen voran Herr Struck, der schon
viele vernünftige Dinge in dieser Periode gesagt hat –,
lässt sich ohne Not vor den Gewerkschaftskarren span-
nen. Die grüne Fraktionsspitze ist sich mal wieder unei-
nig: Herr Schlauch kündigt Änderungen an, Frau Müller
steht komplett hinter Riester.


(Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Die tauchen ab!)


Was Herrn Schlauchs Meinung in der grünen Fraktion
wert ist, hat man bei der Diskussion um das Günstigkeits-
prinzip erfahren. Den Entschuldigungsbrief für die Ge-
werkschaften hat er wahrscheinlich von seinen Partei-
freunden schon wieder diktiert bekommen.

Wo ist die neue Mittelstandsbeauftragte der Bundesre-
gierung?


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sie sitzt da – sprachlos!)


Frau Wolf bekommt mal wieder einen Maulkorb um-
gehängt und lässt den Mittelstand im Regen stehen.


(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Im Übrigen war auch nicht mehr von einer grünen Staats-
sekretärin zu erwarten. Die Vogel-Strauß-Politik der Grü-
nen wird wieder offenkundig: Kopf in den Sand stecken
und mit dem Hinterteil wackeln, damit sich überhaupt et-
was bewegt.


(Heiterkeit bei der F.D.P. und der CDU/CSU)


Herr Müller, ich hoffe, Ihre Position ist wirklich ernst
gemeint und keine bewusste Inszenierung zur Vorberei-
tung eines eleganten Querausstiegs. Ich habe von Cham-
pagner-Wetten gehört, die Sie auch gern verlieren wür-
den. Doch bevor Sie aussteigen, machen Sie Ihren Job
endlich einmal richtig! Seien Sie ein Minister für die Wirt-
schaft und nicht gegen die Wirtschaft!


(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Norbert Wieczorek [SPD]: Die Arbeitnehmer sind auch Teil der Wirtschaft!)


Die Unternehmen, die Arbeitnehmer, die auf mehr Selbst-
bestimmung und weniger Funktionärsfremdbestimmung
setzen, und die Arbeitslosen im Lande würden es Ihnen
danken.


(Beifall bei der F.D.P. und sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Detlev von Larcher [SPD]: Das ist so leicht zu durchschauen!)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1414827100
Das Wort hat der Bun-
desminister für Arbeit und Sozialordnung, Walter Riester.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Darf Herr Müller nicht mehr?)


Walter Riester, Bundesminister für Arbeit und So-
zialordnung: Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Da-
men und Herren! Lieber Herr Brüderle, eben musste nie-
mand schreien, weil Sie mit dem, was Sie vorgetragen
haben, wirklich niemanden getroffen haben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sie nicht! Sie trifft nur Chaos!)


Zu den 4,1Millionen Arbeitslosen, die Sie jetzt bemüht
haben, verweise ich darauf, dass es noch gar keine Reform
der Betriebsverfassung gibt. Die Arbeitslosen haben wir
mit der alten Betriebsverfassung.


(Rainer Brüderle [F.D.P.]: Warum regt sich Herr Müller dann auf? Warum schreibt er das Papier?)


Aber nun zur Sache: Worum geht es? Nach 30 Jahren
ist eine Reform der Betriebsverfassung in der Tat überfäl-
lig, weil sich in den Betrieben eine ganze Menge verän-
dert hat.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Mehrkosten, jawohl!)


– Meine Damen und Herren von der Union, auf Ihre Zwi-
schenrufe gehe ich ja gerne ein, denn da lohnt es sich we-
nigstens, wie ich Ihnen gleich noch zeigen werde.

Wir wollen für Kleinbetriebe ein vereinfachtes, un-
bürokratisches Wahlverfahren.


(Beifall bei der SPD)

In Betrieben mit bis zu 50 Beschäftigten soll in einer
Wahlversammlung entschieden werden können. Nun hat
mir die Arbeitnehmergruppe der CDU/CSU dankenswer-
terweise ihre Vorstellungen zugeschickt. Dieser Gruppe




Rainer Brüderle

14493


(C)



(D)



(A)



(B)


gehören immerhin 71 Parlamentsmitglieder an. Sie schrei-
ben:

Wir treten ein für eine Vereinfachung des Wahlver-
fahrens in kleinen und mittleren Betrieben bis zu
100 Beschäftigten.

(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das Gegenteil macht ihr aber!)

Hier soll die Wahl eines Betriebsrats in einer Wahl-
versammlung durchgeführt werden.

Hier sind wir also nicht so ganz weit auseinander, meine
Damen und Herren.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Uwe Küster [SPD]: Sehr gute Idee! – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Aber ohne Demokratiedefizit!)


Worum geht es als Zweites? Wir wollen natürlich, dass
die Betriebsräte mit ordentlichen Mitteln ausgestattet sind
und auf gleicher Augenhöhe agieren können, und wir wol-
len, dass sie in ausreichender Zahl, auch was Freistellun-
gen angeht, ihre Aufgaben erfüllen können. Was sagt uns
die Union dazu? Die Arbeitnehmervertreter der Union
wollen die Freistellung schon ab 100 Beschäftigte. Darü-
ber kann man reden. Wir sagen: ab 200 in einem gestaf-
felten Verfahren.

Als Nächstes sagen wir: Weil sich in den Betrieben
eine ganze Menge verändert hat und der Betrieb heute
nicht mehr einfach wie früher der abgegrenzte Betrieb ist
– es gibt Betriebe als fraktale Fabriken; es geht bis hin zu
virtuellen Unternehmen –, wollen wir, dass sich künftig
per Tarifvertrag angemessene Strukturen entwickeln kön-
nen. Auch hier habe ich dem Schreiben der Union mit
Freude entnommen, dass wir auf einer Linie sind. Dort,
wo kein Tarifvertrag besteht, soll das die Betriebsverein-
barung machen. Hier ist also ein weiterer Punkt, bei dem
wir sehr produktiv zusammenarbeiten können.

Ferner sagen wir – auch da dürfte es ein breites Ein-
verständnis geben –: Wenn es zu Betriebsänderungen
kommt, die nachhaltig dazu führen, dass Beschäftigte ihre
erworbene Qualifikation nicht mehr einsetzen können,
soll der Betriebsrat dort natürlich eine zusätzliche Quali-
fizierung einfordern können. Wer kann eigentlich dage-
gen sein?


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Dazu brauchen Sie doch keinen Betriebsrat!)


Wir sind also guten Mutes, dass all das, was die Ar-
beitnehmergruppe der CDU/CSU parteiübergreifend for-
muliert hat – ich habe dieses Papier einen Monat nachdem
wir die Eckpunkte vorgetragen haben, die die Regierung
zur Betriebsverfassung einbringt, bekommen –, eine her-
vorragende Grundlage dafür darstellt, hier zu einer Zu-
sammenarbeit zu kommen.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Nun hat man mir im Ministerium gesagt, ich solle vor-
sichtig sein; so wie es früher die „Herz-Jesu-Marxisten“
gab, die wenig zu sagen hatten, handele es sich hier mög-
licherweise um eine ganz kleine Gruppe. Nachdem ich
mir das Schreiben angeschaut hatte, stellte ich fest, dass
es 71 Mitglieder der Fraktion sind. Das finde ich prima;
das ist eine gute Gruppe. Eines der 71 Mitglieder der
Fraktion heißt übrigens Angela Merkel.


(Georg Girisch [CDU/CSU]: Ich verbitte mir den Ausdruck „Herz-Jesu-Marxisten“!)


Jetzt sind wir in der guten Position, davon ausgehen zu
können, dass es eine breite Unterstützung für das Re-
formvorhaben gibt, sodass wir, wenn wir in die Debatte
gehen, nachdem wir einen Regierungsbeschluss haben
werden, wichtige Reformschritte wohl nicht so strittig
werden diskutieren müssen, wie wir es leider bei der Re-
form der Rentenversicherung machen mussten.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. HansJosef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Meine Damen und Herren, wir haben also einen guten
Ansatz, eine breite parlamentarische Mehrheit für die Re-
form eines Gesetzes hinzubekommen, das 1972 verab-
schiedet wurde und 30 Jahre lang kaum verändert worden
ist, das jetzt aber angesichts der Tatsache novelliert wer-
den muss, dass es heute eine massive Veränderung in den
Betrieben und bei den Beschäftigten gibt. Wenn Sie von
der F.D.P. große Bedenken haben und nicht mitstimmen
wollen, dann wird das zu ertragen sein.


(Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Aber Sie werden sich unseren guten Argumenten stellen müssen, Herr Riester!)


– Wenn Ihre Argumente gut sind, stelle ich mich ihnen
gern. Aber dann müssen sie anders als das sein, was Herr
Brüderle heute vorgetragen hat.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich komme zum Schluss. Der von der F.D.P. beantrag-
ten Aktuellen Stunde liegt eine ganz andere Frage zu-
grunde.


(Dr. Irmgard Schwaetzer [F.D.P.]: Was sagt denn der Herr Müller dazu?)


– Ich kann Sie beruhigen. Sie dürfen davon ausgehen,
dass es eine abgestimmte Position im Kabinett geben
wird. Sie wird darüber hinaus von einer breiten Mehrheit
getragen.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Weiß der Herr Müller davon?)


Ich werde mit allen mir zur Verfügung stehenden Mög-
lichkeiten dazu beitragen, dass wir zu einer gemeinsamen
Position kommen, die wir Ihnen vortragen werden. Wenn
die F.D.P. sie nicht mitträgt, dann werden wir das zur
Kenntnis nehmen. Wenn Sie gute Argumente haben, dann
werden wir uns mit denen auseinander setzen.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Hoffentlich weiß der Herr Müller von dem, was Sie reden!)





Bundesminister Walter Riester
14494


(C)



(D)



(A)



(B)


Ich baue darauf, dass das Wort der Union, wie es in
dem Schreiben zum Ausdruck kommt, das sie mir ge-
schickt hat, weiterhin gilt. Insofern sehe ich dieser De-
batte wirklich guten Mutes entgegen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1414827200
Nun hat der Kollege
Gerald Weiß, CDU/CSU-Fraktion, das Wort.


(Zuruf von der SPD: Der malt jetzt wahrscheinlich schwarz!)


Gerald Weiß (Groß-Gerau) (CDU/CSU): Herr Präsi-
dent! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eigent-
lich wollte ich erst über das Verfahren und dann über die
Sache reden. Herr Minister, nach Ihrem Beitrag drehe ich
die Reihenfolge um; denn ich befürchte, dass aus Ihren
Tagträumereien über Möglichkeiten der Zusammenarbeit
mit der Arbeitnehmergruppe der CDU/CSU nichts wird.
Weil wir nicht wollen, dass es zu einer Legendenbildung
kommt,


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

möchte ich folgende Hinweise machen.

