Protokoll:
14094

insert_drive_file

Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 14

  • date_rangeSitzungsnummer: 94

  • date_rangeDatum: 22. März 2000

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 13:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 17:00 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Erweiterung der Tagesordnung . . . . . 8689 D, 8701 A Tagesordnungspunkt 1: Befragung der Bundesregierung (Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung einer Bun- desstiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8671 A Karl Diller, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . 8671 B Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8672 B Karl Diller, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . 8672 C Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8672 C Karl Diller, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . 8672 C Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8673 A Karl Diller, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . 8673 B Wolfgang Zeitlmann CDU/CSU . . . . . . . . . . 8673 C Karl Diller, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . 8673 C Wolfgang Zeitlmann CDU/CSU . . . . . . . . . . 8673 C Karl Diller, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . 8673 D Wolfgang Bosbach CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 8673 D Karl Diller, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . 8674 A Roland Claus PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8674 B Karl Diller, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . 8674 B Wolfgang Zeitlmann CDU/CSU . . . . . . . . . . 8674 C Karl Diller, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . 8674 C Wolfgang Zeitlmann CDU/CSU . . . . . . . . . . 8674 D Karl Diller, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . 8674 D Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8675 A Karl Diller, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . 8675 B Wolfgang Bosbach CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 8675 B Karl Diller, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . 8675 C Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8675 C Dr. Ludger Volmer, Staatsminister AA . . . . . . 8675 D Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8675 D Dr. Ludger Volmer, Staatsminister AA . . . . . . 8675 D Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8676 A Dr. Ludger Volmer, Staatsminister AA . . . . . . 8676 A Tagesordnungspunkt 2: Fragestunde (Drucksache 14/2948) . . . . 8676 A Zusätzlicher Anflug von Berlin oder Leipzig bei Heimaturlaubs-Flügen von deutschen KFOR-Soldaten MdlAnfr 1 Wolfgang Dehnel CDU/CSU Antw PStSekr’in Brigitte Schulte BMVg . . . . 8676 B ZusFr Wolfgang Dehnel CDU/CSU . . . . . . . . 8676 C Drogen- und Alkoholmissbrauch bei Angehö- rigen der deutschen KFOR- und SFOR-Kon- tingente MdlAnfr 2 Werner Siemann CDU/CSU Antw PStSekr’in Brigitte Schulte BMVg . . . . 8677 B ZusFr Werner Siemann CDU/CSU . . . . . . . . 8677 C Prozentuale Erhöhung der Sozialhilfe-Regel- sätze ab 1. Juli 2000 angesichts der Zusatzbe- Plenarprotokoll 14/94 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 94. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 22. März 2000 I n h a l t : lastungen der Sozialhilfeempfänger durch die Inflationsrate und die Ökosteuer MdlAnfr 3, 4 PeterWeiß (Emmendingen) Antw PStSekr’in Ulrike Mascher BMA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8678 A, 8678 D ZusFr Peter Weiß (Emmendingen) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8678 A, 8679 A ZusFr Dr. Klaus Grehn PDS . . . . . . . . 8678 C, 8679 C ZusFr Birgit Schnieber-Jastram CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8678 C ZusFr Peter Dreßen SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 8679 D ZusFr Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . 8680 A Abgabe einer Erklärung von Auftragnehmern (zum Beispiel Journalisten) in Verträgen zur Frage der Scheinselbstständigkeit (§ 7 SGB IV) MdlAnfr 5, 6 Olaf Scholz SPD Antw PStSekr’in Ulrike Mascher BMA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8680 B, 8680 C ZusFr Olaf Scholz SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 8680 D Auswirkungen der Rentenanpassung nach In- flationsrate im Jahr 2000 auf Rentner und Bundesausgaben MdlAnfr 7, 8 Birgit Schnieber-Jastram CDU/CSU Antw PStSekr’in Ulrike Mascher BMA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8681 A, 8685 D ZusFr Birgit Schnieber-Jastram CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8681 B, 8685 D ZusFr Dr. Klaus Grehn PDS . . . . . . . . 8681 D, 8687 A ZusFr Wolfgang Meckelburg CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8682 A, 8686 C ZusFr Karl-Josef Laumann CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8682 B, 8686 B ZusFr Julius Louven CDU/CSU . . . . 8682 C, 8687 C ZusFr Dr. Ilja Seifert PDS . . . . . . . . . . . . . . . 8683 A ZusFr Thomas Strobl CDU/CSU . . . . 8683 B, 8687 B ZusFr Franz Romer CDU/CSU . . . . . . . . . . . 8683 C ZusFr Aribert Wolf CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 8683 D ZusFr Peter Weiß (Emmendingen) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8684 A, 8687 D ZusFr Johannes Singhammer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8684 B ZusFr Hannelore Rönsch (Wiesbaden) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8684 C, 8686 D ZusFr Andreas Storm CDU/CSU . . . . . . . . . . 8684 D ZusFr Peter Dreßen SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 8685 A ZusFr Christine Ostrowski PDS . . . . . 8685 B, 8688 B Finanzielle Förderung des Programms „Die so- ziale Stadt“ MdlAnfr 19 Christine Ostrowski PDS Antw PStSekr Achim Großmann BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8688 C ZusFr Christine Ostrowski PDS . . . . . . . . . . . 8688 D Aufbau von Unternehmen im Kosovo mit deut- scher Beteiligung nach österreichischem Vor- bild MdlAnfr 24 Wolfgang Dehnel CDU/CSU ZusFr StMin Dr. Ludger Volmer AA . . . . . . . 8689 B ZusFr Wolfgang Dehnel CDU/CSU . . . . . . . . 8689 C Beschleunigung des EU-Beitritts der Türkei; Euro-Skepsis bei der Bevölkerung der Bei- trittskandidaten wegen der EU-weiten Isolie- rung Österreichs MdlAnfr 26, 27 Matthäus Strebl CDU/CSU Antw StMin Dr. Ludger Volmer AA . . 8690 A, 8690 C ZusFr Johannes Singhammer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8690 B ZusFr Matthäus Strebl CDU/CSU . . . . . . . . . 8690 C ZusFr Dr. Gerd Müller CDU/CSU . . . . . . . . . 8690 D Initiativen zur Normalisierung des Verhältnisses zwischen Deutschland und Österreich sowie der EU und Österreich; Grundlage der Sanktionsbe- schlüsse gegen Österreich MdlAnfr 28, 29 Dr. Gerd Müller CDU/CSU Antw StMin Dr. Ludger Volmer AA . . 8691 A, 8692 C ZusFr Dr. Gerd Müller CDU/CSU . . . 8691 A, 8692 C ZusFr Carl-Dieter Spranger CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8691 B, 8692 D ZusFr Hannelore Rönsch (Wiesbaden) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8692 A ZusFr Dr. Helmut Lippelt BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8692 A ZusFr Erich G. Fritz CDU/CSU . . . . . . . . . . . 8692 B ZusFr Peter Hintze CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 8693 A Beurteilung der EU-Sanktionen gegen Öster- reich in Skandinavien, Italien und den öst- lichen Beitrittskandidatenländern Deutscher Bundestag -14. Wahlperiode - 94. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 22. März 2000II MdlAnfr 30, 31 Carl-Dieter Spranger CDU/CSU Antw StMin Dr. Ludger Volmer AA . . 8693 B, 8694 A ZusFr Carl-Dieter Spranger CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8693 B, 8694 A ZusFr Erich G. Fritz CDU/CSU . . . . . . . . . . . 8693 D ZusFr Hannelore Rönsch (Wiesbaden) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8694 C ZusFr Dr. Friedbert Pflüger CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8694 D ZusFr Uwe Hiksch PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 8695 A ZusFr Dr. Gerd Müller CDU/CSU . . . . . . . . . 8695 B Ausschluss Österreichs vom Besuch des EU- Ratspräsidenten im Rahmen seiner Rundreise durch alle Hauptstädte der EU MdlAnfr 32 Peter Hintze CDU/CSU Antw StMin Dr. Ludger Volmer AA . . . . . . . . 8695 C ZusFr Peter Hintze CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 8695 C ZusFr Carl-Dieter Spranger CDU/CSU . . . . . 8695 D Verhalten von Bundeskanzler Schröder gegen- über dem österreichischen Bundeskanzler Schüssel auf dem Europäischen Rat in Lissa- bon MdlAnfr 33 Peter Hintze CDU/CSU Antw StMin Dr. Ludger Volmer AA . . . . . . . . 8696 A ZusFr Peter Hintze CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 8696 A ZusFr Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . 8696 C ZusFr Dr. Friedbert Pflüger CDU/CSU . . . . . 8696 C ZusFr Johannes Singhammer CDU/CSU . . . 8696 D ZusFr Carl-Dieter Spranger CDU/CSU . . . . . 8697 A Stand der Verhandlungen der EU mit den ein- zelnen osteuropäischen Beitrittskandidaten zu den Kapiteln Freizügigkeit, Beschäftigung und Sozialpolitik; Festlegung von Übergangsfristen MdlAnfr 34, 35 Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU Antw StMin Dr. Ludger Volmer AA . . . . . . . . 8697 B, D ZusFr Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8697 C Verhandlungen der EU mit den Beitrittskandi- daten MdlAnfr 36, 37 Johannes Singhammer CDU/CSU Antw StMin Dr. Ludger Volmer AA . . 8698 A, 8698 D ZusFr Johannes Singhammer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8698 B, 8699 A ZusFr Dr. Gerd Müller CDU/CSU . . . . . . . . . 8698 C Geplante Lieferung von 64 Spürpanzern des Typs Fuchs in die Vereinigten Arabischen Emi- rate angesichts der dortigen Menschenrechts- situation MdlAnfr 38 Werner Siemann CDU/CSU Antw StMin Dr. Ludger Volmer AA . . . . . . . . 8699 A ZusFr Werner Siemann CDU/CSU . . . . . . . . 8699 B Unbesetzte Stellen und hoher Krankenstand im Bereich des Bonner Bundesgrenzschutz- präsidiums West (Standorte St. Augustin-Han- gelar und Swistal-Heimerzheim) MdlAnfr 39, 40 Norbert Röttgen CDU/CSU Antw PStSekr Fritz Rudolf Körper BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8699 D, 8699 D ZusFr Norbert Röttgen CDU/CSU . . . . . . . . . 8700 B Aktuelle Stunde betr. Rente und Renten- anpassung entsprechend der Inflations- rate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8701 A Karl-Josef Laumann CDU/CSU . . . . . . . . . . . 8701 A Adolf Ostertag SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8701 D Dr. Irmgard Schwaetzer F.D.P. . . . . . . . . . . . . 8703 B Katrin Dagmar Göring-Eckardt BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8704 C Monika Balt PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8705 D Walter Riester, Bundesminister BMA . . . . . . 8707 A Johannes Singhammer CDU/CSU . . . . . . . . . 8708 A Dr. Thea Dückert BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8709 A Peter Weiß (Emmendingen) CDU/CSU . . . . . 8710 C Ulla Schmidt (Aachen) SPD . . . . . . . . . . . . . . 8711 D Julius Louven CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 8712 D Erika Lotz SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8714 A Horst Seehofer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 8715 B Olaf Scholz SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8717 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8718 C Berichtigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8718 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 8719 A Deutscher Bundestag -14. Wahlperiode - 94. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 22. März 2000 III Anlage 2 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung zum Entschließungsantrag der Abge- ordneten Dr. Christa Luft, Gerhard Jüttemann, Dr. Heidi Knake-Werner und weiterer Abgeord- neter und der Fraktion PDS zu der Beratung der Großen Anfrage der Fraktion PDS zur Entwick- lung und zur Situation in Ostdeutschland – Drucksache 14/860 und 14/2622 (93. Sitzung, Tagesordnungspunkt 11) . . . . . . . . . . . . . . . . . 8719 D Anlage 3 Aufnahme der Glaukom-Früherkennungs- untersuchung in die kassenärztlichen Leistun- gen MdlAnfr 9, 10 Wolfgang Zöller CDU/CSU Antw PStSekr’in Christa Nickels BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8722 A Anlage 4 Zustimmung des BMG zur Verlagerung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) von Köln nach Berlin; Vereinbarkeit mit dem Berlin/Bonn-Gesetz MdlAnfr 11, 12 Norbert Hauser (Bonn) CDU/CSU Antw PStSekr’in Christa Nickels BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8722 D Anlage 5 Finanzielle Situation der gesetzlichen Kran- kenversicherung 1999, Auswirkungen auf den Risikostrukturausgleich MdlAnfr 13, 14 Horst Seehofer CDU/CSU Antw PStSekr’in Christa Nickels BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8723 B Anlage 6 Verbesserung des Verkehrsangebots auf der Schienenstrecke Berlin–Leipzig–Plauen–Hof– Nürnberg/München im Zuge des Ausbaus der Sachsenmagistrale MdlAnfr 17 Joachim Günther F.D.P. Antw PStSekr Siegfried Scheffler BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8724 C Anlage 7 Verhinderung einer Abkoppelung Schleswig- Holsteins und der Fernverbindungen nach Skandinavien bei der Umsetzung des so ge- nannten „Knoten-Punkt-Konzepts“ der Deut- schen Bahn AG MdlAnfr 18 Wolfgang Börnsen (Bönstrup) CDU/CSU Antw PStSekr Siegfried Scheffler BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8724 D Anlage 8 Erstattung der in Berlin entstandenen priva- ten Kosten für Übernachtung und Dienstwa- gennutzung durch Bundesminister Reinhard Klimmt (BMVBW) MdlAnfr 20 Steffen Kampeter CDU/CSU Antw PStSekr Achim Großmann BMVBW . . 8725 A Anlage 9 Zentralisierung von Einrichtungen im Bereich der Kulturarbeit nach § 96 BVFG MdlAnfr 21 Hartmut Koschyk CDU/CSU Antw StMin Michael Naumann BK . . . . . . . . 8725 B Anlage 10 Finanzierung und Träger des vom Bund der Vertriebenen geplanten „Zentrums gegen Ver- treibungen“ MdlAnfr 22, 23 Markus Meckel SPD Antw StMin Michael Naumann BK . . . . . . . . 8725 D Anlage 11 Regelungen im rumänischen Bodenrückgabe- gesetz für aus Rumänien vertriebene Deutsche, Aussiedler und Angehörige der deutschen Minderheiten MdlAnfr 25 Hartmut Koschyk CDU/CSU Antw StMin Dr. Ludger Volmer AA . . . . . . . . 8726 A Anlage 12 Welche Forderungen von EU-Beitrittskandida- ten, Übergangsfristen zur Anwendung des EU- Rechts vorzusehen, sind der Bundesregierung bekannt, und wie beurteilt sie dies? MdlAnfr 37 Johannes Singhammer CDU/CSU SchrAntw StMin Dr. Ludger Volmer AA . . . . 8726 B Anlage 13 Zusammenarbeit mit Dänemark aufgrund des Schengener Abkommens MdlAnfr 41 Wolfgang Börnsen (Bönstrup) CDU/CSU Deutscher Bundestag -14. Wahlperiode - 94. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 22. März 2000IV Antw PStSekr Fritz Rudolf Körper BMI . . . . 8726 C Anlage 14 Rücknahme des § 2 b EStG; Prüfung der Ver- fassungsmäßigkeit MdlAnfr 42, 43 Dr. Michael Meister CDU/CSU Antw PStSekr Karl Diller BMF . . . . . . . . . . . 8727 A Anlage 15 Vorlage eines Anwendungsschreibens der Fi- nanzverwaltung zum § 2 b EStG; Auswirkungen des § 2 b EStG auf Arbeitsplätze und volkswirt- schaftliche Entwicklung MdlAnfr 44, 45 Dr.-Ing. DietmarKansy CDU/CSU Antw PStSekr Karl Diller BMF . . . . . . . . . . . . . 8727 B Anlage 16 Wirkung des § 2 b EStG (so genannter Fallen- steller-Paragraph) auf den Anlegerwohnungsbau MdlAnfr 46, 47 Norbert Otto (Erfurt) CDU/CSU Antw PStSekr Karl Diller BMF . . . . . . . . . . . . . 8727 D Anlage 17 Abschaffung des Vollanrechnungsverfahrens bei der Unternehmensteuerreform; Optionsmo- dell MdlAnfr 48, 49 Hans Michelbach CDU/CSU Antw PStSekr Karl Diller BMF . . . . . . . . . . . . . 8728 A Anlage 18 Festlegung quantifizierbarer Ziele zur Förde- rung von Beschäftigung in der EU MdlAnfr 50 Dr. Martina Krogmann CDU/CSU Antw PStSekr Karl Diller BMF . . . . . . . . . . . . . 8728 C Anlage 19 Auswirkungen der Einführung der Ökosteuer auf die Inflationsrate im Jahr 2000 MdlAnfr 51, 52 Andreas Storm CDU/CSU Antw PStSekr Karl Diller BMF . . . . . . . . . . . . . 8728 D Anlage 20 Vereinbarkeit einer Hermes-Bürgschaft für den Bau eines Atomkraftwerkes in China mit der Kernenergiepolitik der Bundesregierung MdlAnfr 53, 54 Jürgen Koppelin F.D.P. Antw PStSekr Karl Diller BMF . . . . . . . . . . . . . 8729 A Anlage 21 Anzahl der durch Hermes-Bürgschaften abgesi- cherten Investitionsprojekte im Bereich der Kern- energie; Förderung von Lieferungen für das Atom- kraftwerk Lianyungang in China mit öffentlichen Mitteln MdlAnfr 55, 56 Rainer Funke F.D.P. Antw PStSekr Siegmar Mosdorf BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8729 C Anlage 22 Entscheidung über die Absicherung der China-In- vestitionen (Ausbau der Kernenergie) durch Her- mes-Bürgschaften MdlAnfr 57, 58 WalterHirche F.D.P. Antw PStSekr Siegmar Mosdorf BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8729 C Anlage 23 Ökologische Kriterien für die Vergabe von Her- mes-Bürgschaften MdlAnfr 59, 60 Ulrike Flach F.D.P. Antw PStSekr Siegmar Mosdorf BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8729 D Anlage 24 Bereitstellung von Hermes-Bürgschaften für die von einer deutschen Firma fertig zu stellenden zwei Reaktoren in der Ukraine MdlAnfr 61, 62 RainerBrüderle F.D.P. Antw PStSekr Siegmar Mosdorf BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8730 C Anlage 25 Vereinbarung der Europäischen Union mit China im Vorfeld des chinesischen Beitritts zur Welthan- delsorganisation (WTO); Beseitigung von für deutsche Unternehmen bestehenden Hemmnissen MdlAnfr 63, 64 Erich G. FritzCDU/CSU Antw PStSekr Siegmar Mosdorf BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8730 C Anlage 26 Einführung eines einheitlichen europäischen Not- rufs für Feuerwehren und Rettungsdieste Deutscher Bundestag -14. Wahlperiode - 94. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 22. März 2000 V MdlAnfr 65 Klaus HofbauerCDU/CSU Antw PStSekr Siegmar Mosdorf BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8731 B Anlage 27 Beteiligung des Bundes an der Finanzierung des Airbus-A3XX-Projekts entsprechend der Unter- stützung in anderen Ländern MdlAnfr 66, 67 Bernd Neumann (Bremen) CDU/CSU Antw PStSekr Siegmar Mosdorf BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8731 C Deutscher Bundestag -14. Wahlperiode - 94. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 22. März 2000VI Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 94. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 22. März 2000 8671 (A) (B) (C) (D) 94. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 22. März 2000 Beginn: 13.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Berichtigungen 93. Sitzung, Seite 8608 C, 1 Absatz , 9. Zeile: Die Jahreszahl 1995 ist zu streichen. 93. Sitzung, ,,Seite 8638 C, der 5. Absatz ist wie folgt zu lesen: „Der ehemalige Minister Müntefering wollte die Trasse, die Trasse werde ge- baut, und dann haben die SPD-Leute vor Ort – ich nenne nur die Namen Verheugen, den sie nach Europa geschickt haben, die Kollegin Matti- scheck usw. – das Aus für die Strecke verkündet.“ Olaf Scholz Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 94. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 22. März 2000 8719 (A) (B) (C) (D) Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Behrendt, Wolfgang SPD 22.03.2000* Dr. Bötsch, Wolfgang CDU/CSU 22.03.2000 Brinkmann (Detmold), Rainer SPD 22.03.2000 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 22.03.2000* Büttner (Ingolstadt), Hans SPD 22.03.2000 Burchardt, Ursula SPD 22.03.2000 Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 22.03.2000 Frick, Gisela F.D.P. 22.03.2000 Friedrich (Altenburg), Peter SPD 22.03.2000 Gebhardt, Fred PDS 22.03.2000 Günther (Duisburg), Horst CDU/CSU 22.03.2000 Dr. Gysi, Gregor PDS 22.03.2000 Hinsken, Ernst CDU/CSU 22.03.2000 Ibrügger, Lothar SPD 22.03.2000 Irmer, Ulrich F.D.P. 22.03.2000* Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 22.03.2000 Müller (Berlin), Manfred PDS 22.03.2000* Müller (Düsseldorf), Michael SPD 22.03.2000 Müller (Kiel), Klaus Wolfgang BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 22.03.2000 Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Ohl, Eckhard SPD 22.03.2000 Probst, Simone BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 22.03.2000 Reiche, Katherina CDU/CSU 22.03.2000 Dr. Schäfer, Hansjörg SPD 22.03.2000 Schloten, Dieter SPD 22.03.2000* Schmidt (Aachen), Ulla SPD 22.03.2000 Schmitz (Baesweiler), Hans Peter CDU/CSU 22.03.2000 Schönfeld, Karsten SPD 22.03.2000 Schröder, Gerhard SPD 22.03.2000 Weis (Stendal), Reinhard SPD 22.03.2000 Wiesehügel, Klaus SPD 22.03.2000 Wimmer (Neuss), Willy CDU/CSU 22.03.2000 __________ * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung zum Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Christa Luft, Gerhard Jüttemann, Dr. Heidi Knake-Werner und weiterer Abgeordnete und der Fraktion PDS zu der Beratung der Großen Anfrage der Fraktion PDS zur Ent- wicklung und zur Situation in Ostdeutschland – Drucksache 14/860 und 14/2622 (93. Sitzung, Tagesordnungspunkt 11) Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 547 davon ja: 30 nein: 517 Ja PDS Monika Balt Petra Bläss Maritta Böttcher Eva Bulling-Schröter Roland Claus Heidemarie Ehlert Dr. Heinrich Fink Dr. Ruth Fuchs Wolfgang Gehrcke Dr. Klaus Grehn Dr. Gregor Gysi Uwe Hiksch Sabine Jünger Gerhard Jüttemann Dr. Evelyn Kenzler Dr. Heidi Knake-Werner Rolf Kutzmutz Heidi Lippmann Ursula Lötzer Dr. Christa Luft Heidemarie Lüth Angela Marquardt Kersten Naumann Rosel Neuhäuser Christine Ostrowski Dr. Uwe-Jens Rössel Christina Schenk Gustav-Adolf Schur Dr. Ilja Seifert Dr. Winfried Wolf Nein SPD Brigitte Adler Gerd Andres Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Ernst Bahr Doris Barnett Dr. Hans Peter Bartels Eckhardt Barthel (Berlin) Klaus Barthel (Starnberg) Ingrid Becker-Inglau Wolfgang Behrendt 8720 Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 94. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 22. März 2000 (A) (B) (C) (D) Dr. Axel Berg Hans-Werner Bertl Friedhelm Julius Beucher Petra Bierwirth Rudolf Bindig Lothar Binding (Heidelberg) Klaus Brandner Anni Brandt-Elsweier Willi Brase Dr. Eberhard Brecht Rainer Brinkmann (Detmold) Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Hans-Günter Bruckmann Edelgard Bulmahn Ursula Burchardt Dr. Michael Bürsch Marion Caspers-Merk Dr. Peter Danckert Dr. Herta Däubler-Gmelin Christel Deichmann Karl Diller Detlef Dzembritzki Dieter Dzewas Dr. Peter Eckardt Sebastian Edathy Ludwig Eich Marga Elser Gernot Erler Petra Ernstberger Annette Faße Lothar Fischer (Homburg) Gabriele Fograscher Iris Follak Norbert Formanski Rainer Fornahl Hans Forster Lilo Friedrich (Mettmann) Harald Friese Anke Fuchs (Köln) Arne Fuhrmann Monika Ganseforth Konrad Gilges Iris Gleicke Günter Gloser Uwe Göllner Renate Gradistanac Günter Graf (Friesoythe) Angelika Graf (Rosenheim) Dieter Grasedieck Monika Griefahn Wolfgang Grotthaus Karl-Hermann Haack (Extertal) Hans-Joachim Hacker Klaus Hagemann Manfred Hampel Christel Hanewinckel Alfred Hartenbach Anke Hartnagel Klaus Hasenfratz Nina Hauer Hubertus Heil Reinhold Hemker Frank Hempel Rolf Hempelmann Dr. Barbara Hendricks Monika Heubaum Reinhold Hiller (Lübeck) Stephan Hilsberg Gerd Höfer Jelena Hoffmann (Chemnitz) Walter Hoffmann (Darmstadt) Iris Hoffmann (Wismar) Frank Hofmann (Volkach) Ingrid Holzhüter Eike Maria Hovermann Christel Humme Barbara Imhof Brunhilde Irber Gabriele Iwersen Renate Jäger Jann-Peter Janssen Ilse Janz Dr. Uwe Jens Volker Jung (Düsseldorf) Johannes Kahrs Ulrich Kasparick Sabine Kaspereit Susanne Kastner Hans-Peter Kemper Klaus Kirschner Marianne Klappert Siegrun Klemmer Hans-Ulrich Klose Walter Kolbow Fritz Rudolf Körper Karin Kortmann Anette Kramme Nicolette Kressl Volker Kröning Angelika Krüger-Leißner Horst Kubatschka Ernst Küchler Helga Kühn-Mengel Ute Kumpf Konrad Kunick Dr. Uwe Küster Werner Labsch Christine Lambrecht Brigitte Lange Christian Lange (Backnang) Detlev von Larcher Christine Lehder Waltraud Lehn Robert Leidinger Klaus Lennartz Dr. Elke Leonhard Eckhart Lewering Götz-Peter Lohmann (Neubrandenburg) Christa Lörcher Erika Lotz Dr. Christine Lucyga Dieter Maaß (Herne) Winfried Mante Tobias Marhold Lothar Mark Heide Mattischeck Markus Meckel Ulrike Mehl Angelika Mertens Ursula Mogg Christoph Moosbauer Siegmar Mosdorf Michael Müller (Düsseldorf) Jutta Müller (Völklingen) Christian Müller (Zittau) Franz Müntefering Andrea Nahles Gerhard Neumann (Gotha) Dr. Edith Niehuis Dr. Rolf Niese Dietmar Nietan Günter Oesinghaus Leyla Onur Manfred Opel Holger Ortel Adolf Ostertag Kurt Palis Albrecht Papenroth Dr. Willfried Penner Georg Pfannenstein Johannes Pflug Dr. Eckhart Pick Joachim Poß Karin Rehbock-Zureich Dr. Carola Reimann Margot von Renesse Bernd Reuter Dr. Edelbert Richter Reinhold Robbe Dr. Ernst Dieter Rossmann Michael Roth (Heringen) Birgit Roth (Speyer) Gerhard Rübenkönig Marlene Rupprecht Thomas Sauer Gudrun Schaich-Walch Rudolf Scharping Bernd Scheelen Siegfried Scheffler Horst Schild Otto Schily Dieter Schloten Horst Schmidbauer (Nürnberg) Ulla Schmidt (Aachen) Silvia Schmidt (Eisleben) Dagmar Schmidt (Meschede) Wilhelm Schmidt (Salzgitter) Regina Schmidt-Zadel Heinz Schmitt (Berg) Carsten Schneider Dr. Emil Schnell Walter Schöler Olaf Scholz Karsten Schönfeld Ottmar Schreiner Gerhard Schröder Dr. Mathias Schubert Richard Schuhmann (Delitzsch) Brigitte Schulte (Hameln) Volkmar Schultz (Köln) Ewald Schurer Dr. R. Werner Schuster Dietmar Schütz (Oldenburg) Dr. Angelica Schwall-Düren Rolf Schwanitz Bodo Seidenthal Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk Dr. Cornelie Sonntag- Wolgast Wieland Sorge Wolfgang Spanier Dr. Margrit Spielmann Jörg-Otto Spiller Dr. Ditmar Staffelt Ludwig Stiegler Rolf Stöckel Rita Streb-Hesse Reinhold Strobl Dr. Peter Struck Joachim Stünker Joachim Tappe Jörg Tauss Jella Teuchner Dr. Gerald Thalheim Wolfgang Thierse Adelheid Tröscher Hans-Eberhard Urbaniak Rüdiger Veit Simone Violka Hans Georg Wagner Hedi Wegener Dr. Konstanze Wegner Wolfgang Weiermann Reinhard Weis (Stendal) Matthias Weisheit Gunter Weißgerber Gert Weisskirchen (Wiesloch) Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker Jochen Welt Dr. Rainer Wend Hildegard Wester Lydia Westrich Inge Wettig-Danielmeier Dr. Margrit Wetzel Jürgen Wieczorek (Böhlen) Heidemarie Wieczorek-Zeul Dieter Wiefelspütz Heino Wiese (Hannover) Klaus Wiesehügel Brigitte Wimmer (Karlsruhe) Engelbert Wistuba Barbara Wittig Dr. Wolfgang Wodarg Verena Wohlleben Hanna Wolf (München) Waltraud Wolff (Zielitz) Heidemarie Wright Uta Zapf Dr. Christoph Zöpel Peter Zumkley CDU/CSU Ulrich Adam Ilse Aigner Peter Altmaier Dietrich Austermann Norbert Barthle Dr. Wolf Bauer Günter Baumann Brigitte Baumeister Meinrad Belle Dr. Sabine Bergmann-Pohl Otto Bernhardt Hans-Dirk Bierling Renate Blank Dr. Heribert Blens Peter Bleser Dr. Norbert Blüm Dr. Maria Böhmer Sylvia Bonitz Jochen Borchert Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 94. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 22. März 2000 8721 (A) (B) (C) (D) Wolfgang Börnsen (Bönstrup) Wolfgang Bosbach Klaus Brähmig Dr. Ralf Brauksiepe Paul Breuer Monika Brudlewsky Georg Brunnhuber Klaus Bühler (Bruchsal) Hartmut Büttner (Schönebeck) Dankward Buwitt Cajus Caesar Manfred Carstens (Emstek) Leo Dautzenberg Wolfgang Dehnel Albert Deß Renate Diemers Thomas Dörflinger Hansjürgen Doss Marie-Luise Dött Maria Eichhorn Rainer Eppelmann Anke Eymer (Lübeck) Ilse Falk Dr. Hans Georg Faust Albrecht Feibel Ulf Fink Ingrid Fischbach Axel E. Fischer (Karlsruhe- Land) Dr. Gerhard Friedrich (Erlangen) Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) Erich G. Fritz Jochen-Konrad Fromme Hans-Joachim Fuchtel Dr. Jürgen Gehb Georg Girisch Dr. Reinhard Göhner Peter Götz Dr. Wolfgang Götzer Kurt-Dieter Grill Hermann Gröhe Manfred Grund Horst Günther (Duisburg) Carl-Detlev Freiherr von Hammerstein Gottfried Haschke (Großhennersdorf ) Gerda Hasselfeldt Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach) Helmut Heiderich Ursula Heinen Manfred Heise Siegfried Helias Peter Hintze Martin Hohmann Dr. Karl-Heinz Hornhues Siegfried Hornung Joachim Hörster Hubert Hüppe Susanne Jaffke Georg Janovsky Dr.-Ing. Rainer Jork Dr. Harald Kahl Steffen Kampeter Dr.-Ing. Dietmar Kansy Irmgard Karwatzki Volker Kauder Eckart von Klaeden Ulrich Klinkert Manfred Kolbe Norbert Königshofen Eva-Maria Kors Rudolf Kraus Dr. Martina Krogmann Dr.-Ing. Paul Krüger Dr. Hermann Kues Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) Dr. Norbert Lammert Dr. Paul Laufs Karl-Josef Laumann Vera Lengsfeld Werner Lensing Peter Letzgus Walter Link (Diepholz) Eduard Lintner Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) Dr. Manfred Lischewski Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid) Julius Louven Dr. Michael Luther Erich Maaß (Wilhelmshaven) Erwin Marschewski (Recklinghausen) Dr. Martin Mayer (Siegertsbrunn) Wolfgang Meckelburg Dr. Michael Meister Dr. Angela Merkel Friedrich Merz Hans Michelbach Meinolf Michels Dr. Gerd Müller Bernward Müller (Jena) Elmar Müller (Kirchheim) Claudia Nolte Günter Nooke Franz Obermeier Eduard Oswald Norbert Otto (Erfurt) Dr. Peter Paziorek Anton Pfeifer Dr. Friedbert Pflüger Beatrix Philipp Ronald Pofalla Ruprecht Polenz Marlies Pretzlaff Dr. Bernd Protzner Thomas Rachel Hans Raidel Dr. Peter Ramsauer Christa Reichard (Dresden) Katherina Reiche Erika Reinhardt Hans-Peter Repnik Klaus Riegert Dr. Heinz Riesenhuber Franz Romer Hannelore Rönsch (Wiesbaden) Heinrich-Wilhelm Ronsöhr Dr. Klaus Rose Norbert Röttgen Dr. Christian Ruck Volker Rühe Anita Schäfer Dr. Wolfgang Schäuble Hartmut Schauerte Heinz Schemken Gerhard Scheu Norbert Schindler Bernd Schmidbauer Christian Schmidt (Fürth) Dr.-Ing. Joachim Schmidt (Halsbrücke) Andreas Schmidt (Mülheim) Birgit Schnieber-Jastram Dr. Andreas Schockenhoff Dr. Rupert Scholz Reinhard Freiherr von Schorlemer Dr. Erika Schuchardt Clemens Schwalbe Dr. Christian Schwarz- Schilling Bernd Siebert Werner Siemann Bärbel Sothmann Margarete Späte Carl-Dieter Spranger Wolfgang Steiger Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten Andreas Storm Dorothea Störr-Ritter Max Straubinger Matthäus Strebl Thomas Strobl Michael Stübgen Dr. Rita Süssmuth Edeltraut Töpfer Dr. Hans-Peter Uhl Gunnar Uldall Arnold Vaatz Angelika Volquartz Andrea Voßhoff Peter Weiß (Emmendingen) Gerald Weiß (Groß-Gerau) Annette Widmann-Mauz Heinz Wiese (Ehingen) Hans-Otto Wilhelm (Mainz) Klaus-Peter Willsch Willy Wimmer (Neuss) Werner Wittlich Dagmar Wöhrl Elke Wülfing Peter Kurt Würzbach Wolfgang Zeitlmann Benno Zierer Wolfgang Zöller BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN Marieluise Beck (Bremen) Volker Beck (Köln) Matthias Berninger Annelie Buntenbach Ekin Deligöz Dr. Thea Dückert Franziska Eichstädt-Bohlig Dr. Uschi Eid Hans-Josef Fell Andrea Fischer (Berlin) Katrin Dagmar Göring- Eckardt Rita Grießhaber Winfried Hermann Michaele Hustedt Monika Knoche Dr. Angelika Köster-Loßack Steffi Lemke Dr. Reinhard Loske Oswald Metzger Kerstin Müller (Köln) Winfried Nachtwei Christa Nickels Cem Özdemir Claudia Roth (Augsburg) Christine Scheel Irmingard Schewe-Gerigk Albert Schmidt (Hitzhofen) Werner Schulz (Leipzig) Christian Simmert Christian Sterzing Hans-Christian Ströbele Dr. Antje Vollmer Helmut Wilhelm (Amberg) F.D.P. Hildebrecht Braun (Augsburg) Rainer Brüderle Ernst Burgbacher Jörg van Essen Horst Friedrich (Bayreuth) Rainer Funke Dr. Wolfgang Gerhardt Joachim Günther (Plauen) Dr. Karlheinz Guttmacher Dr. Helmut Haussmann Ulrich Heinrich Birgit Homburger Dr. Werner Hoyer Ulrich Irmer Dr. Klaus Kinkel Dr. Heinrich L. Kolb Jürgen Koppelin Ina Lenke Dirk Niebel Günther Friedrich Nolting Cornelia Pieper Dr. Edzard Schmidt-Jortzig Gerhard Schüßler Marita Sehn Dr. Hermann Otto Solms Jürgen Türk 8722 Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 94. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 22. März 2000 (A) (B) (C) (D) Anlage 3 Antwort der Parl. Staatssekretärin Christa Nickels auf die Fragen des Abgeordneten Wolfgang Zöller (CDU/CSU) (Drucksache 14/2948, Fragen 9 und 10): Wie beurteilt die Bundesregierung die Ansicht der Kassen-ärztlichen Bundesvereinigung, dass Glaukom-Früherkennungs-untersuchungen nicht Teil des Kassen-Leistungskatalogs seien und die Tatsache, dass Augenärzte für diese Untersuchungen Privathonorare einbehalten? Wie beurteilt die Bundesregierung die Aussage, dass 1,5 Millionen Deutsche einen erhöhten Augeninnendruck haben, circa 1200 Menschen wegen der Schädigung des Sehnervs jähr-lich erblinden, und was beabsichtigt die Bundesregierung gegen eine Ausgrenzung dieses Personenkreises aus den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung zu unternehmen? Zu Frage 9: Früherkennungsuntersuchungen gemäß § 25 SGB V sind Untersuchungen, die sich bevölkerungsweit an alle gesunden Versicherten ab einem bestimmten Lebensal- ter richten. Solche Früherkennungsuntersuchungen, die auch als Screening oder Reihenuntersuchung bezeichnet werden, bedürfen, da sie sich an Gesunde richten, in be- sonderem Maß der Sicherheit und Trennschärfe. Die nä- here Ausgestaltung und Weiterentwicklung dieser Ge- sundheitsuntersuchungen erfolgt in Richtlinien nach § 92 SGB V. Die Gesundheitsuntersuchungsrichtlinien in der derzeit gültigen Fassung begründen keinen An- spruch der Versicherten auf ein Glaukom-Screening (Reihenuntersuchung). Sie enthalten allerdings einen er- gänzenden Hinweis im Kapitel Beratung, wonach der Arzt Versicherte über 40 Jahre auf die Bestimmung des Augeninnendrucks im Intervall von zwei Jahren hinwei- sen soll. Ein Anspruch aller Versicherten auf ein gene- relles Glaukom-Screening mittels Messung des Augen- innendrucks ab dem 40. Lebensjahr lässt sich hieraus nicht ableiten. Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen war nach ausführlichen Beratungen vielmehr zu der Auffassung gelangt, dass die Datenlage als nicht ausreichend betrachtet werden kann, um eine Glaukom-Früherkennungsuntersuchung als bevölke- rungsweites Screening zur Einführung in den Leistungs- katalog der gesetzlichen Krankenversicherung einzufüh- ren. Der Bundesausschuss hat zwischenzeitlich die Bera- tungen über die Einführung eines Glaukom-Screening in das Früherkennungsprogramm wieder aufgenommen. Anlässlich der vielfältigen Fragen im Hinblick auf die unterschiedliche Auslegung der Gesundheitsuntersu- chungsrichtlinien hat das Bundesministerium für Ge- sundheit den Bundesausschuss der Ärzte und Kranken- kassen über diese Problematik in Kenntnis gesetzt und um Unterrichtung über den Fortgang der diesbezügli- chen Beratungen gebeten. Das Bundesministerium für Gesundheit begrüßt, dass der Arbeitsausschuss Präven- tion des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkas- sen seine Beratungen zur Frage der Einführung eines Glaukom-Screenings in das Früherkennungsprogramm fortsetzt und am 4. April 2000 eine Sachverständigenan- hörung hierzu durchführt. Ziel ist, die Eignung verschie- dener Methoden der Glaukom-Früherkennung für ein bevölkerungsweites Glaukom-Screening beurteilen zu können. Leistungen, die außerhalb der Leistungspflicht der Krankenkassen stehen, kann der Vertragsarzt gegenüber einem Versicherten der Gesetzlichen Krankenversiche- rung nur dann privat abrechnen, wenn der Patient nach einer umfassenden Information durch den Arzt dennoch auf dieser Leistung besteht. Screeninguntersuchungen als Reihenuntersuchungen im Rahmen des Früherkennungsprogramms nach § 25 SGB V sind zu unterscheiden von Untersuchungen, die aufgrund einer ärztlichen Indikation durchgeführt werden, wenn im Einzelfall Risiken bekannt sind, Be- schwerden bestehen oder ein begründeter Verdacht auf eine Krankheit vorliegt. Gemäß § 27 Abs. 1 SGB V ha- ben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, u. a. auch um eine Krankheit zu erkennen. Dieses gilt auch im Hinblick auf die im individuellen Fall erforderliche Diagnosestellung des Glaukoms mittels einer Messung des Augeninnendrucks (Tonometrie). Insofern können Messungen des Augeninnendrucks nach wie vor bei ent- sprechender Indikation gemäß § 27 Abs. 1 SGB V als ärztliche Leistung durchgeführt und über die Ziffern 1256 und 1257 des EBM (Einheitlicher Bewertungs- maßstab) abgerechnet werden. Die Indikation hierzu stellt der Arzt. Zu Frage 10: Unter Hinweis auf die Ausführungen zu Frage 9 kann nach Ansicht der Bundesregierung von einer Ausgren- zung dieses Personenkreises aus den Leistungen der ge- setzlichen Krankenversicherung nicht gesprochen wer- den. Anlage 4 Antwort der Parl. Staatssekretärin Christa Nickels auf die Fragen des Abgeordneten Norbert Hauser (Bonn) (CDU/CSU) (Drucksache 14/2948, Fragen 11 und 12): Welche Gründe kann die Bundesministerin für Gesundheit, Andrea Fischer, anführen, dass sie in einem Schreiben an die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) vom 2. März 2000 der Verlagerung des Hauptsitzes der KBV von Köln nach Berlin zustimmt, und hält es die Bundesministerin für Gesundheit nicht für einen Widerspruch, einen kostenintensiven Umzug zu be-fürworten, aber gleichzeitig darauf hinzuweisen, dass bei einer Sitzverlegung die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Spar-samkeit zu berücksichtigen sind? Ist die Bundesministerin für Gesundheit nicht der Auffas-sung, dass eine Sitzverlagerung dem Berlin/Bonn-Gesetz vom 26. April 1994 widerspricht, in dem der Erhalt und die Förde-rung der Bundesstadt Bonn in ihrer Funktion für den Politikbe-reich Gesundheit in § 1 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b ausdrücklich genannt ist, und hat das Bundesministerium für Gesundheit ein Konzept darüber, welchen Beitrag es zum Aufbau der Gesund-heitsregion Bonn leisten will? Zu Frage 11: Mit dem Schreiben vom 2. März 2000 wurde dem 1. Vorsitzenden der Kassenärztlichen Bundesvereini- gung (KBV) mitgeteilt, dass Rechtsnormen, die einen konkreten Sitz für die KBV vorgeben, nicht bestehen und es in die Entscheidungskompetenz der Vertreterver- sammlung fällt, den Sitz festzulegen. Gleichzeitig wurde in dem Schreiben darauf hingewiesen, dass die KBV Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 94. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 22. März 2000 8723 (A) (B) (C) (D) nach § 78 Abs. 3 SGB V i.V.m. § 69 Abs. 2 SGB IV bei der Entscheidung über eine Sitzverlegung nach Berlin die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu berücksichtigen hat. Weder das Fünfte Buch Sozial- gesetzbuch noch das Berlin/Bonn-Gesetz enthalten nä- here Vorgaben zum Sitz der KBV. Das Schreiben vom 2. März 2000 hat weder eine Zustimmung noch eine Be- fürwortung einer Verlagerung des Sitzes der KBV zum Inhalt. Nach den gesetzlichen Vorgaben des Fünften Buches Sozialgesetzbuch hat die KBV ihren Sitz in ihrer Sat- zung festzulegen. Einen Satzungsbeschluss, der Berlin zum Sitz der KBV bestimmt, hat die Vertreterversamm- lung der KBV bisher nicht getroffen. Satzungsänderun- gen der KBV sind vom Bundesministerium für Gesund- heit als zuständiger Aufsichtsbehörde zu genehmigen. In einem auf einen solchen Beschluss folgenden sat- zungsrechtlichen Genehmigungsverfahren wird insbe- sondere zu überprüfen sein, ob dieser Beschluss auch im Hinblick auf seine Folgewirkungen die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit berücksichtigt. Zu Frage 12: Das Berlin/Bonn-Gesetz weist der Region Bonn den Politikbereich Gesundheit zu, definiert ihn aber nicht und trifft insbesondere keine Aussage zum Sitz einzelner Einrichtungen des Gesundheitswesens. Das Gesetz bie- tet deshalb für das Bundesministerium für Gesundheit keine Handhabe, den Institutionen der Selbstverwaltung Sitzentscheidungen vorzugeben. Die Bundesregierung hat in ihrem Verantwortungsbe- reich die gesetzlichen und politischen Zusagen für die Region Bonn als Gesundheitsstandort umgesetzt. Am 1. Dienstsitz des Bundesministeriums für Gesundheit in Bonn werden mit nahezu neunzig Prozent der Beschäf- tigten die wesentlichen ministeriellen Aufgaben wahr- genommen. Das von Berlin nach Bonn verlagerte Bun- desinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte ist mit rund 1 000 Beschäftigten die größte Ausgleichsbehörde. Zusammen mit zwei weiteren Einrichtungen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesund- heit mit Sitz in Köln (Bundeszentrale für gesundheitli- che Aufklärung/Deutsches Institut für medizinische Do- kumentation und Information) erhöht sich die Ressort- präsenz in der Region von derzeit 700 auf 1 700 Ar- beitsplätze. Einen weiteren gesundheitlichen Akzent setzt die von Frankfurt nach Bonn umziehende Deutsche Gesellschaft für Ernährung. Hinzu kommen mehr als einhundert Verbände im Großraum Rhein-Ruhr, die mit dem Bundesministerium für Gesundheit zusammenar- beiten und darauf vertrauen können, weiterhin ihre Ge- sprächspartner in der Bundesstadt Bonn vorzufinden. Anlage 5 Antwort der Parl. Staatssekretärs Christa Nickels auf die Fragen des Abgeordneten Horst Seehofer (CDU/CSU) (Druck- sache 14/2948, Fragen 13 und 14): Trifft es zu, dass das vom Bundesministerium für Gesundheit am 3. März 2000 veröffentlichte vorläufige Jahresergebnis 1999 der gesetzlichen Krankenversicherung von den tatsächlich ge-meldeten Ergebnissen abweicht, und muss man davon ausgehen, dass sich das endgültige Jahresergebnis 1999 der gesetzlichen Krankenversicherung wesentlich schlechter darstellt als das jetzt veröffentlichte vorläufige Ergebnis? Trifft es zu, dass seitens der Bundesregierung auf das inso-weit unabhängige Bundesversicherungsamt dahingehend einge-wirkt wurde, die Krankenkassen zur Vorlage von Jahresergeb-nissen zu veranlassen, die wegen der fehlenden Berücksichti-gung von Nachzahlungen in den Risikostrukturausgleich nicht mit den unter Beachtung der Grundsätze ordnungsgemäßer be-triebswirtschaftlicher Buchführung ermittelten Zahlen überein-stimmen? Zu Frage 13: Das Bundesministerium für Gesundheit hat in seiner Pressemitteilung vom 3. März 2000 und den beigefügten tabellarischen Übersichten dargestellt, dass sich in der gesetzlichen Krankenversicherung auf der Grundlage der vorläufigen Finanzergebnisse (Statistik KV 45) des 1.– 4. Quartals 1999 bundesweit ein Überschuss von ins- gesamt knapp 1 Millarde DM ergibt. Davon entfallen circa. 0,65 Milliarden DM auf das frühere Bundesgebiet und 0,31 Milliarden DM auf das Beitrittsgebiet. Das Ministerium hat in einer Fußnote zu den tabellarischen Übersichten darauf hingewiesen, dass die Abweichung zwischen der Summe der von den einzelnen Kassenarten gemeldeten Ergebnissen und dem Überschuss der ge- setzlichen Krankenversicherung daraus resultiert, dass nach Feststellung des Bundesversicherungsamts, die dem Bundesministerium für Gesundheit am 2. März 2000 zugeleitet wurde, per Saldo 1 Milliarde DM zuviel an Verpflichtungen im Risikostrukturausgleich- Verfahren ausgewiesen wurde. Davon wiederum entfal- len nach Mitteilung des Bundesversicherungsamts circa 0,6 Milliarden DM auf das frühere Bundesgebiet und rund 0,4 Milliarden DM auf das Beitrittsgebiet. Insofern ergeben sich in der Tat Abweichungen zwischen den von einzelnen Kassenarten tatsächlich gemeldeten Er- gebnissen und den aggregierten bundesweiten sowie für das frühere Bundesgebiet und das Beitrittsgebiet ausge- wiesenen GKV-Werten. Die Ursache der Abweichungen ist im Wesentlichen darin begründet, dass eine Reihe von Krankenkassen entgegen den ausdrücklichen Bu- chungsvorschriften und den entsprechenden Ausfüllan- leitungen zu der Statistik KV 45 gebucht und neben den monatlichen Abschlagszahlungen im Rahmen des RSA- Verfahrens bereits Buchungen von Forderungen und Verpflichtungen aus dem Jahresausgleich für das Kalen- derjahr 1999 erfasst haben, die erst Mitte Juni vorlie- genden Jahresabrechungsergebnissen (KJ 1) zu erfasssen sind. Da nicht gemäß der Ausfüllanleitung gebuchten RSA-Verpflichtungen keine entsprechenden RSA- Forderungen gegenüberstehen, sind die über KV 45 ge- meldeten Ausgaben in der bereits erwähnten Größen- ordnung überhöht und damit das GKV-Ergebnis ver- zerrt. Entgegen der genannten Vermutung muss man nicht davon ausgehen, dass das endgültige Jahresergebnis 1999 der gesetzlichen Krankenversicherung nennens- wert von dem jetzt veröffentlichten vorläufigen Ergebnis abweicht, insbesondere weil dann den unzulässig von einigen Krankenkassen bereits über die vorläufigen Fi- 8724 Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 94. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 22. März 2000 (A) (B) (C) (D) nanzergebnisse gemeldeten Verpflichtungen entspre- chende Forderungen in gleicher Höhe gegenüber stehen. Allerdings hätte ein Verzicht auf die notwendige Berei- nigung der Summe der von den Kassenarten gemeldeten Finanzsalden im Hinblick auf das GKV-Ergebnis dazu geführt, dass die KV 45 Werte voraussichtlich bundes- weit um circa 1 Milliarde ungünstiger ausgefallen wären als die zu erwartenden endgültigen Jahresberechnungs- ergebnisse. Dabei ist zu beachten, dass in der Öffent- lichkeit die bereits im März veröffentlichten KV 45 Werte und nicht die erst im Juli vorliegenden KJ 1 Wer- te Beachtung finden. Zu Frage 14: Die Vermutung, die Bundesregierung habe auf das Bundesversicherungsamt eingewirkt, die Krankenkassen zur Vorlage von vorläufigen Jahresrechnungsergebnis- sen zu veranlassen, die wegen der fehlenden Berück- sichtigung von Nachzahlungen in den Risikostruktur- ausgleich nicht mit den unter Beachtung der Grundsätze ordnungsgemäßer betriebswirtschaftlicher Buchführung ermittelten Zahlen übereinstimmten, trifft nicht zu. Vielmehr hat das Bundesversicherungsamt als Auf- sichtsbehörde auf die Einhaltung der entsprechenden Buchführungsvorschriften zu achten. In diesem Zusam- menhang hat das Bundesversicherungsamt mit mehreren bundesunmittelbaren Krankenkassen Kontakt aufge- nommen, sie auf die Beachtung der Regelungen verwie- sen und aufgefordert, entsprechende Korrekturen zu ver- anlassen. In diesem Zusammenhang steht in der dem Bundesministerium für Gesundheit zugeleiteten Stel- lungnahme des Bundesversicherungsamts vom 17. März 2000 zu den in der Frage enthaltenen Vermutungen: „Zu Punkt 2 der übermittelten Parlamentsfrage neh- men wir wie folgt Stellung: Es ist falsch, dass das Bun- desversicherungsamt die Krankenkassen zur Vorlage von Jahresrechnungsergebnissen veranlasst, die wegen der fehlenden Berücksichtigung von Nachzahlungen in den Risikostrukturausgleich nicht den unter Beachtung der Grundsätze ordnungsgemäßer betriebswirtschaftli- cher Buchführung ermittelten Zahlen übereinstimmten. Das Bundesversicherungsamt als Aufsichtsbehörde hat vielmehr auf die Einhaltung von Buchführungsvorschrif- ten zu achten. Wir weisen den in der Anfrage enthalte- nen Vorwurf mit allem Nachdruck zurück. Aufgrund des Sachzusammenhangs gehen wir davon aus, dass sich diese Anfrage auf unseren Schriftwechsel mit mehreren bundesunmittelbaren Krankenkassen bezieht und inso- weit auf einer Missinterpretation der unterschiedlichen amtlichen Finanzstatistiken beruht. Die Allgmeine Ver- waltungsvorschrift über die Statistik in der gesetzlichen Krankenversicherung (KSVwV) nimmt eine Trennung zwischen jährlichen Rechnungsergebnissen (§ 9 KSVwV) und vierteljährlichen Rechnungsergebnissen (§ 10 KSVwV) vor. Die Buchung von Forderungen und Verpflichtungen aus dem RSA-Jahresausgleich für das Kalenderjahr 1999 sind in den jährlichen Rechnungser- gebnissen nach § 9 KSVwV zu erfassen, jedoch nicht in den vierteljährlichen Rechnungsergebnissen nach § 10 KSVwV. Die Buchung von Forderungen und den Ver- pflichtungen aus dem Jahresausgleich für das Kalender- jahr 1999 sind erst in den jährlichen Rechnungsergeb- nissen nach § 9 KSVwV zu erfassen. Nach § 18 Abs. 2 der Verordnung über das Verfahren zum Risikostruktur- ausgleich (Risikostrukturausgleichsverordnung – RSAV) schätzt das Bundesversicherungsamt unverzüglich nach Ablauf des Kalenderjahres für den Jahresab- schluss nach Anhörung der Spitzenverbände die zur Er- mittlung von entsprechenden Forderungen und Ver- pflichtungen maßgeblichen Werte und gibt dies bekannt. Die Anhörung und Schätzung kann erst nach Vorliegen der Meldungen nach § 10 KSVwV für das 4. Quartal stattfinden, demnach ist auch eine entsprechende Be- kanntmachung der Werte und Buchungen der sich da- raus ergebenen Abgrenzungsbeträge vorher nicht mög- lich. Inhalt, Art und Form der Geschäftsübersichten und Statistiken der Sozialversicherungen werden nach Maß- gabe des § 79 Abs. 2 und 3a SGB IV i.V.m. den ent- sprechenden Verwaltungsvorschriften einheitlich für alle Kassen vorgegeben und unterliegen nicht Zweckmäßig- keitsüberlegungen einzelner Träger. Das Bundesversi- cherungsamt als Aufsichtsbehörde über die bundes- unmittelbaren Krankenversicherungsträger hat auf die Einhaltung dieser Vorgaben zu achten und gegebenen- falls mit den Mitteln des Aufsichtsrechts tätig zu wer- den.“ Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Siegfried Scheffler auf die Fra- ge des Abgeordneten Joachim Günter (Plauen) (F.D.P.) (Drucksache 14/2948, Frage 17): Was unternimmt die Bundesregierung, damit die im Rahmen des Bundesverkehrswegeplanes eingesetzten 2 Milliarden DM für den Ausbau der Sachsenmagistrale sich auch in einem besse-ren Verkehrsangebot auf der Schienenstrecke Berlin–Leipzig–Plauen–Hof–Nürnberg/München widerspiegeln? Die Strecke Hof–Plauen–Leipzig wird derzeit im Zu- ge der so genannten „Franken-Sachsen-Magistrale“ (Nürnberg–Hof–Leipzig/Dresden) ausgebaut und für den Einsatz von Neigetechnikfahrzeugen angepasst. Bei einem Investitionsvolumen für die Gesamtmaßnahme in Höhe von 2 Milliarden DM ab 1999 sollen die Bauarbei- ten im Wesentlichen im Jahre 2006 abgeschlossen wer- den, wobei erste Abschnitte bereits fertiggestellt sind. Hierdurch werden unter anderem die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die Strecke im Abschnitt Wer- dau–Leipzig auch von konventionellen Fahrzeugen mit einer Geschwindigkeit von 160 km/h befahren werden kann. Entsprechend der Bedeutung dieser Strecke wurde bei der Bemessung der erforderlichen Infrastruktur die Nutzung durch den Fernverkehr unterstellt. Die Gestal- tung des Zugangebots der Deutschen Bahn AG (DB AG) im Fernverkehr gehört seit der Bahnreform zum ausschließlich eigenverantwortlichen Bereich des Unternehmens. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Siegfried Scheffler auf die Fra- ge des Abgeordneten Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU) (Drucksache 14/2948, Frage 18): Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 94. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 22. März 2000 8725 (A) (B) (C) (D) Wird die Bundesregierung über ihre Vertreter im Aufsichts-rat des Unternehmens darauf hinwirken, dass es bei der Umset-zung des so genannten „Knoten-Punkt-Konzepts“ der Deutschen Bahn AG nicht zur Abkoppelung Schleswig-Holsteins und der Fernverbindungen nach Skandinavien kommt, wie von Bahnex-perten und Gewerkschaftsrepräsentanten nach Berichten des Flensburger Tageblatts vom 5. Februar 2000 befürchtet wird? Das Zug-Angebot der Deutschen Bahn AG (DB AG) im Fernverkehr gehört seit der Bahnreform zum aus- schließlich eigenverantwortlichen unternehmerischen Bereich der nach dem Aktiengesetz arbeitenden Gesell- schaft. Nach § 76 Aktiengesetz ist der Vorstand des je- weiligen Unternehmens für die Führung der Geschäfte verantwortlich. Die Aufgaben des Aufsichtsrates und der Hauptversammlung werden durch § 111 und § 119 Ak- tiengesetz definiert; eine Weisungsbefugnis gegenüber dem Vorstand ist dort nicht vorgesehen. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Achim Großmann auf die Frage des Abgeordneten Steffen Kampeter (CDU/CSU) (Drucksache 14/2948, Frage 20): Ist es zutreffend, dass der Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Reinhard Klimmt, privat veranlasste Kosten, wie Übernachtungskosten an seinem Dienstsitz Berlin bzw. die durch private Nutzung des Dienstkraftfahrzeuges ent-standenen Kosten, sich fälschlicherweise aus dem Bundeshaus-halt hat bezahlen lassen und falls ja, in welcher Höhe sind die zuviel gezahlten Beträge bzw. übernommenen Kostenanteile dem Bundeshaushalt wieder zurückerstattet worden? Bundesminister Klimmt hat nach seinem Amtsantritt seinen Wohnort in Saarbrücken beibehalten und in der Bundeshauptstadt Berlin regelmäßig im Hotel übernach- tet. Veranlasst durch eine unrichtige Auskunft der Rei- sestelle des BMVBW wurden die Hotelrechnungen zu- nächst dort abgerechnet. Auf Bitte des Ministerbüros um Überprüfung dieser Verwaltungspraxis wurde die Un- richtigkeit dieser Praxis am 14. Februar 2000 erkannt und diese Praxis wurde sofort eingestellt. Die bis dahin für den Zeitraum vom 29. September 1999 bis 3. Febru- ar 2000 fälschlicherweise gezahlten Beträge in Höhe von 9 605 DM hat Bundesminister Klimmt in voller Hö- he an die Bundeskasse gezahlt. Nach den Richtlinien nach § 52 Satz 2 Bundeshaus- haltsordnung für die Nutzung von Dienstkraftfahrzeugen in der Bundesverwaltung vom 29. Juni 1993 haben Mit- glieder der Bundesregierung die uneingeschränkte Dis- positionsbefugnis über ihr Dienstkraftfahrzeug. Der geldwerte Vorteil für die private Nutzung wird nach den allgemeinen steuerrechtlichen Regelungen und dem da- zu herausgegebenen Erlass des Bundesministeriums der Finanzen vom 14. März 1996 versteuert. Danach kann die Versteuerung in einem pauschalen Verfahren erfol- gen. Davon macht Bundesminister Klimmt wie andere Mitglieder dieser und auch früherer Bundesregierungen Gebrauch. Anlage 9 Antwort des Staatsministers Dr. Michael Naumann auf die Frage des Abgeordneten Hartmut Koschyk (CDU/CSU) (Drucksache 14/2948, Frage 21): Wie reagiert die Bundesregierung auf die mit Blick auf die Kulturkonzeption der Bundesregierung nach § 96 Bundesver-triebenengesetz (BVFG) getroffene Aussage der nordrhein-westfälischen Ministerin für Arbeit, Soziales und Stadtentwick-lung, Kultur und Sport, Ilse Brusis, „jegliche Zentralisierung ist falsch“ (vgl. Deutscher Ostdienst vom 10. März 2000), und wel-che Auswirkungen hat diese Aussage auf die Pläne zur Zusam-menlegung und Zentralisierung von Einrichtungen im Bereich der Kulturarbeit nach § 96 BVFG vor dem Hintergrund der Tat-sache, dass die Bundesregierung für ihre überarbeitete Kultur-konzeption nach § 96 BVFG „überwiegend einvernehmliche Lö-sungen“ (vgl. Antwort von Staatsminister Dr. Michael Naumann auf meine mündliche Frage für die Fragestunde am 26. Januar 2000, Plenarprotokoll 14/83, S. 7704 B) erwartet? Die Bundesregierung beabsichtigt, entsprechend den Forderungen des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages und des Bundesrechnungshofes die beste- hende Vielfalt der auf § 96 BVFG gestützten institutio- nellen und Projektförderungen im Sinne einer Stärkung des Regionalprinzips, verbunden mit einer Stärkung der Professionalität, einzugrenzen. Hiermit können nicht zu- letzt auch Doppelarbeit, Redundanzen und Ineffektivitä- ten vermieden werden. Dieses Ziel kommt in dem Ent- wurf der neuen Konzeption zur Kulturförderung nach § 96 BVFG deutlich zum Ausdruck und wird, wie die bisherigen Erörterungen ergeben haben, nicht bestritten. Daher ist im Rahmen einer Bundesförderung grundsätz- lich eine Zusammenführung von Einrichtungen mit ver- gleichbaren Aufgaben hinsichtlich derselben Bezugsre- gion anzustreben. Dem tragen die konzeptionellen Über- legungen, in die auch der Diskussionsstand mit dem Ausschuss für Kultur und Medien, den mitfördernden Ländern und den betroffenen Einrichtungen einfließen wird, Rechnung. Der im Konzeptionsentwurf vom 20. Mai 1999 zu- sätzlich geäußerte Gedanke einer neuen zentralen „Kul- turstiftung für das östliche Europa“, die gegebenenfalls auch Aufgaben aufzulösender Einrichtungen, wie der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen und der Stif- tung Ostdeutscher Kulturrat, hätte übernehmen können, wurde teilweise als „quasi verstaatlichte Kulturarbeit“ missverstanden, so offenbar zum Beispiel von der Ab- geordneten Steinbach, deren entsprechende Äußerung im DUD-Sonderdienst der CDU/CSU-Bundestagsfrak- tion vom 28. Juni 1999 abgedruckt ist. Kulturarbeit lässt sich nicht „verstaatlichen“. Sehr wohl aber ist es Aufgabe des Staates dafür zu sorgen, dass die Zuwendungen auch im Förderungsbereich nach § 96 BVFG im Lichte der veränderten politischen Lage in Ost- und Südosteuropa sinnhaft genutzt und verwen- det werden. Das neue Konzept der Bundesregierung ver- sucht in Zusammenarbeit mit den betroffenen Institutio- nen Kosteneffizienz und Synergie bei Vermeidung un- angemessener, gar „zentralistischer“ Einflussnahme des Staates oder von Parteien und Verbänden in Zukunft zu sichern. Anlage 10 Antwort des Staatsministers Michael Naumann auf die Fragen des Abgeordneten Markus Meckel (SPD) (Drucksache 14/2948, Fragen 22 und 23): 8726 Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 94. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 22. März 2000 (A) (B) (C) (D) Trifft es zu, dass Bundeskanzler Gerhard Schröder, der Bun-desminister des Innern, Otto Schily, und Staatsminister Dr. Michael Naumann Zustimmung zu den Plänen des Bundes der Vertriebenen (BdV) zur Errichtung eines „Zentrums gegen Vertreibungen“ signalisiert haben, insbesondere auch zur Frage einer Trägerschaft des BdV (siehe AP-Meldung vom 20. Januar 2000)? Wie sehen nach Kenntnis der Bundesregierung die Pläne zur Errichtung des „Zentrums gegen Vertreibungen“ im Einzelnen aus (unter anderem Finanzierungsbeiträge, vom Bund angebote-ne Grundstücke, Satzung, Gremienbesetzung)? Zu Frage 22: Bei dem auf Wunsch der Präsidentin des Bundes der Vertriebenen (BdV) geführten Gespräch wurden die Überlegungen des BdV, ein „Zentrum gegen Vertrei- bungen“ zu errichten, zur Kenntnis genommen. Zusagen wurden nicht gemacht. Eine Bewertung des Projektes durch die Bundesregierung kann erst erfolgen, wenn der BdV eine vollständige Konzeption vorlegt. Dies ist bis- her nicht der Fall. Zu Frage 23: Der Bundesregierung sind die Pläne des BdV im Ein- zelnen nicht bekannt (siehe Antwort zu 22). Anlage 11 Antwort des Staatsministers Ludger Volmer auf die Frage des Abgeordneten Hartmut Koschyk (CDU/CSU) (Druck- sache 14/2948, Frage 25): Welche Erkenntnisse besitzt die Bundesregierung über das rumänische Bodenrückgabegesetz vom 11. Januar 2000, und welche Bestimmungen enthält das Gesetz für aus Rumänien ver-triebene Deutsche, für deutsche Aussiedler und für Angehörige der deutschen Minderheiten in Rumänien? Das genannte Gesetz ist ein Ausführungsgesetz zum Bodengesetz aus dem Jahre 1991 (in jetzt geltender Fas- sung aus dem Jahre 1997). Nach den bisherigen Er- kenntnissen schafft das Gesetz keine neuen Anspruchs- grundlagen für die Rückgabe von Grundeigentum. Wie bisher sind antragsberechtigt alle zwischen 1945 und 1989 durch Nationalisierung und direkte Enteignung Geschädigten, soweit sie zumindest auch die rumänische Staatsangehörigkeit besitzen oder wiedererworben ha- ben. Unschädlich ist ein Wohnsitz im Ausland. Angehö- rige der deutschen Minderheit, die bereits 1945 enteig- net wurden und daher ohne eigenen Grundbesitz den 1949 gebildeten LPGs beitreten mussten, zählen zum Kreis der Anspruchsberechtigten, soweit sie noch oder wieder die rumänische Staatsangehörigkeit besitzen. Das Gesetz verlängerte zudem die Antragsfristen nochmals um 60 Tage ab In-Kraft-Treten, das heißt bis zum 11. März 2000. Anlage 12 Antwort des Staatsministers Dr. Ludger Volmer auf die Frage des Abgeordneten Johannes Singhammer (CDU/CSU) (Drucksache 14/2948, Frage 37): Welche Forderungen von EU-Beitrittskandidaten, Über-gangsfristen zur Anwendung des EU-Rechts vorzusehen, sind der Bundesregierung bekannt und wie beurteilt sie dies? Die Beitrittskandidaten haben in vielen Bereichen des Acquis Anträge auf Übergangsfristen gestellt. So zum Beispiel in den Kapiteln Freier Warenverkehr, Freier Kapitalverkehr, Steuern, Energie, Umwelt und Außen- beziehungen. Die grundsätzliche Haltung der Bundesre- gierung hierzu ist, dass insbesondere in binnenmarktre- levanten Bereichen Übergangsfristen nur restriktiv ge- währt werden sollten. Eine Alternative zu Übergangsre- gelungen sind hierbei die so genannten Schutzklauseln, wie sie auch in vergangenen Erweiterungsrunden ange- wendet wurden. Sie greifen, wenn eine nachhaltige Stö- rung des Marktes festgestellt werden kann. Schutzmaß- nahmen sind im Binnenmarkt weniger störend. In Berei- chen hingegen, die erhebliche Anpassungsanstrengun- gen und beträchtliche finanzielle Aufwendungen erfor- dern (Umwelt, Energie, Infrastruktur), sind zeitlich limi- tierte Übergangsregelungen akzeptabel, sofern das je- weilige Beitrittsland aufzeigt, dass der erforderliche An- gleichungsprozess im Gang ist und es sich an detaillier- te, realistische Angleichungspläne hält, die die erforder- lichen Investitionen berücksichtigen. Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rudolf Körper auf die Frage des Abgeordneten Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU) (Drucksache 14/2948, Frage 41): Was ist vonseiten der Bundesregierung im personellen, tech-nischen und organisatorischen Bereich noch alles zu unterneh-men, um von deutscher Seite und in Zusammenarbeit mit dem Königreich Dänemark im deutsch-dänischen Grenzbereich die Sicherheitslage so zu optimieren, dass mit dem In-Kraft-Treten des Schengener Abkommens in Dänemark dem Sicherheitsbe-dürfnis und der Sicherheitsnotwendigkeit der Bevölkerung in dieser Region auf beiden Seiten der Grenze entsprochen wird? Mit Blick auf die künftige Inkraftsetzung des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ) für Dänemark sowie die übrigen nordischen Staaten (mög- licherweise zum 25. März 2001) hat die Bundesregie- rung frühzeitig die Weichen im personellen, technischen und organisatorischen Bereich gestellt, die sich an der Kriminalitätsentwicklung im deutsch-dänischen Grenz- gebiet orientieren. Hierzu hat Ihnen Herr Minister Schily bereits ausführlich in einem Schreiben vom 23. Dezem- ber 1999 geantwortet. Ergänzend darf ich Ihnen Folgen- des mitteilen: Im Rahmen der von der EU-Ratsarbeits- gruppe „Bewertung Schengen“ zu treffenden Vorberei- tungen zur Inkraftsetzung des SDÜ für die nordischen Staaten hat Dänemark in seiner Antwort auf einen um- fangreichen Fragenkatalog unter anderem zum Inhalt der nationalen Erklärung über die Modalitäten der grenz- überschreitenden Nacheile gemäß Artikel 41 Absatz 9 SDÜ Stellung genommen. Danach sei an der deutsch- dänischen Grenze die grenzüberschreitende Nacheile un- ter folgenden Bedingungen möglich: Die zuständigen deutschen Beamten haben das Recht, die Nacheile auf dänisches Territorium in einer Entfernung von bis zu 25 Kilometern jenseits der Grenze fortzusetzen, jedoch Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 94. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 22. März 2000 8727 (A) (B) (C) (D) kein Festhalterecht. Die grenzüberschreitende Nacheile nach Dänemark erfolgt bei den in Art. 41 Abs. 4 lit a. SDÜ ausgelisteten Straftaten (Straftatenkatalog). Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretärs Karl Diller auf die Fragen des Abgeordneten Dr. Michael Meister (CDU/CSU) (Drucksache 14/2948, Fragen 42 und 43): Welche Gründe waren für die Bundesregierung maßgebend, dass die Ankündigung des Staatssekretärs im Bundesministeri-um für Finanzen, Dr. Heribert Zitzelsberger, der umstrittene § 2b Einkommensteuergesetz (EStG), der die Verlustverrech-nung bei negativen Einkünften aus der Beteiligung an Verlust-zuweisungsgesellschaften und ähnlichen Modellen regelt, könne wieder zurückgenommen werden (FAZ vom 26. Oktober 1999), bisher nicht umgesetzt wurde? Ist die Bundesregierung bereit, anhand vorliegender Gutach-ten (unter anderem der Deutschen Allgemeinen Treuhand AG), die dem § 2b EStG Verfassungswidrigkeit bescheinigen, die Fra-ge der Verfassungsmäßigkeit ernsthaft zu prüfen? Zu Frage 42: Von Herrn Staatssekretär Dr. Zitzelsberger wurde keineswegs angekündigt, vonseiten der Bundesregierung bestünde die Absicht, § 2b des Einkommensteuergeset- zes aufzuheben. Die in dem von Ihnen genannten Pres- seartikel angesprochene Äußerung von Staatssekretär Dr. Zitzelsberger auf dem 22. Deutschen Steuerbera- tungstag bezog sich vielmehr auf den zum damaligen Zeitpunkt noch offenen Ausgang des Gesetzgebungsver- fahrens zum Steuerbereinigungsgesetz 1999. Zu Frage 43: Die Verfassungsmäßigkeit des § 2b Einkommensteu- ergesetz wurde bereits bei seiner Einführung im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum Steuerentlastungsge- setz 1999/2000/2002 geprüft und als gegeben angese- hen. Die Bundesregierung sieht gegenwärtig keine Ver- anlassung, ihre Auffassung zu revidieren. Anlage 15 Antwort des Parl. Staatssekretärs Karl Diller auf die Fragen des Abgeordneten Dr.-Ing. Dietmar Kansy (CDU/CSU) (Drucksache 14/2948, Fragen 44 und 45): Bis wann ist nach Auffassung der Bundesregierung mit ei-nem abgestimmten Anwendungsschreiben der Finanzverwaltung zum § 2b EStG zu rechnen, und werden die betroffenen Verbän-de zuvor Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten? Welche Folgerungen zieht die Bundesregierung aus der in einer Anzeige betroffener Unternehmen gemachten Aussage, § 2b EStG habe bereits in 1999 176 000 Arbeitsplätze vernichtet und die Bundesregierung sei sich des Ausmaßes dieser kom-menden volkswirtschaftlichen Katastrophe noch nicht bewusst (vgl. Handelsblatt vom 25. Februar 2000)? Zu Frage 44: Um Kapitalanlegern Rechtssicherheit zu geben, hat- ten die obersten Finanzbehörden der Länder beschlos- sen, die Auslegung des § 2b Einkommensteuergesetz in einem BMF-Schreiben niederzulegen. Der notwendige Abstimmungsbedarf zum Entwurf des Anwendungs- schreibens zu § 2b Einkommensteuergesetz ist inzwi- schen weitgehend abgeschlossen. Ende März 2000 wird ein überarbeiteter Entwurf noch einmal mit den obersten Finanzbehörden der Länder abgestimmt. Dieser wird – um auch den Anliegen der betroffenen Branchen gerecht werden zu können – vor der endgültigen Verabschie- dung noch den Verbänden zur Stellungnahme übersandt. Mit der Veröffentlichung des BMF-Schreibens wird et- wa im Mai 2000 gerechnet. Zu Frage 45: Aus der in der Anzeige getroffenen Behauptung wird die Bundesregierung keine unmittelbaren Folgerungen ziehen. Zunächst wird sie das Ergebnis der geplanten schriftlichen Verbandsanhörung abwarten, in deren Rah- men die betroffenen Branchen gegebenenfalls fundiertes statistisches Zahlenmaterial über die bisherigen bzw. zu erwartenden Auswirkungen des § 2b Einkommensteuer- gesetz vorlegen können. Die Bundesregierung erwartet allerdings bislang kei- ne Auswirkungen in dem beschriebenen Ausmaß. Zum einen erlaubt die Übergangsregelung in § 52 Abs. 4 Ein- kommensteuergesetz den Fondsinitiatoren, vor dem 5. März 1999 aufgelegte Anlagemodelle noch bis zum 31. Dezember 2000 an Anleger zu vertreiben, ohne dass diese damit dem § 2b Einkommensteuergesetz unterlie- gen. Zum anderen werden sich die Fondsanbieter an die geänderte rechtliche Situation anpassen und ihre Ange- bote an der tatsächlichen wirtschaftlichen Rentabilität ausrichten. Anlage 16 Antwort des Parl. Staatssekretärs Karl Diller auf die Fragen des Abgeordneten Norbert Otto (Erfurt) (CDU/CSU) (Drucksache 14/2948, Fragen 46 und 47): Sieht die Bundesregierung die Gefahr, dass die in der Fach-presse bekannt gewordenen Einzelheiten über den bisher erfolg-losen Versuch des Bundesministers der Finanzen, die kompli-zierte und auslegungsbedürftige Regelung in § 2b EStG, dem so genannten Fallensteller-Paragraphen, durch ein Anwendungs-schreiben nachträglich zu klären, die Verunsicherung der Anle-ger eher noch verstärkt haben? Wie beurteilt die Bundesregierung die Wirkung des § 2b EStG auf den Anlegerwohnungsbau vor dem Hintergrund, dass der westdeutsche Mietwohnungsneubau nach Angaben des Sta-tistischen Bundesamtes zur Entwicklung der Baugenehmigungen im vergangenen Jahr auf den niedrigsten Stand in den neunziger Jahren abgesunken ist und nach allen Prognosen in diesem Jahr weiter abzusinken droht? Zu Frage 46: Über die möglichen Auswirkungen einer subjektiven Presseberichterstattung auf das Anlageverhalten Einzel- ner kann die Bundesregierung keine Aussage treffen. Das Bundesministerium der Finanzen hat bisher kei- neswegs erfolglos versucht, die Auslegung des § 2b 8728 Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 94. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 22. März 2000 (A) (B) (C) (D) Einkommensteuergesetz im Rahmen eines Anwen- dungsschreibens klarzustellen. Die erforderliche sorgfäl- tige Abstimmung mit den beteiligten Ländern und auch mit den Verbänden der betroffenen Branchen hat aller- dings einige Zeit in Anspruch genommen. Der Abstim- mungsprozess ist inzwischen weitgehend abgeschlossen; ich darf insoweit auf meine Antwort zur Frage Nr. 44 des Kollegen Dr. Kansy verweisen. Zu Frage 47: Eine zurückgehende Wohnungsbautätigkeit ist Aus- druck entspannter Wohnungsmärkte. Dabei ist eine be- sondere Auswirkung des § 2b Einkommensteuergesetz im Bereich des Mietwohnungsbaus bislang nicht zu be- obachten. Anlage 17 Antwort des Parl. Staatssekretärs Karl Diller auf die Fragen des Abgeordneten Hans Michelbach (CDU/CSU) (Druck- sache 14/2948, Fragen 48 und 49): Ist die Bundesregierung nach wie vor der Ansicht, dass die geplante Abschaffung des Vollanrechnungsverfahrens bei der Unternehmensteuerreform die einzige Möglichkeit ist, Miss-bräuche beim Dividendenstripping zu vermindern, und wie hoch schätzt sie die Steuermehreinnahmen aufgrund der Steuerre-formvorschläge? Gibt es im Bundesministerium der Finanzen Überlegungen, das bei der Unternehmensteuerreform vorgesehene Optionsmo-dell für die Personengesellschaften und Einzelunternehmen auf-grund der zahlreichen offenkundigen Nachteile fallen zu lassen, und wie viele Unternehmen werden vom Optionsrecht nach Ein-schätzung der Bundesregierung Gebrauch machen? Zu Frage 48: Nach Auffassung des Bundesregierung sprechen mehrere Gründe für einen Systemwechsel vom Voll- anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren. Das Halbeinkünfteverfahren ist als „klassisches“ Körper- schaftssteuersystem einfacher als das Anrechnungsver- fahren, es ist weniger missbrauchsanfällig und funktio- niert auch grenzüberschreitend. Da Anrechnungsmecha- nismen aufgrund der Definitivbesteuerung bei der Kör- perschaft fehlen, scheiden insbesondere so genannte „stripping“-Gestaltungen, die darauf abzielen, sich unbe- rechtigt das Anrechnungsguthaben zu verschaffen, von vornherein aus. Die im Anrechnungsverfahren gegen diese Gestaltungen geschaffenen gesetzlichen Regelun- gen (das ist der § 50 c des Einkommensteuergesetzes) haben sich in der Praxis als hoch kompliziert, schwer administrierbar und anfällig für Umgehungen erwiesen. Die Bundesregierung schätzt die mit der Ersetzung des bisherigen Anrechnungsverfahrens durch das Halbein- künfteverfahren bei der Dividendenbesteuerung verbun- denen Steuermehreinnahmen auf rund 5 Milliarden DM. Zu Frage 49: Der Bundesregierung sind keine konkreten Nachteile des Optionsmodells bekannt. Das Optionsmodell ist von der Kommission zur Unternehmensteuerreform als ein Modell zur steuerlichen Entlastung von Personenunter- nehmen entwickelt und vorgelegt worden. Es wurde in den anschließenden Planspielen unter Beteiligung von Vertretern aus Kreisen aller Betroffener kritisch geprüft und verbessert. Dabei wurden insbesondere auch die Anregungen der Vertreter der Unternehmen aufgenom- men. Das Modell wurde vereinfacht und attraktiv ge- macht. Zur Umsetzung dienen bewährte Rechtsinstitute. Nach Schätzung der Bundesregierung werden im Jahre des In-Kraft-Tretens, das heißt 2001, rund 10 vom Hun- dert der Unternehmen von der Option Gebrauch ma- chen. Dieser Anteil dürfte bis zum Jahre 2003 auf 25 vom Hundert steigen. Anlage 18 Antwort des Parl. Staatssekretärs Karl Diller auf die Frage der Abgeordneten Dr. Martina Krogmann (CDU/CSU) (Drucksache 14/2948, Frage 50): Wie steht die Bundesregierung zur Absicht einiger Mitglied-staaten in der EU, zur Förderung von Beschäftigung EU-weite quantifizierbare Ziele festzulegen? Die Bundesregierung steht Vorschlägen, nach denen die Mitgliedstaaten mehr gemeinsame Ziele im Rahmen der Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik anstreben, aufgeschlossen gegenüber. Zielen im Sinne qualitativer Verbesserungen in einzelnen Politikbereichen soll dabei mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden, zum Beispiel bei der Struktur der öffentlichen Ausgaben. Neben qua- litativen Zielen können quantifizierbare Ziele dazu bei- tragen, den gegenseitigen Vergleich der Politiken der Mitgliedstaaten zu schärfen, die Gründe für erfolgreiche oder weniger erfolgreiche Politiken festzustellen und die erfolgreichsten Verfahren zu verbreiten. Konkrete Indi- katoren können einen Vergleich der „best practices“ er- leichtern. Hierdurch können die Mitgliedstaaten die Leistungsmöglichkeiten ihrer Volkswirtschaften noch besser erkennen. Anlage 19 Antwort des Parl. Staatssekretärs Karl Diller auf die Fragen des Abgeordneten Andreas Storm (CDU/CSU) (Drucksa- che 14/2948, Fragen 51 und 52): Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass der An-stieg der Inflationsrate im Jahr 2000 gegenüber dem Vorjahr zu einem Teil auf die Einführung der Ökosteuer zurückzuführen ist, und wie begründet sie ihre Einschätzung? Wie hoch veranschlagt die Bundesregierung den auf die Ökosteuer zurückzuführenden Einfluss auf die Inflationsrate? Zu Frage 51: Der in den letzten Monaten zu beobachtende Anstieg des Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte ist in erster Linie auf die Entwicklung der Rohölpreise und des Euro-Wechselkurses zurückzufüh- ren. Die umwelt- und beschäftigungspolitisch motivierte Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 94. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 22. März 2000 8729 (A) (B) (C) (D) maßvolle Verteuerung des Energieverbrauchs durch die Einführung der Ökosteuer spielt demgegenüber eine un- tergeordnete Rolle. Zu Frage 52: Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes dürfte sich der Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte aufgrund der per 1. April 1999 in Kraft getretenen ersten Stufe der ökologischen Steuerre- form rechnerisch um 0,4 bis 0,5 Prozentpunkte und auf- grund der zum Jahresbeginn 2000 eingeführten zweiten Stufe rechnerisch um 0,2 Prozentpunkte erhöht haben. Im Durchschnitt des Jahres 2000 dürfte die Ökosteuer rechnerisch rund 0,3 Prozentpunkte zum Anstieg des Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushal- te beitragen. Anlage 20 Antwort des Parl. Staatssekretärs Karl Diller auf die Fragen des Abgeordneten Jürgen Koppelin (F.D.P.) (Drucksache 14/2948, Fragen 53 und 54): Welche Gründe haben den interministeriellen Ausschuss veranlasst, für den Bau eines Atomkraftwerkes in China eine Hermes-Bürgschaft zu beschließen, und ist diese Bürgschaft vereinbar mit der Energiepolitik der Bundesregierung? Hält es die Bundesregierung für vermittelbar, dass sie den Atomausstieg im Inland plant und gleichzeitig Bürgschaften für neue Kernenergie-Anlagen im Ausland erteilt? Zu Frage 53: Die Hermes-Deckungen für Lieferungen im Zusam- menhang mit dem Bau des Kernkraftwerkes Tianwan (früher: Lianyungang) in China konnten sowohl im Hin- blick auf die Förderungswürdigkeit des Vorhabens wie auch hinsichtlich der risikomäßigen Vertretbarkeit grundsätzlich zugesagt werden. Im Übrigen war für die Entscheidungsfindung von Bedeutung, dass es sich um Zulieferungen konventioneller Komponenten handelt (Dieselgeneratoren, Batterien, Elektro- und Leittechnik), die nicht Bestandteil des nuklearen Kerns der Anlage sind. Die Sicherheitsausstattung des bereits im Bau be- findlichen Reaktors russischer Herkunft wird durch die- se Ausrüstungen dem westlichen Niveau angenähert. Die Entscheidung steht im Einklang mit der Energiepoli- tik der Bundesregierung. Auch in Deutschland muss für die Restlaufzeit der Kernkraftwerke die erforderliche Si- cherheit vorgehalten werden. Zu Frage 54: Ja; ich darf insoweit auf den zweiten Teil meiner Antwort auf Ihre Frage Nr. 53 verweisen. Im Übrigen möchte ich betonen, dass das Bundesministerium der Finanzen in dieser Frage nicht federführend ist; der Ver- treter des Bundesministeriums für Wirtschaft, Kollege Mosdorf, wird hierzu unmittelbar im Anschluss erschöp- fende Auskunft geben können. Anlage 21 Antwort des Parl. Staatssekretärs Siegmar Mosdorf auf die Fra- gen des Abgeordneten Rainer Funke (F.D.P.) (Druck- sache 14/2948, Fragen 55 und 56): Wie viele Investitionsprojekte im Bereich der Kernenergie wurden in den vergangenen Jahren durch Hermes-Bürgschaften abgesichert? Warum hält es die Bundesregierung zum gegenwärtigen Zeitpunkt für sinnvoll, Lieferungen für das Atomkraftwerk Lia-nyungang in China mit öffentlichen Mitteln zu fördern? Zu Frage 55: Seit dem Regierungswechsel im Herbst 1998 hat die Bundesregierung lediglich Lieferungen und Leistungen im Zusammenhang mit drei Kernkraftprojekten im Aus- land durch Ausfuhrgewährleistungen begleitet. Zu Frage 56: Siehe Antwort auf Frage Nr. 55. Zu ergänzen ist, dass sich der Zeitpunkt einer Hermes-Deckungsentscheidung auch an den Bedürfnissen des Exporteurs orientiert. Die- ser kann bei der Bewerbung um einen Auftrag aus dem Ausland häufig erst dann ein verbindliches Angebot un- terbreiten, wenn er weiß, ob er mit einer Hermes- Deckung rechnen kann. Anlage 22 Antwort des Parl. Staatssekretärs Siegmar Mosdorf auf die Fra- gen des Abgeordneten Walter Hirche (F.D.P.) (Druck- sache 14/2948, Fragen 57 und 58): Wurde die Entscheidung der Bundesregierung, für den Aus-bau der Kernenergie in China zu bürgen, zwischen den beteilig-ten Ressorts abgestimmt bzw. lag dazu ein Kabinettsbeschluss vor? Hat die Bundesregierung die Koalitionsfraktionen im Vor-feld der Entscheidungen zur Absicherung der China-Inves-titionen durch Hermes-Bürgschaften informiert? Zu Frage 57: Eine pauschale Bürgschaft der Bundesregierung für den Ausbau der Kernenergie in China gibt es nicht. Vielmehr wurden grundsätzlich Hermes-Deckungs- zusagen im Zusammenhang mit Lieferungen für ein ein- zelnes Projekt ausgereicht. Die Entscheidung hierüber wurde innerhalb der Bundesregierung im Grundsatz ab- gestimmt und im Interministeriellen Ausschuss (IMA) getroffen. Zu Frage 58: Nein. Anlage 23 Antwort des Parl. Staatssekretärs Siegmar Mosdorf auf die Fra- gen der Abgeordneten Ulrike Flach (F.D.P.) (Drucksa- che 14/2948, Fragen 59 und 60): 8730 Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 94. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 22. März 2000 (A) (B) (C) (D) Welche ökologischen Kriterien werden an die Vergabe von Hermes-Bürgschaften angelegt? Wer definiert diese ökologischen Kriterien? Erstens. Lassen Sie mich mit einer allgemeinen Vor- bemerkung beginnen: Die Bundesregierung nimmt mög- liche Auswirkungen deutscher Exporte auf Mensch und Umwelt in den Empfängerländern sehr ernst. Seit ihrem Regierungsantritt verfolgt die jetzige Bundesregierung ihr Ziel einer sachgerechten Berücksichtigung von Um- weltbelangen im Rahmen der staatlichen Exportkredit- versicherung gleichzeitig auf nationaler wie auf interna- tionaler Ebene. Auf nationaler Ebene werden Umwelt- belange inzwischen systematisch und wesentlich umfas- sender einbezogen als vor 1998. Dies entwickeln wir ständig fort. Dabei ist allerdings auch zu berücksichti- gen, dass der Großteil der gedeckten Exporte umweltpo- litisch unbedenklich ist und dass diese Exporte in Deutschland mehrere hunderttausend Arbeitsplätze si- chern. Zweitens. Hermes-Ausfuhrgewährleistungen können von der Bundesregierung nur übernommen werden, wenn die versicherten Ausfuhren förderungswürdig und risikomäßig vertretbar sind. In diesem Zusammenhang prüft die Bundesregierung auch, ob die Übernahme der Deckungen unter Umweltgesichtspunkten vertretbar ist. Im Jahr werden bei uns rund 30 000 Ausfuhr-Deckun- gen übernommen, wobei die versicherten Exporte von Verbrauchs- und Ersatzteilen bis zu kompletten Großan- lagen gehen. Dementsprechend trifft die Bundesregie- rung ihre differenzierten Entscheidungen unter Berück- sichtigung des konkreten Einzelfalls. Drittens. Der weitaus überwiegende Anteil der jähr- lich neu gedeckten Auftragswerte ist umweltpolitisch unbedenklich. Um die umweltpolitisch sensitiven Pro- jekte zu ermitteln hat die Bundesregierung ein Screen- ing-Verfahren entwickelt und eingeführt. Inzwischen haben auch Kanada und Großbritannien vergleichbare Verfahren eingeführt, Schweden plant dies für April die- sen Jahres. Viertens. Bei den als sensitiv erkannten Projekten setzen die IMA-Ressorts BMWi, BMF, AA und BMZ sich in Zusammenarbeit mit dem Exporteur für Verbes- serungen des Projektes ein, bis am Ende dieses Prozes- ses eine Indeckungnahme des Geschäftes verantwortet werden kann. Die Vorschriften und Standards des Be- stellerlandes sind dabei in jedem Fall einzuhalten. Bei einer Beteiligung anderer staatlicher Exportkreditversi- cherer an einem Multi-Sourcing-Projekt werden Um- weltaspekte mit diesen abgestimmt. Fünftens. Der Bereich der Exportkreditversicherung ist durch starken internationalen Wettbewerb geprägt. Alle wichtigen Industrieländer und ein Teil der Schwel- lenländer verfügen über vergleichbare Instrumente. Wir setzen uns deshalb insbesondere im Rahmen der OECD für die Entwicklung international abgestimmter Verfah- ren zur Berücksichtigung von Umweltbelangen durch al- le staatlichen Exportkreditagenturen ein. Alle wichtigen Exportkreditagenturen haben sich bereits im OECD- Rahmen verpflichtet, Umweltbelange zu berücksichti- gen. Im Mai 1999 wurde auf Ministerebene die Entwick- lung gemeinsamer Herangehensweisen vereinbart. Dies geschieht inzwischen, auch im Rahmen von Sondersit- zungen der zuständigen OECD-Arbeitsgruppe. Anlage 24 Antwort des Parl. Staatssekretärs Siegmar Mosdorf auf die Fra- gen des Abgeordneten Rainer Brüderle (F.D.P.) (Drucksache 14/2948, Fragen 61 und 62): Beabsichtigt die Bundesregierung, Hermes-Bürgschaften für die Fertigstellung der Reaktoren Khmelnitzky-2 und Rovno-4 in der Ukraine bereitzustellen, die eine deutsche Firma durchführen soll, und falls dies der Fall ist, wann wird sie dazu eine Ent-scheidung fällen? Welche Gründe werden für die Entscheidung maßgeblich sein? Zu Frage 61: Nein. Zu Frage 62: Siehe Antwort zu Frage 61. Anlage 25 Antwort des Parl. Staatssekretärs Siegmar Mosdorf auf die Fra- gen des Abgeordneten Erich G. Fritz (CDU/CSU) (Drucksache 14/2948, Fragen 63 und 64): Welche unerlässlichen Bestandteile muss nach Auffassung der Bundesregierung eine Vereinbarung der Europäischen Union mit der Volksrepublik China im Vorfeld des chinesischen Bei-tritts zur Welthandelsorganisation (WTO) haben? Welche bisher für deutsche Unternehmen bestehenden Hemmnisse für Investitionen und den Handel aus bzw. mit Chi-na müssen bei einer solchen Vereinbarung nach Auffassung der Bundesregierung ausgeräumt werden, und würden in diesem Zu-sammenhang der Bundesregierung die zwischen den Vereinigten Staaten und China ausgehandelten Regelungen ausreichend er-scheinen? Die Bundesregierung strebt im Rahmen der Europäi- schen Union einen möglichst raschen Beitritt Chinas zur WTO an. Dies setzt zunächst voraus, dass China sich zur Übernahme aller Grundprinzipien der WTO verpflichtet, wie etwa des Meistbegünstigungsprinzips (Vorteile, die gegenüber einem WTO-Partner eingeräumt werden, müssen allen anderen ebenfalls zugute kommen) und des Grundsatzes der Inländerbehandlung (keine Diskrimi- nierung zwischen in- und ausländischen Wirtschaftsbe- teiligten). Daneben müssen die Marktzugangsinteressen Deutschlands und anderer EU-Mitgliedstaaten gegen- über China Berücksichtigung finden. Das zwischen China und den USA ausgehandelte Abkommen deckt zu annähernd 80 Prozent auch die Forderungen der Europä- ischen Union und damit auch der Bundesrepublik ab. Durch den so genannten Meistbegünstigungsgrundsatz der WTO gelten die dort gemachten Zugeständnisse beim Beitritt Chinas zur WTO auch zugunsten aller an- deren WTO-Mitgliedstaaten. Die USA haben allerdings Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 94. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 22. März 2000 8731 (A) (B) (C) (D) verständlicherweise in solchen Bereichen Zollsenkungen und andere chinesische Zugeständnisse ausgehandelt, in denen sie – die USA – besondere Handelsinteressen ha- ben. Deshalb gilt es jetzt für die EU, darüber hinaus beste- hende eigene Marktzugangsinteressen zu sichern. Die EU exportiert und investiert mehr nach China als die USA! Zu den wesentlichen Forderungen gehören insbe- sondere: bessere Konditionen im Dienstleistungsbereich: Telekommunikation, insbesondere Mobilfunk, und Ver- sicherung (US-Versicherungsriese AIG ist bereits in China; während europäische Versicherer auf den chine- sischen Versicherungsmarkt drängen); Automobilbe- reich (Zollsenkungen und Frage der Beteiligungen bei Joint Ventures); Abschaffung der Staatshandelsmonopo- le (Importbereich: Öl, Tabak, Düngemittel; Exportbe- reich: Seide, Baumwolle). Insgesamt legt die EU Wert auf eine bessere Behand- lung der Auslandsinvestitionen. Bisher hat China aus- ländische Unternehmen gegenüber chinesischen Unter- nehmen diskriminiert, insbesondere beim Zugang zu ausländischen Kreditquellen und öffentlichen Aufträgen. Auch wird ein WTO-Beitritt Chinas mehr Rechtssicher- heit und eine einheitliche Rechtsanwendung mit sich bringen, sodass deutsche/europäische Exporteure und Investoren verlässliche Rahmenbedingungen vorfinden können. Die Öffnung neuer Gewerbezweige im Bereich der Dienstleistungen, wie zum Beispiel im Versiche- rungsbereich, würde den deutsch-chinesischen Wirt- schaftsbeziehungen neue Impulse verleihen. Anlage 26 Antwort des Parl. Staatssekretärs Siegmar Mosdorf auf die Frage des Abgeordneten Klaus Hofbauer (CDU/CSU) Druck- sache 14/2948, Frage 65): Gibt es Bemühungen, einen einheitlichen europäischen Not-ruf für Feuerwehren und Rettungsdienste einzuführen? Eine einheitliche Notrufnummer 112 ist in der EU be- reits mit der Entscheidung des Rates zur Einführung ei- ner einheitlichen Notrufnummer vom 29. Juli 1991 (91/39/EWG) verpflichtend eingeführt worden. Die ein- heitliche Notrufnummer 112 existiert in den Mitglied- staaten mit unterschiedlichen Ausprägungen bezüglich die Art und Weise der Annahme und Weiterleitung von Notrufen zu den Not- und Rettungsdiensten (Akzeptanz, Mehrsprachigkeit, Ortsbestimmung des Rufursprungs usw.). In Deutschland gibt es die Notrufnummer 112 (ursprünglich dem Feuerwehrdienst vorbehalten) neben der allgemeinen Notrufnummer 110 für Polizei und sonstige Rettungsdienste. In Deutschland gilt die unter Punkt 1 genannte Entscheidung als umgesetzt, sodass si- chergestellt sein muss, dass alle bei der 112 ankommen- den Notrufe unverzüglich an die zuständigen Rettungs- dienste weitergeleitet werden. Im Rahmen der Überprüfung des Rechtsrahmens im Bereich der Telekommunikation (Review 99) sieht die Kommission Bedarf, über die Vereinheitlichung der Notrufnummer 112 hinaus bestimmte Aspekte der prak- tischen Abwicklung der einlaufenden Notrufe zu har- monisieren. Hierbei wird insbesondere die Frage der Lokalisierung von Notrufen aufgegriffen, da dies bei ei- nem Notfall entscheidend ist für schnelle und effektive Hilfe. Diese Frage trifft verstärkt beim Mobilfunk auf Schwierigkeiten, für die aber beim heutigen Stand der Technik technische Lösungen möglich sind. Gegenüber dem Bestreben nach bestmöglicher und schneller Hilfe im Notfall sind jedoch auch Fragen des Schutzes der Privatsphäre abzuwägen. Nach Auffassung der Kom- mission sollten Informationen über den Standort des An- rufers an die Notrufzentralen ab 1. Januar 2003 zur Ver- fügung stehen. Die Bundesregierung wird sich an den Verhandlungen auf europäischer Ebene konstruktiv beteiligen. Anlage 27 Antwort des Parl. Staatssekretärs Siegmar Mosdorf auf die Fra- gen des Abgeordneten Bernd Neumann (Bremen) (CDU/CSU) (Drucksache 14/2948, Fragen 66 und 67): Treffen Informationen zu, nach denen Frankreich, Großbri-tannien und Spanien das Airbus-A3XX-Projekt mit erheblichen staatlichen Mitteln unterstützen, und wenn ja, in welcher Weise erfolgt diese Unterstützung? Hat die Bundesregierung die Absicht, dieses Schlüsselpro-jekt der europäischen Luftfahrtindustrie in ähnlicher Weise zu fördern? Zu Frage 66: Die britische Regierung hat am 13. März 2000 in ei- ner Presseerklärung mitgeteilt, dass sie das britische Airbus-Partnerunternehmen British-Aerospace-Systems (BAE Systems) hinsichtlich der Entwicklungskosten für das neue Großraumflugzeug A3XX mit einem Darlehen in Höhe von 530 Millionen £ = fast 1,7 Milliarden DM fördern wird. Das Darlehen ist zu verzinsen und innerhalb von 17 Jahren vollständig zurückzuzahlen. Dies entspricht den Vereinbarungen des EU-US-Großraumflugzeugab- kommens von 1992, wonach insgesamt bis zu 33 Pro- zent der Entwicklungskosten gefördert werden können. Die Vertreter der Regierungen Frankreichs und Spa- niens haben bereits signalisiert, dass beabsichtigt ist, in ihren Ländern die A3XX-Entwicklungskosten auf der Basis eines verzinst rückzahlbaren Darlehens entspre- chend den Bedingungen des Großraumflugzeugabkom- mens zu fördern. Zu Frage 67: Die Bundesregierung prüft derzeit einen Antrag der Airbus-Partnerfirma Daimler-Chrysler Aerospace Air- bus (DA) auf Gewährung eines verzinst rückzahlbaren Darlehens hinsichtlich der A3XX-Entwicklungskosten in Höhe von 2,464 Milliarden DM. Vor dem Hintergrund der von der DA für dieses Pro- jekt prognostizierten rund 45 000 neu entstehenden Ar- 8732 Deutscher Bundestag - 14. Wahlperiode - 94. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 22. März 2000 (A) (C) beitsplätze in Deutschland erscheint es der BReg aus- drücklich wichtig, den deutschen Airbus-Partner DA im Wettbewerb um die Verteilung der Arbeitsanteile für die A3XX-Produktion mit den anderen Airbus-Partner- firmen in Frankreich, Großbritannien und Spanien nicht zu benachteiligen. Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin 53003 Bonn, Telefon: 02 28/3 82 08 40, Telefax: 02 28/3 82 08 44 20
Gesamtes Protokol
Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409400000
Verehrte Kollegin-
nen und Kollegen! Ich begrüße Sie. Die Sitzung ist er-
öffnet.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf:
Befragung der Bundesregierung

Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Ka-
binettssitzung den Entwurf eines Gesetzes zur Errich-
tung einer Stiftung „Erinnerung, Verantwortung
und Zukunft“ mitgeteilt. Das Wort für den einleitenden
fünfminütigen Bericht hat der Parlamentarische Staats-
sekretär beim Bundesminister der Finanzen, Karl Diller.

K
Karl Diller (SPD):
Rede ID: ID1409400100
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kol-
leginnen und Kollegen! Die Bundesregierung hat heute
den Gesetzentwurf zur Errichtung der Stiftung „Erinne-
rung, Verantwortung und Zukunft“ beschlossen. Damit
wird ein Vorhaben zugunsten von Zwangsarbeitern und
anderen NS-Opfern umgesetzt, das bereits im Koaliti-
onsvertrag vorgesehen ist und durch Initiativen deut-
scher Unternehmen sowie multilaterale Gespräche unter
Leitung von Graf Lambsdorff und dem stellvertretenden
amerikanischen Finanzminister Eizenstat vorbereitet
worden ist.

Ausgangspunkt des Gesetzentwurfes ist das vielfälti-
ge und große Unrecht, das in der NS-Zeit von Deutschen
insbesondere den jüdischen Bürgerinnen und Bürgern in
Deutschland und seinen Nachbarstaaten zugefügt wor-
den ist. Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger vor allem
der besetzten Gebiete in Osteuropa wurden überdies zur
Zwangsarbeit herangezogen. In vielfältiger Hinsicht wa-
ren deutsche Unternehmen in die Zufügung verfol-
gungsbedingter Vermögensschäden durch das NS-Re-
gime verstrickt.

Zum Ausgleich dieser Schäden hat in der Vergangen-
heit eine Reihe deutscher Unternehmen Ausgleichsleis-
tungen in Höhe von rund 100 Millionen DM geleistet.
Der Hauptanteil an Wiedergutmachungsleistungen wur-
de aus staatlichen Mitteln finanziert: bislang 104 Mil-
liarden DM. Mit der Stiftung wollen die deutschen Un-

ternehmen und die Bundesregierung ein zusätzliches, für
die beteiligten Unternehmen in finanzieller Hinsicht ab-
schließendes Zeichen moralischer Verantwortung set-
zen.

Lassen Sie mich kurz zu dem Inhalt des Gesetzent-
wurfes Folgendes sagen: Die Stiftung wird mit 10 Mil-
liarden DM ausgestattet, davon je 5 Milliarden DM sei-
tens der öffentlichen Hand und der Unternehmen. Da-
raus sollen Leistungen insbesondere an ehemalige
Zwangsarbeiter und an Personen, die nationalsozialis-
tisch bedingt sonstige Personenschäden erlitten haben,
zum Beispiel Opfer pseudomedizinischer Versuche,
oder zum Ausgleich von Schäden, die Kinder von
Zwangsarbeitern durch Unterbringung in den so genann-
ten Kinderheimen erlitten haben, gezahlt werden. Soweit
verfolgungsbedingte Vermögensschäden nicht bereits
durch das Bundesentschädigungsgesetz oder das Bun-
desrückerstattungsgesetz erfasst wurden, soll jetzt ein
Ausgleich dieser Vermögensschäden ermöglicht werden.
Die Stiftung ist auch für sonstige Vermögensschäden
aus der Zeit des NS-Regimes geöffnet, sofern an deren
Zufügung deutsche Unternehmen direkt und schadensur-
sächlich beteiligt waren.

Das Gesetz legt die Organe und die Organisation der
Stiftung fest. Die Verteilung der Mittel soll mithilfe von
Partnerorganisationen erfolgen. Unabhängige Beschwer-
deausschüsse bei diesen Partnerorganisationen sollen die
Rechtmäßigkeit und Gleichmäßigkeit der Leistungen si-
cherstellen.

Der Gesetzentwurf musste jetzt im Kabinett beschlos-
sen werden, um eine Verabschiedung des Gesetzes noch
vor der Sommerpause dieses Jahres möglich zu machen.
Ich gehe davon aus, dass der Gesetzentwurf parallel über
die Fraktionen dieses Hohen Hauses eingebracht werden
wird. Er soll eine zeitlich weniger gedrängte intensive
Beratung ermöglichen. Eine parallele Einbringung des
Gesetzentwurfes halte ich aber auch im Hinblick auf den
Inhalt der Regelungen für besonders wünschenswert.
Wir streben Einvernehmen über den Gesetzentwurf mit
allen Fraktionen diesen Hohen Hauses an; gestern hatten
wir dazu ein weiteres Gespräch. Es wäre schön, wenn
wie bei den Fragen der Wiedergutmachung – da ist es






(A)



(B)



(C)



(D)


die Regel – der breite Konsens unseres Parlaments die-
ses wichtige Vorhaben tragen würde.

Der Gesetzentwurf gibt den derzeitigen Stand der in-
ternationalen Gespräche mit den Opfergruppen und den
Regierungen der USA und der osteuropäischen Staaten
wieder. Graf Lambsdorff hat diese Verhandlungen im
Auftrag des Bundeskanzlers geführt und der Bundes-
kanzler hat ihm im Kabinett in seiner Anwesenheit aus-
drücklich für seine verdienstvollen Bemühungen und
seine verantwortungsvolle Verhandlungsführung ge-
dankt.


(Beifall bei der F.D.P.)

Graf Lambsdorffs Verhandlungen haben hinsichtlich

wichtiger Fragen bisher noch kein abschließendes Er-
gebnis erzielen können. Im Zuge der parlamentarischen
Beratungen werden daher noch einzelne Ergänzungen
erfolgen können und müssen. Dies gilt zuvörderst für die
Verteilung der Mittel, das Hauptthema der Verhandlun-
gen, die Graf Lambsdorff heute und morgen bestreiten
wird.

An den Verhandlungen sind Abgeordnete aller Frak-
tionen dieses Hauses seit langem beteiligt. Dies war
nicht nur wichtig, um alle Fraktionen am Informations-
fluss und Entscheidungsprozess teilhaben zu lassen,
sondern auch als Demonstration des Einvernehmens
über die Bedeutung dieses Vorhabens und unseres Um-
gangs mit Schuld und Verantwortungsbewusstsein für
diese Aufgabe. Wir wollen und müssen zu schnellen,
fairen und angemessenen Leistungen der Stiftungen für
die sehr betagten Opfer, die Adressaten von NS-Un-
recht, gelangen.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409400200
Ich danke Ihnen,
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, für den Bericht.

Ich eröffne die Befragung. Ich bitte, zunächst Fragen
zu dem Themenbereich zu stellen, über den soeben be-
richtet wurde. Liegt der Wunsch nach einer Befragung
der Bundesregierung vor? – Herr Kollege Seifert.


Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1409400300
Herr Präsident, mit Ihrer Er-
laubnis würde ich gern zwei Fragen hintereinander stel-
len.

Herr Staatssekretär Diller, Sie sagten einleitend, dass
es der Bundesregierung darum geht, ein abschließendes
Zeichen gegen das Unrecht, das an Millionen Menschen
verübt wurde, zu setzen. Ich gehe davon aus, dass das
auch im Einvernehmen mit den osteuropäischen Län-
dern geregelt wird. Liegt Ihnen mehr an dem Zeichen
oder mehr an dem Abschluss?

Ich kann nicht verhehlen, dass mich die Debatte der
letzten Zeit deshalb gelegentlich unangenehm berührte,
weil ich den Eindruck haben musste, dass es der Bun-
desregierung und insbesondere der deutschen Wirtschaft
eher darum geht, einen Schlussstrich zu ziehen und Ru-
he zu haben. Das fände ich nicht so gut. Wo liegen die
Akzente der Bundesregierung in Bezug auf ein abschlie-
ßendes Zeichen?

K
Karl Diller (SPD):
Rede ID: ID1409400400
Herr Kollege, beides ist wichtig. Es ist
wichtig, dass wir jetzt, nach so langer Zeit, dieses mora-
lische Zeichen setzen, und es ist wichtig, dass wir zu ei-
nem Abschluss kommen, damit auch die noch Lebenden
nicht nur das moralische Anliegen empfinden, sondern
auch die Leistungen empfangen können, die wir in die-
sem Stiftungsgesetz vorsehen.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409400500
Eine weitere Frage
des Kollegen Seifert.


Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1409400600
Herr Staatssekretär, vielen
Dank, dass Sie noch einmal die moralische Verpflich-
tung deutlich betont haben.

Ich habe noch eine andere Frage. Sie sprachen davon,
dass auch Opfer pseudomedizinischer Versuche von die-
ser Stiftung bedacht werden sollen. Darf ich das dahin
gehend verstehen, dass Sie jetzt auch den so genannten
Euthanasieopfern und Zwangssterilisierten die ihnen
meines Erachtens mehr als zustehende Entschädigung
möglichst rasch auszahlen wollen? Oder bedarf es noch
weiterer Anstrengungen seitens des Parlamentes und der
Regierung, damit auch diese Menschen möglichst bald –
sie sind schließlich schon in hohem Alter; Sie sagten es
eben – wenigstens eine geringfügige geldliche Entschä-
digung für das ihnen zugefügte Leid bekommen?

K
Karl Diller (SPD):
Rede ID: ID1409400700
Der Gesetzentwurf sieht bezüglich der
Stiftungsmittel eine Aufteilung der Opfer in Gruppen
entsprechend der Schwere des zugefügten Leids vor.

Die erste Gruppe besteht beispielsweise aus denjeni-
gen, die sowohl KZ-Haft als auch Zwangsarbeit erleiden
mussten. Deshalb besteht die Frage, in welche Gruppie-
rung die von Ihnen angesprochenen Betroffenen einge-
stuft werden. Nach § 11 des Gesetzentwurfes wird im
Rahmen der Leistungsberechtigung auf diejenigen abge-
hoben, die in einem Konzentrationslager, einer anderen
Haftstätte oder in einem Getto unter vergleichbaren Be-
dingungen inhaftiert waren und zur Arbeit gezwungen
wurden.

Die zweite Gruppe besteht aus denjenigen, die aus ih-
rem Heimatstaat in das Gebiet des Deutschen Reiches in
den Grenzen von 1937 oder in ein vom Deutschen Reich
besetztes Gebiet deportiert wurden, zu einem Ar-
beitseinsatz in einem gewerblichen Unternehmen oder
im öffentlichen Bereich gezwungen wurden und unter
anderen Bedingungen als zu den unter Punkt 1 genann-
ten inhaftiert oder haftähnlichen Bedingungen bzw. ver-
gleichbaren besonders schlechten Lebensbedingungen
unterworfen waren. Diese Regelung gilt nicht für Perso-
nen, die nach Österreich deportiert worden sind.

Die dritte Gruppe besteht aus denjenigen, die im
Zuge rassischer Verfolgung unter wesentlicher und
schadensursächlicher Beteiligung deutscher Unterneh-
men Vermögensschäden im Sinne der Wiedergutma-
chungsgesetze erlitten haben und mangels Erfüllung der
Wohnsitzvoraussetzung des Bundesentschädigungsge-

Parl. Staatssekretär Karl Diller






(A)



(B)



(C)



(D)


setzes hierfür keine Leistungen erhalten konnten oder
aufgrund ihres Wohnsitzes oder dauernden Aufenthaltes
in einem Gebiet, mit dessen Regierung die Bundesrepu-
blik Deutschland keine diplomatischen Beziehungen un-
terhielt, nicht imstande waren, fristgerecht Rückerstat-
tungsansprüche geltend zu machen. Sonderregelungen
im Rahmen des International Committee of Holocaust
Era Insurance Claims bleiben unberührt.

Die Partnerorganisationen können im Rahmen der ih-
nen nach diesem Stiftungsgesetz zugewiesenen Mittel
Leistungen auch solchen Opfern nationalsozialistischer
Unrechtsmaßnahmen gewähren, die nicht zu einer der
genannten Fallgruppen gehören.


(Dr. Ilja Seifert [PDS]: Also medizinische Opfer auch?)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409400800
Herr Staatssekretär,
wollen Sie darauf noch antworten? Die Frage war, ob
auch medizinische Opfer davon betroffen sind. – Dann
hat der Kollege Volker Beck eine Frage.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409400900

Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir – auch im Kontext
der Fragen, die Herr Seifert gestellt hat – zu, dass insbe-
sondere im Rahmen der Öffnungsklausel durch die Part-
nerorganisationen weitere humanitäre Aspekte abge-
deckt werden können, dass dies länderspezifisch ge-
schehen kann und dass angesichts der Frage, die Sie,
Herr Seifert, angesprochen haben, ob nämlich der
Schlussstrich oder die moralische Verantwortung, die
wir gemeinsam übernehmen wollen, im Vordergrund
steht, deutlich wird, dass es uns vor allem um die mora-
lische Verantwortung geht und im Hinblick auf die Fra-
ge des Schlussstriches nur um Rechtsfragen?

Dies wird in § 16 des Gesetzentwurfes sehr deutlich
ausformuliert. Man will nämlich einerseits Rechtssi-
cherheit gewähren und andererseits wird im dritten Ab-
satz des § 16 gesagt: „Weitergehende Wiedergutma-
chungs- und Kriegsfolgenregelungen bleiben hiervon
unberührt“, was bedeutet, dass zum einen Rechtsansprü-
che, die nach deutschem Entschädigungsrecht bestehen,
durch diese Stiftung nicht verloren gehen und dass zum
anderen das in der Koalitionsvereinbarung niedergelegte
Projekt einer Bundesstiftung „Entschädigung für NS-
Unrecht“ für die „vergessenen Opfer“ nach dieser Dis-
kussion vom Parlament noch einmal unter finanziellen,
moralischen und rechtlichen Gesichtspunkten vorurteils-
frei geprüft wird.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409401000
Bitte schön.

K
Karl Diller (SPD):
Rede ID: ID1409401100
Dem ist so.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409401200
Eine Frage des Kol-
legen Wolfgang Zeitlmann.


Wolfgang Zeitlmann (CSU):
Rede ID: ID1409401300
Herr Staatsse-
kretär, können Sie mir näher erläutern, welche Scha-
densersatzansprüche unter der Rubrik „Vermö-
gensschaden“ konkret abgeglichen werden sollen? In der
Presse gibt es diesbezüglich Meldungen, die ein biss-
chen widersprüchlich sind.

K
Karl Diller (SPD):
Rede ID: ID1409401400
Herr Kollege, bezüglich der Vermögens-
schäden gibt es zunächst einmal folgende Bestimmung:
Nach § 11 Abs. 1 Nr. 3 umfassen die Stiftungsmittel die
Beträge, die dem International Committee of Holocaust
Era Insurance Claims von der Stiftung oder deutschen
Versicherungsunternehmen für Leistungen aus Versi-
cherungsschäden zur Verfügung gestellt wurden oder
noch werden. Schadensersatzansprüche haben diejeni-
gen, die im Zuge rassischer Verfolgung unter wesentli-
cher und schadensursächlicher Beteiligung deutscher
Unternehmen, Vermögensschäden im Sinne der Wie-
dergutmachungsgesetze erlitten haben.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409401500
Eine weitere Fra-
ge? – Herr Kollege Zeitlmann.


Wolfgang Zeitlmann (CSU):
Rede ID: ID1409401600
Herr Staatsse-
kretär, darf ich ergänzend fragen: Stimmen dann Berich-
te nicht, in denen es heißt, dass es sich in diesem Be-
reich um eine institutionelle Förderung von Organisatio-
nen und eventuellen Siedlungsprojekten handelt?

K
Karl Diller (SPD):
Rede ID: ID1409401700
Diese Frage würde ich gerne prüfen las-
sen, aber ich vermute, die Antwort heißt nein.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409401800
Eine Frage des Kol-
legen Bosbach.


Wolfgang Bosbach (CDU):
Rede ID: ID1409401900
Herr Staatssekre-
tär, ich habe eine Frage zu der Abgrenzung von Skla-
venarbeit und Zwangsarbeit im Hinblick auf diejenigen
Opfer, die in einem Arbeitserziehungslager interniert
waren. Hier gibt es, auch unter Historikern, unterschied-
liche Auffassungen, ob richtigerweise eine Eingruppie-
rung in die Rubrik Sklavenarbeit mit der Folge einer
Pro-Kopf-Entschädigung bis zu 15 000 DM oder eine
Eingruppierung in die Rubrik Zwangsarbeit mit Höchst-
beträgen bis zu 5 000 DM pro Kopf vorgenommen wer-
den sollte. Wie ist hierzu die Einschätzung der Bundes-
regierung?

Zu meiner zweiten Frage. Es ist unstreitig, dass wir
im Interesse unseres Staates, der Bundesrepublik
Deutschland, und insbesondere der deutschen Industrie
dringend eine umfassende Rechtssicherheit brauchen. In
der Bundesrepublik Deutschland soll sie hergestellt
werden durch das nun zur Beratung anstehende Stif-
tungsgesetz, im Verhältnis zu den Vereinigten Staaten
von Amerika durch ein Regierungsabkommen und dann
durch ein Statement of Interest der Vereinigten Staaten

Parl. Staatssekretär Karl Diller






(A)



(B)



(C)



(D)


von Amerika zu den jeweils angerufenen Gerichten.
Meine Frage lautet: Wie kann diese notwendige und um-
fassende Rechtssicherheit im Verhältnis zu den anderen
Hauptherkunftsländern der Opfer hergestellt werden?

Zu meiner dritten Frage. Der Fonds hat ein Vermögen
von insgesamt 10 Milliarden DM, jeweils zur Hälfte ge-
speist von der deutschen Industrie und vom deutschen
Steuerzahler. Vor allen Dingen der Bund und auch die
Länder wollen sich beteiligen. Wie kann sichergestellt
werden – und welche Instrumentarien hat die Bundesre-
gierung, um dies zu prüfen –, dass die Mittel, die bereit-
gestellt werden, die Opfer auch tatsächlich erreichen, um
zu vermeiden, was wir in der Vergangenheit leider erle-
ben mussten, dass die Gelder zwar zur Verfügung ge-
stellt werden, dass aber nachher viele Opfer, Opfergrup-
pen oder Opferverbände darüber klagen, dass die zuge-
dachten Mittel die noch lebenden Opfer nicht erreicht
haben?

K
Karl Diller (SPD):
Rede ID: ID1409402000
Zu Frage eins würde ich Ihnen gerne eine
schriftliche Antwort zukommen lassen.

Zu Frage zwei: Um diese Frage geht es in den end-
gültigen und abschließenden Verhandlungen.

Zu Frage drei: Sie wissen – gestern haben wir darüber
auch gesprochen –, dass der Gesetzentwurf ausdrücklich
vorsieht, dass die Stiftung zunächst einmal einen Haus-
haltsplan aufzustellen hat und dieser vom Finanzminis-
terium genehmigt werden muss. Die Verwendung der
Mittel unterliegt der Kontrolle des Bundesrechnungsho-
fes. Graf Lambsdorff hat heute Morgen im Kabinett da-
rauf hingewiesen, dass dafür Wirtschaftsprüfer einge-
setzt werden sollen, sodass, denke ich, Ihrem Anliegen
damit hinreichend Rechnung getragen worden ist.

Herr Kollege Bosbach, ich möchte an dieser Stelle
noch auf Folgendes hinweisen – das spielte gestern im
Rahmen unserer Gespräche eine große Rolle –: Ihrem
Anliegen, in § 3 den Hinweis auf die Länder herauszu-
nehmen, ist das Bundeskabinett gefolgt. In der Begrün-
dung haben wir exakt die Formulierung aufgenommen,
die gestern Abend mit Ihnen bezüglich der Beteiligung
der Länder abgesprochen worden ist.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409402100
Eine Frage des Kol-
legen Claus.


Roland Claus (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1409402200
Herr Staatssekretär, wenn die
Bundesregierung Interesse daran hat, dass alle Fraktio-
nen des Bundestages diesen Gesetzentwurf parallel ein-
bringen, was ich verstehe und unterstütze, so möchte ich
Sie fragen: Ist in dem Entwurf auch vorgesehen, dass al-
le Fraktionen an dem Stiftungskuratorium beteiligt wer-
den sollen? Für den Fall, dass das nicht so sein sollte:
Sehen Sie in diesem Punkt noch Verhandlungsspiel-
raum?

K
Karl Diller (SPD):
Rede ID: ID1409402300
Herr Kollege, wir haben gestern in Anwe-

senheit Ihrer Fraktionskollegin Frau Jelpke gerade über
diesen Aspekt mit allen Fraktionen diskutiert. Nach der
Gesetzgebungspraxis ist es so, dass die Fraktionen zu-
nächst einmal den Gesetzentwurf übernehmen, den die
Bundesregierung beschlossen hat, und zwar buch-
stabengetreu. In dem Gesetzentwurf ist die Zahl der Ku-
ratoriumsmitglieder des Deutschen Bundestages mit drei
Mitgliedern festgeschrieben. Es ist aber nicht festge-
schrieben, welche Fraktion wie viele Mitglieder entsen-
det. Dieser Punkt ist also im Laufe der Beratungen zu
klären.

Gestern gab es Äußerungen seitens der Koalitions-
fraktionen, sich einer breiten Diskussion zu öffnen; denn
es ist bei allen Beteiligten das Interesse vorhanden, ei-
nen gemeinsamen Gesetzentwurf zu beschließen.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409402400
Herr Kollege
Zeitlmann.


Wolfgang Zeitlmann (CSU):
Rede ID: ID1409402500
Herr Staatsse-
kretär, Sie haben das gestrige Gespräch mit den Fraktio-
nen dieses Hauses erwähnt. Ich frage Sie: Hat es zu dem
Gesetzestext vor dem gestrigen Termin gemeinsame Ge-
spräche mit den Fraktionen, insbesondere mit den Frak-
tionen der Opposition, gegeben?

K
Karl Diller (SPD):
Rede ID: ID1409402600
Herr Kollege, ich selbst habe zweimal an
Diskussionen in einem fachfremden Ausschuss teilge-
nommen – nämlich im Innenausschuss –, um dort da-
rüber zu berichten, was wir gesetzgeberisch vorhaben.
Ich verweise darauf, dass seit Herbst letzten Jahres alle
Fraktionen an den Plenarsitzungen der Verhandlungen
teilgenommen haben.

Ich selbst habe daran nicht teilgenommen. Aber ich
habe mir berichten lassen, dass die Vertreter der Frakti-
onen aktiv an den Debatten teilgenommen haben. Von
daher ist a) über den Fortgang der Verhandlungen und b)
über die gesetzgeberischen Tätigkeiten, die parallel dazu
stattfinden, informiert worden.


Wolfgang Zeitlmann (CSU):
Rede ID: ID1409402700
Herr Staatsse-
kretär, ich wollte Sie eigentlich nicht nach den Verhand-
lungen fragen, sondern ich wollte Sie fragen, ob nach
Ihrem Wissen bei der Vorbereitung des Gesetzestextes
im Vorfeld – also über das Gespräch gestern Abend hin-
aus – weitere Gespräche mit anderen Fraktionen stattge-
funden haben.

K
Karl Diller (SPD):
Rede ID: ID1409402800
Wir haben im Innenausschuss über den
Stand unserer gesetzgeberischen Vorhaben berichtet.
Schon damals – das ist jetzt von der PDS wieder ange-
sprochen worden – hat die Zahl der Mitglieder des Deut-
schen Bundestages, die im Kuratorium vertreten sein
sollen, eine Rolle gespielt.

Sie müssen Herrn Bosbach fragen, ob ihm der Ge-
setzentwurf gestern Abend zum ersten Mal präsentiert

Wolfgang Bosbach






(A)



(B)



(C)



(D)


worden ist – in dieser Fassung sicherlich, weil er erst im
Laufe des gestrigen Tages seinen Feinschliff bekommen
hat. Auch Herr Bosbach hat mitbekommen, dass noch
während unseres Gespräches eine korrigierte Fassung
desjenigen Entwurfs vorgelegt wurde, den ich Ihnen als
Beratungsgrundlage auf den Tisch legen konnte. Inso-
fern handelt es sich um einen permanenten Prozess, der
die zwischenzeitlichen Ergebnisse aus den Verhandlun-
gen einbindet.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409402900
Eine Frage des Kol-
legen Volker Beck.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409403000

Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir zu, dass man fast
davon sprechen könnte, dass die Oppositionsfraktionen
in einer beispiellosen Weise in die Vorbereitungen zu
diesem Gesetzgebungsverfahren eingebunden worden
sind,


(Wolfgang Zeitlmann [CDU/CSU]: Das ist wahr!)


dass in zahlreichen Verhandlungsrunden verschiedene
Entwurfsstadien im Kreise der Berichterstatter beleuch-
tet und diskutiert worden sind und dass die Argumente
aus allen Fraktionen in die Vorbereitung des Kabinetts-
beschlusses einfließen konnten?


(Wolfgang Zeitlmann [CDU/CSU]: So viel Scheinheiligkeit in einer Frage gibt es doch gar nicht!)


K
Karl Diller (SPD):
Rede ID: ID1409403100
Herr Kollege, als Regierungsvertreter
möchte ich mich der Meinung enthalten. Aber wenn das
Ihre Wertung ist, dann ist es gut so.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409403200
Kollege Bosbach.


Wolfgang Bosbach (CDU):
Rede ID: ID1409403300
Ich melde mich
wegen der Frage des Kollegen Beck. Es handelt sich
selbstverständlich nicht um eine rhetorische Frage, ich
bitte um eine Beantwortung.

Herr Staatssekretär, stimmen Sie darin überein, dass
wir bei den Verhandlungsrunden von Anfang an zuge-
gen waren, ohne aber zunächst in die Verhandlungen
eingegriffen zu haben? Das war auch gar nicht ge-
wünscht, weil wir ja zuerst eine Einigung über die Ge-
samthöhe des Fondsvermögens erzielen wollten. Seit
Anfang dieses Jahres beteiligen wir uns aber aktiv an
den Verhandlungen.

Wir haben die Entwürfe – das ist jetzt der vierte Ent-
wurf – immer zeitnah erhalten; das ist richtig. Aber
stimmen Sie mir zu, dass eine Mitarbeit der Opposition
an der Erarbeitung der Texte ausdrücklich deshalb nicht
gewünscht war, damit wir nicht Augen- und Ohrenzeu-
gen der Verhandlungen zwischen Rot und Grün werden?

K
Karl Diller (SPD):
Rede ID: ID1409403400
Zu der letzten Frage: Es entzieht sich
meiner Kenntnis, ob das jemand als bestimmenden
Grund angesehen hat. Es ist in der Tat so, wie Sie gesagt
haben, Herr Bosbach: Alle Oppositionsfraktionen stan-
den in ständigem Kontakt mit den Regierungsvertretern,
sie waren auch bei den Verhandlungen. Von daher
stimmt die Einschätzung des Kollegen Beck sicherlich.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Aber nur hinsichtlich der Beispiellosigkeit!)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409403500
Nach dieser bei-
spielhaft freundlichen Antwort gibt es keine weitere
Frage zu diesem Themenkomplex.

Darf ich fragen, ob im Rahmen der Regierungsbefra-
gung Fragen zu anderen Themen gestellt werden möch-
ten? – Herr Kollege Koppelin.


Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1409403600
Ich möchte die Bundes-
regierung fragen, ob es heute im Kabinett eine Diskussi-
on über den geplanten Export des Spürpanzers Fuchs
in die Vereinigten Arabischen Emirate gegeben hat.
Der „Stern“ wird darüber morgen ausführlich berichten;
es werden auch Aussagen des Staatssekretärs Kolbow
bzw. des Bundesverteidigungsministers Scharping ange-
führt. Gibt es im Kabinett eine einheitliche Meinung
zum Export des Spürpanzers Fuchs in die Vereinigten
Arabischen Emirate? Falls – wie ich es von dieser Re-
gierung erwarte – die Frage nicht beantwortet werden
kann, frage ich, ob es überhaupt eine Exportvoranfrage
gibt.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409403700
Herr Staatsminister,
bitte schön.

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409403800
Herr Koppelin, das war nicht Thema der Kabi-
nettssitzung. Wie Sie wissen, befasst sich der Bundessi-
cherheitsrat mit solchen Fragen und dieser hat sich da-
mit bisher noch nicht abschließend befassen können.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409403900
Eine weitere Frage
des Kollegen Koppelin.


Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1409404000
Herr Staatsminister, darf
ich fragen, wie es möglich ist, dass, wenn diese Fragen,
was ich akzeptiere, nicht im Kabinett, sondern im Bun-
dessicherheitsrat behandelt werden, wir fast täglich
Meinungen von Vertretern der Ministerien, die Mitglied
im Bundessicherheitsrat sind, in den Medien lesen kön-
nen. Spüren Sie eigentlich dem nach, der plaudert? Wie
ist Ihre Haltung? Oder muss ich als Abgeordneter alles
den Medien entnehmen?

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409404100
Herr Koppelin, einer Entscheidung geht immer ei-
ne Meinungsbildung voraus.

Parl. Staatssekretär Karl Diller






(A)



(B)



(C)



(D)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409404200
Bitte schön, Herr
Koppelin.


Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1409404300
Herr Staatsminister, da
Sie früher als Abgeordneter in einer Oppositionsfraktion
waren: Teilen Sie meine Auffassung, dass auch Sie frü-
her gesagt hätten, dass die Regierung, wenn sie damals
so geantwortet hätte wie Sie heute, kneift und sich um
eine Antwort herumdrückt, weil es unterschiedliche
Auffassungen in der Koalition gibt?

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409404400
Kneifen kann uns beim Thema Rüstungsexport si-
cherlich niemand vorwerfen. Das würde auch Ihrer Di-
agnose widersprechen, wir würden öffentlich zu lebhaft
darüber diskutieren.


(Wolfgang Bosbach [CDU/CSU]: Wie sieht es mit dem Herumdrücken aus?)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409404500
Gibt es sonstige
Fragen an die Bundesregierung? – Das ist nicht der Fall.
Dann danke ich dem Parlamentarischen Staatssekretär
Diller und dem Staatsminister Volmer und beende die
Regierungsbefragung.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf:
Fragestunde
(Drucksache 14/2948)

Ich rufe zunächst den Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums der Verteidigung auf. Zur Beantwortung
steht die Parlamentarische Staatssekretärin Brigitte
Schulte zur Verfügung.

Wir kommen zu Frage 1 des Abgeordneten Wolfgang
Dehnel:

Beabsichtigt die Bundesregierung angesichts der Tatsache, dass über die Hälfte der deutschen KFOR-Soldaten in den neuen Bundesländern beheimatet ist, deren verständlichem Wunsch entgegenzukommen, künftig bei Heimaturlaubs-Flügen neben Köln/Bonn auch Berlin oder Leipzig anzufliegen, um die über-durchschnittlich lange Anreise in die Heimatstandorte zu erleichtern?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1409404600
Herr Präsident! Meine
Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Dehnel, die
von Ihnen angesprochene Regelung ist bereits bei der
Rückkehr früherer Kontingente kritisch hinterfragt wor-
den. So mussten zum Beispiel Soldaten aus bayerischen
Standorten – Herr Zeitlmann dreht uns gerade den Rü-
cken zu – nach einem Einsatz im Kosovo aus organisa-
torischen Gründen in Köln/Bonn landen und eine acht-
stündige Busreise – das habe ich gelernt, als ich den
Standort Brannenburg mit ihm besucht habe – auf sich
nehmen.

Ihre Frage war aber hilfreich, weil man noch einmal
überprüfen muss, warum so etwas geschieht. Es gibt

folgende Gründe – sie scheinen mir stichhaltig zu sein,
wenn sie auch unbefriedigend sind –:

Erstens. Jede Zwischenlandung verursacht zusätzli-
che Kosten und erhöht den Zeitaufwand für das fliegen-
de Personal. Sie müssen möglicherweise eine weitere
Crew mitnehmen.

Das Zweite ist – das scheint mir das gewichtigste Ar-
gument zu sein –: Die Kontrolle der Rückkehrer durch
den Zoll und die eigenen, bundeswehrspezifischen For-
malitäten müssten dann an den verschiedenen Zielorten
erfolgen. Wir haben leider Gründe dafür, dies jeweils
organisieren zu müssen.

Drittens. Es hat sich außerdem ergeben, dass es bei
jedem Einsatzkontingent – auch jetzt zum Beispiel bei
den Soldaten, die zu 65 Prozent aus den neuen
Bundesländern stammen – ganz viele Standorte gibt, aus
denen sie kommen – es sind nicht etwa nur geschlossene
Verbände –, sodass eine eindeutige Zuordnung zu den
unterschiedlichen Flughäfen schwierig ist. Dies gilt
zumal, weil die Leute zwar oft an einem Standort
arbeiten, aber ihre Familien, bei denen sie Urlaub
machen, woanders leben. Ich will aber nicht verhehlen –
um das abschließend festzustellen –, dass die
augenblickliche Regelung noch unbefriedigend ist.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409404700
Eine Zusatzfrage.


Wolfgang Dehnel (CDU):
Rede ID: ID1409404800
Frau Staatssekretä-
rin, es freut mich, dass Sie das Problem genauso sehen.
Ich habe aber nicht nach Zwischenlandungen gefragt,
sondern meine wirklich ein direktes Anlanden in Berlin.
Dort gibt es auch einen Militärflughafen und da dürfte es
ja relativ einfach sein – für meine Begriffe und auch
nach Einschätzung durch die Soldaten –, dort die Sol-
daten in den Urlaub zu entlassen.

Ich bedanke mich ausdrücklich dafür, dass wir Gele-
genheit hatten, bei den KFOR-Truppen zugegen zu sein.
Sie können die Grüße und den Dank Herrn Staatssekre-
tär Kolbow bitte ausrichten. Wir haben uns darüber sehr
gefreut.

Aber wenn wir dann von den Soldaten solche Fragen
bekommen, möchten wir schon gern, dass diese Fragen
auch entsprechend beantwortet werden, bzw. dass man
ihnen auch hilft. Ich glaube schon – vielleicht sehen Sie
es auch so –, dass man dann zumindest Berlin – wenn
schon nicht Leipzig – als direkten Landeort angeben
könnte. Sehen Sie das genauso?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1409404900
Wir haben uns wirklich
der Mühe unterzogen und haben einmal aufgeschlüsselt,
woher die Leute kommen und welchen Heimatort sie
haben. Danach ist das ungeheuer differenziert zu sehen
und dann ist Berlin auch nicht so attraktiv, wie wir ge-
glaubt haben, wenn man die Prozentsätze sieht. Bei dem
jetzigen Einsatz wäre vielleicht sogar Hannover der rich-
tige Ort, weil von da aus verschiedene Bereiche erreich-
bar wären.






(A)



(B)



(C)



(D)


Ich kann Ihnen nur Folgendes sagen: Wenn es sich
um Urlaub handelt und wir bei den sechs Monaten blei-
ben müssen, glaube ich, dass wir uns sowieso einmal
überlegen müssen, ob wir das eigentlich mit unseren ei-
genen Bundeswehrmaschinen machen müssen oder ob
man es nicht durch eine vernünftige Organisation mit
zivilen Luftfahrtgesellschaften so macht, dass die Pi-
loten dann umsteigen können. Dann könnten die Forma-
litäten beim Einstieg erfolgen, wie wir das ja heute auch
kennen, und die Leute würden anschließend dichter an
ihren Heimatort herankommen. Diese Frage ist nicht
einfach mit Berlin und Köln/Bonn zu beantworten.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409405000
Eine weitere Zu-
satzfrage.


Wolfgang Dehnel (CDU):
Rede ID: ID1409405100
Ich muss doch noch
eine Frage stellen. Ist Ihnen bekannt, dass es für Miss-
stimmung bei den Soldaten, die in Richtung München
bzw. Hannover mitgeflogen sind, gesorgt hat, dass dann,
als der Bundeskanzler oder der Staatssekretär anwesend
waren, dort eine Zwischenlandung möglich war, dass
aber dann, wenn sie das wünschen, dies nicht möglich
ist?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1409405200
Nun würde ich in der Tat
das Zeitbudget eines deutschen Bundeskanzlers etwas
anders einschätzen als einen – wenn auch intensiven –
Einsatz auf dem Balkan. Ich kann Ihnen sagen: Heute
Morgen haben wir im Unterausschuss „Streitkräftefra-
gen in den neuen Bundesländern“ über dieses Thema
gesprochen und dort die Zahlen vorgetragen, die für Sie
heute Nachmittag auch wichtig sind. Ich gehe am Wo-
chenende nach Bosnien und wir werden anschließend,
Anfang April, mit dem Unterausschuss im Kosovo sein.
Wir nehmen uns für diesen Besuch ein bisschen mehr
Zeit, als Sie hatten. Aber wir kennen das Thema. Das ist
nur nicht so einfach zu lösen. Aber Ihre Frage war des-
halb hilfreich, weil man dann noch einmal hinterfragt
und kritisch überlegt: Gibt es da keine andere Lösung?
Wir arbeiten daran.


Wolfgang Dehnel (CDU):
Rede ID: ID1409405300
Vielen Dank.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409405400
Ich rufe die Frage 2
des Kollegen Werner Siemann auf:

Welche aktuellen Erkenntnisse liegen der Bundesregierung hinsichtlich des Drogen- und Alkoholmissbrauchs bei Angehö-rigen der deutschen KFOR- und SFOR-Kontingente vor?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1409405500
Herr Kollege Siemann, er-
freulicherweise – so muss man sagen – ist die Zahl der
Alkohol- und Drogenmissbrauchsdelikte nicht so groß,
wie man befürchten könnte. Wir haben auch erst seit
1998 eine verlässliche Grundlage.

Danach ergibt sich Folgendes: Wir haben schon über
60 000 Soldaten – natürlich zum Teil die gleichen, man-
che schon doppelt und dreifach – auf dem Balkan in

Auslandseinsätzen gehabt. Alkoholmissbrauchsfälle ha-
ben wir 13 gehabt und Drogenmissbrauchsfälle 35.


(Peter Dreßen [SPD]: Als ich bei der Bundeswehr war, waren das wesentlich mehr!)


Da kann man wirklich sagen: Das ist im Vergleich eine
geringe Gesamtzahl und das spricht eigentlich für die
Disziplin und die Einsatzbereitschaft der deutschen
Kontingente, auch für die sorgfältige Personalauswahl,
vielleicht auch für die gute Dienstaufsicht durch die
Kommandeure vor Ort sowie für das Verantwortungs-
bewusstsein unserer dort eingesetzten Soldaten.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409405600
Eine Zusatzfrage?


Werner Siemann (CDU):
Rede ID: ID1409405700
Frau Staatssekretä-
rin, was haben Sie denn befürchtet und worauf gründe-
ten sich diese Befürchtungen?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1409405800
Auch Sie haben ja die
Frage vor dem Hintergrund gestellt, dass man immer
wieder etwas über Ausfälle oder über zurückkehrende
Soldaten hört. Wir können für die Bundeswehr sagen,
dass das Ganze erfreulich gut verlaufen ist. Vier bis
sechs Monate unterwegs und von seiner Familie getrennt
zu sein würde, könnte ich mir vorstellen, selbst für Bun-
destagsabgeordnete unter Umständen ein Problem be-
deuten; schon die Trennung von einer Woche ist schwer.
Aber das ist gut verlaufen. Wir haben natürlich, wie in
jeder Armee, Probleme mit Alkohol oder, leider zuneh-
mend, bei den jüngeren Leuten auch mit Drogenmiss-
brauch. Diese sind aber bei der Bundeswehr unverhält-
nismäßig gering.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409405900
Eine zweite Zusatz-
frage?


