Protokoll:
14025

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 14

  • date_rangeSitzungsnummer: 25

  • date_rangeDatum: 4. März 1999

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 22:23 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 14/25 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 25. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 I n h a l t : Begrüßung des Präsidenten der ungarischen Nationalversammlung, Dr. János Áder, und seiner Delegation ............................................ 1897 A Tausch von gewählten stellvertretenden Mit- gliedern im Beirat der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post..................... 1897 B Wahl des Abgeordneten Christian Ströbele als stellvertretendes Mitglied in den Stiftungs- rat der „Stiftung der Aufarbeitung der SED- Diktatur“ .......................................................... 1897 C Erweiterung der Tagesordnung........................ 1897 D Nachträgliche Ausschußüberweisungen .......... 1898 A Zusatztagesordnungspunkt 2: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Steuerentlastungsgesetzes 1999/ 2000/2002 (Drucksachen 14/23, 14/442, 14/443, 14/466) .......................................... 1898 A Oskar Lafontaine, Bundesminister BMF ......... 1898 C Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. .................. 1900 D Friedrich Merz CDU/CSU ............................... 1903 D Christine Scheel BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN................................................................. 1908 B Dr. Uwe-Jens Rössel PDS............................ 1910 D Jochen-Konrad Fromme CDU/CSU ............ 1911 C Diethard Schütze (Berlin) CDU/CSU.......... 1912 A Klaus-Peter Willsch CDU/CSU................... 1913 B Hans Michelbach CDU/CSU ........................... 1914 A Christine Scheel BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN................................................................. 1914 C Dr. Hermann Otto Solms F.D.P....................... 1915 B Detlev von Larcher SPD.............................. 1917 A Dr. Barbara Höll PDS...................................... 1918 D Klaus Haupt F.D.P........................................... 1921 D Dr. Barbara Höll PDS...................................... 1922 B Detlev von Larcher SPD.................................. 1922 B Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach) CDU/ CSU ................................................................. 1925 B Christine Scheel BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN............................................................. 1925 D Klaus Wolfgang Müller (Kiel) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN............................................ 1928 B Carl-Ludwig Thiele F.D.P. .............................. 1930 B Jörg-Otto Spiller SPD...................................... 1931 D Carl-Ludwig Thiele F.D.P. .......................... 1933 B Dr. Georg Milbradt, Staatsminister (Sachsen) . 1933 D Dr. Mathias Schubert SPD............................... 1936 A Ulrich Klinkert CDU/CSU .......................... 1937 D Peter Rauen CDU/CSU.................................... 1938 D Lydia Westrich SPD ........................................ 1941 A Joachim Poß SPD ............................................ 1942 B Elke Wülfing CDU/CSU ............................. 1943 A Namentliche Abstimmung über Artikel 1 Nummer 1 in der Ausschußfassung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 (Drucksachen 14/23, 14/442)........................... 1944 C Ergebnis........................................................... 1945 B II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 Namentlliche Abstimmung über Artikel 1 Nummer 8 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa Dreifachbuchstabe aaa Satz 2 in der Aus- schußfassung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einge- brachten Entwurfs eines Steuerentlastungsge- setzes 1999/2000/2002 (Drucksachen 14/23, 14/442)............................................................. 1945 A Ergebnis ........................................................... 1948 D Namentliche Abstimmung über Artikel 1 Nummer 8 Buchstabe a Doppelbuchstabe ee in der Ausschußfassung des von den Fraktio- nen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Steuerentla- stungsgesetzes 1999/2000/2002 (Drucksachen 14/23, 14/442).................................................. 1945 C Ergebnis ........................................................... 1951 A Namentliche Abstimmung über Artikel 5 Nummer 1 in der Ausschußfassung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 (Drucksachen 14/23, 14/442)........................... 1948 B Ergebnis ........................................................... 1953 B Namentliche Schlußabstimmung über den von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 (Drucksachen 14/23, 14/442)........................... 1956 A Ergebnis ........................................................... 1956 D Namentliche Abstimmung über den Ent- schließungsantrag der Abgeordneten Gerda Hasselfeldt, Norbert Barthle, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion CDU/CSU (Druck- sache 14/467) ................................................... 1956 A Ergebnis ........................................................... 1959 A Namentliche Abstimmung über den Ent- schließungsantrag der Abgeordneten Ernst Burgbacher, Jörg van Essen, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion F.D.P. (Drucksache 14/465)............................................................. 1956 B Ergebnis ........................................................... 1975 B Namentliche Abstimmung über den Ent- schließungsantrag der Fraktion PDS (Druck- sache 14/451) ................................................... 1956 C Ergebnis ........................................................... 1978 A Tagesordnungspunkt 4: Debatte anläßlich des Internationalen Frauentages Dr. Edith Niehuis, Parl. Staatssekretärin BMFSFJ........................................................... 1961 D Bärbel Sothmann CDU/CSU ........................... 1964 C Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ........................................................ 1966 C Ina Lenke F.D.P............................................... 1968 C Petra Bläss PDS............................................... 1970 A Ulla Schmidt (Aachen) SPD............................ 1970 D Dr. Rita Süssmuth CDU/CSU.......................... 1971 B Ulla Schmidt (Aachen) SPD........................ 1971 C Hanna Wolf (München) SPD........................... 1973 B Tagesordnungspunkt 12: Überweisungen im vereinfachten Verfah- ren a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Siebten Gesetzes zur Änderung des Bundessozi- alhilfegesetzes (Drucksache 14/389) ......... 1980 B b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 17. Okto- ber 1997 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Tunesischen Republik über die Seeschiffahrt (Drucksache 14/390)........................................................ 1980 D Zusatztagesordnungspunkt 3: Weitere Überweisung im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des DNA-Identitätsfest- stellungsgesetzes (Drucksache 14/445) ..... 1981 A b) Antrag der Abgeordneten Marlies Pretz- laff, Klaus-Jürgen Hedrich, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion CDU/CSU 5 Jahre nach Kairo: Umsetzung der Beschlüsse der Konferenz der Vereinten Nationen zu Weltbevölkerung und Ent- wicklung 1994 (Drucksache 14/446) ......... 1981 A Tagesordnungspunkt 13: Abschließende Beratungen ohne Ausspra- che a) Zweite und dritte Beratung des vom Bun- desrat eingebrachten Entwurfs eines Ge- setzes zur Änderung des Tabaksteuer- gesetzes (§ 30a TabStG) (Drucksachen 14/18, 14/359) ............................................ 1981 B Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 III b) Antrag der Bundesregierung Ausnahme von dem Verbot der Zuge- hörigkeit zu einem Aufsichtsrat für ein Mitglied der Bundesregierung (Drucksa- che 14/357) ................................................. 1981 C c) Beschlußempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Arbeit und Sozialordnung zu der Unterrichtung durch die Bundesregie- rung Zwischenbericht über das Gemein- schaftsprogramm für Sicherheit, Ar- beitshygiene und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (1996–2000) (Drucksachen 14/74 Nr. 2.82, 14/393)............................... 1981 C d – g) Beschlußempfehlungen des Petitionsaus- schusses Sammelübersichten 18, 19, 20 und 21 zu Petitionen (Drucksachen 14/410, 14/411, 14/412, 14/413)........................................... 1981 D Zusatztagesordnungspunkt 5: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab- kommen vom 18. August 1998 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland, den Vereinten Nationen und dem Sekretariat des Übereinkom- mens der Vereinten Nationen zur Be- kämpfung der Wüstenbildung über den Sitz des Ständigen Sekretariats des Übereinkommens (Drucksachen 14/228, 14/468) ....................................................... 1982 B Tagesordnungspunkt 6: a) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung der geringfü- gigen Beschäftigungsverhältnisse (Druck- sachen 14/280, 14/441, 14/458) ................... 1982 C b) Beschlußempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Arbeit und Sozialordnung zu dem Antrag der Fraktion CDU/CSU Beschäftigung fördern – soziale Siche- rung verbessern – Flexibilisierung er- halten (Drucksachen 14/290, 14/441) ........ 1982 C Leyla Onur SPD............................................... 1982 D Dr. Peter Ramsauer CDU/CSU........................ 1985 A Gerd Andres SPD......................................... 1987 D Dr. Thea Dückert BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN................................................................. 1988 B Wolfgang Meckelburg CDU/CSU............... 1990 A Dr. Irmgard Schwaetzer F.D.P. ....................... 1992 A Dr. Ilja Seifert PDS...................................... 1994 B Dr. Heidi Knake-Werner PDS ......................... 1994 D Ingrid Fischbach CDU/CSU............................ 1996 C Peter Dreßen SPD............................................ 1998 C Dirk Niebel F.D.P............................................ 2000 D Peter Dreßen SPD............................................ 2001 C Wolfgang Meckelburg CDU/CSU................... 2002 A Walter Riester, Bundesminister BMA............. 2004 A Dirk Niebel F.D.P. ....................................... 2005 B Namentliche Abstimmung............................... 2007 C Ergebnis........................................................... 2010 B Tagesordnungspunkt 8: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Berücksichti- gung von Entlassungsentschädigungen im Arbeitsförderungsrecht (Entlassungsent- schädigungs-Änderungsgesetz) (Druck- sache 14/394) ............................................. Namentliche Abstimmung............................... 2008 A Ergebnis........................................................... 2013 A Tagesordnungspunkt 7: Antrag der Abgeordneten Jürgen W. Möllemann, Hildebrecht Braun (Augs- burg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion F.D.P. 9-Punkte-Konzept zur Schaffung von zusätzlichen Ausbildungsplätzen (Druck- sache 14/335) ................................................ 2008 B Detlef Parr F.D.P. ............................................ 2008 C Walter Hoffmann (Darmstadt) SPD ................ 2015 B Dr.-Ing. Rainer Jork CDU/CSU....................... 2017 B Stephan Hilsberg SPD ................................. 2019 C Ilse Aigner CDU/CSU ................................. 2020 A Iris Gleicke SPD .......................................... 2020 B Hans-Josef Fell BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2021 A Hans-Michael Goldmann F.D.P................... 2022 B Dr.-Ing. Rainer Jork CDU/CSU................... 2022 C Maritta Böttcher PDS ...................................... 2023 C Ulrich Kasparick SPD ..................................... 2024 D Ilse Aigner CDU/CSU..................................... 2026 B Walter Hoffmann (Darmstadt) SPD ................ 2028 C IV Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 Wolf-Michael Catenhusen, Parl. Staatssekre- tär BMBF......................................................... 2028 D Heinz Wiese (Ehingen) CDU/CSU.............. 2030 B Jürgen Koppelin F.D.P................................. 2031 C Tagesordnungspunkt 9: Antrag der Abgeordneten Gerda Hassel- feldt, Klaus Brähmig, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion CDU/CSU Harmonisierung der gastgewerblichen Mehrwertsteuersätze in der Europäi- schen Union (Drucksache 14/294) ............ 2032 B Klaus Brähmig CDU/CSU............................... 2032 C Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin BMF................................................................. 2034 C Ernst Hinsken CDU/CSU ............................ 2035 B Klaus Brähmig CDU/CSU........................... 2035 C Ernst Hinsken CDU/CSU ................................ 2036 C Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin BMF................................................................. 2037 B Ernst Burgbacher F.D.P. .................................. 2037 C Klaus Wolfgang Müller (Kiel) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN................................................. 2039 A Ernst Burgbacher F.D.P. .............................. 2039 D Heidemarie Ehlert PDS.................................... 2040 C Dieter Grasedieck SPD .................................... 2041 B Elmar Müller (Kirchheim) CDU/CSU......... 2041 C Klaus Brähmig CDU/CSU........................... 2042 B Klaus-Peter Willsch CDU/CSU....................... 2043 A Brunhilde Irber SPD ........................................ 2044 C Klaus Brähmig CDU/CSU........................... 2045 B Zusatztagesordnungspunkt 4: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung zu dem am 11. Fe- bruar 1999 veröffentlichten Bericht des Ausschusses für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte der Vereinten Nationen zur Verletzung des interna- tionalen Paktes für wirtschaftliche, so- ziale und kulturelle Rechte durch die Bundesrepublik Deutschland Maritta Böttcher PDS....................................... 2046 C Stephan Hilsberg SPD ..................................... 2047 C Manfred Grund CDU/CSU .............................. 2048 C Katrin Göring-Eckardt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN......................................................... 2049 C Klaus Haupt F.D.P. .......................................... 2050 B Dr. Heinrich Fink PDS .................................... 2051 B Ulrike Mascher, Parl. Staatssekretärin BMA... 2052 B Arnold Vaatz CDU/CSU ................................. 2053 D Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ........................................................ 2054 C Manfred Grund CDU/CSU.............................. 2055 B Engelbert Wistuba SPD ................................... 2056 B Silvia Schmidt (Eisleben) SPD........................ 2057 A Dr. Edelbert Richter SPD ................................ 2058 B Tagesordnungspunkt 10: Erste Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Elften Buches Sozialgesetzbuch – 4. SGB XI- Änderungsgesetz (Drucksache 14/407) .... 2059 C Dr. Ilja Seifert PDS.......................................... 2059 C Tagesordnungspunkt 11: Antrag der Abgeordneten Kersten Nau- mann, Eva Bulling-Schröter, Rolf Kutz- mutz und der Fraktion PDS Verlängerung der Pachtverträge für ehemals volkseigene Flächen (Drucksa- che 14/291) ................................................ 2060 B Kersten Naumann PDS.................................... 2060 C Karsten Schönfeld SPD ................................... 2061 C Gottfried Haschke (Großhennersdorf) CDU/ CSU ................................................................. 2062 B Steffi Lemke BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ... 2063 B Kersten Naumann PDS................................ 2063 C Ulrich Heinrich F.D.P...................................... 2064 C Rolf Schwanitz, Staatsminister BK ................. 2065 B Roland Claus PDS ....................................... 2065 C Manfred Grund CDU/CSU.......................... 2066 C Kersten Naumann PDS................................ 2066 D Nächste Sitzung ............................................... 2067 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten ........... 2069 A Anlage 2 Förderprojekte, insbesondere im Tourismus, in Baden-Württemberg im Rahmen des INTERREG-II-Programms der Europäischen Union Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 V MdlAnfr 9, 10 Ernst Burgbacher F.D.P. SchrAntw PStSekr Siegmar Mosdorf BMWi .. 2069 B Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordne- ten Klaus Brähmig (CDU/CSU) zur Abstim- mung über den von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einge- brachten Entwurf eines Steuerentlastungs- gesetzes 1999/2000/2002 (Zusatztagesord- nungspunkt 2) .................................................. 2069 D Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Gert Weisskirchen (Wiesloch) (SPD) zur Abstimmung über den von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ein- gebrachten Entwurf eines Steuerentlastungs- gesetzes 1999/2000/2002 (Zusatztagesord- nungspunkt 2) .................................................. 2070 A Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Uwe-Jens Rössel (PDS) zur Abstimmung über den von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurf ei- nes Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 (Zusatztagesordnungspunkt 2)............................ 2070 D Anlage 6 Erklärung der Abgeordneten Kerstin Müller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur nament- lichen Abstimmung über Artikel 1 Nummer 8 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa Dreifach- buchstabe aaa des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einge- brachten Entwurfs eines Steuerentlastungsge- setzes 1999/2000/2002 (Drucksachen 14/23, 14/442)............................................................. 2071 C Anlage 7 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordne- ten Annelie Buntenbach (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über den Ent- wurf eines Gesetzes zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse (Tagesordnungspunkt 6) .................................. 2071 C Anlage 8 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Hans Büttner (Ingolstadt) (SPD) zur Abstim- mung über den Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der geringfügigen Beschäfti- gungsverhältnisse (Tagesordnungspunkt 6)..... 2072 B Anlage 9 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Klaus Brähmig, Thomas Dörflinger, Ilse Aig- ner, Anita Schäfer, Dr. Hans Georg Faust, Ernst Hinsken (alle CDU/CSU) zur Abstim- mung über den Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der geringfügigen Beschäfti- gungsverhältnisse (Tagesordnungspunkt 6)..... 2072 C Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zum Ent- wurf eines Gesetzes zur Änderung der Be- rücksichtigung von Entlassungsentschädi- gungen im Arbeitsförderungsrecht (Tages- ordnungspunkt 8) Franz Thönnes SPD......................................... 2072 D Thomas Strobl CDU/CSU ............................... 2074 A Klaus Hofbauer CDU/CSU.............................. 2074 D Annelie Buntenbach BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ........................................................ 2076 A Dirk Niebel F.D.P. .......................................... 2076 C Dr. Klaus Grehn PDS ...................................... 2077 C Gerd Andres, Parl. Staatssekretär BMA .......... 2078 B Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Rede zur Aktuellen Stunde betr. Haltung der Bundesregierung zu dem am 11. Februar 1999 veröffentlichten Bericht des Ausschusses für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte der Vereinten Nationen zur Verletzung des internationalen Paktes für wirtschaftliche, soziale und kultu- relle Rechte durch die Bundesrepublik Deutschland (Tagesordnungspunkt 4) Vera Lengsfeld CDU/CSU .............................. 2079 C Anlage 12 Zu Protokoll gegebene Reden zum Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Elften Buches Sozialgesetzbuch – 4. SGB XI- Änderungsgesetz (Tagesordnungspunkt 10) Regina Schmidt-Zadel SPD............................. 2080 B Eva-Maria Kors CDU/CSU ............................. 2081 C Detlef Parr F.D.P. ............................................ 2082 C Andrea Fischer, Bundesministerin BMG......... 2083 D Anlage 13 Erklärung des Abgeordneten Rainer Funke (F.D.P.) zur namentlichen Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregie- VI Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 rung Deutsche Beteiligung an der militä- rischen Umsetzung eines Rambouillet- Abkommens für den Kosovo sowie an NATO-Operationen im Rahmen der Notfall- truppe (Extraction Force) (Drucksachen 14/397, 14/414) am 25. Februar 1999.............. 2084 B Anlage 14 Erklärung des Abgeordneten Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) (CDU/CSU) zur na- mentlichen Abstimmung über den Entwurf eines von den Fraktionen SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Ge- setzes zum Einstieg in die ökologische Steu- erreform (Drucksachen 14/40, 14/408) am 3. März 1999.................................................... 2084 C Anlage 15 Erklärung der Abgeordneten Gila Altmann (Aurich) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über den Ände- rungsantrag der Abgeordneten Gerda Hassel- feldt, Heinz Seiffert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion CDU/CSU zu dem Entwurf eines von den Fraktionen SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Geset- zes zum Einstieg in die ökologische Steuer- reform (Drucksachen 14/40, 14/408, 14/424) am 3. März 1999.............................................. 2084 C Anlage 16 Erklärung der Abgeordneten Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über den Ent- schließungsantrag der Fraktion PDS zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Entwurf eines Gesetzes zum Einstieg in die ökolo- gische Steuerreform (Drucksachen 14/40, 14/408, 14/423) am 3. März 1999) .................. 2084 D Anlage 17 Amtliche Mitteilung ........................................ 2084 D Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 1897 (A) (C) (B) (D) 25. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 Beginn: 9.00 Uhr
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    Staatsminister Rolf Schwanitz Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 2069 (A) (C) (B) (D) Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Dr. Bartsch, Dieter PDS 4. 3. 99 Becker-Inglau, Ingrid SPD 4. 3. 99 Diemers, Renate CDU/CSU 4. 3. 99 Dietzel, Wilhelm CDU/CSU 4. 3. 99 Eichhorn, Maria CDU/CSU 4. 3. 99 Götz, Peter CDU/CSU 4. 3. 99 Grotthaus, Wolfgang SPD 4. 3. 99 Hasenfratz, Klaus SPD 4. 3. 99 Hoffmann (Chemnitz), Jelena SPD 4. 3. 99 Homburger, Birgit F.D.P. 4. 3. 99 Irmer, Ulrich F.D.P. 4. 3. 99 Jelpke, Ulla PDS 4. 3. 99 Dr. Krogmann, Martina CDU/CSU 4. 3. 99 Dr. Leonhard, Elke SPD 4. 3. 99 Lippmann-Kasten, Heidi PDS 4. 3. 99 Lörcher, Christa SPD 4. 3. 99 * Ostrowski, Christine PDS 4. 3. 99 Rauber, Helmut CDU/CSU 4. 3. 99 Rühe, Volker CDU/CSU 4. 3. 99 Rupprecht, Marlene SPD 4. 3. 99 Scheffler, Siegfried SPD 4. 3. 99 Schmidbauer, Bernd CDU/CSU 4. 3. 99 Dr. Volmer, Ludger BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 4. 3. 99 Volquartz, Angelika CDU/CSU 4. 3. 99 Dr. Waigel, Theodor CDU/CSU 4. 3. 99 Willner, Gert CDU/CSU 4. 3. 99 Zierer, Benno CDU/CSU 4. 3. 99 ––––––––––– * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Siegmar Mosdorf auf die Fra- gen des Abgeordneten Ernst Burbacher (F.D.P.) (Drucksache 14/428, Fragen 9 und 10) In welcher Höhe wurden in Baden-Württemberg Projekte,und hier insbesondere Tourismusprojekte, im Rahmen des soge-nannten INTERREG-II-Programms der Europäischen Union zurFörderung grenzüberschreitender Zusammenarbeit in den Jahren1997 und 1998 gefördert? In welcher Höhe stehen nach Kenntnis der BundesregierungGelder für Projekte in Baden-Württemberg aus diesem Pro-gramm für das laufende Jahr zur Verfügung? Das Land Baden-Württemberg ist im Rahmen der Gemeinschaftsinitiative für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit INTERREG an drei grenzüberschrei- tende Kooperationsräumen zusammen mit Frankreich, Österreich und der Schweiz beteiligt. In der lfd. Förderperiode stehen 1994 – 1999 für diese Kooperationsräume insgesamt 42,5 Mio. Euro EU- Fördermittel zur Verfügung, darunter für Maßnahmen der Wirtschaftsförderung einschließlich des Tourismus 12,6 Mio. Euro. Die Durchführung der Gemeinschaftsinitiative IN- TERBERG erfolgt für den gesamten Programmzeitraum auf der Grundlage von Operationellen Programmen, in denen eine Aufteilung der finanziellen Mittel auf die einzelnen Jahre nur indikativ erfolgt. Dabei werden die EU-Mittel für die bi- bzw. trilateralen Kooperationsräu- me insgesamt und nicht auf nationaler Ebene zur Verfü- gung gestellt. Bei den Kooperationsräumen handelt es sich um den Raum „Alpenrhein-Bodensee-Hochrhein“ mit Österreich und der Schweiz, den Raum „Oberrhein Mitte-Süd“ mit Frankreich und der Schweiz sowie den Raum „Pamina“ zusammen mit Frankreich. Durch die regionalen gemeinsamen Begleit- und Lenkungsausschüsse wird gesichert, daß weitgehend grenzüberschreitende Projekte und Maßnahmen, in die alle beteiligten Länder einbezogen sind, gefördert wer- den. Nach den der Bundesregierung vorliegenden Infor- mationen wurden bis Ende 1998 von den insgesamt zur Verfügung stehenden EU-Fördermitteln bereits rd. 38 Mio. Euro für grenzüberschreitende Projekte gebun- den, die überwiegend die Jahre 1997 und 1998 betreffen. Im laufenden Jahr 1999 stehen somit noch 4,5 Mio. Euro für weitere Projekte zur Verfügung. Für Maßnahmen der Wirtschaftsförderung einschließlich des Tourismus sind dafür rd. 1,8 Mio. Euro vorgesehen. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Klaus Brämig (CDU/CSU) zur Abstimmung über den von den Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen eingebrachten Entwurf eines Steuerentlastungsgesetzes 1999/ 2000/2002 (Zusatztagesordnungspunkt 2) Bei der heutigen Abstimmung über das Steuerentla- stungsgesetz 1999/2000/2002 möchte ich mein Mißfal- len über die Art und Weise, wie dieser Gesetzentwurf beraten wurde, zum Ausdruck bringen. Nach der Bera- tung im mitberatenden Tourismusausschuß wurden – genauso wie beim Ökosteuergesetz – erhebliche Ab- änderungen durch den federführenden Finanzausschuß vorgenommen. Zeitweise war kaum ein Finanzpolitiker aussagefähig über den aktuellen Stand der Gesetzge- bung. Das Urteil „chaotische Steuerpolitik“ ist der Rea- lität nicht angemessen. Die Entscheidung, den Vor- 2070 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 (A) (C) (B) (D) steuerabzug für Geschäftsessen und Geschäftsreisen ab- zuschaffen, bedeutet eine deutliche Verteuerung von Dienstleistungen im Gastgewerbe um 16%. Dieser neue Belastungstatbestand wird zu einem deutlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit und einer Vernichtung mittelständi- scher Existenzen führen. Aufgrund der Verfahrensfehler und der o. g. „hand- werklichen Fehler“ kann ich diesem Gesetzentwurf mei- ne Zustimmung nicht erteilen. Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Gert Weisskirchen (Wies- loch) (SPD) zur Abstimmung über den von den Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grü- nen eingebrachten Entwurf eines Steuerent- lastungsgesetzes 1999/ 2000/2002 (Zusatztages- ordnungspunkt 2) Wäre es beim Entwurf des Steuerentlastungsgesetzes 19999/2000/2002 geblieben, wie er Ende 1998 vorgelegt wurde, es wäre schwer gefallen, ihm aus kulturpoliti- scher Sicht zuzustimmen. Warum darum herumreden? Wäre die Teilwertabschreibung, wie zunächst vorgese- hen, abgeschafft worden, dann wären Buchhandel und Verlage gezwungen worden, ihre Buchvorräte, das, was man Lager nennt, mit den vollen Anschaffungs- und Herstellungskosten in der Steuerbilanz hätten ansetzen müssen. Und zwar so lange, bis ein eingetretener Verlust auch wirklich realisiert worden wäre, solange also, bis die Bücher in den „Ramschverkauf“ gegangen wären. Anders allerdings als in anderen Sektoren des Han- dels ist es dem Buchhandel nicht möglich, über Schluß- verkäufe Lagerbestände abzubauen. Die Preisbindung steht dem entgegen. Die Folge wäre: ins Dramatische angestiegen wäre der Finanzbedarf von Verlagen, die der Leserschaft ein breitgefächertes Sortiment anbieten. Dies wiederum hätte bedeutet: der Buchhandel müßte hohe Steuern zahlen über die gesamte Laufzeit, die die Bücher auf Lager gewesen wären. Die Debatte in der Öffentlichkeit und im Parlament hat zu einem Erfolg geführt. Herr BMF, ich bin Ihnen und den Kolleginnen und Kollegen des Finanzausschus- ses dankbar, daß die Teilwertabschreibung doch erhalten bleibt, wenn auch mit der Einschränkung der „voraus- sichtlich dauerhaften Wertminderung“. Dies ist für die Buchhandlungen überaus schwer nachzuweisen. Dringend bitte ich die Bundesregierung darum, si- cherzustellen, daß diese Regelung sich kulturpolitisch nicht nachteilig auswirkt. Gemeinsam mit den Ländern muß dies, wenn nötig untergesetzlich, sichergestellt werden, daß die Regelungen entsprechend dem Sorti- menter-Merkblatt erhalten bleiben. So hat das wohl auch das Kabinett am 10. Februar festgehalten. Auch kulturpolitisch ist das vorliegende Steuerentlastungsgesetz ein Erfolg. Für den Buchhandel wird es auch weiterhin die Mög- lichkeit einer differenzierten Lagerhaltung geben. Kein Buchhändler muß künftig sein Lager abverkaufen und kein Verleger wird gezwungen sein, aus steuerlichen Gründen nur noch kleinere und damit teurere Auflagen zu drucken. Die kulturelle Vielfalt durch das Nebenein- ander von kleinen und großen Buchhandlungen, gängi- gen Titeln und anspruchsvollen Büchern, bleibt gesi- chert. Kein Verleger wird gezwungen sein, sich allein an kommerziellen Kriterien zu orientieren. Auch noch nicht bekannte Autoren haben so die Chance, einen Verleger zu finden. Die Leser können auch künftig darauf bauen, daß die bewährten Strukturen im Buchhandel und bei Verlagen in Deutschland erhalten bleiben. Die vielen tausend Buchhandlungen, auch jenseits der größeren Städte, werden weiterhin die Chance haben, sich am Markt zu behaupten. Die in anderen Teilen des Handels zu beob- achtenden Konzentrationstendenzen, bei denen Super- märkte die kleineren Läden verdrängen, wird es insoweit im Buchhandel nicht geben. Damit die bewährten Strukturen im Buchhandel er- halten bleiben, ist es aber gleichermaßen notwendig, daß auch die Preisbindung für die Bücher bestehen bleibt. Die Brüsseler Wettbewerbskommission ist jetzt am Zuge. Die SPD-Fraktion begrüßt deshalb, daß die Bundesregierung sich vorgenommen hat, im Rahmen der deutschen Ratspräsidentschaft die grenz- überschreitende Buchpreisbindung zu sichern. Wir erwarten, daß in der Europäischen Union eine ver- bindliche Regelung geschaffen wird, die neben den nationalen Buchpreisbindungen auch die Rechtmä- ßigkeit von zweiseitigem Abkommen innerhalb ein- heitlicher Sprachräume ermöglicht. Es entspricht dem europäischen Einigungsgedanken durchaus, wenn gewachsenen Kulturen in den Mitgliedstaaten Rech- nung getragen wird und Europa auch weiterhin durch eine größtmögliche regionale Vielfalt gekennzeichnet ist. Ich appelliere deshalb auch an die Opposition, unter- stützen Sie die Bundesregierung bei ihrem Bemühungen, die Buchpreisbindung gegen den Widerstand einiger Brüsseler Bürokraten dauerhaft zu sichern. Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Uwe-Jens Rössel (PDS) zur Abstimmung über den von den Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen eingebrachten Entwurf eines Steuerentlastungsgesetzes 1999/ 2000/2002 (Zusatztagesordnungspunkt 2) Ich stimme gegen die Beschlußempfehlung des feder- führenden Finanzausschusses zum Steuerentlastungsge- setz 1999/2000/2002. Diesem Abstimmungsverhalten liegt zugrunde, daß sich bei der Verabschiedung dieser umfangreichen steuerlichen Regelungen erhebliche Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 2071 (A) (C) (B) (D) Steuerausfälle für die schon jetzt mit insgesamt 2,218 Milliarden D-Mark hochverschuldeten öffentlichen Haushalte ergeben werden. Bereits derzeit bedeutet das eine Pro-Kopf-Verschuldung von 27 215 D-Mark. Auf- grund der von SPD und Bündnisgrünen in einem in der Tat chaotischen parlamentarischen Verfahren vorge- nommenen laufenden Korrekturen beim Abbau von Steuervergünstigungen ist mit Inkrafttreten des Steuer- entlastungsgesetzes von spürbaren Einnahmeausfällen der öffentlichen Haushalte auszugehen. Diese immen- sen Steuerausfälle können nicht – wie die Bundesregie- rung glauben zu machen versucht – aus sich heraus selbst finanziert werden. Ich stimme gegen die Beschlußempfehlung des federführenden Finanzausschusses, weil nach dem vom Finanzausschuß beschlossenen Finanztableau, die Steuerausfälle von Bund, Ländern und Gemeinden von mindestens 2,1 Milliarden D-Mark im Jahr 2000 auf mindestens 20,5 Milliarden D-Mark (davon 10,1 Milliarden D-Mark für den Bund und 10,4 Milliarden D-Mark für Länder und Gemeinden) im Jahr 2002 anwachsen sollen. Das wäre binnen 2 Jahren eine Verzehnfachung der Steuerausfälle für die öffentliche Hand. Angesichts dieser beträchtlichen Steuerausfälle wird die Handlungsfähigkeit von Bund, Ländern und Gemeinden gerade zur Überwindung der anhaltend hohen Arbeitslosigkeit oder zur Einleitung einer nachhaltigen Verbesserung der Umwelt sehr infrage gestellt. Ich stimme gegen die Beschlußempfehlung des fe- derführenden Finanzausschusses zum Steuerentla- stungsgesetz, weil die 2 059 Städte, ca. 11 500 Ge- meinden sowie 325 Landkreise vom Steuerentla- stungsgesetz besonders negativ betroffen sind. Ange- sichts der Tatsache, daß die Städte und Gemeinden gesetzlich mit 15 Prozent an der Lohn- und Einkom- mensteuer beteiligt sind, werden ihnen infolge des Steuerentlastungsgesetzes im Jahr 2002 mindestens 3 Milliarden direkte Steuerausfälle entstehen. Weitere rund 4 Milliarden D-Mark-Einnahmen stehen den Städten, Gemeinden und Kommunen wegen der zu erwartenden Kürzungen des kommunalen Finanzaus- gleichs durch die Länder – denen durch das Steue- rentlastungsgesetz wiederum 7,4 Milliarden D-Mark Steuerausfälle entstehen – nicht zur Verfügung. Und das bei einer Gesamtverschuldung der Städte, Ge- meinden, Landkreise und kommunalen Zweckverbän- de von derzeitig insgesamt 195 Milliarden D-Mark. Auf die Kommunen werden damit weitere nicht hin- nehmbare Rückgänge der Investitionen bzw. Ein- schnitte vor allem im sozialen, soziokulturellen und ökologischen Bereich zukommen. Weil der genannte Ablauf der Beratungen im Bun- destag zeigt, daß die Kommunen zwar von diesem Steuer- gesetz überwiegend stark belastet werden, bei der Bun- desregierung aber offenkundig kein Gehör für die Wah- rung ihrer berechtigten Interessen finden, werde ich das Steuerentlastungsgesetz – trotz mancher positiver Ef- fekte, die ich nicht übersehe, – ablehnen. Anlage 6 Erklärung der Abgeordneten Kerstin Müller (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Ab- stimmung über Artikel 1 Nr. 8 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa Dreifachbuchstabe aaa des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfes eines Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 – Drucksachen 14/23, 14/442 – Mein Name ist in der Abstimmungsliste nicht aufge- führt. Ich erkläre, daß ich an der namentlichen Abstimmung teilgenommen und mit Ja gestimmt habe. Anlage 7 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Annelie Buntenbach (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse (Tagesordnungspunkt 6) Ich werde diesem Gesetz zustimmen – nicht nur, weil es inzwischen so mit den verschiedenen Reformvorha- ben der neuen Regierung verwoben ist, daß man gar nicht mehr isoliert darüber entscheiden kann, sondern auch, weil es immerhin endlich die Nebenbeschäftigun- gen in die Sozialversicherung einbezieht. Das halte ich für einen Fortschritt, an dem die alte Regierung trotz mehrerer Versuche gescheitert ist. Sie hat uns die riesige Last von inzwischen mehr als 5,6 Millionen Beschäfti- gungsverhältnissen unterhalb der Geringfügigkeitsgren- ze hinterlassen. Dieses Gesetz wird zwar der Erosion der Sozialkas- sen einen Riegel vorschieben, aber es ist weder eine Antwort auf die frauenpolitische noch auf die arbeits- marktpolitische Herausforderung. Dies will ich hier heute deutlich machen, denn ich habe inzwischen ge- lernt, wenn man nicht lautstark auf Fraueninteressen aufmerksam macht, haben sie die seltsame Angewohn- heit, aus dem Blickfeld zu geraten, plötzlich in Abwä- gungen hintenan zu stehen. 