Erstens. Ein vereinfachtes Wahlverfahren ist in Ord-
nung. Aber für ein Wahlverfahren, das zu einem undemo-
kratischen Haurucksystem führt und die Arbeitnehmer-
rechte statt sie zu stärken in Wahrheit verkürzt, gilt: Mit
uns nicht, Herr Riester!


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)


Zweitens. In Ihrem Gesetzentwurf werden die Rechte
von Minderheiten mit einem Federstrich in brutaler Weise
abgeschafft.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Konrad Gilges [SPD]: CGB, den gibt es überhaupt nicht mehr?!)


Durch eine Manipulation, durch eine Neukonstruktion
des Wahlverfahrens zur Besetzung von Betriebsausschüs-
sen


(Uwe Hiksch [PDS]: Die Rede hat doch der Michelbach geschrieben!)


wird aus einem DGB-Stimmenanteil von 51 Prozent ein
Stimmenanteil an den übrigen Mandaten von undemokra-
tischen 100 Prozent – das sagt jemand, der einer DGB-Ge-
werkschaft angehört –; daher ist das, was Sie hier vorge-
legt haben, demokratisch nicht zu akzeptieren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Was ist mit den kleineren Gewerkschaften? Was ist mit

den christlichen Gewerkschaften? Was ist mit den unab-
hängigen Betriebsräten? Wir wollen, dass sich die Plura-
lität auch in den Mitbestimmungsorganen widerspiegelt!
Ihr Tun ist massiv falsch.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)


Ich will auch etwas zum Unterlassen sagen: Vor Tische
las man es anders. In der Koalitionsvereinbarung von Ok-
tober 1998 ist davon die Rede, dass die Mitbestimmung
des einzelnen Arbeitnehmers gestärkt werden soll. Dort
ist die Rede von der Aufwertung individueller Partizipati-
onsrechte. Frau Thea Dückert von den Grünen glaubte so-
gar noch im Jahr 2000 an die Koalitionsvereinbarung,


(Detlev von Larcher [SPD]: Lesen!)

als sie davon sprach, man werde einen eigenständigen
Zweig direkter Partizipation der Mitarbeiter entwickeln.
Von dem Ansatz der Stärkung personaler Rechte, die wir
für unverzichtbar halten, findet sich im Gesetzentwurf
nichts.


(Zurufe von der SPD: Lesen! Lesen!)

Herr Riester, deshalb sind wir auch in diesem Punkt nicht
mit dem einverstanden, was Sie vorgelegt haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Konrad Gilges [SPD]: Lesen Sie doch mal den Entwurf!)


In einem sind wir uns einig: Betriebliche Mitbestim-
mung ist wichtig. Im Übrigen ist sie in Deutschland von
Christlich-Sozialen erfunden worden, als andere noch von
Klassenkampf, von Verstaatlichung und von Planwirt-
schaft geträumt haben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P. – Hans Michelbach [CDU/ CSU]: Sehr richtig! Das ist der Punkt!)


Mitbestimmung und Sozialpartnerschaft sind auch ein
Standortfaktor. Dass Deutschland Vizeweltmeister hin-
sichtlich der geringsten Anzahl an Streikverlusttagen ist,
hängt mit der Sozialpartnerschaft in unserem Land zu-
sammen.


(Zurufe von der SPD: Na also!)

Die Sozialpartnerschaft haben andere als diejenigen, die
den Klassenkampf gepredigt haben, geschaffen: Ludwig
Erhard – Stichwort soziale Marktwirtschaft –, Hans Katzer
und Konrad Adenauer. Das sind die Namen, die für diese
Ordnung stehen, meine sehr verehrten Damen und Her-
ren.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Was wollen denn Müller oder Riester? Wer liegt denn

eigentlich unten, wer oben? Das kann man bei diesen
Schaukämpfen von außen gar nicht mehr erkennen, meis-
tens deswegen nicht, weil der Bundeskanzler die Szene
verstellt. Viel Lärm um eine schwere Geburt! In diesem
koalitionsinternen Selbstfindungsprozess musste das
kommen, was immer kommt: das Machtwort des Kanz-
lers. Aber es gibt, wie wir jetzt gelernt haben, ein Leben
nach dem Machtwort Ihres Kanzlers. In diesem lebendi-
gen Diskussionsprozess muss und wird es noch viele Aus-
einandersetzungen geben. Was Sie uns jetzt hier vorgelegt
haben, ist unzureichend und in zentralen Punkten bei Ih-
nen selbst streitig. Jetzt muss deshalb eine gründliche,
saubere, ehrliche und unideologische Diskussion geführt
werden.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.




Bundesminister Walter Riester

14495


(C)



(D)



(A)



(B)



(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Detlev von Larcher [SPD]: Die Ideologen sitzen doch bei der CDU/CSU! – Zuruf von der PDS: Und bei der F.D.P.! – Detlef von Larcher [SPD]: Bei der sowieso!)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1414827300
Jetzt erteile ich das
Wort der Kollegin Dr. Thea Dückert für Bündnis 90/Die
Grünen.


Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1414827400

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gerade nach
der einführenden Rede von Herrn Brüderle möchte ich
doch feststellen – ich glaube, das muss hier eingangs fest-
gestellt werden –, dass für uns Demokratie, Partizipation
und mehr Teilhabe in den Betrieben zum demokratischen
Prozess gehören, dass Demokratie in die Betriebe hinein-
gehört und nicht vor den Betrieben Halt machen darf.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf des Abg. Rainer Brüderle [F.D.P.])


Für uns, Herr Brüderle, gehören hierzu nicht nur kollek-
tive Mitbestimmung und kollektive Partizipation, sondern
ebenso die Stärkung der individuellen Beteiligungsrechte
in den Betrieben.


(Dr. Irmgard Schwaetzer [F.D.P.]: Dann hätten Sie aber ein anderes Gesetz machen müssen!)


Das, Herr Brüderle, empfinde ich nicht als einen Anschlag
auf Unternehmer –


(Rainer Brüderle [F.D.P.]: Das ist von Müller!)

ich weiß gar nicht, was diese Kampfrhetorik aus finsteren
Zeiten hier soll –,


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Kennen Sie einen Herrn Müller?)


sondern ich halte es – das sage ich Ihnen deutlich – für
eine Selbstverständlichkeit, dass Menschen, die ein Drit-
tel ihrer Zeit in den Betrieben verbringen, die ihre soziale
Sicherheit und auch ihre Gesundheit von ihrer Arbeit in
den Betrieben abhängig machen, Mitbestimmung und
Partizipation sowie Einfluss darauf, wie sie tagsüber ar-
beiten, gewährt wird.

Wir wollen einen Hauch von Bürgergesellschaft auch
in den Betrieben. Das ist, meine Damen und Herren, keine
Kampfansage, sondern ein Angebot zur Kooperation.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Rainer Brüderle [F.D.P.]: Lesen Sie einmal bei Müller nach!)


Wer behauptet, dass das überflüssig oder gar undemokra-
tisch ist, fällt wirklich in die verstaubten Auseinanderset-
zungen der 50er- und 70er-Jahre zurück.


(Zuruf von der CDU/CSU: Warum beschimpfen Sie Herrn Müller so?)


Herr Brüderle, wir müssen darüber konstruktiv diskutie-
ren, wir brauchen aber keine Fundamentalopposition,
keine Hahnenkämpfe zum Beispiel älterer Verbandsfürs-
ten. So etwas gehört wirklich in die Asservatenkammer
der Geschichte.

Wir wollen nicht darüber diskutieren, ob wir mehr
Mitbestimmung brauchen; denn das ist ganz klar. Wir
wollen darüber diskutieren, wie wir diese Mitbestimmung
modernisieren können. Der Minister hat hier richtig ge-
sagt, das Gesetz ist veraltet und kann nicht mehr angepasst
werden an die Veränderungen, die wir in dieser Gesell-
schaft im Arbeitsprozess, in den Betrieben und in den Un-
ternehmensstrukturen erleben. Eines ist klar: Die Mitbe-
stimmung hat sich in der Vergangenheit bewährt, ihre
jetzige Form gibt aber keine angemessene Antwort mehr
auf die Herausforderungen der Zukunft.

Ich halte es nicht für unmodern, wenn man über Mit-
bestimmung oder Partizipation diskutiert. Es ist vielmehr
zeitgemäß, wenn die Betriebe versuchen, sich zukünftig
perspektivisch an drei Kriterien auszurichten: Nötig sind
erstens moderne Managementstrukturen, das ist völlig
klar – dazu gehören auch Kooperation und Auseinander-
setzung in den Betrieben –, zum Zweiten gut angepasste
und bewegliche Mitbestimmungsregeln und zum Dritten
eben eine Erweiterung individueller Mitbestimmung in
den Betrieben. Das ist ein spezifisch deutscher Weg, un-
ser spezifisches Milieu industrieller Kooperation ist auf
dieser Basis aufgebaut worden.


(Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Gehen Sie doch einmal auf die konkreten Bedenken der Wirtschaft ein!)


Ich denke, dass wir daran sehr gut anknüpfen können.

(Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Sie reden um den heißen Brei herum!)

Das ist mitnichten eine Standortgefährdung. Die Vergan-
genheit hat gezeigt, dass durch die Mitbestimmung in Kri-
sensituationen in kleinen und in großen Unternehmen
mehr Arbeitsplätze gesichert worden sind, als Mitbestim-
mung an Arbeitsplätzen kostet. Ich erinnere nur an VW
oder auch an kleinere Betriebe wie Olympia, Wilhelms-
haven.

Es ist eine große Herausforderung – das ist völlig
klar –, die Mitbestimmung zu verändern, zu modernisie-
ren, den neuen Gegebenheiten anzupassen. Das geschieht
durch flexible Regelungen, wie sie in diesem Entwurf in
Form von Experimentierklauseln, was die Anpassung der
Mitbestimmungsstrukturen angeht, vorgesehen sind.


(Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Die Wirtschaft braucht keine Experimente, sondern klare Rahmenbedingungen!)


Das geschieht aber auch durch offene Regelungen – es ist
kein Arbeitsbegriff oder Betriebsbegriff abschließend
mehr zu definieren – oder über Entschlackung, etwa durch
vereinfachte Wahlverfahren.

In dem Entwurf, der hier diskutiert wird, sind viele
Anregungen der Grünen aufgegriffen worden. Er ist – das




Gerald Weiß (Groß-Gerau)

14496


(C)



(D)



(A)



(B)


sage ich deutlich – eine sehr gute Basis für das Gesetzge-
bungsverfahren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Dieses Gesetzgebungsverfahren beginnt nächste Woche.
Die Diskussion ist also noch nicht abgeschlossen; viel-
mehr müssen wir hier – das ist selbstverständlich – eine
offene Auseinandersetzung führen. Wir müssen dabei
auch über Veränderungen und Kompromisse reden. Ich
glaube, dass es unsere Funktion ist, dabei einzelne Fragen
aufzugreifen.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1414827500
Frau Kollegin, den-
ken Sie bitte an die Redezeit. Wir sind in der Aktuellen
Stunde.


Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1414827600

Ich komme auch gleich zum Schluss.

Eine Frage ist zum Beispiel die der vereinfachten
Wahlverfahren. Dass wir solche brauchen, ist überhaupt
keine Frage; denn die Mitbestimmung muss sich ausdeh-
nen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Aber nicht nach dem Muster des § 14 a!)


Aber ich meine schon, dass man bei den Wahlverfahren,
die an einem Tag stattfinden, die Frage stellen sollte – wir
sollten dies auch diskutieren –, ob es nicht eine Mindest-
beteiligung geben muss.


(Zuruf von der CDU: Sehr richtig!)

Die Zahl von 35 Prozent ist jedoch viel zu hoch.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1414827700
Frau Kollegin, Ihre
Redezeit ist leider abgelaufen. Wir sind in der Aktuellen
Stunde.


Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1414827800

Sie haben Recht, Frau Präsidentin. Ich komme zum
Schluss.

Fundamentalopposition hilft nicht weiter. Ich glaube,
dass es viele Punkte gibt, die wir in der Debatte aufgrei-
fen müssen und können, und zwar auf der Basis dessen,
was hier in Form eines guten, zukunftsweisenden Ent-
wurfs eingebracht werden wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1414827900
Sie wissen alle, dass
in der Aktuellen Stunde die Redezeit von fünf Minuten
eingehalten werden muss. Ich wollte gleichwohl noch ein-
mal darauf hingewiesen haben. Das tut mir manchmal
sehr Leid; aber so ist es.

Nun hat der Kollege Hiksch für die PDS das Wort.


Uwe Hiksch (PDS):
Rede ID: ID1414828000
Frau Präsidentin! Liebe Kolle-
ginnen und Kollegen! Wer die Eingangsrede von Herrn

Brüderle gehört hat, spürt die Unterschiede zwischen Ge-
werkschaften und Betriebsräten auf der einen und dem
F.D.P.-Funktionär Brüderle auf der anderen Seite sehr
deutlich. Während Gewerkschaften und Betriebsräte
schon lange erkannt haben und sich immer dafür einge-
setzt haben, dass eine Grundvoraussetzung dafür, dass
Betriebe sich innovativ entwickeln können, die ist, dass
unternehmerische Fehlentscheidungen korrigiert werden
können und dass vor allen Dingen eine soziale Absiche-
rung vorhanden ist – sie haben mit dem DGB-Entwurf
deutlich gemacht, wie die betriebliche Mitbestimmung in
Zukunft weiterentwickelt werden kann –, hat sich Kollege
Brüderle dafür entschieden, nicht zu erkennen, dass das
19. Jahrhundert schon lange vorbei ist,


(Lachen bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Zuruf von der CDU/CSU: Das sagt genau der Richtige!)


dass der Klassenkampf von oben, wie er ihn predigt,
schon lange vorbei ist und dass vor allem ein Teil der De-
mokratie darin besteht, dass Arbeitnehmerinnen und Ar-
beitnehmer nicht mehr als Unterdrückte in die Betriebe
gehen, dass sie auf gleicher Augenhöhe mit den Unter-
nehmern reden dürfen und dass Demokratie im Betrieb
eine Grundvoraussetzung dafür ist, dass sich Demokratie
überhaupt entwickeln kann.


(Beifall bei der PDS – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sie leben doch in der Betriebsräterepublik!)


Deshalb, Kolleginnen und Kollegen, muss man in dop-
pelter Hinsicht dankbar für diese Aktuelle Stunde sein:
erstens weil sie zeigt, dass die F.D.P. auf den Müllhaufen
der Geschichte des 19. Jahrhunderts gehört. Zweitens hat
die F.D.P. die Möglichkeit gegeben, deutlich zu machen,
dass die Auseinandersetzungen, das, was in der Bundes-
regierung inszeniert wurde, nicht mehr als ein Schauspiel
sind, ein Schauspiel deshalb, Kolleginnen und Kollegen,
weil nicht glaubhaft ist, dass es wirklich fundamentale
Auseinandersetzungen zwischen denen, die im Wirt-
schaftsministerium einen Entwurf vorgelegt haben, und
denen gibt, die den Entwurf erarbeitet haben, der derzeit
von Walter Riester als so genannter Riester-Entwurf ver-
treten wird.

Das, was die SPD noch in der Opposition, im Wahl-
programm und später in der Koalitionsvereinbarung zu-
gesagt hatte – nämlich Demokratie und weitere Mitbe-
stimmungsmöglichkeiten voranzubringen, wie es im
DGB-Entwurf deutlich dargelegt wurde –, findet man im
Riester-Entwurf nicht. Fehlanzeige! Weder ist es gelun-
gen, einen neuen Arbeitnehmerbegriff zu definieren, der
den betrieblichen Realitäten endlich Rechnung trägt und
der dafür sorgt, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-
mer mitarbeiten können, auch wenn sie nicht Arbeitneh-
mer in traditioneller Form sind, noch ist es gelungen,
einen neuen Betriebsbegriff einzuführen, wie er beispiels-
weise im DGB-Entwurf vorgeschlagen wurde und wie ihn
die PDS unterstützt.

Aufgrund der betrieblichen Realität von heute darf
man nicht nur die räumliche Verbundenheit sehen, son-
dern man muss räumliche Verbundenheit auf der einen




Dr. Thea Dückert

14497


(C)



(D)



(A)



(B)


Seite vor allen Dingen mit den Arbeitsabläufen auf der
anderen Seite verknüpfen. Es kann nicht mehr alleine da-
rum gehen, Betriebe traditioneller Prägung wie im
Riester-Entwurf zu definieren. Man muss vielmehr von
Arbeits-abläufen ausgehen. Die Mitbestimmung muss
sich auch dann auf einen einheitlichen Betrieb beziehen,
wenn er in unterschiedlichen Unternehmen oder Rechts-
formen angelegt ist. Auch da gilt für den Riester-Entwurf:
Fehlanzeige.

Wir als PDS-Bundestagsfraktion sehen das große Pro-
blem darin, dass dieses Schauspiel zum einen die Ge-
werkschaften disziplinieren soll


(Zuruf von der SPD: Riester diszipliniert die Gewerkschaften?)


und zum anderen davon ablenken soll, dass mit dem jet-
zigen Entwurf von Riester für ein Betriebsverfassungsge-
setz der nächste Bruch mit Vorstellungen eingeleitet wird,
die die Sozialdemokratie als Oppositionspartei noch für
richtig gehalten hat.

Warum spreche ich vom Disziplinieren der Gewerk-
schaften? Herr Riester und die Partei der neuen Mitte, die
SPD, versuchen mit dem jetzigen Entwurf – gemessen an
den Ansprüchen, auf die sich Gewerkschaften und die So-
zialdemokratie in der Oppositionszeit verständigt hatten,
geht er nicht weit genug; nein, er stellt in weiten Berei-
chen sogar ein Placebo dar –, Folgendes zu signalisieren:
Liebe Gewerkschaften, bitte schimpft nicht zu sehr auf
diesen schlechten Entwurf! Wir könnten nämlich noch
ganz anders.


(Beifall bei der PDS)

Dieses Schauspiel wird durch diese Aktuelle Stunde end-
lich offen gelegt.

Es ist schon geradezu peinlich, wenn von 26 Kri-
tikpunkten, die der Bundeswirtschaftsminister Müller in
seiner Stellungnahme aufzählt, 25 mit Positionen der
Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände
identisch sind. Wenn man die Stellungnahme des
Bundeswirtschaftsministers liest, dann kann man erken-
nen, dass in weiten Teilen Formulierungen von Arbeit-
geberfunktionären, die hinter die Regelung von 1972
zurück wollen, wörtlich übernommen wurden.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Er hat einmal einen lichten Augenblick gehabt! Irgendwann braucht jeder einen Lichtblick!)


Es kann nicht angehen, dass der Bundeswirtschaftsminis-
ter die Mitbestimmung infrage stellt, sie zurückschrauben
will und eine Position bezieht, die in unserem Land schon
seit langem der Vergangenheit angehören sollte.


(Beifall bei der PDS)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich fordere Sie auf:

Lasst uns gemeinsam über den DGB-Entwurf diskutie-
ren! Lassen Sie uns über den Entwurf der PDS-Bundes-
tagsfraktion für eine wirkliche und fortschrittliche Mitbe-
stimmung im Betrieb diskutieren! Lassen Sie uns den
Beitrag von Herrn Brüderle als einen Beitrag zum Fa-
sching abhaken und endlich zu einer zukunftsorientierten

und tatsächlichen Mitbestimmung für die Arbeitnehme-
rinnen und Arbeitnehmer kommen.

Danke schön.

(Beifall bei der PDS – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das glaube ich, dass Wirtschaft bei Ihnen Fasching ist!)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1414828100
Ich erteile das Wort
dem Bundesminister für Wirtschaft und Technologie,
Werner Müller.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Jetzt kommt es! Alles Müller oder was?)


Dr. Werner Müller, Bundesminister für Wirtschaft
und Technologie: Frau Präsidentin! Meine Damen und
Herren! Was ist eigentlich die Sachlage? Erstens. Geplant
ist, dass sich das Kabinett am 14. Februar mit dem
Betriebsverfassungsgesetz befasst.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Eine große Neuigkeit!)


Zweitens. Der Entwurf einer Novelle aus dem Arbeitsmi-
nisterium liegt vor. Drittens. Ich habe gesagt, dass ich dem
sehr umfangreichen Entwurf so nicht in allen Punkten zu-
stimmen kann.


(Zuruf von der CDU/CSU: 26! – Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Bleibt es dabei?)


Viertens. Es gilt die Geschäftsordnung der Bundesregie-
rung.

Das ist die Sachlage.

(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Und persön lich?)

Nirgendwo steht geschrieben, dass die Kabinettsmitglie-
der ihre Ressortabstimmung auf Antrag der F.D.P. im Ple-
num durchzuführen haben.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der F.D.P.: Es wäre aber besser so!)


Da ich noch ausreichend Redezeit habe, will ich einige
Anmerkungen zur Reform des Betriebsverfassungsgeset-
zes machen, obwohl im Grunde alles schon gesagt ist. Die
Reform an sich ist, wie ich gestern der Presse entnehmen
konnte, auch aus Sicht der Unionsfraktion notwendig.


(Zuruf von der CDU/CSU: Diese nicht!)

Ich gestehe: Ich bin ausweislich dessen, was ich in den

Zeitungen lese, wohl nicht der Wunschwirtschaftsminis-
ter von Herrn Zwickel. Aber das ist auch nicht sehr
schlimm; ich bin ja in diesem Hause nicht auf das Wohl
der IG Metall vereidigt worden.