Werner Siemann (CDU):
Rede ID: ID1409406000
Frau Staatssekretä-
rin, entsprechen die Zahlen der Vorfälle auf dem Bal-
kan, die, wie Sie gesagt haben, verhältnismäßig niedrig
sind, vergleichbaren Zahlen im Inland oder handelt es
sich um Auffälligkeiten?

B
Brigitte Traupe (SPD):
Rede ID: ID1409406100
Herr Kollege Siemann,
diese Frage sollten wir in den Verteidigungsausschuss
verlegen, um das Zahlenverhältnis in Ruhe zu diskutie-
ren. Die Zahlen sind bei den deutschen Streitkräften auf
jeden Fall – noch – ungleich geringer; aber es gibt Pro-
bleme. Das hat auch die Wehrbeauftragte dankenswer-
terweise angesprochen, und zwar nicht zum ersten Mal.


Werner Siemann (CDU):
Rede ID: ID1409406200
Ich nehme Ihr An-
gebot an.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409406300
Es gibt keine weite-
ren Fragen zu diesem Geschäftsbereich. Ich danke Ih-
nen, Frau Parlamentarische Staatssekretärin.

Parl. Staatssekretärin Brigitte Schulte






(A)



(B)



(C)



(D)


Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeri-
ums für Arbeit und Sozialordnung auf. Zur Beantwor-
tung steht die Parlamentarische Staatssekretärin Ulrike
Mascher zur Verfügung.


(Emmendingen)


Um welchen Prozentsatz werden die Regelsätze der Sozial-hilfe zum 1. Juli 2000 gemäß den Bestimmungen in § 22 Abs. 6 Satz 2 des Bundessozialhilfegesetzes erhöht werden?

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1409406400
Herr Kollege
Weiß, die Regelsätze erhöhen sich zum 1. Juli 2000 um
den Vomhundertsatz, um den sich der aktuelle Renten-
wert in der gesetzlichen Rentenversicherung verändert.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409406500
Zusatzfrage?


Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1409406600
Frau
Staatssekretärin, da bei der damaligen Beschlussfassung
im Deutschen Bundestag über die Verlängerung dieser
Übergangsregelung, dass der Sozialhilferegelsatz in dem
Maße steigt wie die Rente, seitens der Regierungsfrakti-
onen als Begründung angegeben worden ist, dass man
davon ausgehe, dass die Renten stärker als in den ver-
gangenen Jahren anstiegen und diese Regelung deswe-
gen auch für die Sozialhilfeempfänger angemessen sei,
frage ich Sie: Sieht sich die Bundesregierung jetzt nicht
veranlasst, eine Korrektur vorzunehmen, nachdem fest-
steht, dass die Rente voraussichtlich nur um 0,6 Prozent
steigt und nicht mehr um die Beträge, die damals, als
das Gesetz beschlossen wurde, in Rede standen?

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1409406700
Nein, die
Bundesregierung sieht dazu keine Veranlassung. Wir
gehen davon aus, dass die Anpassung entsprechend der
Preissteigerungsrate des Vorjahres nach wie vor den lau-
fenden Bedarf deckt.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409406800
Zweite Zusatzfrage.


Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1409406900
Frau
Staatssekretärin, wie sind die Absichten der Bundesre-
gierung hinsichtlich der Regelung zur Anpassung der
Regelsätze in der Sozialhilfe für die kommenden Jahre,
da ja die Übergangsregelung bezüglich der Anpassung
in diesem Jahr ausläuft?

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1409407000
Herr Weiß,
Sie wissen, dass wir entsprechend unseren früheren Er-
klärungen nach Auswertung der noch von der alten
Bundesregierung in Auftrag gegebenen Gutachten hier
eine Neufestsetzung der Regelsätze planen.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409407100
Eine Zusatzfrage
des Kollegen Dr. Grehn.


Dr. Klaus Grehn (PDS):
Rede ID: ID1409407200
Frau Staatssekretärin, wie
bewerten Sie die unterschiedlichen Folgen für die Sozi-
alhilfeempfänger in Ost und West angesichts der Tatsa-
che, dass die Eckregelsätze in den neuen Bundesländern
niedriger liegen als in den alten Bundesländern, sich die
Preise aber teilweise auf einem Niveau von 110 Prozent
der Preise in den alten Bundesländern bewegen?

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1409407300
Herr Grehn,
wenn man die Entwicklung der Gesamtpreissteigerungs-
rate in Ostdeutschland betrachtet, stellt man fest, dass
diese sogar geringfügig unter der Preissteigerungsent-
wicklung in Westdeutschland liegt.

Von daher bestreite ich nicht, dass es einzelne Preis-
gruppen mit einer höheren Steigerungsrate gibt. Aber
insgesamt halten wir das für vertretbar.


(Dr. Klaus Grehn [PDS] meldet sich zu einer weiteren Zusatzfrage)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409407400
Sie haben zu dieser
Frage nur eine Zusatzfrage. Aber Sie können bei der
nächsten Frage eine neue stellen.

Eine Zusatzfrage der Kollegin Schnieber-Jastram.


Birgit Schnieber-Jastram (CDU):
Rede ID: ID1409407500
Frau
Staatssekretärin, bedeutet Ihre Antwort auf die Frage des
Kollegen Weiß, dass es im nächsten Jahr auf jeden Fall
ein neues Bedarfsbemessungsschema für die Sozialhilfe
geben wird?

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1409407600
Meine Ant-
wort bedeutet, dass wir an einem solchen Bedarfsde-
ckungsschema arbeiten und dass wir eine Neufestset-
zung der Regelsätze vornehmen.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409407700
Ich rufe die Frage 4
des Kollegen Peter Weiß auf :

Wie beurteilt die Bundesregierung die Situation der Sozial-hilfeempfänger und die Entwicklung der Regelsätze der Sozial-hilfe angesichts der im Jahr 2000 zu erwartenden Inflationsrate (im Februar 2000 bei 1,8 Prozent) und der Zusatzbelastungen durch die so genannte Ökosteuer, die Sozialhilfeempfänger in vollem Umfang ohne Kompensationsmöglichkeiten treffen?

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1409407800
Herr Weiß,
die in Ihrer Frage enthaltenen Unterstellungen sind nicht
zutreffend. Die Regelsätze der Sozialhilfe sind nach
Auffassung der Bundesregierung auch unter Berücksich-
tigung der für die Jahre 2000 und 2001 vorgesehenen
Anpassung entsprechend der Preissteigerungsrate des
Vorjahres weiterhin so ausgestaltet, dass sie den laufen-
den Bedarf decken.

Die These, die Ökosteuer führe zu nicht kompensier-
baren Zusatzbelastungen für Sozialhilfeempfänger, ist in
mehrfacher Hinsicht falsch. Zwar können sich durch die

Vizepräsident Rudolf Seiters






(A)



(B)



(C)



(D)


Einführung und Erhöhung der Stromsteuer sowie die
Anhebung der Mineralölsteuer die Energiepreise erhö-
hen. Insofern können sich gewisse Auswirkungen auf
das Preisniveau ergeben. Im Rahmen der Sozialhilfe
schlagen sich die Energiekosten jedoch größtenteils in
den Heizkosten nieder, die in der Regel voll übernom-
men werden und somit nicht aus dem Regelsatz bestrit-
ten werden müssen. Bei den im Regelsatz enthaltenen
Kosten für Haushaltsenergie kann sich durch die Erhö-
hung des Strompreises um 2 Pfennig je Kilowattstunde
im Jahre 1999 eine Mehrbelastung von monatlich
3,43 DM und im Jahre 2000 bei einer weiteren Anhe-
bung des Strompreises um einen halben Pfennig je Ki-
lowattstunde eine zusätzliche Mehrbelastung von monat-
lich 86 Pfennig ergeben, wenn der tatsächliche Ver-
brauch 148 Kilowattstunden im Monat beträgt.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass in den Jahren von
1991 bis 1999 die Kosten für Haushaltsenergie lediglich
um 6,6 Prozent gestiegen sind, die Regelsätze insgesamt
jedoch um 15,4 Prozent. Zudem ist die Stromsteuer nur
ein Kosten bildender Faktor, der nicht unbedingt auf den
Preis durchschlägt. Vielmehr ist im Zuge der Liberali-
sierung des Strommarktes teilweise mit absolut sinken-
den Strompreisen zu rechnen.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409407900
Zusatzfrage.


Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1409408000
Frau
Staatssekretärin, sieht die Bundesregierung – im Gegen-
satz zu dem, was Sie gerade vorgetragen haben – nicht
doch eine erhebliche Differenz darin, dass die Sozialhil-
feregelsätze in diesem Jahr nur um 0,6 Prozent angeho-
ben werden, die aktuelle Inflationsrate, die zu guten Tei-
len auf die Auswirkungen der Ökosteuer zurückzuführen
ist – dies soll bei einer späteren Frage in dieser Frage-
stunde noch erörtert werden –, aber bei 1,8 Prozent
liegt?

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1409408100
Herr Weiß,
zum einen finden diese Anhebungen immer zur Mitte
des Jahres statt, sodass Sie da einen Durchschnitt bilden
müssen.

Zum Zweiten ist die Inflationsrate, auch wenn sie in
diesem Jahr höher ist, im nächsten Jahr möglicherweise
wieder niedriger, wovon zum Beispiel die Rentner und
auch die Sozialhilfeempfänger, soweit wir die Regelsät-
ze bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht neu festgesetzt
haben, profitieren würden.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409408200
Zweite Zusatzfrage.


Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1409408300
Frau
Staatssekretärin, da die Regelsätze der Sozialhilfe das
maßgebliche Kriterium für die Festsetzung des steuer-
freien Existenzminimums für Familien und ihre Kinder
sind, möchte ich fragen, ob Sie sich, nachdem Sie mit
Datum vom 4. Januar 2000 dem Deutschen Bundestag

die Unterrichtung durch die Bundesregierung über die
Höhe des Existenzminimums von Kindern und Familien
für das Jahr 2001 vorgelegt haben, angesichts der aktuell
in Rede stehenden Erhöhungen bei Rente wie Sozialhilfe
um nur 0,6 Prozent veranlasst sehen, die Berechnungen
für das Existenzminimum noch einmal nach unten zu
korrigieren.

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1409408400
Wir haben
keine Veranlassung, die Festsetzung des Existenzmini-
mums noch einmal zu korrigieren.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409408500
Eine Zusatzfrage
des Kollegen Dr. Grehn.


Dr. Klaus Grehn (PDS):
Rede ID: ID1409408600
Frau Staatssekretärin, lie-
gen der Bundesregierung Kenntnisse vor, welche Wir-
kungen diese unterschiedlichen Regelungen auf die
Kommunen in Ost und West angesichts der unterschied-
lichen finanziellen Belastung in beiden Teilen Deutsch-
lands und der eher bescheidenen – um nicht zu sagen:
prekären – finanziellen Situation der Kommunen in den
neuen Bundesländern haben?

U
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1409408700
Herr Grehn, ich
kann mir nicht vorstellen, dass die entsprechend der
Preissteigerungsrate des Vorjahres vorgenommene An-
passung die Träger der Sozialhilfe – Sie sprachen die
Kommunen an – zusätzlich belastet; eher das Gegenteil
ist der Fall. Auch ich weiß, dass die Finanzsituation pre-
kär ist, aber aus dieser Anpassung der Sozialhilfe kön-
nen Sie keine zusätzliche Belastung ableiten.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409408800
Eine Zusatzfrage
des Kollegen Peter Dreßen.


Peter Dreßen (SPD):
Rede ID: ID1409408900
Frau Staatssekretärin, die
Stromkosten gehen ja, wie Sie schon erwähnt haben,
nach unten. Dadurch tritt eine Erleichterung für die So-
zialhilfeempfänger ein. Außerdem habe ich erlebt, dass
Sozialämter es Sozialhilfeempfängern verweigern, ein
Auto für ihren täglichen Bedarf anzumelden. So brau-
chen die gestiegenen Benzinkosten nicht bei der Sozial-
hilfe berücksichtigt zu werden,


(Dr. Ilja Seifert [PDS]: Aber die Buskosten!)

auch wenn ich es als sehr strikte Auslegung empfinde,
dass man Sozialhilfeempfängern das Auto nicht belässt.
Ist es denn wirklich so, dass, weil ein Auto nicht zum
Bedarf von Sozialhilfeempfängern zählt, deshalb auch
die entsprechenden Mehrkosten aus der Ökosteuer nicht
berücksichtigt werden?

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1409409000
Herr Dreßen,
es kommt immer auf die konkrete Einzelfallprüfung an,

Parl. Staatssekretärin Ulrike Mascher






(A)



(B)



(C)



(D)


ob ein Auto für den Sozialhilfeempfänger erforderlich
ist oder nicht. Deswegen kann ich Ihnen Ihre Frage so
generell nicht beantworten. Sofern aber kein Auto vor-
handen ist, spielen in der Tat die Benzinpreise für den
Sozialhilfeempfänger keine Rolle.

Dabei ist sicher die Frage zu stellen, inwiefern sich
die Ökosteuer auf die Kosten des öffentlichen Nahver-
kehrs ausgewirkt hat. Davon sind Sozialhilfeempfänger
möglicherweise betroffen.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409409100
Zu einer weiteren
Zusatzfrage der Kollege Seifert.


Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1409409200
Frau Staatssekretärin, habe
ich Sie richtig verstanden, dass aufgrund dessen, dass
die Anpassung der Regelsätze niedriger als die Inflati-
onsrate ausfällt, die Kommunen sozusagen auf Kosten
der Sozialhilfeempfängerinnen und Sozialhilfeempfän-
ger, die, relativ gesehen, weniger bekommen als vorher,
möglicherweise noch ein bisschen besser wegkommen
als vorher?

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1409409300
Nein, Herr
Seifert, da haben Sie mich falsch verstanden. Ich habe
die Frage von Herrn Grehn so verstanden, dass er
befürchtet, dass auf die ostdeutschen Kommunen, die
sich in einer prekären Finanzsituation befinden,
aufgrund der entsprechend der Preissteigerungsrate des
Vorjahres vorgenommenen Anpassung eine Mehr-
belastung zukommt. Dieses habe ich abgestritten. Hier
lag, wie ich denke, ein Missverständnis vor.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409409400
Ich rufe die Frage 5
des Kollegen Olaf Scholz auf:

Sind der Bundesregierung Vertragsgestaltungen bekannt, wo im Hinblick auf das Gesetz zur Förderung der Selbstständigkeit und §§ 7a und 7b Viertes Buch des Sozialgesetzbuches (SGB IV) Auftragnehmer (zum Beispiel Journalisten) erklären müs-sen: „Ich versichere, dass ich nicht als „Scheinselbstständiger“ im Sinne von § 7 Abs. 4 SGB IV anzusehen bin, und verpflichte mich, im Falle von Anfragen hinsichtlich meiner rechtlichen Stellung alle erforderlichen Informationen zur Klärung meines Status zu liefern. Ich stimme bereits jetzt zu, dass im Falle einer Prüfung des Vorliegens eines Beschäftigungsverhältnisses eine Versicherungspflicht erst mit Bekanntgabe der Entscheidung der BfA bzw. eines anderen Versicherungsträgers eintreten soll (§§ 7a, 7b SGB IV).“?

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1409409500
Herr Kollege
Scholz, Sie haben zwei Fragen zur Problematik der
Scheinselbstständigkeit gestellt. Ihre Erlaubnis voraus-
gesetzt, darf ich sie zusammen beantworten.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409409600
Dann rufe ich auch
die Frage 6 des Abgeordneten Olaf Scholz auf:

Teilt die Bundesregierung die in dem Protokoll der Sitzung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung vom 10. November 1999 zum Ausdruck gebrachte Auffassung, dass solch eine Vertragsklausel/Erklärung jedenfalls im Hinblick auf § 7b SGB IV unwirksam ist, weil die Zustimmung des Arbeit-

nehmers gemäß § 7b Ziffer 1 SGB IV nur nachträglich und nicht vorab erteilt werden kann, und – falls eine versicherungspflich-tige Betätigung vorliegt – indiziert, dass der Arbeitgeber vorsätzlich oder grob fahrlässig von einer selbstständigen Tätigkeit ausgegangen ist?

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1409409700
Der Bundes-
regierung ist bekannt, dass als freie Journalisten tätigen
Honorarempfängern in Einzelfällen derartige Erklärun-
gen zur Unterschrift vorgelegt wurden. Die Bundesre-
gierung teilt die von Ihnen angeführte Auffassung des
Ausschusses, dass die Zustimmungserfordernis dem
Schutz des Beschäftigten dient. Die Sozialversiche-
rungspflicht tritt von der Aufnahme der Beschäftigung
an ein, wenn der Beschäftigte seine Zustimmung zum
späteren Eintritt der Sozialversicherungspflicht nicht er-
teilt. Die Versicherungsträger haben sorgfältig zu prü-
fen, ob eine wirksame Zustimmungserklärung vorliegt.
Bei Zustimmungen im Voraus liegt eine wirksame Zu-
stimmung regelmäßig nicht vor, sondern nur bei solchen
Erklärungen, die erst nach der Bekanntgabe der Ent-
scheidung, dass ein Beschäftigungsverhältnis vorliegt,
abgegeben werden. Bei einer Zustimmung im Voraus
besteht regelmäßig die Gefahr, dass sie unter dem
Druck, einen Auftrag ohne die Unterzeichnung einer
solchen Erklärung nicht zu erhalten, zustande gekom-
men ist.

Auch nach Auffassung der Bundesregierung lässt ein
Verhalten von Auftraggebern, die Auftragnehmern vor-
ab eine zustimmende Erklärung zum späteren Eintritt
der Versicherungspflicht abfordern, darauf schließen,
dass diese erhebliche Zweifel daran haben, dass eine
selbstständige Tätigkeit überhaupt vorliegt. Es ist davon
auszugehen, dass die Sozialversicherungsträger, die die
Gesetze in eigener Verantwortung ausführen, ihrer Prü-
fungspflicht ordnungsgemäß nachkommen.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409409800
Jetzt haben Sie vier
Zusatzfragen.


Olaf Scholz (SPD):
Rede ID: ID1409409900
Ich will mich aber auf eine be-
schränken. – Die Auskunft ist ja sehr befriedigend für
alle, die jetzt solche Vertragsformulare vorgelegt be-
kommen. Es ist auch schon hilfreich, dass diese Ansicht
der Bundesregierung einmal im Deutschen Bundestag
bekannt gegeben worden ist, weil diese Regelung so ei-
ne gewisse Verbreitung findet. Wird sich die Bundesre-
gierung auch bemühen, die Sozialversicherungsträger
und etwaige beteiligte Verbände von dieser Auffassung
gesondert zu informieren, und möglicherweise darauf
hinwirken, dass das in einer erweiterten Fassung des
Rundschreibens der Spitzenverbände der Sozialversiche-
rungsträger zum Ausdruck kommt, sodass das allgemein
Verbreitung findet?

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1409410000
Herr Scholz,
vielen Dank für diese Anregung. Das Arbeits-
ministerium wird sie gerne aufgreifen. Ich würde mich
auch freuen, wenn in den einschlägigen Ver-

Parl. Staatssekretärin Ulrike Mascher






(A)



(B)



(C)



(D)


bandspublikationen insgesamt stärker darauf hingewie-
sen wird; denn es geht ja um den Schutz der Betroffe-
nen. Wir vonseiten des Arbeitsministeriums werden je-
denfalls zur Verbreitung beitragen.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409410100
Ich rufe die Frage 7
der Kollegin Birgit Schnieber-Jastram auf:

Wie hoch ist der Verlust für den Eckrentner pro Monat, der dadurch entsteht, dass die Bundesregierung den Rentnern bei der Rentenanpassung zum 1. Juli 2000 nicht den Kaufkraftverlust des Jahres 2000, sondern nur den des Jahres 1999 ausgleicht, wenn man von einer Preissteigerungsrate im Jahr 2000 in Höhe von 1,6 Prozent ausgeht?

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1409410200
Frau
Schnieber-Jastram, Sie stellen die Frage, warum wir bei
der Rentenanpassung den Kaufkraftverlust entsprechend
der Preissteigerungsrate des Jahres 1999 ausgleichen
und uns nicht auf die – erst für zwei Monate bekannten –
Tatsachen des Jahres 2000 beziehen. Ich möchte Ihnen
darauf entsprechend antworten.

Das im Dezember vergangenen Jahres verabschiedete
Haushaltssanierungsgesetz sieht in Übereinstimmung
mit dem entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesre-
gierung vor, dass die Rentenanpassung zum 1. Juli 2000
und zum 1. Juli 2001 der jeweiligen Preisentwicklung
des Vorjahres folgen. Um das noch einmal zu verdeutli-
chen: § 255c, der zum aktuellen Rentenwert in den Jah-
ren 2000 und 2001 Aussagen trifft, lautet:


(1) Abweichend von § 68 und § 255a Abs. 2 ändern

sich der aktuelle Rentenwert und der aktuelle Ren-
tenwert (Ost) zum 1. Juli der Jahre 2000 und 2001
jeweils in dem Verhältnis, in dem der Preisindex
für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte im
Bundesgebiet des jeweils vergangenen Kalender-
jahres von dem Preisindex für die Lebenshaltung
aller privaten Haushalte im Bundesgebiet im je-
weils vorvergangenen Kalenderjahr abweicht.

(2) Bei der Bestimmung der Veränderungsrate des

Preisindexes für die Lebenshaltung aller privaten
Haushalte im Bundesgebiet für das Jahr 1999 sind
die dem Statistischen Bundesamt zu Beginn des
Jahres 2000 und für das Jahr 2000 die zu Beginn
des Jahres 2001 vorliegenden Daten zugrunde zu
legen.

In voller Übereinstimmung mit diesen gesetzlichen
Bestimmungen wird die Bundesregierung die Renten-
steigerungen in den alten und in den neuen Bundeslän-
dern entsprechend der inzwischen vom Statistischen
Bundesamt dargestellten Preissteigerungsrate des Jahres
1999 zum 1. Juli des Jahres auf 0,6 vom Hundert fest-
setzen.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409410300
Zusatzfrage?


Birgit Schnieber-Jastram (CDU):
Rede ID: ID1409410400
Frau
Staatssekretärin, ich würde gerne wissen, ob Sie die
Auffassung teilen, dass Sie den Rentnern – ich weiß

nicht, ob Sie sich noch erinnern – die Unwahrheit gesagt
haben. Der Bundesarbeitsminister hat noch am 20. Ja-
nuar dieses Jahres im Zusammenhang mit der Rentenan-
passung versprochen – ich zitiere –:

Die Kaufkraft soll erhalten bleiben und nicht wie in
der Vergangenheit abgesenkt werden.

Entgegen diesem Versprechen findet ein voller Kauf-
kraftausgleich bei der Anpassung der Renten für das
Jahr 2000 natürlich nicht statt. Teilen Sie das?

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1409410500
Frau
Schnieber-Jastram, wenn man sich die jahresdurch-
schnittliche Entwicklung ansieht – im ersten Halbjahr
werden die Renten ohne Berücksichtigung des Demo-
graphiefaktors um 1,34 Prozent und ab dem 1. Juli ent-
sprechend der Preissteigerungsrate angepasst –, dann
muss man feststellen, dass die Renten unter Berücksich-
tigung der Kaufkraftentwicklung um insgesamt 1,1 Pro-
zent steigen. So ergibt sich ein Kaufkraftverlust von le-
diglich 0,5 Prozent.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409410600
Eine zweite Zusatz-
frage.


Birgit Schnieber-Jastram (CDU):
Rede ID: ID1409410700
Frau
Staatssekretärin, ich möchte nachfragen, weil mir das
nicht logisch erscheint: Kann die Bundesregierung be-
stätigen, dass der Kaufkraftverlust für die Rentner nach
vorläufigen Schätzungen des Statistischen Bundesamtes
im Februar dieses Jahres bei 1,8 Prozent liegt und dass
die Renten zum 1. Juli 2000 nur um 0,6 Prozent an-
gepasst werden sollen? Kann die Bundesregierung wei-
ter bestätigen, dass den Rentnern hierdurch ein Verlust
von 250 DM pro Jahr entsteht?

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1409410800
Nein, das
kann Ihnen die Bundesregierung nicht bestätigen, weil
Sie sich ausschließlich auf die Kaufkraftentwicklung im
Februar des Jahres 2000 beziehen. Ich habe gerade ver-
sucht, deutlich zu machen, dass Sie hierbei den gesam-
ten Jahresverlauf berücksichtigen müssen.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409410900
Eine Zusatzfrage
des Kollegen Dr. Grehn.


Dr. Klaus Grehn (PDS):
Rede ID: ID1409411000
Frau Staatssekretärin, an-
gesichts des Missverständnisses bei meiner ersten Frage
möchte ich Sie nun fragen, ob der Bundesregierung klar
ist, dass den Kommunen zusätzliche Belastungen durch
Sozialhilfe empfangende Rentner entstehen, weil kein
Ausgleich in Höhe der Inflationsrate gewährt wird – die
Differenz beträgt nach gegenwärtigen Berechnungen
1,2 Prozent; genau darin besteht die Belastung für die
Kommunen –, und dass dadurch das Existenzminimum
der Rentner sowie der Sozialhilfeempfänger, das durch
die ergänzende Sozialhilfe abgedeckt wird, nicht mehr

Parl. Staatssekretärin Ulrike Mascher






(A)



(B)



(C)



(D)


gesichert ist? Meine Frage ist: Liegen Ihnen dazu Er-
kenntnisse vor?

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1409411100
Nein, darüber
liegen mir keine Erkenntnisse vor. Bekanntermaßen ist
jetzt erst März. Um das zu erläutern: Im Moment erhal-
ten die Rentnerinnen und Rentner eine Anpassung, die
sich auf die Daten aus dem letzten Jahr stützt und die
über der jetzigen Preissteigerungsrate liegt. Deswegen
kann ich Ihnen dazu noch nichts sagen.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409411200
Eine Zusatzfrage
des Kollegen Meckelburg.


Wolfgang Meckelburg (CDU):
Rede ID: ID1409411300
Ganz egal, wie
die Zahlen Mitte oder Ende des Jahres aussehen werden,

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1409411400
Ist die Bundesregierung bereit,
den Rentnern dann im nächsten Jahr einen Kaufkraftver-
lustausgleich zu zahlen, wenn das Versprechen, das Sie
gemacht haben, nämlich für die Inflationsrate dieses
Jahres einen Ausgleich zu geben, nicht erfüllt wird?

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1409411500
Herr
Meckelburg, ich weiß nicht, auf welche Versprechen Sie
sich beziehen. Wir haben unsere Erklärungen immer ge-
nau dem Wortlaut des Paragraphen, den ich vorhin zi-
tiert habe, entsprechend abgegeben. Wir haben immer
gesagt: Wir passen entsprechend der Preissteigerungsra-
te des Vorjahres an. Rein technisch, Herr Meckelburg,
geht es gar nicht anders. Genau so, wie wir die Renten
nur entsprechend der Nettolohnentwicklung des Vorjah-
res anpassen können, weil uns nur dazu gesicherte Zah-
len vorliegen, können wir die Renten nur dann entspre-
chend der Preissteigerungsrate anpassen, wenn sie durch
das Statistische Bundesamt zu Beginn des Jahres festge-
legt wird und gesichert ist.

Wir halten uns an das vom Bundestag beschlossene
Gesetz und werden auch im Jahr 2001 für eine entspre-
chende Anpassung der Renten sorgen. Im Moment ist
noch nicht klar, wie hoch die Preissteigerungsrate im
nächsten Jahr sein wird. Möglicherweise profitieren die
Rentner von einer günstigeren Entwicklung.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409411600
Eine Zusatzfrage
des Kollegen Laumann.


Karl-Josef Laumann (CDU):
Rede ID: ID1409411700
Frau Staatsse-
kretärin, ist der Bundesregierung bekannt, wie hoch ein
durchschnittlicher Rentnerhaushalt in der Bundesrepu-
blik Deutschland durch die Einführung der Ökosteuer
belastet wird?

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1409411800
Ja, die realen
Einkommen der Rentnerhaushalte sind um durchschnitt-

lich 0,02 Prozent niedriger als vor der Einführung der
Ökosteuer.


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Das ist nicht nachvollziehbar!)


– Ich beziehe mich hier auf Aussagen des Statistischen
Bundesamtes. – Dazu muss man sagen, dass die Rent-
nerhaushalte ein anderes Verbrauchsverhalten haben.
Das Statistische Bundesamt weist die Rentnerhaushalte
auch gesondert aus.


(V o r s i t z: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)


Ich habe das also nicht erfunden, ich habe das nicht sel-
ber mit dem Taschenrechner ausgerechnet, sondern ich
gebe Ihnen die offizielle Aussage dazu wieder.


(Zuruf von der CDU/CSU: Glauben Sie die Aussage?)


– Ja, angesichts dessen, was ich vorhin schon dargestellt
habe – auch was die Entwicklung der Strompreise be-
trifft –, scheint mir das durchaus plausibel zu sein.


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Der Rentner muss aber im Bett liegen!)


– Nein, das muss er nicht.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409411900
Eine
weitere Zusatzfrage des Kollegen Louven.


Julius Louven (CDU):
Rede ID: ID1409412000
Frau Staatssekretärin
Mascher, wir haben am 14. November 1996 vor dem
Hintergrund der Rentenreform, die durch Norbert Blüm
schon eingebracht worden war, den Rentenversiche-
rungsbericht 1995 im Bundestag diskutiert. Sie haben
damals in der Debatte Folgendes gesagt – das können
Sie auf Seite 12423 nachlesen –:


(Parl. Staatssekretärin Ulrike Mascher: Ich bezweifle überhaupt nicht, dass Sie korrekt zitieren!)

Die richtige Antwort lautet: keine weiteren Leis-
tungskürzungen ... keine Manipulation an der Ren-
tenformel. ... Die Bewältigung der Aufgaben, vor
der die Rentenversicherung steht, ist nicht ange-
packt worden.

Wie fühlen Sie sich heute angesichts eines erneuten
Rentenbetrugs und dieser Aussage?

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1409412100
Herr Louven,
ich fühle mich ganz wohl dabei,


(Lachen bei der CDU/CSU)

weil ich Ihrer Behauptung widerspreche, es handele sich
bei der Anpassung entsprechend der Preissteigerungsrate
um einen Rentenbetrug. Ein Rentenbetrug wäre es doch
nur, wenn wir den Rentnern die Unwahrheit gesagt hät-
ten,

Dr. Klaus Grehn






(A)



(B)



(C)



(D)



(Dr. Gerd Müller CDU/CSU: Das haben Sie ja!)


wenn wir das Gesetz, das wir im Deutschen Bundestag
in aller Öffentlichkeit beschlossen haben, nicht umset-
zen würden. Wir setzen es jetzt um. Wir haben uns nicht
klammheimlich im Arbeitsministerium irgendetwas aus-
gedacht, sondern wir setzen ein geltendes Gesetz um.
Von daher finde ich Ihren Begriff „Rentenbetrug“ wirk-
lich unangemessen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409412200
Weitere
Zusatzfrage des Kollegen Seifert.


Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1409412300
Ich möchte erst einmal meine
Freude darüber zum Ausdruck bringen, dass Herr Kolle-
ge Louven von einem „erneuten Rentenbetrug“ sprach.
Damit gibt er ja zu, dass die CDU/CSU selber auch ei-
nen Rentenbetrug gemacht hat. Vielen Dank für diese
nachträgliche Aufklärung.

Frau Mascher, meine Frage bezieht sich noch einmal
auf die Antwort, die Sie dem Kollegen Grehn gaben,
dass wir ja erst März haben: Darf ich davon ausgehen,
dass in Ihrem Ministerium vorausschauend gearbeitet
wird, sodass Sie also jetzt schon Berechnungen darüber
anstellen, wie sich denn diese geringfügige Erhöhung
der Rente auf die Sozialhilfe-Zahlungsverpflichtung der
Kommunen auswirken wird, wenn ab 1. Juli nicht mehr
die Rentenerhöhung vom vergangenen Jahr, sondern die
von diesem Jahr wirkt, und Sie dann gegebenenfalls im
Vorhinein verhindern, dass die Kommunen zusätzlich
belastet werden, falls Sie die Rente doch höher ansetzen,
als es bisher geplant ist? Ich denke, wir würden hier im
Hohen Haus möglicherweise sogar kurzfristig eine gro-
ße Koalition zustande bringen, die dann einer Gesetzes-
änderung zustimmen würde, die den Rentnern zugute
käme.

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1409412400
Herr Seifert,
trotz hoch entwickelter Rechenprogramme und trotz
ausgefeilter Statistiken ist dem Arbeitsministerium nicht
bekannt, wie hoch der Anteil der Rentnerinnen und
Rentner, die ergänzende Sozialhilfe bekommen, in den
einzelnen Gemeinden ist. Daher können wir die von Ih-
nen gewünschte Berechnung weder im Vorhinein noch
aktuell erstellen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409412500
Weitere
Zwischenfrage des Kollegen Strobl.


Thomas Strobl (CDU):
Rede ID: ID1409412600
Frau Staatssekretärin,
kann die Bundesregierung bestätigen, dass sie erwägt,
die Nettolöhne neu zu definieren?

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1409412700
Nein, das
kann die Bundesregierung nicht bestätigen. Ich kann da-

zu aber, um Sie nicht ganz zu enttäuschen, sagen: Der
Arbeitsminister diskutiert im Moment darüber, ob das,
was künftig an privater Vorsorge geleistet wird, in die
Nettolohnberechnung einbezogen werden soll.


(Thomas Strobl [CDU/CSU]: Aha! – Julius Louven [CDU/CSU]: Deswegen wollen wir es ja wissen!)


– Das haben Sie alles gelesen, Herr Strobl. Das ist doch
für Sie nichts Neues. Ich denke, diese Überlegung als
solche ist noch nicht strafbar.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409412800
Weitere
Zusatzfrage des Kollegen Romer.


Franz Romer (CDU):
Rede ID: ID1409412900
Frau Staatssekretärin,
wie hoch ist der Verlust für den Eckrentner pro Monat,
der dadurch entsteht, dass die Bundesregierung den
Rentnern bei der Rentenanpassung zum 1. Juli 2000
nicht den Kaufkraftverlust des Jahres 2000, sondern den
des Jahres 1999 ausgleicht, wenn man von einer Preis-
steigerungsrate im Jahr 2000 in Höhe von 1,6 Prozent
ausgeht?


(Peter Dreßen [SPD]: Das ist die Originalfrage von Frau Schnieber-Jastram!)


U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1409413000
Herr Romer,
ich kann Ihnen diese Rechnung nicht aufmachen, weil
wir, wie gesagt, Mitte März dieses Jahres die Preisstei-
gerungsrate für das gesamte Jahr noch nicht kennen. Wir
müssen darüber hinaus auch berücksichtigen, dass die
Anpassung der Renten immer unterjährig stattfindet, so-
dass Sie sehen müssen, wie sich das im gesamten Jahr
entwickelt. Ich kann Ihnen die Antwort auf Ihre Frage
im Moment noch nicht geben.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409413100
Weitere
Zusatzfrage des Kollegen Wolf.


Aribert Wolf (CSU):
Rede ID: ID1409413200
Frau Staatssekretärin, ich
beziehe mich auf die Aussage, dass es keinen Rentenbe-
trug gegeben hätte. Wofür hat sich dann eigentlich der
Bundeskanzler in der Sendung „Sabine Christiansen“
bei der deutschen Bevölkerung entschuldigt, als es um
die Renten ging? Können Sie uns das sagen?

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1409413300
Das kann ich
Ihnen sagen. Der Bundeskanzler hat sich dafür entschul-
digt, dass viele Rentnerinnen und Rentner durch diese
ganze Diskussion in hohem Maße verunsichert sind. Ich
halte es für sehr nachvollziehbar, dass sich der Bundes-
kanzler für diese Verunsicherung der Rentnerinnen und
Rentner entschuldigt. Ich denke, es gibt fraktionsüber-
greifend die Position, dass wir alles tun sollten, um die
Rentnerinnen und Rentner nicht ständig in Angst und
Schrecken zu versetzen.

Parl. Staatssekretärin Ulrike Mascher






(A)



(B)



(C)



(D)



(Peter Dreßen [SPD]: Und zu verunsichern!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409413400
Zusatz-
frage des Kollegen Weiß.


Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1409413500
Frau
Staatssekretärin, nachdem Sie auf die Frage des Kolle-
gen Strobl mit dem zweiten Nachsatz doch etwas zu den
neuen Überlegungen hinsichtlich der Berücksichtigung
der Nettolohnentwicklung bei der Rente gesagt haben,
möchte ich Sie fragen: Welche Belastungen kommen
voraussichtlich auf die Rentner zu, wenn die Bundesre-
gierung die Nettolöhne in dem von Ihnen angesproche-
nen Sinn neu definiert?

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1409413600
Herr Weiß,
dazu kann ich Ihnen gar nichts sagen. Ihre Fraktion, Ihre
Partei, ist mit fünf Mitgliedern in der Rentenkonsens-
runde vertreten. Wir werden am 6. April dieses Jahres
über die Entwicklung der privaten Vorsorge beraten.
Wir werden dann im Laufe weiterer drei Termine da-
rüber diskutieren, wie die Rentenanpassung in Zukunft
aussieht. Sie werden sicher von Herrn Seehofer oder
Herrn Kues, die Mitglieder in dieser Kommission sind,
ständig über den Stand der Diskussion auf dem Laufen-
den gehalten werden. Wir wollen in diesen Konsensge-
sprächen darüber beraten. Ich kann Ihnen heute noch
kein Ergebnis sagen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409413700
Zusatz-
frage des Kollegen Singhammer.


Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1409413800
Frau Staats-
sekretärin, in welcher Höhe wirkt sich nach Ihrer Schät-
zung diese doppelte Schlechterstellung der Rentner –
einmal durch die Entkoppelung vom Nettolohn jetzt zum
1. Juli mit der geringeren Anpassung und den bekannten
Schwierigkeiten und zum anderen durch die Wirkungen
der Ökosteuer, die als gezielte Steuer besonders die
Rentner trifft und für die Rentner nur eine belastende,
aber keine entlastende Wirkung hat – aus? Können Sie
sich vorstellen, dass diese doppelte Schlechterstellung
von den Rentnerinnen und Rentnern in Deutschland als
massive Täuschung empfunden wird?

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1409413900
Herr
Singhammer, wenn Sie sich die Zahlen ansehen, sehen
Sie, dass das reale Einkommen der Rentnerhaushalte
durchschnittlich um 0,02 Prozent niedriger liegt. Hier
kann ich von einer – wie Sie das formulieren – massiven
Schlechterstellung nicht sprechen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409414000
Zusatz-
frage der Frau Kollegin Rönsch.


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Das gilt nur für den Rentner, der ständig im Bett liegt!)



Hannelore Rönsch (CDU):
Rede ID: ID1409414100
Frau
Staatssekretärin, teilen Sie die Beurteilung des Deut-
schen Mieterbundes, der seine Mitglieder und besonders
die Rentner aufgefordert hat, für die durch die Ökosteuer
angehobenen Heizkosten Geld zurückzulegen? Wie be-
reiten Sie die Kommunen, besonders die Sozialämter in
den Kommunen darauf vor, dass diejenigen, die Sozial-
hilfe bzw. Wohngeld beziehen, auch von diesen höheren
Heizkosten betroffen sind? Können Sie mitteilen, was
Sie den Kommunen gesagt haben, wie diese erhöhten
Kosten abgefangen werden?

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1409414200
Frau Rönsch,
da ich Ihnen für die zahlenmäßige Entwicklung keine
konkreten Summen nennen kann, kann ich Ihnen auch
nichts dazu sagen, wie wir hier einen Ausgleich für die
Kommunen schaffen. Wie gesagt, wir werden sehen,
wie sich das am Ende des Jahres darstellt.


(Hannelore Rönsch [Wiesbaden] [CDU/CSU] meldet sich zu einer weiteren Frage)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409414300
Ent-
schuldigung, es gibt nur eine Frage. Nur der Fragesteller
selbst kann zwei Zusatzfragen stellen.


(Hannelore Rönsch [Wiesbaden] [CDU/CSU]: Meine Frage war nicht beantwortet! Ich wollte wissen, ob die Frau Staatssekretärin die Meinung des Deutschen Mieterbundes teilt, dass Rentner Geld zurücklegen müssen, um die höheren Heizkosten zu bezahlen! – Peter Dreßen [SPD]: Rentner haben immer etwas zurückgelegt!)


– Frau Staatssekretärin, wollen Sie darauf antworten?

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1409414400
Ich teile diese
Ansicht nicht, weil wir, wie Sie ja wissen, auch beim
Wohngeld endlich eine positive Veränderung vorge-
nommen haben.


(Hannelore Rönsch [Wiesbaden] [CDU/CSU]: Daraus können wir noch eine Aktuelle Stunde machen!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409414500
Eine Zu-
satzfrage des Kollegen Storm.


Andreas Storm (CDU):
Rede ID: ID1409414600
Frau Staatssekretärin,
teilen Sie die Einschätzung, dass der massive Anstieg
der Inflationsrate in diesem Jahr gegenüber dem Vor-
jahr, der dann auch zu einer realen Rentenminderung in
diesem Umfang führt, zu einem Teil auf die Einführung
der Ökosteuer zurückzuführen ist, und wie begründen
Sie diese Einschätzung?

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1409414700
Ich kann es

Parl. Staatssekretärin Ulrike Mascher






(A)



(B)



(C)



(D)


nur wiederholen: Die Frage, wie sich die Inflationsrate
in diesem Jahr entwickelt, kann man nach zweieinhalb
Monaten insgesamt noch nicht beantworten. Sie wissen
auch, dass es dabei immer Unterschiede zwischen den
Wintermonaten und den Sommermonaten gibt. Ich den-
ke, diese Entwicklung sollten wir erst einmal abwarten.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409414800
Eine Zu-
satzfrage des Kollegen Dreßen.


Peter Dreßen (SPD):
Rede ID: ID1409414900
Frau Staatssekretärin, können
Sie vielleicht noch einmal die Gründe nennen, warum
die neue Bundesregierung die Rentenpläne der alten Re-
gierung zurückgenommen hat? War es nicht so, dass wir
Sorge hatten, das Rentenniveau, das die alte Bundesre-
gierung vorgeschlagen hat, einfach nicht akzeptieren zu
können, weil dadurch Rentnerinnen und Rentner tatsäch-
lich in den Bereich der Sozialhilfe kamen? Waren das
nicht die ausschlaggebenden Gründe dafür, dass die Re-
gierung tatsächlich wieder das Ruder herumreißen muss-
te, um den Rentnern ein Einkommen zu sichern, das
auch ihren Ansprüchen einigermaßen entgegenkommt?


(Andreas Storm [CDU/CSU]: Jetzt geht es ja noch tiefer!)


– Ja, wenn Sie so fragen.

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1409415000
Ja, es war in
der Tat die Sorge, dass mit dem dauerhaften Eingriff in
die Rentenanpassung durch den Demographiefaktor –
Jahr um Jahr eine Minderung um 0,5 Prozent – insbe-
sondere Rentnerinnen immer stärker in den Bereich der
ergänzenden Sozialhilfe abgleiten.


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Und das bei einer SPD-Regierung!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409415100
Eine Zu-
satzfrage der Kollegin Ostrowski.


Christine Ostrowski (PDS):
Rede ID: ID1409415200
Frau Staatssekretärin,
teilen Sie erstens meine Ansicht hinsichtlich der Erhö-
hung des Wohngeldes – die ich natürlich von der Sache
her begrüße – dass sie zunächst einmal nur die Mietstei-
gerungen der zurückliegenden zehn Jahre auffängt, und
das noch nicht einmal genau zu 100 Prozent?

Ist Ihnen zweitens, wenn Sie diese Einschätzung des
Mieterbundes nicht teilen können, vielleicht bekannt,
dass beispielsweise das RWI oder auch das Deutsche In-
stitut für Wirtschaftsforschung hinsichtlich der Belas-
tung einkommensschwacher Bürger – darunter auch
einkommensschwacher Rentnerhaushalte – durch die
Ökosteuer, die sich dann in den Wohnnebenkosten nie-
derschlägt, ausgeführt haben, dass sie am stärksten ge-
troffen werden?

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1409415300
Frau

Ostrowski, ich hätte mir gewünscht, dass wir eine konti-
nuierliche Wohngeldanpassung unter der alten Bundes-
regierung gehabt hätten,


(Hannelore Rönsch [Wiesbaden] [CDU/CSU]: Das haben Sie ja abgelehnt!)


sodass wir jetzt nicht in diesem großen Kraftakt versu-
chen müssten, das, was über Jahre hinweg versäumt
worden ist, aufzuholen. Jetzt wird also das Nachhinken
der Wohngeldentwicklung erstmals aufgefangen.

Richtig ist auch, dass man sich sehr genau anschauen
muss, in welchem Maße die unterschiedlichen Haus-
haltstypen durch die Ökosteuer belastet werden. Ich ha-
be Ihnen eine Zahl schon genannt: Die Belastung der
Einkommen der Rentnerhaushalte durch die Ökosteuer
beträgt 0,02 Prozent. Das ist vielleicht auch nicht wün-
schenswert, aber sicherlich noch im Rahmen dessen,
was sozial vertretbar ist, wenn man die Zielsetzung der
Ökosteuer betrachtet, nämlich die höhere Belastung des
Energieverbrauchs und die von uns allen gewünschte
Entlastung der Arbeitskosten mit dem Ziel besserer
Chancen für die Schaffung neuer Arbeitsplätze.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409415400
Damit
sind die Zusatzfragen beantwortet. Wir kommen nun zu
Frage 8 der Kollegin Schnieber-Jastram:

Von welchen Einspareffekten im Jahr 2000 ging die Bundes-regierung aufgrund der Einführung der Rentenanpassung ent-sprechend der Inflationsrate anstatt der nettolohnbezogenen Rentenanpassung zum Zeitpunkt der Verabschiedung des Haus-haltssanierungsgesetzes aus und welchen Einspareffekt legt sie ihren Berechnungen zum jetzigen Zeitpunkt zugrunde?

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1409415500
Frau
Schnieber-Jastram, mit der Anhebung der Renten in den
Jahren 2000 und 2001 im Rahmen der jeweiligen vor-
jährigen Preissteigerungsrate wurde im Unterschied zur
Nettoanpassung, bezogen auf zwei Jahre, ein Einsparvo-
lumen von circa 3 Prozent erwartet. Die Gesamtbilanz
kann erst nach Ermittlung der Nettolohn- und -gehalts-
steigerungen des Jahres 2000 sowie der Preissteige-
rungsrate des Jahres 2000 aufgestellt werden.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409415600
Eine Zu-
satzfrage, Frau Kollegin? – Bitte schön.


Birgit Schnieber-Jastram (CDU):
Rede ID: ID1409415700
Frau
Staatssekretärin, können Sie uns auch mitteilen, wann
das etwa sein wird?

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1409415800
Die endgülti-
ge Kenntnis über die Entwicklung der Nettolohn- und
-gehaltssteigerungen des Jahres 2000 werden wir Mitte
oder Ende Januar 2001 haben. Während des laufenden
Jahres müssen wir mit Prognosen umgehen, die von un-
terschiedlichen Gremien erstellt werden – ich denke hier
an das Sachverständigengutachten und den Jahreswirt-
schaftsbericht – und die nach meinen Erfahrungen im
letzten Jahr in erstaunlicher Weise schwanken.