1991 z. B. hat der Bundestag schon eine Entschließung gefaßt, die eigenständige so- ziale Absicherung von Frauen zu verbessern. Passiert ist in dieser Richtung bislang herzlich wenig, das müssen und wollen wir ändern, aber mit der heutigen Entschei- dung ist diese Anforderung nicht eingelöst. Mein Ziel ist, aus den 630- bzw. 530-Mark-Jobs ganz normale so- zialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zu machen, und ich hätte mir gewünscht, darüber heute abstimmen zu können. Ich glaube, daß die Optionslö- sung für die Frauen, um die es hier geht, die nämlich 2072 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 (A) (C) (B) (D) wenig verdienen und von denen z. B. im Gebäudereini- gungsbereich ein großer Teil ausländische Frauen sind, kein reelles Angebot ist. Ich fürchte, daß ihnen die Vor- teile der freiwilligen Zuzahlung viel zu wenig konkret greifbar sind, im Gegensatz zu dem großen täglichen Druck, gerade bei den geringen Haushaltseinkommen das Geld – z. B. für die Kinder – sofort zu verbrauchen. Zahlt die Frau daher nicht freiwillig zu, bleibt ihr der Zugang zur Sozialversicherung – business as usual – über den „Familienernährer“, der ab und zu im Laufe des Lebens auch abhanden kommen soll … Die Institution Ehe wird sogar noch besser gestellt, das Ehegattensplitting ausgeweitet, indem bei Ehefrau- en, und nur bei Ehefrauen, die 630-Mark-Jobs steuerfrei gestellt werden. Die steuerliche Rahmenbedingung Ehe- gattensplitting wirkt sich als Erwerbsbremse für Frauen aus, wenn es denn mehr als ein mitverdientes Taschen- geld sein soll. Die Erfahrung lehrt, solange es solche flexiblen Mi- nijobs gibt und die Arbeitsteilung zwischen den Ge- schlechtern sich nicht grundsätzlich ändert, werden die Frauen als „Mitverdienerinnen“ immer dorthin abge- drängt werden. Und nach dem jetzigen Gesetz bleiben die 630er ein besonderes Subventionsverhältnis. Damit wird die arbeitsmarktpolitische Verzerrung (viel zu viele Jobs unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze, kaum ver- nünftige Teilzeitangebote) nicht beseitigt. Im Osten wird die Geringfügigkeitsgrenze noch angehoben, von 530 auf 630 DM. Mit meiner Zustimmung zu diesem Gesetz will ich ausdrücklich meine Erwartung verbinden: Daß wir nicht mit der Einbeziehung der Nebenbeschäftigung in die Sozialversicherung lediglich den Einbruch eines „Frau- enproblems“ in eine Männerdomäne wieder reparieren, und das war’s dann, sondern daß wir die frauenpoliti- sche Herausforderung annehmen. Wenn heute das zen- trale Anliegen, Frauen endlich einen gleichberechtigten eigenständigen Zugang zu sozialer Absicherung zu er- öffnen, in den Hintergrund tritt, dann muß es bei den nächsten politischen Entscheidungen umso mehr im Vordergrund stehen, wenn es nämlich um den Abbau der Erwerbsbremse Ehegattensplittings geht ebenso wie wenn es um die Rentenstrukturreform geht. Gerade mit der oft unzureichenden eigenen Rente bekommen Frau- en ja noch einmal die Quittung dafür, daß sie die Ver- antwortung für Kindererziehung, Haushalt, Pflege über- nommen haben und ihre Erwerbsbiografien unterbro- chen haben, oft mit Teilzeit oder ohne Sozialversiche- rung über lange Strecken „mitverdient“ haben. Das wollen und müssen wir ändern. Analge 8 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Hans Büttner (Ingolstadt) SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse (Tagesordnungs- punkt 6) Zur Abstimmung über das Gesetz zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse (14/280) begründe ich mein Abstimmungsverfahren wie folgt: Das hier zur Abstimmung vorliegende Gesetz ist ein erster Weg, dem volkswirtschaftlichen Grundgesetz, nach dem nur verteilt werden kann, was auch erarbeitet wird, wieder Geltung zu verschaffen. Aus diesem Grund werde ich dem Gesetz zustimmen. Dennoch müssen in Kürze Schritte eingeleitet werden, etliche bürokratische Holprigkeiten in dem Gesetz einzuebnen. Vor allem muß die steuerliche Ungleichbehandlung durch eine entbürokratisierte Form des Steuereinzugsverfahrens rasch verfassungskonform unter dem Prinzip der Gleichbehandlung beseitigt werden. Anlage 9 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Klaus Brähmig, Thomas Dörflinger, Ilse Eigner, Anita Schäfer, Dr. Hans Georg Faust, Ernst Hinsken (alle CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse (Tagesordnungs- punkt 6) Bei der heutigen Abstimmung über das Gesetz zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhält- nisse möchten die Unterzeichner ihr Mißfallen über die Art und Weise, wie dieser Gesetzentwurf beraten wur- de, zum Ausdruck bringen. Auf der öffentlichen Anhö- rung der Sachverständigen – durchgeführt vom feder- führenden Ausschuß für Arbeit und Soziales am 10. Februar 1999 – wurde den Mitgliedern des mitbe- ratenden Tourismusausschuß kein Fragerecht einge- räumt. Die eingeschränkte Mitwirkungsmöglichkeit des mitberatenden Tourismusausschuß kann nicht akzeptiert werden. Weiterhin wird durch die jetzt vorliegende Neure- gelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse das mittelständich geprägte Tourismusgewerbe mit zu- sätzlicher Bürokratie belastet. Die Regelung öffnet die Schwarzarbeit in diesem Wirtschaftssektor Tür und Tor. Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Berücksichtigung von Entlassungsentschädi- gungen im Arbeitsförderungsrecht (Tagesord- nungspunkt 8) Franz Thönnes (SPD): Mit dem Arbeitsförderungs- Reformgesetz des Jahres 1997 hat die abgewählte Bun- desregierung vor zwei Jahren die Rechte der Arbeitneh- mer beim Anspruch auf Arbeitslosengeld erheblich ver- schlechtert. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 2073 (A) (C) (B) (D) Vor diesen damals beschlossenen Einschnitten waren Abfindungen für den Verlust des Arbeitsplatzes nur an- rechenbar, wenn das Beschäftigungsverhältnis ohne Einhaltung der Kündigungsfrist beiderseitig oder einsei- tig durch den Arbeitnehmer beendet worden bzw. wenn das Verhalten des Arbeitnehmers Anlaß zur Kündigung gegeben hat. Mit der AFRG-Änderung wurde im § 115a beschlos- sen, daß Abfindungen und Entschädigungen grundsätz- lich auf die Hälfte des Arbeitslosengeldes angerechnet werden. Die Freibeträge von 25 Prozent bzw. minde- stens 10 000 DM minderten die Eingriffe der damaligen Koalition keineswegs. Bereits damals stieß die zu verab- schiedende Regelung bei der Anhörung auf barsche Kri- tik aller Beteiligten. 6 bis 7 Millionen Arbeitsverhältnis- se werden jedes Jahr in Deutschland beendet. Daß ein derartiger großer Prozeß der Umstrukturierung relativ lautlos geschieht, war der damals noch geltenden Rege- lung zur Behandlung von Abfindungen zu verdanken. Diese Praxis wurde durch die restriktive Neuregelung für Arbeitnehmer und die betrieblichen Sozialpartner er- heblich erschwert. Handlungsnotwendigkeit besteht gerade jetzt vor dem Hintergrund weiterer wichtiger Fristen der Wirksamkeit der damaligen Gesetzesänderung, die in wenigen Tagen für einen Großteil der Arbeitnehmer zutreffen sollen, wenn sich nichts ändert. Vorgesehen war, daß für Ar- beitnehmer, die vor dem 1. April 1997 innerhalb von drei Jahren an mindestens 360 Kalendertagen in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis stan- den, die alte Regelung nur bis zum 1. April 1999 gelten sollte. Nach dem 7. April 1999 sollte grundsätzlich eine Anrechnung der Abfindung auf das Arbeitslosengeld er- folgen. Handlungsnotwendigkeit besteht aber auch, da die SPD bereits damals die Veränderungen als sozial unaus- gewogen und verfassungsrechtlich bedenklich ansah. Übrigens wurde die Kritik der damaligen Opposition von weiten Teilen der Gewerkschaften und der Arbeit- geber geteilt. Der Regierung Gerhard Schröder ist es gelungen, Ar- beitgeber und Gewerkschaften nach der Bundestagswahl 1998 wieder an einen Tisch zu bringen. Das Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit arbeitet inzwischen in mehreren Themenbereichen erfolgreich. Dazu gehört auch die Umsetzung der in unserem Koali- tionsvertrag vereinbarten Absicht, die Anrechnung von Entlassungsabfindungen auf das Arbeitslosengeld neu zu regeln. Mit der steuerrechtlichen und der arbeitsförderungs- rechtlichen Problematik der jetzt diskutierten Materie hat sich eine der Arbeitsgruppen des Bündnisses in den letzten Wochen befaßt. Dabei gingen alle Beteiligten davon aus, daß im Prinzip der Versuch gemacht werden sollte, einen gemeinsamen neuen Ansatz zur Verknüp- fung von Entlassungsentschädigungen mit Maßnahmen der beruflichen Wiedereingliederung zu finden. Das her- anrückende Datum des 7. April 1999 setzte jedoch einen engen Zeitrahmen für die Diskussion. Daher haben die Sozialpartner im beiderseitigen Einvernehmen beschlos- sen, dem Gesetzgeber vorzuschlagen, vorläufig den al- ten Rechtszustand wiederherzustellen. Die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen folgen diesem Ergebnis der Bündnis-Beteiligten mit ih- rem heute hier zu entscheidenden Gesetzentwurf. Dabei gehen wir davon aus, daß die Bündnis-Beteiligten es ernst meinen, wenn sie die weitere Behandlung des Themas Entlassungsentschädigungen im Arbeitsförde- rungsrecht so fortsetzen, daß sie dem Gesetzgeber mög- lichst bald einen Vorschlag für eine gesetzliche Rege- lung vorlegen, der dazu anreizt, daß intelligente Lösun- gen bei Abfindungszahlungen entwickelt werden kön- nen, daß umgesteuert wird von passiven Abfindungs- zahlungen hin zu einer aktiven Mittelverwendung für die Wiedereingliederung der betroffenen Arbeitnehmer. Auch sollte dabei über andere sinnvolle Wege im Rah- men der aktiven Arbeitsmarktpolitik nachgedacht wer- den. Dabei denke ich unter anderem auch an die Mög- lichkeiten präventiver beruflicher Weiterbildung bzw. Regelungen der Altersteilzeit. Mit unserem Gesetz setzen wir nicht nur für die Ar- beitnehmer den einstmals geltenden Rechtszustand wie- der in Kraft, sondern wir führen auch wieder die Erstat- tungspflicht des Arbeitgebers bei der Entlassung älterer Arbeitnehmer ein, wie im früheren § 128 des Arbeits- förderungsgesetzes geregelt. Ziel dieser Regelung ist es, die Arbeitsverhältnisse älterer Beschäftigter zu stabili- sieren und dabei gleichzeitig zu verhindern, daß sich die Unternehmen zu Lasten der Bundesanstalt für Arbeit von diesen Arbeitnehmern folgenlos trennen können. So wird wieder geregelt, daß der Arbeitgeber, der ein Be- schäftigungsverhältnis mit einem langjährig beschäftig- ten älteren Arbeitnehmer beendet, der Bundesanstalt für Arbeit das an diesen Beschäftigten gezahlte Arbeitslo- sengeld bzw. die Arbeitslosenhilfe erstattet. Wir gehen gleichfalls davon aus, daß die Partner im Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähig- keit es nicht nur bei einem gemeinsamen Bekenntnis belassen, wenn es darum geht, daß es Betrieben nicht zu einfach gemacht werden soll, sich gerade von älteren Arbeitnehmern ohne größere Kosten über die soge- nannte Frühverrentung zu trennen und die Folgekosten der Arbeitslosen- und Rentenversicherung zu überlas- sen. Gleichwohl bleibt heute für den Deutschen Bundestag die Aufgabe, über ein weiteres wichtiges Ergebnis des Bündnisses für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfä- higkeit zu entscheiden. Um so mehr wundert es uns, daß die Opposition von CDU/CSU und F.D.P. sich gegen dieses Votum ausspricht. Wieder einmal rückt sich die Opposition damit selbst in das gesellschaftliche Abseits. Sie plädiert damit weiterhin dafür, daß Arbeitnehmer bei Verlust ihres Arbeitsplatzes noch einmal zusätzlich durch Anrechnung ihrer Abfindung empfindlich belastet werden. CDU/CSU und F.D.P. sollten endlich begreifen, daß die Mehrheit der Bevölkerung derartige Griffe in die Portemonnaies der Arbeitnehmer nicht mehr will und nicht zuletzt deswegen die Regierung Helmut Kohl ab- gewählt hat. Mit der Annahme des heute zu verabschiedenden Entlassungsentschädigungs-Änderungsgesetzes tragen 2074 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 (A) (C) (B) (D) die Regierungsparteien zu einem Stück mehr sozialer Gerechtigkeit in der Arbeitswelt bei, fördern durch die Übernahme der einvernehmlichen Empfehlung des Bündnisses für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfä- higkeit dessen weitere Arbeit und geben Betriebsräten und Unternehmensleitungen wieder handhabbare Rah- menbedingungen für ihre betriebliche Praxis. Thomas Strobl (CDU/CSU): Mit dem Gesetzentwurf zum Entlassungsentschädigungs-Änderungsgesetz nimmt die rot-grüne Koalition wieder einmal etwas zurück, und zwar eine Regelung im Arbeitsförderungs-Reform- gesetz, die das Ziel hat, die ausufernde Frühverren- tungswelle einzudämmen. Sie nehmen eine Regelung zurück, die seinerzeit auch mit den Stimmen der SPD- geführten Länder im Bundesrat zustande gekommen ist und damit auf einem großen Konsens beruhte. Sie sagen nein zu dieser von ihren Länderkollegen mitgetragenen Reformmaßnahme – nein sagen, ist ja auch relativ ein- fach –, schlagen aber keine bessere Lösung vor. Deshalb lehnen wir den vorliegenden Gesetzentwurf ab, weil er das Problem der steigenden Zahl von Frühverrentungen nicht löst. Die rot-grüne Koalition bleibt damit ihrem leidlich bekannten Motto treu: Erst handeln, dann nachdenken. Das ist kein verantwortungsbewußtes Regieren. Dieses Muster kennen wir von der Regierung Schröder schon zur Genüge: Sie nimmt Reformmaßnahmen der alten Regierung zurück, traut sich aber nicht, ein eigenständi- ges Reformkonzept vorzulegen. Ich denke da auch an das sehr sensible Thema Rente. Die Menschen in unserem Lande werden durch immer neue Meldungen von Rot-Grün in beispielloser Weise verunsichert. Meistens ist die neueste Nachricht genau das Gegenteil von der vorhergehenden. „Rente mit 60“ ja und nein, „nettolohnbezogene Rentenanpassung“ ja und nein, „demographischer Faktor“ ja und nein. Erst wird mit großer Geste der von der alten Regierung ein- geführte Demographiefaktor ausgesetzt. Nun ist es selbst Herrn Riester klar, daß die demographische Entwicklung mit berücksichtigt werden muß. Gleichwohl liegt ein zukunftsweisendes Konzept der Bundesregierung zur langfristigen Sicherung der Rente immer noch nicht vor. Das kostet unser Land wertvolle Zeit. Meine Damen und Herren von den Mehrheitsfraktio- nen, mit dem vorliegenden Rücknahmegesetz wollen Sie den alten Rechtszustand wiederherstellen, der bis zum 31. März 1997 bestand (§§ 117, 128 Arbeitsförderungs- gesetz). Offensichtlich empfinden Sie aber auch diesen als nicht optimal, da Sie zumindest angekündigt haben, baldmöglichst wieder etwas ändern zu wollen. Das wird wieder einmal ein Hin und Her – so wie schon bei den 630-Mark-Jobs, bei der Steuerpolitik und der Gesund- heitsreform. Es ist schon heute Markenzeichen Ihres Regierungskurses, daß auf ein entschiedenes „Zick“ ein glasklares „Zack“ folgt, und die Regierungsfraktion folgt, Lemmingen gleich, „struck-stracks“ hinterher. Machen Sie doch einen Schritt nach dem anderen. Arbeiten Sie ein Konzept aus, legen Sie es vor, und dann kann man darüber diskutieren, was der bessere Weg ist. Rot-Grün macht es umgekehrt. Rot-Grün handelt, aber ohne Konzept. Das ist Aktionismus pur. Sie verweisen auf Verhandlungen im Rahmen des „Bündnisses für Arbeit“. Das ist die halbe Wahrheit. Die Arbeitgeber haben sich im „Bündnis für Arbeit“ klar und eindeutig gegen die Wiedereinführung des § 128 AFG ausgesprochen, da dieser bereits vor dem 1. April 1997 immer wieder zu einer rechtswidrigen Belastung von Arbeitgebern geführt hat. Warum verschweigen Sie dieses eigentlich wahrheitswidrig? Außerdem enthebt Sie das „Bündnis für Arbeit“ aber auch nicht von der Pflicht, sich darüber Gedanken zu machen und diese auch vorzustellen, wie Sie der Gefahr einer neuen Frühverrentungswelle, die uns in der Ren- tenversicherung große Probleme bereitet, begegnen wollen. Wie wollen Sie verhindern, daß die junge Gene- ration erneut belastet und das Vertrauen in die gesetzli- che Rentenversicherung nach Ihren Rentenkapriolen zu- sätzlich beschädigt wird? Wie wollen Sie eine schnelle Wiedereingliederung von freigesetzten Arbeitnehmern in den Arbeitsprozeß gewährleisten? Das sind Fragen, die dringend einer Antwort bedürfen. Mit dem vorlie- genden Gesetzentwurf geschieht das nicht. Die Lösun- gen sollen – so hofft die Bundesregierung – bei den Ge- sprächen im „Bündnis für Arbeit“ gefunden werden. Erfahrungsgemäß sind sich die Sozialpartner schnell einig, wenn sie Sozialpläne machen können, die dann von einem Dritten, dem Beitragszahler, finanziert wer- den dürfen. Was Sie hier machen, ist die bewußte ge- setzgeberische Legitimation von Verträgen zu Lasten Dritter, namentlich zu Lasten der Sozialkassen und der künftigen Generationen von Beitragszahlern. Meine Damen und Herren von den Regierungskoali- tionen, Sie sagen, Sie bräuchten Zeit. Bei dem Durch- einander, das Sie in kürzester Zeit beinahe zu jedem Ih- rer Vorhaben geboten haben, befürchte ich, daß Sie im- mer in Zeitnöte geraten werden. Dies ist doch eher eine Ausrede für Ihre Konzeptlosigkeit und Zerstrittenheit. Ganz offensichtlich haben Sie Abstimmungsschwierig- keiten innerhalb der Koalition. Deshalb läuft Ihnen die Zeit davon. Ich bin dafür, erst nachzudenken, dann zu handeln und nicht wie Sie nach dem Motto das Regieren auszu- probieren: Zurücknehmen und dann schauen wir mal. So konzeptionslos läßt sich die Zukunft nicht gestalten. Daß Sie ohne ein schlüssiges Handlungskonzept für die ent- scheidenden Fragen und Probleme sind, dafür ist auch der vorliegende Gesetzentwurf ein eindrucksvolles Bei- spiel. Klaus Hofbauer (CDUCSU): Mit dem Entlassungs- entschädigungs-Änderungesetz will die rot-grüne Koali- tion einen Teil des 1997 beschlossenen Arbeitsförde- rungs-Reformgesetzes (AFRG) wieder rückgängig ma- chen. Das ist der neue Politikstil, den wir bisher noch gar nicht kannten: Nach einer Vollbremsung mit dem Rückwärtsgang in die Zukunft. Der Anspruch der Poli- tik, Weichen für die Zukunft zu stellen, wird hier ins Gegenteil verkehrt. Kein Aufbruch mehr zu „neuen Ufern“, keine Zukunftsvisionen. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 2075 (A) (C) (B) (D) Der Gesetzentwurf der rot-grünen Koalition enthält außer der Rücknahme der Anrechnungs-Regelung des AFRG für sogenannte Entlassungsentschädigungen auf das Arbeitslosengeld nur vage Wunschvorstellungen, wie die Lösung aussehen soll. Ein Jammer ist, daß die Koalition wegen der Kompliziertheit der Materie nun keinen Gesetzentwurf mit einer endgültigen Lösung vorlegen kann. Das Problem bleibt also auf absehbare Zeit ungelöst. Die geradezu hilflos klingende Ankündi- gung, die Bundesregierung werde baldmöglichst ein neues Gesetz vorlegen, zeigt ja schon, daß bei den an- geblichen „Wundermännern“ und „Wunderfrauen“ der deutschen Politik in bezug auf Zukunftsvisionen gäh- nende Leere herrscht. Die vollmundige Ankündigung der rot-grünen Koalitionäre, man werde in den ersten 100 Tagen der Regierung Schröder die angeblichen „Erblasten“ beseitigen und die Weichen für die Zukunft stellen, ist ohne Wirkung verpufft. Kein Mensch glaubt mehr daran, daß die Zukunft dadurch bewältigt werden kann, daß Gesetze zurückgenommen und alte Mißstände wiederhergestellt werden. Die Verweisung des Problems an das informelle „Bündnis für Arbeit“ bedeutet, daß die Sache einfach auf die lange Bank geschoben wird. Es ist doch unred- lich, nun die Lösung von diesem Gremium zu erwarten, das dafür gar nicht zuständig ist. Gesetze müssen doch wir, die Vertreter des Volkes, im dafür zuständigen Parlament machen! Ich frage mich: Wie soll das Pro- blem denn beim „Bündnis für Arbeit“ gelöst werden? Sollen denn die Arbeitgeber versprechen, daß keine Entlassungen vor Erreichen der Pensionsgrenze mehr stattfinden, damit die gesetzlich zum 1. April 1999 wie- der mögliche großzügige Abfindungspraxis ohne An- rechnung auf das Arbeitslosengeld nicht genutzt wird? Kein Zweifel, die Vertreter der Gewerkschaften werden begeistert sein, wenn die Arbeitgeber auf diese Weise „zur Ader gelassen“ werden, aber was ist denn dann eigentlich der Beitrag des DGB zu der künftigen Rege- lung in diesem Feld der Gesetzgebung? Das Problem erfordert eine schnelle Lösung. Denn 1997, als das AFRG beschlossen wurde, ging es wie heute unter anderem auch darum, die Umsetzung einer großen Zahl von Arbeitnehmern – vornehmlich der Großindustrie – in die Arbeitslosigkeit zwei Jahre vor Erreichen der Altersgrenze nicht auch noch dadurch zu unterstützen und zu forcieren, daß die oftmals vom Ar- beitgeber großzügig gezahlten Abfindungen nicht auf das Arbeitslosengeld angerechnet wurden. Denn diese Praxis führte doch dazu, daß den betroffenen Arbeit- nehmern durch die ungeschmälerte Abfindung der Schritt über die Scheinarbeitslosigkeit in die Rente er- leichtert wurde, während die aktiven Arbeitnehmer, die Arbeitgeber sowie die Steuerzahler diese Praxis über ih- re Beiträge zur Arbeitslosenversicherung bzw. zum Bundeszuschuß für die Bundesanstalt für Arbeit zwangsläufig finanzieren mußten. Ich bin überzeugt da- von, daß es damals wie heute gute Gründe dafür gab und gibt, über die Anrechenbarkeit dieser Abfindungen auf das Arbeitslosengeld ein Korrektiv einzubauen. Wenn heute das linke Spektrum dieses Hauses be- hauptet, unser Gesetz von 1997 sei sozial nicht ausge- wogen, dann frage ich mich, warum denn nun die Wie- derherstellung des Zustands von vor 1997 sozial ausge- wogen sein soll. Denn damals stimmten ja immerhin auch die SPD-regierten Bundesländer dem AFRG zu, und dies hätten diese Länder – darunter die damaligen Ministerpräsidenten Schröder und Lafontaine – nicht getan, wenn dies wirklich ein Schlag gegen die Interes- sen der Arbeitnehmer gewesen wäre. Offensichtlich fehlt der Bundesregierung und der rot- grünen Koalition der Wille, eine vernünftige Lösung herbeizuführen. Die Rücknahme der gesetzlichen Re- gelung, die zum 1. April 1999 nach einer zweijährigen Übergangsfrist eingeführt worden wäre, verunsichert nicht nur die Betriebe, sondern auch die älteren Arbeit- nehmer. Sie werden durch das Hin und Her bei den ge- setzlichen Bestimmungen völlig verunsichert. Dieser Zustand ist für die Betroffenen untragbar. Deshalb for- dern wir die Bundesregierung auf, einen Zeitpunkt für die Vorlage des neuen Gesetzes zu nennen. Vermuten kann man auch, daß die mittelständische Wirtschaft zu den Leidtragenden des von Rot-Grün aus- gelösten Gesetzgebungswirrwars gehört. Wir verlangen Rechtssicherheit für die betroffenen Arbeitnehmer. Wir verlangen auch, daß die Belastungen der betroffenen Betriebe und auch der Arbeitsämter durch die Rückab- wicklung von bereits durchgeführten Regelungen mög- lichst gering gehalten werden. Für die Arbeitsverwal- tung ist die Wiedereinführung der alten AFG-Regelung § 128 im Verhältnis zum § 140 SGB III von 1997 wegen der Vielzahl von Befreiungstatbeständen bei weitem ar- beitsintensiver und verwaltungsaufwendiger; dies be- ginnt schon beim erhöhten Beratungsaufwand. Oftmals haben Arbeitgeber die Befreiungsmöglichkeiten der Reihe nach durchprobiert, bis schließlich eine griff. Da- gegen waren die Einnahmen aus Erstattungsfällen nach § 128 AFG vergleichsweise gering. Durch das Urteil des Bundessozialgerichts vom 17. Dezember 1997 hat sich der ohnehin schon erhebliche Verwaltungsaufwand nochmals vergrößert. Vor jedem der vierteljährlichen Erstattungsbescheide muß erneut geprüft und angehört werden. Auch deshalb, wegen dieser neuen Belastungen, ist eine durchgreifende Neuregelung dringend erforder- lich. Schließlich erfahren wir kein Wort über die Kosten dieser Rückdrehaktion. Denn wir gehen doch sicher nicht falsch in der Annahme, daß nun die „Gunst der Stunde“ genutzt wird und eine neue Welle von Abschie- beaktionen in die Arbeitslosigkeit mit vollen Abfindun- gen stattfinden wird. Es ist eigentlich müßig zu fragen: Wer kommt für diese neuen Kosten für die Arbeitslo- senversicherung und für den Bundeshaushalt auf? Denn die Antwort ist ja bekannt. Mit uns wäre dies nicht pas- siert! Und schließlich: Durch dieses angeblich so arbeit- nehmerfreundliche Gesetz wird Arbeitslosigkeit nicht verringert. Meine Damen und Herren von der rot-grünen Koali- tion, ich beglückwünsche Sie zu dieser „großartigen“ Entscheidung, die uns alle viel Geld kosten, viele Be- troffene weiter verunsichern und vor allem den Herrn Bundeskanzler weiter von seinem Wahlziehl wegbrin- 2076 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 (A) (C) (B) (D) gen wird, die Arbeitslosenzahl drastisch zu reduzieren. An diesem Erfolgskriterium wollte er sich doch messen lassen. Annelie Buntenbach (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mit dem Gesetz, das wir heute verabschieden, setzen wir eine kontraproduktive Regelung außer Kraft, die die vergangene Bundesregierung uns hinterlassen hat und die – würden wir jetzt nicht eingreifen – zu Anfang April nach Ende der Übergangsfristen in Kraft getreten wäre. Diese Vorschriften sind bereits mit ihrer Entste- hung heftig kritisiert worden, weil sie – wegen der scharfen Anrechnung der Entlassungsentschädigungen – sozial unausgewogen und verfassungsrechtlich bedenk- lich sind. Genau wie wir halten die Tarifpartner, die dies im Bündnis für Arbeit als eins der ersten Themen diskutiert haben, die alte Regelung bei den Entlassungsabfindun- gen für untauglich. Daher wollen wir jetzt nicht noch mehr Rechtsunsicherheit schaffen, indem wir eine Ge- setzesänderung für wenige Monate in Kraft treten las- sen, die mit Sicherheit keinen Bestand haben wird. Ge- rade da, wo Entlassungen anstehen und Sozialpläne ver- handelt werden müssen, ist Rechtssicherheit das minde- ste, was wir bieten müssen: Es wird nicht zu dieser An- rechnung von Entlassungsabfindungen auf das Arbeits- losengeld kommen, sondern wir greifen auf die alte Re- gelung nach AFG zurück. Für viele bedeutet Entlassung leider nach wie vor Entlassung in die Erwerbslosigkeit. Das Arbeitslosen- geld liegt zur Zeit bekanntlich bei 63 Prozent des vorhe- rigen Lohns. Abfindungen dienen für die von Entlassung Betroffenen dazu, diesen Einschnitt wenigstens ein we- nig abzufedern. Vor die zum Teil bitteren Auswirkungen der Absenkung des Lebensstandards setzt die Abfindung gerade bei Menschen mit niedrigen Einkommen ein Stück Schutzwall. Zum Teil werden dadurch Sozial- planverhandlungen oder einvernehmliche Auflösungen von Beschäftigungsverhältnissen erst möglich. Wir haben uns im Steuerentlastungsgesetz dafür ent- schieden, Abfindungen künftig stärker in die Besteue- rung einzubeziehen – da trifft es dann durch die Steuer- progression diejenigen stärker, die mehr haben. Das, was die alte Bundesregierung uns hier als Gesetz bei der Anrechnung der Entlassungsabfindungen hinterlassen hat, ist keine Lösung, weil es die Abfindungen viel zu scharf anrechnet, und das nicht auf die Steuer, sondern auf das Arbeitslosengeld. Wir sehen hier zwar durchaus Reformbedarf, den wir zu einem späteren Zeitpunkt auch einlösen werden. Das Problem läßt sich nicht bestreiten, für das wir eine Lö- sung finden müssen: es geht nicht an, daß die Sozialkas- sen den Arbeitgebern die Verkleinerung und Verjün- gung ihrer Belegschaften finanzieren. Wir brauchen eine Neuregelung, die auf der einen Seite den Arbeitneh- merInnen angemessene Freibeträge ermöglicht und auf der anderen Seite Anreize schafft für das Umsteuern von passiven Abfindungszahlungen zu einem aktiven Mittel- einsatz für die berufliche Wiedereingliederung der be- troffenen Arbeitnehmer bietet. Mit dieser Zielrichtung werden wir auch den ganzen Komplex der präventiven Arbeitsmarktpolitik neu konzipieren müssen. Heute sorgen wir lediglich dafür, daß ein untaugli- ches Gesetz nicht in die Realität umgesetzt wird und schaffen wieder Rechtssicherheit in diesem empfindli- chen Punkt. Eine echte Neuregelung, von der alle wis- sen, daß sie notwendig ist, steht damit noch aus. Aber wir nehmen das Bündnis für Arbeit, zu dem die neue Regierung eingeladen hat, ernst und werden dort in Ru- he mit den Tarifpartnern diskutieren. Im Anschluß wer- den wir dem Parlament einen Reformvorschlag vorle- gen. Dirk Niebel (F.D.P.):Jetzt ist es sicher, das kann kein Zufall sein: Der Weg zurück ist das rotgrüne Ziel. Wie die anderen Gesetzentwürfe im Bereich Steuern und Gesundheit reiht sich auch dieser Gesetzentwurf mühelos in die lange Reihe der Rückschritte und Rück- tritte von Reformmaßnahmen der alten Bundesregie- rung, egal, ob sinnvoll oder nicht, egal, ob notwendig oder nicht. Abfindungen, die Arbeitslose wegen der Beendigung ihrer Beschäftigungsverhältnisse erhalten, werden nach Abzug entsprechender Freibeträge auf das Arbeitslosen- geld angerechnet. Wir haben vor einem Jahr eine flexi- blere Regelung in Gang gesetzt, die die durchschnittli- che Entlassungsentschädigung unberührt läßt. Ein Ab- findungsbetrag bis zu 10 000 DM bleibt immer anrech- nungsfrei. Diese Regelung wirkt sich positiv aus vor al- lem für bis zu 50jährige Arbeitnehmer, für untere Ein- kommensgruppen und für Arbeitnehmer mit kurzer Be- triebszugehörigkeit. – Es ist richtig, daß es große Kritik von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gegeben hat und daß diese Regelung kein Optimum darstellt, aber es be- steht keine Not, diese Regelung ohne sinnvolle Alterna- tive auszusetzen. Ihr Vorhaben fällt in der Frage der Qualität noch hinter das Gesetz zurück, das jetzt im April in Kraft tre- ten sollte. „Arbeitsmarkt und Sozialpolitik sind Vertrau- enssache“, hat der Arbeitsminister in der Haushaltsde- batte gesagt. Dieser Gesetzentwurf ist nicht vertrauens- würdig. Dieser Gesetzentwurf soll nämlich, wenn er denn verabschiedet wird, nur so lange gelten, bis es ir- gendwann eine Neuregelung gibt. Diese Koalitionsregierung kündigt jetzt ihre Flops schon selbst an, und wir müssen uns schon wieder auf mindestens eine Nachbesserung einrichten. Dieser Ge- setzentwurf ist wieder nur ein halbherziger Schritt auf dem Flickenteppich rotgrüner Konzeptlosigkeit. Haben Sie auch die Verfahrensweise zum Gesetzent- wurf der geringfügigen Beschäftigungen noch im Ge- dächtnis? Die Debatte haben wir heute mit einem völlig unbefriedigenden Ergebnis vorerst abgeschlossen. Wie sollen wir einer solchen Regierung Vertrauen entgegenbringen? Wir haben eher allen Grund, uns vor so viel gestalterischer Kraft zu fürchten. Die Anrechnung von Abfindungen auf beitragsfinan- zierte Leistungen ist nach Meinung der F.D.P. schon Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 2077 (A) (C) (B) (D) allein dadurch gerechtfertigt, weil Leistungen wie Ar- beitslosengeld durch die Solidargemeinschaft finanziert werden. Je mehr Menschen diese Leistungen in An- spruch nehmen, desto höher sind die Belastungen für diejenigen, die mit ihren Beiträgen – nicht mit ihren Worten – für diese aufkommen müssen. Diese rotgrüne Regierung hat die Maßnahmen zum Kündigungsschutz zurückgenommen, die kleinen und mittleren Unternehmen mit bis zehn Beschäftigten eine höhere Flexibilität bei der Einstellung und bei der Kün- digung von Arbeitnehmern ermöglichte. Kündigungsschutz bedeutet im allgemeinen den ge- setzlichen Schutz des Arbeitnehmers als des sozial schwächeren Teils bei einer Kündigung durch den Ar- beitgeber. Manchem Arbeitnehmer gegenüber ist aber der Arbeitgeber eindeutig im Nachteil. Es gibt kaum noch ein Arbeitsverhältnis, das nicht zur Vermeidung langwieriger Arbeitsgerichtsprozesse ohne „Freikauf“ durch Abfindung beendet wird. Bei einem Aufhebungsvertrag bestimmen beide Par- teien nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit das Ende des Arbeitsverhältnisses. Großunternehmen haben die Möglichkeit, mit Abfindungen, die oft nur eine verklau- sulierte Fortsetzung der Entlohnung ist, Arbeitnehmer zur Aufgabe ihres Arbeitsplatzes zu bewegen. Die alte Regelung hatte eine massive Frühverre- tungswelle zur Folge. Damit haben Großunternehmen ihre Probleme auf Kosten der kleinen und mittleren Un- ternehmen gelöst. An diesem Frühverrentungsprogramm haben Arbeitgeber und Betriebsräte gemeinsam ge- strickt. Die Einigung des „Bündnisses für Arbeit“, die zu die- sem Gesetz geführt hat, werte ich im Gegensatz zu Ih- nen nicht als Erfolg. Wenn sich Tarifparteien einig wa- ren, mußten wir schon öfter feststellen, daß die Einigung zu Lasten Dritter, in diesem Fall zu Lasten der Sozial- kassen ging. Eine Abfindung wird angenommen, um einer Kündi- gung zu entgehen. Ohne eine solche Abfindung ist der Gang vor das Arbeitsgericht höchstwahrscheinlich. Die Zahlung von Abfindungen ist also auch ein arbeits- marktpolitisches Instrument geworden, um sich von Ar- beitnehmern freizukaufen. Die Konzeption des Arbeits- rechts und der Arbeitsförderung beinhaltet jedoch nicht, daß überzählige Arbeitnehmer mit Abfindungen in die Arbeitslosigkeit entlassen werden können. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten alle Anstrengungen unterneh- men, Arbeitslosigkeit zu vermeiden. Wenn ich mich dafür ausspreche, die Abfindungsan- rechnung beizubehalten, will ich damit sicher nicht die gesamtgesellschaftliche Verantwortung für Arbeitslo- sigkeit und ihre Folgen auf die Arbeitslosen abwälzen. Die Anrechnungsregelung ist ein Schritt, um von den traditionellen Abfindungssozialplänen wegzukommen. Die F.D.P. hat immer versucht, den Maßnahmen Vor- rang einzuräumen, die Arbeitslosen ermöglichen, so schnell wie möglich wieder einen Job zu bekommen. Dabei sollte vor allem zu Eigeninitiative und Aktivität motiviert werden. Maßnahmen wie die Finanzierung von Eingliederungshilfen oder die Altersteilzeit können eine sinnvolle Alternative zur Zahlung von Entlassungsent- schädigungen sein. Im übrigen: Die F.D.P. ist die Partei der sozialen Verantwortung, weil wir Arbeitslosigkeit nicht finanzie- ren wollen, sondern weil wir Arbeitslosigkeit verhindern wollen. Und wir hätten auch gern verhindert, daß unsere Energien auf eine Debatte wie diese hier verschwendet werden. Ich erlaube mir, daran zu erinnern, daß die jet- zige Regelung mit den Stimmen der SPD-regierten Län- der im Bundesrat verabschiedet wurde. Die F.D.P. drängt darauf, daß es zu einer schnellen endgültigen Gesetzesregelung kommt. Legen Sie uns, wenn Sie nun schon eine Änderung für richtig halten wollen, eine vernünftige und durchdachte Neuregelung vor! Ich hoffe, daß Sie dazu in der Lage sind. Dr. Klaus Grehn (PDS): Die Einführung der Anrech- nung von Entlassungsentschädigungen, Abfindungen und ähnlichen Leistungen zu einem erheblichen Teil auf das Arbeitslosengeld war eine jener Maßnahmen der christdemokratisch-liberalen Regierungskoalition, die nicht nur von den Betroffenen als Kampf gegen die Ar- beitslosen statt gegen die Arbeitslosigkeit bezeichnet wurde. In der Tat hatten bei der Anhörung vor Einfüh- rung dieser Regelung die Sachverständigen sie mit Nachdruck als in höchstem Maße unsozial und verfas- sungsrechtlich bedenklich gekennzeichnet. Wie so häu- fig bei sozialpolitischen Grausamkeiten fanden die Hin- weise keine Berücksichtigung. Dem Wesen nach war es eine Regelung, mit der Finanzlöcher gestopft werden sollten. Mit dem vorgelegten Gesetzentwurf wird grundsätz- lich der bis zum 31. März 1997 geltende Rechtszustand wiederhergestellt, und erhebliche Verschlechterungen werden zurückgenommen. Das findet unsere Zustimmung ebenso wie das Ziel, die Tendenz zur totalen Aussteuerung älterer Arbeit- nehmer aus dem Arbeitsprozeß zu bremsen. Allerdings weisen wir nachdrücklich darauf hin, daß dieses Ziel mit der vorgelegten Regelung nicht erreicht wird. Wir hätten erwartet, daß eine Neuregelung sich auf dem Niveau der Koalitionsvereinbarung bewegt, in der sich die Koali- tionspartner verständigt hatten, im Rahmen des Bünd- nisses für Arbeit eine Neuregelung zu vereinbaren, „die Anreize dafür bieten muß, vorhandene Mittel bei der Freisetzung von Arbeitnehmern vorrangig nicht passiv für Abfindungszahlungen, sondern aktiv für Maßnah- men der beruflichen Wiedereingliederung der betroffe- nen Arbeitnehmer einzusetzen.“ Statt dem Rechnung zu tragen, wird in der Begründung dieser Gedanke wieder aufgegriffen und in die Zukunft verwiesen. Damit bleibt das grundsätzliche und auch von der vorherigen Regie- rungskoalition erkannte Problem des Herausdrängens der älteren Arbeitnehmer aus dem Arbeitsleben u.a. über die Frühverrentung bestehen. Die Kosten dafür werden den Sozialkassen aufgebürdet. Die jetzige Regierungskoalition hat wiederholt An- träge der PDS-Fraktion zur Zurücknahme anderer drin- gend der Korrektur bedürftiger Regelungen mit der Be- 2078 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 (A) (C) (B) (D) gründung zurückgewiesen, ein völlig überarbeitetes SGB III vorzulegen. Angesichts der heute vorgelegten unvollständigen Regelung wird diese schon vorher schwer nachvollziehbare Begründung löchrig. Und im übrigen: So richtig die Wiedereinführung bzw. Einführung einer Erstattungspflicht eines Teiles des Arbeitslosengeldes durch den Arbeitgeber für die Entlassung älterer Arbeitnehmer ist, so sehr müssen die Konsequenzen auf die Einstellung älterer Arbeitneh- mer beachtet werden. Welches Unternehmen wird, ohne Beihilfen der BA, etwa einen 56jährigen einstel- len, wenn es bei dessen Entlassung zur Kasse gebeten wird? Die Nahtstelle „von der Arbeitslosigkeit in die Rente“ ist gerade für viele ältere Arbeitslose in den neuen Bundesländern von großer Bedeutung. Arbeits- lose etwa ab dem 55. Lebensjahr haben kaum die Chance auf Wiedereinstellung – und genau hier liegt ein Problem der sozialen Gerechtigkeit, der Verhinde- rung von Altersarmut und der Gewährleistung eines sinnerfüllten und gesicherten Lebensabends. Dies ist zwar nicht Anliegen des vorliegenden Gesetzentwur- fes, das Problem taucht aber schon jetzt am Rande auf und sollte bei weiteren ähnlichen Gesetzesinitiativen beachtet werden. Die Fraktion der PDS stimmt dem vorliegenden Ge- setzentwurf zu. Gerd Andres, Parl. Staatssekretär beim Bundesmi- nister für Arbeit und Sozialordnung: Nach 16 Jahren christdemokratisch-liberaler Regierung sehen wir uns mit einer Vielzahl von Problemen und Ungerechtigkei- ten konfrontiert. Wir haben versprochen, eine ganze Reihe dieser Ungerechtigkeiten unmittelbar nach der Wahl zu beseitigen. Viele dieser Versprechen sind von uns bereits eingelöst. Zu den Ungerechtigkeiten, die wir unbedingt beseiti- gen müssen, zählen auch die Regelungen zur Anrech- nung von Entlassungsentschädigungen auf das Arbeits- losengeld. Die alte Regierung wollte Entlassungsabfin- dungen in erheblichem Umfang auf das Arbeitslosen- geld anrechnen. Für die Arbeitnehmerin und den Arbeit- nehmer hätte das eine doppelte Ungerechtigkeit bedeu- tet. Zum Verlust des Arbeitsplatzes wäre als „Bestra- fung“ noch eine Kürzung des Arbeitslosengeldes getre- ten. An einem Beispiel wird die drastische Wirkung die- ser Regelung besonders deutlich: Ein 50jähriger Arbeit- nehmer wird wegen notwendiger Personalanpassungs- maßnahmen im Betrieb nach 25jähriger Betriebszugehö- rigkeit entlassen. Er erhält eine Abfindung in Höhe von 50 000 DM. Davon würden ihm nach der alten Rechts- lage 50 Prozent auf das Arbeitslosengeld angerechnet. Hat derselbe Arbeitnehmer vor einigen Jahren den Ar- beitgeber gewechselt, würden sogar 60 Prozent der Ab- findung angerechnet. In der Praxis erhielte dieser Ar- beitnehmer so lange, bis der anrechenbare Teil der Ab- findung aufgebraucht ist, nur sein halbes Arbeitslosen- geld. Bei einem Bruttoarbeitsentgeld von 4 500 DM und Steuerklasse IV gibt es normalerweise rund 1 350 DM Arbeitslosengeld monatlich. Das ist nicht viel. Und dieser Betrag würde im Rahmen der Abfindungsan- rechnung dann noch einmal – und im Extremfall für die gesamte Dauer des Arbeitslosengeldbezuges – hal- biert. Ein solcher Eingriff ist sozial unausgewogen, verfas- sungsrechtlich bedenklich und wird deshalb zu Recht auch von den Arbeitgebern und den Gewerkschaften kritisiert. Das kann schon deshalb nicht richtig sein, weil die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer seinen An- spruch auf Arbeitslosengeld durch eigene Beitragslei- stungen erworben hat. Ohne unser Handeln heute würden diese Regelungen die Arbeitnehmer ab 7. April 1999 in vollem Umfang treffen. Aber: Wir halten Wort und verhindern diese Ungerechtigkeit. Wir präsentieren statt dessen einen so- zial ausgewogenen und finanziell tragbaren Entwurf zur vorläufigen Neuregelung der Entlassungsabfindungen. Unser Entwurf ist ein Ergebnis – und zugleich ein Erfolg – des Bündnisses für Arbeit. Die Bündnispartner waren sich über folgende Punkte einig: Erstens. Die von der alten Regierung geplante Regelung zur Anrechnung von Entlassungsentschädigungen darf nicht wirksam werden. Zweitens. Wir müssen statt dessen eine ausgewogene gesetzliche Neuregelung schaffen. Dabei soll einerseits sichergestellt werden, daß Arbeitnehmerinnen und Ar- beitnehmern der überwiegende Teil ihrer Abfindung verbleibt, wenn ihre Arbeitslosigkeit unvermeidbar ist. Andererseits wollen wir verhindern, daß sich die Unter- nehmen auf Kosten der Allgemeinheit insbesondere von ihren älteren Arbeitnehmern im Wege der Frühverren- tung trennen. Es darf nicht sein, daß die finanzielle Last der Arbeitslosen- und Rentenversicherung aufgebürdet wird. In den Arbeitsgruppen des „Bündnisses für Arbeit“ geht es uns darum, die Sozialpartner stärker für Mo- delle zu gewinnen, die Arbeitslosigkeit vermeiden hel- fen und einen intelligenten Übergang vom Erwerbsle- ben in den Ruhestand ermöglichen. Die Möglichkeiten, die sich dabei bieten, sind vielfältig. Ich denke dabei zum Beispiel an berufliche Weiterbildung der betroffe- nen Arbeitnehmer, um deren Wiedereingliederung ins Arbeitsleben zu erleichtern. Möglich sind auch Ein- gliederungszuschüsse an Zweitunternehmen, die die freigesetzten Arbeitnehmer wieder übernehmen. Denk- bar sind Zuschüsse an den Arbeitnehmer selbst, wenn dieser sich selbständig machen will. Für die älteren Arbeitnehmer kommen beispielsweise die Einrichtung von Altersteilzeitmodellen in Betracht, die einen glei- tenden Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand ermöglichen. Bei den Bündnispartnern herrschte große Überein- stimmung darüber, daß wir intelligente Lösungen finden müssen, damit die Unternehmen nicht länger den für sie leichtesten Weg der Entlassung gehen. Allerdings müs- sen diese Alternativen solide durchgerechnet werden. Das kostet Zeit. Wir wollen keine unsauberen Schnell- schüsse, sondern Lösungen, mit denen alle Beteiligten zufrieden sein können. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 2079 (A) (C) (B) (D) Jetzt aber hatten wir Zeitdruck. Die Beteiligten des Bündnisses für Arbeit haben sich daher auf Vorschlag von Bundesarbeitsminister Walter Riester darauf geei- nigt, auf Grund dieses Zeitdrucks zum 1. April 1999 zunächst den Rechtszustand wiederherzustellen, der bis zum 31. März 1997 bestanden hat. Das bedeutet, daß künftig der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht, wenn eine Abfindung gezahlt und die maßgebliche Kün- digungsfrist nicht eingehalten wird. Und der Arbeitge- ber ist verpflichtet, das Arbeitslosengeld für ältere Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen zu erstatten. Aus den Kreisen der Opposition ist der Vorwurf laut geworden, die SPD habe dem § 140 SGB III im Bundes- rat damals zugestimmt. Dies ist so nicht richtig. Das Ar- beitsförderungs-Reformgesetz war nicht zustimmungs- bedürftig. Dementsprechend hat die SPD der Änderung des § 115a AFG auch nicht zugestimmt. Allerdings war das erste SGB-III-Änderungsgesetz zustimmungsbe- dürftig, weil es die für die Umsetzung des AFRG not- wendigen Verfahrensregelungen enthielt. Im Rahmen dieses Gesetzgebungsverfahrens haben sich drei Länder, NRW, Bayern und Sachsen-Anhalt, an einer Arbeits- gruppe beteiligt, um zumindest für angemessene Freibe- träge bei der Regelung des § 140 SGB III Sorge zu tra- gen. Diese Länder haben dann in der Tat im Bundesrat der in der Arbeitsgruppe gefundenen Regelung zuge- stimmt. Mit der Rückkehr zum früheren Recht haben wir aber nur einen kleinen Teil der Wegstrecke zurück- gelegt. Jetzt müssen wir die unselige Frühverren- tungspraxis der Unternehmen stoppen. Viele Unter- nehmen schicken ihre älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus finanziellen Gründen lieber vorzei- tig in den Ruhestand. Das ist am Volumen der Er- stattungszahlungen der Arbeitgeber für ihre älteren Arbeitnehmer ablesbar: Die Bundesanstalt für Arbeit hatte im vergangenen Jahr Einnahmen aus Erstat- tungsforderungen in Höhe von rund 750 Millionen DM. 1997 beliefen sich diese Einnahmen sogar auf über 1 Milliarde DM. Diese Zahlen belegen, daß die Unternehmen lieber das Arbeitslosengeld erstatten, als über alternative Lösungen für ihre älteren Arbeit- nehmer nachzudenken. Wir wollen aber keine neue Frühverrentungswelle. Das kann sich die Sozialversi- cherung unter finanziellen Gesichtspunkten nicht lei- sten. Aber auch unsere Gesellschaft kann es sich un- ter sozialen Aspekten nicht leisten, daß Arbeitnehmer immer früher auf ein Abstellgleis geschoben werden und ihre in vielen Berufsjahren erworbene Erfahrung verloren geht. Die Bündnispartner haben deshalb vereinbart, daß die Gespräche im Bündnis für Arbeit mit dem Ziel fortge- setzt werden, zu einer für alle tragbaren Neuregelungen zu kommen. Wir müssen eine Neuregelung finden, die einerseits den Arbeitnehmern angemessene Freibeträge ermöglicht und andererseits den Unternehmen Anreize liefert, den Vorruhestand durch intelligentere Lösungen zu ersetzen. Ich bin davon überzeugt, daß wir im Bündnis für Ar- beit zu einer guten Lösung kommen. Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Rede zur Aktuellen Stunde betr. Haltung der Bun- desregierung zu dem am 11. Februar 1999 ver- öffentlichten Bericht des Ausschusses für wirt- schaftliche, soziale und kulturelle Rechte der Vereinten Nationen zur Verletzung des interna- tionalen Paktes für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte durch die Bundesrepublik Deutschland (Zusatztagesordnungspunkt 4) Vera Lengsfeld (CDU/CSU): Wir haben heute abend mit einer besonderen Merkwürdigkeit zu tun. Die PDS möchte im Deutschen Bundestag das Ergebnis der sy- stematischen Desinformationskampagnen ihrer Vorfeld- organisationen diskutieren. Nachdem sich Parteifunktio- näre und Stasimitarbeiter von ihrer 89er Schmach erholt hatten, begannen sie Anfang der neunziger Jahre mit der Gründung eine Reihe von Nichtregierungsorganisatio- nen, die den Blick der internationalen Öffentlichkeit von den SED-Unrechtstaten weg auf die angeblichen Men- schenrechtsverletzungen im vereinten Deutschland hin- lenken sollten. Seitdem läuft eine beispiellose Desin- formationskampagne über angebliche politische Diskri- minierung, Berufsverbotspraxis und Rentenstrafrecht im vereinigten Deutschland. PDS-Aktivisten überziehen die UNESCO mit Menschenrechtsbeschwerden, in denen sie den Eindruck erwecken, ihr Schicksal sei beispielhaft für das aller ehemaligen DDR-Bürger. Begleitet werden diese Aktivitäten von den PDS-Bundestagsabgeord- neten, die eine enge Beziehung zu den Organisationen mit so klingenden Namen wie „Initiative für die volle Gewährung der verfassungsmäßigen Grundrechte und gegen Berufsverbote“ oder „Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrecht und Menschenwürde e. V. (GBM)“ unterhalten. Die Kampfblätter der genannten Vereine, z. B. der „Icarus“ der GBM, sind anspruchsvoll aufge- macht, auf bestem Papier gedruckt. Auf dem Cover prangt eine Radierung von Ronald Paris. Das gesamte Äußere soll wohl über den eher unappetitlichen Inhalt hinwegtäuschen. Haßtiraden dominieren. Vielleicht hätte Herr Ottmar Schreiner einmal in solch eine Publi- kation schauen sollen, bevor er die „geistige Nähe“ von SPD und PDS gepriesen hat. Die Frage, woher diese Organisationen Geld für teure Publikationen, aufwendige Kampagnen und häufige Reisen nach New York und Brüssel haben, sei hier nur am Rande gestellt. Schließlich hatten SED und Stasi rechtzeitig ihre Milliarden beiseite geschafft. Die Praxis, die vor der UNESCO mit Krokodilstränen in den Augen beklagt wird, die Berufsverbote, ich zitiere den „Icarus“, „die nicht selten für den Einzelnen das soziale Aus zur Folge hatten, persönliche Isoliertheit mit sich brachten und nicht wiedergutzumachende gesundheitliche Schä- den verursachten“, ist nicht etwa eine Beschreibung der Zustände in der DDR, wo tausende Regimekritiker die- ses Schicksal tatsächlich ereilte, sondern das Zerrbild, was ehemalige Parteifunktionäre und Stasileute über die Realität im vereinten Deutschland verbreiten. 2080 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 (A) (C) (B) (D) Tatsache ist aber, daß die ehemaligen Unterdrücker, die Verantwortlichen für das DDR-Unrecht, im verein- ten Deutschland wesentlich komfortabler Leben als ihre Opfer. Ihnen sind sogar die Rentenanteile nachgezahlt worden, für die sie nicht mal selbst Geld eingezahlt hat- ten, weil der DDR-Staat treue Dienste u.a. mit steuer- finanzierten Rentenanwartschaften belohnt hat. Men- schen, die in der DDR verfolgt wurden, die ihren Beruf verloren und sich mit schlechtbezahlten Hilfsarbeitstä- tigkeiten durchschlagen mußten, müssen heute oft mit Mindestrenten auskommen. Sie werden darüber hinaus von ihren ehemaligen Verfolgern verhöhnt, indem die Täter vor der UNO das Schicksal ihrer Opfer als Bei- spiel für das angebliche Unrecht im Vereinten Deutsch- land mißbrauchen. In einem „Icarus“ findet sich die Karikatur einer un- endlich langen Bank. „Hier entsteht eine Anklagebank für 17 Millionen ehemalige DDR-Bürger“ steht auf einem Schild hinter der Bank. Schamloser geht es nicht. Ich verbitte mir im Namen aller Opfer des DDR- Regimes, für die Durchsetzung von SED- und Stasiin- teressen instrumentalisiert zu werden. Die Mißachtung der Menschenwürde der SED-Opfer ist bei der PDS Programm. Die heutige Aktuelle Stunde ist ein neuer Beweis dafür. Die SPD hat der PDS die Macht wieder- gegeben, die das Volk der DDR 1989 der SED abge- nommen hat. Die heutige Aktuelle Stunde könnte der SPD die Augen öffnen, wie ihre künftige Koalitions- partnerin ihre Macht zu mißbrauchen gedenkt. Wenn die SPD aber weiter nur den eigenen Machterhalt durch die Machtbefestigung der PDS will, wird sie für die Folgen verantwortlich sein. Anlage 12 Zu Protokoll gegebene Reden zum Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Ände- rung des Elften Buches Sozialgesetzbuch – 4. SGB XI-Änderungsgesetz (Tagesordnungs- punkt 10) Regina Schmidt-Zadel (SPD): In ihrer Koalitions- vereinbarung haben SPD und Bündnis 90/Die Grünen festgelegt, bei der Pflegeversicherung die bereits in der 13. Wahlperiode vereinbarten maßvollen Leistungsver- besserungen umzusetzen. Wir beraten heute in erster Le- sung den von den Koalitionsfraktionen vorgelegten Entwurf für ein 4. SGB-XI-Änderungsgesetz. Ich stelle fest: Die Koalition hält ihr Wort. Auch in der Pflegever- sicherung wird konsequent und Schritt für Schritt umge- setzt, was versprochen wurde. Ich muß aber an dieser Stelle auch noch einmal feststellen, daß die Pflegebe- dürftigen und ihre Angehörigen in der zurückliegenden Legislaturperiode leider anderes gewohnt waren, als ge- haltene Versprechungen. So sehr es mich auch freut, daß die Koalitionsfraktio- nen die heute zu beratenden Verbesserungen auf den Weg bringen, so ärgert es mich noch heute, daß diese Verbesserungen samt und sonders schon längst hätten beschlossen und in Kraft sein können. Ich erinnere dar- an, daß in der letzten Legislaturperiode feste Vereinba- rungen zwischen den Parteien getroffen wurden, aus de- nen sich erst die F.D.P. – und mit ihr dann auch die Union – verabschiedet hat. Insofern finde ich es schon erstaunlich, daß jetzt aus- gerechnet Herr Lohmann in einer gestern verbreiteten Presseerklärung die vorgelegten Verbesserungen plötz- lich als nicht ausreichend bezeichnet. Herr Lohmann, ich würde heute auch gerne darüber debattieren, wie die Pflegeversicherung zum Beispiel für die immer größere Zahl von psychisch Kranken, Alzheimer-Patienten und für Behinderte verbessert werden kann. Das sind ganz unbestreitbar wichtige Punkte bei der Weiterentwick- lung der Pflegeversicherung. Aber leider muß sich die Koalition ja erst noch mit den unerledigten Hausarbeiten ihrer Vorgänger beschäftigen und zunächst das auf den Weg bringen, was unter anderem Sie, Herr Lohmann, im vergangenen Jahr vorsätzlich versäumt haben. Ob etwas ausreichend war oder nicht, läßt sich immer erst am En- de eines Weges sagen. Die Koalition hat ihren Weg zur Weiterentwicklung der Pflegeversicherung erst begon- nen. Ihr Weg, Herr Lohmann, war am 27. September 1998 zu Ende – und auch in Sachen Pflegeversicherung haben Ihnen die Wähler die Note „nicht ausreichend“ ins Zeugnis geschrieben. Sie haben den Gesetzentwurf der Bundesländer Bay- ern und Baden-Württemberg angesprochen, der in Ihren Augen angeblich viel weiter geht. Es ist richtig, daß der Entwurf mit Neuregelungen für Behinderte und De- menzkranke tatsächlich Änderungsbedarf aufgreift. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß diese Punkte nichts weiter als ein Alibi sind. In Wirklichkeit geht es Ihnen doch darum, die Pflegeversicherung lang- fristig in ein anderes System zu überführen. Das ist doch der Kern dieser Initiative. Dafür packen Sie ihren schlecht durchgerechneten und unausgegorenen Plänen zur Kapitalstockbildung schnell ein paar Verbesserun- gen für die Demenzkranken bei. Das ist durchsichtige Bauernfängerei und wird den Problemen nicht gerecht. Dabei gibt es in der Pflegeversicherung eine Reihe von Problemen, die noch angepackt werden müssen. Die Versorgung von Demenzkranken gehört ganz zweifellos dazu. Schnellschüsse und Alibi-Regelungen sind hier aber nicht angebracht. Darüber müssen wir in Ruhe sprechen und solide Lösungen erarbeiten. Nun gilt es, erst einmal die vorliegenden Verbesse- rungen auf den Weg zu bringen, auf die Pflegebedürftige und ihre Angehörigen seit langem warten. Da ist vor al- lem die Neuregelung bei der Anrechnung von Pflege- geld auf Unterhaltsansprüche oder -verpflichtungen zu nennen. Pflegegeld wird künftig unter bestimmten Vor- aussetzungen nicht auf die Unterhaltsansprüche pflegen- der Personen angerechnet. Damit beendet die Koalition die ungerechte Regelung, daß einer geschiedenen Frau der Unterhaltsanspruch gemindert wird, wenn sie für die Pflege des gemeinsamen behinderten Kindes Pflegegeld bekommt. Die Koalition stärkt die häusliche Pflege weiter, in- dem sie den pflegenden Angehörigen die Inanspruch- nahme der Kurzzeitpflege erheblich erleichtert. Hat eine Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 2081 (A) (C) (B) (D) Pflegeperson zum Beispiel einen Unfall erlitten oder konnte aufgrund anderer Ereignisse kurzfristig die Pfle- ge nicht gewährleisten, scheiterte die Inanspruchnahme der Kurzzeitpflege bislang oft am Nein der Pflegekas- sen. Begründung: Die Pflegeperson muß erst mindestens ein Jahr die Pflege erbracht haben, um diese Leistung erhalten zu können. Künftig ist eine solche Ersatzpflege vom ersten Tag an möglich. Eine ähnliche Stärkung erhält auch die Verhinde- rungspflege bzw. Urlaubspflege. Hier wird klargestellt, in welchen Fällen der Ersatzpflege der Höchstbetrag von 2 800 Mark ausgeschöpft werden kann. Damit wird es für die Betroffenen erheblich leichter, für ihren Urlaub eine Ersatzpflegekraft aus der weiteren Verwandtschaft oder der Nachbarschaft zu finden. Eine Regelung, die die Bereitschaft zur Pflege im direkten und vertrauten häuslichen Umfeld der Pflegebedürftigen erheblich ver- bessern wird. Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie drin- gend Pflegepersonen ihren Urlaub brauchen, um einfach mal Abstand zu der oft doch sehr schweren und bela- stenden Pflegearbeit zu bekommen. Wenn dann sicher- gestellt ist, daß die Ihnen anvertrauten Pflegebedürftigen in guten Händen sind, dann wird dieser Urlaub umso leichter anzutreten sein. Einen weiteren wichtigen Punkt des vorliegenden Re- formgesetzes möchte ich noch anführen: Es war ein be- schämender und taktloser Tatbestand, daß die Pflegekas- sen bei Tod des Pflegebedürftigen das für den Sterbe- monat zuviel gezahlte Geld zurückfordern mußten. Hier ist der Bescheid der Kassen oft genug noch in die Trauer der Angehörigen geplatzt. Die haben sich dann zu Recht gefragt, warum sie nach oft jahrelanger aufopfernder Pflege, die den Pflegekassen erhebliche Beträge im Ver- gleich zur stationären Pflege einsparte, für ein paar we- nige Tage das bereits überwiesene Geld zurückzahlen müssen. Die Neuregelung spart Verwaltungskosten ein, die das Zurückfordern erforderte. Sie ist aber auch ein Akt des Respektes vor der Pflegeleistung der Angehörigen. In Zukunft wird das Pflegegeld, in dem Monat, in dem der Pflegebedürftige stirbt, von den Angehörigen nicht mehr zurückgefordert. Allein wegen dieser längst über- fälligen Regelung finde ich es beschämend, daß diese Novellierung erst jetzt zustande kommt. Wie viele dieser unwürdigen Rückforderungsbescheide hätten vermieden werden können, wenn die Änderungsgesetze bereits im letzten Jahr den Bundestag passiert hätten. Der Gesetzentwurf enthält noch eine Reihe anderer Regelungen wie die Erhöhung des Pflegegeldes im teil- stationären Bereich und die Übernahme der Kosten für die Pflichtpflegeeinsätze durch die Pflegekassen. Auch das wird den Vorrang der häuslichen Pflege spürbar stärken und zugleich die Qualität der Pflege sichern hel- fen. Die von der Koalition vorgelegten Änderungen in XI. Sozialgesetzbuch sind ein weiterer Schritt zur Verbesse- rung der Pflegeversicherung. Vieles wird praxisgerech- ter, einfacher zu handhaben und bringt vor allem im Be- reich der häuslichen Pflege spürbare Erleichterungen. Die Kosten von ca. 260 Millionen Mark sind, gemessen am Gesamtvolumen der Pflegeversicherung, vertretbar. Weitere Schritte zur Verbesserung in der Pflegeversi- cherung müssen folgen. Ich bin bereits kurz darauf ein- gegangen. Vielen der 1,7 Millionen Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen wäre aber schon entscheidend geholfen, wenn die vorgelegten Änderungen zum Som- mer beschlossen werden. Ich lade daher die Kolleginnen und Kollegen der Union und der F.D.P. herzlich ein: Machen Sie Ihren Fehler vom vergangenen Jahr wieder gut, kommen Sie zurück ins Boot und lassen Sie uns gemeinsam die Pflegeversicherung weiterentwickeln. Das 4. SGB-XI-Änderungsgesetz ist dazu ein guter An- fang. Eva-Maria Kors (CDU/CSU): Es ist unbestritten, die Pflegeversicherung hat sich als Instrument zur Absiche- rung des Risikos der Pflegebedürftigkeit im Rahmen un- serer sozialen Sicherungssysteme bewährt. Die Zahl von über 1,7 Mio. Pflegebedürftigen und deren Angehörigen, die in der Zwischenzeit Leistungen durch die Pflegever- sicherung erhalten, spricht für sich. Es ist auch unbe- stritten, daß ein solch umfassendes Reformwerk nach einer gewissen Zeit der praktischen Anwendung über- prüft werden muß und daß dann auf festgestellte Defi- zite durch die Politik reagiert werden muß und Lösun- gen auf den Weg gebracht werden müssen. Aus dieser Sicht ist der vorgelegte Entwurf ein Schritt in die richtige Richtung, ein Schritt, den wir, die CDU/CSU-Fraktion, in der vergangenen Legislaturperi- ode ja bereits teilweise zusammen mit Ihnen gegangen sind. Aber dennoch: Der Entwurf ist mit seinen Ände- rungen für die CDU/CSU-Fraktion schlicht und einfach nicht ausreichend! Der Gesetzentwurf gibt zunächst einmal keine Antwort auf die Frage, was mit den Bei- tragsüberschüssen in der Pflegeversicherung in Höhe von fast 10 Milliarden DM geschehen soll – geschweige denn, daß er entsprechende Lösungsansätze zu bieten hat. Diese Lösungsansätze hätte die Bundesregierung durch einen Blick in die Bundesratsinitiative Bayerns, Baden-Württembergs und Sachsens finden können. Nach diesem Entwurf sollen die Überschüsse in der Pflegeversicherung in eine Generationenreserve einge- stellt werden und später zur Abfederung der demogra- phischen Entwicklung verwandt werden. Sichergestellt werden müßte jedoch noch zusätzlich – und dies möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich be- tonen –, daß eine Möglichkeit geschaffen wird, wie diese Generationenreserve unter gewissen Umständen auch vor dem angestrebten Jahr 2025 in Anspruch ge- nommen werden kann, um so mögliche Beitragserhö- hungen vermeiden zu können. Ich bedauere sehr, daß die Bundesregierung in ihrem Entwurf dieser wichtigen Frage ausgewichen ist und die konstruktiven Lösungs- ansätze der CDU-geführten Bundesländer nicht aufge- griffen hat. Der Regierungsentwurf läßt ein weiteres wichtiges Problem völlig unangesprochen und ungelöst, denn er enthält keine Ausführungen zur Absicherung und Be- rücksichtigung des allgemeinen Betreuungsaufwandes für Menschen mit geistigen Behinderungen und psychi- schen Erkrankungen, insbesondere altersverwirrter Men- 2082 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 (A) (C) (B) (D) schen. Kein Wort, keine Vorschrift über die Berück- sichtung der Pflegebedürftigkeit von Demenzkranken im System der Pflegeversicherung – und das in einem Ent- wurf, der groß Verbesserungen ankündigt. Dies ist für die Betroffenen und deren Betreuer, aber darüber hinaus auch für die betreuenden Einrichtungen überaus unbe- friedigend. Wir, die Mitglieder der CDU/CSU-Bun- destagsfraktion, sind der Auffassung, daß auf die zu- nehmende Zahl Demenzkranker – nach Auskünften der Verbände zur Zeit etwa 1,4 Millionen Menschen in Deutschland – schnellstens reagiert werden muß und auch reagiert werden kann, zumal auf der Grundlage der Bundesratsinitiative der Länder Bayern, Baden- Württemberg und Sachsen ein praktikabler und finan- zierbarer Weg beschritten werden kann. Der Regierungsentwurf entspricht aber noch nicht einmal den Forderungen der grünen Regierungspartei, namentlich den Forderungen der Bundesarbeitsgemein- schaft Behindertenpolitik von Bündnis 90/Die Grünen. Diese Arbeitsgemeinschaft spricht die von mir gerade dargelegte Thematik in einem Positionspapier mit dem Titel „Reform der Pflegeversicherung“ vom November 1998 ausdrücklich an und fordert in diesem Bereich weitreichende Verbesserungen. Wenn die Betroffenen – (Anm.: damit sind behin- derte und altersverwirrte Menschen gemeint) – zur Vermeidung von Eigengefährdungen die fast stän- dige Anwesenheit einer Person zur Beaufsichtigung benötigen, belastet dies sowohl die Familien als auch im Falle der stationären Pflege das Heimper- sonal überproportional. Bei den Leistungen der Pflegeversicherung wird dies aber überhaupt nicht berücksichtigt. Dieser Ausschluß ist willkürlich und ungerecht. Ein Bedarf an Anleitung und Beaufsichtigung muß daher bei der Beurteilung der Pflegebedürftigkeit und der Einstufung in die einzelnen Pflegestufen Berücksichtigung finden. Das gleiche gilt für Hil- fen bei der Kommunikation. Angesichts der großen und stetig wachsenden Zahl altersverwirrter Menschen und den damit verbundenen Problemen für Familienangehörige und Pflegepersonen reicht es eben nicht aus – wie im Koalitionsvertrag oder in zahlreichen Interviews immer wieder angekündigt –, eine bessere Berücksichtigung des allgemeinen Betreu- ungsbedarfs dieser Personen prüfen zu wollen. Im Ge- genteil, hier müssen dann auch Taten folgen. Es ist ebenfalls nicht ausreichend, nur darauf hinzuweisen, daß der Diskussionsprozeß zum Pflegeversicherungsgesetz noch nicht abgeschlossen sei – so zuletzt die Kollegin Schaich-Walch. Oder sind diese Ankündigungen so zu verstehen, daß die SPD-Fraktion die Pläne von Bundesfinanzmi- nister Lafontaine, die Pflegeversicherung auf eine Steuerfinanzierung umzustellen, doch noch nicht zu den Akten gelegt hat? Äußerungen des Kollegen Struck, wonach er sich jedenfalls die Umsetzung eines steuerfinanzierten Modells mit Blick auf die Belastungen der öffentlichen Haushalte aktuell nicht vorstellen könne, haben hier auch keine Klarheit her- beiführen können. Die Bundesregierung muß sich schon die Frage ge- fallen lassen, wie sie denn nun die zukünftige Finanzie- rung der Pflegeversicherung in Wirklichkeit gestalten will. Steuerfinanziert und damit den Vorstellungen des jeweiligen Bundesfinanzministers unterstellt, der ent- scheidet, wann Pflegebedürftigkeit vorliegt und wann diese finanzierbar ist oder nicht, oder eben, wie derzeit praktiziert und bewährt, beitragsfinanziert im Gefüge der sozialen Sicherungssysteme und damit für die Be- troffenen abschätzbar und verläßlich? Eine Antwort auf diese Frage, meine Damen und Herren der Regierungs- koalition, steht noch aus. Insgesamt ist Ihr Regierungs- entwurf aus Sicht der CDU/CSU-Fraktion halbherzig und unzureichend, denn er läßt zum Beispiel das große und überaus wichtige Thema der Altersverwirrten völ- lig unberücksichtigt und ungelöst. Es liegt nun an Ihnen, liebe Kolleginnen und Kolle- gen von den Regierungsfraktionen, ob im Rahmen der weiteren Beratungen dieses Gesetzentwurfs doch noch die notwendigen Verbesserungen durchgesetzt werden oder ob es wieder einmal bei den Gesetzesberatungen – wie seit dem Beginn dieser Legislaturperiode bei Ihnen ja so üblich – nur nach dem Motto gehandelt werden soll: „Augen zu und durch!“ Detlef Parr (F.D.P.): Der heute vorgelegte Gesetz- entwurf sieht die Beseitigung einiger Ungereimtheiten vor, die bei Abfassung des Gesetzes nicht so deutlich erkennbar waren. Das ist sinnvoll. Darüber hinaus sind Verbesserungen für die Pflegebedürftigen und ihre An- gehörigen bei der Finanzierung der Pflegekontrolleinsät- ze vorgesehen. Auch das ist akzeptabel. Es war den Be- troffenen immer nur schwer zu vermitteln, daß sie die Kosten für Kontrollbesuche, die nicht sie, sondern die Pflegeversicherungsgemeinschaft für notwendig hält, aus eigener Tasche zahlen sollten. Über die Anhebung der Pauschalen für die teilsta- tionäre Pflege müssen wir im Gesundheitsausschuß noch einmal intensiv diskutieren, ob sie nicht nur den Einrichtungen nutzt, nicht jedoch den Pflegebedürfti- gen selbst. Tages- oder Nachtpflege bedeutet, daß der Pflegebedürftige nur am Tag oder nur in der Nacht in dieser Einrichtung versorgt wird. Die jeweils andere Zeit des Tages muß er anderweitig betreut werden. Bisher ist es so, daß der Pflegebedürftige zum Beispiel in Pflegestufe III maximal 2 100 DM für die teilstatio- näre Pflege erhält plus bis zu 700 DM für die häusliche Pflege, nämlich bis zum Höchstbetrag von 2 800 DM für die Pflegesachleistung. Wenn nun für die teilstatio- näre Pflege ein Betrag von bis zu 2 800 DM vorgese- hen wird, bedeutet das im Regelfall, daß die Unterstüt- zung für die häusliche Pflegekraft wegfällt, weil sich erfahrungsgemäß die Sätze der Einrichtungen an den Höchstsätzen ausrichten. Die größte Notwendigkeit, etwas zu ändern, scheint mir jedoch nicht im gesetzgeberischen Bereich zu lie- gen, sondern in der konkreten Umsetzung vor Ort. Es kann nicht angehen, daß Pflegebedürftigen notwendige Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 2083 (A) (C) (B) (D) Leistungen verweigert werden, wie das immer wieder vorkommt. Das gilt ganz besonders für die Demenz- kranken. Wir brauchen eine Gleichbehandlung von Menschen, die aus physischen Gründen pflegebedürftig sind, und solchen, die aus psychischen Gründen Hilfe bei der Pflege benötigen. Hier liegt zur Zeit einiges im argen. Ob die Situation für Demenzkranke durch eine andere Form der Begutachtung verbessert werden kann oder ob dafür eine Gesetzesänderung notwendig ist, sollten wir gemeinsam im Ausschuß sorgfältig erörtern. Viele Mißstände werden auch dadurch verursacht, daß Pflegeversicherung und Krankenversicherung getrennt laufen und es in der Pflegeversicherung im Gegensatz zur Krankenversicherung einen vollständigen Ausga- benausgleich zwischen den Kassenarten gibt. Das setzt zum Teil falsche Anreize. Wir sollten deshalb noch ein- mal gründlich darüber nachdenken, ob es nicht besser ist, Pflege- und Krankenversicherung zusammenzufas- sen, zumal es manchmal äußerst schwierig ist, zu beur- teilen, ob ein Mensch lediglich Pflege braucht, weil er alt und gebrechlich ist, oder ob er Unterstützung braucht, weil er krank ist. Das Thema „Rehabilitation vor Pflege“, das zur Zeit auch noch völlig unbefriedi- gend gelöst ist, weil die Krankenversicherung hierfür zuständig ist und nicht die Pflegeversicherung, die von einer erfolgreichen Rehabilitation profitiert, wäre damit automatisch vom Tisch. Unterhalten müssen wir uns auch über die Über- schüsse, die die Pflegeversicherung angesammelt hat. Ende 1998 lagen knapp 10 Milliarden DM auf den Konten der gesetzlichen Pflegekassen. Davon sind le- diglich 4 Milliarden DM gesetzlich vorgeschriebene Rücklagen. Es gibt einen schönen Spruch eines Finanzwissenschaftlers: „Kasse macht sinnlich.“ Inso- fern wundert es mich nicht, daß zur Zeit alle mögli- chen Vorschläge in der Diskussion sind, was man mit den Überschüssen über das im Gesetzentwurf nicht Vorgesehene hinaus anfangen soll. Für mich gibt es darauf nur eine Antwort: Wir müssen dafür sorgen, daß man in diese Versuchung nicht mehr kommt. Am besten wäre es, das Geld an diejenigen zurückzuge- ben, die es angesammelt haben: die Versicherten und Arbeitgeber. Möglich wäre auch die Anlage in Form eines Kapitalstocks. Dies bringt allerdings gewisse Probleme mit sich, so daß man hinter einen solchen Vorschlag zumindest ein großes Fragezeichen setzen muß. Problematisch wäre eine Hortung der Über- schüsse bei den Pflegekassen, weil das Begehrlich- keiten weckt, die angesichts der Alterspyramide unse- rer Bevölkerung in ein paar Jahren nicht mehr finan- zierbar sind. Andrea Fischer, Bundesministerin für Gesundheit: Mit dem heute zur Beratung anstehenden Gesetzentwurf zur Änderung des Pflegeversicherungsgesetzes setzen wir um, was uns die abgewählte Bundesregierung und frühere Koalition als unerledigtes Versprechen hinterlas- sen haben. Über die Regelungen des Gesetzentwurfes besteht fachpolitisch weitestgehend Einvernehmen, und er hätte in der letzten Legislaturperiode auch fraktionsübergrei- fend beschlossen werden können. Taktische Überlegun- gen auf Ihrer Seite haben damals dazu geführt, daß diese sinnvollen Regelungen zugunsten der Pflegebedürftigen auf der Strecke blieben. Unser Gesetzentwurf ist ein abgestimmter Entwurf, der frühere Versprechen endlich erfüllt. Er sieht im ,wesentlichen leistungsrechtliche Veränderungen in der Tages- und Nachtpflege, den offeneren Zugang zur Kurzzeitpflege sowie die Kostenübernahme bei den Pflegepflichteinsätzen vor. Das Finanzvolumen beträgt, wenn die Leistungen in einigen Jahren voll in An- spruch genommen werden, rund 260 Millionen DM jährlich. Was besonders wichtig ist, diese Leistungsverbesse- rungen kommen vor allem Frauen bei der Bewältigung ihres schwierigen Pflegealltags zugute. Denn sie sind es, die die Pflege zu Hause organisieren und durchführen und die durch die Leistungsverbesserungen entlastet werden. Dies ist auch ein wichtiger Beitrag für die Familie. Um so unverständlicher wäre es für die Pflegebe- dürftigen, wenn auch wir diese Verbesserungen hinaus- schieben würden. Hier arbeiten wir zügig ab, was wir sogleich erledigen können. Deshalb haben wir den un- veränderten Gesetzentwurf hier eingebracht, in der Er- wartung, daß er rasch in den parlamentarischen Bera- tungen verabschiedet werden kann, da er zwischen den Fraktionen unstrittig sein dürfte. Die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen würden nicht verstehen, wenn wir die jetzt anstehenden Änderungen erst vornähmen, wenn weiterer Änderungsbedarf abschließend geprüft, festge- stellt, mit allen Beteiligten diskutiert und politisch mehrheitsfähig ist. Das bedeutet nicht, daß wir den anderen Änderungs- bedarf nicht ernst nähmen oder auf die lange Bank schö- ben. Wir prüfen sorgfältig und gewissenhaft. Dies schließt ein, daß Auswirkungen möglicher Änderungen auf die Finanzen der Pflegeversicherung sowie auf deren Funktions- und Leistungsfähigkeit sehr sorgsam bedacht werden müssen. Mit einem Beitragssatz von 1,7 Prozent ist der Finanzrahmen der sozialen Pflegeversicherung vorgege- ben. Aber schon heute wissen wir, daß allein die demo- graphische Entwicklung mit einem Anstieg der Zahl der Pflegebedürftigen um bis zu 350 000 bis zum Jahr 2010 zu einer erheblichen finanziellen Belastung der Pflege- versicherung führt. Darauf müssen wir uns schon heute einstellen, wenn wir solide und verantwortlich wirt- schaften wollen. Das heißt im Klartext: Der am Ende des Jahres 1998 bestehende Überschuß der Pflegeversi- cherung von 9,7 Milliarden DM ist für die demographi- sche Entwicklung da und sichert die Stabilität des Bei- tragssatzes in der Pflegeversicherung. Nachdem der Jahresüberschuß in den Jahren 1996 2,3 Milliarden DM und 1997 1,6 Milliarden DM betrug, gibt ein Überschuß von nur noch 0,25 Milliarden DM für das Jahr 1998 allen Anlaß zur finanziellen Vorsicht. Die Auswirkungen neuer gesetzlicher Regelungen auf die Finanzen der Pflegeversicherung sowie auf deren Funktions- und Leistungsfähigkeit müssen sehr sorgfäl- 2084 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 (A) (C) (B) (D) tig bedacht werden. Verbesserungen und Weiterent- wicklungen, die Ausgabensteigerungen zur Folge haben, müssen aus den laufenden Einnahmen der Pflegeversi- cherung finanziert werden. Es kann deshalb leider nicht alles, was wünschenswert ist, auch tatsächlich realisiert werden. Die finanzielle Solidität der Pflegeversicherung, die Verläßlichkeit der Leistungsgewährung und die Stabi- lität des Beitragssatzes sind nicht nur eine Frage der Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern. Gerade die Stabilität des Beitragssatzes hat im Hinblick auf die Lohnnebenkosten höchste Priorität. Wer also streng auf die Finanzierbarkeit und die Stabilität der Pflegeversi- cherung achtet, handelt nicht nur zum Wohl der Versi- cherten, sondern hat auch Beschäftigung und Wirt- schaft im Blick. Dies kennzeichnet eine solide Sozial- politik. Ganz anders der Gesetzentwurf der Länder Bayern und Baden-Württemberg. In ihm werden Verbesserun- gen versprochen, die nicht finanzierbar sind. Diese Vor- schläge untergraben das solide Fundament der Pflege- versicherung und setzen sie leichtfertig aufs Spiel. An die Opposition im Bund und in den Ländern möchte ich angesichts dieses Gesetzentwurfs aus Bayern und Baden-Württemberg, aber auch im Hinblick auf manche Forderung nach weitreichenden Änderungen bei der Pflegeversicherung appellieren, mehr Sorgfalt und Seriosität bei Forderungen zum Thema „Pflegeversiche- rung“ walten zu lassen. Es nutzt niemandem, insbeson- dere nicht den Pflegebedürftigen, ihren Familien und den Beitragszahlern, wenn das solide finanzielle Fun- dament der Pflegeversicherung untergraben und leicht- fertig aufs Spiel gesetzt wird. Wir haben uns mit dem vorgelegten Gesetzentwurf daran gehalten. Und da sein Inhalt noch in der letzten Legislaturperiode unstrittig war, hoffe ich auf eine frak- tionsübergreifende Mehrheit. Anlage 13 Erklärung des Abgeordneten Rainer Funke (F.D.P.) zur namentlichen Abstimmung über die Be- schlußempfehlung des Auswärtigen Ausschus- ses zu dem Antrag der Bundesregierung Deut- sche Beteiligung an der militärischen Umset- zung eines Rambouillet-Abkommens für den Kosovo sowie an NATO-Operationen im Rah- men der Notfalltruppe (Extraction Force) (Drucksachen 14/397, 14/414) am 25. Februar 1999 (22. Sitzung, Seite 1715 B) Mein Name ist in der Abstimmungsliste nicht aufge- führt. Ich erkläre, daß ich an der namentlichen Abstimmung teilgenommen und mit Nein gestimmt habe. Anlage 14 Erklärung des Abgeordneten Dr. Klaus W. Lippold (Offen- bach) (CDU/CSU) zur namentlichen Schlußab- stimmung über den Entwurf eines von den Frak- tionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Gesetzes zum Einstieg in die ökolo- gische Steuerreform (Drucksachen 14/40, 14/408) am 3. März 1999 (24. Sitzung, Seite 1851 A) Mein Name ist in der Abstimmungsliste nicht aufge- führt. Ich erkläre, daß ich an der namentlichen Abstimmung teilgenommen und mit Nein gestimmt habe. Anlage 15 Erklärung der Abgeordneten Gila Altmann (Aurich) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentli- chen Abstimmung über den Änderungsantrag der Abgeordneten Gerda Hasselfeldt, Heinz Seiffert, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der CDU/CSU zu dem Entwurf eines von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Gesetzes zum Einstieg in die ökologische Steuerreform (Drucksachen 14/40, 14/408, 14/424) am 3. März 1999 (24. Sit- zung, Seite 1842 A) Mein Name ist in der Abstimmungsliste nicht aufge- führt. Ich erkläre, daß ich an der namentlichen Abstimmung teilgenommen und mit Nein gestimmt habe. Anlage 16 Erklärung der Abgeordneten Marieluise Beck (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion PDS zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Entwurf eines Gesetzes zum Einstieg in die ökologische Steuer- reform (Drucksachen 14/40, 14/408 und 14/423) am 3. März 1999 (24. Sitzung, Seite 1862 D) An der namentlichen Abstimmung habe ich – entge- gen der Angabe im Stenographischen Protokoll – teilge- nommen und mit Nein abgestimmt. Anlage 17 Amtliche Mitteilung Der Vorsitzende des folgenden Ausschusses hat mit- geteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu der nachstehenden Vorlage absieht: Ausschuß für Gesundheit – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über den geänderten Vor-schlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlamentsund des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriftender Mitgliedstaaten über mit ionisierenden Strahlenbehandelte Lebensmittel und Lebensmittelbestandteile – Drucksachen 13/11284, 14/69 Nr. 1.7 – Druck: Bonner Universitäts-Buchdruckerei, 53113 Bonn 53003 Bonn, Telefon: 02 28/3 82 08 40, Telefax: 02 28/3 82 08 44 20
Gesamtes Protokol
Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1402500000
Guten Morgen, liebe
Kolleginnen und Kollegen! Die Sitzung ist eröffnet.