(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Hans Michelbach [CDU/ CSU]: Endlich mal ein Lichtblick! Endlich mal die Wahrheit! Aber wer hat das Sagen? Trotzdem die IG Metall!)





Uwe Hiksch
14498


(C)



(D)



(A)



(B)


Ich bin allerdings auch nicht auf das Wohl der BDA
oder des BDI vereidigt und ich bin sicherlich nicht der
Wirtschaftsminister, den Herr Hundt sich immer wünscht;
denn ich werde und will seinem Wunsch nicht entspre-
chen, diese Reform generell zu verhindern.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich bin ein überzeugter Anhänger der Mitbestimmung
und ich habe sie vor 20 Jahren zu lernen begonnen, ge-
prägt beispielsweise von den Herren Adolf Schmidt und
Hermann Rappe. Im Gegensatz zu manchem Funktionär,
der heute mitdiskutiert, habe ich 20 Jahre Erfahrung in der
alltäglichen Zusammenarbeit mit Betriebsräten.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Aber nichts dazugelernt! – Gegenrufe von der SPD: So ein Quatsch! – Eine dumme Bemerkung!)


Sicher habe ich mein Berufsleben überwiegend in
großen Unternehmen verbracht. An die Adresse der
Großindustrie gerichtet will ich sagen: Ohne die Mitbe-
stimmung hätte die Großindustrie den Strukturwandel mit
Rationalisierungen, Fusionen, Ab- und Aufgabe von Be-
triebsteilen in den letzten 15 Jahren schlicht nicht geschafft.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Für die Großindustrie ist der Betriebsrat heute unter an-
derem ein unverzichtbares Element der strategischen Un-
ternehmensführung.


(Zuruf von der SPD: So ist es! – Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Wir wollen nicht wissen, wie es in der Vergangenheit war! Wie ist es in der Zukunft? – Zuruf von der CDU/CSU: Reden Sie mal vom Mittelstand!)


Eines werden wir immer zu bedenken haben: Ist eine
Entscheidung gefallen, geht der Unternehmer nach Hause.
Der Betriebsrat aber muss dann die Entscheidung seiner
Belegschaft vermitteln. Ich weiß aus unzähligen Gesprä-
chen mit mittelständischen Unternehmern, wie sehr sie die
Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat schätzen.

Das Betriebsverfassungsgesetz ist eines der zentralen
Elemente, den immer dynamischeren Wirtschaftsablauf
gesellschaftspolitisch friedlich zu gestalten. Eine solche
Grundvoraussetzung kostet etwas; das steht außer Frage.
Ich will hinzufügen: Gesellschaftspolitischer Unfriede
geht zulasten der Wirtschaft, der Gewinne und der Ein-
kommen und schlussendlich zulasten der Arbeitsplätze.


(Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Geht es vielleicht auch ein bisschen konkreter?)


Ich sehe meine Aufgabe darin, diese gesellschaftspoli-
tische Grundfunktion des Betriebsverfassungsgesetzes
auch in Zukunft wirkungsvoll zu erhalten.


(Uwe Hiksch [PDS]: Das merkt man Ihrer Stellungnahme aber nicht an!)


Dieses Ziel erfordert, dass ich einige Punkte des BMA-
Entwurfes kritisch hinterfrage;


(Zuruf von der CDU/CSU: „Einige“? 26!)

denn sie könnten kontraproduktiv wirken.

Damit bin ich dann wieder am Ausgangspunkt meiner
Ausführungen angelangt; denn die kritischen Fragen der
Ressortabstimmung finden eben nicht hier im Plenum,
sondern erst einmal woanders statt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Das sind doch Phrasen! Es wäre hilfreich, wenn Sie sich auf Punkte festlegten!)


Aber eines kann ich Ihnen prognostizieren: Es wird im
Ergebnis eine Reform geben, die die Unternehmen nicht
unzumutbar belasten wird. Darin sehe ich meine Aufgabe.
Ich sage jedoch auch: Die Unternehmen sind gefordert,
den Kabinettsbeschluss, den wir für den 14. Februar ge-
plant haben, dann konstruktiv aufzugreifen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Fundamentalopposition, mit der einzelne Verbände
der Wirtschaft die Diskussion ursprünglich begonnen ha-
ben, hilft nicht weiter. Im Gegenteil, sie ist kontraproduk-
tiv.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Wenn Sie so wenig zu sagen haben, würde ich mir weniger Redezeit geben lassen!)


Ich werde auch die Gewerkschaften bitten, den Kom-
promiss, den wir im Kabinett beschließen werden, kon-
struktiv aufzugreifen und sich insofern, wie ich hoffe, der
vorbildlichen Haltung der Arbeitgeberverbände anzu-
schließen.


(Heiterkeit bei der SPD)

In Richtung F.D.P. erlaube ich mir noch eine Bemer-

kung: Sie haben durchaus die Möglichkeit, die Reform,
die wir jetzt vorhaben, genauso mitzutragen, wie Sie die
Reform 1972 mitgetragen haben.


(Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Unsere Vorschläge liegen ja vor!)


Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Bundesminister Walter Riester erhebt sich von der Regierungsbank und reicht Bundesminister Dr. Werner Müller die Hand – Lachen bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Männerfreundschaft! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Das war die Pirouette Riester/ Müller!)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1414828200
Nun erteile ich für die
CDU/CSU-Fraktion dem Kollegen Gunnar Uldall das
Wort.


Gunnar Uldall (CDU):
Rede ID: ID1414828300
Frau Präsidentin! Meine
Damen und Herren! Dieser symbolische Handschlag zwi-
schen Ihnen, Herr Minister Müller, und Ihnen, Herr




Bundesminister Dr. Werner Müller

14499


(C)



(D)



(A)



(B)


Minister Riester, zeigt gerade, wie gespannt die Situation
zwischen Ihnen beiden ist.


(Lachen bei der SPD)

Dadurch haben Sie nichts geheilt, sondern dadurch haben
Sie im Grunde genommen nur Auskunft darüber gegeben,
wie angespannt die Lage zwischen Ihren beiden Häusern ist.


(Zustimmung bei der CDU/CSU – Lachen bei der SPD)


Selten hat es in den letzten Jahrzehnten eine derart große
Diskrepanz zwischen einem Wirtschaftsminister und ei-
nem Arbeits- und Sozialminister gegeben, wie sie heute
zwischen Minister Müller und Minister Riester deutlich
geworden ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Detlev von Larcher [SPD]: Da ist aber Ihr Gedächtnis sehr kurz!)


Selten hat es in den letzten Jahrzehnten ein Papier eines
Ministers gegeben, das den Gesetzentwurf eines anderen
Ministers derart zerpflückt hat wie das sehr ausführliche
und sehr konzentrierte Papier, mit dem Sie, Herr Minister
Müller, gegenüber Herrn Minister Riester Ihren Wider-
spruch deutlich gemacht haben. Und selten, Herr Minis-
ter Riester, hat es – trotz des Handschlages eben – einen
Minister gegeben, der einem anderen Minister das Ge-
spräch verweigert hat, mit dem zu einem gemeinsamen
und sachlich fundierten weiteren Vorgehen gelangt wer-
den könnte.

Herr Minister Müller will sich durchsetzen und sagt im
„Focus“, er sei nicht gewillt, in dieser Sache wirkungslos
zu bleiben.


(Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Ein toller Anspruch!)


Minister Riester will seine Konzeption auch durchsetzen.
Was machen Sie, Herr Minister Müller,


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Pirouetten drehen!)


wenn Sie in dieser Sache doch wirkungslos bleiben?

(Werner Siemann [CDU/CSU]: Dann kriecht er auf Riester zu!)

Die Fälle, in denen Sie und Ihre Vorstellungen vom Kabi-
nett übergangen wurden, sind vielfältig. Deswegen ist es
nicht ganz von der Hand zu weisen, dass Sie auch dieses
Mal wirkungslos bleiben werden. Ist danach dann Busi-
ness as usual angesagt? Oder welche Konsequenzen wol-
len Sie dann ziehen? Nur drohen, aber nicht handeln
schwächt die Position des Wirtschaftsministers.

Es ist ja interessant, Herr Minister, dass Sie nicht nur
im Widerstreit mit Minister Riester stehen, sondern auch
im Widerstreit zur Fraktion der SPD, die Ihnen eben gar
nicht die gebührende Aufmerksamkeit gezollt und nicht
entsprechend geklatscht hat.


(Lachen bei der SPD)

Auch ist es interessant, dass die Wirtschaftspolitiker, die
Sozialpolitiker, die Finanzpolitiker der Fraktion der Grü-
nen in dieser Frage hinter Müller stehen und dass auch

Frau Dückert eben nicht die gebührende Aufmerksamkeit
von ihren Koalitionskollegen bekommen hat.

Dieses Thema geht also tiefer an die sachliche Ausei-
nandersetzung innerhalb der Koalition, als es der Hand-
schlag zwischen Müller und Riester eben hätte zeigen
können.


(Zurufe von der SPD)

Meine Damen und Herren, die weltweite Öffnung der

Märkte, ein härterer internationaler Wettbewerb, eine
schnellere Entwicklung neuer Produkte und neuer Tech-
nologien, all das erfordert eine schnellere Handlungs-
fähigkeit der Unternehmen.


(Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Und dazu gehören Betriebsräte!)


Deswegen ist nicht mehr Regulierung, sondern mehr Frei-
raum für die Unternehmen erforderlich.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Arbeitsplätze entstehen nicht dadurch, dass man mehr
Vorschriften erlässt, sondern sie entstehen durch mehr un-
ternehmerischen Wagemut.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)


Aus diesem Grunde sagt Minister Müller in seiner kriti-
schen Stellungnahme zu Recht, dieses Gesetz habe erheb-
liche negative Folgen für die Wettbewerbsfähigkeit deut-
scher Unternehmen und Auswirkungen auf die Stand-
ortwahl. Richtig, Herr Minister Müller! Deswegen
müssen Sie sich durchsetzen.

Jetzt fragen wir uns einmal: Was bedeutet dieses Ge-
setz eigentlich für die Arbeitnehmer im Betrieb? Zunächst
kann man feststellen: Zukünftig muss ein Betrieb ab
100Arbeitnehmern statt fünf Arbeitnehmer sieben Arbeit-
nehmer in den Betriebsrat entsenden.


(Zuruf von der SPD: Der Betrieb muss entsenden?)


Nun frage ich mich: Was haben die Arbeitnehmer in die-
sem Betrieb davon, wenn sich statt fünf Arbeitnehmern
sieben Arbeitnehmer zu den Betriebsratssitzungen tref-
fen? Dies bedeutet keinerlei qualitative Verbesserung.