Parl. Staatssekretärin Ulrike Mascher






(A)



(B)



(C)



(D)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409415900
Eine
weitere Zusatzfrage? – Bitte schön.


Birgit Schnieber-Jastram (CDU):
Rede ID: ID1409416000
Frau
Staatssekretärin, bei dieser Diskussion habe ich manch-
mal den Eindruck, dass Sie es vielleicht insgeheim
schon bereuen, dass Sie unsere Rentenreform damals zu-
rückgenommen haben, weil Sie damit ein Haus abgeris-
sen haben, ohne Baupläne für ein neues zu haben. Teilen
Sie diesen Eindruck?

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1409416100
Nein, diesen
Eindruck teile ich nicht. Wir haben Baupläne für das
neue Haus.


(Peter Dreßen [SPD]: Wir werden ein schöneres Haus mit stärkeren Fundamenten bauen!)


Wir werden – ich kann darauf nur noch einmal verwei-
sen – auch mit fünf Kollegen der CDU/CSU über die
Qualität unserer Baupläne diskutieren und dann sehen,
welche schönen Pläne für Balkone, Wintergärten oder
Dachterrassen Sie vorlegen.


(Heiterkeit bei der SPD – Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Aber wie viele Winter gehen dabei ins Land?)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409416200
Eine Zu-
satzfrage des Kollegen Laumann.


Karl-Josef Laumann (CDU):
Rede ID: ID1409416300
Frau Staatsse-
kretärin Mascher, ist Ihnen bekannt, um wie viel Prozent
das Rentenniveau in Deutschland seit dem Amtsantritt
der jetzigen Bundesregierung abgesenkt worden ist?

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1409416400
Herr
Laumann, Sie haben, glaube ich, mit verfolgt, dass zum
Beispiel die Veränderung der europäischen Statistikver-
ordnung und die Einordnung des Kindergeldes nicht
mehr als Gehaltsbestandteil, sondern als eine soziale
Transferleistung Auswirkungen auf die Berechnung des
Rentenniveaus haben. Ich bin inzwischen davon über-
zeugt, dass das Rentenniveau allein nicht mehr als Aus-
sage über die Qualität der Absicherung im Alter taugt.
Hier hat sich das Rentenniveau verändert, und zwar so-
wohl bei den Berechnungen nach Ihrem alten Renten-
versicherungsrecht als auch nach unseren neuen Rege-
lungen, ohne dass sich für die Rentnerinnen und Rentner
irgendetwas in Mark und Pfennig geändert hätte. Von
daher halte ich die Diskussion darüber, wie hoch denn
das Rentenniveau sei oder ob es abgesunken sei, für
nicht sachdienlich.


(Zuruf von der CDU/CSU: Aber es fehlt den Rentnern im Geldbeutel!)


– Nein, am Inhalt des Geldbeutels hat sich eben erstaun-
licherweise gar nichts geändert, obwohl das Rentenni-
veau erst um einen Punkt nach oben und dann wieder

um einen Punkt nach unten gegangen ist. Das sind rein
statistische Berechnungen. Das Rentenniveau, um das
noch einmal deutlich zu machen, sagt nur etwas über das
Verhältnis zwischen Nettolohn und Nettorente, aber
nichts darüber aus, wie hoch die Nettorente und der Net-
tolohn sind.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409416500
Eine Zu-
satzfrage des Kollegen Meckelburg.


Wolfgang Meckelburg (CDU):
Rede ID: ID1409416600
Frau Staats-
sekretärin, im letzten Jahr habe ich häufiger den Satz
gehört, dass sich die Rentnerinnen und Rentner auf die
Rentenerhöhung in diesem Jahr besonders freuen kön-
nen. Können Sie bestätigen, dass die Rentenanpassung
entsprechend der Entwicklung der Nettolöhne in West-
deutschland in den letzten zehn Jahren, außer in den
beiden Jahren 1995 und 1998, höher als die Rentenan-
passung um 0,6 Prozent, die Sie in diesem Jahr vorse-
hen, ausgefallen ist?

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1409416700
Herr
Meckelburg, wenn man so argumentiert, dann muss man
aber auch sehen – Sie unterschlagen es als Vertreter Ih-
rer Partei oder Ihrer Fraktion freundlicherweise –, wie
die Preissteigerungsrate in den jeweiligen Jahren war;
denn das Verhältnis von Nettoanpassung zu Preissteige-
rungsrate ist bei dieser Betrachtungsweise relevant.
Auch Sie wissen – als Sozialpolitiker haben Sie es si-
cherlich bedauert –, dass die nettolohnbezogene Anpas-
sung der Renten in den letzten vier Jahren Ihrer Regie-
rung hinter der Preissteigerungsrate zurückgeblieben ist.


(Birgit Schnieber-Jastram [CDU/CSU]: Früher hat das eine Rolle gespielt und jetzt nicht mehr!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409416800
Eine Zu-
satzfrage der Kollegin Rönsch.


Hannelore Rönsch (CDU):
Rede ID: ID1409416900
Frau
Staatssekretärin, wie beurteilen Sie, dass eine Ministerin
Ihrer Regierung handschriftlich einen Brief ergänzt hat,
in dem sie sich dafür verbürgt, sich im Kabinett dafür
einzusetzen, dass es bei der Nettolohnbezogenheit der
Rente bleibt? Dies ist im November letzten Jahres ge-
schehen.

Kennen Sie irgendwelche Einzelmeinungen, mit de-
nen man sich im Kabinett dafür besonders stark gemacht
hat, dass die Nettolohnbezogenheit tatsächlich gewähr-
leistet ist?

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1409417000
Frau Rönsch,
ich habe an der entsprechenden Kabinettsitzung nicht
teilgenommen; aber ich gehe davon aus, dass es der Kol-
legin, von der Sie gerade gesprochen haben, wie auch
den anderen Kollegen sicherlich nicht leicht gefallen ist,






(A)



(B)



(C)



(D)


die Entscheidung zu treffen, eine Anpassung entspre-
chend der Preissteigerungsrate vorzunehmen, und dass
es darüber auch im Kabinett eine Diskussion gegeben
hat. Über Einzelheiten kann ich Ihnen nichts sagen, weil
ich nicht dabei war.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409417100
Eine Zu-
satzfrage des Kollegen Dr. Grehn.


Dr. Klaus Grehn (PDS):
Rede ID: ID1409417200
Frau Staatssekretärin, ich
habe zugegebenermaßen eine sehr spezifische Frage.
Vor fast einem Jahr hat das Bundesverfassungsgericht
die Entscheidung über die Zusatz- und Sonderversor-
gungssysteme der ehemaligen DDR getroffen. Die ge-
setzliche Vorlage lässt auf sich warten. Es ist noch nicht
abzusehen, wann sie kommt. In der Zwischenzeit gibt es
mehrere Steigerungen. Nach welchen Steigerungssätzen,
nach welchem Steigerungsmodus wird für diejenigen,
für die seit April 1999 das Urteil gilt, die Rente berech-
net werden?

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1409417300
Herr Grehn,
wir konnten erst ab Januar dieses Jahres an der konkre-
ten Formulierung des Gesetzentwurfs arbeiten, weil uns
die Begründungen von Urteilen des Bundessozialgerich-
tes, die zu diesem Sachzusammenhang gehören, erst seit
Januar dieses Jahres schriftlich vorliegen. Wir haben
unverzüglich die Formulierung des Gesetzestextes vor-
genommen. Ich denke, wir werden möglicherweise noch
vor der Sommerpause, sonst unmittelbar danach, in die
Beratungen einsteigen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409417400
Eine Zu-
satzfrage des Kollegen Strobl.


Thomas Strobl (CDU):
Rede ID: ID1409417500
Frau Staatssekretärin,
überlegt die Bundesregierung, auch Selbstständige und
Beamte in die Rentenversicherungspflicht einzubezie-
hen? Wie würde sich dies auf die Rentenfinanzen aus-
wirken?

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1409417600
Herr Strobl,
diese Frage wird sehr häufig gestellt. In aller Regel geht
man dabei davon aus, dass Selbstständige überhaupt
nicht in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen.
Sie wissen selbst, dass das nicht der Fall ist. Zum Bei-
spiel sind Handwerker in der gesetzlichen Rentenversi-
cherung. Es gibt eine Künstlersozialkasse und auch die
arbeitnehmerähnlichen Selbstständigen sind seit 1. Janu-
ar letzten Jahres in der gesetzlichen Rentenversicherung.

Ich verfolge mit Aufmerksamkeit die Diskussion und
auch die Äußerungen aus dem Bereich der Wissen-
schaft. Interessanterweise hat ein Kollege der F.D.P. bei
einer Veranstaltung in Regensburg gefordert, dass wir
alle, die nicht in gesetzlich geregelten Alterssicherungs-
systemen sind – Beamtenversorgung oder berufsständi-

sche Versorgungen sind ja gesetzlich geregelte Alterssi-
cherungssysteme –, in ein gesetzlich geregeltes Sys-
tem – ich würde sagen: gesetzliche Rentenversicherung;
Herr Storm sagt: gesetzlich verbindlich geregelte private
Versicherung – einbeziehen. Auch angesichts der euro-
päischen Entwicklung – wenn Sie die Situation in den
anderen europäischen Ländern betrachten, dann stellen
Sie fest, dass sich in fast allen europäischen Ländern die
Selbstständigen in gesetzlich geregelten Alterssiche-
rungssystemen befinden – ist dies ein Punkt, über den
wir weiter diskutieren müssen. Ich bin gespannt, ob im
Rahmen der Konsensrunde auch vonseiten der CDU/
CSU dazu Vorschläge gemacht werden.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409417700
Eine Zu-
satzfrage des Kollegen Louven.


Julius Louven (CDU):
Rede ID: ID1409417800
Frau Staatssekretärin,
Sie haben soeben auf die Frage des Kollegen Dreßen,
warum die Bundesregierung unsere Rentenreform
zurückgenommen habe, geantwortet, dass Sie verhin-
dern wollten, dass die Rentner eine um 0,5 Prozent
geringere Anpassung erhalten. Können Sie bestätigen,
dass die Anpassung, die Sie jetzt vornehmen, niedriger
ist als die Anpassung, die in der von uns verab-
schiedeten Rentenreform vorgesehen war?

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1409417900
Nein, das
kann ich nicht bestätigen. Erstens habe ich – um es ganz
präzise zu sagen – festgestellt: Ich war in Sorge, dass
durch die im Rahmen der Anpassung Jahr für Jahr vor-
gesehenen Abschläge – diese waren nicht auf zwei Jahre
begrenzt, sondern sollten Jahr für Jahr so lange vorge-
nommen werden, bis ein Rentenniveau von 64 Prozent
erreicht worden wäre – insbesondere bei Frauen die
Rente das Niveau der Sozialhilfe – möglicherweise hätte
sie sogar darunter gelegen – erreicht. Aufgrund dieser
Sorge haben wir die ursprüngliche Anpassung ausge-
setzt und werden wir sie abschaffen.

Sie sollten zweitens berücksichtigen, dass es zu unter-
jährigen Rentenanpassungen kommt und dass wir die
Renten im letzten Jahr zum 1. Juli um 1,34 Prozent –
dies ist ohne Berücksichtigung des Demographiefaktors
erfolgt; sonst wären es nämlich nur 0,84 Prozent gewe-
sen – angepasst haben und in diesem Jahr entsprechend
der Preissteigerungsrate anpassen. Dadurch kommt es
für die Rentnerinnen und Rentner zu einer durchschnitt-
lichen Steigerung ihrer Renten von 1,1 Prozent. In die-
sem Jahr liegen wir also genau auf der Marke, die Sie
für korrekt, für sozialpolitisch vertretbar gehalten haben.


(Peter Dreßen [SPD]: Hört, hört!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409418000
Eine Zu-
satzfrage des Kollegen Weiß.


Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1409418100
Frau
Staatssekretärin, da Sie sich vorhin außerstande erklärt

Parl. Staatssekretärin Ulrike Mascher






(A)



(B)



(C)



(D)


haben, schon jetzt präzise auf die Frage der Kollegin
Schnieber-Jastram zu antworten, möchte ich Sie fragen:
Kann die Bundesregierung zumindest bestätigen, dass
durch die in diesem Jahr erfolgte Einführung der Ren-
tenanpassung entsprechend der Inflationsrate der Ein-
spareffekt in der gesetzlichen Rentenversicherung gerin-
ger ausfällt als zunächst von ihr angenommen und be-
rechnet, weil die Nettolöhne in geringerem Umfang an-
steigen als zunächst angenommen, und könnten Sie da-
rüber hinaus darstellen, wie sich die Einbeziehung der
630-Mark-Jobs in die Versicherungspflicht auf diese
Nettolohnentwicklung auswirkt?

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1409418200
Herr Weiß,
ich kann Ihnen das nicht darstellen, weil wir die Anpas-
sung der Renten in den Jahren 2000 und 2001 insgesamt
betrachten müssen. Wir haben die ursprünglich vorgese-
hene Anpassung für zwei Jahre ausgesetzt. Wir erwarten
uns davon den Effekt, die Rentenbeiträge zu stabili-
sieren. Deswegen kann ich Ihnen dazu nichts sagen. Sie
werden mich auch durch noch so geschickte Fragen
nicht dazu verleiten, dazu Stellung zu nehmen.


(Hannelore Rönsch [Wiesbaden] [CDU/CSU]: Also wissen Sie etwas!)


– Nein, Frau Rönsch.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409418300
Eine Zu-
satzfrage der Kollegin Ostrowski.


Christine Ostrowski (PDS):
Rede ID: ID1409418400
Der mathematischen
Richtigstellung halber und als Unterstützung für Sie im
Hinblick auf die Frage des Kollegen der CDU/CSU zum
Vergleich der alljährlichen Steigerungsraten frage ich

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1409418500
Geben Sie mir Recht, dass
der alleinige Vergleich der Steigerungsraten natürlich
nichts aussagt, sondern man immer Bezug auf die abso-
lute Höhe nehmen muss, von der aus eine Steigerung er-
folgt? Ein Beispiel: Angenommen, das Ausgangsniveau
wäre 1 DM und man steigert um 100 Prozent, kommt
man zu 2 DM. Wenn die nächstfolgende Regierung die-
se 2 DM nur um 50 Prozent steigert, kann man natürlich
nicht so sehr über diese 50 Prozent schimpfen; denn das
absolute Niveau ist dann auf 3 DM gestiegen.

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1409418600
Vielen Dank,
Frau Ostrowski. Ich bedanke mich für diese mathemati-
sche Unterstützung.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409418700
Vielen
Dank, Frau Staatssekretärin. Wir sind am Ende des Ge-
schäftsbereichs des Bundesministeriums für Arbeit und
Sozialordnung.

Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeri-
ums für Gesundheit auf. Die Fragen 9 bis 14 sollen
schriftlich beantwortet werden.

Dann kommen wir zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswe-
sen. Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamenta-
rische Staatssekretär Achim Großmann zur Verfügung.

Die Fragen 15 und 16 sind zurückgezogen worden
und die Fragen 17 und 18 sollen schriftlich beantwortet
werden.

Ich rufe Frage 19 der Abgeordneten Christine
Ostrowski auf:

Wie sind die Aussagen des Bundesministers für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Reinhard Klimmt, anlässlich der Er-öffnung der Starterkonferenz „Die soziale Stadt“ am 1./2. März 2000 in Berlin zu werten, dass die Bundesregierung trotz angespannter Haushaltslage als Bundesfinanzhilfen für das Programm „Die soziale Stadt“ jährlich 100 Millionen DM be-reitgestellt habe, da sich im Bundeshaushalt 2000 im Haushalts-titel „Zuweisungen zur Förderung von Stadtteilen mit besonde-rem Entwicklungsbedarf“ zwar 100 Millionen DM als Verpflichtungsermächtigung finden, von denen jedoch lediglich 30 bis 15 Millionen DM pro Jahr bis zum Jahr 2004 zur Auszah-lung kommen sollen?
Herr Großmann, bitte.

A
Achim Großmann (SPD):
Rede ID: ID1409418800

Vielen Dank. – Frau Kollegin Ostrowski, die Feststel-
lung des Bundesministers Reinhard Klimmt, der Bund
stelle für das neue stadtentwicklungspolitische Pro-
gramm „Die soziale Stadt“ jährlich 100 Millionen DM
Finanzhilfen zur Verfügung, ist richtig. In den Haus-
haltsjahren 1999 und 2000 sowie in der Finanzplanung
bis zum Jahre 2003 steht für dieses Programm ein jährli-
cher Verpflichtungsrahmen von 100 Millionen DM zur
Verfügung.

Entsprechend dem System der Städtebaufinanzierung
sind die jährliche Bereitstellung der Bundesfinanzhilfen,
also der Verpflichtungsrahmen, und die über fünf Jahre
verteilte, rein kassenmäßige Abwicklung des Verpflich-
tungsrahmens voneinander zu trennen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409418900
Eine Zu-
satzfrage? – Frau Kollegin Ostrowski.


Christine Ostrowski (PDS):
Rede ID: ID1409419000
Herr Staatssekretär, ich
bedanke mich, dass Sie es nunmehr korrekt ausgedrückt
haben, dass Sie also gesagt haben, dass diese
100 Millionen DM, die jährlich bereitgestellt werden, als
Verpflichtungsrahmen bereitgestellt werden. Geben Sie
mir Recht, dass der Begriff „Verpflichtungsrahmen“ in
der offiziellen Presseerklärung des Bundesbauministers
fehlte und dadurch in der Öffentlichkeit der Eindruck
erweckt wurde, dass diese 100 Millionen DM regelrecht
als Kassenmittel zur Verfügung stehen, wie Sie im Üb-
rigen auch in den Presseresonanzen nachlesen können?

A
Achim Großmann (SPD):
Rede ID: ID1409419100
Ich
kann Ihnen leider nicht Recht geben. Frau Ostrowski,
schauen wir uns einmal die Praxis an: Es ist de facto so,
dass diese Tranche von 100 Millionen DM für dieses

Peter Weiß (Emmendingen)







(A)



(B)



(C)



(D)


Programm bereits für die Jahre 1999 und 2000 mit Be-
willigungsbescheiden belegt wird. Das heißt, die Städte
und Gemeinden können mit dem Programm „Die soziale
Stadt“ schon in vollem Umfang der Verpflichtungser-
mächtigung disponieren. Dies ist in der Pressemitteilung
transportiert worden; so hat es die Öffentlichkeit auch
verstanden.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409419200
Eine
weitere Zusatzfrage? – Bitte schön.


Christine Ostrowski (PDS):
Rede ID: ID1409419300
Ich denke, die Öffent-
lichkeit hat es anders verstanden. Das ist nachzulesen.
Aber dies sei einmal dahingestellt.

Sind Sie denn bereit, wenn Sie in Zukunft Presseer-
klärungen und offizielle Dokumente veröffentlichen,
sprachlich korrekt zu sein?


(Peter Hintze [CDU/CSU]: Halten Sie Ihren Beitrag für sprachlich korrekt?)


A
Achim Großmann (SPD):
Rede ID: ID1409419400
Da
ich Ihnen in meiner Antwort auf die vorherige Frage
schon gesagt habe, dass ich Ihre Ansicht nicht teile, son-
dern dass ich vielmehr der Meinung bin, dass wir
sprachlich korrekt gearbeitet haben, ist eine Korrektur
nicht notwendig.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409419500
Gibt es
zu diesem Punkt weitere Zusatzfragen? – Das ist nicht
der Fall.

Die Frage 20 soll schriftlich beantwortet werden. Da-
mit sind wir am Ende dieses Geschäftsbereichs. Vielen
Dank, Herr Staatssekretär.

Die Fragen 21 bis 23 zum Geschäftsbereich des Bun-
deskanzleramtes sollen ebenfalls schriftlich beantwortet
werden.

Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Aus-
wärtigen Amtes. Zur Beantwortung steht der Staatsmi-
nister Dr. Ludger Volmer zur Verfügung. Zunächst
kommen wir zu Frage 24 des Abgeordneten Wolfgang
Dehnel:

Was unternimmt die Bundesregierung im Kosovo-Krisengebiet, um neben der Friedenssicherung auch den Aufbau von Unternehmen mit deutscher Unterstützung und Beteiligung zu fördern, wie das beispielsweise durch die österreichische Re-gierung bei österreichischen Unternehmen praktiziert wird?

L
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409419600
Herr Kollege Dehnel, Sie fragten nach den Maß-
nahmen der Bundesregierung im Kosovo-Krisengebiet.
Die Bundesregierung misst der Entwicklung des priva-
ten Wirtschaftssektors im Kosovo mittel- und langfristig
entscheidende Bedeutung bei. Deutsche Unternehmen
können durch Handel und Investitionen, Transfer von
Know-how und Kapital in den Kosovo einen wichtigen
Beitrag hierzu leisten.

Deshalb hat die Bundesregierung in Zusammenarbeit
mit den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft
frühzeitig deutsche Unternehmen zu entsprechendem
Engagement ermutigt. Gemeinsam mit dem DIHT und
deutschen Handelskammern wurden Informations- und
Beratungsveranstaltungen durchgeführt. In mehr als
1 000 Fällen wurden einzelne Unternehmen individuell
über Geschäftsmöglichkeiten im Kosovo informiert und
beraten. Zahlreichen deutschen Unternehmensvertretern
wurden Kontakte zu Gesprächspartnern vor Ort vermit-
telt. Hierbei haben die Mitarbeiter des Büros des Zivilen
Koordinators für Kosovo-Soforthilfe sowie des gemein-
samen Büros von GTZ, DEG und KfW in Pristina eben-
so eine wichtige Rolle gespielt wie Angehörige des
KFOR-Kontingents der deutschen Bundeswehr.

Zudem hat der Deutsche Industrie- und Handelstag,
gefördert aus Mitteln des Bundesministeriums für Wirt-
schaft und Technologie, in Pristina ein Büro des Beauf-
tragten der deutschen Wirtschaft für den südlichen Bal-
kan eingerichtet, dessen Aufgabe die Beratung und
Betreuung deutscher Unternehmen und ihrer Interessen
im Kosovo ist. Auch bei der Vergabe von Projekten im
Rahmen des Wiederaufbaus hat sich die deutsche Wirt-
schaft beteiligen können.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409419700
Zusatz-
frage? – Bitte schön.


Wolfgang Dehnel (CDU):
Rede ID: ID1409419800
Herr Staatsminister,
Sie haben gerade viele Maßnahmen aufgeführt. Kennen
Sie aber Zahlen, die den Erfolg darstellen? Wie viele
Unternehmen konkret sind dort tätig geworden? Welche
Maßnahmen waren erfolgreich?

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409419900
Ich kann Ihnen zumindest sagen, dass der größte
im vergangenen Jahr von der EU-Task-Force für den
Wiederaufbau im Kosovo vergebene Einzelauftrag im
Umfang von 14 Millionen Euro an einen deutschen Be-
werber, nämlich an die GTZ, gegangen ist. Eine genaue
Aufstellung im Hinblick auf Privatunternehmen liegt
mir im Moment nicht vor.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409420000
Eine
weitere Zusatzfrage wird nicht gewünscht.

Die Frage 25 des Kollegen Koschyk soll schriftlich
beantwortet werden.

Ich möchte an dieser Stelle kurz bekannt geben, dass
zu den Fragen 7 und 8 eine Aktuelle Stunde vonseiten
der CDU/CSU-Fraktion beantragt worden ist, die direkt
nach der Fragestunde stattfinden wird. Dies sage ich zur
Information an die Fraktionen, damit möglichst viele
Kollegen an der Aktuellen Stunde teilnehmen können.

Wir kommen nun zur Beantwortung der Frage 26 des
Abgeordneten Matthäus Strebl:

Wie beurteilt die Bundesregierung die konkreten Schritte der EU zur Beschleunigung des Beitrittsprozesses der Türkei?

Parl. Staatssekretär Achim Großmann






(A)



(B)



(C)



(D)


D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409420100
Herr Kollege Strebl, Sie fragen nach dem Bei-
trittsprozess in Bezug auf die Türkei. Der Europäische
Rat in Helsinki hat die Türkei formell in den Beitritts-
prozess einbezogen und einen Rahmen für die Strategie
zur Heranführung der Türkei an die EU festgelegt.

Als nächste Schritte stehen an: die Wiederaufnahme
des politischen Dialogs; die Einsetzung von Ausschüs-
sen durch den Assoziationsrat EU-Türkei am
10. April zur Vorbereitung des Abgleichs der Rechtssys-
teme, des so genannten Screeningprozesses; eine Rah-
menverordnung als Rechtsgrundlage für die Heranfüh-
rungsstrategie einschließlich der Finanzmittel und ein
Ratsbeschluss zur Beitrittspartnerschaft mit Prioritäten
und Zielen für die Übernahme des Acquis.

Die EU hat mit der Anerkennung des Kandidatensta-
tus klare Verhältnisse geschaffen. Die Türkei kann die
EU nicht mehr mit dem Vorwurf, die Türken würden
gegenüber den mittel- und osteuropäischen Ländern dis-
kriminiert, in die Defensive drängen. Die Türkei muss
sich jetzt – wie die anderen Kandidaten – ohne Wenn
und Aber an den Kopenhagener Kriterien messen lassen.
Beitrittsverhandlungen können erst dann aufgenommen
werden, wenn die Türkei die politischen Kopenhagener
Kriterien erfüllt.

Die Konkretisierung der Beitrittskriterien im Rahmen
der Beitrittspartnerschaft wird unrealistischen Erwartun-
gen der Türkei im Hinblick auf die Aufnahme von Bei-
trittsverhandlungen entgegenwirken. Ob die genannten
Schritte zu einer Beschleunigung des Beitrittsprozesses
führen werden, hängt von der Reformfähigkeit und dem
Reformwillen der Türkei ab.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409420200
Zusatz-
frage des Kollegen Singhammer.


Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1409420300
Herr Staats-
minister, ist der Bundesregierung bekannt, dass der Zwi-
schenbericht der EU-Kommission über die Beitrittsver-
handlungen der Türkei Menschenrechtsverletzungen
vorwirft? Wie verhält es sich damit, dass einerseits die
Bundesregierung sagt, in dieser Situation sei eine Isolie-
rung der Türkei der falsche Weg, im Gegenteil, man
müsse die Beitrittsverhandlungen intensivieren, und dass
andererseits im Falle der Republik Österreich, der nie-
mand Menschenrechtsverletzungen vorwirft, die Isolie-
rung als das richtige politische Rezept angeboten wird?
Ist das nicht ein Fall von merkwürdiger politischer
Asymmetrie?

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409420400
Herr Präsident, die Zusatzfrage des Kollegen
Singhammer ist identisch mit der Frage 27 des Kollegen
Strebl. Herr Strebl, wenn es Ihnen recht ist, möchte ich
beide Fragen zusammen beantworten.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409420500
Dann ru-
fe ich die Frage 27 des Kollegen Strebl auf:

Inwieweit teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass eine zunehmende Euro-Skepsis bei der Bevölkerung der Bei-trittskandidaten wegen der EU-weiten Isolierung Österreichs festzustellen ist, und welche Folgerungen zieht sie daraus für ih-re Politik?

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409420600
Die Bundesregierung sieht keinen Zusammenhang
zwischen den Reaktionen der EU-Mitgliedstaaten auf
die Regierungsbeteiligung der FPÖ in Österreich einer-
seits und der Einstellung der Bevölkerung der Beitritts-
kandidaten zur EU andererseits.

Was die Türkei angeht: Der EU-Beitrittsprozess soll
dazu führen, dass sich die Türkei den für die anderen der
EU angehörenden Staaten schon geltenden menschen-
rechtlichen Kriterien anschließt und sich ihnen unter-
wirft. Der Screeningprozess wird dazu beitragen, die
Türkei an die europäischen Standards heranzuführen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409420700
Zusatz-
frage, Kollege Strebl.


Matthäus Strebl (CSU):
Rede ID: ID1409420800
Herr Staatsminister,
zurück zur Isolierung von Österreich durch die EU. Wie
wir wissen, gibt es dort eine Koalition aus ÖVP und
FPÖ. Würde, wenn es andere Konstellationen der Koali-
tion gäbe, zum Beispiel der Sozialisten und der Freiheit-
lichen, eine Blockierung ebenso greifen?

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409420900
Die Konstellation ist doch sehr spekulativ.


(Hannelore Rönsch [Wiesbaden] [CDU/CSU]: Da ist der Staatsminister nicht richtig informiert! Da wurde mindestens eine Woche sehr ernsthaft mit der FPÖ verhandelt!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409421000
Weitere
Zusatzfrage, Herr Strebl? – Das ist nicht der Fall.

Zusatzfrage des Kollegen Müller.


Dr. Gerd Müller (CSU):
Rede ID: ID1409421100
Herr Staatsminister,
Ihre Antwort ruft mich zu dieser Frage auf: Ist der Bun-
desregierung bekannt, dass SPÖ-Kanzler Klima zu-
nächst der FPÖ ein Regierungsangebot unterbreitet hat?
Erst nachdem Herr Haider dies nicht angenommen hat,
sind bei der Verhandlungsaufnahme durch Bundeskanz-
ler Schüssel die entsprechenden Sanktionen eingeleitet
worden.

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409421200
Wir nehmen zur Kenntnis, dass diese Gespräche
gescheitert sind und damit eine solche Konstellation
nicht Realität wurde.


(Hannelore Rönsch [Wiesbaden] [CDU/ CSU]: Aber sie haben stattgefunden!)







(A)



(B)



(C)



(D)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409421300
Damit
kommen wir zu Frage 28 des Kollegen Dr. Gerd
Müller:

Plant die deutsche Bundesregierung, beim Sondergipfel der EU in Lissabon Initiativen zu ergreifen, um zu einer Normalisie-rung im Verhältnis zwischen Deutschland und Österreich sowie der EU und Österreich beizutragen, und wenn ja, welche?

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409421400
Herr Müller, diese Frage wird mit Nein beantwor-
tet.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409421500
Zusatz-
frage, Herr Kollege Müller.


Dr. Gerd Müller (CSU):
Rede ID: ID1409421600
Herr Staatsminister,
wie begründet und bewertet die Bundesregierung die
Tatsache, dass der Außenminister Fischer dem für den
Völkermord in Tschetschenien zuständigen Präsidenten
Putin die Hand reicht und Bundeskanzler Schröder Dik-
tator Castro zur EXPO einlädt, aber dem demokratisch
gewählten Bundeskanzler Österreichs den Handschlag
verweigert?

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409421700
Herr Kollege, ich sehe diese Frage nicht als Nach-
frage zu Ihrer Hauptfrage an.


(Lachen bei der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409421800
Weitere
Zusatzfrage, Herr Kollege Müller? – Das ist nicht der
Fall.

Eine Zusatzfrage des Kollegen Spranger.


Carl-Dieter Spranger (CSU):
Rede ID: ID1409421900
Herr Staatsmi-
nister, wie beurteilt die Bundesregierung die Forderung
des finnischen Außenministers vor wenigen Tagen, die
EU möge ihre Sanktionen gegen Österreich aufheben?
Kalkuliert die Bundesregierung auch ein, wenn sie bei
ihrer bisherigen Haltung bleibt, dass damit der Wider-
stand vor allem kleinerer Länder gegen die Ausdehnung
der Mehrheitsentscheidungen in der EU zunehmen
wird?

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409422000
Herr Spranger, ich beantworte die Frage gerne,
weise aber darauf hin, dass Sie die Frage, die Sie als
Nachfrage zur Frage des Kollegen Müller gestellt haben,
in Frage 30 als Hauptfrage formuliert haben. Insofern
weiß ich nicht, wann ich Ihnen eine Antwort geben soll.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Wenn gefragt wird!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409422100
Herr
Staatsminister, da die Frage nun gestellt wurde, ist jetzt
die Gelegenheit, sie zu beantworten.

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409422200
Gut. Dann tue ich es hier. Es gibt keine Maßnah-
men der EU gegen Österreich, sondern eine abgestimm-
te politische Reaktion von 14 EU-Mitgliedstaaten.

Im Übrigen gibt es bei Nicht-EU-Mitgliedern eine
Diskussion darüber, ob diese Politik der EU-Mitglied-
staaten befürwortet wird oder nicht. Insbesondere die
Nicht-EU-Mitgliedstaaten sind in einer anderen Situati-
on als die EU-Mitgliedstaaten, die auf eine enge Zu-
sammenarbeit programmiert sind. Wenn es diese Staaten
angesichts der politischen Situation in Österreich für
sinnvoll halten, den internationalen Austausch auf die
juristisch vorgesehenen und geschäftsmäßig notwendi-
gen Gepflogenheiten zu reduzieren, dann ist dies eine
berechtigte politische Entscheidung der entsprechenden
Staaten.

Ansonsten möchte ich darauf hinweisen, dass insbe-
sondere auch konservative Staatsführer unter diesen
14 EU-Mitgliedstaaten, so der französische Staatspräsi-
dent Chirac und der spanische Regierungschef Aznar,
diese politische Linie inhaltlich voll mittragen und teil-
weise sogar ihre Förderer und Befürworter waren.

Ich verstehe, Herr Spranger, dass Sie als Mitglied der
CSU, die sich ja auch in der EVP befindet, große Pro-
bleme mit den Debatten innerhalb der EVP haben,


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Das ist ja rührend!)


die sich politisch ja gerade wohl an dieser Frage spaltet.

(Widerspruch bei der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409422300
Herr
Kollege Müller, Sie hatten bisher nur eine Zusatzfrage;
Sie können gern Ihr Recht nutzen, eine zweite Frage zu
stellen.


Dr. Gerd Müller (CSU):
Rede ID: ID1409422400
Herr Staatsminister,
angesichts Ihrer nebulösen Ausführungen möchte ich ei-
ne für alle verständliche, konkrete Frage stellen: Welche
Forderungen haben Sie denn an die Bundesregierung in
Österreich, um im Dialog, im bilateralen und im europä-
ischen Dialog, wieder zur Normalität zurückzukehren?
Man muss ja dem Partner sagen, was man wirklich er-
wartet. Welche Forderungen haben Sie denn?

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409422500
Diese Fragen werden auf dem europäischen Son-
derrat in Lissabon, der in wenigen Tagen stattfinden
wird, ausführlich beraten werden.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Erst boykottieren und dann sagen, warum! Oder was?)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409422600
Zusatz-
frage der Kollegin Rönsch, bitte!






(A)



(B)



(C)



(D)



Hannelore Rönsch (CDU):
Rede ID: ID1409422700
Herr
Staatsminister, ich frage an dieser Stelle noch einmal
nach: Was waren denn die Ursachen für den Boykott
und könnten Sie mir auch mitteilen, ob Herr Bundes-
kanzler Schröder mit Motor für diesen Boykott gewesen
ist? Weil Sie eben andere Regierungen in Europa heran-
gezogen haben, hätte ich gern den Stellenwert der Rolle
des Bundeskanzlers an dieser Stelle gewusst.

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409422800
Die Ursache war die Teilhabe der Haider-Partei
FPÖ an der österreichischen Regierung. Der Bundes-
kanzler war nicht Motor des politischen Bestrebens, den
politischen Kontakt zu Österreich dementsprechend zu
reduzieren. Allerdings hat Deutschland, nachdem andere
europäische Partner dort eine forciertere Tonart ange-
schlagen haben, im Geleitzug der Europäer mitgemacht.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409422900
Zusatz-
frage des Kollegen Lippelt!


Dr. Helmut Lippelt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409423000

Herr Staatsminister, finden Sie nicht den Rücktritt des
Vorsitzenden der österreichischen Freiheitlichen Volks-
partei ein hervorragendes Ergebnis der EU-Mitglied-
staaten?


(Zuruf von der CDU/CSU: Der ÖVP? – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)


– Ich habe doch von der FPÖ gesprochen.

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409423100
Wir sehen, dass es in Österreich auch im Regie-
rungslager politische Reaktionen auf den politischen
Druck der 14 europäischen Staaten gibt. Ich rechne da-
mit, dass diese Frage in wenigen Tagen auf dem Europä-
ischen Rat in Lissabon vertieft werden wird.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409423200
Zusatz-
frage des Kollegen Fritz.


Erich G. Fritz (CDU):
Rede ID: ID1409423300
Herr Staatsminister, da
Sie sich offensichtlich schwer tun, hier Gründe für die
Haltung der EU vorzutragen, frage ich Sie: Wie beurtei-
len Sie denn die Aussage des Bundesaußenministers
heute Morgen im Wirtschaftsausschuss, man sei zu die-
sen Aktionen aus außenwirtschaftlichen Gründen ge-
genüber Israel und den USA gezwungen gewesen.


(Peter Hintze [CDU/CSU]: Das ist ja ungeheuerlich!)


D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409423400
Ich war heute Morgen im Wirtschaftsausschuss
nicht dabei. Aber ich möchte Sie daran erinnern, dass Is-
rael sogar seinen Botschafter abgezogen hat und dass die
USA die Politik der 14 europäischen Staaten voll unter-
stützen.


(Erich G. Fritz [CDU/CSU]: Sie bestätigen das also!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409423500
Wir
kommen jetzt zur Frage 29 des Kollegen Müller:

Welche angeblichen Verstöße der österreichischen Bundes-regierung gegen den EU-Vertrag sind Grundlage der beschlos-senen Maßnahmen der deutschen Bundesregierung und der EU zur Einschränkung der Beziehungen zu Österreich?

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409423600
Herr Müller, die Antwort lautet: Es gibt keine
Maßnahmen der EU gegen Österreich, sondern nur eine
abgestimmte politische Reaktion der 14 Mitgliedstaaten
gegen die Regierungsbeteiligung der FPÖ. Der EU-
Vertrag ist hiervon nicht berührt. Im Übrigen verweise
ich auf die ausführlichen Antworten von Bundesminister
Fischer in der Fragestunde vom 16. Februar dieses Jah-
res.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409423700
Herr
Müller, Zusatzfrage.


Dr. Gerd Müller (CSU):
Rede ID: ID1409423800
Herr Staatsminister,
Sie haben meine Frage nicht beantwortet. Deshalb darf
ich zumindest den ersten Teil noch einmal zur Beant-
wortung stellen. Meine Frage ist: Welche angeblichen
Verstöße der österreichischen Bundesregierung gegen
geltendes europäisches Recht sind denn die Grundlage
für die beschlossenen Maßnahmen und auf welcher
rechtlichen Basis geschehen diese Maßnahmen, bilateral
und im europäischen Kontext?

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409423900
Herr Müller, Sie insinuieren in Ihrer Frage, dass es
beschlossene Maßnahmen der EU gäbe. Es gibt aber kei-
ne Maßnahmen der EU, sondern nur Maßnahmen von
14 EU-Mitgliedstaaten. Der Hintergrund – ich habe ihn
gerade erklärt – ist die Regierungsbeteiligung der FPÖ.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409424000
Zusatz-
frage des Kollegen Spranger.


Carl-Dieter Spranger (CSU):
Rede ID: ID1409424100
Herr Staatsmi-
nister, was sagt die Bundesregierung zu der Feststellung
des früheren französischen Staatspräsidenten Giscard
d’Estaing vor wenigen Tagen im „Focus“, dass die eu-
ropäischen Verträge der EU und ihren Mitgliedstaaten
nicht das Recht geben, sich in nationale politische Ent-
scheidungen einzumischen, die in demokratischen Wah-
len getroffen worden sind?

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409424200
Die 14 EU-Mitgliedstaaten haben ein großes Inte-
resse daran, dass Österreich als akzeptiertes Mitglied der
EU auch in Zukunft eng mit ihnen zusammenarbeitet,
und wollen mit ihrer Politik dafür den Boden bereiten.






(A)



(B)



(C)



(D)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409424300
Zusatz-
frage des Kollegen Hintze.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1409424400
Herr Staatsminister,
selbst wenn man einmal für einen kurzen Augenblick Ih-
re Unterstellung als richtig annimmt, dass die bisherigen
diskriminierenden Maßnahmen gegen Österreich zwi-
schenstaatliche Maßnahmen gewesen seien: Würden Sie
mir trotzdem zustimmen, dass die Entscheidung des
Ratspräsidenten, die Republik Österreich im Vorfeld des
Gipfels nicht zu besuchen, sondern den österreichischen
Bundeskanzler nach Brüssel einzubestellen, eine diskri-
minierende Maßnahme auf EU-Ebene ist? Wo ist für
diese Maßnahme, die nichts mit zwischenstaatlicher Dis-
kriminierung zu tun hat, die Rechtsgrundlage?

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409424500
Wir begrüßen, dass der Ratspräsident den österrei-
chischen Kanzler zum Gespräch getroffen hat. Soweit
wir wissen, hat sich Herr Schüssel über den Ort nicht
beschwert.


(Peter Hintze [CDU/CSU]: Herr Präsident, ich halte die Frage nicht für beantwortet! – Konrad Gilges [SPD]: Das macht aber nichts! – Heiterkeit bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409424600
Es liegt
im Ermessen des Antwortgebers, wie er die Frage be-
antwortet. Ich habe keine inhaltliche Wertung vorzu-
nehmen. Ich bedauere das.

Wir kommen damit zur Frage 30 des Abgeordneten
Carl-Dieter Spranger:

Wie beurteilt die Bundesregierung die europäischen Reakti-onen in Italien und in den skandinavischen Staaten, die in den von der Europäischen Union gegenüber Österreich verhängten Sanktionsmaßnahmen eine ungerechtfertigte Einmischung in die inneren Angelegenheiten sehen, und welche Konsequenzen er-wachsen aus diesen Einschätzungen für die Diskussion über den künftigen Weg der europäischen Integration?

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409424700
Herr Spranger, es gibt keine Maßnahmen der EU
gegen Österreich, sondern eine abgestimmte politische
Reaktion der 14 EU-Mitgliedstaaten gegen die Regie-
rungsbeteiligung der FPÖ. Auch die Regierungen Ita-
liens und der skandinavischen EU-Mitgliedstaaten,
Finnland, Schweden und Dänemark, waren am Abstim-
mungsprozess über diese politische Reaktion beteiligt
und tragen die Position mit.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409424800
Zusatz-
frage, Kollege Spranger?


Carl-Dieter Spranger (CSU):
Rede ID: ID1409424900
Herr Volmer,
nachdem der Bundeskanzler angekündigt hat, bei einer
Beteiligung der Alleanza Nazionale an einer italieni-
schen Regierung ähnlich rechtswidrig zu reagieren wie
gegenüber Österreich, was im Übrigen zu außerordentli-
chen Protesten in ganz Italien geführt hat, frage ich, wa-

rum die Bundesregierung nicht schon längst in gleicher
Form gegen die Regierungsbeteiligung von Kommunis-
ten in Frankreich und Italien


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Mecklenburg-Vorpommern!)


protestiert und Quarantänemaßnahmen ergriffen hat.

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409425000
Herr Spranger, ich weise die Unterstellung zurück,
der Bundeskanzler habe „rechtswidrig“ reagiert.


(Carl-Dieter Spranger [CDU/CSU]: Aber der Rest ist an sich richtig angenommen?)


– Wenn Ihre Prämisse nicht stimmt, habe ich Schwierig-
keiten, auf Ihre Schlussfolgerungen zu reagieren.


(Carl-Dieter Spranger [CDU/CSU]: Das war wenigstens eine gute Ergänzung!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409425100
Weitere
Zusatzfrage, Herr Kollege Spranger.


Carl-Dieter Spranger (CSU):
Rede ID: ID1409425200
Was sagt die
Bundesregierung zu der Meinung des ehemaligen Wie-
ner Bürgermeisters Zilk:

Ich kann nicht verstehen, dass für diese demokra-
tisch entstandene Regierung, zu der es im Moment
offenbar keine Alternative gibt, ein ganzes Volk in
Geiselhaft genommen wird.

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409425300
Ich möchte betonen, dass weder die Bundesregie-
rung noch die anderen 13 EU-Mitgliedstaaten das öster-
reichische Volk in Geiselhaft nehmen. Das ist eine poli-
tische Haltung, die sich allein gegen die Regierungsbe-
teiligung der FPÖ richtet.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409425400
Zusatz-
frage des Kollegen Fritz.


Erich G. Fritz (CDU):
Rede ID: ID1409425500
Nachdem Sie die Maß-
nahmen der Bundesregierung gegen Österreich aufgrund
der Koalitionsbeteiligung der Partei des Rechtspopulis-
ten Haider für gerechtfertigt halten: Würden Sie auch
fordern, dass 15 Bundesländer gegenüber der Regie-
rungsbeteiligung des Linkspopulisten Gysi bzw. seiner
Partei in Mecklenburg-Vorpommern in gleicher Weise
innerstaatlich vorgehen?

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409425600
Es ist nicht die Aufgabe der Bundesregierung, den
einzelnen Länderregierungen und Koalitionen Ratschlä-
ge zu geben, Herr Fritz.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409425700
Damit
kommen wir zur Frage 31 des Kollegen Spranger:






(A)



(B)



(C)



(D)


Wie beurteilt die Bundesregierung das Signal, das von den gegenüber Österreich von der Europäischen Union verhängten Maßnahmen auf die ostmittel- und südosteuropäischen Beitritts-kandidaten ausgeht?

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409425800
Herr Spranger, die 14 EU-Mitgliedstaaten, die in
abgestimmter Weise bilateral auf die Regierungsbildung
in Österreich unter Beteiligung der FPÖ politisch rea-
giert haben, haben damit von ihrer Möglichkeit Ge-
brauch gemacht, ihre bilateralen Beziehungen zur öster-
reichischen Regierung so zu gestalten, wie es im Interes-
se der gemeinsamen Grundwerte – der Freiheit, der De-
mokratie, der Menschenrechte und der Rechtsstaatlich-
keit – geboten ist. Sie haben dadurch gegenüber den ost-
, mittel- und südosteuropäischen Beitrittskandidaten
verdeutlicht, dass Sie diesen Grundwerten nicht nur in
Bezug auf die Beitrittsfähigkeit einen hohen Stellenwert
einräumen – das ist das politische Kriterium von Ko-
penhagen –, sondern dass Sie sich auch im EU-Kreis für
die Einhaltung dieser Grundwerte, wenn sie gefährdet
erscheinen, entschlossen einsetzen. Damit wurde auch
ein Signal der Glaubwürdigkeit der EU-Politik an die
Beitrittskandidaten gesandt.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409425900
Zusatz-
frage, Herr Spranger.


Carl-Dieter Spranger (CSU):
Rede ID: ID1409426000
Herr Volmer,
wie bringt die Bundesregierung ihre ständige Beteue-
rung, weltweit auf die Achtung der Menschenrechte hin-
zuwirken, mit der Tatsache in Einklang, dass sie und die
EU-Staaten das Selbstbestimmungsrecht des österreichi-
schen Volkes und die Achtung einer vom österreichi-
schen Volk in freien Wahlen gewählten Regierung mas-
siv verletzen?

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409426100
Das Selbstbestimmungsrecht des österreichischen
Volkes ist überhaupt nicht eingeschränkt worden.


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Aber Sie anerkennen die Wahlen nicht!)


Aber wir haben das Recht, unsere bilateralen Beziehun-
gen einem anderen Staat gegenüber so zu gestalten, wie
wir das im Rahmen unseres Selbstbestimmungsrechts
für notwendig halten.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409426200
Weitere
Zusatzfrage, Herr Spranger, bitte.