Auf der Ehrentribüne haben der Präsident der unga-
rischen Nationalversammlung, Dr. János Áder, und
seine Delegation Platz genommen.


(Beifall)

Ich begrüße Sie, Herr Präsident, und die Sie begleiten-
den Vertreter der ungarischen Nationalversammlung
auch von diesem Platz aus noch einmal ganz herzlich im
Namen aller Kolleginnen und Kollegen des Deutschen
Bundestages, nachdem Sie schon gestern etliche Abge-
ordnete kennengelernt haben. Herr Präsident, es ist uns
eine große Freude, Sie und Ihre Begleitung zu einem of-
fiziellen Besuch zu Gast zu haben.

Der Deutsche Bundestag mißt den traditionell freund-
schaftlichen, ja herzlichen Beziehungen unserer Länder
und unserer Parlamente insbesondere bei der Gestaltung
der gemeinsamen europäischen Zukunft große Bedeu-
tung bei. Wir verfolgen mit Interesse die Entwicklung in
Ihrem Land und freuen uns, daß Ungarn nicht nur große
Fortschritte auf dem Weg zur EU-Beitrittsfähigkeit
macht, sondern schon in diesem Monat unser Partner im
Nordatlantischen Bündnis sein wird.

Ihr Land hat wesentlichen Anteil an der Überwindung
der trennenden Grenzen in Europa und an der Öffnung
der Grenzen und ermöglichte damit die deutsche Ein-
heit. Dieser Beitrag wird uns dauerhaft unvergeßlich
bleiben.


(Beifall)

Deswegen, Herr Präsident, ist Ihr Besuch gerade im Jahr
1999, zehn Jahre nach der friedlichen Revolution, von
besonderem Gewicht. Für diese Geste bedanken wir uns
ganz herzlich. Seien Sie uns willkommen!


(Beifall)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, zunächst möchte

ich zwei amtliche Mitteilungen verlesen: Zwei vom
Deutschen Bundestag bereits gewählte stellvertretende
Mitglieder der CDU/CSU-Fraktion im Beirat der Regu-
lierungsbehörde für Telekommunikation und Post sollen

getauscht werden. Die Kollegin Renate Blank soll per-
sönliche Stellvertreterin des Kollegen Dr. Martin Mayer

(Siegertsbrunn) und der Kollege Dr. Michael Meister

persönlicher Stellvertreter des Kollegen Ulrich Adam
werden. Sind Sie damit einverstanden? – Ich höre keinen
Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Aus dem Stiftungsrat der „Stiftung zur Aufarbeitung
der SED-Diktatur“ scheidet die Kollegin Simone Probst
als stellvertretendes Mitglied aus. Die Fraktion Bündnis
90/Die Grünen schlägt als Nachfolger den Kollegen
Christian Ströbele vor. Sind Sie damit einverstanden?
– Ich höre keinen Widerspruch. Damit ist der Kollege
Christian Ströbele als stellvertretendes Mitglied in den
Stiftungsrat gewählt.

Interfraktionell ist vereinbart worden, die verbundene
Tagesordnung um die Ihnen in einer Zusatzpunktliste
vorliegenden Punkte zu erweitern:
ZP2 Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen SPD undBÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs einesSteuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 – Drucksachen14/23, 14/442, 14/443, 14/466 –
ZP3 Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren (Er-gänzung zu TOP 12)


a) Erste Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Ge-setzes zur Änderung des DNA-Identitätsfeststellungs-gesetzes – Drucksache 14/445 –
b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Marlies Pretzlaff,Klaus-Jürgen Hedrich, Dr. Norbert Blüm, weiterer Abge-ordneter und der Fraktion der CDU/CSU
5 Jahre nach Kairo: Umsetzung der Beschlüsse der Kon-ferenz der Vereinten Nationenen zu Weltbevölkerung undEntwicklung 1994 – Drucksache 14/446 –

ZP4 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der PDS: Hal-tung der Bundesregierung zu dem am 11. Februar 1999veröffentlichten Bericht des Ausschusses für wirtschaftli-che, soziale und kulturelle Rechte der Vereinten Nationenzur Verletzung des internationalen Paktes für wirtschaft-liche, soziale und kulturelle Rechte durch die Bundesre-publik Deutschland
Weiterhin ist vereinbart worden, den Tagesordnungs-

punkt 4 – Debatte anläßlich des Internationalen Frauen-
tages – unmittelbar nach der Beratung des Steuerentla-
stungsgesetzes und noch während der Kernzeit aufzuru-
fen.






(B)



(A) (C)



(D)


Der Antrag der Fraktion der CDU/CSU zur Hand-
lungsfähigkeit der Nordatlantischen Allianz soll abge-
setzt werden.

Außerdem weise ich auf eine nachträgliche Aus-
schußüberweisung im Anhang zur Zusatzpunktliste hin:

Der in der 21. Sitzung des Deutschen Bundestages überwie-sene nachfolgende Antrag soll nachträglich dem Ausschuß fürAngelegenheiten der neuen Länder zur Mitberatung überwie-sen werden.
Antrag der Abgeordneten Hans Martin Bury, Ernst Schwan-hold, Klaus Barthel, weiterer Abgeordneter und der Fraktionder SPD sowie der Abgeordneten Werner Schulz (Leipzig),Margareta Wolf (Frankfurt) und der Fraktion BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN Förderung der Luftfahrttechnologie– Drucksache 14/395 –

(federführend Sind Sie mit diesen Vereinbarungen einverstanden? – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich rufe Zusatzpunkt 2 auf: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 – Drucksache 14/23 – a)


(Erste Beratung 6. Sitzung)


richt des Finanzausschusses (7. Ausschuß)

– Drucksachen 14/442, 14/443 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Detlef von Larcher
Hansgeorg Hauser
Klaus Wolfgang Müller (Kiel)

Carl-Ludwig Thiele
Heidemarie Ehlert

(8. Aus schuß)gemäß § 96 der Geschäftsordnung – Drucksache 14/466 – Berichterstattung: Abgeordnete Peter Jacoby Hans Georg Wagner Oswald Metzger Dr. Günter Rexrodt Dr. Uwe-Jens Rössel Es liegen Entschließungsanträge der Fraktionen der CDU/CSU, F.D.P. und PDS vor. Ich weise darauf hin, daß wir nach der Aussprache zahlreiche namentliche Abstimmungen durchführen werden. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Aussprache drei Stunden vorgesehen. – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Bundesminister der Finanzen, Oskar Lafontaine. (Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Das ist Morgengrauen!)



Oskar Lafontaine (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1402500100

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Gestern hat der Deutsche Bundestag den Einstieg in die
ökologische Steuer- und Abgabenreform beschlossen.
Der Kollege Ernst Ulrich von Weizsäcker hat diesen
Einstieg als historisch bezeichnet.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Lachen bei der CDU/CSU)


Ich möchte heute noch einmal feststellen, daß dieser
historische Einstieg dem Willen vieler Menschen in
Deutschland entspricht. Viele Menschen teilen unsere
Auffassung: Die Arbeit muß entlastet werden, der Um-
weltverbrauch muß stärker belastet werden. Den ersten
Schritt haben wir getan. Wir werden diese wichtige Re-
form fortsetzen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Heute verabschieden wir einen Gesetzentwurf, der
vor allen Dingen die Leitidee beinhaltet, mehr Steuer-
gerechtigkeit in Deutschland herzustellen und Arbeit-
nehmer und Familien zu entlasten. Wenn wir uns die
Steuerpolitik der letzten Jahre vergegenwärtigen, dann
dürfen wir nicht übersehen, daß insbesondere im Zuge
der Entscheidung, den Aufbau Ost über die Sozialversi-
cherungsbeiträge zu finanzieren, Arbeitnehmer und Fa-
milien in diesem Lande überproportional belastet wor-
den sind. Wir dürfen auch nicht vergessen, daß in den
letzten Jahren die Unternehmen – es ist notwendig, das
heute einmal zu sagen – in der Summe um 50 Milliarden
DM entlastet worden sind, mit dem Versprechen, daß
dadurch die Arbeitslosigkeit abgebaut werde. Auf der
anderen Seite haben alle wissenschaftlichen Institute
ermittelt, daß insbesondere die Arbeitnehmer und die
Familien überproportional belastet waren.

Das Bundesverfassungsgericht hat zuletzt festgestellt,
daß die Familien in Deutschland in den letzten Jahren zu
wenig gefördert worden sind, daß den Familien pro Jahr
– das muß man immer wieder sagen – durch die Regie-
rung Kohl 20 Milliarden DM vorenthalten wurden. Die-
ses Gesetz korrigiert diesen Irrweg der deutschen Steu-
erpolitik in den letzten Jahren.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wenn nach Verabschiedung dieses Gesetzes eine
durchschnittliche Arbeitnehmerfamilie um 2 500 DM
entlastet wird, dann mag das für den einen oder anderen,
der in solchen Zahlen nicht mehr denken kann, zwar
wenig bedeuten. Wenn man sich aber vergegenwärtigt,
daß eine Verkäuferin in diesem Lande manchmal gerade
2 000 DM netto in der Tasche hat, dann erkennt man,
daß die steuerliche Entlastung für Arbeitnehmer und für
Familien um 2 500 DM sehr viel bedeutet; deshalb wird
diese Steuerreform von der großen Mehrheit des Volkes
begrüßt und von uns beschlossen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Sie haben die Unternehmen in den letzten Jahren um
50 Milliarden DM – so die Berechnungen verschiedener

Präsident Wolfgang Thierse






(A) (C)



(B) (D)


Finanzverwaltungen der Länder – entlastet, weil Sie der
Auffassung waren, daß dadurch mehr Arbeitsplätze ent-
stehen würden und die Arbeitslosigkeit abgebaut würde.
Das mag in guter Absicht geschehen sein. Aber Sie
müssen heute einfach bereit sein, Zahlen zur Kenntnis
zu nehmen. Die Zahlen sagen Ihnen, daß Sie in diesem
Land überproportional in eine Richtung umverteilt und
das gewünschte Ziel, den Abbau der Arbeitslosigkeit,
nicht erreicht haben. Deshalb muß die Steuerpolitik kor-
rigiert werden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)


Wir haben zunächst das Vorläufergesetz verabschie-
det, das den Eingangssteuersatz von 25,9 Prozent auf
23,9 Prozent gesenkt hat. Wir haben den Grundfreibe-
trag auf 13 000 DM und das Kindergeld für Erst- und
Zweitkinder auf 250 DM im Monat erhöht. Die heutige
Beschlußfassung wird dazu führen, daß der Grundfrei-
betrag in zwei Schritten, zum 1. Januar 2000 und zum 1.
Januar 2002, auf 14 000 DM erhöht wird. Der Eingangs-
steuersatz wird ebenfalls in zwei Schritten auf 19,9 Pro-
zent abgesenkt. Die Senkung des Spitzensteuersatzes er-
folgt in zwei Schritten auf 48,5 Prozent. Parallel dazu
wird der Höchststeuersatz für gewerbliche Einkünfte
zunächst auf 43 Prozent abgesenkt. Der Körper-
schaftsteuersatz wird ebenfalls zunächst auf 40 Prozent
zurückgeführt.

Um diese Sätze finanzieren zu können, mußten wir
einen großen Teil der Steuersubventionen verändern und
teilweise ganz streichen. Wir waren uns darüber im kla-
ren, daß eine solch schwierige Aufgabe auf erhebliche
Widerstände stoßen würde und daß die jeweils Betroffe-
nen massiv gegen die Streichung von Subventionen
protestieren würden.

Aber, meine Damen und Herren, ich will Ihnen ein-
mal aus einem Brief vorlesen, der mich als Privatmann
kürzlich erreicht hat. Die Berliner Bank AG schreibt
mir: Wir bieten Ihnen einen Fonds an; und in diesem
Fonds wird Ihnen eine Verlustzuweisung von insgesamt
225 Prozent bezogen auf die Bareinlage eingeräumt. –
Das ist das Ergebnis der Steuerpolitik der letzten Jahre,
die Sie zu verantworten haben, die unter keinem Ge-
sichtspunkt mehr zu rechtfertigen ist und die deshalb ge-
ändert werden muß.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)


Natürlich sind alle diejenigen, die in großem Umfang
von solchen Steuersparmodellen Gebrauch gemacht
haben, jetzt enttäuscht darüber, daß diese Möglichkeiten,
zu Lasten der Allgemeinheit Vermögen aufzubauen,
jetzt nicht mehr bestehen oder deutlich reduziert werden.
Das verstehe ich völlig. Wir haben immer wieder gesagt:
Wer legal Steuersparmodelle in Anspruch nimmt, dem
kann man im Grunde genommen keinen Vorwurf ma-
chen. Es waren politische Entscheidungen, die diese
Möglichkeiten eingeräumt haben. In den letzten Jahren
war aber im Volk als Grundtenor zu hören, wenn man
ihn denn hören wollte, daß die Menschen glaubten, es

gehe nicht mehr gerecht in diesem Lande zu. Dieses
Steueränderungsgesetz stellt mehr Steuergerechtigkeit
her; das war in Deutschland auf Grund der Entwicklun-
gen der letzten Jahre dringend notwendig.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Arbeitnehmer und Familien werden um über 20 Mil-
liarden DM entlastet. Das ist ein notwendiger Schritt.
Ich erinnere noch einmal alle diejenigen, die das Maß
verloren haben, daran, daß die Unternehmen in den
letzten Jahren um 50 Milliarden DM entlastet worden
sind. Wer angesichts dieser Zahlen etwa von leichtferti-
ger Nachfragestützung oder von Ideologie spricht, der
ist selbst geblendet. Wer es für richtig hält, Unterneh-
men um 50 Milliarden DM zu entlasten, aber dann von
Ideologie oder von einem Irrweg spricht, wenn man die
Arbeitnehmer und Familien um über 20 Milliarden DM
entlastet, der hat jedes Maß und jeden Sinn für Steuerge-
rechtigkeit in diesem Lande verloren.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)


In diesem Gesetz haben wir eine Entlastung des Mit-
telstandes in Angriff genommen.


(Klaus Bühler [Bruchsal] [CDU/CSU]: Das ist der größte Witz! – Lachen bei der CDU/CSU und der F.D.P.)


– Sie nennen sich immer Mittelstandspartei, sind auch
ganz stolz darauf und schreiben sich selbst die Fähigkeit
zu, Mittelstand und Handwerk unterstützen zu können.
Aber Sie haben es vielleicht gar nicht gemerkt, daß die
Steuerpolitik der letzten Jahre überproportional den
Großunternehmen zugute gekommen ist. Aber die
Handwerker und Mittelständler im Lande haben es ge-
merkt und beschweren sich immer wieder über diese
Entwicklung.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)


Insofern ist Ihr Lachen durchaus ein Beleg für den Irr-
weg Ihrer Steuerpolitik. Der Mittelstand wird nach den
Berechnungen der Institute – auf die berufe ich mich,
weil Sie mir sonst Parteilichkeit unterstellen könnten –
deutlich um über 3 Milliarden DM entlastet.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Falsche Zahlen! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU: Das stimmt doch gar nicht!)


Im Grunde genommen haben wir die Ausgangssitua-
tion noch verbessert, indem wir teilweise Korrekturen
auch an Tatbeständen vorgenommen haben, die in Ihrem
Steueränderungsgesetz, das ja ebenfalls dem Deutschen
Bundestag zur Beschlußfassung vorgelegen hat, den
Mittelstand benachteiligt hätten. Ich nenne als Beispiel
nur einmal den Verlustvortrag und -rücktrag. Schauen
Sie in Ihr eigenes Gesetz, statt zu versuchen, die Men-
schen an dieser Stelle zu täuschen. Wir haben deutliche-

Bundesminister Oskar Lafontaine






(B)



(A) (C)



(D)


re Verbesserungen für den Mittelstand beschlossen, als
Sie es in Ihrem Gesetz vorgesehen hatten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Nehmen Sie die Frage der Freibeträge bei Veräuße-
rungsgewinnen: Wir haben auf Grund der Diskussionen
mit den Verbänden der Wirtschaft die Freibeträge beste-
henlassen, weil wir uns davon überzeugen ließen, daß
diese Steuersubvention gerade beim Betriebsübergang
nach wie vor wirtschaftlich begründbar ist. Die Veräu-
ßerungsgewinne werden insoweit wie bisher steuerlich
begünstigt behandelt. Auch hier kommen wir auf Grund
der Diskussionen den Verbänden der Wirtschaft entge-
gen.

Nehmen Sie die Ansparabschreibung: Ich weiß –
vielleicht wissen Sie es auch noch – aus den vielen Ver-
handlungen der letzten Jahre, daß wir sie zunächst gegen
Ihren Widerstand durchgesetzt haben. Die Ansparab-
schreibung sollte nach den vielen Katalogen, die zur
Kürzung der Steuersubventionen vorgelegen haben, ge-
strichen werden. Wir sind auch hier den mittelständi-
schen Betrieben und den Kleinbetrieben entgegenge-
kommen. Die Ansparabschreibung bleibt erhalten.

Nehmen Sie die Teilwertabschreibung: Hier haben
wir die Kritik aus der Wirtschaft aufgenommen. Die
Teilwertabschreibung – ich stelle das noch einmal klar –
war in Ihrer Vorlage nicht vorgesehen. Ich habe das
einmal fälschlicherweise anders gesagt, weil ich es an-
ders in Erinnerung hatte. Wir haben die Kritik aufge-
nommen und die Teilwertabschreibung deutlich zugun-
sten des Mittelstandes korrigiert, weil die Argumente,
insbesondere aus den Buchverlagen, aus der Textilindu-
strie und aus dem Einzelhandel, schlicht und einfach
überzeugend waren. Deshalb wurde die Teilwertab-
schreibung im Gesetzesverfahren korrigiert.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)


Wir haben eine Reihe von Tatbeständen, die einzelne
Berufsgruppen betroffen haben, zugunsten dieser Be-
rufsgruppen als Steuersubvention erhalten. Das ist sy-
stematisch nicht in Ordnung. Wir haben aber geglaubt,
etwa bei selbständigen Lehrern, bei Beiträgen für Privat-
schulen, beim Kantinenessen usw., den Gruppen Rech-
nung tragen zu sollen, die uns angeschrieben und gesagt
haben, daß der Abbau dieser Subventionen sie über Ge-
bühr belasten würde.

Aber da wir hier schon über die Steueränderungsge-
setze reden, möchte ich noch einmal in Erinnerung ru-
fen, daß diese Steueränderungsgesetze auch schlimme
Fehlentwicklungen in bezug auf die Arbeitnehmerschaft
korrigieren, weil Sie ein ganz anderes Gesetz beschlie-
ßen wollten. Sie wollten die Nacht- und Schichtarbeit
besteuern. Wir haben vor den Wahlen versprochen, daß
das nicht in Frage kommt, weil die Busfahrer, die Fach-
arbeiter und die Krankenschwestern nicht die Verlierer
der Steuerreform werden sollten. Wir sind stolz darauf,
daß unser Reformgesetz dieses Versprechen einlöst.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)


Sie wollten den Arbeitnehmerpauschbetrag halbieren.
Damit wollten Sie die Arbeitnehmerschaft in großem
Umfang steuerlich stärker belasten. Wir haben es ange-
sichts der Tatsache, daß die Steuern in den letzten Jah-
ren die Arbeitnehmerschaft überproportional belastet
haben, nicht für vertretbar gehalten, diese Steuersub-
vention abzubauen.

Sie wollten die Kilometerpauschale deutlich redu-
zieren, obwohl Sie doch wissen, daß gerade in einem
Zeitalter, in dem jeder Flexibilität und Mobilität fordert,
auch die Anfahrtswege der Arbeitnehmerschaft mit dem
privaten Pkw, insbesondere in ländllichen Gebieten,
durchaus steuerlich begünstigt werden sollten. Wir er-
halten die Kilometerpauschale, weil wir keine unzumut-
baren Belastungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeit-
nehmer wollen, die einen langen Anfahrtsweg zu ihrer
Arbeitsstelle haben.


(Beifall bei der SPD – Zuruf von der F.D.P.)

– Sie haben gestern hier den Vorschlag gemacht, wir
sollten sie in eine Entfernungspauschale umwandeln.
Mir ist nur aufgefallen, daß Sie vergessen haben, eine
Zahl zu nennen.


(Dr. Hermann Otto Solms [F.D.P.]: 70 Pfennig!)


– 70 Pfennig; das ist gut. Dann sagen Sie noch dazu,
wieviel das insgesamt kostet und wie das finanziert wer-
den soll. Das ist typisch F.D.P. Wer heute bei einem
strukturellen Defizit von 30 Milliarden DM im Bundes-
haushalt noch weitere Geschenke fordert und nicht sagt,
wie sie finanziert werden sollen, ist unglaubwürdig und
kann in einer solchen Debatte im Grunde genommen
nicht ernst genommen werden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1402500200
Herr Kollege La-
fontaine, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen
Solms?


Oskar Lafontaine (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1402500300

Selbstverständlich, Herr Kollege Solms. Vielleicht sagen
Sie mir ja, wie das Ganze finanziert werden soll.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1402500400
Herr Kollege
Lafontaine, wenn Ihnen unser Gesetzentwurf vorgelegt
worden wäre, hätten Sie ihm entnehmen können – des-
wegen frage ich Sie, ob Sie das jetzt zur Kenntnis neh-
men wollen –, daß unser Vorschlag dadurch aufkom-
mensneutral ist, daß es bei der 70-Pfennig-Regelung
bleibt, auch für andere Verkehrsmittel als Automobile,
daß die Kilometerpauschale allerdings erst bei einer Ent-
fernung von über 10 Kilometern gewährt wird.


Oskar Lafontaine (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1402500500

Das ist keine Antwort, Herr Kollege Solms.

Bundesminister Oskar Lafontaine






(A) (C)



(B) (D)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1402500600
Dadurch wird es
aufkommensneutral.


Oskar Lafontaine (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1402500700

Das ist schlicht und einfach falsch. Schauen Sie sich das
noch einmal an. Wenn Sie sagen, daß Sie 70 Pfennig
wollen, dann ist das nicht aufkommensneutral, sondern
schlicht und einfach falsch.


(Dr. Hermann Otto Solms [F.D.P.]: Das ist durchgerechnet! – Detlev von Larcher [SPD]: Die meisten kriegen dann nichts! Das ist gut!)


Wir können das ja klären. Wir haben diese Modelle nach
allen Richtungen diskutiert. Wenn Sie eine Entfernungs-
pauschale in dieser Form vorschlagen und den Eindruck
erwecken, daß sie für einen großen Teil der Arbeitneh-
merinnen und Arbeitnehmer in den Städten usw. nicht in
Frage kommt, dann müssen Sie das auch dazusagen und
deutlich machen, wieviel Prozent der Arbeitnehmer Sie
ausschließen. Das ist dann eine andere Debatte.

Ich habe Ihrem Antrag entnommen, daß Sie eine Ent-
fernungspauschale einführen wollen. Das ist durchaus
richtig. Wenn Sie aber jetzt sagen, daß Sie einen Teil der
Arbeitnehmerschaft wieder herausnehmen, dann ist das
nicht die Entfernungspauschale, über die wir immer ge-
sprochen haben. Wir sind aber gerne bereit, mit Ihnen
weiter darüber zu debattieren.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Nachdem ich etwas zu den Arbeitnehmern und ihren

Familien gesagt habe, möchte ich noch betonen, daß die
Entlastung von 2 500 DM natürlich nicht das Ende sein
kann. Denn das Bundesverfassungsgericht hat uns auf-
getragen, die Familien noch besserzustellen, als es durch
die 2 500 DM jetzt vorgesehen ist. Das wirft natürlich
die Frage auf, wie dieser Auftrag des Bundesverfas-
sungsgerichtes angesichts der Haushaltsentwicklung er-
füllt werden kann. Wir müssen darauf hinweisen, daß
davon nicht nur der Bund, sondern auch die Länder be-
troffen sind.

Deshalb brauchen wir an dieser Stelle eine sachliche
und ehrliche Debatte. Wir werden sorgfältig zu prüfen
haben, zu welchem Mittel wir greifen werden, um die-
sen Auftrag des Bundesverfassungsgerichtes zu erfüllen.
Ich halte – soviel möchte ich dazu sagen – Ansätze für
richtig, die davon ausgehen, daß alle Leistungen für die
Familien auf eine brauchbare und sinnvolle Weise zu-
sammengeführt werden sollen.

Aber eines bleibt: Wir sind durch das Verfassungsge-
richt in einem nicht erwarteten Umfang bestätigt wor-
den. Wir haben gegen viele Widerstände gesagt: Die
Familien werden in diesem Lande viel zu schlecht ge-
stellt. Wir haben in dem vorliegenden Gesetzentwurf mit
einer Entlastung der Familien in Höhe von 2 500 DM
einen ersten Schritt zur Verbesserung der Situation der
Familien getan. Das Verfassungsgericht sagt: Das ist
nicht ausreichend. Wir halten es für richtig, die Familien
in diesem Lande weiter zu stärken.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Denn es ist unbestreitbar, daß die Familien in den letzten
Jahren die Verlierer der Gesetzgebung waren, die Sie zu
verantworten haben, obwohl Sie sich in vielen pro-
grammatischen Aussagen immer wieder dazu bekannt
haben, die Familien zu fördern.

Ich habe vorhin davon gesprochen, daß die Wirtschaft
in den letzten Jahren um 50 Milliarden DM entlastet
worden ist. Ich ergänze dazu, daß nach Berechnungen
des Bundesarbeitsministeriums beispielsweise als Folge
der Streichung der Lohnfortzahlung und der Streichung
des Kündigungsschutzes im Rahmen der Tarifverträge
weitere Entlastungen in Höhe von 15 Milliarden DM für
die Unternehmen eingetreten sind. Sie selbst haben im-
mer wieder davon gesprochen.

Wenn man dies alles saldiert, dann weiß man, in wel-
chem Umfang in den letzten Jahren Steuerentlastungen
zugunsten der Unternehmen durchgeführt worden sind.
Ich will im Hinblick auf die bestehende Debatte fest-
stellen: Wer die aktuelle Belastung der großen Unter-
nehmen und Körperschaften, die auch nach Ihrem Ge-
setzentwurf belastet worden wären, wie in den Unterla-
gen nachzulesen ist, kritisiert und verschweigt, in welch
großem Umfang sie in den letzten Jahren entlastet wor-
den sind, der leistet keinen sachlich akzeptablen Beitrag
zur Steuerdebatte. Denn eines muß ich ganz klar sagen:
Es kann nicht sein, daß wir zulassen, daß nur noch die
Arbeitnehmer – weil sie keine Gewinnverlagerung,
Kontenverlagerung oder Wohnsitzverlagerung vorneh-
men können – die Steuerzahler in unserem Staate sind
und sich alle anderen der Steuerzahlung entziehen. Das
ist eine Entwicklung, die wir auf keinen Fall akzeptie-
ren.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)


Deshalb ist es völlig richtig, wenn die größeren Un-
ternehmen sagen, daß sie durch unseren Gesetzentwurf
stärker belastet werden. Dies ist vertretbar, weil wir eine
ganze Reihe von Faktoren heranziehen können, um die-
sen Sachverhalt zu begründen. Zunächst hatte ich darauf
hingewiesen, daß die Steuerquote in Deutschland im
Vergleich zu den übrigen Staaten Europas am niedrig-
sten ist. Außerdem hatte ich Sie darauf aufmerksam ge-
macht, daß die Steuerquote in Deutschland nicht nur im
Vergleich zu den übrigen Staaten Europas am niedrig-
sten ist, sondern daß sie im Verlauf der letzten Jahre
auch einen Tiefstand erreicht hat. Ebenfalls hatte ich
deutlich gemacht, daß die ständigen Steuerentlastungs-
gesetze der letzten Jahre mit ihrer einseitigen Schlag-
seite zu einer ungerechten Verteilung in unserem Lande
geführt haben.