(Zurufe von der SPD)

Dann geht es weiter: Die Betriebe mit 200 Arbeitneh-

mern müssen zukünftig einen Arbeitnehmer freistellen.
Nun sind nicht alle Unternehmen kapitalintensiv und ha-
ben Vollzeitkräfte. Ich möchte in diesem Zusammenhang
das Modell eines Betriebes, eines Reinigungsunter-
nehmens, ansprechen, dessen 200 Arbeitnehmer fast aus-
schließlich Teilzeitkräfte sind. Dieses Unternehmen hat
eine Gewinnsituation in der Größenordnung von
150 000 DM, weil die Arbeitnehmer ja nur Teilzeitkräfte
sind und deswegen nicht sehr viel Umsatz machen. Ein
zusätzlicher Vollzeitbetriebsrat frisst den Gewinn in die-
sem Betrieb fast vollständig auf. Das ist die Realität in den
kleinen und mittelständischen Betrieben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)





Gunnar Uldall
14500


(C)



(D)



(A)



(B)


Deswegen sage ich abschließend: Die vorgesehene
Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes ist ein Schlag
gegen den Mittelstand, gegen die Teilzeitarbeit und gegen
den Wirtschaftsstandort Deutschland. Deswegen muss
diese Änderung im Kabinett gestoppt werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Franz Thönnes [SPD]: Diese Rede war eine Rede gegen die Demokratie!)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1414828400
Ich erteile das Wort
dem Kollegen Werner Schulz, Bündnis 90/Die Grünen.

Werner Schulz (Leipzig) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr
Kollege Uldall, es ist schon verblüffend, wie Sie hier ver-
suchen, einen freundlichen Händedruck im Plenum in
Handgreiflichkeiten umzudeuten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Lachen bei der CDU/ CSU)


Es ist genauso verblüffend – auch das muss ich Ihnen sa-
gen –, dass man das gute und wichtige Thema der be-
trieblichen Mitbestimmung zum Inhalt einer solchen Ak-
tuellen Stunde macht.

Herr Kollege Brüderle, Ihnen geht es doch gar nicht um
Kosten, um Mitgestaltung und um Inhalte.


(Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Uns geht es um den Mittelstand in diesem Land!)


Bei Ihnen kommt langsam die möllemannsche Sucht zum
Ausdruck, Sachfragen in Personalkonflikte zu verwan-
deln.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ihnen geht es nicht um die Anzahl der Betriebsräte, son-
dern um die Zahl der zurückgetretenen Minister; das ist
hier deutlich geworden.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Dass sich diese Zahl erhöht, das möchten Sie erreichen.
Aber diesen Spalt werden Sie nicht in die Koalition

treiben. Denn beide Minister haben hier deutlich gesagt:
Die Koalitionsfraktionen gehen mit einer abgestimmten
Vorlage ins Kabinett. – Dort wird sie beraten. Dann be-
ginnt die Stunde des Parlaments. Dann können wir das
Ganze beraten. Wir sind offen für Veränderungen, Kor-
rekturen, Verbesserungsvorschläge und dergleichen mehr.

So ist normalerweise das parlamentarische Verfahren.
So war das immer und so werden wir das auch jetzt tun.
Das sei auch an alle Interessenverbände gesagt, die sich
jetzt lautstark melden. Noch steht die Mitbestimmung der
Abgeordneten, die der Fraktionen und selbstverständlich
die der Minister,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

bevor die Gesamtberatung abgeschlossen ist. Das jetzt
Geplante kann im Laufe der Beratungen, wie das häufig

geschehen ist, verbessert werden. Da sind natürlich sub-
stanzielle Vorschläge von Ihnen gefragt. Dazu habe ich
nicht viel gehört.

Eines muss man doch feststellen: Das Betriebsverfas-
sungsgesetz hat sich bewährt. Es hat die Tarifpartner-
schaft verstärkt, das Betriebsklima verbessert und den Be-
triebsfrieden erhalten. Dieses Betriebsverfassungsgesetz
ist für unser Land zu einem Standortvorteil geworden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Das sollten wir jetzt nicht, wie das in früheren Jahren pas-
siert ist, wieder herunterreden. Auch sollten wir nicht wie-
der die ganzen alten Kämpfe aufnehmen. Ich habe ja Ver-
ständnis für die aktuelle 68er-Debatte. Die ist
bildungspolitisch sehr wichtig.


(Rainer Brüderle [F.D.P.]: Die kennen Sie doch gar nicht!)


– Herr Brüderle, ich weiß darüber vielleicht mehr als Sie.
Aber das ist ein anderes Thema. – Ich glaube bloß, dass
uns dieses Polit-Revival im Hinblick auf die alten Kämpfe
der Bundesrepublik von 1952 und von 1972, als im
Zusammenhang mit der Mitbestimmung schon der Unter-
gang des Abendlandes und der Einbruch des Sozialismus
auf westdeutschem Boden befürchtet worden sind, nicht
einen Deut weiter bringt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wir befinden uns heute in der Situation, dass die Mit-
bestimmung der betrieblichen und der gesellschaftlichen
Wirklichkeit angepasst werden muss. Das heißt, die Mit-
bestimmung muss auf der einen Seite – das ist uns wich-
tig – qualitativ verbessert werden. In den Betrieben
kommt es heute angesichts der Globalisierung bzw. des
Strukturwandels zu strukturellen Veränderungen. Das be-
trifft den gesamten Bereich des Outsourcings, neue Orga-
nisationsformen wie zum Beispiel Netzwerke, neue Be-
schäftigungsformen und dergleichen mehr. Wir müssen
dem gerecht werden.


(Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Das tut ihr aber nicht!)


Denn machen wir uns nichts vor: Viele der kleinen und
mittelständischen Betriebe sind eigentlich outgesourcte
Großindustrien.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Widerspruch bei der F.D.P.)


Wenn die Tendenz zu kleinen und mittelständischen
Betrieben geht, dann sollte die Mitbestimmung mitgehen.
Auch das ist wichtig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Denn nicht mit Konfrontation, sondern nur mit Koopera-
tion kommen wir in diesem Bereich weiter.

Wir wollen die Mitbestimmung auf der anderen Seite
als ein Instrument im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit




Gunnar Uldall

14501


(C)



(D)



(A)



(B)


stärken. Wenn es stimmt – empirische Untersuchungen
belegen das –, dass Unternehmenskrisen zum überwie-
genden Teil auf Managementfehler zurückzuführen sind,
dann frage ich Sie: Warum beziehen wir nicht rechtzeitig
das Wissen, die Erfahrung und die Kenntnisse der Be-
triebsräte ein?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Das ist wichtig und wir können uns noch im Detail darü-
ber streiten. Wie gesagt: Das Verfahren ist offen.

Ich möchte betonen, dass wir den Wirtschaftsminister
ausdrücklich in seinen Bemühungen stärken, Anregun-
gen, Verbesserungen und Kritik aus der Wirtschaft einzu-
bringen. Es spricht auch überhaupt nichts dagegen, wenn
dieses Vorhaben im Bündnis für Arbeit behandelt wird.
Wenn es dort Verbesserungen gibt, sind wir dafür offen,
diese aufzunehmen. Es wird in dieser Situation hilfreich
sein, denn eines sollte uns bewusst sein: Wir dürfen den
Standort nie wieder so herunterreden, wie das in den
90er-Jahren passiert ist; denn nur in der gemeinsamen
Ausgestaltung der Mitbestimmung besteht ein Standort-
vorteil, den wir nutzen sollten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1414828500
Das Wort hat für die
F.D.P. der Kollege Dr. Heinrich Kolb.


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1414828600
Frau Präsidentin! Liebe
Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Minister Müller,
ich muss mich zunächst an Sie wenden. Wenn Ihre heutige
Rede für das steht, was Sie in den nächsten Tagen an Kamp-
fesgeist zeigen wollen, dann ist das kein gutes Ohmen.


(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Sie haben um den heißen Brei herumgeredet und sich im
Kreis gedreht. Am Schluss haben Sie symbolisch Ihre
Zelte abgebaut. Ich kann Ihnen, Herr Minister, nur sagen:
Wenn Sie in dieser Frage einknicken und umfallen, haben
Sie jede Glaubwürdigkeit beim deutschen Mittelstand
verloren.


(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Detlev von Larcher [SPD]: Das haben Sie Gott sei Dank nicht zu bestimmen!)


Sie haben als Minister jederzeit die Gelegenheit, noch-
mals an das Rednerpult zu treten und mir zu antworten.


(Detlev von Larcher [SPD]: Ihr Scharlatane! – Gegenruf des Abg. Rainer Brüderle [F.D.P.]: Rote Barone! Feudalisten!)


Ich frage Sie: Stehen Sie zu Ihren klaren Aussagen in
Ihrem Schreiben an Bundesminister Riester? Darin stehen
26 Punkte, von denen ich Ihnen fünf nennen will. Zu Zif-
fer 3 – aktives Wahlrecht für Leiharbeitnehmer – haben
Sie ganz klar gesagt: Lehne ich ab. Zu Ziffer 4 – Absen-
kung des Schwellenwertes für die betriebliche Mitbe-
stimmung – haben Sie eine klare Aussage gemacht: Lehne

ich ab. Zu Ziffer 5 – keine Wahl im Hauruckverfahren –
frage ich Sie: Stehen Sie dazu? Zu Ziffer 10 – Freistel-
lungen, Absenkung der Schwellenwerte – haben Sie ge-
sagt: Lehne ich ab. Stehen Sie auch dazu, Herr Minister
Müller? In Ziffer 12 heißt es: kein obligatorischer Kon-
zernbetriebsrat.


(Beifall bei der F.D.P.)

Das sind die Fragen, die wir heute von Ihnen beantwortet
haben wollen. Ich fordere Sie auf: Schweigen Sie nicht!
Kommen Sie her und stellen Sie die Dinge klar!


(Erika Lotz [SPD]: Aktuelle Stunde! Keine Fragestunde!)


Ich fordere Sie wirklich dringend auf, mit der Formu-
lierung, es gebe einen Modernisierungsbedarf im Be-
triebsverfassungsgesetz, nicht einfach den Sprachge-
brauch der Gewerkschaften nachzubeten.


(Peter Dreßen [SPD]: Auch nicht den der F.D.P.!)


Ein Wirtschaftsminister, der ständig im Mittelstand und
bei den Unternehmen unterwegs ist, müsste es eigentlich
besser wissen.

Herr Minister Riester, natürlich hat sich in den letzten
30 Jahren etwas verändert.


(Jörg Tauss [SPD]: Ach?)

Diese Veränderungen lassen sich mit den Stichworten In-
dividualisierung, Flexibilisierung, Entbürokratisierung,
mehr Betriebsautonomie und betriebliche Bündnisse für
Arbeit beschreiben.


(Beifall bei der F.D.P.)