Carl-Dieter Spranger (CSU):
Rede ID: ID1409426300
Wie aber brin-
gen Sie die Sanktionen und die Quarantänehaltung ge-
genüber Österreich in Einklang mit Ihrer Behauptung,
Sie würden das Selbstbestimmungsrecht der Österrei-
cher und deren demokratische Entscheidungen respek-
tieren? Dies müsste ja zur sofortigen Aufhebung Ihrer
Quarantäne- und Sanktionsmaßnahmen führen.

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409426400
Zu dem politischen Dialog, der manchmal auch
sehr streitig verlaufen kann, wenn Grundwerte infrage
stehen, gehört eben auch, dass man sich hin und wieder
deutlich die Meinung sagt.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409426500
Zusatz-
frage, Frau Kollegin Rönsch.


Hannelore Rönsch (CDU):
Rede ID: ID1409426600
Herr
Staatsminister, was haben die Österreicher Ihrer Mei-
nung nach zu erbringen, damit sie wieder in die europäi-
sche Staatengemeinschaft aufgenommen werden?


(Zuruf von der CDU/CSU: Eine SPÖ-Regierung!)


D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409426700
Offensichtlich ist durch die bisherige Politik der
14 Mitgliedstaaten – wie der Kollege Lippelt sagte –
nicht nur erreicht worden, dass sich Herr Haider nach
Kärnten zurückgezogen hat; vielmehr haben diverse Er-
klärungen von Kanzler Schüssel dazu geführt, dass eini-
ge Dinge klargestellt worden sind. Ich denke, dass sich
der Sonderrat in Lissabon in wenigen Tagen vertieft mit
dieser Frage befassen wird.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Oh, Sie läuten den Rückzug ein!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409426800
Zusatz-
frage des Kollegen Pflüger.


Dr. Friedbert Pflüger (CDU):
Rede ID: ID1409426900
Herr Volmer,
würden Sie es im Hinblick darauf, dass Sie einräumen,
dass es auf österreichischer Seite eine gewisse Bewe-
gung gibt – die Demonstrationen, Äußerungen von
Herrn Schüssel, das Regierungsprogramm –, nicht für
sinnvoll halten, während der portugiesischen Präsident-
schaft auf den nächsten Gipfeln zu erwägen, mit Hin-
weis darauf eine Gelegenheit zu ergreifen, diese Sankti-
onen zu beenden, bevor die EU in dieser Frage unter-
schiedliche Wege geht, womit zu rechnen ist, wenn man
sich die innenpolitische Diskussion in den jeweiligen
Ländern anschaut?

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409427000
Herr Pflüger, im Moment stelle ich fest, dass alle
14 Staaten, unterstützt von vielen anderen Staaten in der
Welt, gemeinsam an einem Strang ziehen. Ich sehe nicht
die Gefahr, dass es, wie Sie gerade dargestellt haben, zu
Spaltungen kommt. Allerdings nehme ich an, dass
darüber in Lissabon geredet wird und dass dort die eine
oder andere Idee vorgebracht wird. Aus unserer Sicht ist
es Aufgabe der portugiesischen Präsidentschaft, die auch
die bisherigen politischen Maßnahmen koordiniert hat,
die weitere Meinungsbildung zu koordinieren.

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms






(A)



(B)



(C)



(D)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409427100
Eine
weitere Zusatzfrage des Kollegen Hiksch.


Uwe Hiksch (PDS):
Rede ID: ID1409427200
Herr Staatsminister, können Sie
mir bestätigen, dass manche Äußerungen vom rechten
Rand der CSU, aber auch ihres Vorsitzenden Stoibers,
der ja beispielsweise von der durchrassten Gesellschaft
gesprochen hat und in einer Kampagne gesagt hat, das
Boot sei voll,


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Das war der Bundesinnenminister Schily!)


durchaus dafür sprechen, dass eine politische Nähe zwi-
schen der FPÖ auf der einen Seite und dem rechten
Rand der CSU auf der anderen Seite besteht? Können
Sie mir weiter bestätigen, dass die vielen Fragen, die
von Mitgliedern der CSU-Fraktion zu Österreich gestellt
werden, in Wirklichkeit etwas damit zu tun haben, dass
sich die CSU vielleicht selbst angesprochen fühlt?

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409427300
Die Tatsache, dass es diese öffentlichen Freund-
schaftsbekundungen von führenden CSU-Politikern ge-
genüber Herrn Haider in den letzten Wochen gab, ist si-
cherlich nicht dazu angetan, den Argwohn, der bei eini-
gen unserer westlichen Nachbarn gegenüber bestimmten
politischen Bestrebungen im deutschsprachigen Alpen-
raum existiert, zu mindern.


(Christian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU]: So ein Quatsch! Ihre Antwort ist unerträglich, Herr Staatsminister!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409427400
Zusatz-
frage des Kollegen Müller.


Dr. Gerd Müller (CSU):
Rede ID: ID1409427500
Herr Staatsminister,
sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass es weder
von der CSU noch aus dem sonstigen konservativen La-
ger Freundschaftsbekundungen gegenüber Herrn Haider
gab, sondern vielmehr einen offiziellen Besuch und
Freundschaftsbekundungen gegenüber unserem Freund
Wolfgang Schüssel?

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409427600
Ich habe wahrgenommen, dass Sie es an Solidari-
tätsadressen gegenüber Herrn Haider nicht haben man-
geln lassen.


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Sie leiden an gestörter Wahrnehmung! Bodenlos! – Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Frechheit!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1409427700
Wir
kommen jetzt zur Frage 32 des Kollegen Peter Hintze:

Ist das Verhalten des EU-Ratspräsidenten António Guterres, auf der traditionellen Rundreise des Ratspräsidenten durch alle Hauptstädte der Europäischen Union Österreich nicht zu besu-chen, von der Bundesregierung gebilligt worden, und welche Haltung nimmt sie hierzu ein?


(V o r s i t z: Vizepräsident Rudolf Seiters)


D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409427800
Herr Hintze, die Vorbereitung einer Präsident-
schaftsreise liegt in den Händen der jeweiligen Regie-
rung des Landes, welches die EU-Präsidentschaft inne-
hat. Im Rahmen der Präsidentschaftsreise hat auch eine
Begegnung mit dem österreichischen Bundeskanzler
stattgefunden. Der Bundesregierung ist nicht bekannt,
dass es in diesem Zusammenhang Kritik der österreichi-
schen Regierung an der Präsidentschaft gegeben hätte.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409427900
Zusatzfrage.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1409428000
Hätte es die Bundesregie-
rung ebenfalls begrüßt, wenn der Ratspräsident den
deutschen Bundeskanzler Schröder nicht in Berlin auf-
gesucht, sondern nach Brüssel einbestellt hätte?

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409428100
Dazu gab es keinen Grund. Von daher ist diese
Frage sehr spekulativ.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409428200
Zweite Zusatzfrage.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1409428300
Wird die Bundesregie-
rung sich dafür einsetzen, dass der Bundeskanzler der
Republik Österreich in Zukunft so behandelt wird wie
die anderen Regierungschefs in Europa?

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409428400
Wie der Präsident der EU die Staatschefs der EU
adressiert, liegt allein in seiner Vollmacht, er führt die
Amtsgeschäfte.


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Die Frage war die nach dem deutschen Bundeskanzler!)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409428500
Eine Zusatzfrage
des Kollegen Carl-Dieter Spranger.


Carl-Dieter Spranger (CSU):
Rede ID: ID1409428600
Angesichts der
Tatsache, dass schon von den Umgangsformen die Rede
war, würde mich interessieren, was die Bundesregierung
tut, um das läppische und unwürdige Verhalten von Mi-
nistern, insbesondere denen aus Belgien und Frankreich,
in entsprechenden Runden zu unterbinden, die mit ihrer
Art und der fehlenden Toleranz gegenüber anderen Mit-
gliedstaaten die EU international geradezu lächerlich
machen.

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409428700
Die Bundesregierung hat erklärt, dass sie die von
14 Mitgliedstaaten beschlossenen politischen Maßnah-
men mitträgt, aber nicht bereit ist, darüber hinausgehen-
de Vorstöße von einzelnen Mitgliedstaaten zu unterstüt-
zen.






(A)



(B)



(C)



(D)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409428800
Ich rufe die Frage
33 des Kollegen Peter Hintze auf:

Wird sich Bundeskanzler Gerhard Schröder auf dem Europä-ischen Rat in Lissabon aus politischen Gründen gegenüber dem österreichischen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel anders ver-halten als gegenüber den anderen Regierungschefs der Europä-ischen Union?

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409428900
Der Bundeskanzler, Herr Hintze, wird sich in Lis-
sabon im Rahmen der abgestimmten Haltung bewegen.


(Hans-Michael Goldmann [F.D.P.]: Da haben Sie sich aber verausgabt! – Heiterkeit bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409429000
Ich denke, da gibt
es eine Zusatzfrage, Herr Kollege Peter Hintze, bitte.


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1409429100
Können Sie bitte dem
Deutschen Bundestag die konkreten Auswirkungen die-
ses von Ihnen angeführten Grundsatzes erläutern?

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409429200
Ja. „Abgestimmte Haltung“ besagt zum Beispiel,
dass es kein so genanntes Familienfoto geben wird. Da
es dieses nicht geben wird, wird sich der Bundeskanzler
auch nicht alleine mit Herrn Schüssel ablichten lassen.


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Jeder blamiert sich so gut, wie er kann!)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409429300
Eine zweite Zusatz-
frage:


Peter Hintze (CDU):
Rede ID: ID1409429400
Herr Staatsminister, ich
habe noch folgende Zusatzfrage: Welche Leistungen des
kubanischen Diktators Fidel Castro rechtfertigen es, dass
die Bundesregierung ihn mit der offiziellen Einladung
durch Bundeskanzler Schröder zur EXPO 2000 – ich
verdanke diesen Hinweis dem Kollegen Pflüger – besser
behandelt als den österreichischen Bundeskanzler
Schüssel im Rahmen der üblichen Praxis in der Europä-
ischen Union?

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409429500
Herr Hintze, ich denke, dass wir die Frage, wie
man mit Entwicklungsländern umgeht, denen es an de-
mokratischer Kultur mangelt, trennen sollten vom Um-
gang zwischen europäischen Staaten, die sich auf einen
bestimmten gemeinsamen Wertekodex verpflichtet ha-
ben. Die Bundesregierung möchte betonen, dass sie auch
im Verhältnis zu Dritte-Welt-Staaten versucht, Men-
schenrechte und Demokratie zu fördern und durchzuset-
zen. Aber die Mechanismen sind da natürlich andere als
innerhalb der europäischen Staatenfamilie.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409429600
Eine Zusatzfrage
des Kollegen Schmidt (Fürth).


Christian Schmidt (CSU):
Rede ID: ID1409429700
Herr
Staatsminister, haben wir im Rahmen der „abgestimm-
ten Haltung“, die Sie soeben beschrieben haben, zu er-
warten, dass sich der auf dem Europäischen Rat in Lis-
sabon sicherlich ebenfalls anwesende Bundesminister
des Auswärtigen an seine Sponti-Tradition erinnert und
Anleihe nimmt bei seinen Ministerkollegen, dem bel-
gischen und dem französischen Finanzminister, und
auch , – wie im Ecofin-Rat vor einigen Wochen gesche-
hen – mit einem „Nein danke!“-Button erscheint, der
den österreichischen Bundeskanzler persönlich diskri-
miniert und in seiner Ehre verletzt?

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409429800
Herr Schmidt, ich lasse mich, wenn der Bundesau-
ßenminister zu Kongressen fährt, nicht vorher über sein
Outfit unterrichten.


(Hans-Michael Goldmann [F.D.P.]: Sollten Sie aber! – Abg. Christian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU] meldet sich zu einer weiteren Zusatzfrage)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409429900
Herr Kollege
Schmidt, Sie haben nur eine Zusatzfrage. Bei den nächs-
ten beiden ordentlichen Fragen, die Sie gestellt haben,
haben Sie sogar vier Zusatzfragen.

Jetzt bekommt der Kollege Pflüger das Wort.


Dr. Friedbert Pflüger (CDU):
Rede ID: ID1409430000
Herr Kollege
Volmer, dass die EU einen ethischen Mindeststandard
schützt und diesen auch durchsetzt, wird niemand
bestreiten. Aber gehört nicht zu diesem ethischen Min-
deststandard, der schützenswert ist – nicht zuletzt, son-
dern eher zuerst –, die Akzeptanz von freien Wahlen in
den Mitgliedsländern? Gibt es nicht, wenn Sie so wol-
len, ein Menschenrecht, dass diese akzeptiert werden?

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409430100
Herr Kollege Pflüger, die Wahlen werden in dem
Sinne respektiert. Aber wenn sich in einem europäischen
Land eine neue politische Richtung konstituiert,


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Die ist 30 Jahre alt!)


die signifikant von dem abweicht, was dort bisher vorzu-
finden war, dann haben die anderen europäischen Staa-
ten das Recht, ihre Politik diesem Land gegenüber bila-
teral neu zu justieren.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409430200
Jetzt kommt der
Kollege Singhammer dran.


Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1409430300
Herr Staats-
minister, welche Vorkehrungen taktischer Art und wel-
che Vorsichtsmaßnahmen trifft die Bundesregierung, um
eventuellen unfreiwilligen Fotos mit österreichischen
Regierungsmitgliedern zu entkommen oder völlig






(A)



(B)



(C)



(D)


spontanen Aktionen wie einer dargereichten Hand aus-
weichen zu können?

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409430400
Die Bundesregierung hat – da können Sie sicher
sein – genug Routine, um sich auf dem diplomatischen
Parkett zu bewegen.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Das ist mehr ein Flüchten auf dem diplomatischen Parkett! – Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Da hilft nur Knoblauch!)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409430500
Jetzt kommt der
Kollege Spranger mit einer Zusatzfrage.


Carl-Dieter Spranger (CSU):
Rede ID: ID1409430600
Herr Vollmer,
halten Sie es für einen Ausdruck von Zivilcourage und
Wahrhaftigkeit, dass dieselben Damen und Herren, die
vor den Kameras einen solchen persönlichen Kontakt
nicht stattfinden lassen und möglichst auf Distanz ge-
hen, anschließend, wenn die Kameras weg sind, zu ver-
traulichen Gesprächen mit ihren österreichischen Kolle-
gen zusammentreffen und ihnen erklären, so bös sei es
nicht gemeint, man solle doch das, was man ihnen öf-
fentlich zufügt, nicht so ernst nehmen?

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409430700
Herr Spranger, man sollte froh darüber sein, wenn
es außer der offiziellen Diplomatie auch noch andere
Kanäle gibt, auf denen versucht wird, zu sondieren, wie
man bestimmte missliche Situationen überwinden kann.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409430800
Ich rufe jetzt die
Frage 34 des Kollegen Christian Schmidt (Fürth) auf:

Wie ist nach Auffassung der Bundesregierung der jeweilige Stand der Verhandlungen der EU mit den einzelnen osteuropä-ischen Beitrittskandidaten der ersten Runde zu den Kapiteln Freizügigkeit, Beschäftigung und Sozialpolitik zu beurteilen?

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409430900
Zu Kapitel 2, Freizügigkeit: Herr Schmidt, die
Bundesregierung wird bei den in Kürze beginnenden
Verhandlungen gemäß der Koalitionsvereinbarung für
angemessene Übergangsfristen bezüglich der Arbeit-
nehmerfreizügigkeit eintreten. Die Beitrittsländer der so
genannten ersten Gruppe – das sind, wie Sie wissen, Po-
len, Tschechien, Estland, Slowenien und Zypern – haben
erwartungsgemäß keine Übergangsregelungen für diesen
Bereich beantragt.

Zu Kapitel 13, Beschäftigung und Sozialpolitik: Die-
ses Kapitel enthält die überarbeiteten. „Gemeinsamen
Positionen“. Es wird bei den Verhandlungen mit den
Beitrittskandidaten der so genannten ersten Gruppe –
mit Ausnahme von Zypern – vorläufig noch nicht abge-
schlossen; vielmehr soll über dieses Kapitel zu einem
späteren Zeitpunkt weiterverhandelt werden. Nach Auf-
fassung der Mitgliedstaaten und der Kommission müs-
sen in diesem Bereich trotz aller Fortschritte noch erheb-

liche Anstrengungen von den Beitrittsländern unter-
nommen werden.

Es bedarf darüber hinaus noch weiterer eingehender
Informationen seitens der Kandidatenländer zum Ver-
fahren, zum Zeitplan der Übernahme und zur Durchset-
zung des Sozial-Acquis sowie zu den von Polen und
Slowenien beantragten Übergangsfristen im Arbeits-
schutz. Die Bundesregierung misst der Übernahme so-
wie der tatsächlichen und nachvollziehbaren Umsetzung
des Sozial-Acquis zum Zeitpunkt des Beitritts große Be-
deutung bei.

Die endgültige deutsche Position bezüglich des Kapi-
tels „Arbeitnehmerfreizügigkeit“ wird unter anderem
wesentlich von den Fortschritten in den Verhandlungen
über Kapitel 13 und von dem Aufbau stabiler sozialer
Systeme in den Beitrittsländern abhängen.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409431000
Eine Zusatzfrage.


Christian Schmidt (CSU):
Rede ID: ID1409431100
Herr
Staatsminister, unter dem Eindruck Ihrer Darlegungen
frage ich, über welche Zahlen gegenwärtig verhandelt
wird bzw. welche Zahlen von der Bundesregierung in
die Verhandlungen eingebracht worden sind und wie die
Kommission darauf reagiert hat.

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409431200
Wie Sie wissen, reden wir bewusst nicht über Zah-
len. Die Bundesregierung hat ein großes Interesse daran,
dass der EU-Erweiterungsprozess möglichst zügig vo-
rankommt sowie möglichst schnell und positiv abge-
schlossen wird. Aber die Gründlichkeit gebietet es, dass
alle Themen hinreichend intensiv behandelt werden.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409431300
Ich rufe die Frage
35 des Kollegen Christian Schmidt auf:

Welche Übergangsfristen hat die Bundesregierung als Ver-handlungsposition der EU gefordert und durchgesetzt, und aus welchen Gründen geschah dies?

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409431400
Herr Schmidt, grundsätzlich sollen – wie bei frü-
heren EU-Erweiterungsverhandlungen – Übergangsfris-
ten und Übergangsregelungen auf ein Mindestmaß be-
schränkt werden. Das ist nicht zuletzt für das Funktio-
nieren des Binnenmarktes wichtig.

Das Vorgehen der EU zielt zudem darauf ab, inhaltli-
che Diskussionen über die Ausgestaltung von Über-
gangsregelungen erst am Ende der Verhandlungen zu
führen. Eine frühzeitige Debatte hierüber birgt die Ge-
fahr der Blockade und weckt Begehrlichkeiten.

Für Deutschland ist eine Übergangsfrist im Bereich
der Arbeitnehmerfreizügigkeit besonders wichtig. In der
Koalitionsvereinbarung heißt es hierzu:

Um beitrittsbedingte wirtschaftliche oder soziale
Brüche zu vermeiden, sind angemessene Über-
gangsfristen zum Beispiel bei der Arbeitnehmer-
freizügigkeit erforderlich.

Johannes Singhammer






(A)



(B)



(C)



(D)


Die Verhandlungen über das Kapitel Freizügigkeit wer-
den erst im Laufe der portugiesischen EU-Rats-
präsidentschaft eröffnet. Die Bundesregierung wird die
Notwendigkeit von Übergangsregelungen im Verhand-
lungsprozess frühzeitig deutlich machen. Dies geschieht
im Übrigen schon seit geraumer Zeit in bilateralen Ge-
sprächen mit Beitrittsländern und Mitgliedstaaten. Aus
den oben genannten verhandlungstaktischen Gründen
werden die Einzelheiten einer von uns für notwendig
gehaltenen Übergangsregelung jedoch so spät wie mög-
lich präzisiert.

Auch im Bereich der Landwirtschaft werden voraus-
sichtlich Übergangsfristen zu gegebener Zeit beantragt
werden.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409431500
Eine Zusatzfrage? –
Keine.

Dann rufe ich die Frage 36 des Kollegen Singhammer
auf:

Wie ist das Verfahren zur Festlegung der Verhandlungsposi-tionen der EU für die Verhandlungen mit den Beitrittskandida-ten, und welche konkreten Einflussmöglichkeiten auf Festlegun-gen der Verhandlungspositionen hat die Bundesregierung schon genutzt.

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409431600
Die Verhandlungspositionen der EU zu den ein-
zelnen Kapiteln werden auf Grundlage von Entwürfen
der Kommission vom Rat beraten und von diesem ein-
vernehmlich als „Gemeinsame Position“ angenommen.
Dadurch ist sichergestellt, dass die Gemeinsamen Posi-
tionen der EU Anliegen der Bundesregierung hinrei-
chend Rechnung tragen. Die Bundesregierung bringt ih-
re Positionen im Übrigen regelmäßig im Rahmen der
fortlaufenden Beratungen über die „Gemeinsamen Posi-
tionen“ ein. Konkret hat die Bundesregierung beispiels-
weise sichergestellt, dass die „Gemeinsamen Positio-
nen“ zum Kapitel “Gesellschaftsrecht“ eine Regelung
zum Schutz von Arzneimittelherstellern in den EU-
Mitgliedstaaten vor Paralleleinfuhren aus Beitrittslän-
dern enthalten. Im Kapitel „Beschäftigung und Soziales“
hat sich die Bundesregierung beispielsweise erfolgreich
für die Aufnahme von Formulierungen zur rechtzeitigen
und vollständigen Übernahme von Sozialvorschriften
durch die Beitrittsländer in die gemeinsame Verhand-
lungsposition der EU eingesetzt.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409431700
Eine Zusatzfrage.


Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1409431800
Herr Staats-
minister, wie stellt die Bundesregierung sicher, dass der
Deutsche Bundestag rechtzeitig über die einzelnen Ver-
handlungsschritte, Schritte mit weitestreichender Bedeu-
tung, informiert wird?

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409431900
Herr Singhammer, die Bundesregierung berichtet
über den Prozessfortschritt regelmäßig insbesondere
dem Europaausschuss.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409432000
Dazu eine Zusatz-
frage von Herrn Dr. Müller.


Dr. Gerd Müller (CSU):
Rede ID: ID1409432100
Herr Staatsminister,
ist Ihnen bekannt, dass die Verhandlungen mit den Bei-
trittsstaaten ausschließlich von EU-Beamten geführt
werden und dass die nationalen Parlamente vollkommen
unzureichend über den Stand der Verhandlungen infor-
miert werden? Wären Sie bereit, im Parlament, im Deut-
schen Bundestag, bereits in den nächsten Wochen eine
Debatte über den derzeitigen Stand der Beitrittsverhand-
lungen zu führen?

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409432200
Herr Müller, wenn Beamte in der EU verhandeln,
heißt das nicht, dass sie dies abseits der politischen Wil-
lensbildung tun. Sie tun es auf der Basis dessen, was
Kommission und Rat als gemeinsame Position beschlos-
sen haben. In diese gemeinsame Position fließen die
Meinungen der jeweiligen Regierungen der Mitglied-
staaten ein. Dabei findet selbstverständlich eine Rück-
koppelung mit der parlamentarischen Willensbildung
statt. Ich denke, dass die Bundesregierung ein Eigeninte-
resse daran hat, vor wichtigen Weichenstellungen recht-
zeitig eine offene Debatte im Deutschen Bundestag da-
rüber zu führen.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409432300
Ich rufe die Frage
37 des Kollegen Singhammer auf:

Welche Forderungen von EU-Beitrittskandidaten, Über-gangsfristen zur Anwendung des EU-Rechts vorzusehen, sind der Bundesregierung bekannt und wie beurteilt sie diese?

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409432400
Herr Singhammer, die Beitrittskandidaten haben in
vielen Bereichen des Acquis Anträge auf Übergangsfris-
ten gestellt, so zum Beispiel hinsichtlich der Kapitel
freier Warenverkehr, freier Kapitalverkehr, Steuern,
Energie, Umwelt und Außenbeziehungen. Die grund-
sätzliche Haltung der Bundesregierung hierzu ist, dass
insbesondere in binnenmarktrelevanten Bereichen Über-
gangsfristen nur restriktiv gewährt werden sollten.

Eine Alternative zu Übergangsregelungen sind die so
genannten Schutzklauseln, wie sie auch in vergangenen
Erweiterungsrunden angewendet wurden. Sie greifen,
wenn eine nachhaltige Störung des Marktes festgestellt
werden kann. Schutzmaßnahmen sind im Binnenmarkt
weniger störend. In Bereichen hingegen, die erhebliche
Anpassungsanstrengungen und beträchtliche finanzielle
Aufwendungen erfordern – etwa Umwelt, Energie und
Infrastruktur –, sind zeitlich limitierte Übergangsrege-
lungen akzeptabel, sofern das jeweilige Beitrittsland
aufzeigt, dass der erforderliche Angleichungsprozess im
Gang ist und dass sich das Land an detaillierte, realisti-
sche Angleichungspläne hält, die die erforderlichen In-
vestitionen berücksichtigen.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409432500
Eine Zusatzfrage.

Staatsminister Dr. Ludger Volmer






(A)



(B)



(C)



(D)



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1409432600
Herr Staats-
minister, gibt es Forderungen von Beitrittskandidaten
hinsichtlich Übergangsfristen beim Erwerb vom Eigen-
tum an Grund und Boden, und wenn ja, welche Staaten
sind es und wie sehen diese Forderungen aus?

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409432700
Herr Kollege Singhammer, ich muss Sie bitten, ei-
ne schriftliche Beantwortung auf diese Frage zu akzep-
tieren, da mir die entsprechende Übersicht nicht im Au-
genblick vorliegt.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409432800
Ich rufe die Frage
38 des Kollegen Werner Siemann auf:

Wie beurteilt die Bundesregierung die Menschenrechtssitua-tion in den Vereinigten Arabischen Emiraten im Hinblick auf die Voranfrage des Landes zur Lieferung von insgesamt 64 Spür-panzern des Typs Fuchs, und wann wird über eine Lieferung im Bundessicherheitsrat entschieden?

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409432900
Die Prüfung der zusätzlichen Voranfrage für die
Lieferung der Spürpanzer des Typs Fuchs in die Verei-
nigten Arabischen Emirate auf der Grundlage der „Poli-
tischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export
von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern“ in ih-
rer Neufassung vom 19. Januar dieses Jahres ist noch
nicht abgeschlossen. Im Rahmen dieser Prüfung werden
alle für den Ausfuhrantrag wesentlichen Umstände er-
wogen werden, insbesondere auch die Frage der Beach-
tung der Menschenrechte. Es steht noch nicht fest, wann
die Bundesregierung darüber entscheiden wird.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409433000
Zusatzfrage.


Werner Siemann (CDU):
Rede ID: ID1409433100
Herr Staatsminister,
wie pflegt die Bundesregierung mit vom Bundessicher-
heitsrat positiv beschiedenen Voranfragen umzugehen?
Wenn der Bundessicherheitsrat eine Voranfrage positiv
beschieden hat, wird dann auch entsprechend geliefert?

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409433200
Die Voranfrage wird von privatwirtschaftlichen
Unternehmen gestellt. Durch die Voranfrage soll he-
rausgefunden werden, ob sich die Bundesregierung einer
Lieferung entsprechend dem Außenwirtschaftsgesetz in
den Weg stellen wird oder nicht. In dem Moment, in
dem der Bundessicherheitsrat die Voranfrage positiv be-
scheidet, hat das Unternehmen grünes Licht. Ob es dann
wirklich die Lieferung beantragt, ist seine Sache.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409433300
Eine zweite Zusatz-
frage.


Werner Siemann (CDU):
Rede ID: ID1409433400
Herr Staatsminister,
ist Ihnen bekannt, dass der Bundessicherheitsrat hin-
sichtlich 29 von den 64 Spürpanzern, die jetzt geliefert
werden sollten, bereits im Januar 1999 eine Voranfrage
positiv beschieden hat?


(Angelika Beer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das steht doch in jeder Zeitung!)


Nach der Antwort, die Sie gerade gegeben haben,
bedeutet das, dass die Firma, die diese Voranfrage
gestellt hat, 29 Spürpanzer liefern könnte.

D
Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409433500
Sie haben gerade den Beschluss des Bundessicher-
heitsrates vom letzten Jahr richtig zitiert. Wie sich die
Firma jetzt verhält, ist ihre Sache.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409433600
Es gibt keine weite-
ren Zusatzfragen. Damit sind wir am Ende dieses Ge-
schäftsbereichs. Ich danke Ihnen, Herr Staatsminister
Volmer.

Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeri-
ums des Innern auf. Zur Beantwortung steht der Parla-
mentarische Staatssekretär Fritz Rudolf Körper zur
Verfügung.

Ich rufe die Frage 39 des Kollegen Norbert Röttgen
auf:

Ist es der Bundesregierung bekannt, dass seit längerer Zeit im Bereich des Bonner Bundesgrenzschutzpräsidiums West (Standorte Sankt Augustin-Hangelar und Swisttal-Heimerz-heim) im Bundeshaushalt zugewiesene Stellen in erheblichem Umfang, so beispielsweise im Bereich Arbeiter ein Drittel der Stellen, nicht besetzt sind und darüber hinaus ein überdurch-schnittlich hoher Krankenstand besteht, und wie bewertet die Bundesregierung diese Situation?

F
Fritz Rudolf Körper (SPD):
Rede ID: ID1409433700
Lieber Kollege Röttgen, ich bitte
darum, die Fragen 39 und 40 zusammen beantworten zu
dürfen. Ich denke, damit sind Sie einverstanden.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409433800
So ist es – Ich rufe
also auch die Frage 40 des Kollegen Norbert Röttgen
auf:

Beabsichtigt die Bundesregierung, die offenen und für einen geordneten Dienstablauf dringend benötigten Stellen zu besetzen und den überdurchschnittlich hohen Krankenstand zu untersu-chen und diesem entgegenzuwirken, und wenn ja, bis wann?

F
Fritz Rudolf Körper (SPD):
Rede ID: ID1409433900
Es trifft zu, dass in einzelnen
Standorten des BGS nicht alle freien Stellen besetzt
sind. In Swisttal-Heimerzheim und Sankt Augustin-
Hangelar sind von insgesamt 425,5 im Organisations-
und Dienstpostenplan ausgewiesenen Planstellen 88,5
Stellen zurzeit unbesetzt.

Diese Tatsache beruht einerseits auf der im Novem-
ber 1993 noch vom früheren Bundesminister Kanther
angeordneten grundsätzlichen Stellenbesetzungssperre,
deren Ziel es ist, zunächst Personal aus so genannten
Überhangbehörden in Dienststellen und Behörden um-
zusetzen, in denen personelle Vakanzen zu verzeichnen
sind. Dieser Umsetzungsprozess ist nicht abgeschlossen
und wird mit dem Ziel der Haushaltskonsolidierung
konsequent fortgesetzt. Soweit ein Bedarf an Neu-






(A)



(B)



(C)



(D)


einstellungen nachgewiesen wird, werden Ausnahmen
von der Stellenbesetzungssperre zugelassen.

Darüber hinaus resultiert die oben beschriebene Si-
tuation auch aus der noch nicht beendeten personellen
Umsetzung der BGS-Neuorganisation, in deren Rahmen
auch Arbeiter und Angestellte der unteren Lohn- und
Vergütungsgruppen aus den aufgelösten Standorten des
BGS sozial verträglich umgesetzt werden sollen. Dies
setzt eine gewisse Bereitschaft zur Mobilität voraus, die
noch nicht in allen Fällen gegeben ist.

Die Krankenstatistik der Standorte Swisttal-
Heimerzheim und Sankt Augustin im Bereich des Bun-
desgrenzschutzpräsidiums West weist in der Tat einen
Krankenstand aus, der um circa 25 bis 30 Prozent über
den Durchschnitt liegt. Unserer Meinung nach ist dies
darauf zurückzuführen, dass die BGS-Verwaltungs-
stelle im Standort Sankt Augustin circa 20 Prozent mehr
Schwerbehinderte beschäftigt als gesetzlich gefordert.
Hinzu kommt, dass sich die Situation durch weitere
Abwesenheiten aufgrund von Mutterschutz und Erzie-
hungsurlaub noch verschärft.

Das Personaldefizit im Standort Swisttal-Heimerz-
heim ist nicht gravierend. Die krankheitsbedingten Aus-
fälle können daher nicht auf eine Arbeitsüberforderung
zurückgeführt werden. Die Ursachen der krankheitsbe-
dingten Abwesenheit werden derzeit vom zuständigen
Bundesgrenzschutzpräsidium West untersucht.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409434000
Eine Zusatzfrage.


Dr. Norbert Röttgen (CDU):
Rede ID: ID1409434100
Meine Zusatzfrage
bezieht sich darauf, ob Sie nähere Angaben zum Willen
der Bundesregierung machen können, die nicht besetz-
ten Stellen zu besetzen, denn hier gibt es – darauf zielen
auch meine Fragen ab – einen erheblichen Bedarf. Ich
darf darauf hinweisen, worin insbesondere auch die Be-
schäftigten diese dringende Notwendigkeit sehen:

Im Bereich der Arbeiter ist jede dritte Stelle nicht be-
setzt. Sie haben zugestanden, dass der Krankenstand mit
20 Prozent erheblich ist. Wir haben also die Situation,
dass hier jede zweite Stelle nicht besetzt ist. Das führt
dazu, dass – zum Teil über lange Zeiträume, Sie haben
ja auf den Zeitpunkt 1993 rekurriert; es geht also um
jahrelang andauernde Zustände – zum Beispiel Polizei-
vollzugskräfte des BGS, die eine Aufgabe im Bereich
der Sicherheit haben, über einen längeren Zeitraum als
Gärtner, als Möbelpacker oder in der Verwaltung tätig
sind.

Sind Sie nicht auch der Auffassung, dass es unter
dem Gesichtspunkt der sozialen Verantwortung des
Dienstherrn für die Beschäftigten nicht hinnehmbar ist,
dass dies über einen Zeitraum von mehreren Jahren ge-
schieht, ohne dass eine konkrete Perspektive für eine
Veränderung aufgezeigt wird?

Sind Sie nicht zweitens der Auffassung, dass auf die-
se Weise sozusagen heimlich, auf indirektem Wege an
der Aufgabe Sicherheit gespart wird? Denn diejenigen
Polizeivollzugskräfte, die als Gärtner, als Möbelpacker

oder in der Verwaltung tätig sind, können ihrem eigent-
lichen Auftrag nicht nachkommen.

Ich erlaube mir, – es waren zwei Fragen, die ich
schriftlich gestellt habe – drittens die Frage: Teilen Sie
meine rechtliche Einschätzung, dass Polizeivollzugs-
kräften, die über einen langen Zeitraum eine solche
zweckentfremdete Tätigkeit ausüben, in ihrem Recht auf
amtsangemessene Verwendung verletzt sind und damit
auch mit Aussicht auf Erfolg rechtlich gegen diese
Maßnahme vorgehen könnten?

Vierte Zusatzfrage. Sie haben gesagt, es sei vorgese-
hen, aus aufgelösten Dienststellen im Geschäftsbereich
des Bundesministeriums des Innern nachzubesetzen. Es
handelt sich um Dienststellen, die weit entlegen sind, in
Goslar und Gifhorn, soweit der BGS betroffen ist. Hal-
ten Sie es für realistisch anzunehmen, dass eine Nachbe-
setzung bei Teilzeitkräften im Arbeiterbereich etwa ent-
sprechend der Besoldungsgruppe BAT VII, also bei Be-
diensteten mit kleinen Nettogehältern, aus Standorten er-
folgt, die mehrere hundert Kilometer entfernt sind?

F
Fritz Rudolf Körper (SPD):
Rede ID: ID1409434200
Herr Kollege Röttgen, Sie wis-
sen, dass wir uns in einer Neuorganisation des Bundes-
grenzschutzes befinden und dass das auch personelle
Konsequenzen hat. Sie wissen auch, dass wir uns im In-
teresse der Beschäftigten dort, wo es zu Standortauflö-
sungen kommt, gerade für das Tarifpersonal bemühen,
eine Weiterbeschäftigung zu finden, dass das nicht ein-
fach ist, wissen Sie so gut wie ich aber wir müssen uns
darum bemühen.

Zweite Bemerkung zu Ihren Fragen: Es gibt ein Pro-
blem aus der Vergangenheit. Es gibt einen Erlass des
ehemaligen Bundesinnenministers Kanther zur Nichtbe-
setzung von Stellen im BGS außerhalb des Polizeivoll-
zugsbereiches. Dieser wurde Jahr für Jahr konsequent
angewendet – mit der von Ihnen beschriebenen Folge.
Auch ich sage: Es ist nicht gut, dass solche Umstände
eingetreten sind, wie Sie sie geschildert haben, dass bei-
spielsweise ein Polizeivollzugsbeamter gärtnerische Ar-
beiten oder Hausmeistertätigkeiten verrichtet. Aber ich
bitte, bei aller Kritik zu berücksichtigen, warum diese
Defizite in den zurückliegenden Jahren entstanden sind.

Wir haben gerade jetzt eine erste Maßnahme getrof-
fen, indem wir beispielsweise gerade in diesen Berei-
chen ermöglicht haben, notwendig zu besetzende Stellen
auf die verschiedenen Grenzschutzpräsidien zu vertei-
len. Dass damit die Defizite der vergangenen Jahre nicht
mit einem Mal ausgeglichen werden können, ist klar,
aber das Problem ist erkannt. Ich bitte Sie, an die Ursa-
chen zu denken und gemeinsam mit uns zur Verbesse-
rung der Situation beizutragen.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409434300
Die Frage 41 des
Kollegen Wolfgang Börnsen (Börnstrup) wird schriftlich
beantwortet. Damit sind wir am Ende der Fragestunde.
Ich möchte mich dennoch bei den Parlamentarischen
Staatssekretären Diller und Mosdorf bedanken, dass sie
so lange ausgeharrt haben. Aber der Präsident hat keinen

Parl. Staatssekretär Fritz Rudolf Körper






(A)



(B)



(C)



(D)


Ermessensspielraum zur Verlängerung der Fragestunde.
Soweit die Fragen 42 bis 67 nicht zurückgezogen wor-
den sind, werden sie schriftlich beantwortet. Die schrift-
lichen Antworten werden in den Anhang zum Plenarpro-
tokoll aufgenommen.

Ich rufe auf:
Aktuelle Stunde
auf Verlangen der Fraktion der CDU/CSU
Rente und Rentenanpassung entsprechend der

Inflationsrate
Diese Aktuelle Stunde wird zu den Antworten der

Bundesregierung auf die Fragen 7 und 8 gemäß Anla-
ge 5 Nr. 1 b der Richtlinien für die Aktuelle Stunde ver-
langt. Das Wort zur Geschäftsordnung wird nicht ge-
wünscht.

Ich eröffne die Aussprache und gebe dem soeben ins
Plenum eilenden Kollegen Karl-Josef Laumann das
Wort für die CDU/CSU-Fraktion.


(Zuruf von der CDU/CSU: Punktlandung!)



Karl-Josef Laumann (CDU):
Rede ID: ID1409434400
Sehr geehrter
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst
einmal, Herr Bundesminister Riester, möchte ich deut-
lich sagen, dass CDU/CSU natürlich weiterhin mit Ihnen
und den Koalitionsfraktionen zusammen daran arbeiten
wollen, in der Rentenfrage zu einem vernünftigen Kom-
promiss und zu einer dauerhaften Regelung zu kommen,
damit die Rentendiskussion etwas ruhiger wird als sie es
zurzeit ist. Ich darf Ihnen das auch in meiner neuen
Funktion, die ich für die Arbeitsgruppe Arbeit und Sozi-
ales meiner Fraktion habe, ausdrücklich anbieten.

Eines müssen wir aber auch sehen: Seitdem Sie als
Arbeitsminister für die Renten verantwortlich sind, ist es
leider so, dass sich die Meinungen, wie die Renten an-
gepasst werden und worauf sich die Rentner in diesem
Land noch verlassen können, von Monat zu Monat än-
dern. Sie haben im Wahlkampf zusammen mit Ihren po-
litischen Freunden dargelegt, dass der demographische
Faktor, den wir damals eingeführt haben – so stand es
auch in Ihrem Wahlprogramm –, das Rentenniveau so
tief senken würde, dass viele Rentner der Sozialhilfe an-
heim fallen würden.

Sie sind in der Rentenpolitik mit dem Motto, nicht al-
les anders, aber vieles besser zu machen, angetreten. Ich
denke, Sie sind als Koalition nicht deshalb gewählt wor-
den, damit Ihnen die Opposition sagt, wie es weitergeht,
sondern um eigene Konzepte vorzulegen. Was haben Sie
gemacht? Sie haben nach der Bundestagswahl als erste
Handlung in der Rentenpolitik die nettolohnbezogene
Rentenerhöhung, den demographischen Faktor und gro-
ße Teile unserer Rentenreform außer Kraft gesetzt, aber
bis heute – anderthalb Jahre später – noch kein Gesamt-
konzept dafür vorgelegt, wie sie sich die Alterssicherung
in der Bundesrepublik Deutschland vorstellen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Sie haben den Rentnerinnen und Rentnern gesagt:
Wir koppeln für zwei Jahre die Rentenerhöhungen von
der Nettolohnentwicklung ab. Wir haben darüber im
Bundestag offen debattiert, unsere Meinung dazu ken-
nen Sie. Ihre Rentenpolitik ist keine verlässliche Ren-
tenpolitik, sondern eine Rentenpolitik nach Kassenlage.
Sie haben Ihre Abgeordneten mit Berechnungen durch
die Wahlkreise geschickt, wonach es unter der Regie-
rung der CDU/CSU Jahre gegeben habe, in denen die
Preissteigerungsrate durch die Rentenerhöhungen nicht
aufgefangen worden sei. Dies hatte mit der damaligen
Rentensystematik zu tun, wonach die Renten in gleicher
Weise wie die Nettolöhne steigen sollten. Damals gab es
nun einmal eine solche Entwicklung.

Sie haben den Eindruck erweckt, wir garantierten
zumindest, dass die Renten in gleichem Maße wie die
Preise steigen. Jetzt erleben wir, dass die Preissteige-
rungsrate in unserem Land in diesem Jahr wahrschein-
lich bei 1,6 oder 1,8 Prozent liegen wird. Sie nehmen
das vorige Jahr als Bemessungsgrundlage, in dem wir
eine Preissteigerungsrate von 0,6 Prozent hatten. Das
heißt, jeder Rentner in diesem Land verliert durch Ihre
Politik 1 Prozent Kaufkraft. Dafür tragen Sie die Ver-
antwortung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Sie tragen auch dafür die Verantwortung, dass die

Rentner durch die Ökosteuer belastet werden, dies aber
bei den Rentenerhöhungen, für dieses Jahr, weil die
Ökosteuer in diesem Jahr erst richtig greift, kaum eine
Rolle spielen wird. Die Rentner werden auf diese Weise
zwei Mal zur Kasse gebeten: zum einen, indem sie die
Ökosteuer zahlen müssen, und zum anderen, indem sich
diese nach dem Modell bei den Rentenerhöhungen nicht
auswirken wird.

Um es auf den Punkt zu bringen – dies muss in der
deutschen Öffentlichkeit deutlich werden –: Sie sind,
was Rentenerhöhungen angeht, für eine Trickserei ver-
antwortlich und mit dieser Trickserei fördern Sie weder
die Verlässlichkeit der Rentenversicherung noch das
Vertrauen in sie. Das gilt sowohl für die ältere als auch
für die jüngere Generation. Deswegen möchte ich Sie
auffordern, möglichst schnell in die Öffentlichkeit zu
treten und zumindest zuzugeben, dass es ein ganz großer
Fehler war, den demographischen Faktor und damit eine
berechenbare Grundlage dafür, wie sich das Rentenni-
veau in den nächsten Jahren in Deutschland einpendeln
wird, außer Kraft zu setzen.

Schönen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409434500
Für die SPD-
Fraktion gebe ich dem Kollegen Adolf Ostertag das
Wort.


Adolf Ostertag (SPD):
Rede ID: ID1409434600
Herr Präsident! Meine sehr
verehrten Damen und Herren! Herr Laumann, ich kann
anknüpfen: Endlich haben wir Verabredungen getroffen,
damit es Rentenkonsensgespräche gibt. Das ist richtig.

Vizepräsident Rudolf Seiters






(A)



(B)



(C)



(D)


Dafür ist es höchste Zeit geworden, damit die ständige
Verunsicherung in diesem Land endlich beendet werden
kann.

Die Ziele unserer Rentenstrukturreform sind klar. Sie
sind seit Monaten auch Ihnen bekannt: Wir wollen einen
stabilen Beitragssatz für die Arbeitnehmerinnen und Ar-
beitnehmer und natürlich auch für die Unternehmen, wir
wollen eine langfristige Finanzierbarkeit der Rentenver-
sicherung zu akzeptablen Bedingungen, wir wollen eine
den Lebensstandard sichernde Alterssicherung aufrecht-
erhalten und wir wollen die Altersarmut bekämpfen.

Zur Stabilisierung der Rentenkasse und im Sinne von
Generationengerechtigkeit haben diese Regierung und
die sie tragende Koalition in den letzten 15, 16 Monaten
schon viel getan. Daran müssen Sie anscheinend immer
wieder erinnert werden: Wir haben die Sozialversiche-
rungspflicht für die 630-Mark-Jobs eingeführt. Es war
schwer, aber es war richtig; das zeigt sich von Monat zu
Monat mehr.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Ina Lenke [F.D.P.]: Es war falsch!)


Ebenso war die Einbeziehung der Scheinselbstständi-
gen richtig. Wir haben versicherungsfremde Leistungen,
die Kindererziehungszeiten und die einigungsbedingten
Kosten, aus der Rentenkasse herausgenommen. Wie Sie
wissen, haben wir darüber jahrelang diskutiert und es
immer wieder gefordert; doch Sie haben sich keinen
Millimeter bewegt. Was wir getan haben, war genau
richtig, und es geschah zum richtigen Zeitpunkt. Wir
haben den Beitrag zur Rentenversicherung in zwei
Schritten gesenkt. Wahrscheinlich haben Sie auch das
nicht registriert. Bei Ihnen ist er über Jahrzehnte ständig
gestiegen.


(Ulla Schmidt [Aachen] [SPD]: Jawohl!)

Das Ergebnis dieser Politik sehen wir ja: Wir haben

seit 1994 endlich wieder die gesetzlich vorgesehene
Schwankungsreserve von einem Monat in der Renten-
kasse.


(Beifall bei der SPD – Ulla Schmidt [Aachen] [SPD]: Das habt ihr alles verpulvert!)


Das heißt, wir sind, was die Rente angeht, auf einem gu-
ten Weg.

Trotzdem müssen wir feststellen, dass die gegenwär-
tige Diskussion natürlich zur allgemeinen Verunsiche-
rung beigetragen hat.


(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Nicht die Diskussion, sondern die Regierung!)


Das ist nicht zu bestreiten. Laut einer Umfrage von For-
sa glauben nur noch 15 Prozent der Befragten, dass die
Renten langfristig gesichert seien, während 70 Prozent
der Meinung sind, dass die Zukunft der Renten unsicher
sei.

Da repräsentative Umfragen bekanntlich nicht die
volkswirtschaftlichen Zusammenhänge überprüfen, son-
dern lediglich Stimmungslagen abfragen, kann man

schon sagen, dass sich hierin die parteipolitische Aus-
einandersetzung um die anstehenden Maßnahmen zur
Rentenreform niederschlägt. Ich glaube, das ist nicht
verwunderlich.