Deshalb möchte ich an dieser Stelle noch einmal klar-
stellen: Wir können die Steuerstrukturen verbessern, und
wir können mehr Steuergerechtigkeit herstellen. Wer
aber die Bevölkerung nach wie vor in die Irre führt und
behauptet, größere Steuerentlastungen seien vertretbar,
der täuscht sie und ist in dieser Debatte im Grunde ge-
nommen nicht ernst zu nehmen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







(B)



(A) (C)



(D)


Im übrigen weise ich darauf hin, daß die deutschen
Körperschaften nach Berechnungen des Eurostat unter
effektiven Aspekten die niedrigste Besteuerung inner-
halb der Europäischen Gemeinschaft aufweisen. Das
heißt, der Ansatz, die Steuersätze zu verringern und da-
für Steuersubventionen zu streichen, war richtig. Auch
die Wirtschaftsverbände haben diesen Ansatz immer
wieder in die Debatte eingebracht. Dies ist auch ein An-
satz für mehr Steuergerechtigkeit.

Aber eines geht nicht – dies richtet sich an die Kriti-
ker aus den Wirtschaftsverbänden –, nämlich daß man
auf der einen Seite amerikanische Steuersätze fordert
und auf der anderen Seite geradezu alles unternimmt,
um an den deutschen Abschreibungsbedingungen fest-
zuhalten. Das ist unmöglich. Ich bitte daher um Fairneß
und Sachlichkeit in dieser Debatte.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abgeordneten Rolf Kutzmutz [PDS])


In diesen Kontext gehört auch die ständig nachzule-
sende Drohung von Unternehmenszentralen oder Wirt-
schaftsverbänden: Wenn der Staat die Steuergesetzge-
bung nicht nach den Maßgaben macht, die von uns für
richtig gehalten werden, dann wandern wir ab oder müs-
sen Arbeitsplätze abbauen. Ich will dieses Argument
einmal aufgreifen: Wenn nachgewiesen werden könnte,
daß die effektive Steuerbelastung etwa der großen Un-
ternehmen in Deutschland deutlich höher wäre als in
anderen Ländern, dann könnte man noch Verständnis für
eine solche Argumentation haben. Solange man sich
aber nur auf die nominalen Steuersätze bezieht und ver-
schweigt, daß sich in diesem Lande Unternehmen damit
gebrüstet haben, in den nächsten Jahren überhaupt keine
Steuern zu zahlen, wenn man verschweigt, daß einzelne
große Unternehmen in den letzten Jahren bei der legalen
Steuerminderung so fleißig waren, daß sie im Verhältnis
zum Umsatz und zum Ertrag ganz wenig Steuern gezahlt
haben, dann hat man den Sinn dieser Debatte nicht ver-
standen.

Ich will eines sagen: Hier geht es um das Verständnis
unseres Staates, auch um die Fragen, wie der einzelne zu
unserem Staat eingestellt ist und welches Verständnis
unsere Gesellschaft zusammenhält. Der folgende Aus-
spruch des amerikanischen Präsidenten Kennedy wurde
oft zitiert: Frag nicht immer nur, was der Staat für dich
tun kann! Frag auch einmal, was du für den Staat tun
kannst! – Wir haben hier in den letzten Jahren eine At-
mosphäre aufkommen lassen – unter Ihrer Mitwirkung,
meine Damen und Herren –, in der der Eindruck ent-
standen ist, Steuern zu zahlen sei im Grunde eine unsitt-
liche Handlung, und jeder, der Steuerflucht begehe oder
Steuervermeidung anstrebe, sei der ideale Staatsbürger.
So weit ist es doch in diesem Lande gekommen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Diese Schieflage der Debatte muß beseitigt werden.
Wir müssen in diesem Lande wieder dafür werben, daß
dieser Staat auch Einrichtungen zu finanzieren hat – wir
brauchen Kindergärten und Schulen, Straßen und Schie-
nenverkehrswege, moderne Forschung und moderne

Universitäten – und daß er deshalb Steuerzahlerinnen
und Steuerzahler braucht, die steuerehrlich sind. Es kann
aber nicht sein, daß damit nur die Arbeitnehmer gemeint
sind. Nein, alle in diesem Staate sind gemeint, wenn es
darum geht, steuerehrlich zu sein und in diesem Staat
einen Beitrag zu leisten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)


Da hilft es auch nicht, wenn man auf andere Staaten
verweist und dabei wichtige Tatbestände unterschlägt.
Ich habe hier schon einmal gesagt, wie sich unsere Steu-
erquote im gesamteuropäischen Kontext einordnet, und
Ihnen die Steuer- und Abgabenquoten aller Staaten der
Europäischen Gemeinschaft vorgetragen. Ich habe dar-
auf hingewiesen, daß wir, obwohl wir den Aufbau Ost
zu finanzieren haben, im Vergleich zu diesen Staaten
auch bei der Steuer- und Abgabenquote die Schlußposi-
tion einnehmen.

Ich sage es noch einmal: Wer glaubt, mit Blick auf
bestimmte Interessengruppen – sie haben sich ja zu
Wort gemeldet – immer weiter in dieselbe Richtung ge-
hen zu können, mit dem Ergebnis, daß die Steuerein-
nahmen des Staates und damit auch die Steuerquote
immer weiter sinken und sich die Belastung zu Lasten
der Arbeitnehmer verschiebt, der ist auf dem völlig fal-
schen Weg.

Meine Damen und Herren, wir brauchen auch die
notwendige Infrastruktur, um die Zukunft zu gewinnen.
Wir können doch nicht die deutsche Bevölkerung in
dem Glauben lassen, daß wir als ein Industriestaat in der
Mitte Europas trotz des Aufbaus Ost auf Dauer mit einer
deutlich niedrigeren Steuer- und Abgabenquote leben
können als die Nachbarstaaten. Diese Melodie haben Sie
in den letzten Jahren gesungen und sind deshalb immer
unglaubwürdiger geworden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wenn noch irgend jemand von Ihnen die Petersber-
ger Beschlüsse vertreten will – es könnte ja sein, daß
einer Ihrer Redner dies nachher zu tun beabsichtigt –,
dann verweise ich darauf, daß die Umsetzung dieser
Petersberger Beschlüsse unter Einschluß der Mehrwert-
steuererhöhung, die Sie vorgesehen haben nach Berech-
nungen von NRW einen Nettoausfall von etwa 50 Milli-
arden DM bedeutet hätten, und da gab es das Karlsruher
Urteil zum Steuerrecht noch nicht. Ich erwähne dies hier
nur, um deutlich zu machen, in welchem Ausmaß Sie in
den letzten Jahren die Wählerinnen und Wähler in der
Steuerpolitik in die Irre geführt haben.

Ich habe vorhin von Steuergerechtigkeit gesprochen.
Es geht nicht nur darum, daß wir in unserem Lande
Steuergerechtigkeit herstellen. Es geht auch darum, in
der Steuerpolitik wieder Ehrlichkeit und Wahrhaftigkeit
zu haben; diese ist nämlich in den letzten Jahren völlig
verlorengegangen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Bundesminister Oskar Lafontaine






(A) (C)



(B) (D)


Ich höre dann immer wieder, daß viele Sachverstän-
dige – so heißt es; das sind dann die Vertreter der Inter-
essenverbände – –


(Zuruf von der CDU/CSU: So ein Quatsch! Das stimmt doch gar nicht! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU und der F.D.P.)


– Auch Professoren sind Lobbyisten, verehrter Herr
Kollege.


(Beifall bei der SPD)

Sie dürfen nicht meinen, daß Professoren neutrale We-
sen seien, die keine Interessen verträten. Auch Professo-
ren, die bei Beratungen herangezogen werden, vertreten
schlicht und einfach Interessen. Es ist nur gut, daß wir
darüber aufgeklärt werden, daß die F.D.P. das anschei-
nend nicht weiß; das erklärt dann das eine oder andere.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Regierungskritische werden ausgemerzt!)


Glauben Sie ja nicht, daß die Professores bei ihren Stel-
lungnahmen nicht irgendwelche Interessen vertreten
würden.


(Dr. Hermann Otto Solms [F.D.P.]: Deshalb werden die Professoren in den Beratungsgremien durch Parteimitglieder ersetzt!)


Ich möchte aber hinzufügen, daß wir natürlich damit ge-
rechnet haben, daß viele Vertreter von Interessenver-
bänden gegen dieses Steueränderungsgesetz Stellung
nehmen würden. Denn wir konnten davon ausgehen, daß
wir, wenn wir beispielsweise gegen die wirklich üble
Praxis der Verlustzuweisung, die in den letzten Jahren
eingerissen ist und wo es regelrechte Modelle gibt, die
marktschreierisch angepriesen werden – das ist ein
Schlag gegen Steuergerechtigkeit –, angehen würden,
auf großen Protest stoßen würden. Wir sind stolz darauf,
daß wir diese Auseinandersetzung begonnen haben und
daß wir in unserem Lande mehr Steuergerechtigkeit
verwirklichen werden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Im übrigen: Wenn immer wieder gefragt wird: „Wer
äußert sich wie zu diesem Steuergesetz?“, dann möchte
ich erwidern: Es gibt in diesem Land nicht nur Men-
schen, die Steuersparmodelle in Anspruch nehmen.


(Zuruf von der SPD: Richtig!)

Das ist wirklich die Wahrheit. Viele von denen, die uns
jetzt zuhören, werden gar nicht wissen, was das ist; sie
werden nicht wissen, was eine Verlustzuweisung von
225 Prozent – ich habe das vorgelesen – eigentlich be-
deutet, und sie werden all die Sorgen, die von Ihnen als
die Hauptsorgen der deutschen Steuerpolitik bezeichnet
werden, überhaupt nicht haben.

Diese Regierung hat mit ihrer Steuerpolitik die große
Mehrheit des Volkes im Auge; sie hat die Familien im
Auge. Hinsichtlich der Familien haben wir ja in den
letzten Jahren gelernt, daß manche Familien ihre Kinder

gar nicht auf einen Schulausflug schicken können, weil
ihnen das Geld dafür fehlt. Diese Regierung hat die Ar-
beitnehmer im Auge, die ein sehr geringes Nettoein-
kommen haben, und deshalb wollen wir die Arbeitneh-
merschaft entlasten.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist doch ein Witz!)


Wir haben eine Leitidee, die ökonomisch vernünftig ist,
nämlich die, daß auf Dauer der gesellschaftliche Zu-
sammenhalt in diesem Land bedroht ist, wenn nicht so-
ziale Gerechtigkeit und Steuergerechtigkeit hergestellt
werden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)


Deshalb erfüllen wir mit diesem Steuergesetz einen
Wählerauftrag. Die große Mehrheit des Volkes hat Nut-
zen von diesem Steuergesetz. Einige, die bisher von
Subventionen profitiert haben, beschweren sich. Inso-
fern haben wir die Bestätigung dafür, daß wir mit unse-
rer Steuerpolitik auf dem richtigen Weg sind. Wir bitten
Sie, dem Gesetz zuzustimmen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1402500800
Für die CDU/CSU-
Fraktion erteile ich dem Kollegen Friedrich Merz das
Wort.


(Zuruf von der CDU/CSU: Los, Friedrich, zeig es ihnen! – Zuruf von der SPD: Ein Merz macht noch keinen Frühling!)



Friedrich Merz (CDU):
Rede ID: ID1402500900
Herr Präsident! Meine
sehr verehrten Damen und Herren! Herr Lafontaine, ich
will mit Bemerkungen zu zwei Sachverhalten beginnen,
über deren Bewertung wir uns durchaus einig sind. Wir
sind mit Ihnen der Meinung, daß das Auftreten manches
Unternehmers in den letzten Jahren, insbesondere auf
Hauptversammlungen, und die Wortwahl, die es da zum
Teil gegeben hat, ungeeignet sind


(Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Aha!)

– lassen Sie mich das doch zu Ende sagen –, das Ver-
trauen der Öffentlichkeit in die Gemeinwohlverantwor-
tung von Unternehmen und Unternehmern in Deutsch-
land zu fördern. Darin sind wir uns einig. Herr Lafontai-
ne, wir sind uns ebenfalls in der Bewertung der Tatsache
einig, daß die Arbeitnehmerhaushalte in der Bundesre-
publik Deutschland steuerlich und auch bei den Sozial-
abgaben entlastet werden müssen. Auch in dieser Frage
sind wir uns einig. Das haben wir im übrigen bereits in
der letzten Legislaturperiode versucht. Sie haben aller-
dings eine Reihe von Reformen, die erste Erfolge auf
dem Weg zur Entlastung von Arbeitnehmerhaushalten
gezeigt haben, zurückgenommen.


(Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Ja, so ist das! Der Blockierer!)


Bundesminister Oskar Lafontaine






(B)



(A) (C)



(D)


Diejenigen, die wir nicht durchsetzen konnten, haben
Sie in den letzten Jahren blockiert, nicht wir.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Hahaha!)


Wir sind uns allerdings mit Ihnen überhaupt nicht ei-
nig in der Bewertung der Frage, ob wir in der Bundesre-
publik Deutschland eine durchgehende Steuerentlastung
der Bürgerinnen und Bürger und der Betriebe brauchen
oder nicht. Wenn ich es richtig beobachte, sind Sie, Herr
Lafontaine, mit Ihrer Position auch innerhalb der Bun-
desregierung zunehmend isoliert. Denn warum reden wir
in Deutschland eigentlich noch über eine Unterneh-
menssteuerreform, warum reden Sie in der Bundesre-
gierung eigentlich noch über eine Unternehmenssteuer-
reform, wenn Sie die Entlastung von Unternehmen
überhaupt nicht mehr für notwendig halten? Warum
wird über diese Frage in Ihren Reihen eigentlich disku-
tiert?


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Ich will auf etwas Bezug nehmen, was gestern und

auch in der letzten Woche hier bereits eine Rolle ge-
spielt hat. Herr Lafontaine, für das Parlament als Ganzes
ist die Art und Weise, wie Sie dieses Steuergesetz hier
durchsetzen, völlig inakzeptabel.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Wenn Sie es nicht ernst nehmen, wenn wir das sagen,
wofür ich begrenztes Verständnis habe, dann nehmen
Sie vielleicht ernst, was eine größere Zahl von jüngeren
Kolleginnen und Kollegen aus der SPD-Bundestags-
fraktion an Sie und an den Bundeskanzler in einem Brief
geschrieben hat. Sie sprechen davon, daß sie vor der
Verabschiedung dieses Steuergesetzes unter einen „ab-
surden Druck“ gesetzt worden seien. Diese Behandlung
des Parlamentes ist nicht angemessen. Daß wir von
Ihnen und dieser Bundesregierung derart unter Druck
gesetzt werden, Entscheidungen zu treffen, wie Sie das
in den letzten Wochen gemacht haben, ist ein Umgang
mit dem Verfassungsorgan Deutscher Bundestag, den
wir auf Dauer nicht hinnehmen können.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Joachim Poß [SPD]: Mir kommen die Tränen! Er sorgt sich um die Sozialdemokraten!)


Damit sich dieses Mißverständnis nicht in der Öf-
fentlichkeit festsetzt, will ich einmal den grundlegenden
Unterschied zwischen der Steuerpolitik, die wir nach
wie vor für richtig halten, und dem, was Sie hier ma-
chen, deutlich machen. Sie nehmen ständig Bezug dar-
auf, daß Teile Ihres Steuerreformkonzeptes auch Teil
des Petersberger Steuerreformkonzeptes gewesen
seien. Ich will hier nicht ausführlich dazu sprechen, wie
es heute mit den Petersberger Beschlüssen aussähe. Wir
könnten die Vorschläge des Petersberger Steuerreform-
konzeptes heute nicht mehr 1 : 1 in den Deutschen Bun-
destag einbringen, weil es eine Reihe von Veränderun-
gen bis hin zu den Entscheidungen des Bundesverfas-
sungsgerichtes, die auch wir zu berücksichtigen hätten,
gegeben hat. Aber, Herr Lafontaine, wir haben mit den
Petersberger Beschlüssen etwas angestoßen, was auch
heute notwendig wäre: Wenn Sie die steuerliche Bemes-

sungsgrundlage verbreitern wollen – es gibt eine Viel-
zahl von Ansatzpunkten, wo die steuerliche Bemes-
sungsgrundlage verbreitert werden muß und steuerliche
Gestaltungsmöglichkeiten beseitigt werden müssen –,
dann müssen Sie zeitgleich die Steuersätze für Privat-
haushalte und für Betriebe in Deutschland senken, damit
Sie nicht de facto zu einer Steuererhöhung für viele in
Deutschland kommen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Das ist der zentrale Unterschied zwischen der Steuerpo-
litik, die Sie für richtig halten, und der, die wir für rich-
tig halten würden.

Jetzt will ich mit einer Reihe von Mißverständnissen
im Detail aufräumen. Herr Lafontaine, Sie wiederholen
immer wieder, daß Teile der Vorschläge zur Verbreite-
rung der Bemessungsgrundlage, die wir gemacht haben,
von Ihnen jetzt übernommen worden seien. Ich werde an
einer Reihe von Beispielen deutlich machen, daß das,
was Sie sagen, falsch ist.

Sie machen den Vorschlag, ein Wertaufholungsge-
bot einzuführen. Das ist ein Vorschlag – Sie haben sich
da einmal geirrt; das kann passieren –, den auch wir ge-
macht haben. Nur haben wir vorgeschlagen, die Rück-
wirkung zeitlich eng zu begrenzen. Sie schlagen jetzt
vor und stellen heute morgen zur Abstimmung, das
Wertaufholungsgebot rückwirkend bis zur D-Mark-
Eröffnungsbilanz im Jahr 1948 gelten zu lassen. Das
heißt im Klartext, Herr Lafontaine: Bilanzpositionen, die
in Unternehmen – die zum Teil gar nicht mehr existie-
ren, die fusioniert haben, die saniert worden sind, die
heute in völlig anderer Rechtsform dastehen – seit mehr
als 50 Jahren mitgetragen werden, müssen wertaufgeholt
werden. Wie soll das eigentlich vonstatten gehen? Dies
ist ein Vorschlag aus dem Tollhaus praxisferner Steuer-
bürokraten. Das hat mit praktischer Anwendbarkeit
wirklich nichts zu tun.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Sie berufen sich immer wieder gern auch auf interna-

tionale Maßstäbe. Ich werde darauf in einem anderen
Zusammenhang gleich noch zu sprechen kommen. Las-
sen Sie mich die internationalen Maßstäbe zunächst im
Zusammenhang mit der Beschränkung des Betriebs-
ausgabenabzugs bei Auslandsdividenden ansprechen.
Hier soll eine Pauschalbesteuerung von 15 Prozent ein-
geführt werden. Im Ergebnis bedeutet dies für Dividen-
denzahlungen ausländischer Unternehmen an deutsche
Muttergesellschaften in der Bundesrepublik Deutschland
– die bereits einmal versteuert sind – eine tatsächliche
Steuerbelastung von 75 Prozent und mehr. Herr Schrö-
der, Sie sind doch immer so an den großen Konzernen
interessiert: Dies ist ein Programm gegen große Unter-
nehmen in der Bundesrepublik Deutschland. Sie vertrei-
ben damit Konzerngesellschaften aus dem Standort
Deutschland.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Wenn Sie, Herr Bundeskanzler, mir das nicht glauben,
sprechen Sie doch einmal mit dem Vorstandsvorsitzen-
den der Volkswagen Aktiengesellschaft und fragen ihn,
was die Pauschalbesteuerung für dieses Unternehmen,

Friedrich Merz






(A) (C)



(B) (D)


das an ausländischen Tochtergesellschaften beteiligt ist,
bedeutet.

In Belgien und in Italien – das sind bislang die einzi-
gen europäischen Länder, die eine solche Pauschalbe-
steuerung kennen – gilt nicht ein Steuersatz von 15 Pro-
zent, sondern von 5 Prozent,


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

und zwar bei voller Abziehbarkeit aller Finanzierungs-
und Verwaltungsaufwendungen, die im Inland entste-
hen. Das ist der Unterschied. Da können Sie nicht be-
haupten, daß Sie Steuerpolitik nach internationalen
Standards machen. Herr Lafontaine, Sie machen eine
steuerpolitische Geisterfahrt gegen den Standort Bun-
desrepublik Deutschland.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Ich nenne einen weiteren Punkt. Sie haben hier – völ-

lig zu Recht – gesagt, daß Sie sich bei der Teilwertab-
schreibung korrigieren mußten. Wenn Sie eine ord-
nungsgemäße Beratung mit dem notwendigen zeitlichen
Vorlauf ermöglicht hätten, dann hätten Sie sich diese
Panne im Gesetzgebungsverfahren ersparen können;


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Gisela Frick [F.D.P.]: Und andere!)


denn dann wäre Ihnen das schon bei der Anhörung im
Finanzministerium gesagt worden. Die ist in der Ge-
schäftsordnung der Bundesregierung vorgesehen, bevor
Sie mit einem Gesetz in die gesetzgebenden Körper-
schaften gehen. Aber diese Anhörung haben Sie nicht
gemacht, weil Sie sich selbst unter diesen „absurden
Zeitdruck“ gesetzt haben.

Daß Sie diese Korrektur vornehmen mußten, wäre
vermeidbar gewesen. Was kommt jetzt dabei heraus?
Die Teilwertabschreibung bleibt bei sogenannten dau-
ernden Wertminderungen bestehen. Herr Lafontaine,
welcher Betriebsprüfer soll eigentlich beurteilen, was
eine dauernde Wertminderung ist? Haben die Be-
triebsprüfer in Zukunft hellseherische Fähigkeiten?
Streiten die sich jetzt ständig über die Frage, ob das dau-
ernde Wertminderungen in die Zukunft sind? Das kann
doch keiner wissen, wenn eine solche Bilanzposition
festgelegt wird. Herr Lafontaine, was Sie hier machen,
ist abwegig. Das hat mit steuerrechtlicher Praktikabilität
nichts zu tun. Das ist die Gesetzessprache der Bürokra-
ten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1402501000
Herr Kollege Merz,
gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Poß?


Friedrich Merz (CDU):
Rede ID: ID1402501100
Nein, ich möchte im
Zusammenhang vortragen.


(Zurufe von der SPD: Oh!)

Ich nenne einen nächsten Punkt. Sie haben eine

ziemlich kurvenreiche Fahrt genommen bei der Frage,
ob Sie die Verlustverrechnungen zwischen den einzel-
nen Einkunftsarten in Zukunft weiter ermöglichen sol-

len. Herr Lafontaine, die Vielzahl von Betroffenen, die
Sie angeschrieben haben, tun Sie mit leichter Hand als
Interessenvertreter, als Lobbygruppen ab: Ich will dazu
sagen: Auch wir haben Erfahrungen damit gemacht, was
es bedeutet, wenn man als Parlament, insbesondere in
der Steuergesetzgebung, unter einen ziemlichen Druck
von außen gesetzt wird. Dennoch: Es ist politisch klug,
zwischen einseitiger Interessenwahrnehmung und der
Annahme der tatsächlichen Sorgen der Betroffenen, die
geäußert werden, zu unterscheiden. Hätten Sie sich et-
was mehr Zeit genommen, hätten Sie feststellen können,
daß beispielsweise im Bereich des Wohnungsbaus, im
Bereich des Schiffbaus bis hin zur Filmwirtschaft – Herr
Naumann ist heute nicht da; ich habe ihm das schon
einmal gesagt – eine ganze Reihe von Arbeitsplätzen
hoch gefährdet sind, wenn Sie bei dem Vorschlag zur
Begrenzung der Verlustverrechnung zwischen den ein-
zelnen Einkunftsarten bleiben.


(Joachim Poß [SPD]: Es sind doch Übergangsregelungen vorgesehen!)


Auch dies ist ein Vorschlag, der mit steuerrechtlicher
Praktikabilität nichts, aber mit der fiskalischen Gier des
Finanzministers sehr, sehr viel zu tun hat.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Nun lassen Sie mich auf das Thema „Abzinsungsge-

bot für die Rückstellungen auf Sachleistungsver-
pflichtungen“ zu sprechen kommen. Zunächst auch da-
zu eine Vorbemerkung: Die Behauptung, Herr Lafontai-
ne, diese Steuerpolitik in Deutschland sei nach dem
Vorbild internationaler Standards, ist falsch.


(Beifall bei Abgeordneten der F.D.P.)

Das Abzinsungsgebot auf Sachleistungsverpflichtungen
in der Steuerbilanz gibt es in keinem einzigen Land der
Europäischen Union.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P. – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


Ich stelle mit großem Vergnügen fest, daß Sie sich in
letzter Zeit häufig und gern auf die Vereinigten Staaten
von Amerika berufen. Dann tun wir das auch einmal bei
diesem Thema. Wissen Sie, wie das mit dem Abzin-
sungsgebot in den USA funktioniert? Sie haben doch ei-
nen großen Apparat zur Verfügung: Warum wird Ihnen
das nicht gesagt? Als das Abzinsungsgebot in Amerika
eingeführt worden ist, sind die entstandenen Auflö-
sungsreserven für alle steuerfrei gewesen. Gleichzeitig
hat man in den Vereinigten Staaten von Amerika die
Möglichkeit der Aufzinsung für den Fall eingeführt, daß
die Geldentwertungsrate so hoch ist, daß die Rückstel-
lungen nicht mehr ausreichen.

Das ist der Unterschied zwischen Amerika und
Deutschland. Sie greifen auf Rückstellungen jetzt aus-
schließlich über die Steuerbilanz zu, weil Sie Geld brau-
chen. Das hat mit Steuergerechtigkeit oder dem, was
notwendig wäre, nichts zu tun. Dieser Finanzminister
der Bundesrepublik Deutschland braucht wegen unein-
lösbarer Wahlversprechungen sehr viel Geld. Dabei sind

Friedrich Merz






(B)



(A) (C)



(D)


Ihnen die Grundsätze unseres Steuerrechts und unseres
Handelsrechts völlig gleichgültig.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Herr Lafontaine, wir könnten jetzt lange über die

Frage sprechen, ob das sogenannte Maßgeblichkeit-
sprinzip noch seine Bedeutung hat, also die Frage, ob
die Handelsbilanz für die Steuerbilanz ausschließlich
maßgeblich sein soll. Auch wir haben an dieser Stelle
schon die eine oder andere Korrektur angebracht, die
das Maßgeblichkeitsprinzip in Frage stellt. Sie machen
hier, um es mit einfachen Worten zu verdeutlichen, aber
folgendes: Sie höhlen die Steuerbilanz in einer Art
und Weise aus, die ein Unternehmen, wenn es in glei-
cher Weise in der Handelsbilanz vorgehen würde, an
den Rand der Strafbarkeit bringen würde. – Ich lese
Ihnen übrigens gleich aus dem „Stern“, den Sie gerade
untereinander austauschen, vor. Darin sind hochinte-
ressante Zitate. Darauf komme ich gleich noch zu spre-
chen.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

Ich kann mir vorstellen, daß Sie darüber nicht amüsiert
sind, Herr Bundeskanzler. Aber das machen wir gleich.

Ich will zunächst etwas über die Handelsbilanz und
die Steuerbilanz sagen. Wenn ein Unternehmen in der
Handelsbilanz das macht, was es jetzt nach Ihrer Steuer-
gesetzgebung in der Steuerbilanz machen muß, dann be-
geht es eine Bilanzfälschung.


(Widerspruch bei der SPD)

Wenn das Unternehmen mit dieser Handelsbilanz zur
Bank geht und auf deren Grundlage einen Betriebsmit-
telkredit beantragt, ist das ein versuchter oder vollende-
ter Kreditbetrug. So gehen Sie in der Steuerbilanz vor.
Sie höhlen damit nicht nur das Maßgeblichkeitsprinzip
aus, sondern Sie höhlen damit die gesamte Vertrauens-
basis aus, die die Unternehmen dringend benötigen. Da-
bei handelt es sich, Herr Lafontaine, nicht um die großen
Konzerne des Neoliberalismus, sondern um die Vielzahl
der kleinen und mittleren Unternehmen in der Bun-
desrepublik Deutschland. Sie höhlen das Vertrauen
in die Zuverlässigkeit des Rechtsstaats Bundesrepublik
Deutschland aus, wenn Sie Ihre Steuerpolitik in dieser
Weise fortsetzen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Jetzt will ich Ihnen konkret noch etwas zu den beiden

großen Branchen, die in Rede stehen, nämlich Energie-
wirtschaft und Versicherungswirtschaft, sagen. Mit
der Energiewirtschaft haben Sie ein Gespräch für den
9. März, also in wenigen Tagen, über diese ganzen Fra-
gen, die wir heute entscheiden sollen, vereinbart. Die
Betroffenen stellen sich natürlich zu Recht die Frage:
Warum sollen wir eigentlich noch mit der Bundesregie-
rung reden, wenn in zweiter und dritter Lesung am heu-
tigen Tag Fakten geschaffen werden? Darüber kann man
hinweggehen und sagen: Das sind alles nur die blind-
wütigen Wahrnehmer der jeweiligen Gruppeninteressen.
Aber, Herr Lafontaine, hier ist nicht nur die Atomwirt-
schaft betroffen, sondern hier sind die deutsche Braun-
kohle und die deutsche Steinkohle betroffen. Dort

oben auf der Regierungsbank sitzt tief versunken in die
Akten des Kanzleramtes der Staatsminister Schwanitz.
Herr Schwanitz, ich spreche Sie einmal persönlich an.
Sie vertreten die Interessen der neuen Bundesländer im
Bundeskabinett.


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Soll er!)

Ist Ihnen eigentlich klar, was es für die Braunkohle in

den neuen Bundesländern bedeutet, wenn dieses Gesetz
heute verabschiedet wird? Ist Ihnen klar, was es bedeu-
tet, wenn die Rückstellungen in einem Umfang von etwa
1 Milliarde DM, die für die Rekultivierung vorgenom-
men werden müssen, in der Steuerbilanz aufzulösen und
zu versteuern sind? Was der Bundesfinanzminister die-
sen Unternehmen abfordert, ist der mehrfache Jahresge-
winn, den die ansonsten subventionsfrei arbeitende
Braunkohle in den neuen Bundesländern erwirtschaften
kann. Wie gehen Sie eigentlich mit diesem Thema um,
wenn Sie an diesem Wochenende irgendwo in den neu-
en Bundesländern gefragt werden: Was tut diese Bun-
desregierung eigentlich für die neuen Bundesländer?
Das können Sie doch gar nicht mehr vertreten,


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

es sei denn, Sie haben es unter dem absurden Zeitdruck
selber gar nicht verstanden. Aber eine andere Alternati-
ve gibt es nicht.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sie wissen nicht, was sie tun!)


Jetzt wehren Sie sich, Herr Lafontaine – auch dafür
habe ich viel Verständnis –, gegen den öffentlichen
Druck, der mit dem Hinweis darauf, dies führe zur Ver-
lagerung von Standorten aus der Bundesrepublik
Deutschland, erzeugt wird. Die Erfahrung, wie so etwas
geht, haben auch wir gemacht. Herr Lafontaine, haben
Sie eigentlich einmal gelesen, was in Ihrem eigenen
Hause dazu aufgeschrieben wird? In den Finanztableaus,
die dem Finanzausschuß des Deutschen Bundestages
vorgelegt worden sind, gehen Sie bei der Berechnung
des Steueraufkommens selbst von einem sogenannten
Verhaltensabschlag in einer Größenordnung von 30 Pro-
zent aus. Sie tun das offensichtlich, weil Sie selber damit
rechnen, daß eine Reihe von Unternehmen in der Bun-
desrepublik Deutschland die Tore schließt, ins Ausland
geht und dort neue Standorte aufbaut. Sie gehen von ei-
nem 30prozentigen Verhaltensabschlag aus, weil Sie
selber damit rechnen, daß es zu Standortverlagerungen
kommt.


(Joachim Poß [SPD]: Nein!)

Herr Lafontaine, so kann man Steuerpolitik nicht ma-
chen.

Ich sage Ihnen jetzt etwas zur Versicherungswirt-
schaft. Dazu wiederum eine Vorbemerkung. Es rührt
einen ja zu Tränen an, wenn man Sie sagen hört: Es
müssen alle zum Gemeinwesen beitragen und Steuern
zahlen. Wie sollen Kindergärten, Krankenhäuser, Uni-
versitäten und Schulen finanziert und Straßen gebaut
werden, wenn sich eine immer größer werdende Zahl
von Unternehmen der sozialen Verantwortung in der
Bundesrepublik Deutschland entzieht?

Friedrich Merz






(A) (C)



(B) (D)


Darf ich darauf hinweisen, daß wir im Jahr 1999
mehr als 900 Milliarden DM Steuereinnahmen haben
werden? Darf ich darauf hinweisen, daß die Steuerein-
nahmen in diesem Jahr um rund 38 Milliarden DM hö-
her ausfallen als im letzten Jahr? Darf ich darauf hinwei-
sen, daß das einzige Problem, das Sie haben, nach wie
vor darin besteht, daß Sie mehr ausgeben, als Sie ein-
nehmen? Das ist das Problem, Herr Lafontaine.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Sie haben die Unternehmen angesprochen. Ich mache

mich nicht zu ihrem Sprecher, aber die objektiven Zah-
len sind auch nicht völlig ohne Bedeutung: Die deutsche
Versicherungswirtschaft zahlt 6,4 Milliarden DM Steu-
ern auf Einkommen und Ertrag einschließlich der Ge-
werbesteuer. Damit trägt die Versicherungswirtschaft in
der Bundesrepublik Deutschland, die von Ihnen so be-
schimpft wird, allein 12 Prozent des gesamten Körper-
schaftsteueraufkommens. Wenn Sie jetzt noch das hin-
zunehmen, was dort an Lohn- und Einkommensteuer für
die Beschäftigten bezahlt werden, dann sind das noch
einmal rund 6 Milliarden DM.

Der Versicherungswirtschaft legen Sie jetzt die Auf-
lösung von Rückstellungen auf und beziehen sich dabei
wieder auf internationale Standards. Darf ich Ihnen auch
in diesem Zusammenhang folgendes sagen: Das Ver-
hältnis von Schadenrückstellungen zu erzielten Beiträ-
gen ist in der Bundesrepublik Deutschland am unteren
Ende dessen, was im internationalen Vergleich erzielt
wird. Die Relation von Schadenrückstellungen zu ver-
dienten Beiträgen liegt bei 113 Prozent.

Die Relation von 113 Prozent in der Bundesrepublik
Deutschland wird mit 89 Prozent und 102 Prozent nur
in den Niederlanden und in Dänemark unterboten. In
allen anderen Ländern der Europäischen Union und
darüber hinaus ist die Relation von Schadenrückstel-
lungen zu verdienten Beiträgen höher als in der Bun-
desrepublik Deutschland: Sie liegt in Frankreich bei
120 Prozent, in Italien bei 124 Prozent, in den USA
– ein vielzitiertes Beispiel von Oskar Lafontaine – bei
131 Prozent, in der Schweiz bei 147 Prozent, in Bel-
gien bei 156 Prozent und in Großbritannien sogar bei
170 Prozent. Das sind die Relationen, und Sie behaupten
allen Ernstes, Sie machten eine Steuerpolitik nach inter-
nationalen Standards. Das, was Sie hier machen, ist
rambohaft und gegen den deutschen Standort gerichtet,
Herr Lafontaine. Das hat mit internationalen Standards
nichts zu tun.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Ich möchte auch an dieser Stelle ganz deutlich sagen:

Man kann darüber sprechen, ob die Rückstellungen für
die Finanzierung zukünftiger Schäden in den Bilan-
zen der deutschen Versicherungsunternehmen zu hoch
sind.


(Joachim Poß [SPD]: Ach, sagen Sie bloß!)

Auch ich habe meine Zweifel, Herr Poß, ob eine Relati-
on von über 100 Prozent dauerhaft richtig ist. Wenn Sie
aber an dieses Problem herangehen, dann können Sie
das nicht im Wege der Steuerbilanz, sondern dann müs-
sen Sie die Grundsätze der ordnungsgemäßen Buchfüh-

rung überprüfen. Im Zusammenhang mit öffentlich be-
aufsichtigten Unternehmen – darum handelt es sich bei
der Versicherungswirtschaft – ist beispielsweise die
Frage zu beantworten, ob die Bestimmungen des Versi-
cherungsaufsichtsgesetzes noch zeitgemäß sind. Das ist
übrigens ein Gesetz – vielleicht wissen Sie das noch
nicht –, das in der Zuständigkeit des Bundesfinanzmini-
sters liegt.


(Joachim Poß [SPD]: Diese Arroganz!)