Sie, Herr Riester, versuchen, diese Entwicklungen zu kon-
terkarieren und die Mitbestimmung alter Art, die eher durch
den Amboss als durch das Internet gekennzeichnet ist,


(Lachen bei der SPD)

in die Zukunft zu prolongieren. Das kann doch wohl nicht
sein.


(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Franz Thönnes [SPD]: Gleich kommt der Kolb mit der Maus raus!)


Ich möchte – Frau Dückert hat in das gleiche Horn ge-
blasen – den Mittelstand gegen Vorwürfe, es gäbe ein De-
mokratiedefizit – so sagt es Frau Engelen-Kefer – oder
man brauche mehr Demokratie – so Dieter Schulte heute
in der „Welt“ –, was impliziert, es gebe ein undemokrati-
sches Verhalten im Mittelstand, in Schutz nehmen.


(Peter Dreßen [SPD]: Gibt es auch!)

Dazu will ich, auch wenn das einige von Ihnen anders se-
hen, klar sagen: Unternehmer, insbesondere mittelstän-
dische Unternehmer, sind besonders wertvolle Mitglieder
unserer Gesellschaft, weil sie eine überpersönliche
Verantwortung wahrnehmen und das wichtigste soziale
Gut für die Menschen in unserem Lande schaffen: Ar-
beitsplätze.


(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)





Werner Schulz (Leipzig)

14502


(C)



(D)



(A)



(B)


Wie ist das denn in anderen Ländern, in denen man Mit-
bestimmung nach dem deutschen Muster nicht kennt? Ist
das alles undemokratisches Gebaren, so beispielsweise in
den Vereinigten Staaten oder in England, um nur zwei
Länder zu nennen? Das kann doch wohl nicht Ihr Ernst
sein.


(Detlev von Larcher [SPD]: Holland! – Gegenruf des Abg. Rainer Brüderle [F.D.P.]: Herr Baron!)


Nehmen Sie, Herr Hiksch, bitte zur Kenntnis: Die
Menschen, die in kleinen oder mittleren Unternehmen ar-
beiten, sind keine entrechteten Sklaven, sondern selbstbe-
wusste Leistungsträger, die sehr oft auf eine langjährige
Betriebszugehörigkeit zurückblicken können. Das wäre
doch wohl kaum der Fall, wenn sie so geknechtet würden,
wie Sie es hier behauptet haben.


(Beifall bei der F.D.P.)

Es gibt aber einen Unterschied: In kleinen und mittle-

ren Unternehmen funktioniert die direkte Kommunika-
tion zwischen dem Unternehmer und dem Arbeitnehmer
in der Regel noch anders als in den großen Unternehmen,
in denen Manager dann, wenn sie Fehler machen, mit Mil-
lionenabfindungen auf den nächsten Posten geschoben
werden. Im Mittelstand steht der Unternehmer mit seinem
persönlichen Hab und Gut für die Richtigkeit seiner Ent-
scheidungen gerade. Diese Unternehmer haben in der Re-
gel immer auch das Wohl der Arbeitnehmer im Blick.


(Detlev von Larcher [SPD]: Bangemann! Möllemann! Rexrodt! Haussmann!)


Ich habe, liebe Kolleginnen und Kollegen, nur noch sehr
wenig Zeit. Deswegen will ich symbolisch auf einen Punkt
eingehen. Es sind das neue Wahlverfahren in § 14 a Be-
triebsverfassungsgesetz und die Erweiterung des Kündi-
gungsschutzes in § 15 Kündigungsschutzgesetz, die im
Mittelstand wirklich die Alarmglocken läuten lassen. Das
sieht dann doch so aus, Herr Riester: Wer als Arbeitneh-
mer Probleme im Unternehmen hat und mit einer Kündi-
gung rechnen muss, der ruft dann künftig zur Gründung
eines Betriebsrates auf.


(Zuruf von der SPD: Sie als Unternehmer sollten sich da nicht einmischen!)


Das Ergebnis ist sofortiger Kündigungsschutz, mindes-
tens bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses, aber als
Mindestgröße dann noch drei Monate. Das wird von Ih-
nen nicht limitiert, sondern kann beliebig oft geschehen.
Es kann also nach drei Monaten durchaus noch einmal zur
Wahl eines Betriebsrates aufgerufen werden. Das, Herr
Minister Riester, kann ja wohl nicht Ihr Ernst sein.


(Zuruf von der SPD: Das ist dummes Zeug! Dumm Tüüch!)


Wenn Sie den Mittelstand stärker als bisher mit Mitbe-
stimmung überziehen wollen, dann werden wir versu-
chen, Ihnen das auszureden. Allein, wir haben nicht die
Mehrheit, das zu verhindern. Herr Minister Müller könnte
das verhindern durch sein Veto.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1414828700
Herr Kollege, Sie
müssen an Ihre Redezeit denken, bitte.


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1414828800
Ich komme zum
Schluss.


(Franz Thönnes [SPD]: Wenn man am Ende ist, soll man zum Schluss kommen!)


Sie, Herr Minister Müller, sollten wenigstens an dieser
Stelle die Bedenken des Mittelstandes im Auge behalten.
Insgesamt ist der Entwurf, so wie wir ihn jetzt kennen, ex-
trem mittelstandsfeindlich. Deswegen ist es an Ihnen zu
handeln: Lehnen Sie diesen Entwurf ab!


(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Detlev von Larcher [SPD]: Unsinn! Nichts als Unsinn! – Gegenruf des Abg. Rainer Brüderle [F.D.P.]: Herr Baron!)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1414828900
Für die SPD-Fraktion
spricht jetzt der Kollege Dr. Ditmar Staffelt.


Dr. Ditmar Staffelt (SPD):
Rede ID: ID1414829000
Frau Präsidentin! Meine
sehr verehrten Damen und Herren! Ich finde, dass diese
Debatte in dieser Polemik, in dieser hektischen, überzoge-
nen Art und Weise weder unserem Land noch den Arbeit-
gebern und Arbeitnehmern helfen kann.


(Beifall bei der SPD)

Sie sollten auf den Boden der Realität zurückfinden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das sage ich einmal in Richtung der F.D.P., die 1972 in ei-
ner sozialliberalen Koalition – offensichtlich waren das
aber F.D.P.-Politiker, die noch etwas andere Wertvorstel-
lungen für unsere Gesellschaft hatten –


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


mit uns gemeinsam dieses Mitbestimmungsgesetz verab-
schiedet hat. Dies sage ich aber auch in Richtung der
CDU/CSU. Wir haben ja ein modernes Gemeinwesen. Ich
habe einmal im Internet unter „CDU, Politik A bis Z, Par-
teizentrale“ nachgeschaut. Dort steht:

Mitbestimmung und Mitwirkung der Arbeitnehmer
in Betrieben und Unternehmen sind für uns eine un-
verzichtbare Grundlage unserer Wirtschafts- und So-
zialordnung.


(Lachen und Beifall bei der SPD)

Die Würde des arbeitenden Menschen verlangt seine
Teilhabe an Entscheidungen, die die Bedingungen für
seine Arbeitswelt setzen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Zurufe von der SPD: Oh! – Zurufe von der CDU/ CSU: Bravo!)


Merken Sie denn nicht, dass Sie schon wieder auf einem
politischen Irrweg ins Abseits dieser Gesellschaft sind?


(Beifall bei der SPD)

Sie stehen ja nicht einmal zu dem, was schwarz auf weiß
in Ihren Programmen steht. Also kommen Sie doch zu ei-
ner sachgerechten Diskussion zurück!

Ich habe mit vielen Unternehmerinnen und Unterneh-
mern geredet. Darunter sind übrigens sehr vernünftige, die




Dr. Heinrich L. Kolb

14503


(C)



(D)



(A)



(B)


wissen, dass eine vernünftige Zusammenarbeit mit den
Vertreterinnen und Vertretern der Arbeitnehmerschaft ins-
besondere in schwierigen Situationen der Unternehmen
außerordentlich hilfreich ist. Daran gibt es doch gar kei-
nen Zweifel.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich selbst habe in meiner beruflichen Tätigkeit erlebt, wie
wichtig dieses Zusammenwirken in kritischen Situationen
war und ist.

Ich füge noch eines hinzu: Wir leben in Deutschland in
einer auf Konsens ausgerichteten Gesellschaft. Sie sagen,
Sie seien es, die die soziale Marktwirtschaft in diesem
Lande wesentlich geprägt haben. Warum bekennen Sie
sich dann aber nicht zu diesem Konsensmodell, zu dem
auch eine ordentliche Mitbestimmung gehört?


(Beifall bei der SPD)

Herr Uldall, Sie haben gesagt: Noch nie haben Ar-

beitsminister und Wirtschaftsminister so weit auseinander
gestanden. Ich erinnere mich noch an Diskussionen zwi-
schen Herrn Rexrodt


(Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Das war ein Wirtschaftsminister, der gekämpft hat!)


und Herrn Blüm: Steuerreform, Rente, nicht einmal das
popelige Ladenschlussgesetz haben sie in ihrer Zeit auf
die Reihe gekriegt. Seien Sie daher mal ganz ruhig und
zurückhaltend!


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Ich bin ganz sicher, dass diese Regierung in der nächs-
ten Woche einen Beschluss fassen wird, der sich sehen
lassen kann und den wir gemeinsam sachlich diskutieren.
Ich weiß sehr genau, dass Sie am Ende dieser Auseinan-
dersetzung, die Sie jetzt führen, in der Sache einschwen-
ken müssen, weil es letztlich auch darum geht, dass Re-
den und Handeln in Übereinstimmung bleiben.


(Jörg Tauss [SPD]: Das ist viel verlangt!)

Sie sagen hier: Wir brauchen nicht mehr Regulierung,

sondern mehr Wagemut. Ich weiß gar nicht, warum Sie
das alternativ zueinander diskutieren. Ein Unternehmer
kann wagemutig sein, kann Fantasie entwickeln, Ideen
haben und wird dafür die Unterstützung seiner Betriebs-
räte haben. Warum rücken Sie immer das Gegeneinander
und nicht das Miteinander in den Mittelpunkt Ihrer Be-
trachtung?


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich füge noch eines hinzu, womit wir aufräumen soll-
ten – das gilt für das neue wie für das alte Gesetz –: Nie-
mand wird gezwungen, einen Betriebsrat zu wählen.
Wenn er in einem Unternehmen nicht gewollt wird, dann
gibt es auch keinen. Es gibt keinen entsprechenden Druck.


(Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Das ist anders! Er kann sich notfalls auch alleine wählen! – Weitere Zurufe von der F.D.P.)


– Nein, daran ändert sich nichts.

Ich füge hinzu: Schauen Sie sich an, was die Vertreter
von Stiftungen, was bedeutende Leute der Wirtschaft zu
diesem Thema gesagt haben:


(Dirk Niebel [F.D.P.]: Eben!)