Im Wesentlichen sind dafür zwei Entwicklungen ver-
antwortlich:

Erstens: Ihre Verunsicherungstaktik der letzten Mo-
nate


(Widerspruch bei der CDU/CSU – Friedrich Merz [CDU/CSU]: Das ist ja nicht zu glauben!)


– natürlich –, die nicht die Interessen der Menschen in
den Mittelpunkt stellt, sondern vor allen Dingen ein
kurzfristiges Ablenkungsmanöver war. Sie steht für die
konzeptionelle Hilflosigkeit, die Sie in den letzten Mo-
naten an den Tag gelegt haben.


(Beifall bei der SPD)

Es gab immer nur Effekthascherei anstelle der Bereit-
schaft zu einem breiten Konsens. Ihre Politik war mit
Polemik, aber nicht mit Inhalten verbunden. Ich glaube,
das rächt sich.

Zweitens. Sie haben über viele Jahre eine Rentenpoli-
tik praktiziert, die letzten Endes den über Jahrzehnte
vorhandenen Rentenkonsens aufgehoben hat. Ihr Sün-
denregister aus der Entwicklung der letzten Jahre ist be-
kannt. Ich will das im Einzelnen nicht aufzählen. Ich
möchte nur daran erinnern, dass wir noch 1992 ein ge-
meinsames Konzept gefunden haben; diesen Konsens
haben Sie aber 1996 durch die Anhebung des Rentenein-
trittsalters für Arbeitslose aufgekündigt. Sie haben im
Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz mit
der Heraufsetzung der Altersgrenzen und der reduzierten
Bewertung von Anrechnungszeiten besonders ein-
schneidende Verschlechterungen vorgenommen. Im
Rentenreformgesetz des Jahres 1999, mit dem der so ge-
nannte demographische Faktor eingeführt worden ist,
haben Sie massive Verschlechterungen bei den Er-
werbsminderungsrenten durchgesetzt. – Diese Aufzäh-
lung ist beliebig verlängerbar. Sie sollten sich an diese
Maßnahmen erinnern.

Jetzt haben Sie endlich begriffen, dass die großen
Parteien im Rentenbereich zusammenarbeiten sollten,
und sind an einen „Rententisch“ zurückgekehrt. Aller-
dings bin ich davon überzeugt, dass sich Ihr derzeitiges
Vorgehen, an einem Tisch zu sitzen und gleichzeitig ge-
gen die Regierung zu polemisieren, langfristig für Sie
nicht auszahlen wird.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Sie behaupten, wir wollten die Renten kürzen. Wir kür-
zen die Renten nicht, wir passen sie vielmehr in diesen
zwei Jahren, wie seit Monaten angekündigt und be-
schlossen, an die Preissteigerungsrate an. Das heißt, die
Renten steigen weiterhin.

Im Übrigen sei darauf verwiesen, dass die Rentenan-
passung seit 1994 beständig unterhalb der Inflationsrate
lag. Auch dazu müssten Sie sich bekennen; darüber

Adolf Ostertag






(A)



(B)



(C)



(D)


sollten Sie nicht hinwegreden. Die damalige Regie-
rungspolitik – und nicht nur die damalige Rentenfor-
mel – war daran schuld; denn Sie haben das Niveau der
Arbeitnehmereinkommen durch eine ganze Reihe von
Maßnahmen nach unten gedrückt. Ich habe ja soeben auf
Gesetze verwiesen, die Sie in diesen Jahren durchgesetzt
haben. Das hat sich im Rahmen der Nettolohnorientie-
rung bei den Rentnerinnen und Rentnern niedergeschla-
gen. Dies hatte letzten Endes zur Folge, dass die Renten-
steigerungen seit 1995 immer unterhalb der Inflationsra-
te lagen. Erst im Jahre 1999 lag die Rentensteigerung
wieder darüber, wie Sie wissen.

Im Rahmen der heutigen Debatte ist festzustellen –
auch in der Fragestunde war das schon zu hören –:
Wenn wir den von Ihnen beschlossenen Demogra-
phiefaktor nicht ausgesetzt hätten, dann wäre im ver-
gangenen Jahr die Steigerung der Renten wesentlich ge-
ringer ausgefallen. Sie hätte dann nicht bei 1,34, sondern
nur bei 0,82 Prozent gelegen.

Meine Damen und Herren, wir haben einen guten
Weg beschritten. Ich bin der Meinung, dass die zeitnahe
Anpassung, so wie wir sie jetzt vorsehen, richtig ist.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409434700
Herr Kollege, Sie
müssen jetzt zum Schluss kommen.


Adolf Ostertag (SPD):
Rede ID: ID1409434800
Noch ein paar Sätze.

(Widerspruch bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Bekennen Sie sich endlich zu Ihrer Politik! Akzeptie-

ren Sie das, was Sie in der Vergangenheit getan haben,
nämlich wie die Renten berechnet wurden. Auch wir ha-
ben keine anderen Programme. Dieselben Menschen, die
bei Ihnen 16 Jahre lang gerechnet haben, rechnen noch
immer im zuständigen Ministerium. Lenken Sie nicht
ab, sondern arbeiten Sie mit; denn die Rentenpolitik der
Bundesregierung ist verantwortungsvoll, langfristig be-
zahlbar und natürlich auch zukunftsgerichtet. Von daher
meine ich: Nach vielen Jahren tun wir wieder etwas für
die Generationengerechtigkeit.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409434900
Für die Fraktion der
F.D.P. spricht die Kollegin Dr. Irmgard Schwaetzer.


Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer (FDP):
Rede ID: ID1409435000
Herr Präsident!
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben überhaupt
kein Problem damit, uns zu dem zu bekennen, was wir
in der Vergangenheit beschlossen haben.


(Beifall bei der F.D.P.)

Denn auch die Ausführungen der Bundesregierung in
der Fragestunde zeigen, dass der Weg, den wir einge-
schlagen hatten und den Sie nach Übernahme der Regie-

rung außer Kraft gesetzt haben, der bessere gewesen wä-
re.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

Dieser Weg hätte nämlich nicht zur Verunsicherung der
Rentner geführt, sondern wäre ein solider Weg zur Sta-
bilisierung der Rentenversicherung gewesen.

Die Rentenanpassung nach der Inflationsrate, die Sie
jetzt beschlossen haben, ist nur Stückwerk. Das kam in
den Antworten, die die Bundesregierung heute gegeben
hat, sehr stark zum Ausdruck. Die für die Jahre 2000
und 2001 vorgesehene Anpassung der Renten an die In-
flationsrate ist ein Fehler.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

Auch in Ihren Reihen wird schon darüber diskutiert.
Denn auch Sie wissen, dass eine Stabilisierung der Ren-
tenversicherung mit der Weiterführung dessen, was die
alte Koalition auf den Weg gebracht hat, besser hätte er-
reicht werden können.

Wenn Sie im Jahre 2000 nicht einmal Ihre Ankündi-
gung wahr machen können, das heißt, wenn Sie den
Rentnern, wie Sie es gesagt haben, nicht einmal den In-
flationsausgleich gewähren, dann haben Sie das entge-
gen Ihren Entscheidungen bewirkt. In diesem Jahr zei-
gen sich nämlich angesichts der Erhöhung der Energie-
preise die Auswirkungen Ihrer Ökosteuer ganz deutlich.
Das heißt, Sie können – das merken Sie – den Kuchen,
den Sie verteilen wollen, nicht vorher selber essen. Dann
funktioniert das einfach nicht.


(Zuruf von der F.D.P.: Richtig!)

Deswegen dämmert es Ihnen jetzt vielleicht, dass die
Beibehaltung des Demographiefaktors einfach besser
gewesen wäre.


(Beifall bei der F.D.P. – Ulla Schmidt [Aachen] [SPD]: Nein, das stimmt nicht!)


Herr Ostertag, ich habe zu Anfang schon gesagt: Wir
haben kein Problem damit, uns zu unserer Vergangen-
heit zu bekennen. Aber wenn Sie hier sagen – Sie haben
das Ganze beschlossen; wir haben aber ja wohl das
Recht, dies zu kommentieren –, dass unsere Kommenta-
re, nicht aber der Unsinn, den Sie beschlossen haben,
dazu geführt hätten, dass die Rentner verunsichert sind,
dann verwechseln Sie wirklich Ursache und Wirkung.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

Ich finde es einfach nicht in Ordnung, dass Sie sich nicht
zu Ihren Taten bekennen. Das sollten Sie wirklich tun.
Sie haben den Vorschlag dieser völlig unsystematischen
Anpassung der Renten an die Inflationsrate in die Dis-
kussion gebracht.

Ich möchte Ihnen noch etwas anderes sagen: Sie sa-
gen, dass die Renten seit 1994 mehrfach an ein Niveau
unterhalb der Inflationsrate angepasst wurden. Das ist
richtig. Aber diese Anpassung galt auch für die Ein-
kommen der Arbeitnehmer.


(Horst Seehofer [CDU/CSU]: So ist es!)


Adolf Ostertag






(A)



(B)



(C)



(D)


Im Jahre 2000 haben Arbeitnehmer im Vergleich zur In-
flationsrate eine deutlich höhere Einkommenssteigerung.


(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das ist der Unterschied: Sie stellen die Rentner schlech-
ter als die Arbeitnehmer, während die Rentner nach un-
serem Vorschlag in gleichem Ausmaß wie die Arbeit-
nehmer an den wirtschaftlichen Schwierigkeiten betei-
ligt würden.


(Zuruf von der F.D.P.: Da hat sie Recht, die Frau Schwaetzer!)


Ich finde, diese Aktuelle Stunde führt uns nicht wei-
ter, weil zu viele Schlachten der Vergangenheit geschla-
gen werden.


(Beifall der Abg. Katrin Dagmar GöringEckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Für den Auslöser mögen die Kolleginnen und Kollegen
der Union die Verantwortung übernehmen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Die übernehmen wir!)


Ich sehe den hohen Wert dieser Aktuellen Stunde nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Es wäre wichtiger, dass wir uns darüber unterhalten, wie
wir die Zukunft gestalten. Wir befinden uns in den Kon-
sensgesprächen.


(Roland Claus [PDS]: Das merkt man!)

Ich begrüße es, dass nun auch die Union die Zahlenbasis
akzeptiert und bereit ist, über die sachlichen Rahmenbe-
dingungen der Umgestaltung zu sprechen, wenn auch
noch nicht zu verhandeln. Wir könnten schon verhan-
deln, aber daraus wird vor dem 14. Mai dieses Jahres
nichts.

Besprechen wir also – das ist ja auch sinnvoll – die
Rahmenbedingungen, unter denen die Rente zukünftig
gestaltet werden soll. Auch diese Diskussion hat ihren
Wert und ihre Wichtigkeit. Ich möchte aus unserer Sicht
betonen, dass wir es sehr begrüßen, dass innerhalb der
vier größten Fraktionen hier im Hause inzwischen ein
Konsens dahin gehend hergestellt ist, dass wir die Statik
innerhalb der drei Säulen der Alterssicherung neu austa-
rieren müssen.


(Zuruf von der F.D.P.: Sehr richtig!)

Wir müssen die gesetzliche Rentenversicherung zu-

rücknehmen, weil die Beiträge für die jüngere Generati-
on sonst einfach nicht mehr zu leisten wären.


(Beifall bei der F.D.P.)

Wir müssen die Säule der privaten Altersvorsorge und
die Säule der betrieblichen Altersvorsorge stärken.


(Beifall bei Abgeordneten der F.D.P.)

Das heißt, wir müssen endlich die Effizienz der Kapi-
talmärkte auch für die Altersvorsorge der nächsten

Rentnergenerationen in unsere Überlegungen und Ent-
scheidungen mit einbeziehen. Das ist der Kernpunkt.


(Beifall bei der F.D.P.)

Darüber hinaus müssen wir eine eigenständige Alterssi-
cherung für Frauen beschließen. Meine Damen und Her-
ren, ich glaube, wenn uns dies gelingt, dann haben wir
wirklich etwas für die Zukunft und auch für die Genera-
tionengerechtigkeit getan. Ich denke, wir alle sollten
daran mitwirken.

Danke.

(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordne ten der CDU/CSU)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409435100
Für die Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen spricht die Kollegin Katrin
Dagmar Göring-Eckardt.


(BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Kollegen! Herr Laumann, ich finde, man muss sich ent-
scheiden: entweder konstruktiv Rentengespräche führen
oder destruktiv eine neue Auflage von der Nummer mit
der Rentenlüge befördern.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Worauf gründet dies und was wollen Sie uns eigent-
lich sagen? Wir sollen die Renten entsprechend der für
das Jahr 2000 geltenden Inflationsrate anpassen. Sie alle
haben ganz genau vor Augen, dass dies nicht geht und
dass es die einzig sinnvolle und vernünftige Variante ist,
so wie bisher immer vorzugehen und die Rentenanpas-
sung entsprechend der Entwicklung des vergangenen
Jahres vorzunehmen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Na, na! So war es noch nie!)


Dies ist die einzige tatsächlich verlässliche Orientie-
rung.

Man fragt sich schon – diese Frage müssen Sie ein-
mal beantworten –, was Sie sagen würden, wenn die In-
flationsrate jetzt höher wäre. Dann würden Sie wahr-
scheinlich sagen: Rentenlüge – die Regierung gibt jetzt
mehr. Dies müssen Sie in der Konsequenz und in der
Logik dessen, was Sie da sagen, beantworten.

Herr Laumann, für mich ist das einzig und allein Po-
pulismus. Man kann doch nicht auf der einen Seite sa-
gen, es gebe einen riesigen Reformbedarf hinsichtlich
der Rente – am liebsten möchten Sie jede Woche noch
dramatischere Zahlen vorlegen –, und auf der anderen
Seite im gleichen Atemzug die Debatte nach dem Motto
anzetteln: Auch in diesem Jahr könnten wir noch eines
drauflegen.

Damit Sie mich bitte nicht falsch verstehen: Natürlich
haben wir einen extrem hohen Reformbedarf. Aus mei-
ner Sicht muss er mit aller Klarheit beschrieben werden.
Vor allen Dingen aber müssen die richtigen Konsequen-

Dr. Irmgard Schwaetzer






(A)



(B)



(C)



(D)


zen gezogen werden. Ich möchte einfach wissen,
was Sie in diesem Zusammenhang für Vorschläge ha-
ben. Diese liegen nämlich immer noch nicht auf dem
Tisch.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Sie liegen auf dem Tisch!)


Ich will klar sagen, dass ich überhaupt keine Lust ha-
be, mich Ihrer Art von Wahlkampfrhetorik anzuschlie-
ßen, Ihnen also vorzuwerfen, was Sie vielleicht jahre-
lang versäumt haben, Ihnen darzulegen, dass die Situati-
on in der Rentenversicherung, vor der wir heute stehen,
eben nicht vom Himmel gefallen ist, sondern aufgrund
Ihrer Ignoranz in Ihrer Regierungszeit entstanden ist.


(Zuruf von der CDU/CSU: Oh!)

Sie müssen sich schon fragen lassen, ob man nicht

angesichts der Tatsache, dass meine Generation mit dem
Satz „Die Rente ist sicher“ aufgewachsen ist, dass aber
dieser Satz eben nicht stimmt und nicht der Wahrheit
entspricht, von einer Rentenlüge sprechen sollte.


(Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Ihre Rede ist weit von der Wahrheit entfernt! – Aribert Wolf [CDU/CSU]: „Unanständig“ habe ich noch im Ohr!)


Liegt im Moment nicht eine Situation vor, die dazu
führt, dass die junge Generation sehr verunsichert ist?
Sie ist verunsichert über die Art und Weise, wie die De-
batte geführt wird.


(Aribert Wolf [CDU/CSU]: Über Ihre Politik!)

Sie ist verunsichert aufgrund der Frage, ob sie aus die-
sem System jemals eine für ihr Leben angemessene Al-
tersversorgung bekommt. Dass die junge Generation
verunsichert ist, zeigt sich unter anderem darin, dass
schon lange zuvor, schon während Ihrer Regierungszeit,
junge Menschen gesagt haben: Darauf verlasse ich mich
nicht mehr; ich will privat vorsorgen.

Wir wollen jetzt – ich dachte eigentlich, dass wir das
gemeinsam machen – auf diese Entwicklung reagieren.
Wir brauchen zukünftig mehrere Säulen in der Alters-
versorgung. Frau Schwaetzer hat diesen Punkt schon
angesprochen. Wir wollen, dass die Altersversorgung
generationenfest ist, und wir wollen die demographische
Entwicklung in unsere Überlegungen einbeziehen.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Hätten Sie es so gelassen, wie es war! – Aribert Wolf [CDU/CSU]: Warum haben Sie es aufgehoben?)


Wir wollen vor allen Dingen ein System, in dem sich al-
le, Jung und Alt, darauf verlassen können, dass sie am
Ende eine Altersversorgung haben, von der sie leben
können und die ihrer Lebensleistung entspricht, und dass
sie nicht von Armut betroffen sind.

Ich habe verdammt wenig Lust, die alten Geschichten
aufzuwärmen.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Das denke ich mir! Das werden wir nachholen!)


Das ist platter Wahlkampf, dem die Sachpolitik wieder
einmal zum Opfer fällt. Ich frage mich aber schon:
Wem, glauben Sie, nützt das? Meinen Sie, dass es den
Alten nützt, denen Sie möglicherweise versprechen wol-
len, dass sie mehr bekommen – übrigens mehr, als in Ih-
ren alten Vorschlägen vorgesehen war? Meinen Sie,
dass es den Jungen nützt, die Sie weiter verunsichern? In
meinen Augen führt diese Art von Kampagnen nur zu
einem: Niemand glaubt mehr an Ihren ernsthaften Wil-
len, tatsächlich Lösungen zu finden, die den Ausgleich
zwischen den Generationen herstellen, Lösungen, die
Alt und Jung wieder zusammenbringen und die in Zu-
kunft die Existenz der sozialen Systeme sicherstellen.

Ich würde mir wünschen, dass wir als Politiker in der
Lage sind, einen anderen Stil als den der populistischen
Auseinandersetzung zu fahren.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Ah ja!)

– Ja. – Das Problem ist weiß Gott so gravierend, dass
wir uns als Entscheidungsträger zusammenraufen soll-
ten. Ich persönlich denke, dass das allen nützen würde.

Den Streit, den wir heute auf Ihren Wunsch hin hier
ausfechten, nimmt uns niemand mehr als sachlichen
Streit ab. Jeder wird diesen Streit als reines Wahlkampf-
getöse durchschauen. Lassen Sie uns doch verdammt
noch mal um die besten Konzepte streiten und nicht um
die lautesten Auftritte in einer Aktuellen Stunde!


(Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Dafür müssen Sie erst einmal eines vorlegen!)


Lassen Sie mich noch einmal klarstellen: Wir kürzen
den Rentnern nicht ihre erarbeitete Rente.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Es wird nur weniger!)


Diese Sicherheit haben sie und werden sie weiterhin ha-
ben. Wir müssen aber auch sehen, dass es den berechtig-
ten Wunsch der Jungen nach Sicherheit und den Wunsch
gibt, dass ihre Belastungen nicht weiter steigen und sie
selbst mit einer adäquaten Alterssicherung rechnen kön-
nen.

Für diese Art der Generationengerechtigkeit stehen
Bündnis 90/Die Grünen. Darum werden wir auf sachli-
chem Niveau streiten. Ich hoffe, dass wir die Zusam-
menarbeit auf dieser Ebene fortsetzen können. Ich hoffe
vor allen Dingen, dass Sie es wirklich noch wollen.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Aribert Wolf [CDU/CSU]: Wo ist das Konzept?)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409435200
Für die Fraktion der
PDS spricht die Kollegin Monika Balt.


Monika Balt (PDS):
Rede ID: ID1409435300
Sehr geehrter Herr Präsident!
Meine Damen und Herren! Wenn das der so viel geprie-
sene Konsens ist, der uns heute vorgeführt wird, dann
kommen mir so langsam Zweifel.

Katrin Dagmar Göring-Eckardt






(A)



(B)



(C)



(D)



(Beifall bei der PDS)

Die Rentenkonsensgespräche werden aus unserer Sicht
immer dubioser. Erst wird die PDS als einzige der Frak-
tionen im Bundestag und damit die von ihr vertretenen
Wählerinnen und Wähler von den Rentenkonsensge-
sprächen ausgeschlossen und ausgegrenzt. Und dann
vereinbart man noch, dass die Öffentlichkeit über den
jeweiligen Verlauf der Gespräche erst gar nicht mehr in-
formiert wird. Das ist eher ein politischer Skandal.

Diese Gespräche mutieren zu Geheimgesprächen.
Das kann doch nicht Praxis demokratischer Gesellschaft
sein.


(Beifall bei der PDS)

Wenn dann doch etwas veröffentlicht wird, ist es garan-
tiert ein neuer Vorschlag, wie das Rentenniveau gekürzt
werden kann, ohne dass es draußen jemand bemerkt.
Auch der neue Vorschlag von Arbeitsminister Riester,
Beiträge zur privaten Altersvorsorge vom Bruttolohn
abzuziehen, ist dahin gehend zu bewerten. Er ist nicht
mehr als ein billiger Taschenspielertrick, mit dessen Hil-
fe das durchschnittliche Nettoeinkommen sinkt und
gleichzeitig der Rentenanstieg begrenzt wird.

Grundsätzlich haben alle Parteien, die an den Renten-
konsensgesprächen beteiligt sind, nur die Ausgabenseite
im Kopf. Dass es auch eine Einnahmenseite gibt, schei-
nen sie völlig zu ignorieren. Die PDS ist die einzige Par-
tei, die sich über die Einnahmenseite der gesetzlichen
Rentenversicherung ernsthafte Gedanken macht.

In unseren kürzlich der Öffentlichkeit vorgestellten
Eckpunkten eines Rentenreformkonzeptes schlagen wir
unter anderem vor, den versicherten Personenkreis all-
mählich auf die gesamte erwachsene Bevölkerung aus-
zudehnen. So wollen wir zukünftig Beamte und Selbst-
ständige einschließlich Minister und uns Abgeordnete in
die gesetzliche Rentenversicherung mit einbeziehen. In
einem ersten Schritt wollen wir die Beitragsbemes-
sungsgrenze anheben; gleichzeitig sollen die daraus re-
sultierenden zusätzlichen Rentenansprüche nur noch de-
gressiv steigen. Darüber hinaus schlagen wir vor, den
Beitrag der Arbeitgeber auf eine Wertschöpfungsabgabe
der Unternehmen umzustellen. Die Unternehmen sollen
sich entsprechend ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähig-
keit beteiligen. So werden zum Beispiel arbeitsintensive-
re Betriebe gegenüber den kapitalintensiven Betrieben
entlastet. Das würde nicht nur zu beträchtlichen Mehr-
einnahmen in der gesetzlichen Rentenversicherung füh-
ren, sondern auch zu einer für Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer spürbaren Senkung des Beitragssatzes.
Das ist wohl in unser aller Sinne.


(Beifall bei der PDS)

Das, was die Regierungsfraktionen und die CDU/

CSU betreiben, ist letztlich nichts anderes, als das Ver-
trauen der jungen Generation in die Rentenversicherung
ganz und gar zu erschüttern. Denn wenn das Rentenni-
veau sinkt, kann die Attraktivität der Rentenversiche-
rung nur abnehmen. Wenn aber die gesetzliche Renten-
versicherung eine Zukunft haben soll, dürfen die Leis-

tungen nicht ständig beschnitten werden. Wir fordern
die sofortige Rückkehr zur Nettolohnanpassung.


(Beifall bei der PDS)

Minister Riester macht zwar einen richtigen Schritt in

die Richtung einer bedarfsorientierten sozialen Grund-
sicherung zur Verhinderung von Altersarmut. Was dabei
herauskommt und angedacht ist, ist allerdings nichts an-
deres als ein unbürokratischeres Auszahlen einer Sozial-
hilfe. So können wir Altersarmut nicht verhindern. Denn
das soziokulturelle Existenzminimum ist weitaus höher
anzusiedeln, nämlich bei mindestens 50 Prozent des
durchschnittlichen Nettoeinkommens.


(Beifall des Abg. Dr. Ilja Seifert [PDS])

Meine Damen und Herren, vor allem Frauen weisen

vielfältig unterbrochene Erwerbsbiografien auf. Deren
Folge sind natürlich niedrigere Rentenansprüche. Von
den unsteten Erwerbsbiografien werden aber auch in
Zukunft die Männer betroffen sein. Wir als PDS plädie-
ren für eine allmähliche Umwandlung der Hinterbliebe-
nenrente in eigenständige Ansprüche für Männer und
Frauen. Dazu könnte die Einführung eines Grundbetra-
ges in der gesetzlichen Rente dienen. Das könnte im
Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung geregelt
werden und würde dann bedeuten, dass alle, die in der
GRV 35 Jahre beitragspflichtig angesiedelt und zugehö-
rig sind, einen Mindestentgeltpunktebetrag erhalten, so-
zusagen als Joker.
Nach den Vorstellungen des Arbeitsministeriums soll
die vollständige Angleichung der Ostrenten an das
Westniveau erst bis zum Jahre 2030 erfolgen. Dies hal-
ten wir für völlig unakzeptabel.


(Dr. Ilja Seifert [PDS]: Jawohl!)

Deshalb schlagen wir vor, diese Zeitspanne auf einen
überschaubaren Horizont von zehn Jahren zu verkürzen.

Durch die zukünftige allgemeine Anhebung der Al-
tersgrenze auf 65 Jahre wird zum Beispiel die Attraktivi-
tät der gesetzlichen Rentenversicherung weiter beschnit-
ten. Im Gegensatz zu allen anderen Parteien wollen wir
die Altersgrenze flexibel gestalten. So könnte ein frühe-
rer Renteneintritt von der Summe der Beitragsjahre ab-
hängig gemacht werden.

Letztlich: Ziel der gesetzlichen Rentenversicherung
muss es bleiben, ein normales Leben für das Alter zu si-
chern. Dieses Ziel muss für alle Versicherten ohne zu-
sätzliche private Anstrengung erreichbar sein. Deshalb
hält die PDS konsequent an der beitragsorientierten, um-
lagefinanzierten gesetzlichen Rentenversicherung fest,
die sich explizit als Vertrag der Generationensolidarität
versteht.

Danke.

(Beifall bei der PDS)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409435400
Für die Bundesre-
gierung spricht nunmehr der Bundesminister für Arbeit
und Sozialordnung, Walter Riester.

Monika Balt






(A)



(B)



(C)



(D)


Walter Riester, Bundesminister für Arbeit und Sozi-
alordnung: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen
und Herren! Frau Schwaetzer, ich möchte zuerst Sie an-
sprechen. Wir haben sicherlich in vielen Punkten unter-
schiedliche Auffassungen. Ich habe Ihnen heute inner-
lich aber sehr zugestimmt, als Sie sagten, diese Aktuelle
Stunde wäre dann, wenn sie nicht genutzt würde, um
nach vorn zu blicken, umsonst.

Ich will deshalb keinen weiten Blick zurückwerfen,
weil wir uns dann, wenn wir es täten, alle – ich sage
jetzt bewusst „alle“ –, die an Reformen mitgewirkt ha-
ben, eingestehen müssten, dass die Reformen in der
Vergangenheit in Bezug auf die Langfristzielsetzung,
die Alterssicherung langfristig auszurichten, unzurei-
chend – um es einmal vorsichtig zu sagen – waren. Sie
haben nicht ausgereicht. Deswegen sind wir nun gerade
dabei, das zu ändern.

Aber es passt vielleicht hierher, eine erste Zwischen-
bilanz zu ziehen, und dazu will ich einen kurzen Aus-
blick geben. Die Zwischenbilanz gilt den Fragen: Wo
stehen heute – nach der jetzt diskutierten Rentenerhö-
hung – ab dem 1. Juli die Rentner, wo stehen die Bei-
tragszahler, wo steht das Rentenversicherungssystem? –
Es mag Sie vielleicht überraschen: Wenn wir die so ge-
nannte Standardrente nehmen, so liegt sie am 1. Juli fast
exakt bei dem gleichen Betrag, ob man den Demogra-
phieabschlag genommen hätte oder die Rentenerhöhung
des letzten Jahres und die in diesem Jahr zusammen-
zählt. Die Differenz beträgt genau 2,58 DM. Dort kann
also bei aktueller Betrachtung nicht das Problem liegen.

Betrachten wir die Beitragszahler! Bei den Beitrags-
zahlern ist der Beitrag um 1 Prozentpunkt abgesenkt
worden. Wenn wir den Gesamtverlauf sehen, gilt: Ohne
die Ökosteuer und bei einer Weiterentwicklung des Bei-
trages ohne die Maßnahmen des letzten Jahres wären
wir sogar 1,1 Prozentpunkte auseinander. Das sind ins-
gesamt 16,5 Milliarden DM, um die die Beitragszahler
und die Betriebe entlastet worden sind.

Nun betrachten wir das Rentenversicherungssystem.
Dabei will ich das, was ich jetzt sage, nicht als Vorwurf
gewertet wissen; es ist ein schlichter Fakt. Als die neue
Regierung angetreten ist, hat das Rentenversicherungs-
system noch Rücklagen von 21 Tagen gehabt. Das Ge-
setz fordert mindestens eine Rücklage von einem Monat.
Wir haben dieser Rücklage im letzten Jahr 8,4 Milliar-
den DM zugeführt und das Rentenversicherungssystem
steht seit 1994 erstmals wieder auf der Grundlage der
vom Gesetz geforderten Schwankungsreserve. Diese
Zwischenbilanz ist also – so möchte ich zuerst einmal
sagen – eine stabile und gesunde Zwischenbilanz.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Trotzdem, meine Damen und Herren, reicht es nicht
aus. Das ist ein erster Schritt. Es muss weitergehen.
Deswegen begrüße ich, dass wir in einen partei-
übergreifenden Konsens hinsichtlich der Stabilisierung
der Alterssicherung eintreten. Dazu gehört in der Tat,
dass die Sozialversicherungsrente ergänzt – ich betone
„ergänzt“ – werden muss durch eine breitere Eigenvor-

sorge, eine breitere Entfaltung der betrieblichen Alters-
vorsorge – wenn es geht; das ist auch eine Frage der
steuerlichen Möglichkeiten – und dazu gehört, dass wir
aus schmalen Strängen wirkliche stabile Säulen machen.
An dem Problem arbeiten wir und das wird einer der
nächsten Punkte sein, die in den gemeinsamen Renten-
konsensgesprächen aufgenommen werden.

Nur, dabei können wir nicht stehen bleiben. Wir ha-
ben uns darauf verständigt, dass wir versuchen wollen,
den Zeitraum von 30 Jahren zu klären und zu regeln –
einen Zeitraum, wie er noch nie in einer Rentenreform
angegangen worden ist. Ich glaube, das ist ein sehr ehr-
geiziges Ziel, und ich würde mich wirklich freuen, wenn
wir im Verlaufe dieses Jahres sagen könnten: Für diesen
Zeitraum können wir über die voraussichtliche Entwick-
lung des Beitrages und über die voraussichtliche Ent-
wicklung des Rentenniveaus Auskunft geben.
Aber auch das reicht noch nicht. Ich gebe Ihnen Recht,
dass die jetzige Hinterbliebenenrente sicherlich nicht
den Ansprüchen aller Lebensgemeinschaften gerecht
wird. Deswegen wollen wir zwar bei den jetzigen Wit-
wern und Witwen sowie bei den zurzeit Verheirateten,
von denen mindestens einer 40 Jahre ist, nichts ändern,
weil man sich auf neue Systeme nur schwer einstellen
kann. Aber wir möchten für die Jungen neue Systeme
entwickeln. Wir möchten in diesen Systemen Kinderer-
ziehung und Kinderbetreuung besser berücksichtigen.
Da möchten wir mit der Opposition versuchen, einen
Konsens zu erreichen.

Außerdem wollen wir das Rentenversicherungssys-
tem im unteren Bereich stärker armutssicher machen.
Nun sagen Sie, das sei nur eine bürokratische Erleichte-
rung. Wenn es das allein wäre, wäre das schon sehr viel
für die Frauen, die nicht zum Sozialamt gehen wollen
oder können, zum Beispiel weil sie sich schämen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dann wäre das schon viel gegenüber der jetzigen Situa-
tion.

Ich sage aber auch – um etwaigen Einwänden zu be-
gegnen –: Das wollen wir nicht über die Beitragszahler
finanzieren, sondern das müsste, wie im Übrigen auch
jetzt über die kommunale Regelung, vom Steuerzahler
finanziert werden.

Das sind wichtige Schritte, die wir angehen. Ich den-
ke, dass die Öffentlichkeit gute Signale bekommt, wenn
wir über die besseren Konzepte streiten und die Vergan-
genheit insofern abhaken, als wir uns gemeinsam einge-
stehen – der Rentenkonsens 1992 ist ja mit Zustimmung
aller Parteien zustande gekommen –, dass der Versuch
einer Langfristsicherung der Altersvorsorge nicht aus-
reichend war. Dann könnten wir nach vorne schauen und
die Konzepte angehen, die der Bürger von uns erwartet.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







(A)



(B)



(C)



(D)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409435500
Für die CDU/CSU-
Fraktion spricht der Kollege Johannes Singhammer.


(Zuruf von der CDU/CSU: Jetzt kommt wirklich Sachverstand! – Gegenruf von der SPD: Ein Draufschläger!)



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1409435600
Herr Präsi-
dent! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr
Bundesminister, das ehrliche Bemühen um einen Ren-
tengipfel und um Ergebnisse kann natürlich nicht zum
Verbot einer Diskussion über aktuelle rentenpolitische
Fragen führen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Deshalb haben wir diese Aktuelle Stunde beantragt.

Die 17 Millionen Rentnerinnen und Rentner in
Deutschland, von denen viele hier zusehen, sind verun-
sichert, weil diese Bundesregierung und dieser Bundes-
kanzler in den letzten eineinhalb Jahren fortgesetzt Un-
sauberkeiten und Rentenschwindel produziert haben.
Deswegen müssen Sie sich anhören, was wir dazu zu
sagen haben.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Das ist keine Vergangenheitsbewältigung, sondern die
Analyse dessen, woher die derzeitigen Schwierigkeiten
in der Diskussion rühren.

Vor einem Jahr erklärte Bundeskanzler Gerhard
Schröder:

Ich stehe dafür, dass die Renten in Zukunft auch so
steigen wie das Nettoeinkommen der Arbeitneh-
mer. Das ist ein Prinzip, das wir nicht antasten
werden.

126 Tage später erklärte Gerhard Schröder in einem
Interview mit der „Bild“-Zeitung:

Wir haben die Nettolohnformel für die nächsten
zwei Jahre nur ausgesetzt, um wieder dauerhaft Si-
cherheit in die Renten zu bringen.

Im Herbst dann die kleinlaute Entschuldigung in der
Sendung „Sabine Christiansen“:

Gar keine Frage: Ich habe das seinerzeit vor dem
Hintergrund von Berechnungen gesagt, die ich für
zutreffend hielt, und das war ein Irrtum. Das habe
ich einzugestehen. Lassen Sie es mich mal so sa-
gen: Wenn ich könnte, würde ich zu jedem hinge-
hen und sagen, dieser Irrtum tut mir Leid.


(Lachen bei der CDU/CSU)

Wir brauchen keinen Bundeskanzler, der sich ent-

schuldigt, sondern wir brauchen einen Bundeskanzler,
der die Wahrheit sagt, und zwar zu jeder Stunde.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Lachen bei der SPD)


Wir brauchen auch keinen Bundeskanzler, der zu dem
neudeutschen und politisch korrekten Instrumentarium
der „Nachinformation“ der Bevölkerung greift.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Wir sind nicht auf dem Nockherberg!)


Auch das wollen wir nicht.
Weil Sie die Jacke falsch zugeknöpft haben,

(Dr. Uwe Küster [SPD]: Gucken Sie mal Ihren obersten Hemdknopf an!)

nützt es nichts, wenn Sie jetzt unten herumfummeln und
versuchen, irgendwo wieder Ordnung hineinzubringen.
Sie müssen die Jacke völlig aufknöpfen und dann versu-
chen, das richtig auf die Reihe zu bekommen.


(Zustimmung bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ihre aktuellen Schwierigkeiten rühren daher.
Natürlich entsteht bei vielen Rentnern Besorgnis,

wenn sie jetzt hören, dass die Nettolohnformel anders
berechnet werden soll. Niemand glaubt, dass die andere
Art der Berechnung dazu führt, dass am Schluss mehr
dabei herauskommt; vielmehr vermutet oder weiß jeder,
dass die Neuberechnung – wie immer sie aussehen
wird – zu einem Absinken des Rentenniveaus führen
wird.

Dazu sagen wir ganz klar: Da können wir nicht mit-
machen. Wir sind zu jeder Art von konstruktiver Zu-
sammenarbeit bereit. Aber für eine Mittäterschaft an ei-
nem neuen Rentenschwindel können Sie uns nicht ge-
winnen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Hinzu kommt die Ökosteuer. Es war Ihnen bei all

diesen Überlegungen von vornherein bekannt: Die Öko-
steuer trifft vor allem die Rentner, weil sich die Entlas-
tungswirkung bei den Lohnnebenkosten nicht auf sie er-
streckt. Die Rentner spüren deshalb eine doppelte Belas-
tung: Sie spüren sie einmal ab dem 1. Juli dieses Jahres,
wenn die Erhöhungen geringer ausfallen, als zunächst
angekündigt und erwartet. Sie spüren zusätzlich die
vermehrten Ausgaben, wenn sie an die Tankstelle fah-
ren, wenn sie heizen wollen oder die Mietnebenkosten
bezahlen müssen.

Wir meinen, dass dies so nicht richtig sein kann, und
fordern Sie auf: Gehen Sie zurück zu der ursprünglichen
Regelung und geben Sie den Rentnern das, was sie er-
warten könnten, das heißt in dem Fall: 1,8 Prozent ab
dem 1. Juli. Das ist die richtige Lösung.


(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Ulla Schmidt [Aachen] [SPD])


Die Rentnerinnen und Rentner wissen, dass ein
gigantisches Problem auf die Rentenversicherung zu-
kommt. Es ist das demographische Problem. Auf der ei-
nen Seite – Gott sei Dank – steigt die durchschnittliche
Lebenserwartung der Menschen in Deutschland jedes
Jahr um vier Wochen. Das ist die Zeit eines Urlaubs.
Darüber sind wir froh und glücklich.

Auf der anderen Seite befinden sich die Geburtenzah-
len im freien Fall. Das ist nicht nur in Deutschland, son-
dern auch in anderen europäischen Ländern so. Nun






(A)



(B)



(C)



(D)


weiß jeder: Die Kombination dieser beiden Entwicklun-
gen, immer weniger Kinder und eine immer längere Le-
benserwartung, führt zu einer ganz schwierigen, bisher
nie gekannten Herausforderung in der Rentenversiche-
rung. Diese wollen wir in der Tat gemeinsam angehen.
Ich sage Ihnen aber auch: Eine Frühverrentung, eine
Diskussion über die Rente mit 60 ist der falsche Weg.
Der richtige Weg geht in eine ganz andere Richtung.
Das gehört dazu, wenn man die Wahrheit über die Rente
sagen will. Wir sind bereit, diesen schwierigen Weg zu
gehen. Wir erwarten aber auch, dass in der aktuellen Ta-
gespolitik die Unsauberkeiten aufhören.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409435700
Für die Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen gebe ich das Wort der Kollegin
Thea Dückert.


Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1409435800

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr
Laumann und Herr Singhammer haben hier quasi eine
kleine Abbitte für die Aktuelle Stunde geleistet, indem
sie noch einmal versichert haben, dass sie dennoch an
Konsensgesprächen interessiert seien. Ich meine, Herr
Laumann, Sie haben Recht, das zu tun; denn es ist in der
Tat so, dass diese Aktuelle Stunde und das Verhalten der
CDU/CSU in den Konsensgesprächen doch eher eine
Politik der gespaltenen Zunge als eine klare Linie dar-
stellen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich selbst bin in den Konsensgesprächen ein Stück
auf den Eindruck hereingefallen, den Sie erweckt haben
– dass Sie nach anfänglichen Schwierigkeiten erst ein-
mal Zeit schinden wollten, haben wir verstanden –, den
Eindruck, Sie seien tatsächlich an Konsensgesprächen
interessiert. Was hier passiert, ist etwas ganz anderes.
Sie machen sehr deutlich, dass Sie zurzeit keine verant-
wortliche inhaltliche Diskussion über die Rente haben
wollen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Sie machen deutlich, dass Sie eigentlich eher an populis-
tischen Kampagnen, auf den NRW-Wahlkampf zuge-
schnitten, interessiert sind.


(Beifall bei der SPD)

Da ist Ihnen kein Argument zu schade, nicht das Argu-
ment, das Rüttgers zum Beispiel mit seinem ausländer-
feindlichen Spruch „Kinder statt Inder“ platziert hat,


(Ulla Schmidt [Aachen] [SPD]: Kinderarbeit – Dr. Uwe Küster [SPD]: Das passt zu ihm! Eine schlappe Truppe!)


aber auch nicht das Argument, mit dem Sie die Rentner
verunsichern, das wieder aufgewärmte Argument von
der Rentenlüge. Der NRW-Wahlkampf, nicht die Ren-

tendebatte, ist der wahre Hintergrund für diese Aktuelle
Stunde.

Ich lasse mich gern einmal auf das Argument ein, das
Sie hier immer wieder strapazieren: die Anpassung der
Rente entsprechend der Preissteigerung bzw. der Inflati-
onsrate. Wir, meine Damen und Herren, haben vor ei-
nem Jahr in sehr großer Offenheit eine sehr unpopulisti-
sche Maßnahme beschlossen. Sie wird auch umgesetzt.
Die unpopulistische Maßnahme beinhaltet, die Renten-
anpassung in den nächsten zwei Jahren entsprechend der
Preissteigerungsrate vorzunehmen.


(Zurufe von der CDU/CSU)

Damals wie heute haben wir das niemals verschwiegen,
sondern haben immer offen über die Systematik
argumentiert und – das wissen Sie sehr wohl – immer
darauf hingewiesen, dass der Anpassungsmechanismus
dazu führt, dass die Rentenanpassung jeweils im Juli
eines Jahres erfolgt. Das war so und bleibt so. Die
Offenheit, mit der wir uns dieser Debatte gestellt haben
und von den Rentnerinnen und Rentnern in dieser Situa-
tion einen Beitrag gefordert haben, um das Renten-
system weiter zu stabilisieren, ist auch auf Verständnis
gestoßen. Diese große Offenheit, mit der wir diese Dis-
kussion geführt haben, ist das Gegenteil von einer Lüge.


(Widerspruch bei der CDU/CSU – HansMichael Goldmann [F.D.P.]: Das ist doch nicht Ihr Ernst!)


In dem Zusammenhang sage ich auch, dass es sich
gerade angesichts der vorgebrachten Argumente immer
lohnt, einen Blick in die Vergangenheit zu werfen. Ich
weiß, dass Sie das nicht wollen. Das zeigt ja auch Ihre
jetzige Intervention. Sie wollen das nicht, weil es unbe-
quem ist. Ich erinnere Sie aber doch noch einmal daran,
was im Jahre 1995 passiert ist: Die von Ihnen vorge-
nommene Rentenanpassung lag 0,71 Prozent unterhalb
der Inflationsrate. Was ist im Jahre 1996 passiert? Die
von Ihnen vorgenommene Rentenanpassung lag
0,64 Prozent unterhalb der Inflationsrate.


(Zuruf von der CDU/CSU: Haben Sie doch mitbeschlossen!)


Im Jahre 1997 lag sie 0,65 Prozent und im Jahre 1998
1,7 Prozent unterhalb der Inflationsrate; im Jahre 1999
unter Rot-Grün lag die Rentenanpassung dagegen
0,76 Prozent über der Inflationsrate.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


So wird doch ein Schuh daraus! Daran sieht man auch,
mit was für einer gespaltenen Zunge Sie hier argumen-
tieren.


(Zuruf von der F.D.P.: Das Milchmädchen ist wieder unterwegs!)


Ehe Sie uns eine Lüge vorwerfen, sollten Sie sich an
die eigene Nase fassen. In der offenen Debatte im letz-
ten Jahr haben wir – das wird uns von den Medien und
zum Teil auch aus Ihren Reihen bestätigt – sehr ehrlich
argumentiert,

Johannes Singhammer






(A)



(B)



(C)



(D)



(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Debattieren soll doch verboten werden! Hat der Kollege Ostertag gerade gesagt!)


indem wir über den notwendigen enormen Handlungs-
bedarf im Rentensystem gesprochen und die Generatio-
nengerechtigkeit thematisiert haben.

Meine Damen und Herren, mit dem ersten Schritt, der
Anpassung der Rente entsprechend der Inflationsrate,
haben wir nicht nur den Beitrag der älteren Generation
eingefordert und bekommen, sondern wir haben zu-
nächst einmal in einer schwierigen Ausgangssituation
den notwendigen Spielraum und die Basis für eine zu-
künftige Rentenstrukturreform geschaffen. Wir haben
noch sehr viel mehr gemacht: Bevor wir jetzt überhaupt
in die Diskussion um die Einzelheiten der Rentenstruk-
turreform einsteigen, haben wir erst einmal wieder zu-
sätzlichen Spielraum geschaffen, nachdem Sie ihn in der
Vergangenheit verspielt hatten. Wir alle wissen, dass die
gesetzliche Rentenversicherung ergänzt werden und auf
weitere Säulen wie auf die private und die betriebliche
Vorsorge gesetzt werden muss. Mit der Steuerreform
haben wir beispielsweise allein an die privaten Haushal-
te fast 30 Milliarden DM zurückgegeben, die den Spiel-
raum auch für Menschen mit kleinen Einkommen erhö-
hen, die private Vorsorge auszubauen. Bereits heute, wo
Sie sich immer noch zieren und verweigern, haben wir
die Ausgangssituation für ein Konzept zur Rentenstruk-
turreform verbessert.

Wenn es uns wirklich gelingt, die Beiträge für die
junge Generation zu stabilisieren, mit dem zurzeit disku-
tierten Angebot zur Unterstützung von kleineren Ein-
kommen die betriebliche und die private Vorsorge aus-
zubauen, eine bedarfsorientierte Grundsicherung einzu-
führen, um die Rente zukünftig auch armutsfest zu ma-
chen, und die eigenständige Absicherung von Frauen
auszubauen, dann haben wir dieses Rentensystem in der
Tat für die zukünftige Entwicklung fit gemacht. Es wird
zu einem modernen Mischsystem kommen. Wir fangen
damit an, einen Weg zu gehen, auf dem unsere Nachbar-
länder schon längst weiter fortgeschritten sind.

Wenn Sie, meine Damen und Herren von der CDU,
den Wahlkampf in NRW überstanden haben, wenn Sie
Ihren neuen Bundesvorstand gewählt haben – ich wün-
sche Ihnen viel Glück dazu –, dann, so denke ich, sind
Sie möglicherweise wieder in der Lage, in den Konsens-
gesprächen inhaltlich zu arbeiten.