Wenn Sie etwas an dieser Fragestellung ändern, Herr

Lafontaine, dann müssen Sie doch die grundlegenden
Fragen beantworten und nicht einfach einen fiskalischen
Zugriff nehmen, der seine spiegelbildliche Geltung in
der Handelsbilanz überhaupt nicht findet. Aber auch
das ist Ihre Politik, die auf kurzatmige Einnahmeer-
zielung und nicht auf eine langfristige Strategie ausge-
richtet ist.

Jetzt komme ich zum letzten Thema: langfristige
Strategie. Die Bundesrepublik Deutschland braucht –
darüber sind wir uns offensichtlich zumindest im Grun-
de einig, wenn ich das richtig verstanden habe, was Sie
heute morgen noch einmal betont haben – eine langfri-
stige Steuerkonzeption.

Wenn Ihnen in einem Brief von 22 Unternehmerper-
sönlichkeiten der Bundesrepublik Deutschland mit gro-
ßem Nachdruck ans Herz gelegt wird, die Entscheidung
zu einer kurzatmigen und kurzfristigen Steuergesetzge-
bung, die Sie heute erzwingen wollen, noch einmal zu
überdenken, weil wir eine langfristige Konzeption brau-
chen – bei denjenigen, die den Brief unterschrieben ha-
ben, handelt es sich um Persönlichkeiten des öffentli-
chen Lebens, um Unternehmensführer in der Bundesre-
publik Deutschland, also um reputierliche Unternehmer-
persönlichkeiten unseres Landes, die allesamt von den
Anteilseigenern und den Arbeitnehmervertretern in den
Gremien der Unternehmen ernannt worden sind, und
nicht um irgendwelche Leute, die man mit leichter Hand
abtun kann –, dann muß uns das, Herr Lafontaine, tief
besorgt machen. Ich lese Ihnen das vor:

Die Neugestaltung
– die heute verabschiedet werden soll –

darf ... nicht durch Weichenstellungen des Steuer-
entlastungsgesetzes 1999/2000/2002, das noch in
diesem Jahr in Kraft treten soll, konterkariert wer-
den.

Herr Lafontaine, was wir heute beschließen sollen, ist
kein Schritt hin zu einer steuerlichen Gesamtkonzeption.
Vielmehr wird dieser Schritt eine solche steuerliche Ge-
samtkonzeption verhindern. Wir werden es nicht schaf-
fen, eine solche Konzeption gemeinsam zu entwickeln,
wenn Sie dem Deutschen Bundestag eine solche Steuer-
gesetzgebung abverlangen, wie Sie es heute – ich wie-
derhole: unter einem „absurden Zeitdruck“ – tun.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Jetzt lassen Sie mich noch kurz zitieren – das möchte

ich mir nun wirklich nicht entgehen lassen –, was in Ih-
ren eigenen Reihen zu diesem Thema gesagt wird. Die
Vorsitzende der Jusos, eine Kollegin im Deutschen

Friedrich Merz






(B)



(A) (C)



(D)


Bundestag, gibt, wie heute im „Stern“ nachzulesen ist,
wörtlich zum besten:

Da wollten diese Willy-Brandt-Enkel an die Macht,
und jetzt können sie nicht regieren.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Nun muß man die Juso-Vorsitzende auch nicht über-

bewerten. Aber vielleicht nehmen Sie eine andere Per-
sönlichkeit ernst, die zumindest parteipolitisch aus Ihren
Reihen kommt und im selben Artikel wie folgt zitiert
wird: „eine kurzsichtige und naive Politik, die von we-
nig Kenntnis der Märkte zeugt“. Das ist ein Zitat des
langjährigen Bundesbankpräsidenten Karl Otto Pöhl.
Herr Lafontaine, dieses SPD-Mitglied sagt: „eine kurz-
sichtige und naive Politik, die von wenig Kenntnis der
Märkte zeugt“!

Nun habe ich in Erinnerung, gestern oder vorgestern
Ihren schon fast verzweifelten Ausruf auf dem Kongreß
der europäischen Sozialdemokraten und Sozialisten in
Mailand gelesen zu haben: Wir dürfen es nicht zulassen,
daß in diesem Jahr die Konjunktur kaputtgeht. – Herr
Lafontaine, was Sie heute dem Deutschen Bundestag
vorlegen, ist ein maßgeblicher Beitrag dazu, daß die
Konjunktur in der Bundesrepublik Deutschland im Jahr
1999 geradezu abgewürgt wird.


(Zuruf von der SPD: Das ist doch albern!)

Wenn Sie wirklich Interesse daran haben, daß wir in
diesem Jahr einen anhaltenden wirtschaftlichen Auf-
schwung zurückgewinnen – er ist bereits nachhaltig ge-
fährdet –, dann besitzen Sie die Größe, darauf zu ver-
zichten, dieses Steuergesetz durch den Deutschen Bun-
destag zu bringen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Meine Damen und Herren von der SPD-

Bundestagsfraktion – ich spreche jetzt insbesondere die
jüngeren Kolleginnen und Kollegen an, und zwar nicht
nur die, die den Brief geschrieben haben –, wenn Sie ei-
nen Rest an Selbstachtung bewahren,


(Lachen bei der SPD)

wenn Sie noch das Rückgrat besitzen, insbesondere in
der Steuerpolitik verantwortlich Politik zu machen,


(Detlev von Larcher [SPD]: Herr Merz!)

wenn Sie bereit sind, zuzugeben, daß die wenigsten von
Ihnen wirklich wissen, was heute hier verabschiedet
werden soll, dann können Sie diesem Gesetzentwurf un-
seres Bundesfinanzministers nicht zustimmen.


(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1402501200
Das Wort für die
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Kollegin Christine
Scheel.


Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1402501300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr

Merz, Sie können ganz beruhigt sein: Wir als Regie-
rungsfraktionen wissen, was wir heute verabschieden.
Wenn die Opposition den Überblick verloren hat, dann
ist das ihr Problem.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Barbara Höll [PDS]: Angesichts dessen, daß man uns ständig Änderungen in die Feder diktiert hat, ist das ein bißchen unverschämt!)


Herr Merz, wenn Sie davon sprechen, daß diese Re-
gierung mehr ausgibt, als sie einnimmt, dann möchte ich
Sie fragen, wie es dazu kommt, daß wir in der Bundes-
republik Deutschland insgesamt, also über alle Ebenen,
von den Kommunen über die Länder bis hin zum Bund,
eine Verschuldung in Höhe von 2,2 Billionen DM ha-
ben, daß jede vierte Mark, die an Steuern eingenommen
wird, dafür ausgegeben wird, daß überhaupt Zinsen und
Tilgung geleistet werden können, und daß die Nettoneu-
verschuldung der alten Regierung nur knapp unter der
Verfassungsgrenze lag. Das war Ihre Politik und Ihre
Verantwortung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wir haben – das meine ich sehr ernst – folgende Aus-
gangslage vorgefunden: Der Widerstand der Bevölke-
rung auf Grund der ungerechten Verteilung der steuerli-
chen Lasten hat zu einer immer stärker erodierenden
Steuermoral geführt. Die Folge ist, daß eine in der
Steuerbelastung zweigeteilte Gesellschaft existiert: zum
einen diejenigen, die alle Chancen genutzt haben, um
ihre Steuern gegen Null zu drücken, und zum ande-
ren diejenigen, die ohne Abschreibungsmöglichkeiten
die sogenannte Dummensteuer – wie das in der Presse
immer genannt wurde – entrichten mußten. Eine der-
art verfallene Steuerkultur trifft die Steuermoral an der
Wurzel und hat letztlich eine sehr entdemokratisie-
rende Wirkung. Als Partei mit politischer Verantwor-
tung – ich meine SPD und Grüne – muß man das an-
gehen.

Daher ist es die Aufgabe des Staates, nicht nur Steu-
erkriminalität zu verhindern – selbstverständlich müssen
wir auch diese bekämpfen –, sondern auch eine effizi-
ente und eine gerechte Steuerpolitik zu gestalten, damit
das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik wieder ge-
stärkt wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wir haben mit diesem Gesetz und seinen Vorläufern
Familien mit Kindern bereits entlastet; die nächste Stufe
wird im Sommer beraten. Wir haben kleine und mittlere
Einkommen entlastet. Das sind Schritte in die richtige
Richtung.

An dieser Stelle möchte ich ehrlicherweise sagen, daß
das heute zu verabschiedende Steuerentlastungsgesetz
eine sehr schwere Geburt gewesen ist. Man muß auch
zugeben, daß es nicht der absolute Wurf ist; unter „ab-
solutem“ Wurf verstehe ich sehr geringe Steuersätze und
die völlige Abschaffung von Steuertatbeständen, die ent-
sprechende Steuerminderungen zur Folge haben. Aber

Friedrich Merz






(A) (C)



(B) (D)


wir haben uns mit dieser umfangreichen Reform auf den
Weg begeben, endlich eine Bereinigung des Steuer-
rechtes zu schaffen und die Wiederherstellung der steu-
erlichen Gerechtigkeit in Angriff zu nehmen.

Es wurde in den Ausschüssen selten – wir als Grüne
haben das in den letzten vier Jahren in der Opposition
erlebt – so intensiv über ein Gesetzespaket diskutiert.


(Lachen bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Es wurde selten, meine Damen und Herren von der Op-
position, vor allem von der CDU/CSU, so ausführlich
mit Verbänden und Sachverständigen in öffentlichen
Anhörungen – wir hatten mehrtägige öffentliche Anhö-
rungen – diskutiert, und es haben selten so viele Gesprä-
che stattgefunden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir haben dieses Gesetz in den Ausschüssen gegen
den erbitterten Widerstand der Opposition, der sich al-
lerdings weitgehend auf formale Fallstricke bezogen hat,
und auch gegen den Widerstand der Lobbyisten ab-
schließend beraten können. Man muß auch einmal zur
Kenntnis nehmen, daß von seiten der Opposition in den
Fachausschüssen mit Geschäftsordnungsgeschichten
agiert und daß inhaltlich sehr wenig vorgetragen wurde.
Es gab in den Fachausschüssen keinen einzigen inhalts-
bezogenen Antrag, der von der Opposition zu diesem
Gesetz eingebracht worden ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1402501400
Kollegin Scheel, ge-
statten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Michel-
bach?


Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1402501500

Ich weiß, was der Herr Michelbach sagen will; es ist
immer das gleiche, das mag ich jetzt nicht noch einmal
hören.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Lachen bei der CDU/CSU)


Wir haben die Politik der alten Regierung, die mehr
und mehr steuerliche Lasten auf die durchschnittlichen
Einkommensbezieher verlagert hat und bis an die
Grenze der Belastbarkeit gegangen ist, endlich umge-
kehrt. Es ist ein großer Erfolg, was diese Regierungs-
koalition auf den Weg gebracht hat. Man muß sehen,
daß bisher Industrie und Großverdiener – ich führe keine
Neiddebatte –


(Lachen bei der CDU/CSU)

durch immer neue Ausnahmen und Sonderregelungen
steuerlich entlastet wurden, ohne daß – das gilt vor al-
lem für die Wirtschaft – neue Arbeitsplätze entstanden
sind.

Herausgekommen sind – wenn Sie den Wirtschafts-
und Börsenteil lesen, werden Sie das erkennen – immer
höhere Unternehmensgewinne statt mehr Beschäftigung.

So geht es nicht. Das war der falsche Weg; er ging zu
Lasten der Bevölkerung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wir müssen uns immer wieder in Erinnerung rufen,
daß jede Vergünstigung, die in bestimmten Bereichen
gegeben wird, von der Allgemeinheit der Steuerzahler
und Steuerzahlerinnen zu bezahlen ist; denn man kann
die Steuersätze eben nicht so weit senken, wenn die
Vergünstigungen dementsprechend genutzt werden.

Nun sehen die Wirtschaftslobbyisten diese Gewinne
als gefährdet an. Man ist als Regierung mittlerweile da-
mit konfrontiert, daß es Aufschreie und massenweise
Briefe gibt. Aber man muß auch fragen: Wer gibt denn
schon freiwillig seine Pfründe preis? Allerdings hat der
hierbei entstandene Druck gerade in den letzten Tagen
eine ganz neue Qualität erreicht. Man drohte mit Inve-
stitionsstopp, mit Entlassungen, mit dem Verfassungs-
gericht, mit Abwanderung ins Ausland und hat in der
Bevölkerung, in der Öffentlichkeit den Eindruck zu
erwecken versucht, daß man zukünftig regelrecht am
Bettelstab gehen werde. Es kann doch wohl nicht sein,
daß von bestimmten großen Unternehmen auf diese Art
und Weise versucht wird, auf die Politik Einfluß zu
nehmen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Auch die steuerliche Mehrbelastung wurde mit völlig
überhöhten Zahlen dargestellt. So bezifferte zum Bei-
spiel die Versicherungswirtschaft ihre Mehrbelastung
mit 40 Milliarden DM.

Auch Herr Merz, der als Sprecher der CDU/CSU-
Fraktion vor mir gesprochen hat, hat darauf hingewie-
sen, daß es wohl in einem Umfang zu Rückstellungen
gekommen ist, über den man reden muß, daß man das
durchaus kritisch sehen muß. Ich bin froh, daß Sie das
gesagt haben; denn das bestärkt uns darin, daß wir mit
unseren Überlegungen auf dem richtigen Weg sind.
Wenn das von seiten der Opposition noch unterstützt
würde, so daß wir das als gemeinsames Projekt auf den
Weg bekommen, dann wäre es um so schöner.


(Hansgeorg Hauser [Rednitzhembach] [CDU/ CSU]: Fingerspitzengefühl muß man haben!)


Die Lobby der Wirtschaft, speziell der Versiche-
rungs- und der Energiewirtschaft, hat sich mit ihrem
Vorgehen nicht nur unglaubwürdig gemacht, sondern sie
ist uns, der von ihr Ungeliebten – man kann ja wohl sa-
gen, daß wir nicht gerade die große Liebe der Lobby-
isten in diesen beiden Bereichen sind –, regelrecht mit
Nötigungs- und Erpressungsversuchen begegnet. Man
muß an einer solchen Stelle auch einmal klar sagen, wie
in diesem Land Lobbypolitik gemacht wird. Wir sind
leider immer noch ein Land der Lobbyisten. Ihnen wol-
len wir uns als Regierung nicht aussetzen.

Die Unternehmen schüren damit die Angst in der Be-
völkerung vor weiteren Arbeitsplatzverlusten. Sie ent-
ziehen sich einmal mehr der gesellschaftlichen Solida-
rität, indem sie nicht nur die gebotenen Steuern zum Er-

Christine Scheel






(B)



(A) (C)



(D)


halt des Gemeinwesens verweigern, sondern auch noch
androhen, ihre Unternehmen ins Ausland verlagern zu
wollen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich möchte an dieser Stelle dem Finanzminister aus-

drücklich die Stange halten, daß er bei den Beratungen
zum Steuerentlastungsgesetz diesen übertriebenen Droh-
gebärden der beiden Branchen standgehalten hat und
daß wir eine vernünftige Übergangslösung für beide Be-
reiche gefunden haben. Vielen Dank!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Gleichzeitig appelliere ich an die Großindustrie, ihre
Erpressungsversuche gegenüber der Politik zu unterlas-
sen; denn wir lassen uns dies im Rahmen der politi-
schen, demokratischen Entscheidungsprozesse, die hier
anstehen, schlicht nicht bieten.

Das bedeutet nicht, daß wir unser Steuerkonzept ohne
Berücksichtigung der Belange der Wirtschaft, wie es
von seiten der Opposition immer wieder dargestellt
worden ist, blind durchpeitschen wollen. Wir haben die
berechtigten Interessen der Wirtschaft, insbesondere des
Mittelstands, aufgenommen. Wir sind ihnen – zur gro-
ßen Zufriedenheit vieler kleiner und mittelständischer
Unternehmer; auch das muß man hier einmal sagen – ein
gutes Stück entgegengekommen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Die Teilwertabschreibung sichert den steuerlichen
Abzug von Lagerware, die nur noch mit erheblichen Ab-
schlägen verkäuflich ist. Bei der Teilwertabschreibung
haben wir uns – das haben Sie in der Vergangenheit
immer wieder eingefordert; jetzt wollen Sie davon aber
nichts mehr wissen – für ein Wertaufholungsgebot stark
gemacht, damit Firmen bei einer dauerhaften Wertmin-
derung zwar auf den niedrigeren Teilwert abschreiben,
diesen bei Wegfall des Hindernisses aber nicht mehr wie
in der Vergangenheit beibehalten können. Das ist der
große Unterschied zu den von Ihnen unterbreiteten Vor-
schlägen. Diese Regelung dient der Steuergerechtigkeit
und einer realitätsnäheren Bewertung von Wirtschafts-
gütern.

Wir haben auch die Ansparabschreibung für den
Mittelstand beibehalten. Damit wollen wir die Existenz-
gründer und Existenzgründerinnen weiter fördern. Auch
der Verlustabzug bleibt bis zum Jahre 2001 in Höhe
von 2 Millionen DM erhalten. Danach erfolgt eine
Reduzierung auf 1 Million DM; das halte ich für richtig.
Damit bleibt die Liquidität von kleinen und mittelstän-
dischen Unternehmen erhalten, was wichtig ist.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Diese Begrenzung bedeutet gleichzeitig, daß Groß-
unternehmen ihre Verluste nur noch in einem gewissen
Umfang geltend machen können. Ziel ist hierbei, daß
Unternehmen nicht mehr jahrelang Gewinne machen
können und diese Gewinne ohne Einschränkung mit
Verlusten verrechnen können, ohne daß Steuern abge-

führt werden. Verluste sollen zwar in Zukunft noch ver-
rechnet werden können, aber nur noch begrenzt.

Wir haben uns als Regierungsparteien erfolgreich da-
für eingesetzt, daß die Besteuerung von Veräußerungs-
gewinnen nach einer Einfünftel-Regelung vorgenom-
men wird. Das heißt, daß für kleine und mittlere Unter-
nehmen der Freibetrag in Höhe von 60 000 DM erhalten
bleibt. Dadurch bleibt die Altersvorsorge für diese Kli-
entel unberührt. Dies ist wichtig, weil wir mit unserer
Politik die Altersvorsorge in der Zukunft unterstützen
wollen.

Der gesamte Unternehmenssektor profitiert zusätzlich
von der Steuersatzsenkung, die auch internationale Im-
pulse gibt. Man darf auch die anstehende Unter-
nehmensteuerreform nicht vergessen, über die wir im
Sommer diskutieren. Darauf muß man Sie immer wie-
der hinweisen. Sie wissen, daß wir die Steuersätze
senken werden. 35 Prozent sind als Zielmarge vorgege-
ben.

Es darf auch nicht vergessen werden, mit welcher
Steuerentlastung Sie damals hausieren gegangen sind.
Der Minister hat dies schon angesprochen. In diesem
Zusammenhang muß man die Frage stellen, wie Sie mit
den indirekten Steuern umgegangen wären. Sie hätten
nämlich die Mehrwertsteuer und die Mineralölsteuer er-
höht. Mit der von Ihnen versprochenen Nettoentlastung
in Höhe von 30 Milliarden DM hätte die Bevölkerung
einen großen Teil des Gesamtvolumens in Höhe von
57 Milliarden DM über zusätzliche Belastungen auf
Grund der Anhebung der indirekten Steuern finanzieren
müssen. Der andere Teil wäre eine sehr hohe Belastung
für die Kommunen und Länder gewesen, die sie in der
jetzigen Haushaltssituation nicht hätten tragen können.
Ihre Politik war unsolide und wäre hinsichtlich der
Haushaltslage voll an den Belangen der Kommunen und
Länder vorbeigegangen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1402501600
Frau Kollegin, ge-
statten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Rössel?


Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1402501700

Ja, bitte schön.


Dr. Uwe-Jens Rössel (PDS):
Rede ID: ID1402501800
Sehr geehrte Kollegin
Scheel, Sie haben die voraussichtlichen Auswirkungen
des Entwurfs eines Steuerentlastungsgesetzes der frühe-
ren Koalition angesprochen. Dazu muß ich Ihnen natür-
lich sagen, daß Sie entgegen den eigenen Absichtserklä-
rungen bei Verabschiedung Ihres Steuergesetzes Steuer-
ausfälle der öffentlichen Haushalte von über 20 Milliar-
den DM produzieren. Mit dem Steuerentlastungsgesetz
werden nämlich im Jahre 2002 Steuerausfälle für den
Bund in Höhe von 10,1 Milliarden DM sowie für die
Länder und Gemeinden in Höhe von 10,4 Milliarden
DM eintreten.

Ich frage Sie angesichts der Gesamtschulden der öf-
fentlichen Haushalte in Höhe von 2 218 Milliarden DM,

Christine Scheel






(A) (C)



(B) (D)


wie Sie diese Steuerausfälle von über 20 Milliarden DM
für Bund, Länder, aber vor allem auch für die ohnehin
sehr hoch verschuldeten Gemeinden ausgleichen wollen.
Ich frage Sie weiter, ob Sie wirklich davon ausgehen,
daß der sogenannte Selbstfinanzierungseffekt eintritt,
wenn die entsprechenden Kontrollmaßnahmen wirken.
Wenn diese Steuerausfälle bestehen bleiben, werden
Bund, Länder und Gemeinden in ihrer Handlungsfähig-
keit beeinträchtigt.


(Joachim Poß [SPD]: Ist das eine Frage oder eine Kurzintervention? – Zuruf von der CDU/CSU: Das war eine lange Frage!)



Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1402501900

Das war eine lange Frage, Herr Rössel. Aber ich ant-
worte sehr gerne. – Selbstverständlich rechnen wir durch
die Senkung der Steuersätze für die kleinen und mit-
telständischen Betriebe sowie durch die Entlastung
der Familien mit einem gewissen Selbstfinanzierungs-
effekt. Unser Ziel ist es gewesen – das haben wir heute
mit unserem Gesetzentwurf deutlich gemacht –, daß
zwar die Steuersätze gesenkt werden. Aber gleichzei-
tig sollte es nicht eine Belastung der kleinen und mit-
telständischen Betriebe geben, die diese nicht verkraf-
ten können. Aus diesem Grunde gab es Gespräche mit
den Vertretern der kommunalen Spitzenverbände, die
auch im Finanzausschuß angehört worden sind. Es gab
immer wieder Kontakte zu den einzelnen Ländern. Es
wurden nicht nur in Arbeitskreisen Gespräche mit
den Vertretern der Länder über die Nettoentlastung von
20 Milliarden DM geführt, die von Bund, Ländern und
Kommunen gemeinsam getragen werden muß. Sie ha-
ben dieses Verfahren und die Zahlen in Ihrer Frage rich-
tig dargestellt.

Wir wollen auf der einen Seite eine Nettoentlastung.
Diese wollen wir alle hier in diesem Haus – vielleicht
bis auf die PDS –, weil wir einen Selbstfinanzierungsef-
fekt brauchen. Auf der anderen Seite wollen wir auch
eine solide Finanzpolitik betreiben. Deshalb sind im
Haushalt Einsparungen vorgesehen. Es wird auch not-
wendig sein, daß die Länder einsparen. Das haben die
Länder zugesichert; dementsprechend müssen Sie das
auch tun. Es ist überhaupt keine Frage, daß es dann,
wenn man eine Nettoentlastung vorsieht, erst einmal ei-
ne positive Wirkung gibt. Ich gebe zu, die Nettoentla-
stung ist um ein Viertel höher ausgefallen, als wir sie ur-
sprünglich geplant haben. Aber die Tatsache, daß die
Nettoentlastung nun um ein Viertel höher als ursprüng-
lich geplant ausgefallen ist, hängt damit zusammen, daß
wir uns in den letzten Tagen sehr viele Gedanken dar-
über gemacht haben, wie kleine und mittelständische
Betriebe sowie das Handwerk entlastet werden können.
Eine Entlastung dieser Betriebe ist gut; denn sie schaf-
fen Arbeitsplätze.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1402502000
Kollegin Scheel, ge-
statten Sie eine weitere Zwischenfrage des Kollegen
Fromme?


Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1402502100

Gerne. Das verlängert meine Redezeit. Danke schön.


Jochen-Konrad Fromme (CDU):
Rede ID: ID1402502200
Frau Kolle-
gin Scheel, Sie haben soeben den Vorwurf erhoben, die
Union hätte eine Mehrwertsteuererhöhung beabsichtigt.
Schließen Sie eine solche Erhöhung durch Ihre Koalition
aus?


(Lachen bei der SPD – Detlev von Larcher [SPD]: Eine ewige Frage!)



Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1402502300

Herr Fromme, ich muß an dieser Stelle wirklich grinsen.
Man hat mir einmal gesagt: Lächeln macht stark. Das ist
wunderbar. – Die Frage nach der Mehrwertsteuerer-
höhung taucht täglich mehrere Male auf. Sie wird im-
mer von Ihren Kollegen der CDU/CSU oder der F.D.P.
gestellt. Es wird immer so dargestellt, als ob die Regie-
rungsparteien die Mehrwertsteuer erhöhen wollten, um
Steuerlöcher, die auf Grund fehlender Einnahmen bisher
nicht geschlossen werden konnten, über eine höhere
Mehrwertsteuer zu stopfen. Das ist falsch. Wir haben
gestern hier die Ökosteuer verabschiedet. Sie ist sauber
gegenfinanziert, so daß die Lohnnebenkosten gesenkt
werden können. Das war ein Ziel der jetzigen Regie-
rung. Dafür brauchen wir keine Mehrwertsteuererhö-
hung. Heute werden wir die zweite und dritte Stufe der
Einkommensteuerreform verabschieden. Auch hier ha-
ben wir klar gesagt: Es gibt eine Nettoentlastung, für de-
ren Gegenfinanzierung wir im Gegensatz zu Ihrem alten
Konzept – wohl gemerkt – keine Mehrwertsteuererhö-
hung brauchen.


(Detlev von Larcher [SPD]: Genau!)

Wir wollen auch im Zusammenhang mit der Entlastung
der Familien ab dem Sommer 1999 keine Mehrwertsteu-
ererhöhung in Erwägung ziehen. Das haben wir zwi-
schen den Koalitionspartnern klar vereinbart. Das sollten
Sie endlich einmal zur Kenntnis nehmen. Diese blödsin-
nigen Einwände – das war nicht persönlich gemeint;
verstehen Sie mich bitte nicht falsch –, die von Vertre-
tern der Opposition immer wieder vorgetragen werden
und mit denen uns eine Mehrwertsteuererhöhung zum
jetzigen Zeitpunkt untergejubelt wird, sind falsch.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Es wird keine Mehrwertsteuererhöhung geben, auch
wenn Sie es gerne hören möchten.

Auf der anderen Seite haben wir uns erfolgreich dafür
eingesetzt, daß es Einkommensmillionären nicht mehr
möglich sein wird, ihr zu versteuerndes Einkommen auf
Null herunterzurechnen. Es ging nicht nur darum, daß
manche Leute ihre Steuerschuld im laufenden Jahr auf
Null rechnen konnten; vielmehr war es in der Vergan-
genheit sogar so, daß man sich rückwirkend seine Steu-
ern, die man beispielsweise über die letzten ein oder
zwei Jahre gezahlt hatte, über bestimmte Berechnungs-
modelle, die Herr Finanzminister Lafontaine vorhin an-
gesprochen hatte, vom Finanzamt erstatten lassen konn-
te. So geht es nicht. Es muß jeder in diesem Land lei-

Dr. Uwe-Jens Rössel






(B)



(A) (C)



(D)


stungsgerecht seinen Anteil für das Gemeinwohl ein-
bringen. Darum geht es uns allen.


(Beifall bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1402502400
Kollegin Scheel, ge-
statten Sie eine weitere Zwischenfrage des Kollegen
Schütze?


Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1402502500

Bitte, Herr Schütze.


Diethard Schütze (CDU):
Rede ID: ID1402502600
Frau Kol-
legin Scheel, obwohl ich Sie im Ausschuß bereits
vergeblich danach gefragt habe, wiederhole ich hier
meine Frage: Treffen Meldungen der „Welt“ vom
1. März zu, wonach Sie sich gegen die Neueinführung
des § 2 b des Einkommensteuergesetzes, den Sie eben
erwähnt haben, ausgesprochen haben? Sie sollen wört-
lich erklärt haben:

Der (zweite) Halbsatz muß unter allen Umständen
gestrichen werden. Erstens ist er völlig überflüssig,
da die angestrebten Ziele ohne diesen Satz voll-
ständig erreicht werden, und zweitens hat er kata-
strophale volkswirtschaftliche Auswirkungen ...

Wenn Sie das tatsächlich gesagt haben: Können Sie
uns erklären, warum sich dieser zweite Halbsatz genau
in dem Gesetz wiederfindet, das wir heute beraten? Da-
mit wären die „katastrophalen volkswirtschaftlichen
Auswirkungen“ – ich zitiere Christine Scheel – die logi-
sche Konsequenz.


Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1402502700

Herr Schütze, Sie haben vollkommen richtig zitiert. Was
Sie vorgelesen haben, stand so in der „Welt“ am Montag
dieser Woche. Wir haben Gespräche geführt und uns
darauf verständigt, daß die geschlossenen Kapitalfonds
gesichert werden müssen. Aus diesem Grunde ist in der
Begründung des Gesetzes klar verankert worden, daß es
Übergangsregelungen geben wird und daß es auch wei-
terhin möglich sein wird, Windenergiefonds, Kapital-
Venture-Fonds, das heißt auch die Existenzgründungs-
fonds, die sogenannten Chancenkapitalfonds, alles das,
was bis hin zu den Medienfonds damit zusammenhängt,
aufzulegen. Das war uns ein großes Anliegen. Das ist
richtig. Hier ist ein Kompromiß gefunden worden, mit
dem wir gut leben können.

Herr Schütze, es war uns wichtig, die Möglichkeit
einzuschränken, daß Leute, die sich an Gesellschaften
beteiligen, die nur mit steuerlichen Verlustzuweisungen
arbeiten, sich arm rechnen können. Deswegen ist im
Steuergesetz eine Passage enthalten, in der die Verlust-
verrechnung begrenzt ist; es handelt sich um den § 2 b,
den Sie angesprochen haben. Dadurch wird es in Zu-
kunft ermöglicht werden, die Fonds, von denen ich ge-
sprochen habe, aufzulegen und die bereits auf den Weg
gebrachten Projekte – ich denke vor allem an die Bau-
wirtschaft – dementsprechend in Bestand und Entwick-

lung zu sichern. Deswegen haben wir uns auf eine
Übergangsfrist verständigt. Das ist politisch sinnvoll.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir haben auch im Bereich der Rückstellungen für
mehr Steuergerechtigkeit gesorgt. Herr Merz, Sie haben
es angesprochen: Rückstellungen dürfen nicht mehr un-
begrenzt gebildet werden.


(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Das war noch nie der Fall!)


Das ist sehr vernünftig, weil Kosten oftmals steuerlich
geltend gemacht wurden, obwohl sie im Jahr des An-
satzes keinen Geldabfluß verursacht haben. Des wei-
teren dürfen Rückstellungen für die Verpflichtung zur
schadlosen Verwertung radioaktiver Reststoffe sowie
ausgebauter oder abgebauter radioaktiver Anlagenteile
nicht mehr in dieser Form gebildet werden. Jedoch stellt
die Änderung des Gesetzes sicher, daß sich das Rück-
stellungsgebot nicht auf die schadlose Verwertung
radioaktiver Abfälle bezieht. Dies haben wir noch in
den letzten Tagen in das Gesetz mit hineingenommen,
damit auf diesem Gebiet Klarheit besteht; denn wir
wollen erreichen, daß auch die Atomindustrie einer rea-
litätsnäheren Besteuerung zugeführt wird, wie dies üb-
rigens bei jedem kleinen Unternehmen schon lange der
Fall ist.

Die Kritik der Energie- und der Versicherungs-
wirtschaft halten wir nicht für berechtigt. Ich habe das
vorhin an Beispielen ausgeführt. Man muß sich fragen,
ob die Energie- und die Versicherungsbranche, die den
größten Aufstand gemacht haben, in den vergangenen
Jahren von seiten der Fraktionen von CDU/CSU und
F.D.P., was die Steuer betrifft, nicht zu gut behandelt
wurden. Es war nämlich durchaus Usus, daß bei Versi-
cherungen Rückstellungen auch dann in der Bilanz ge-
halten wurden, wenn der entsprechende Schadensfall
längst abgewickelt war. So konnten die Versicherungen
über Jahre hinweg stille Reserven bilden. Mit dieser
Steuerersparnis hatten die Unternehmen die Möglich-
keit, sich andere gewinnträchtige Wirtschaftszweige zu
erschließen. Das geschah sehr oft im Ausland, was für
unseren Arbeitsmarkt nicht immer sehr sinnvoll gewe-
sen ist.

Es dürfte auch bekannt sein, daß gerade die Energie-
versorger im Entsorgungsbereich, in den sie im letzten
Jahrzehnt massiv eingestiegen sind, viele kleine und
mittelständische Unternehmen vom Markt verdrängt ha-
ben. Wenn wir kleine und mittlere Unternehmen schüt-
zen wollen, dann müssen wir das auch in der Steuerpo-
litik tun. Wir dürfen nicht immer nur davon reden, daß
kleine und mittlere Unternehmen wichtig sind, sondern
wir müssen handeln, wenn wir sehen, daß auf Grund von
Gestaltungsmöglichkeiten bei den Steuern die kleinen
vom Markt verdrängt werden, weil die großen gestalten
und die kleinen es nicht können. Alles andere wäre eine
falsche Politik.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Christine Scheel






(A) (C)



(B) (D)


Wir sind auf dem Weg, wieder Glaubhaftigkeit und
Glaubwürdigkeit im Steuersystem herzustellen.


(Dr. Barbara Höll [PDS]: Aber sehr vorsichtig!)


So sind Vorschläge zur Steuerentlastung unglaubwürdig,
wenn auf der einen Seite Entlastungen versprochen und
auf der anderen Seite Erhöhungen kommen würden. Ich
habe mich damit klar zur Mehrwertsteuererhöhung ge-
äußert. Es wäre unglaubwürdig, wenn man einerseits
den Leuten sagt, sie würden entlastet, und auf der ande-
ren Seite die Steuern erhöht, so wie es die alte Koalition
vorgehabt hat.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


So etwas löst Verdruß in der Bevölkerung aus. Man
müßte dann den Leuten, die sich veräppelt fühlen, recht
geben. Aber diese Regierung hat den Anspruch, eine
ehrlichere Steuerpolitik zu betreiben. Dies ist auch rich-
tig so.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Zukunftsfähigkeit im Steuersystem bedeutet, daß
wir die bestehende verteilungspolitische Schieflage kor-
rigieren, die für die Zukunft notwendige ökologische
Komponente – das haben wir ja gestern beschlossen –
nicht vergessen und das Prinzip der Nachhaltigkeit in
der Steuer- und in der Finanzpolitik, also im ganzen Fi-
nanzwesen, einführen müssen. Eine zukunftsfähige Re-
form muß finanzpolitisch solide, sozial ausgewogen und
natürlich auch wirtschaftspolitisch sinnvoll sein. Es darf
nicht angehen, daß die nächsten Generationen die finan-
ziellen Risiken in Form von weiteren Löchern in den
Haushalten von Bund, Ländern und Kommunen erben.
Das wollen wir nicht, sondern wir wollen auch hier eine
solide und verantwortungsvolle Politik für die nächsten
Generationen gestalten.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1402502800
Kollegin Scheel, ge-
statten Sie noch eine Zwischenfrage des Kollegen
Willsch, wenn ich ihn richtig identifiziert habe?


Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1402502900

Ja, er heißt so. Er ist mit mir im Finanzausschuß, es ist
ein netter Kollege. – Bitte schön.


Klaus-Peter Willsch (CDU):
Rede ID: ID1402503000
Vielen Dank,
Frau Vorsitzende. Ich fühle mich geehrt und geschmei-
chelt zugleich.

Sie betonen in Ihren Erwiderungen auf die vermutete
Mehrwertsteuererhöhung immer wieder, daß sie jetzt
nicht komme. Könnte das im Zusammenhang mit Mel-
dungen der „Welt“ von heute stehen? Dem Vernehmen
nach soll der Kanzler der Versicherungswirtschaft zuge-
sagt haben, den Finanzierungsbeitrag nach oben zu li-

mitieren, so daß am Jahresende vielleicht neu über eine
Mehrwertsteuererhöhung nachgedacht werden müßte,
um dieses Versprechen einzulösen?


(Bundesminister Oskar Lafontaine: Das hat damit überhaupt nichts zu tun!)



Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1402503100

Herr Willsch, vielen Dank für die Frage. Sie haben
die gleiche Kenntnis wie wir. Wir wissen es daher,
weil wir uns miteinander unterhalten. Sie lesen es lo-
gischerweise in der Zeitung, wenn Gespräche zwi-
schen dem Kanzler und der Versicherungswirtschaft
geführt werden. Selbstverständlich hat es diese Ge-
spräche gegeben. Es gibt ja genügend Pressemeldungen
dazu.