Der Kooperationsgedanke auf der einen Seite und die ef-
fektive Unternehmensführung auf der anderen Seite müs-
sen und werden nicht gegeneinander stehen. Beispiele
dafür gibt es viele. Ich bin sicher, dass Detailfragen, die
zwischen den Häusern und auch innerhalb der Koalition
in Rede gestanden haben, am Ende in befriedigender
Weise gelöst werden,


(Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Es geht nicht um Details, sondern um entscheidende Fragen!)


letztlich für mehr Mitbestimmung in dieser Gesellschaft,
für ein Stück mehr Demokratie, aber auch für eine
effizientere Wirtschaft in unserem Lande.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1414829100
Jetzt hat der Kollege
Johannes Singhammer für die CDU/CSU-Fraktion das
Wort.


Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1414829200
Frau Präsi-
dentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr
Kollege Staffelt, eine moderne Betriebsverfassung nutzt
den Arbeitnehmern, den Arbeitgebern und dem Standort
Deutschland.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Aber die Pläne, die Sie hier vorgelegt haben, haben über-
haupt keinen Nutzen. Sie nutzen nicht dem einzelnen Ar-
beitnehmer, nicht der Belegschaft,


(Peter Dreßen [SPD]: Lesen Sie erst einmal den Gesetzentwurf!)


nicht dem Betrieb, nicht den Gewerkschaften, nicht den
Gewerkschaftsmitgliedern. Sie nutzen einzig und allein
dem Monopol der größten und stärksten Gewerkschaft,
dem DGB. So ist es auch beabsichtigt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Kein Wunder bei dem Mitgliederschwund! – Peter Dreßen [SPD]: Kein intelligenter Satz!)


Dieser Entwurf ist in der DGB-Zentrale geschrieben
worden und Herr Riester ist mit dem Föhn darüber ge-
gangen.


(Lachen bei Abgeordneten der SPD)

Jetzt muss der Bundeskanzler die Zeche für die Unter-
stützung seitens des DGB im Wahlkampf mit mindestens
8 Millionen DM zahlen.


(Detlev von Larcher [SPD]: Euch fällt kein vernünftiger Gedanke ein!)


Ich sage noch etwas: Demokratie heißt Herrschaft der
Mehrheit und Schutz der Minderheit – auch im Betrieb.
Das, was Sie hier vorlegen, würde zu einer Diskriminie-




Dr. Ditmar Staffelt
14504


(C)



(D)



(A)



(B)


rung und Ausgrenzung kleinerer Arbeitnehmervertretun-
gen führen. Ich lese Ihnen einmal vor, was Ihr Entwurf in
seiner Konsequenz bedeutet: Das Einreichen von Wahl-
vorschlägen für kleine Gewerkschaften und Gruppen soll
verhindert werden. Die Verhältniswahl/Listenwahl soll
als Regelwahl abgeschafft werden. Die Freistellung von
Betriebsräten soll künftig mit einfacher Mehrheit zuguns-
ten einer Fraktion erfolgen können. Die Besetzung von
Ausschüssen und Arbeitsgruppen soll künftig mit einfa-
cher Stimmenmehrheit erfolgen können. Der Wahlvor-
stand soll künftig wieder nur nach Gutdünken einer Mehr-
heitsfraktion zusammengestellt werden.

Alle Maßnahmen haben zur Folge, dass sich 51 Pro-
zent gegen 49 Prozent durchsetzen. Das ist das Gegenteil
von Minderheitenschutz. Wenn wir dieses Prinzip auf den
Deutschen Bundestag übertragen würden, dann wäre die
Opposition in keinem Ausschuss vertreten und stellte kei-
nen Ausschussvorsitzenden. Wenn es nach Ihnen ginge,
hätten wir wahrscheinlich nicht einmal Rederecht hier im
Deutschen Bundestag.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Dr. Irmgard Schwaetzer [F.D.P.]: So etwas nennen die Demokratie!)


Dem Betriebsrat werden Aufgaben übertragen, die er
nicht erledigen kann. Die Bekämpfung von Rassismus
und Fremdenfeindlichkeit wird zum Thema von Betriebs-
und Betriebsräteversammlungen und zu einer Aufgabe
des Betriebsrats gemacht. Das ist ein gefährlicher Schritt
hin zu einem allgemeinen politischen Mandat, der den Be-
triebsfrieden empfindlich stören wird.


(Jörg Tauss [SPD]: Unfug! – Franz Thönnes [SPD]: Quatsch!)


Denn die Realität in den Betrieben sieht doch ganz anders
aus.


(Peter Dreßen [SPD]: Das weiß ein Ministerialrat! Er weiß es am besten!)


Fremdenfeindlichkeit hat in den meisten Betrieben keine
Chance, weil das Prinzip „Kollegialität“ die Realität ist.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)


Die Betriebe brauchen auch keinen Betriebsrat, der letzt-
lich zu einer Art Betriebspolizei verbogen werden soll.


(Lachen bei der SPD)

Sie versäumen, mit Ihrem Entwurf auf die neuen Ent-

wicklungen und die Globalisierung einzugehen, die natür-
lich neue Herausforderungen mit sich bringen. Ich nenne
das Verhältnis des Betriebsrates zu einem runden Tisch
und das Verhältnis einer Partnerschaft von Arbeitnehmern
und Arbeitgebern in einem Betrieb zum Tarifvertrag. Da
lohnt es sich, Regelungen zu diskutieren und die richtige
Balance zu finden. Das spielt in der Praxis der Betriebe
derzeit eine entscheidende Rolle. Wie sieht es mit dem
Günstigkeitsprinzip aus?


(Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Das diskutieren wir morgen an dieser Stelle!)


Welche Regelungen können hier gefunden werden, um
den Tarifvertrag nicht auszuhöhlen, aber den einzelnen
Betrieben die notwendige Flexibilität zu geben? Das ist
ein spannendes Thema. Aber dazu lesen wir nichts.

Jetzt noch zu Ihnen, Herr Wirtschaftsminister Müller.
Ihre Aufgabe in der Bundesregierung ist es wohl, als po-
litischer Urwalddoktor weiße Salbe an die Arbeitgeber zu
verteilen. Dann kokettieren Sie noch mit dem Rücktritt.
Ich lese, ein Rücktritt werde nicht ausgeschlossen. Da
kriegt man eine richtige politische Gänsehaut.


(Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Er hört nicht einmal zu! Das ist das Schlimmste!)


Ich sage beiden Ministern: Die Betriebsverfassung ist
auf Konsens angelegt. Mit einem Dissens wird sie nicht
zum gewünschten Erfolg führen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1414829300
Jetzt hat der Kollege
Franz Thönnes, SPD-Fraktion, das Wort.


Franz Thönnes (SPD):
Rede ID: ID1414829400
Frau Präsidentin! Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Es ist schon merkwürdig,
wenn ein Ministerialrat uns hier die betriebliche Alltags-
welt erklären will und dann voll daneben liegt.


(Beifall bei der SPD)

Sie sollten sich damit abfinden: Reform besteht nicht nur
darin, dass Steuern und Lohnnebenkosten reduziert wer-
den und dass man Wirtschaftsförderprogramme neu orga-
nisiert. Nein, Reform ist auch ein qualitativer Prozess,
wenn es um die Erweiterung der demokratischen und so-
zialen Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern
geht.


(Beifall bei der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Reformen sind nach vorne gedacht, Herr Thönnes, und nicht nach hinten!)


Das heißt in unserer Demokratie Teilhabe und Verantwor-
tung.

1980 fielen noch gut 50,6 Prozent der Beschäftigten
unter die Regelungen des Betriebsverfassungsgesetzes.
1998 waren es nur noch circa 36 Prozent. Das hat etwas
mit der veränderten Wirtschaftsstruktur und den verän-
derten Organisationseinheiten in den Unternehmen zu
tun. Unsere Absicht ist es, diese Zahl wieder zu erhöhen.
Das ist nicht nur unsere Absicht, sondern auch die der
CDU/CSU-Arbeitnehmergruppe, die in ihrem Positions-
papier schreibt:

Wir wollen mit der Reform des Betriebsverfassungs-
gesetzes erreichen, dass wieder mehr Arbeitnehme-
rinnen und Arbeitnehmer durch Betriebsräte vertre-
ten werden.

Das machen wir. Das setzen wir jetzt um. Dies bedeutet
Teilhabe und Verantwortung.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)





Johannes Singhammer

14505


(C)



(D)



(A)



(B)


Wir haben 1972 gut 29 300 Betriebsratsgremien
gewählt. 1998 betrug die Zahl 38 000. Das ist eine Stei-
gerung um 30 Prozent. Dies war nicht der Untergang
des Abendlandes. Das konnte diese Wirtschaft nicht
nur verkraften. Ich glaube, sie ist dadurch sogar stark ge-
worden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Herr Brüderle, das war das Resultat der Koalition, die
damals regiert hat und dieses Gesetz gegen die Stimmen
der Opposition, die dieses Gesetz damals nicht unterstützt
hat, beschlossen hat.


(Rainer Brüderle [F.D.P.]: Belassen Sie es doch, wie es ist!)


Sie haben heute hier erklärt, die Umsetzung dieses Ge-
setzentwurfes brächte Kosten von 2,7 Milliarden DM mit
sich. Für diese Zahl haben Sie überhaupt keine empiri-
schen Grundlagen.


(Rainer Brüderle [F.D.P.]: Doch, natürlich!)

– Nein, das haben Sie nicht. Sie bauen einen Popanz auf,
indem Sie den Betriebsrat mit einem Kostenfaktor gleich-
setzen wollen. Das wird ihm nicht gerecht.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der F.D.P.)


220 000 Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben
haben das Vertrauen ihrer Wählerinnen und Wähler bei
den Betriebsratswahlen gefunden. Das sind keine fernge-
steuerten Funktionäre, wie Sie es hier darstellen wollen.
Das sind Menschen, die bereit sind, sich für andere ein-
zusetzen und Verantwortung zu übernehmen. Ich denke,
im Internationalen Jahr der Freiwilligen – Sie reden doch
so viel über das Ehrenamt – sollten wir diesen Menschen
erst einmal herzlich für ihr Engagement danken.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)


Was wir jetzt brauchen, ist eine nüchterne Aufklärung.
Wir brauchen eine Aufklärung über die Praxis und nicht
die ideologischen Nebelschwaden, die Sie von unten
langsam aufsteigen lassen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich zitiere Ihnen einmal Herrn Niedenhoff. Er kommt in
einer Untersuchung für das Institut der deutschen Wirt-
schaft im Sommer 1999 zu folgendem Ergebnis:

Der Betriebsrat ist durch seine Mitwirkungs- und
Mitbestimmungsrechte ein Produktionsfaktor. Dies
ist so und sollte von keiner Seite beklagt werden. In
der überwiegenden Mehrzahl der Betriebe in der
Bundesrepublik Deutschland trägt die partnerschaft-
liche Zusammenarbeit von Betriebsrat und Betriebs-
leitung dazu bei, das Betriebsklima zu verbessern
und den Betriebsfrieden zu erhalten. Gäbe es kein
Betriebsverfassungsgesetz, müssten dennoch die
Mitarbeiter in irgendeiner Weise am Entscheidungs-

prozess im Betrieb beteiligt sein, um diesen Be-
triebsfrieden zu erhalten.