(Ulla Schmidt [Aachen] [SPD]: Keine Vorschusslorbeeren! – Dr. Uwe Küster [SPD]: Nicht zu dolle loben! Das haben die gar nicht verdient!)


Wir laden Sie ein, wir warten darauf.
Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409435900
Für die CDU/CSU-

(Emmendingen)



Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1409436000
Herr Prä-
sident! Meine Damen und Herren! Rentenkonsensge-
spräche haben dann einen Sinn, verantwortlicher Um-
gang mit dem Thema Rente, den Frau Dr. Dückert ge-
fordert hat, hat dann einen Sinn, wenn man sich auf das,
was öffentlich gesagt und angekündigt wird, verlassen
kann


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei Ihnen aber auch!)


und nicht jeweils nach wenigen Wochen feststellen
muss, dass alles nicht mehr stimmt, was diese rot-grüne
Bundesregierung, was dieser Arbeitsminister zum The-
ma Rente vorträgt.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Das ist der Gegenstand der heutigen Aktuellen Stunde.

Der Bundeskanzler verspricht den Rentnerinnen und
Rentnern nettolohnbezogene Rentensteigerungen. Nach
wenigen Wochen einkassiert! Dann wird versprochen, es
gebe den Inflationsausgleich. Fakt ist: Es gibt in diesem
Jahr den Inflationsausgleich nicht, es gibt Rentenerhö-
hungen von 0,6 Prozent bei einer Inflationsrate von, wie
derzeit absehbar, 1,8 Prozent. Diese Steigerung der In-
flationsrate ist im Übrigen im Wesentlichen durch die
Einführung der Ökosteuer verursacht.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Auch die Rückkehr zur nettolohnbezogenen Renten-

erhöhung, wie von Herrn Riester angekündigt, gibt es
nicht. Vielmehr versucht man mit einem Buchungstrick,
die Nettolohnanpassung nach unten zu rechnen. Damit
ist auch dieses von Riester einmal gegebene Verspre-
chen bereits gebrochen. Wir haben also Rentenbetrug
Nummer eins, zwei und drei erlebt. Was erleben wir
denn noch?


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wenn Sie zu Ihrer Verteidigung – wie vorhin auch

Frau Staatssekretärin Mascher in der Fragestunde – vor-
tragen, es sei doch logisch, dass es wie im Gesetz vorge-
sehen laufen müsse, nämlich dass die Inflationsrate des
Vorjahres für die Rentensteigerung in diesem Jahr
zugrunde gelegt werden muss, dann, so muss ich sagen,
meine Damen und Herren von Rot-Grün, widersprechen
Sie leider Ihrer eigenen Argumentation. Das haben Sie
heute vorgeführt.


(Zustimmung bei der CDU/CSU)

Als Sie Ihren Rentenbetrug Nummer eins begründen

mussten, haben Sie in Anzeigen folgenden Vergleich
angestellt: Sie haben die nettolohnbezogenen Rentener-
höhungen in der Vergangenheit mit den aktuellen Infla-
tionsraten der jeweiligen Jahre verglichen. Dann müssen
Sie sich auch gefallen lassen, dass wir die gleiche Ar-
gumentation wie Sie anwenden, nämlich einen Ver-
gleich der Rentensteigerung mit der aktuellen Inflations-
rate vornehmen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Hans-Michael Goldmann [F.D.P.])


Dr. Thea Dückert






(A)



(B)



(C)



(D)


Sie müssen sich eben gefallen lassen, dass die Bürgerin-
nen und Bürger Sie an Ihrer eigenen Argumentation und
Logik messen, nämlich dass die Rentenanpassung von
plus 0,6 Prozent zum 1. Juli selbstverständlich mit der
aktuellen Inflationsrate von 1,8 Prozent verglichen wird.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Wie kann man bloß so viel Mist auf einmal erzählen?)


– So ist es aber. Das haben Sie gesagt. Das war Ihre Ar-
gumentation. Sie müssen es sich gefallen lassen, dass
Ihnen das von den Bürgerinnen und Bürgern vorgehalten
wird.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Sie sollten sich erst einmal über das Rentenrecht informieren, bevor Sie kluge Worte erzählen!)


Noch schlimmer ist, dass es gar nicht allein um das
Thema Rente geht. Ihrem Rentenbetrug folgt sogleich
als nächstes Manöver der Betrug an den Sozialhil-
feempfängerinnen und Sozialhilfeempfängern. Am
22. April 1999 hat die rot-grüne Mehrheit im Deutschen
Bundestag eine Übergangsregelung im Bundessozialhil-
ferecht um zwei Jahre verlängert, nach der die So-
zialhilfesätze analog der Rente angepasst werden.


(Zuruf von CDU/CSU: Das ist die neue Sozialpolitik!)


Bei der damaligen Bundestagsdebatte haben Sie er-
klärt, das sei deswegen vertretbar, weil sich die Renten
in den nächsten Jahren wahrscheinlich wesentlich stär-
ker als in der Vergangenheit erhöhen dürften. Deswegen
sei dies auch für die Sozialhilfeempfänger eine ganz
praktische Sache. Jetzt gibt es – das ist das Faktum –
keine nettolohnbezogene Rentenerhöhung, es gibt kei-
nen Inflationsausgleich, es gibt ein Minus. So werden
auch die Sozialhilfeempfängerinnen und Sozialhilfe-
empfänger von Ihnen betrogen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Manfred Grund [CDU/CSU]: Unerhört!)


Ihr drittes Manöver – nach Rentenbetrug und Sozial-
hilfebetrug –: ist der Betrug an unseren Familien und ih-
ren Kindern.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Das müssen ausgerechnet Sie sagen! Wie viele Urteile des Verfassungsgerichts haben Sie denn kassiert? Zählen Sie doch einmal mit! Da reichen beide Hände nicht aus! Unglaublich!)


– Ich komme noch auf das Bundesverfassungsgericht zu
sprechen.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Das war ein Treffer, Kollege Küster!)


Das maßgebliche Kriterium für die Berechnung des
steuerfrei zu stellenden Existenzminimums von Familien
mit Kindern ist die Festlegung der Sozialhilferegelsätze.


(Zuruf von CDU/CSU: So ist es!)

Wenn die Renten und die Sozialhilferegelsätze nicht

mehr in Höhe des Inflationsausgleichs angepasst wer-
den, dann wird auch das Existenzminimum von Famili-

en mit Kindern nicht mehr entsprechend angepasst.
Schlimmer noch: Einer der Hauptpreistreiber in der ak-
tuellen Inflationsentwicklung, nämlich die von Rot-Grün
eingeführte so genannte Ökosteuer, trifft nicht nur die
Rentner und die Sozialhilfebezieher, sondern erst recht
auch die Familien mehrfach, weil sie keine Möglichkeit
haben, die Mehrbelastungen auszugleichen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Der in Familienfragen beschlagene und besonders

ausgewiesene Sozialrechtler Jürgen Borchert hat letzte
Woche im „Focus“ zu Recht festgestellt: Die Ökosteuer
erweist sich als Höhepunkt „der materiellen Erdrosse-
lung der Mehrkinderhaushalte“. So ist es leider.

Was haben Sie von Rot-Grün uns in der Vergangen-
heit alles vorgeworfen! Sie haben uns tagtäglich soziale
Kälte unterstellt.


(Zuruf von SPD: Zu Recht! – Dr. Uwe Küster [SPD]: Sie sind ein sozialer Kühlschrank!)


Wenn ich das, was Sie heute dazwischengerufen und in
der Vergangenheit vorgetragen haben, mit dem jetzt von
Rot-Grün begangenen Renten-, Sozialhilfe- und Famili-
enbetrug vergleiche, dann kann ich dazu nur eines sa-
gen: Sie haben eine sozialpolitische Eiszeit eingeleitet!


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Dr. Uwe Küster [SPD]: Weder Weisheit noch Eiszeit!)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409436100
Für die SPD-
Fraktion spricht die Kollegin Ulla Schmidt aus Aachen.


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1409436200
Herr Präsident! Liebe
Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte eigentlich gedacht,
dass der rheinische Karneval und die Zeit der Büttenre-
den vorbei sind, weil die Fastenzeit angefangen hat.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Aber wahrscheinlich hat der Kollege Weiß dies noch
nicht mitbekommen; denn seine ganze Rede bewegte
sich auf dem gleichen Niveau wie seine Forderung im
Wahlkreis, dass jeder Abgeordnete noch einmal 2 Milli-
arden DM extra ausgibt. Da wundert es natürlich nicht,
dass Sie am Ende Ihrer Regierungszeit einen Schulden-
berg von 1,5 Billionen DM angehäuft haben und dass
wir 90 Milliarden DM an Zinsen pro Jahr zahlen müssen


(Horst Seehofer [CDU/CSU]: Sie wollten doch über die Zukunft reden!)


– das hören Sie nicht gerne –, die uns fehlen, um sie in
Dinge zu investieren, die uns wirklich nach vorne brin-
gen.


(Beifall bei der SPD)

Wenn es nicht so traurig wäre, dann wäre es eigentlich
zum Lachen.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Das ist es nicht!)


Peter Weiß (Emmendingen)







(A)



(B)



(C)



(D)


Ich sehe den Kollegen Seehofer.
Herr Kollege, wenn Sie in Zeitungsinterviews – Sie ge-
ben jeden Tag ein Interview; manchmal wechseln auch
Ihre Positionen – dem Arbeitsminister empfehlen, einen
zweiten Rentenbetrug zu unterlassen, dann frage ich Sie:
Haben Sie eigentlich schon einmal im Spiegel nachge-
schaut, ob Ihnen angesichts einer solchen Empfehlung
nicht die Schamröte ins Gesicht steigt? Für eine solche
Empfehlung gibt es nur zwei Gründe: Entweder verste-
hen Sie nichts von Rentenpolitik, oder es ist blanker Po-
pulismus, der Sie solche Zeitungsinterviews geben lässt;
denn Sie wissen, dass eine Anpassung der Renten immer
nur auf der Basis der Daten des Vorjahres möglich ist
und dass wir die Renten nicht in Höhe der geschätzten
Inflationsrate dieses Jahres anheben können. Es kann ja
sein, dass die inflationsbedingte Anpassung der Renten
im nächsten Jahr höher ist als die Preissteigerung im
nächsten Jahr. Das ist dann ein Plus.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das glaubt niemand!)


– Hören Sie zu schreien auf! Das ist auch bei jeder
nettolohnbezogenen Anpassung so gewesen. Wo kämen
wir denn hin, wenn wir in diesem Jahr entscheiden
würden, wie hoch die Anpassung der Renten
entsprechend der geschätzten Inflationsrate ausfallen
soll, um anschließend den Rentnern wieder ein bisschen
wegzunehmen? Das ist doch keine seriöse Politik. Das,
was Sie hier vorbringen, ist doch Kleinkinderkram.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Der Kollege Singhammer fordert hier: Herr Minister,
machen Sie endlich ordentliche Politik und erhöhen Sie
die Rente jetzt um 1,8 Prozent! So muss es sein! Haben
Sie vergessen, was Sie beschlossen hatten? Sie stellen
sich hierhin wie ein Baby, das vom Himmel gefallen ist,
und sagen: Das ist die Welt; erkläre sie mir einmal! Ha-
ben Sie vergessen, dass nach Maßgabe Ihrer Rentenpoli-
tik von den von Ihnen geforderten 1,8 Prozent, um die
die Renten angepasst werden sollten, 0,6 Prozent hätten
abgezogen werden müssen, weil Sie nämlich mit der
willkürlichen Einführung des demographischen Faktors
die Abkehr von der nettolohnbezogenen Anpassung der
Rente auf 15 Jahre beschlossen hatten? Nichts anderes
haben Sie gemacht!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Der Kollege Blüm redet den Zeitungen gegenüber
immer von „unsozial und kopflos“. „Unsozial“ sagt ein
Minister, der in den letzten Jahren in der Rentenpolitik
nur eines gemacht hat: die Ausgabenseite zu beschnei-
den, und zwar immer zulasten der Beitragszahlerinnen
und Beitragszahler. Das, was nötig gewesen wäre, näm-
lich einmal die Einnahmenseite anzugehen, konnte man
in Ihrer Partei überhaupt nicht durchsetzen. Wir haben
die Einnahmenseite verändert. Wir haben demnächst
3 Milliarden DM mehr pro Jahr in der Rentenversiche-
rung,


(Zuruf von der CDU/CSU: Abkassierer!)


weil wir uns endlich an das schwierige Problem der un-
geschützt Beschäftigten herangemacht haben. Das haben
Sie nicht gemacht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


„Unsozial“ sagt ein Minister, der mit dem Wachstums-
und Beschäftigungsförderungsgesetz von 1996 in beste-
hende Rentenanwartschaften eingegriffen hat, was bei
den Frauen zu Rentenkürzungen von durchschnittlich
200 bis 300 DM geführt hat. Wer so etwas getan hat,
braucht über Inflationsausgleich wirklich nicht zu reden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


„Unsozial“ sagt ein Minister, der 1983 – vielleicht erin-
nern Sie sich noch – als erste Amtshandlung im Haus-
haltssicherungsgesetz den Zeitpunkt der Rentenanpas-
sung so en passant vom 1. Januar auf den 1. Juli ver-
schoben hat. Das sagt ein Minister, der die Bedingungen
für die Hinterbliebenenrente verschlechtert hat.

Wir können über alles reden, und vielleicht waren
viele Dinge auch notwendig. Einen Vorwurf müssen Sie
sich aber gefallen lassen: Ihre Rentenpolitik war nie da-
von geprägt, wirklich dafür zu sorgen, dass die Renten
armutsfest sind. Sie haben vielmehr alles zulasten der
Beitragszahlerinnen und Beitragszahler geregelt und ha-
ben nicht dafür gesorgt, dass es zu einer Gerechtigkeit
zwischen Jung und Alt und zu einer Beständigkeit der
Rente kommt, sodass man wirklich hätte sagen können:
Die Rente ist sicher.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Gustav-Adolf Schur [PDS])



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409436300
Der Kollege Julius
Louven spricht für die CDU/CSU-Fraktion.


Julius Louven (CDU):
Rede ID: ID1409436400
Herr Präsident! Meine
sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister
Riester, Sie haben eben erklärt, dass Sie die Aktuelle
Stunde für unnötig halten, und gemeint, wenn wir über
Rente reden, müssten wir uns alle eingestehen, in der
Vergangenheit nicht das Notwendige geleistet zu haben.
Ich will Ihnen dazu sagen, dass wir von Ihnen gelernt
haben, dass man in Aktuellen Stunden bestimmte Dinge
aufarbeiten und diskutieren kann und muss. Ich denke,
allein der Artikel im „Focus“ dieser Woche und die Äu-
ßerung von Herrn Rürup machen deutlich, dass eine Ak-
tuelle Stunde zur Rentenproblematik angebracht ist.

Ihre Aktuellen Stunden in der Vergangenheit waren
immer geprägt von der Tendenz, unser Handeln sei
überflüssig. Herr Ostertag hat uns ja eben unsere Sünden
bei der Reha, bei den Ausbildungszeiten und bei der Er-
höhung der Altersgrenze vorgehalten. Ich frage Sie, Herr
Ostertag und Herr Minister: Was wäre heute eigentlich,
wenn wir das nicht getan hätten? Ich frage Sie des Wei-
teren: Warum haben Sie das denn nicht rückgängig ge-

Ulla Schmidt (Aachen)







(A)



(B)



(C)



(D)


gemacht, wenn es so falsch ist? Anderes haben Sie doch
auch rückgängig gemacht.

Bevor ich auf Ihre Äußerungen eingehe, die alten Ge-
schichten interessierten Sie nicht, will ich noch einige
Sätze an Frau Schmidt richten. Frau Schmidt, Sie sagen:
Wir haben die Einnahmensituation durch die Neure-
gelungen für geringfügig Beschäftigte


(Ulla Schmidt [Aachen] [SPD]: Und Scheinselbstständige!)


– und Scheinselbstständige – um 3 Milliarden DM ver-
bessert. Dann müssen Sie doch fairerweise auch aner-
kennen, dass damit neue Leistungsansprüche entstehen,
wenn auch nicht sofort. Die Faustregel ist doch: 1 DM
Beitragseinnahme erfordert irgendwann 1,20 DM oder
1,30 DM an Ausgaben.


(Ulla Schmidt [Aachen] [SPD]: Ja, aber wir brauchen auch mehr Beitragszahlerinnen und Beitragszahler!)


Von daher sollten Sie das nicht als Erfolg feiern.
Nun aber zu den alten Geschichten. Wir hatten am
8. Mai 1996 eine Aktuelle Stunde, weil sich die Minister
Waigel und Seehofer im CSU-Vorstand dahin gehend
geäußert hatten, dass an einem demographischen Faktor
kein Weg vorbeiführe. Damals äußerte sich Ihr Sprecher
Dreßler:

Die Regierung und die Koalition sollten sich nicht
einbilden, sie könnten erst die nettolohnbezogene
Rentenformel als langfristige Sicherung des Gene-
rationenvertrages feiern und dann nur vier Jahre
später ... wieder abschaffen... Die Herren Blüm,
Kohl und Waigel

– und Seehofer –
begehen einen Wortbruch... Wir werden diesen
Wortbruch beim Namen nennen.

Nun können Sie sagen: Was interessiert uns Dreßler?
Der ist demnächst irgendwo Botschafter. Ich kann Ihnen
aber entgegenhalten: Sie alle, die Sie damals schon hier
waren, haben Dreßler immer wieder frenetisch Beifall
gespendet.


(Ulla Schmidt [Aachen] [SPD]: Das machen wir auch heute noch!)


In dieser Aktuellen Stunde hat sich auch Herr Dreßen
geäußert. Wo ist er jetzt? – Er ist leider weg. Ich kann
Ihnen aber nicht vorenthalten, was Herr Dreßen sagte:

... wenn der Bundeshaushalt ... den Bilanzgesetzen
für Wirtschaftsunternehmen unterliegen würde,
dann würden die Herren Kohl, Waigel, Blüm neben
Jürgen Schneider in einer Gefängniszelle schmo-
ren ... Diese Herren sind ... die Totengräber des
Systems.

Einer der politischen Offenbarungseide wird uns nun
durch das klaffende Loch in der Rentenversicherung
präsentiert. Das ist nicht nur unsozial, sondern grenzt an
Kriminalität. Damals machten wir uns daran, die Pro-
bleme zu lösen.

In besagter Debatte hat sich auch Ihr Fraktionsvorsit-
zender Scharping geäußert. Er hat darauf hingewiesen,
dass es im Parlament keine Debatte gegeben habe. Er
hat erklärt:

... sondern mit allerlei Interviewäußerungen Verun-
sicherung und Angst zu säen, ohne konkret zu sa-
gen, was geschehen soll, ist ein Verhalten, das sich
selbst richtet. Sie haben die Wählerinnen belogen;
Sie haben die Rentner und Rentnerinnen betrogen.

(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Jawohl!)


Am 27. Juni 1997 fand die erste Lesung zu unserem
Rentenreformgesetz statt. Damals hat sich Herr Dreßler
wieder markig geäußert. Sie können dies im Protokoll
der Sitzung vom 27. Juni 1997 auf Seite 16775 nachle-
sen: Was wir versprochen haben – so Dreßler –, wird die
SPD halten. Sie wird nicht das Wort brechen. Wir wer-
den den Wählern vortragen, „ob sie Ihren Weg, Herr
Blüm, der Kürzung gehen wollen oder unseren Weg der
Strukturveränderung“.


(Ulla Schmidt [Aachen] [SPD]: Das machen wir ja jetzt!)


Zur Nettoformel sagte Dreßler auf eine Frage von
Heiner Geißler Folgendes: Die SPD hat das 1989 nicht
nur mitgetragen, sie hat vielmehr einen Parteitagsbe-
schluss, der dies verlangt. – Ich rede hier von der Netto-
formel, die wir gemeinsam eingeführt haben. – In dieser
Frage sind wir nicht das Anhängsel von CDU/CSU. Wir
haben eine eigenständige Position, die wir durchgesetzt
haben. Dies ist ein himmelweiter Unterschied.

Insofern, meine Damen und Herren, haben Sie zu Be-
ginn der Legislaturperiode gegen einen Parteitagsbe-
schluss verstoßen.


(Ulla Schmidt [Aachen] [SPD]: Das ist allerhand!)


Auch am 14. November 1996 hatten wir eine Renten-
debatte. Darin hat uns Dreßler vorgeworfen:

Die CDU/CSU ist dafür verantwortlich, dass Frau-
en und Männer länger arbeiten müssen, dass die
gekürzte Anrechenbarkeit von Ausbildungszeiten
die Rente vermindert ... die Rehabilitation, dras-
tisch eingeschränkt werden.

Ich sage es nochmals, Herr Ostertag: Stellen Sie sich
vor, wir hätten dies nicht getan!

Nun könnte ich Ihnen noch weitere schöne Zitate von
all denen bringen, die in der letzten Legislaturperiode an
den Rentendebatten teilgenommen haben.


(Ulla Schmidt [Aachen] [SPD]: Aber die Zeit reicht nicht!)


Leider fehlt mir dazu die Zeit. Aber – Frau Schmidt,
verlassen Sie sich darauf – ich bekomme noch Gelegen-
heit, Frau Mascher, Herrn Andres und Herrn Schreiner
zu zitieren. Auch Herr Ostertag hat sich geäußert. Herrn
Dreßen habe ich schon zitiert. Ich komme noch dazu,
Ihnen diese Aussagen vorzuhalten. Sie haben immer so
getan, als sei Handeln nicht notwendig. Sie haben es als
unsozial gebrandmarkt.

Julius Louven






(A)



(B)



(C)



(D)



(Ulla Schmidt [Aachen] [SPD]: Das ist unwahr! Wir haben ein Konzept gehabt!)


Heute stehen Sie vor dem Dilemma, dass Sie die Pro-
bleme nicht gelöst bekommen.


(Ulla Schmidt [Aachen] [SPD]: Ich kann nichts dafür, wenn Sie unsere Parteitagsbeschlüsse nicht lesen!)


Ich sage Ihnen dennoch abschließend: Wir sind zu
Konsensverhandlungen bereit, aber nicht nach dem Mot-
to „Die CDU/CSU fürs Grobe und Riester und Genossen
fürs Schöne“. Nach diesem Motto läuft ein Rentenkon-
sens mit uns nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU – Ulla Schmidt [Aachen] [SPD]: Weil Sie kein Konzept haben, Herr Louven!)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409436500
Für die SPD-
Fraktion spricht die Kollegin Erika Lotz.


(Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Die hat vor der Wahl auch anders geredet als heute!)



Erika Lotz (SPD):
Rede ID: ID1409436600
Herr Präsident! Liebe Kollegin-
nen, liebe Kollegen! Ich denke, die Not bei der Union ist
groß, dass sie wieder zu diesem Thema eine Aktuelle
Stunde beantragen muss. Ich frage mich: Warum wieder
diese Aktuelle Stunde?


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Das haben wir gerade erklärt!)


Ich denke, das hängt nicht nur mit dem Wahlkampf in
NRW zusammen. Ich glaube, dabei geht es auch um Ab-
lenkung von Spendensammlungen oder schwarzen Kas-
sen in Hessen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Lachen bei der CDU/CSU)


Das mag Ihnen nicht gefallen, aber diese Aktuelle Stun-
de hat aus meiner Sicht auch diesen Hintergrund.

Herr Singhammer, Sie haben sich hier hingestellt und
den Bundeskanzler angegriffen und sozusagen Wahrheit
gefordert. Ich denke, dem muss man eigentlich nichts
hinzufügen. Diese Aussage spricht für sich.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Mit Ihrer Aktuellen Stunde erreichen Sie genau das,
was aus unserer Sicht nicht geschehen sollte: Sie verun-
sichern wieder Rentnerinnen und Rentner, und das ganz
gewaltig.


(Widerspruch bei der CDU/CSU)

Aber auch die Medien scheinen Ihnen zumindest zeit-
weise auf den Leim gegangen zu sein, wenn ich an die
Diskussion um die Rentenanpassung zum 1. Juli denke.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Noch ein bisschen Medienschelte, das ist genau richtig!)


Es war immer so, das ist hier schon ausgeführt worden –
dass sich die Rentenanpassung an der Entwicklung im
Vorjahr orientiert, nur ist es eben in diesem Jahr – die
Preissteigerung.


(Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Wissen Sie denn schon, wie Sie es im nächsten Jahr machen?)


– Sie scheinen uns ja sehr viel zuzutrauen, Herr neuer
sozialpolitischer Sprecher Laumann. Sie trauen uns zu,
schon im Januar zu wissen, wie hoch die Preissteigerung
in diesem Jahr sein wird, um die entsprechende Anpas-
sung vornehmen zu können. Aber was Sie tun, ist aus
meiner Sicht unverantwortlich – unverantwortlich, weil
Sie damit ganz einfach Rentner und Rentnerinnen ver-
unsichern.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das habt doch Ihr gemacht!)


Herr Laumann, Sie haben die Konsensgespräche an-
geführt, im Grunde ein wenig die Hand ausgestreckt.
Aber das, was dann über eine ganze Zeit an Argumenta-
tion erfolgt ist, hat sehr wenig mit Konsens zu tun. Es
wäre sicher sinnvoll, uns nicht nur vorzuhalten, kein
Konzept zu haben. Sie kennen es doch genau; Arbeits-
minister Riester hat es schon x-mal vorgetragen.


(Beifall bei der SPD)

Aber Sie beharren immer auf dem Demographiefak-

tor. Was hat denn der Demographiefaktor an sich? Er ist
doch nur ein zusätzlicher Faktor in der Anpassungsfor-
mel, eingefügt von Ihnen, um die Lebenserwartung der
65-Jährigen einzurechnen. Sie tun so, als sei dies wis-
senschaftlich begründet. Das ist aus meiner Sicht eine
Pseudowissenschaft.


(Beifall der Abg. Ulla Schmidt [Aachen] [SPD])


Was sagt denn dieser Faktor? – Die jeweilige Anpas-
sung um die zurückliegenden Werte aus neun oder acht
Jahren soll den Rentenanstieg dämpfen. Warum neun,
warum nicht acht Jahre, warum nicht das vor uns lie-
gende Jahr?


(Zuruf von der SPD: Weil Ihnen das so in den Kram passt!)


Eine weitere Frage. Sie hatten ja beschlossen, dass
dieser Faktor nur zur Hälfte wirken soll. Warum nur zur
Hälfte? Wann hätten Sie das eventuell geändert? Die
Arbeitgeberverbände hatten ja die ganze Zeit über ge-
fordert, den Faktor voll zu berechnen.


(Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Wir tun doch nicht das, was die Arbeitgeber sagen!)


Dann soll bei 64 Prozent aufgehört werden. Wo war
die Garantie dafür? Wer glaubt Ihnen denn, dass Sie da
Halt gemacht hätten?

Hören Sie doch auf, in den Verhandlungen, in den
Konsensgesprächen so zu tun, als ob Sie ein Konzept
hätten, sondern setzen Sie sich mit unserem Konzept
auseinander!

Julius Louven






(A)



(B)



(C)



(D)



(Zuruf von der CDU/CSU: Ja, mit welchem?)

– Mit dem, das Ihnen vorgetragen worden ist, mit dem,
was auf dem Tisch liegt.


(Zurufe von der CDU/CSU: Von wem denn? – Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Auch das noch!)


– Es ist doch lachhaft, was Sie hier machen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Es zeigt, dass Sie an einem Konsens überhaupt nicht in-
teressiert sind. Das, was Sie hier machen, ist billige Po-
lemik.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie tun so, als würden Sie mit Ihrem Demographiefaktor
den jungen Menschen einen Dienst erweisen, aber genau
Ihr Konzept, Ihr demographischer Faktor hätte doch be-
wirkt, dass die jüngeren Leute, diejenigen, die unter
50 Jahre alt sind, besonders davon betroffen werden.


(Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Sie haben bis heute noch keine bessere Idee!)


Einen Satz will ich zu dem Vorwurf hinsichtlich der
Ökosteuer noch sagen. Dieser Vorwurf wird von Ihnen
hochgekocht; aber auch Frau Schwaetzer hat sich darauf
eingelassen. Ihr Gedächtnis scheint sehr kurz zu sein.
Sie scheinen auch auf ein kurzes Gedächtnis der Wähler
und Wählerinnen zu setzen. Unter Ihrer Regierung ist
die Mineralölsteuer von 49 Pfennig auf 98 Pfennig an-
gehoben worden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Ulla Schmidt [Aachen] [SPD]: Und trotzdem habt ihr Schulden gemacht!)


Jetzt sind es gerade einmal 12 Pfennig an sozialökologi-
scher Steuer, die darauf aufgeschlagen wurden. Diese
Einnahme kommt voll der Rentenversicherung zugute,
der Sie in der Vergangenheit nur Belastungen aufgebür-
det haben.


(Widerspruch bei der CDU/CSU)

Von daher: Reden Sie nicht nur über einen Konsens,

sondern verhalten Sie sich auch ein bisschen danach! Ich
gebe den Mut noch nicht ganz auf, dass wir in weiteren
Gesprächen zu einer Einigung kommen können. Aller-
dings setzt das von Ihrer Seite ein Stück mehr Bewe-
gung voraus.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409436700
Für die CDU/CSU-
Fraktion spricht der Kollege Horst Seehofer.


Horst Seehofer (CSU):
Rede ID: ID1409436800
Herr Präsident! Meine
sehr verehrten Damen und Herren! Es geht schlicht und
einfach um die Frage, in welchem Umfang und Ausmaß

für 17 Millionen Rentner am 1. Juli dieses Jahres
die Rente erhöht wird. Es ist schlimm, mit welcher
Kaltschnäuzigkeit Vertreter der Regierungskoalition
von diesem Sachverhalt, der für die Lebensbedürfnisse,
den Lebensstandard und die Lebensbedingungen von
17 Millionen Menschen von großer Bedeutung ist, hier
abzulenken versuchen, indem sie das Ganze als angebli-
che Vergangenheitsbewältigung oder Wahlkampf ab-
qualifizieren.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Das ist für 17 Millionen Menschen von höchster Bedeu-
tung.


(Ulla Schmidt [Aachen] [SPD]: Denen Sie permanent in die Tasche gegriffen haben! – Dr. Uwe Küster [SPD]: Welches Konzept haben Sie denn?)


Ich hätte mir niemals vorstellen können, dass eine Sozi-
aldemokratie kaltschnäuzig darüber hinweggeht.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Uwe Küster [SPD]: Sie stecken bis zum Ellenbogen in den Kassen der Rentenversicherung!)


Ich möchte Ihnen einmal sagen, worum es tatsächlich
geht. Der „Spiegel“ schreibt in dieser Woche über
Riesters Rententrick. Nach allgemeinem Sprachge-
brauch spricht man von einem Trick, wenn Menschen
andere Menschen über ihre wahren Absichten täuschen.
Leider Gottes ist dies in den letzten eineinviertel Jahren
in der deutschen Rentenpolitik zur Methode geworden.


(Ulla Schmidt [Aachen] [SPD]: Das ist die Wandlung der CDU/CSU!)


Das müssen wir aussprechen.
Es geht jetzt gar nicht darum, dass Sie entgegen Ihrer

Wahlaussage die Rentner von der Nettolohnentwicklung
abgekoppelt haben. Wir haben hier Aktuelle Stunden er-
lebt, in denen diese Wunde von der Opposition aufge-
deckt und kritisiert worden ist. Sie haben davon gespro-
chen, wir würden die Rentner verunsichern, und wir sind
dann davon überrascht worden, dass sich der Bundes-
kanzler entschuldigt hat. Im Allgemeinen entschuldigt
man sich in der Bundesrepublik Deutschland nicht da-
für, dass man die Wahrheit gesagt hat, sondern dafür,
dass man die Leute angelogen hat. Das ist die Realität.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Aber darum geht es uns gar nicht. Uns geht es darum,

dass Sie erstens das Gegenteil von dem getan haben,
was Sie im Wahlkampf gesagt haben, und zweitens von
der Nettolohnentwicklung abgerückt sind. Es war fünf-
zigjähriger Konsens in Deutschland, dass die Rentner an
der wirtschaftlichen Entwicklung der Arbeitnehmer da-
durch teilhaben, dass die Renten an die Löhne angekop-
pelt bleiben. Das haben Sie jetzt für zwei Jahre aufgege-
ben und gegenüber der Öffentlichkeit so begründet: Regt
euch mal nicht so auf! Wir sorgen dafür, dass die Rent-
ner auf jeden Fall ihre Kaufkraft ausgeglichen bekom-
men. – An diesen Aussagen, Frau Schmidt, waren auch
Sie beteiligt. Sie haben noch im November 1999, vor
wenigen Wochen, gesagt: Die Bundesregierung hat

Erika Lotz






(A)



(B)



(C)



(D)


einen Inflationsausgleich und damit eine Sicherung der
Kaufkraft zugesagt, egal wie sich die Preise entwickeln.


(Ulla Schmidt [Aachen] [SPD]: Nächstes Jahr werden sie auch erhöht! Sie sind doch unseriös!)


Der Bundeskanzler hat auf dem ordentlichen Ge-
werkschaftstag der IG-Metall am 6. Oktober 1999, also
nach der Abkoppelung von der Nettolohnentwicklung,
gesagt: Nun noch ein Wort zur Anpassung der Renten in
den nächsten beiden Jahren nach der Preisentwicklung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit das völlig klar
ist: Es handelt sich hier nicht um Kürzungen, sondern
um den Erhalt der Kaufkraft.

Sie müssen den Leuten sagen, was Sie vorhaben. Die
Bundesregierung muss darüber im April noch einen Be-
schluss fassen. Im letzten Jahr betrug die Inflationsrate
0,6 Prozent. Die aktuelle Inflationsrate liegt nach dem
Statistischen Bundesamt bei 1,8 Prozent und nach den
Prognosen der Regierung für das ganze Jahr 2000 bei
1,5 Prozent.

Sie wählen für die Rentenerhöhung am 1. Juli dieses
Jahres nicht den Kaufkraftausgleich für den Preisanstieg,
den die Rentner durch die von Ihnen veranlasste Öko-
steuer in diesem Jahr erleben, sondern Sie wählen zur
Schonung der Rentenversicherung und der Bundeskasse
die Inflationsrate aus dem letzten Jahr. Hierbei bahnt
sich ein neuer Wortbruch an, weil Sie den Rentnern ei-
nen Kaufkraftausgleich versprochen haben.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie haben nicht nur den Kaufkraftausgleich verspro-

chen. Sie haben den älteren Leuten auch gesagt: Das ist
etwas Wunderbares; denn dadurch unterscheiden wir
uns von der Regierung Helmut Kohl. Die hat nämlich,
so Riester, mehrere Jahre keinen Inflationsausgleich ge-
währt. Herr Riester, Sie haben gesagt: Wir nehmen jetzt
das erste Mal seit vier Jahren wieder einen echten Kauf-
kraftausgleich vor. Sie haben uns mit dem Vorwurf an
den Pranger gestellt, wir hätten das nicht gemacht.

Wir erheben den Vorwurf, dass Sie seit vielen Mona-
ten, so schreibt der „Spiegel“, mit Tricks gegenüber der
älteren Bevölkerung arbeiten. Tricks heißt: Sie machen
das Gegenteil dessen, was Sie in der Öffentlichkeit ver-
sprechen. Das tun Sie jetzt wieder.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Es ist eine ureigene Aufgabe einer Opposition – jen-

seits der Konsensgespräche, auf die ich noch zu spre-
chen komme –, den Finger in die Wunde zu legen und
der Öffentlichkeit die Augen dafür zu öffnen, dass zwi-
schen den Worten und den Taten der Bundesregierung
ein so großer Unterschied wie zwischen Karl Marx und
Bill Gates besteht. So groß ist der Unterschied mittler-
weile.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Riester, wir möchten Sie davor schützen, den

nächsten Fehler zu begehen. Sie bekräftigen beinahe in
allen Interviews – zuletzt wieder in der „Bild“-Zeitung –
die Rückkehr zur Nettolohnformel im Jahre 2002.

Gleichzeitig stellen Sie in Ihrem Hause Überlegungen
an, wie man ab dem Jahre 2002 nicht mehr zur Netto-
lohnformel zurückkehrt, indem Sie zwar weiterhin da-
von sprechen: „Wir kehren zur Nettolohnformel zu-
rück“, aber die Nettolohnformel neu definieren, so wie
Sie sie sich vorstellen. Gegenüber dem geltenden Recht
würde das ein Minus bedeuten.


(Beifall des Abg. Johannes Singhammer [CDU/CSU])


Deshalb fordern wir Sie auf: Kehren Sie zur Netto-
lohnanpassung zurück! Wir sind bereit, auch den Demo-
graphiefaktor – es handelt sich um einen Abzug von der
Nettolohnentwicklung um 0,4 Prozent – mitzutragen,


(Ulla Schmidt [Aachen] [SPD]: 0,6 Prozent!)

weil wir im Gegensatz zu Ihnen keine Blockadepolitik
machen, sondern staatspolitische Verantwortung bei der
Alterssicherung anstreben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD)


Dazu sind wir bereit. Dieser Weg hieße Verlässlichkeit
und würde das Vertrauen in die Rentenversicherung
wieder sichern.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ein Letztes. Wenn nun von Finanzbelastungen die

Rede ist, dann möchte ich einmal an die Kolleginnen
und Kollegen der SPD appellieren: In einer Zeit, in der
diesem Parlament ein Gesetzentwurf vorliegt, nach dem
Kapitalgesellschaften, also insbesondere Banken und
Versicherungen, bei der Veräußerung von Unterneh-
mensbeteiligungen steuerfrei gestellt werden sollen –
immerhin handelt es sich zulasten des Bundeshaushaltes
um ein Privilegium der großen Konzerne –, belasten Sie
den Steuerzahler mit über 4 Milliarden DM. Sie verkau-
fen damit die Seele der Sozialdemokratie, wenn Sie
gleichzeitig sagen: Aber für den Kaufkraftausgleich der
Rentner haben wir zu wenig Geld.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409436900
Herr Kollege
Seehofer, Sie müssen jetzt zum Schluss kommen.


Horst Seehofer (CSU):
Rede ID: ID1409437000
Diese Politik ist nicht
stimmig.

Herr Riester, wir sind zu diesem Rentenkonsens be-
reit; wir führen ernsthafte Gespräche. Ich prognostiziere
Ihnen heute: Wenn wir in die Entscheidungsphase
kommen, dann werden Sie möglicherweise für die Hilfe
im Umgang mit manchen neoliberalen Vorstellungen
und für die Unterstützung bei manchem, was Sie der
SPD-Fraktion zumuten müssen, noch dankbar sein.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409437100
Herr Kollege
Seehofer, die Redezeit.


Horst Seehofer (CSU):
Rede ID: ID1409437200
Was die Wahrheit be-
trifft, sind wir bereit, der Bevölkerung reinen Wein ein-
zuschenken, wie wir es vor der Wahl getan haben.

Horst Seehofer






(A)



(B)



(C)



(D)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409437300
Herr Kollege
Seehofer, Sie müssen jetzt zum Schluss kommen.


Horst Seehofer (CSU):
Rede ID: ID1409437400
Bei aller Bereitschaft
zum Konsens: Wir sind nicht bereit, uns an Täuschun-
gen und Tricks in der Tagespolitik zu beteiligen; deshalb
wird es trotz dieses Konsenses dabei bleiben, dass wir
als Opposition Ihnen im Tagesgeschäft auf die Finger
schauen.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409437500
Das Wort für die
SPD-Fraktion hat der Kollege Olaf Scholz.


Olaf Scholz (SPD):
Rede ID: ID1409437600
Herr Präsident! Liebe Kollegin-
nen und Kollegen! Es ist eine gute Sache, dass mittler-
weile die Rentenkonsensgespräche stattfinden. Es ist ei-
ne gute Sache, dass allseits beteuert wird, nun wolle man
da ordentlich miteinander umgehen. Aber es ist eine
schlechte Sache, wenn das äußere Beiwerk, die öffentli-
chen Diskussionen außerhalb der Rentenkonsensgesprä-
che, so ausgestaltet ist, dass man das Geschehen nicht
ernsthaft nachempfinden kann. Genau das aber erleben
wir hier gegenwärtig.

Es gehört zu Konsensgesprächen, dass man Argu-
mente nennt, die wirklich gelten und für die man am
Ende auch einstehen will. Außerdem gehört zu Kon-
sensgesprächen – Herr Seehofer, darüber haben Sie am
Schluss gesprochen, als Sie von „Wahrheit“ geredet ha-
ben –, dass man keinen unwahren Eindruck vermittelt,
sondern in der Tat präzise über diejenigen Dinge spricht,
die wirklich zu sagen sind. Darum will ich über ein paar
Unseriositäten und Unrichtigkeiten dieser Debatte spre-
chen.

Die erste ist das, was Sie zum Anlass dieser Aktuel-
len Stunde genommen haben, die Anpassung nach dem
Inflationsausgleich. Hierzu hat der Bundestag ein Gesetz
beschlossen. Das war keine Geheimveranstaltung; Sie
alle waren dabei. Sie waren zwar gegen das, was wir be-
schlossen haben; aber Sie haben zugehört und können
die entsprechenden Gesetzestexte nachlesen. Sie könn-
ten den Menschen dann auch wahrerweise sagen, dass
dort steht, dass für zwei Jahre eine Aussetzung der bis-
herigen Anpassungsformel erfolgt und dass sich in die-
ser Zeit die Rente jeweils nach der Inflationsrate des
Vorjahres entwickeln soll. In keinem dieser Gesetzestex-
te steht, dass die Regierung, wie Sie soeben unrichtig
und unwahr suggeriert haben,


(Aribert Wolf [CDU/CSU]: Dann müssen Sie in der Öffentlichkeit die Wahrheit sagen!)


einen Handlungsspielraum hätte, der etwas anderes er-
möglichte als eine Anpassung um 0,6 Prozent, über die
jetzt diskutiert wird.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wenn die Regierung anders handeln würde, wäre das ein
Gesetzesbruch. Der Bundestag müsste etwas anderes

und Neues beschließen, damit die Regierung das über-
haupt könnte.


(Horst Seehofer [CDU/CSU]: Nächste Woche!)


Deshalb ist es sehr wichtig, dass nicht darüber disku-
tiert wird, dass die Bundesregierung etwas anderes tut,
als der Gesetzgeber letztes Jahr beschlossen hat. Wir
sollten vielmehr darüber diskutieren, dass die CDU/CSU
suggeriert, wir hätten im letzten Jahr etwas anderes be-
schlossen als das, was schwarz auf weiß in den Gesetzen
steht. Ihr Vorgehen entspricht der Unwahrheit und ist
nicht gut für die Rentenkonsensgespräche.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Aribert Wolf [CDU/CSU]: Versprochen haben Sie etwas anderes!)


Die Verschiebung der Wahrheit scheint auch ansons-
ten etwas zu sein, was Sie im Rahmen dieser Diskussion
für wichtig halten. Ich will deshalb auf Folgendes hin-
weisen: Wir diskutieren im Rahmen der für zwei Jahre
vorgesehenen Aussetzung der bisherigen Rentenanpas-
sung und der Anpassung entsprechend der Inflationsrate
des Vorjahres über ein Problem, das Sie gerne gehabt
hätten. Denn tatsächlich ist es so, dass die Rentenanpas-
sungen in den letzten Jahren, also seit 1995, immer
schlechter ausgefallen sind, als sie ausgefallen wären,
wenn sie um die Inflationsrate erhöht worden wären.


(Julius Louven [CDU/CSU]: Das haben Sie doch mit beschlossen!)


Das heißt, die alte Rentenformel hat dazu geführt, dass
die Renten geringer gestiegen sind als die Inflationsrate.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Die Löhne auch!)


Und warum? Das hat etwas damit zu tun, dass die Po-
litik der alten Bundesregierung 16 Jahre lang dazu bei-
getragen hat, dass die Sozialversicherungsbeiträge für
Arbeitnehmer und Arbeitgeber von 32 auf 42 Prozent
angestiegen sind und sich dadurch die Nettolöhne natür-
lich nicht ordentlich entwickeln konnten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Manfred Grund [CDU/ CSU]: Das haben wir gemeinsam beschlossen!)


Das hat etwas damit zu tun, dass Sie eine Steuerpolitik
betrieben haben, die den Familien, Menschen mit gerin-
gem Einkommen, dem Mittelstand sowie den normalen
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern netto immer
weniger von ihrem Bruttolohn belassen hat. Das hat da-
zu geführt, dass es überhaupt keine Aussicht mehr gab
auf eine Anpassung nach der Entwicklung der Nettolöh-
ne, die die Anpassung nach der Inflationsrate hätte über-
treffen können. Hätten Sie weiter regiert, wäre das trotz
aller vorgesehenen Formeln niemals anders gewesen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Nach diesen zwei Jahren – mit Ausnahme des ersten
Jahres unserer Regierung, in dem dies schon der Fall






(A)



(B)



(C)



(D)


war – wird es das erste Mal dauerhaft die Möglichkeit
geben, dass die Anpassung der Renten wieder oberhalb
der Inflationsrate liegt. Das hat etwas mit der Steuer-
und Sozialpolitik der Regierung zu tun und darüber soll-
ten Sie richtig sprechen.


(Beifall bei der SPD)

Ich will zum letzten Punkt kommen, den ich in die-

sem Zusammenhang für bedeutsam halte, nämlich dazu,
dass Sie bereits das nächste Thema ansprechen, ange-
sichts dessen Sie die Wirklichkeit verschieben wollen:
Es handelt sich um die Frage, was in zwei Jahren sein
soll. Da hört man von verschiedenen Seiten – das kann
man übrigens auch nachlesen –, dass man sich – mit
Ausnahme der Sozialdemokratischen Partei Deutsch-
lands und des zuständigen Ministers – nicht sicher ist,
ob man wirklich zur Nettolohnanpassung bzw. zur An-
passung der Renten entsprechend der Lohnentwicklung
wirklich zurückkehren soll. Sie sind dagegen – das ha-
ben Sie soeben gesagt –, indem Sie noch einmal den
Demographiefaktor, der für viele Jahre eine Abkehr von
der Nettolohnanpassung darstellt, benannt haben.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Richtig! Das muss man einmal so benennen!)


Es gibt übrigens noch viele andere Konzepte, die alle
seitens Ihrer Kommissionsvertreter vorgebracht werden
und die alle besagen: Eine Anpassung nach der Netto-
lohnformel geht nicht. Auch bei der F.D.P. wird

darüber so diskutiert. Sie werfen jetzt dem Minister, der
angesichts Ihrer Meinung standhaft die Wiederanpas-
sung der Renten entsprechend der Entwicklung der Löh-
ne verteidigt und Sie in den kommenden Gesprächen
von seiner Haltung überzeugen will, vor, er wolle das
nicht. Das ist Demagogie statt Politik. Ich hoffe, Sie
nehmen davon Abstand.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1409437700
Liebe Kolleginnen
und Kollegen, die Aktuelle Stunde ist beendet.

Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
ordnung. Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend und
unseren Gästen auf den Tribünen weiterhin einen
angenehmen Aufenthalt in Berlin.


(Hans-Michael Goldmann [F.D.P.]: Weiterhin?!)


– Ja, hoffentlich weiterhin.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-

destages auf morgen, Donnerstag, den 23. März 2000,
9 Uhr, ein.

Die Sitzung ist geschlossen.