Bei diesen Gesprächen wurde klar, daß die ursprüng-
lich von der Versicherungswirtschaft vorgelegten Zah-
len, die auf Vermutungen darüber basierten, was im Ge-
setz enthalten sei, so nicht haltbar waren. Man hat einge-
standen, daß einzelne Passagen im Gesetzestext doch
etwas anders formuliert wurden, wodurch das, was die
Versicherungswirtschaft auf den Tisch gelegt hat, stark
reduziert wurde. Mittlerweile ist es in bezug auf die
Zahlen und Einschätzungen zu einer Annäherung ge-
kommen. Ich bin sehr froh, daß diese stattgefunden hat.
Der Kanzler kann daher ganz ruhig mit den Vertretern
der Versicherungsbranche reden und ihnen sagen: War-
ten wir einmal das Ende des Jahres ab, und lassen Sie
uns dann schauen, ob unsere Vermutungen eingetroffen
sind. – Die prognostizierten Zahlen liegen jetzt ganz na-
he beieinander, es bestehen nur noch minimale Diffe-
renzen. Wir können dem wirklich sehr gelassen entge-
gensehen. Ich halte es für einen guten Zug des Kanzlers,
zu sagen: Wir schauen einmal, wie es sich im Laufe des
Jahres auswirkt. – Wir gehen davon aus, daß wir voll-
kommen korrekt handeln und die Datenbasis stimmt.
Die Frage einer möglichen Mehrwertsteuererhöhung, die
Sie hiermit in Verbindung gebracht haben, hat damit
überhaupt nichts zu tun.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich möchte abschließend noch sagen, daß ver-
antwortlich für die nächste Generation zu handeln
heißt, das gesamte Steuersystem im Auge zu behalten,
die Kraft und den Mut zu haben, mit Tabus zu brechen,
und Privilegien auch gegen den Widerstand der Lob-
byisten im Interesse des ganzen Volkes zu prüfen und
abzubauen. Mit den Konzepten der Vergangenheit – das
möchte ich Ihnen klipp und klar noch einmal sagen,
liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition,
von CDU/CSU und F.D.P. – können wir auch in der
Steuerpolitik keine zukunftsfähige Politik gestalten.
Deswegen ist diese neue Regierung auf dem richtigen
Weg.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Christine Scheel






(B)



(A) (C)



(D)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1402503200
Das Wort zu einer
Kurzintervention hat der Kollege Hans Michelbach,
CDU/CSU-Fraktion.


(Susanne Kastner [SPD]: Das ist ein wirklicher Genuß!)



Hans Michelbach (CSU):
Rede ID: ID1402503300
Frau Kollegin
Scheel, Sie haben keine Zwischenfrage von mir zugelas-
sen; wahrscheinlich teile ich bezüglich Ihrer Begriffser-
klärung zuwenig Nettigkeiten aus.

Aber ich möchte zur Sache kommen. Es ist doch,
Frau Kollegin Scheel, die Unwahrheit, daß Sie als Vor-
sitzende des Finanzausschusses die Gesetzesberatung
sorgfältig und ordnungsgemäß durchgeführt haben.
Warum haben Sie denn unseren Antrag zur Anhörung
der neuen Sachgegenstände zurückgewiesen und als
Vorsitzende im Finanzausschuß Wortmeldungen derje-
nigen, die dazu Informationen haben wollten, unter-
drückt? Ich habe den Eindruck, Frau Kollegin Scheel,
Sie wollten als Vorsitzende Ihr Arbeitsplatzvernich-
tungsprogramm nicht ruchbar werden lassen. Heute
qualifizieren Sie wiederum Sachverständigenanhörun-
gen gewissermaßen als Erpressungsversuch und Erpres-
sungstatbestand ab.

Ich kann Ihnen nur sagen: Es ist nicht korrekt, was
Sie machen. Haben Sie schon einmal etwas von echter,
praxisnaher Erfahrung und Sorge für Arbeitsplätze in
der Wirtschaft gehört?

Auch in der Sache liegen Sie, Frau Kollegin Scheel,
doch überhaupt nicht richtig, was den Mittelstand be-
trifft. Sie sind dem Mittelstand und seinen Arbeitneh-
mern nicht entgegengekommen. Ihre Gegenfinanzierung
fällt mit einer Belastung von über 20 Milliarden DM bis
zum Jahr 2002 gegen den Mittelstand aus. Der bisherige
Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die
Steuerbilanz, die ordnungsgemäße Steuerpolitik, die
bisher noch gegolten hat, wird aufgegeben. Sie brechen
das System auf breiter Front auf. Sie schränken zum
Beispiel auch die Teilwertabschreibung ein. Das ist
hier ganz deutlich geworden. 2,3 Milliarden DM Steuer-
erhöhung aus den Änderungen bei der Teilwertabschrei-
bung führen beim Mittelstand zur Besteuerung von
Scheingewinnen und kosten Arbeitsplätze. Sie streichen
den halben Steuersatz für Veräußerung und Aufgabe un-
serer Mittelstandsbetriebe. Das wird den Generations-
wechsel im Mittelstand erschweren. Sie führen die Ein-
schränkung des Verlustausgleichs ein. Diese Verschär-
fung bedeutet für den Mittelstand Investitionsverhinde-
rung.

Ich kann Ihnen nur sagen: Alles, was Sie machen, hat
für den Mittelstand volkswirtschaftliche Konsequenzen
in Form von Arbeitsplatzvernichtung und unter dem
Strich weniger Steuereinnahmen, weil die Investitionen
durch dieses Gesetz um über 50 Milliarden DM sinken.
Dadurch haben Sie weniger Umsatzsteuer und weniger
Gewerbesteuer. Das ist dann das Ergebnis Ihrer Politik.

Rotgrüne Steuerpolitik bedeutet letzten Endes:
Bruchpilot, dann kommt das ganze Land in Not.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1402503400
Kollegin Scheel, Sie
haben die Gelegenheit zur Antwort.


Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1402503500

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Michelbach, ich bin
Ihnen für diese Intervention fast dankbar. Ich bin über-
rascht, daß Sie das diesmal sogar schriftlich vorbereitet
haben. Aber gut.

Ich möchte zu Ihren Ausführungen sehr ernst Stel-
lung nehmen. Wenn das, was Sie ausgeführt haben, was
alles für den Mittelstand schädlich sein soll, nicht
durchgesetzt würde, würde das doch in der Konsequenz
dazu führen, daß im Steuerrecht, was Abschreibungs-
möglichkeiten und Steuerminderungstatbestände be-
trifft, alles so bleibt, wie es ist. Die Bevölkerung weiß,
daß hier Mißbrauch betrieben wird. Es war Aufgabe
dieser Regierung, diesen Mißbrauch einzudämmen, und
zwar nicht so, daß es zum Schaden der Wirtschaft ist,
sondern so, daß diejenigen, die diesen Mißbrauch auf
Kosten der gesamten Bevölkerung betrieben haben,
endlich einen auf den Deckel bekommen, wie ich an
dieser Stelle einmal flapsig sagen will.

Sie haben die Anhörungen angesprochen. Sie haben
mich vorhin vielleicht falsch verstanden; ich will Ihnen
da nichts Böses unterstellen. Aber wenn Sie ausführen,
ich hätte die Sachverständigenanhörungen als Erpres-
sungstatbestand gewertet, dann muß ich Ihnen sagen,
daß ich das nicht getan habe. Das kann man auch nach-
lesen. Ich denke, daß die Zuhörer und Zuhörerinnen so-
wie die Kollegen und Kolleginnen es in der Mehrheit
sehr wohl verstanden haben, daß ich mich auf diese
Briefe bezogen habe, und zwar auf die in den letzten
Tagen von seiten der Energiewirtschaft und von seiten
der Versicherungswirtschaft an die Regierung gerich-
teten Androhungen dahin gehend, aus der Republik
wegzuziehen, also ins Ausland zu gehen, und dement-
sprechend Arbeitsplätze aufzukündigen, und darauf, daß
eine steuerliche Belastung in den Raum gestellt worden
ist, die jenseits jeder realistischen Vorstellung liegt, also
auf die Art und Weise, wie seitens verschiedener Bran-
chen versucht wurde, auf das Gesetzgebungsverfahren
und auf die politisch Verantwortlichen einzuwirken.

Zur Anhörung: Wir haben drei Tage lang zum Steuer-
entlastungsgesetz 1999/2000/2002 eine Anhörung
durchgeführt. Diese Anhörung, diese drei Tage waren
sehr intensiv. Wir haben sehr viele Anregungen und
Vorschläge, die von seiten der Sachverständigen vorge-
bracht worden sind, mit in den Prozeß der Formulierung
dieses Gesetzentwurfes aufgenommen.

Herr Michelbach, endlich ist es einmal so, daß die
Regierung das, was in der Anhörung vorgebracht wurde,
ernst nahm und daß man das, was gut ist und was diese
Republik nach vorne bringt, in das laufende Verfahren
bzw. in die Verhandlungen in den Ausschüssen über
diesen Gesetzentwurf eingebaut hat.


(Detlev von Larcher [SPD]: Sehr wahr!)

Deswegen gab es natürlich Änderungsanträge. Das war
kein Chaos. Wir haben vielmehr das aufgenommen, was






(A) (C)



(B) (D)


uns in den Anhörungen von den Sachverständigen vor-
geschlagen wurde.

Wenn Sie feststellen, die Wirtschaft mache sich Sor-
gen und man solle diese ernst nehmen, dann kann ich
nur antworten: Wir nehmen die Sorgen der kleinen und
mittelständischen Unternehmen sehr ernst.


(Zuruf des Abg. Hansgeorg Hauser [Rednitzhembach] [CDU/CSU])


– Herr Hauser, auch Sie können sich gerne noch zu einer
Kurzintervention melden. Ich bin da flexibel. Sie können
gerne noch etwas sagen. Das dürfen Sie. Der Präsident
muß dem allerdings zustimmen. Sie müssen sich dazu
nur melden. Wenn Sie jetzt Zwischenrufe machen, dann
sind die für die Kollegen möglicherweise nicht ver-
ständlich. Deswegen wäre es wahrscheinlich für alle
Beteiligten angebrachter, Sie melden sich zu Wort und
versuchen nicht, mich hier zu unterbrechen.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1402503600
Frau Kollegin,
kommen Sie bitte zum Ende.


Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1402503700

Ich bin sofort am Ende meiner Antwort. – Ich möchte
nur noch einen Punkt hinsichtlich der Sorge der Wirt-
schaft sagen: Natürlich machen wir uns um die Wirt-
schaft Sorgen. Wir haben festgestellt, daß es auf Grund
der Politik der früheren Regierung in den letzten Jah-
ren für die kleinen und mittelständischen Unterneh-
men sehr schwer war und daß sich der Mittelstand von
der früheren Regierung nicht mehr unterstützt gefühlt
hat. Jetzt sind wir dabei, das Vertrauen wieder aufzu-
bauen und für den Mittelstand eine gute Politik zu be-
treiben.

Danke.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1402503800
Ich erteile das Wort
dem Kollegen Hermann Otto Solms, F.D.P.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1402503900
Herr Präsident!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Heike Göbel
beginnt ihren vorzüglichen Leitartikel im Wirtschaftsteil
der „FAZ“ von heute, den ich Ihnen zur Lektüre emp-
fehle, mit den folgenden Sätzen:

Erfolg hat viele Väter, Mißerfolg keinen. Daher
dürfte das große „Steuerentlastungsgesetz“, das der
Bundestag heute verabschiedet, schnell zum Wai-
senkind werden. Längst gilt es auch seinen eigenen
Erzeugern in der SPD und unter den Grünen als
Mißgeburt.

Dem ist eigentlich kaum etwas hinzuzufügen.

(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)


Wenn Sie, Frau Scheel, diesen Gesetzentwurf so hef-
tig verteidigen, der Ihren steuerpolitischen Aussagen in
Ihrer Wahlplattform völlig widerspricht,


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist völlig übertrieben!)


dann kann ich nur feststellen, daß dies ein erneuter Be-
weis für die Aufgabe aller Prinzipien und Grundsätze
der Grünen um den Preis der Machtbeteiligung ist. Dar-
über sollten Sie sich auf Ihrem Parteitag unterhalten.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, in den über 25 Jahren in-

tensiver Beteiligung an der Steuer- und Finanzpolitik der
Bundesrepublik Deutschland habe ich noch nie etwas so
Chaotisches bzw. ein so gewaltiges Durcheinander er-
lebt.


(Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Das ist wohl wahr! – Zuruf von der SPD: Sie waren ja gar nicht da!)


Niemand durchschaut es mehr. Die Bundesregierung
und ihre Vertreter können überhaupt keine Auskunft ge-
ben, wie das alles zusammenwirken soll. Das ist nicht zu
verantworten. Dies steht im Zusammenhang mit den
wirklich absurden Äußerungen des Bundesfinanzmini-
sters bezüglich seiner Kritik an der Deutschen Bundes-
bank und der Europäischen Zentralbank sowie mit der
unklaren Haltung der Bundesregierung zur Europapoli-
tik.

Das Ergebnis ist: Der Euro fällt, und die Zinsen be-
ginnen wieder zu steigen. Herr Lafontaine, genau das
Gegenteil haben Sie gewollt.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

Dies setzt sich fort in Ihren unverantwortlichen Aus-

sagen zum Ende der Bescheidenheit. Sie haben die Ge-
werkschaften geradezu gezwungen, überhöhte Tariffor-
derungen zu stellen,


(Widerspruch bei der SPD)

die dann zu übermäßig hohen Tarifergebnissen geführt
haben, die weit über dem Produktivitätsfortschritt lie-
gen.


(Widerspruch bei der SPD)

Ich sage Ihnen voraus – hören Sie einmal zu! –: Das
muß mit mathematischer Sicherheit zu weiteren Entlas-
sungen führen, weil ein entsprechender Rationalisie-
rungsdruck ausgelöst wird. Das hat die Vergangenheit
gezeigt, und das wird jetzt wieder eintreten. Dafür sind
Sie verantwortlich, Herr Lafontaine.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

Schließlich zu Ihren immer wiederholten Betonungen

einer nachfrageorientierten Politik. Ihre Vorstellungen
entsprechen einem vulgären Keynesianismus. John
Maynard Keynes würde sich im Grabe umdrehen, wenn
er sähe, wie sehr er mißverstanden wird.


(Lachen bei der SPD)


Christine Scheel






(B)



(A) (C)



(D)


Wir befinden uns nicht mehr in einer geschlossenen
Volkswirtschaft, sondern in einer weltweit offenen
Volkswirtschaft. Wir stehen im internationalen Wettbe-
werb. Wenn Sie die Konsumkraft der Arbeitnehmer för-
dern, dann kommt es doch auch darauf an, auf welche
Produkte sie sich richtet. Schauen Sie sich doch einmal
die Versandhauskataloge von Otto, Quelle und Ikea an,
oder gehen Sie zu den großen Verbrauchermärkten!
Achten Sie einmal darauf, welcher Teil dieser Produkte
importiert wird! Es nutzt doch keinem deutschen Ar-
beitnehmer, wenn mehr importierte Konsumgüter ge-
kauft werden. Es nutzt ihnen auch nichts, wenn mehr
Fernreisen gebucht werden.


(Detlev von Larcher [SPD]: Das ist nicht zu glauben!)


Notwendig ist auch eine Verbesserung der Kosten-
struktur der deutschen Wirtschaft, damit sie preis-
werter anbieten kann. Dann werden auch mehr deutsche
Produkte gekauft. Nur so wird ein Schuh daraus.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

Die alleinige Betonung der Nachfrageseite führt völlig
in die Irre.


(Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Aber Ikea verdient doch trotzdem Geld damit!)


Sie machen bei dieser Diskussion einen zweiten
Fehler. Indem Sie nur die Konsumnachfrage betrachten,
vernachlässigen Sie die Investitionsgüternachfrage.
Bei den Investitionsgütern ist der Lieferanteil der deut-
schen Hersteller wesentlich größer. Sie aber schädigen
die deutsche Wirtschaft. Sie nehmen ihr Geld weg, so
daß sie die Investitionsmittel kürzt, was zu einem Nach-
frageeinbruch auf den Investitionsgütermärkten führt.

All das ist ein Beweis dafür, daß es bei dieser Steuer-
und Finanzpolitik eine ordnungspolitische Orientierung
nicht gibt. Das ist der eigentliche Kritikpunkt an dieser
Politik.


(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ergebnis ist – Sie können es in der aktuellen Presse le-
sen –, daß beispielsweise der DIHT voraussagt, das So-
zialprodukt werde nur noch um 1,5 Prozent steigen. Das
wird nicht ausreichen, den Rationalisierungseffekt auf
dem Arbeitsmarkt auszugleichen.

Im übrigen ist die Zahl der Auftragseingänge bei den
Maschinenbauern dramatisch eingebrochen. Das ist für
die Wirtschaft ein Tiefschlag. Das aber ist eine Reaktion
auf die Verunsicherung, die Sie ausgelöst haben.


(Detlev von Larcher [SPD]: Ach, Herr Solms!)

Hinzu kommt die völlig unklare Steuerpolitik.


(Detlev von Larcher [SPD]: Sie disqualifizieren sich wirklich!)


Ich will Ihnen einmal aufzählen, welche steuerpoliti-
schen Vorhaben anstehen: das Steuerentlastungsgesetz,
über das wir heute bedauerlicherweise befinden müssen,

die Ökosteuer, die zum Entsetzen vieler gestern verab-
schiedet worden ist – das ist doch keine Ökosteuer, son-
dern nichts anderes als eine Energiesteuererhöhung –,


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

und die katastrophalen Vorschläge hinsichtlich der 630-
Mark-Jobs, über die heute nachmittag zu befinden ist,
einschließlich des Steueranteils für diesen Bereich.


(Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Abenteuerlich!)

Da ist auch die Ankündigung einer Unternehmen-

steuerreform. Zuerst wird abkassiert, und dann wird den
Unternehmen ein Köder vor die Nase gehalten, indem
gesagt wird: Es wird aber vielleicht besser; wir wollen
mal schauen.

Frau Scheel verteidigt diese Steuerpolitik nach der
Methode „Versuch und Irrtum“, dieser neuen Strategie
der Steuerpolitik: Wir versuchen es, und dann schauen
wir mal; wenn wieder Tausende von Arbeitsplätzen ver-
schwunden sind, korrigieren wir es eben wieder. – So
kann man Steuerpolitik nicht ernstzunehmend betreiben.


(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Hinzu kommt das Verfassungsgerichtsurteil zum
Steuerrecht hinsichtlich der Familie. Wir erwarten ein
weiteres Verfassungsgerichtsurteil zur Besteuerung der
Renten. Was ist eigentlich mit dem Soli? Soll er ewig
erhalten bleiben? Von Steuersenkungen kann keine Re-
de sein. Der Soli wird immer vernachlässigt, und die
Ökosteuer wird natürlich auch nicht eingerechnet.
Schließlich bleibt das offene Thema Mehrwertsteuer, auf
das wir sicher noch zurückkommen werden.

Meine Damen und Herren, dieses Chaos hat einen
Namen: Oskar Lafontaine mit seinen beiden Staatsse-
kretären Flassbeck und Noé. Das ist das „Trio Infernale“
der deutschen Steuer- und Finanzpolitik.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU – Lachen bei der SPD)


Warum diese Hektik, Herr Lafontaine? – Weil Sie in
Hessen verloren haben,


(Bundesminister Oskar Lafontaine: Wir nicht!)

weil die rotgrüne Koalition in Hessen verloren hat.


(Bundesminister Oskar Lafontaine: Wir haben gewonnen!)


Sie, Herr Lafontaine, muten nun dem Ministerpräsiden-
ten Hans Eichel zu, obwohl er abgewählt ist, diese
chaotische Steuerpolitik im Bundesrat noch zu verteidi-
gen.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

Das ist nicht nur schäbig, das ist viel schlimmer: Es ist
undemokratisch.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

Das ist nicht legitim. Eine abgewählte Regierung soll
sich aus der Politik heraushalten und die Aufgaben und

Dr. Hermann Otto Solms






(A) (C)



(B) (D)


die Verantwortung an die nachfolgende Regierung über-
geben


(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Das wäre anständig!)


und soll sich nicht in dieser Form in die aktuelle Politik
einmischen. Das ist unakzeptabel, und die Wähler wer-
den es sich merken.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1402504000
Herr Kollege Solms,
gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen von Lar-
cher?


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1402504100
Bitte schön.


Detlev von Larcher (SPD):
Rede ID: ID1402504200
Herr Solms, würden Sie
bitte zur Kenntnis nehmen, daß der Terminplan für die
Beratungen in einem Obleutegespräch interfraktionell
abgesprochen wurde, und zwar längst vor der Hessen-
wahl?


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Ulrich Heinrich [F.D.P.]: Ihr habt doch gar keinen Plan!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1402504300
Aber, Herr
Kollege von Larcher, Sie wissen, es gilt:


(Detlev von Larcher [SPD]: Es gibt ihn schriftlich!)


Nun mach mal einen Plan und sei ein kluges Licht, dann
machste noch ´nen Plan, doch gehen tun sie beide nicht.


(Heiterkeit und Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Sie wissen doch, daß, wenn ein Terminplan nicht ein-
gehalten werden kann – weil es Beratungsbedarf gibt –,
ein neuer Plan gemacht werden muß. Man hält sich doch
nicht an einen Terminplan, ohne sich um die Inhalte zu
kümmern. Das ist doch absurd.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

Auf dem Deckblatt dieses Gesetzentwurfs stehen vier

Ziele. Erstens soll er „einer Verbesserung von Wachstum
und Beschäftigung durch Stärkung der Investitionskraft
der Unternehmen und nachhaltige Belebung der Binnen-
nachfrage“ dienen, zweitens „einer spürbaren Entlastung
von Arbeitnehmern und Familien“, drittens „der Schaf-
fung von mehr Steuergerechtigkeit“ und viertens „einer
Vereinfachung des deutschen Steuerrechts“.

Genau das Gegenteil dessen wird eintreten. In bezug
auf die Steuergerechtigkeit wird es eine Verschlechte-
rung geben, weil unterschiedlich entlastet und belastet
wird; das gilt schon für die Arbeitnehmer. Sie entlasten
unten, aber die Leistungsträger, die Facharbeiter, die In-
genieure, werden so gut wie nicht entlastet. Das gilt
auch für einen Vergleich zwischen Wirtschaft, Arbeit-
nehmern und Leuten, die aus anderen Einkommensarten
Einkünfte erzielen. Die einen werden sehr viel höher be-

steuert; die unternehmerischen Gewinne werden im
Vergleich dazu niedriger besteuert. Das wird und muß
zu Manipulationen führen.

Damit ist auch gleichzeitig die Frage nach der Steu-
ervereinfachung beantwortet: Das Steuerrecht wird
komplizierter, es wird manipulationsanfälliger, es wird
interpretationsbedürftiger. Die Steuerverwaltung wird
zunächst gar nicht wissen, wie sie damit umgehen soll.
Sie haben es ja selbst noch nicht verstanden. Wie sollen
die es denn wissen?


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

Schließlich ist festzuhalten, daß die Entlastung der

Arbeitnehmer unterschiedlich hoch ausfällt, wie ich Ih-
nen gesagt habe. Sie haben gesagt: „Sie werden entla-
stet“; das ist aber nicht der Fall. Insbesondere die Ar-
beitnehmer, die keine Kinder haben, aber gleichwohl
Ökosteuer zahlen müssen, haben von dieser Entlastung
so gut wie gar nichts.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was? Der Rentenund der Krankenversicherungsbeitrag werden gesenkt!)


Wenn Sie schließlich eine Verbesserung von Wachs-
tum und Beschäftigung versprechen: Das ist doch ein-
fach ein Witz. Die Wirtschaft – Mittelstand, kleine Un-
ternehmen, Selbständige, freie Berufe und Großunter-
nehmen – wird erheblich mehr belastet. Wenn Sie, Herr
Lafontaine, vorhin gesagt haben, die mittelständischen
Unternehmen würden um 3 Milliarden DM entlastet,
dann entgegne ich: Das mag ja stimmen; gegenüber
dem, was Sie in Ihrem ursprünglichen Entwurf vorgese-
hen haben, werden sie um 3 Milliarden DM weniger
belastet. In Wirklichkeit werden sie höher belastet, und
zwar bis zum Jahr 2002 ganz sicher. In dieser Zeit gehen
viele Tausende und Zehntausende von Arbeitsplätzen
verloren, weil sich die Voraussetzungen für sie ver-
schlechtert haben. Da nützen Entlastungsankündigungen
für die Zeit danach überhaupt nichts, weil Sie die Ar-
beitsplätze, die weg sind, nicht zurückholen.

Ich will auf die vielen Einzelheiten nicht eingehen. Es
gibt so viele Beispiele, mit denen man das belegen kann.
Ich denke nur an das Problem des Teilwertes und an
den Begriff des dauerhaften Wertverlustes. Wer soll das
denn definieren? Wer hat die Beweislast? Es gibt über-
haupt keine Erfahrung damit. Natürlich wird den Unter-
nehmen die Möglichkeit der Teilwertabschreibung ent-
zogen, es sei denn, sie könnten nachweisen, daß ein
dauerhafter Wertverlust vorliegt, wobei ihnen nicht ge-
sagt wird, wie sie das nachweisen sollen. Das ist absurd,
schafft nur Irritationen und bewirkt einen Einbruch bei
den betroffenen Betrieben.

Ich kann auch noch das Abzinsungsgebot nennen.
Das führt allein bei der Energiewirtschaft zu Belastun-
gen von 25 bis 30 Milliarden DM, bei den Versicherun-
gen zu Belastungen von rund 14 Milliarden DM. Bei
anderen Unternehmen gibt es ebenfalls Belastungen. Sie
werden es ja sehen.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wissen doch, daß das nicht stimmt!)


Dr. Hermann Otto Solms






(B)



(A) (C)



(D)


Dann kann doch der Bundeskanzler den Versicherungs-
unternehmen nicht sagen: Das mag ja so sein; wenn es
dann eingetreten sein wird, werden wir es überprüfen;
dann schauen wir, was wir machen können. – So kann
man verantwortungsvolle Politik in Deutschland nicht
betreiben, und das muß den Menschen gesagt werden.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Bilanz nach 100

Tagen rotgrüner Steuerpolitik ist mehr als ernüchternd;
sie ist erschütternd. Der Dilettantismus, mit dem zu
Werke gegangen wird, macht deutlich, daß ein schlüssi-
ges Konzept fehlt. Ohne ordnungspolitische Orientie-
rung hangelt sich die Koalition von einer Fehlentschei-
dung zur nächsten.

Ich will ein Beispiel zeigen. Wissen Sie, was das ist?

(Der Redner zeigt ein Bündel Umdrucke)


– Das ist nicht der Steuergesetzentwurf. Das ist auch
kein Kommentar dazu. Das sind die Korrekturvorschlä-
ge der Bundesregierung zu ihrem eigenen Gesetzent-
wurf, und zwar teilweise in mehrfacher Form. Ich neh-
me einmal den, den ich obenauf gelegt habe: „Umdruck-
Nr. 01 neu 4“. Was heißt das? Das ist die fünfte Kor-
rektur desselben Sachverhalts innerhalb weniger Wo-
chen. Dies ist noch am Dienstag in einer zusätzlichen
Finanzausschußsitzung vorgelegt worden.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Es ist nicht besser geworden!)


Das ist nicht zu fassen! Kein Mensch durchschaut das
noch. Das ist für alle, die daran beteiligt sind, kaum
noch zu verstehen.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

Uns sind insgesamt über 300 Seiten vorgelegt worden,
wenn man die ausgetauschten Seiten mitrechnet. Das ist
wirklich eine Katastrophe.

Offenkundig hat die Bundesregierung den Überblick
darüber verloren, wie sich die einzelnen Maßnahmen
auswirken, wie sie sich im Zusammenhang auf die Steu-
erpflichtigen auswirken, wie sie sich auf die öffentlichen
Haushalte auswirken. Die Berechnungen über die Aus-
fallwirkungen oder Belastungswirkungen sind reine
Spekulationen. Es sind einfach Annahmen getroffen
worden, auf Grund derer man dann gerechnet hat. Man
hätte genausogut völlig andere Annahmen treffen kön-
nen. Die vorgelegten Berechnungen sind sicher falsch;
die Belastungen für die Wirtschaft sind jedenfalls höher.
Das beweisen die Berechnungen der Betroffenen. Diese
wissen in ihren Bilanzen besser Bescheid als der Bun-
desfinanzminister.


(Detlev von Larcher [SPD]: Ja, ja!)

Die Finanzplanung verliert jegliche Aussagekraft.

Die durch die rotgrüne Koalition geschaffene Verun-
sicherung führt zu Attentismus. Investitionsvorhaben
werden zurückgestellt, Arbeitsplätze gehen verloren –
wir erleben es täglich –, und Betriebsstätten werden ins
Ausland verlegt.


(Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Leider wahr!)


Es wird ein Schaden angerichtet, der in vielen Jahren
nicht wiedergutzumachen ist. Es ist wirklich unverant-
wortlich, was hier geschieht.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, zum Schluß: Art. 65 des

Grundgesetzes sagt im ersten Satz:
Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der
Politik und trägt dafür die Verantwortung.


(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Wo ist er eigentlich?)


– Er mag sicher wichtigen Aufgaben nachgehen. Das
entschuldige ich; dafür habe ich Verständnis.


(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Er ist im Restaurant und trinkt Weißbier!)


Aber wo bleiben die Richtlinien? Wenn offenkundig ist,
daß kein klares Konzept besteht, muß doch einer in die-
sem Verein da sein, der sagt, wo es langgeht. Das ist die
Aufgabe des Bundeskanzlers. Wo bleibt er da?


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

Da nützt noch so geschicktes, mediengerechtes Auftre-
ten in vielen Talk-Shows nichts. Ich muß anerkennend
sagen: Er kann das gut; ich wäre froh, wenn ich es so gut
könnte.


(Detlev von Larcher [SPD]: Das war ehrlich!)

Aber seine Hauptverantwortung liegt woanders. Seine
Hauptverantwortung liegt in seinem Amt als deutscher
Bundeskanzler, für das er vereidigt worden ist. Er hat
die Richtlinien der deutschen Politik zur Wahrung der
Interessen der deutschen Bürger zu bestimmen und hat
das zu verantworten. Er hat sich nicht nur in den vielen
Talk-Shows herumzutummeln.

Deswegen darf ich abschließend in der Sprache der
Medienanstalten fragen: Was nun, Herr Bundeskanzler?


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1402504400
Das Wort hat nun
Kollegin Barbara Höll, PDS-Fraktion.


Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1402504500
Herr Präsident! Liebe Kol-
leginnen und Kollegen! Ein verständliches, transparen-
tes Steuerrecht – so lautete der Anspruch aller Steuerre-
formversuche, die wir hier in den letzten Jahren verhan-
delt haben. Das war auch der Ihrige, meine Damen und
Herren von der Regierung, und dies, so denke ich, aus
gutem Grund. Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht
darauf, daß Gesetze nachvollziehbar sind.

Sie haben insbesondere auf dem Gebiet der wirt-
schaftlichen Gestaltung ihrer Lebensführung das Recht,
in eigener Regie agieren zu können. Langfristige Pla-
nungen, Risikolebensversicherungen, einen Hauskauf
oder einen Bausparvertrag möchte man realisieren kön-
nen, ohne jeweils Geld für Beratung in steuerlichen Fra-
gen ausgeben zu müssen. Dies ist nicht nur ein Gebot
der Rechtsstaatlichkeit, sondern auch ein wesentliches

Dr. Hermann Otto Solms






(A) (C)



(B) (D)


Element sozialer Gerechtigkeit, nicht zuletzt und gerade
auch in der Steuergesetzgebung. Aber die Umsetzung
dieses hehren Anspruchs ist leider wieder einmal ge-
platzt.


(Beifall des Abg. Rolf Kutzmutz [PDS])

Dies konnte bei dem chaotischen Gesetzgebungspro-
zeß, den wir hier seit November vergangenen Jahres er-
lebt haben, auch nicht anders sein.

Nicht einmal zwei Monate nach der Wahl legte die
Regierung einen neuen, umfassenden Entwurf eines
Steuerentlastungsgesetzes vor. Das schnelle Handeln er-
staunte und erfreute die Öffentlichkeit. Scheinbare Ent-
schlossenheit eines neuen Kanzlers kommt immer gut
an. Der Finanzminister stand ihm zur Seite. In jahrelan-
ger Opposition hatten sie ihre Konzepte ja entwickelt.
Aber weit gefehlt: Die Abgeordneten des federführen-
den Ausschusses wurden seit Januar mit 68 Umdrucken
traktiert. Frau Scheel, wenn Sie als Ausschußvorsitzende
behaupten, es sei das Problem der Opposition, wenn sie
in diesem chaotischen Prozeß mit der Arbeit nicht nach-
kommt, so stellen Sie Ihr eigenes Selbstverständnis als
Parlamentarierin unter den Scheffel.

Man muß sich das vorstellen: Beamte des Finanzmi-
nisteriums diktierten uns noch während der Ausschuß-
sitzung Änderungen in die Feder. Wie diese Änderungen
konkret aussahen, wußten auch Sie nicht. Sie haben sie
nicht einmal vorberaten; Sie haben sie auch im Aus-
schuß nicht beraten. Das ist die Realität. Ich meine, hier
ist die Kritik der gesamten Opposition sehr wohl be-
rechtigt gewesen.


(Beifall bei Abgeordneten der PDS und der F.D.P.)


Insbesondere wenn Sie neue Paragraphen einführen,
wie bei § 2b, es aber ablehnen, dazu ein weiteres Ex-
pertengespräch anzuberaumen, ist man erstaunt, noch
dazu nach dem Debakel mit den aktiven und passiven
Einkünften, von denen auch die von Ihnen eingeladenen
Sachverständigen nicht sagten, das sei eine gute Rege-
lung. Sie nahmen sie zurück und legten einen neuen
Vorschlag vor. Den hätte man aber diskutieren müssen.

Die Abstimmung war eigentlich schon am Montag
dieser Woche abgeschlossen. Am Dienstag mußten wir
aber noch einmal beraten. Dieses Gesetzgebungsverfah-
ren verdient wahrlich nicht die Bewertung, geordnet und
sachgerecht zu sein. Es war weder für uns Abgeordnete
noch für die Steuerpflichtigen transparent.

Das Vorgehen der Regierung wirft aber noch ein
zweites nicht zu unterschätzendes Problem auf: Es ist
die Frage des Zeitpunkts, zu dem das Gesetz in Kraft
treten soll; denn im Gegensatz zum Ökosteuergesetz,
welches zum 1. April in Kraft tritt, wird dieses Gesetz
rückwirkend in Kraft treten. Das ist zwar verfassungs-
konform – das will ich nicht in Abrede stellen –, aber für
die Planungssicherheit der Bürger und Bürgerinnen und
auch für die Planungssicherheit der Unternehmen hat
das natürlich maßgebliche Probleme aufgeworfen.

Es stand zur Debatte, die Sanierungsaufwendungen
zu streichen, den Steuerfreibetrag bei der Unterneh-

mensveräußerung zu streichen. So kam es natürlich zu
übereilten Entscheidungen von Bürgerinnen und Bür-
gern und von Unternehmern. Vieles von dem, was zur
Debatte stand, ist nicht umgesetzt worden. Wer also im
Vertrauen auf die Ankündigungen der Regierung gehan-
delt hat, hat Pech gehabt, hat übereilt gehandelt – deren
Problem, nicht Ihres. So kann man keine Steuerpolitik
machen. So werden Sie nicht das notwendige Vertrauen
aufbauen. Es ist eine erhebliche Beeinträchtigung der
Planungssicherheit gewesen, daß die Bürger nach Ge-
setzen handeln mußten, die noch nicht verabschiedet
und veröffentlicht sind.

Meine Damen und Herren von der Regierungskoaliti-
on, der Bundesfinanzminister hat in seiner Rede noch
einmal betont: Sie sind angetreten, um die notwendige
Korrektur der Steuergesetzgebung – das Ergebnis
16jähriger Politik der CDU/CSU-F.D.P.-Regierung –
vorzunehmen. Sie wollten – das haben Sie heute noch
einmal betont – wieder eine Umverteilung von oben
nach unten. Sie wollten eine gerechte Lastenverteilung
von Steuern und Abgaben. Sie wollten die Rückkehr
zum Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit. Darin haben Sie unsere volle Unter-
stützung. Die Entlastung kleiner und mittlerer Einkom-
men von Familien mit Kindern tut mehr denn je not.


(Beifall bei Abgeordneten der PDS)

Sie haben mit Ihren Vorschlägen reale Entlastungen be-
wirkt. Für Ledige mit einem jährlichen Einkommen von
20 000 DM wird es schon in diesem Jahr eine Entla-
stung um 50 Prozent geben, für Verheiratete mit einem
Jahreseinkommen von 30 000 DM sogar eine Entlastung
um 100 Prozent.

Herr Solms, Ihren Einwand, daß die Leistungsträger
nicht betroffen seien, finde ich schon ein bißchen ko-
misch. Wer ein niedriges Einkommen hat, bringt keine
Leistung? Darüber sollten Sie wirklich einmal nachden-
ken.


(Beifall bei der PDS – Zuruf von der F.D.P.: Das hat er doch gar nicht gesagt!)


Trotzdem, Herr Finanzminister, kann ich Sie und die
Regierungskoalition nicht daraus entlassen, daß Sie mit
Ihren Vorschlägen natürlich hinter den Erfordernissen,
die Sie selbst noch in der 13. Legislaturperiode be-
schrieben haben, und hinter den realen Erfordernissen
zurückbleiben. Meine Damen und Herren von der SPD –
in der 13. Legislaturperiode war der jetzige Herr Fi-
nanzminister nicht Mitglied des Bundestages –, Sie for-
derten noch für 1998 ein steuerfreies Existenzminimum
von 14 000 DM.