(Rainer Brüderle [F.D.P.]: Zitieren Sie Herrn Müller!)

– Ich kenne Ihre Zwischenrufe. Behalten Sie Ihre Mei-
nung, Herr Brüderle, sie passt zu Ihnen!


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Rainer Brüderle [F.D.P.]: Warum sind Sie so betroffen?)


Wir werden das Gesetz verändern, damit es den neuen
Anforderungen und Bedingungen entspricht. Wir lassen
uns nicht auf die Auseinandersetzung ein, die von draußen
als Getöse in das Haus hineingetragen wird und die Sie
fortsetzen wollen. Die BDA spricht von „radikal“, „dich-
tes Geflecht“, „Explosion der Kosten“, „standortschäd-
lich“ und dass die Mitbestimmung die Spitzenstellung in
der ganzen Welt gefährde. Das Getöse ist uns nicht neu.
Das gab es schon 1920, 1952 und 1972. Drei Jahre da-
nach, 1975, hat der Personalchef von Henkel eingesehen:
Das Betriebsverfassungsgesetz müsste erfunden werden,
wenn es nicht schon existieren würde.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich will Ihnen etwas sagen, was mich bedenklich

stimmt. – Auf diese Spur werden Sie uns nicht bringen .–
Der Präsident des BDI, Michael Rogowski, hat am
27. November 2000 erklärt:

Ich finde auch, dass die Mitbestimmung im Auf-
sichtsrat eingeschränkt werden sollte und Arbeitneh-
mer dort nicht vertreten sein müssen. Aber dafür
sollte es in den Unternehmen starke Wirtschaftsaus-
schüsse geben. Die Betriebsräte müssen die Mög-
lichkeit haben, mit den Firmenleitungen über ihre
Planung und die Folgen, auch für die Beschäftigten,
zu reden.

Was wollen Sie denn nun? Ich will Ihnen sagen, was da-
hinter steckt: eine Kampagne, die die Rechte der Arbeit-
nehmer in dieser Gesellschaft einschränken soll. Das wird
mit dieser Regierung nicht zu machen sein.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1414829500
Herr Kollege, bitte
denken Sie an Ihre Redezeit.


Franz Thönnes (SPD):
Rede ID: ID1414829600
Begreifen Sie – das sage ich
dem Kollegen Uldall –, dass der Mensch im Betrieb nicht
auf eine Kostenstelle reduziert werden darf. Er ist wie un-
sere Mitbestimmung ein Produktivitätsfaktor.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1414829700
Herr Kollege, Sie
müssen bitte zum Schluss kommen.


Franz Thönnes (SPD):
Rede ID: ID1414829800
Mein letzter Satz: Dass Teil-
habe und Verantwortung ernst genommen werden, zeigt
sich daran, dass nur 0,3 Prozent aller Streitfälle vor Ge-
richt und 0,1 Prozent in der Einigungsstelle ausgetragen




Franz Thönnes
14506


(C)



(D)



(A)



(B)


werden. Teilhabe wird jetzt mit Verantwortung be-
antwortet. Wir sind bereit, Verantwortung mit Teilhabe zu
beantworten. Die CDU/CSU sollte einmal in ihren eige-
nen Reihen die Frage nach dem Betriebsklima stellen.
Vielleicht brauchen Sie mehr als manch anderer einen Be-
triebsrat.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1414829900
Als letztem Redner
erteile ich dem Kollegen Karl-Josef Laumann für die
CDU/CSU-Fraktion das Wort.


Karl-Josef Laumann (CDU):
Rede ID: ID1414830000
Frau Präsidentin!
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wenn man die
Debatte des letzten Vierteljahres über das Betriebsverfas-
sungsgesetz in Deutschland verfolgt hat, wenn man die
Debatte innerhalb der Bundesregierung sowie die heutige
Debatte im Bundestag verfolgt hat, muss man feststellen,
dass ein paar Dinge, die eigentlich selbstverständlich sein
sollten, völlig aus dem Blickwinkel gerückt sind.

Erstens. Ich kenne niemanden in der Bundesrepublik
Deutschland, der das bestehende Betriebsverfassungsge-
setz nicht akzeptiert bzw. verinnerlicht hat und die be-
triebliche Partnerschaft nicht für richtig hält. Warum ha-
ben wir nun auf einmal eine derart emotionsgeladene
Debatte über das Betriebsverfassungsgesetz? Das liegt
daran, dass wir eine Bundesregierung haben, die nicht die
Weiterentwicklung des jetzigen Betriebsverfassungsge-
setzes im Auge hat, sondern dabei ist, das Betriebsverfas-
sungsgesetz in wesentlichen Punkten zu überfrachten,


(Zurufe von der SPD: Oh!)

und damit eine grundsätzliche Auseinandersetzung über
dieses Thema heraufbeschworen hat.


(Jörg Tauss [SPD]: Vorsichtig! Das Thema ist heiß! – Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Minister Müller lacht zum ersten Mal!)


Jetzt frage ich Sie: Warum belasten Sie denn die De-
batte zum Betriebsverfassungsgesetz mit dem Vorhaben,
den Minderheitenschutz in den Wahlverfahren abzuschaf-
fen?


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Die Grünen verstehe ich in diesem Punkt überhaupt nicht.
Ich weiß noch nicht einmal, warum die DGB-Gewerk-
schaftler das eigentlich wollen. Habt ihr Angst vor diesen
Wahlen? Wenn eine Wahl mit einem Ergebnis endet, das
dem DGB nicht gefällt, dann ist das dennoch zu akzeptie-
ren, weil es die Belegschaft so gewollt hat.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Sie haben damit eine Diskussion begonnen, die Sie sich
dadurch hätten ersparen können, dass Sie souverän über
der Sache gestanden hätten.

In keinem einzigen von Hunderten von Briefen, die in
unseren Fraktionsbüros zum Betriebsverfassungsgesetz
eingegangen sind, wird eine Abschaffung des Minderhei-

tenrechtes bei Wahlverfahren gefordert, auch nicht von-
seiten des DGB. Ich habe auch keinen einzigen Brief er-
halten, in dem sich Betriebsräte für eine Änderung der
Schwellenwerte ausgesprochen hätten. Das ist doch ir-
gendwie komisch. Warum machen Sie an diesen Ecken
Fässer auf, die Sie gar nicht brauchen? Vielleicht tun Sie
dies, weil ein paar Gewerkschaftsfunktionäre denken, es
wäre ganz schön, damit den einen oder anderen zu bedie-
nen. Damit aber werden Sie die soziale Partnerschaft in
den Betrieben nicht verstärken können.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Wichtiger ist, im Zusammenhang mit dem Betriebs-

verfassungsgesetz zu bedenken, dass 80 Prozent aller
Beschäftigten in Kleinbetrieben arbeiten, dass es also für
80 Prozent aller Beschäftigten darauf ankommt, soziale
Partnerschaft in kleinen, überschaubaren Betrieben gelebt
zu sehen. Es geht hier nicht um die BASF, die ich am
Dienstag in Ludwigshafen besucht habe und die einen
mächtigen Betriebsrat hat, was in einem so großen Betrieb
ja auch in Ordnung ist.

Man muss anerkennen, dass es soziale Partnerschaften
auch in Betrieben gibt, die keinen Betriebsrat haben.


(Widerspruch bei der SPD)

– Doch, die gibt es schon, nämlich dort, wo man sich je-
den Morgen sieht, das heißt in Kleinstbetrieben mit fünf,
sechs oder sieben Leuten. Das müssen Sie einfach mal zur
Kenntnis nehmen.

Zweitens. Natürlich müssen wir für eine Vereinfa-
chung von Wahlverfahren sein. Es ist falsch, dass es
schwieriger ist, einen Betriebsrat zu wählen, als einen
Bundestagsabgeordneten in einem Direktwahlkreis auf-
zustellen. Es muss sichergestellt sein, dass derjenige, der
eine Betriebsratswahl anstößt, nicht entlassen wird. Wenn
so etwas geschieht, ist das eine Sauerei. Davor müssen wir
die Leute schützen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Aber anders herum hält die betriebliche Partnerschaft

nur, wenn Änderungen nicht in einem Ad-hoc-Verfahren
vorgenommen werden, bei dem unter Umständen nicht si-
chergestellt ist, dass alle im Betrieb an diesem Verfahren
beteiligt werden.


(Widerspruch bei der SPD)

Deswegen ist neben dem, was wir heute für Kleinbetriebe
haben, dem, was man sich vorstellen könnte, und dem,
was Sie vorschlagen, eine Lösung möglich, mit der man
beidem Rechnung tragen kann, damit Ad-hoc-Entschei-
dungen nicht möglich sind.


(Franz Thönnes [SPD]: Karl-Josef, jetzt bist du aber ein bisschen bösartig!)


Vielmehr sollten alle beteiligt werden und es sollte gut
überlegt werden, wer als Betriebsrat auch gewählt wird.


(Detlev von Larcher [SPD]: Haben Sie an dem Papier mitgewirkt?)


Ich möchte für meine Fraktion ausdrücklich sagen: Herr
Riester, wenn Sie die Überfrachtung der Zuständigkeiten




Franz Thönnes

14507


(C)



(D)



(A)



(B)







(C)(A) der Betriebsräte – Umweltschutz, Radikalismus, Minder-heitenwahlverfahren –


(Erika Lotz [SPD]: Rechtsradikalismus!)


in Ihrem Gesetzentwurf zur Disposition stellen, kann man
mit uns über alles reden. Wir sind die Partei der sozialen
Partnerschaft in Deutschland.


(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der SPD: Oh!)


Das haben wir immer bewiesen. Die Union ist mit Perso-
nen wie Konrad Adenauer, Karl Arnold, Norbert Blüm,
Hans Katzer die Partei gewesen, die Betriebsverfassung
und Mitbestimmung vorangebracht hat. Die Union ist
Vater und Mutter der betrieblichen Partnerschaft.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Aber die wollen wir auf die Betriebsräte konzentrieren,
möglichst ohne Einfluss von außen.

Schönen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1414830100
Die Aktuelle Stunde
ist beendet. Wir sind damit am Schluss unserer heutigen
Tagesordnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages ein auf morgen, Donnerstag, den 8. Februar
2001, 9 Uhr, ein

Die Sitzung ist geschlossen.