(V o r s i t z : Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer)

Bündnis 90/Die Grünen forderten 15 000 DM steuerfrei-
es Existenzminimum. Sie forderten ein Kindergeld von
300 DM. Jetzt wollen Sie für das Jahr 2002 gerade ein-
mal eine Anhebung auf 14 000 DM vornehmen. Die alte
Bundesregierung hatte bereits für 1992 gesagt, 12 000
bis 14 000 DM seien das steuerfreie Existenzminimum.
Rechnet man das fort, müßten wir hier über 17 000 DM
und nicht über eine Summe von 14 000 DM reden.


(Beifall bei der PDS)


Dr. Barbara Höll






(B)



(A) (C)



(D)


Sie bleiben mit Ihrem Vorschlag hinter dem verfas-
sungsmäßigen Gebot zurück. Das ist für mich einfach
wieder einmal sozialdemokratisch; es ist zwar sozial ge-
rechter als das, was die CDU/CSU und die F.D.P. ge-
macht haben, aber bei weitem noch nicht sozial gerecht.

Weder das steuerfreie Existenzminimum noch das
Kindergeld sind Sozialleistungen. Das möchte ich noch
einmal betonen; denn auch der Bundeskanzler hat dies
in den letzten Diskussionen hier wieder eingebracht.
Dieses Geld ist keine Manövriermasse, welches dem
Staat je nach Haushaltslage zur Verfügung steht, son-
dern es bestehen verfassungsmäßige Rechte auf dieses
Geld, es sind Teile des Einkommens, deren Schutz vor
dem Staat den Bürgern und Bürgerinnen verfassungs-
mäßig zusteht.

Wir, wie auch zahlreiche Verbände bestärken Sie in
Ihrem Willen, die Verhinderungspolitik der alten kon-
servativen Regierung zu beenden. Herr Finanzminister,
ich habe in Ihrer Rede das Aufzeigen einer wesentlichen
Quelle zur Finanzierung der neuen Familienförderung
eigentlich vermißt. Packen Sie endlich die Individualbe-
steuerung an! Begrenzen Sie das Ehegattensplitting!
Dann haben Sie viel Geld zur Verfügung. Wir fordern
Sie auf: Unternehmen Sie konsequente Schritte der Un-
terstützung des Lebens mit Kindern!


(Beifall bei der PDS)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, so positiv diese

Maßnahmen sind – diese Maßnahmen begründen auch
unsere Enthaltung heute bei der Abstimmung über die-
sen Gesetzentwurf –, so muß ich doch sagen: Sie sind
sehr teuer erkauft.


(Dr. Hermann Otto Solms [F.D.P.]: Stimmen Sie doch dagegen!)


Herr Finanzminister, ich habe sehr wohl gehört, daß Sie
gesagt haben, in den letzten Jahren hätten die Unter-
nehmen eine Entlastung von 50 Milliarden DM erhalten.
Das ist völlig richtig; das wurde immer verschwiegen.
Aber warum senken Sie dann nach Ihrem Gesetzentwurf
die Körperschaftsteuersätze auf einbehaltene Gewinne um
5 Prozent, von 45 auf 40 Prozent? Das ist doch wider-
sprüchlich. Vorhin haben Sie etwas anderes begründet.


(Beifall bei der PDS)

Im Jahr 2000 wollen Sie eine rechtsformunabhängige
Unternehmensbesteuerung mit einem einheitlichen
Steuersatz von 35 Prozent einführen, also insgesamt eine
Senkung um 10 Prozent.

Ursprünglich haben Sie vorgeschlagen, zur Gegenfi-
nanzierung sollten die Unternehmen herangezogen
werden. Das ist richtig. 78 Einzelmaßnahmen waren im
Gespräch. Aber bereits dieser Ansatz der Aufkommens-
neutralität, den Sie ja nicht durchhalten, widerspricht
den Aussagen, die Sie vorhin getroffen haben, daß sich
ertragsstarke Unternehmen in Zukunft wieder stärker an
der Finanzierung des Gemeinwesens beteiligen müssen.
1970 haben diese noch 24 Prozent zum Steueraufkom-
men beigetragen, inzwischen sind es nur noch 7 Prozent.
Das Prinzip der Aufkommensneutralität kann da nicht
funktionieren.

Sie haben vorhin richtig gesagt: Das, was bisher an
Steuersenkungen für Unternehmen erfolgte, hat nicht
dazu geführt, daß automatisch Arbeitsplätze geschaffen
wurden. Gerade kleine Unternehmen wurden zusätzlich
betroffen, weil sie von den anvisierten Steuersenkungen
nichts hatten und nach Ihren Vorschlägen auch nichts
haben, denn sie zahlen oftmals keine Steuern. Wie ist es
denn in den neuen Bundesländern? Da wäre eine Stär-
kung der Eigenkapitaldecke notwendig. Die brauchen
hier andere Maßnahmen. Um beim Steuerrecht zu blei-
ben: Wir schlagen Ihnen eine massive Erhöhung des
Grundfreibetrages und die sofortige Senkung des Ein-
gangssteuersatzes vor. Das würde tatsächlich kleinen
und mittelständischen Unternehmen helfen.


(Beifall bei der PDS)

Hinzu kommt – das muß man in aller Deutlichkeit

sagen –, daß die vorgesehenen Streichungen bei der
Bemessungsgrundlage willkürlich waren und sind.
Auch hier müssen Sie sich dem Vorwurf stellen, daß die
Undifferenziertheit wieder kleine und mittelständische
Unternehmen sehr stark trifft. Zwei Beispiele. Sie haben
jetzt den Vorsteuerabzug für betrieblich und privat ge-
nutzte Pkw bei Selbständigen pauschal auf 50 Prozent
begrenzt. Das heißt, Sie nehmen den Selbständigen, die
Möglichkeit mit einem Fahrtenbuch nachzuweisen, daß
sie betrieblich mehr als 50 Prozent mit ihrem Fahrzeug
unterwegs sind. Die scheinbare Regelung, daß man ei-
nen Vorteil begrenzt, ist so undifferenziert, daß Freibe-
rufler und Selbständige wieder unverhältnismäßig stark
betroffen werden.

Das zweite Beispiel, das man unbedingt erwähnen
muß, ist die Mindestbesteuerung. Herr Lafontaine,
nachdem aktive und passive Einkünfte vom Tisch sind –
das begrüße ich sehr –, hatten Sie das Ziel, die über-
schäumende Ausnutzung von steuerlichen Subventionen
zu begrenzen. Dazu muß ich ganz klar sagen, meine
Damen und Herren von der Regierungskoaltion: Die
SPD hat doch genau diese legalen Steuersparmodelle
jahrelang im Bundestag mitgetragen. Bei der Diskussion
im Jahre 1997 über die Werften waren Sie es, die gegen
die CDU/CSU dafür gekämpft haben, daß die Steuer-
sparmodelle erhalten bleiben. Vorher trugen Sie die pau-
schalen Modelle mit, und jetzt wollen Sie sie pauschal
qualifizieren. Beides kann nicht funktionieren.

Wir haben von Anfang an im Bundestag gesagt: In-
strumente wie die steuerliche Subvention können etwas
bringen. Man kann sich dafür entscheiden, aber nur un-
ter klaren Rahmenbedingungen, also Schaffung von Ar-
beitsplätzen und nicht die Förderung des Luxuswoh-
nungsbaus und des Büroleerstands in den neuen Bun-
desländern, den wir überhaupt nicht brauchen. Man muß
mit den Instrumenten zielgenau arbeiten.

Mit der Mindestbesteuerung, Herr Lafontaine, haben
Sie das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Im Ergebnis
eines äußerst komplizierten Konstruktes haben Sie es
geschafft, daß die Gefahr besteht, daß Verluste aus rea-
ler Wertminderung, die die Leistungsfähigkeit der Steu-
erpflichtigen tatsächlich beeinträchtigen, nicht mehr
geltend gemacht werden können. Das kann doch nicht
Zielstellung einer sinnvollen Steuerpolitik sein. Die

Dr. Barbara Höll






(A) (C)



(B) (D)


Verliebtheit in die Mindestbesteuerung, Herr Lafontaine,
hat Sie davon abgehalten, das Urteil der Sachverständi-
gen zur Kenntnis zu nehmen.

Man muß auch sagen: Sie haben das Steuerrecht da-
mit komplizierter gemacht. Sie konnten keine Antwort
darauf geben, inwieweit dadurch Arbeitsplätze vernich-
tet werden. Das ist noch nicht absehbar. Wir wissen
nicht, ob die Lobbyverbände in vollem Umfang recht
haben oder nicht. Dabei veranschlagen Sie lediglich eine
Steuermehreinnahme in Höhe von nicht einmal 1 Milli-
arde DM pro Jahr. In diesem Zusammenhang verstehe
ich nicht, daß Sie dafür so viele Risiken in Kauf neh-
men.

Wir schlagen Ihnen vor: Seien Sie konsequent, schaf-
fen Sie die Steuersparmodelle richtig ab! Das wäre der
konsequente und einfache Weg. Die Sachverständigen,
darunter Professor Bareis, haben Ihnen das vorgeschla-
gen. Streichen Sie zum Beispiel die degressive Ab-
schreibung, die vor allem ertragsstarken Unternehmen
dient. Wandeln Sie die steuerliche Förderung in eine di-
rekte Förderung um! Das wäre nämlich im Sinne der
Existenzgründer sowie der kleinen und mittelständi-
schen Unternehmen. Die PDS hat ihre Vorschläge dazu
vorgelegt. Überlegen Sie sich für spezielle Bereiche wie
zum Beispiel die Filmindustrie auch spezielle Regelun-
gen. Ich halte das für sehr notwendig.

Im Verlauf der parlamentarischen Behandlung des
Gesetzentwurfes wurden auf Druck von Wirtschafts-
und Lobbyverbänden bis heute zahlreiche – darunter
auch gerechtfertigte – Streichungen und Begrenzungen
steuerlicher Subventionen wieder zurückgenommen.
Hier erhalten Sie scharfe Kritik. Im Klartext heißt das:
Bei den Unternehmen gibt es jetzt nicht mehr die von
Ihnen angestrebte Aufkommensneutralität, sondern sie
werden überproportional entlastet. Frau Scheel hat ge-
sagt: Die Nettoentlastung ist um ein Drittel höher als ge-
plant. Die höhere Nettoentlastung ist aber nichts anderes
als das Nachgeben gegenüber dem großen Druck der
Wirtschafts- und Lobbyverbände. Dem hätten Sie stand-
halten müssen.

Auf die öffentlichen Haushalte hat all das verheeren-
de Auswirkungen. Das wurde vorhin bereits angespro-
chen; die Antwort von Frau Scheel war unbefriedigend.
Auch wenn Sie Ihr Gesetz am 19. März durch den Bun-
desrat bringen werden, vermisse ich die Phalanx Ihrer
Landesfinanzminister, die in voller Stärke hinter Ihrem
Gesetzentwurf stehen.


(Beifall bei Abgeordneten der PDS)

Es werden weitere Löcher in den Haushalt gerissen.

Die Kommunen und die Länder werden belastet werden.
Herr Lafontaine, dazu muß ich Sie wirklich etwas fra-
gen. Sie haben vorhin ebenso wie in der letzten Woche
gesagt, Sie wollen die Umverteilung. Warum ist Ihnen in
dieser Situation die Senkung des Spitzensteuersatzes 4
Milliarden DM wert? Die Frage sollten Sie hier beant-
worten. Solange Sie diese Frage nicht beantwortet ha-
ben, sind Ihre anderen Äußerungen nicht glaubwürdig.

Solange Sie hier kein klares Bekenntnis zu einer
wirklichen Umverteilung abgeben, wird es natürlich

weitere Spekulationen über die Mehrwertsteuererhöhung
geben. Eine solche Steuererhöhung aber würde bedeu-
ten, daß doch nicht nach der wirtschaftlichen Leistungs-
fähigkeit, sondern nach dem Verbrauch besteuert wird,
und stellte im Endeffekt wiederum eine Belastung der
Familien und der Bezieher kleiner und mittlerer Ein-
kommen dar.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1402504600
Frau Kollegin,
denken Sie bitte daran, daß Ihre Redezeit abgelaufen ist.


Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1402504700
Frau Präsidentin, ein letzter
Satz.

Über Haushaltseinsparungen werden Sie Ihr Ziel auch
nicht erreichen können, denn sie bedeuten zumeist auch
Einschränkungen von Dienstleistungen der öffentlichen
Hand für diejenigen Bürgerinnen und Bürger, die darauf
angewiesen sind.

In diesem Sinne enthält sich die PDS zu diesem wi-
dersprüchlichen Gesetz der Stimme, um zu dokumentie-
ren, daß Sie an bestimmten Punkten in die richtige
Richtung gehen, an anderen aber leider nicht.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei der PDS)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1402504800
Zu einer Kurz-
intervention erhält jetzt der Abgeordnete Haupt das
Wort.


Klaus Haupt (FDP):
Rede ID: ID1402504900
Frau Dr. Höll, ich war schon
erstaunt, daß Sie als Vertreterin einer Partei, die doch
angetreten ist, ostdeutsche Interessen zu vertreten, kein
Wort zu den Arbeitsplätzen in der ostdeutschen
Braunkohleindustrie gesagt haben.

Meine Damen und Herren, was sich so harmlos und
technokratisch „Abzinsungsgebot für Rückstellungen für
Sachleistungsverpflichtungen“ nennt, wäre im realen
Leben, wenn es heute so beschlossen würde, verheerend.
Darauf hat Herr Merz heute schon zu Recht hingewie-
sen. Manches wird klarer, wenn man es mit einem kon-
kreten Beispiel belegt.

Ich komme aus einer Region, die durch Braunkohle-
bergbau geprägt ist, der Lausitz. Hier sind nach der
Wende im Fließbandverfahren Arbeitsplätze abgeschafft
worden. Von früher 70 000 Arbeitnehmern sind heute
nur noch 7 000 beschäftigt. Ich komme aus der damals
so genannten Energie- und Bergarbeiterstadt Hoyers-
werda. Heute gibt es dort mit 28 Prozent die höchste Ar-
beitslosigkeit in Deutschland. Mit Blick darauf, daß die
Bürger jetzt erst richtig begreifen, was auf sie zukommt
und wie hier Arbeitsplätze vernichtet werden, bin ich
schon sehr verwundert darüber, daß der Staatsminister
für ostdeutsche Belange nicht vehement die Alarmglok-
ken schrillen ließ.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)


Dr. Barbara Höll






(B)



(A) (C)



(D)


Die Braunkohle hat als subventionsfreier Energieträ-
ger nach der Wende mühsam den Wettbewerb geschafft;
ich erinnere nur an die Stichworte Privatisierung und
Liberalisierung der Energiemärkte. Jetzt kommt ein An-
schlag auf diese Industrie, der nichts anderes bedeutet,
als daß Arbeitsplätze verlorengehen werden. Ich sage
Ihnen, meine Damen und Herren: Rekultivierung im
Osten bedeutet nicht, daß nur die Landschaft schöner
wird. Vielmehr ist Rekultivierung die Voraussetzung da-
für, daß überhaupt Strukturwandel stattfinden kann, und
der ist jetzt gefährdet. Das hat nichts mit Wirtschafts-
lobbyismus zu tun. Ich bin bekennender Lobbyist für
meine Region und für ostdeutsche Interessen.


(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wenn die Wettbewerbsfähigkeit der ostdeutschen
Braunkohle in strukturschwachen Regionen so gefährdet
wird, dann werden weiterhin Arbeitsplätze vernichtet.
Als negativer Synergieeffekt stellt sich dann auch eine
Bedrohung des Mittelstandes ein. Diese Verrücktheit
gehört gebremst.

Wenn Sie schon dieses Steuerentlastungspaket nicht
ablehnen wollen, weil Sie nicht über Ihren Schatten
springen können, dann bitte ich Sie, vor allen Dingen die
Kolleginnen und Kollegen aus den neuen Ländern, ganz
herzlich, unserem Entschließungsantrag zuzustimmen,
der die Kohle aus diesem Abzinsungsgebot herausnimmt
und damit das Problem wenigstens entschärfen würde.
So lange darf keine Ruhe sein.

Danke.

(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordne ten der CDU/CSU)



Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1402505000
Herr Kollege, man nimmt
in einer Kurzintervention ja auf etwas Bezug, was auch
gesagt wurde. Ich habe davon in der Tat nicht gespro-
chen, weil meine Redezeit begrenzt war. Ich versichere,
daß wir uns hinsichtlich Ihrer Ausführungen zur Braun-
kohle in Übereinstimmung befinden. Ich bedanke mich,
daß Sie mich hier ergänzt haben. Auch wird vielleicht
noch der Finanzminister aus Sachsen zu diesem Problem
etwas anmerken. Es wird Ihnen auch nicht entgangen
sein, daß ich in meiner Rede darzulegen versucht habe,
daß ich viele Maßnahmen, die im Steuerentlastungsge-
setz enthalten sind, begrüße, aber auch sehr viele kriti-
siere. Allerdings konnte ich nicht das gesamte Spektrum
bedienen.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1402505100
Das Wort hat
jetzt der Abgeordnete Detlev von Larcher.


Detlev von Larcher (SPD):
Rede ID: ID1402505200
Frau Präsidentin! Meine
sehr geehrten Damen und Herren! Auch dieses Ge-
setz steht unter unserem Motto „Versprochen und ge-
halten“.


(Beifall bei der SPD – Lachen bei der CDU/CSU und der F.D.P.)


Ein Plebiszit über die Steuerreform sollte die Bundes-
tagswahl werden. So wollte es Herr Dr. Helmut Kohl.
Bei diesem Plebiszit haben sich die Menschen für unsere
Steuerreform entschieden,


(Lachen bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Das Plebiszit war in Hessen!)


die Arbeitnehmer und Familien entlastet. Die SPD hat das
versprochen, jetzt lösen wir unser Versprechen ein. Eine
Arbeitnehmerfamilie mit zwei Kindern und einem durch-
schnittlichen Einkommen hat deshalb bereits in diesem
Jahr 1 200 DM mehr zur Verfügung; im Jahr 2002 wird
die Entlastung auf 2 700 DM ansteigen – versprochen und
gehalten!

Herr Merz, für Sie als Vertreter der CDU ist es ty-
pisch, daß Sie zwar immer über Großkonzerne und über
die Versicherungswirtschaft geredet haben, aber kein
Wort zu Familien, kein Wort zu Arbeitnehmern und kein
Wort zu Normalverdienern gesagt haben.


(Beifall bei der SPD)

In den 16 Jahren der Regierung Kohl gab es immer

neue Steuergeschenke an Großunternehmen und Spit-
zenverdiener. Die mittelständische Wirtschaft, ganz be-
sonders aber die Arbeitnehmer und die Familien mußten
dafür bluten. Die Steuerbelastung der Einkommen aus
Unternehmertätigkeit und Vermögen hat sich seit 1982
von 30 Prozent auf heute noch etwa 15 Prozent halbiert,
während die Steuer- und Abgabenbelastung der Arbeit-
nehmereinkommen im gleichen Zeitraum von 30 Pro-
zent auf 37 Prozent gestiegen ist.

Wir haben den Entwurf für ein Steuerentlastungsgesetz
unmittelbar nach der Konstituierung des 14. Deutschen
Bundestages eingebracht und eingehend beraten. Er war
in 13 der bisher 21 Sitzungen des Finanzausschusses Be-
ratungsgegenstand. Allein über den § 2 b EStG wurde in
zwei Sitzungen insgesamt fünf Stunden lang beraten. Wir
haben uns für die vielen komplizierten Einzelfragen bei
der Verbreiterung der Bemessungsgrundlage ausreichend
Zeit genommen. Die ursprünglich für zwei Tage geplante
Sachverständigenanhörung im Dezember wurde noch um
einen dritten Tag im Januar ergänzt, um alle Fragen an-
gemessen behandeln zu können. Die Forderung der Op-
positionsfraktionen nach einer weiteren Anhörung zum
Steuerentlastungsgesetz war deshalb unbegründet.

Aus gutem Grund gewährt unsere Geschäftsordnung
auch Minderheiten umfassende Rechte, wie zum Bei-
spiel das Recht, eine Anhörung zu verlangen. Wir neh-
men es aber nicht hin, wenn diese Minderheitenrechte
aus rein taktischen Gründen überstrapaziert werden sol-
len.


(Peter Rauen [CDU/CSU]: Bösartige Unterstellung!)


Anhörungen dienen der Einbeziehung von Sachverstand
von außen. Sie sind kein Mittel zur Verzögerung der
parlamentarischen Beratungen.


(Beifall bei der SPD – Dr. Hermann Otto Solms [F.D.P.]: Sie wollen doch keinen Sachverstand!)


Klaus Haupt






(A) (C)



(B) (D)


Sie, meine Damen und Herren von den C-Parteien
und der F.D.P., müssen Opposition noch lernen. Wie
schön wäre es, eine ernstzunehmende Opposition im Fi-
nanzausschuß zu haben.


(Lachen bei der CDU/CSU)

Kein einziger inhaltlicher Änderungsantrag im Aus-
schuß, also dort, wo die Arbeit des Parlaments stattfin-
det! Dafür Geschäftsordnungsdebatten, Filibustern, Zeit
schinden, mit Obstruktion über die Zeit kommen, um
uns das Zeitfenster zuzumachen! Die PDS hat Ihnen da-
bei nach Kräften geholfen. Aber Sie sehen: Ihre Ob-
struktionsversuche sind erfolglos; beide Gesetze – Öko-
steuer gestern und Steuerentlastungsgesetz heute – pas-
sieren pünktlich den Bundestag.


(Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Das ist auch der einzige Erfolg, den Sie haben!)


Anhörung heißt, Sachverstand von außen zu hören.
Wir haben uns in einigen Punkten davon überzeugen
lassen, daß der ursprüngliche Gesetzentwurf noch ver-
bessert werden konnte. Wir nehmen begründete Ein-
wände gerne auf.


(Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Das können Sie jetzt machen!)


Ich wundere mich ein bißchen, daß Sie dann mit einem
hämischen Unterton über Nachbesserungen reden. Wür-
den wir nichts verändern, könnte man uns mit Recht
vorwerfen, wir wären beratungsresistent.


(Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Sehr wahr!)

Also haben wir Konsequenzen aus der Anhörung dort
gezogen, wo es geboten war. Die Bereitschaft, etwas da-
zuzulernen, habe ich in der vergangenen Wahlperiode
bei Ihnen allerdings oft vermißt.


(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie jetzt über Änderungen reden, bei denen Sie

nicht durchsteigen, dann darf ich Sie vielleicht daran
erinnern, daß Sie 1994 das Einkommensteuergesetz
zwölfmal verändert haben. Zwölfmal in einem Jahr!


(Gisela Frick [F.D.P.]: Aber nicht innerhalb eines Tages, Herr von Larcher!)


Zwei der Konsequenzen, die wir gezogen haben, will
ich ansprechen. Ein Ergebnis der Anhörung ist die
Neuformulierung zur Teilwertabschreibung. Mit der
jetzt gefundenen Regelung ist sichergestellt, daß dauer-
hafte Wertminderungen auch weiterhin steuerlich be-
rücksichtigt werden können. Abschläge für saisonab-
hängige Waren im Einzelhandel sind damit weiterhin
möglich. Auch Buchhändler und Verlage können schwer
verkäufliche Bestände weiterhin niedriger bewerten.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das stimmt doch nicht!)


Gleichzeitig wird mit der Beschränkung auf dauerhafte
Wertminderung und mit dem Wertaufholungsgebot aber
ausgeschlossen, daß völlig irreale Wertansätze in den
Steuerbilanzen auftauchen, beispielsweise daß das ge-
genwärtige niedrige Ölpreisniveau faktisch unbegrenzt
in die Zukunft fortgeschrieben werden kann.

Im übrigen, Herr Merz, Sie haben versucht, sich
Scheinkompetenz anzueignen.


(Lachen bei der CDU/CSU)

Sie haben über das Wertaufholungsgebot gesprochen
und behauptet, Sie hätten das damals begrenzt. Sie
müßten nur auf Seite 33 der Vorschläge der Steuerre-
formkommission nachgucken; denn da steht: „Wert-
aufholung nach Teilwertabschreibung auf den höhe-
ren Teilwert ... ohne jede Begrenzung.“ In Ihrem Ge-
setzentwurf war ebenfalls keine zeitliche Begren-
zung enthalten. Aber hier spielen Sie den großen Fach-
mann.


(Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern?)


Eine weitere Änderung betrifft die Mindestbesteue-
rung. Sie war der Schwerpunkt der Angriffe vor allem
der Steuersparkünstler. Es gibt ab heute zwei Rege-
lungen, die einander ergänzen und verhindern werden,
daß sich die Spitzenverdiener durch die Nutzung von
Steuerschlupflöchern weiterhin arm rechnen und ihre
Steuerlast auf Null senken.

Die in der vergangenen Woche im „Handelsblatt“
und anderen Blättern geschaltete ganzseitige Anzeige
gegen den neuen § 2 b verdeutlicht, wie richtig wir lie-
gen. Die Branche hat erkannt, welche Vorteile für sie
künftig wegfallen, die der durchschnittliche Steuerzahler
bisher finanzieren mußte.


(Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Dahinter sind Arbeitsplätze! Da ist die Bauwirtschaft betroffen!)


Dabei hatte der Initiator der Anzeige, der hinlänglich
bekannte „Markt-Intern“-Verlag, zwecks Vortäuschung
von – nicht vorhandener – Seriosität keine Skrupel, auch
Firmenlogos von Unternehmen zu verwenden, die von
der Anzeige nichts wußten. Der Vorstand der Westdeut-
schen Immobilienbank, dessen Fondsgesellschaft auch
als Unterzeichner genannt wird, hat sich in einem
Schreiben an alle Mitglieder des Finanzausschusses aus-
drücklich von der Anzeigenaktion distanziert. Er hätte
weder vom äußeren Erscheinungsbild noch vom Inhalt
her eine Zustimmung erteilt. Das verdeutlicht um so
mehr, wie unglaubhaft diese Kampagne und wie richtig
unsere heutige Entscheidung ist.


(Beifall bei der SPD – Dr. Hermann Otto Solms [F.D.P.]: Rauschender Beifall von sieben SPD-Abgeordneten!)


Wie ist jetzt die Reaktion des „Markt-Intern“-
Verlags? Ich zitiere:

Der massive und konzentrierte Einsatz hat sich be-
reits jetzt gelohnt. Weihnachten ist zwar nicht in
den Sommer gefallen, aber Silvester auf den 4.
März. Bis zu diesem Tag ist jetzt Jahresendge-
schäft. Flotte Initiatoren haben jetzt noch die Chan-
ce, bereits aufgelegte Fonds zu plazieren. Finanz-
dienstleister müssen die verbleibenden Tage unbe-
dingt nutzen und ihren Kunden die letzten Steuer-
sparmöglichkeiten eröffnen.

Detlev von Larcher






(B)



(A) (C)



(D)


Wenn ich mir die Pressionsversuche der Steuerspar-
künstler vergegenwärtige, vor allem auch die Prospekte,
mit denen sie auf Kundenfang gehen – ich wollte ei-
gentlich ein bißchen daraus vortragen; das lasse ich jetzt
aber –,


(Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Das ist besser!)


vor Augen halte, dann muß ich sagen: Es ist für viele
Deutsche offenbar wichtiger, Steuern zu sparen, als ei-
nen Orgasmus zu haben.


(Zurufe von der PDS: Oh!)

Der Sexualtrieb muß dem Steuerspartrieb den Platz eins
überlassen.


(Dr. Uwe-Jens Rössel [PDS]: Wo sind wir denn hier?)


Aber ab morgen ist Schluß mit der Errichtung weiterer
Investitionsruinen, die vorrangig aus steuerlichen Grün-
den entstehen.


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Ist der besoffen?)


Ab morgen wird es in Deutschland eine neue Finanzie-
rungskultur geben. Investitionen werden sich zukünftig
daran orientieren, ob sie wirtschaftlich sinnvoll sind, und
nicht an den erzielbaren Steuerersparnissen.


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Zitieren Sie oder sind Sie besoffen?)


Die insgesamt günstigen Abschreibungen und damit die
günstigen Investitionsbedingungen des deutschen Steu-
errechts bleiben allerdings erhalten.

Mit den Regelungen zum Verlustausgleich wird es
steuerlich unattraktiv, systematische Verluste in großem
Umfang zu erwirtschaften. Der Steuerzahler, über den
das „Handelsblatt“ vom 19. August 1997 berichtet, hätte
womöglich 76 Jahre gebraucht, um alle seine Verluste
auszugleichen. Dieser Steuerzahler, der – ich zitiere aus
dem „Handelsblatt“ – 1994 4,3 Millionen DM verdiente,
investierte 13,6 Millionen DM in eine Mietwohnanlage
in den neuen Bundesländern. Der daraus zugerechnete
Verlust von 6,1 Millionen DM senkte seine Einkom-
mensteuer für dieses Jahr auf Null. Zudem erhielt er in-
folge eines Verlustrücktrages die für 1992 und 1993 ge-
zahlten Steuern in vollem Umfang zurück. Da der Mann
im Veranlagungsjahr 1994 auch noch negative Ein-
künfte aus einer Schiffahrtsbeteiligung und von einer
Verlustzuweisungsgesellschaft von 1,5 Millionen DM
erzielte, kann er für die Folgejahre noch einen Verlust-
vortrag geltend machen, der seine Steuern entscheidend
mindern wird.

Ich finde, es ist eine gute Nachricht für Arbeitnehmer,
die ihre Lohnsteuer zwangsabgeführt bekommen, und
für alle ehrlichen Steuerzahler, daß wir diese schreiende
Ungerechtigkeit unseres Steuersystems beseitigen; denn
die Arbeitnehmer waren es doch, die die Gestaltungs-
künstler aushalten mußten.

Wir haben Ernst gemacht mit dem Prinzip Verbrei-
terung der Bemessungsgrundlage und Senkung der
Steuersätze. Dieses Prinzip war ja schon in den letzten

Jahren ein Leitmotiv der Diskussion über die Steuerre-
form. Jetzt aber zeigt sich: Viele, die von diesem Prinzip
geredet haben, haben es ganz anders gemeint. Sie haben
nämlich gemeint: Tarifsenkung für mich, Verbreiterung
der Bemessungsgrundlage allenfalls für die anderen.


(Beifall bei der SPD)

Nahezu jede einzelne Maßnahme zur Verbreiterung

der Bemessungsgrundlage in unserem Entwurf für ein
Steuerentlastungsgesetz ist jeweils von anderen Interes-
senten heftig angegriffen worden. Nahezu jede einzelne
Maßnahme wurde zum Dolchstoß hochstilisiert, der den
Untergang der gesamten deutschen Wirtschaft zur Folge
haben würde. Wenn ich hochrechne, was verschiedene
Unternehmen und Verbände angeblich an zusätzlichen
Belastungen zu erwarten haben – das will ich zu den
Interessenten sagen, Herr Solms –, dann komme ich
leicht auf mehrere hundert Milliarden DM. Herr Fi-
nanzminister, Sie könnten glücklich sein, denn dann
hätten Sie nie mehr Sorgen mit dem Haushalt.


(Beifall bei der SPD)

Tatsächlich geht es hier aber um ein Gegenfinanzie-

rungsvolumen von rund 30 Milliarden DM. Das sind
3,5 Prozent der empirisch feststellbaren Einkommen aus
Unternehmertätigkeit und –vermögen. Durch die deutli-
che Senkung des Körperschaftsteuersatzes und des Spit-
zensteuersatzes auf gewerbliche Einkünfte wird der
größte Teil an die Unternehmen zurückgegeben.

Ich kann gut verstehen, daß sich die Unternehmens-
verbände für ihre spezifischen Interessen einsetzen. Daß
wir im Verlauf der Beratungen ein Feedback aus der
Wirtschaft und der Bevölkerung erhalten, ist notwendig
für eine erfolgreiche Gesetzgebungsarbeit. Aber einige
schießen dabei doch weit über das Ziel hinaus. Deshalb
erwarte ich, daß diese Interessenvertreter verstehen, daß
wir nicht jedem Wehklagen nachgeben können.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wenn man zweimal hinschaut und ein bißchen nach-

denkt, stellt man fest: So dramatisch, wie es dargestellt
wird, wirken sich die Änderungen nicht aus. Die Versi-
cherungsunternehmen wollen uns beispielsweise weis-
machen, durch einige Neuregelungen im Bereich der
Rückstellungsbildung müßten sie zukünftig mehr Steu-
ern zahlen, als sie Gewinne erwirtschaften. Wer ein biß-
chen nachdenkt, weiß, daß dies bei einer Ertragsteuer
absurd ist.

Die Opposition behauptet wider besseres Wissen un-
ter anderem auch, der Mittelstand sei Leidtragender.


(Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Stimmt ja auch!)


Der Herr Finanzminister hat schon mit Blick auf das
Gutachten des Ifo-Instituts darauf hingewiesen, daß 3,5
Milliarden DM Mittelstandsentlastung in unserem Ge-
setzpaket enthalten sind. Sie können doch lesen!

Ich fasse zusammen: Mit dem Steuerentlastungsge-
setz kommt endlich die längst überfällige Trendwende in
der Steuerpolitik.


(Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Auf dem Arbeitsmarkt!)


Detlev von Larcher






(A) (C)



(B) (D)


Nachdem 16 Jahre lang Arbeitnehmer und Familien
immer stärker belastet wurden, werden sie jetzt deutlich
entlastet. Auch mittelständische Unternehmen können
sich freuen. Sie werden ebenfalls deutlich um über
3,5 Milliarden DM entlastet.


(Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Zuerst belasten und dann entlasten!)


Großunternehmen und Spitzenverdiener werden endlich
wieder einen angemessen Beitrag zur Finanzierung öf-
fentlicher Aufgaben leisten müssen.

Das Gesetz ist ein wichtiger Beitrag zu mehr Steuer-
gerechtigkeit und zur Besteuerung nach Leistungsfähig-
keit.


(Beifall bei der SPD – Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Und zur Vernichtung von Arbeitsplätzen!)


Es verdient eine breite parlamentarische Mehrheit.

(Lachen des Abg. Hans-Peter Repnik [CDU/CSU])

Daß die vereinigte Opposition aus CDU/CSU, F.D.P.
und PDS keinen konstruktiven Beitrag zu diesem wich-
tigen Gesetz geleistet hat


(Dr. Barbara Höll [PDS]: Stimmt doch überhaupt nicht!)


und ihm heute ihre Zustimmung verweigert, wird ihr
noch leid tun.

Die Koalition wird diesem Gesetz in zweiter und
dritter Lesung einmütig ihre Zustimmung geben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Rauschender Beifall von einigen Abgeordneten der SPD!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1402505300
Das Wort hat
jetzt der Abgeordnete Hansgeorg Hauser.


Hansgeorg Hauser (CSU):
Rede ID: ID1402505400

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Her-
ren! Der heute abschließend zu beratende Gesetzentwurf
entspricht in seiner Entstehungsgeschichte und in der
nachfolgenden Behandlung voll den chaotischen und
dilettantischen Vorgehensweisen dieser rotgrünen Re-
gierungstruppe.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Es begann, lieber Herr Minister, mit einer geheimen

Kommandosache bei Ihnen in der Baracke, wo eine
kleine Gruppe eine Reihe von Veränderungen ausgear-
beitet hat. Ich habe den Eindruck, daß dort Ärgernisse
aus den Betriebsprüfungen der Finanzverwaltung aufge-
listet wurden. Danach trat ein Verschönerungsverein
auf, der die Änderungen mit wohlklingenden Zielvor-
stellungen verpackte, die aber mit dem Inhalt des Ge-
setzentwurfs überhaupt nichts zu tun hatten. Anschlie-
ßend traten die Strategen auf den Plan, die das Gesetz in
Vorschaltgesetze und Hauptteil gliederten, um be-

stimmte Wohltaten noch als Weihnachtsgeschenk ver-
teilen zu können. Als nächstes mußte die Reparaturab-
teilung antreten, die zu einem Runderneuerungsschlag
ausholte, weil der Entwurf in den Anhörungen verrissen
wurde.


(Zuruf von der CDU/CSU: Ja!)

Sie legte mehrere Pakete Änderungsumdrucke mit meh-
reren hundert Seiten vor, die durch Tischvorlagen mit
neuen Änderungen der geänderten Änderungen ergänzt
wurden.


(Detlev von Larcher [SPD]: Da haben Sie ja gute Erfahrungen als Staatssekretär!)


Zwischendurch hielten verschiedene Beschwichtigungs-
künstler, angefangen beim Kanzler über den Finanzmi-
nister bis hin zur Vorsitzenden des Finanzausschusses
und zu anderen Kollegen, die aufgebrachte Wirtschaft
und das staunende Volk mit großzügigen Beteuerungen
bei Laune, daß doch alles nachgebessert werde und sie
im übrigen nur das Beste wollten.

Das letzte Beispiel dafür haben wir gestern erlebt, als
man der Versicherungsbranche zugesichert hat, daß
man möglicherweise Korrekturen anbringen werde und
sich auf die Belastungen beschränken werde, die das
Ministerium ausgewiesen hat. Was ist das für eine Ge-
setzgebung, in deren Rahmen einzelne Branchen Entla-
stungen noch mit dem Ministerium aushandeln und ver-
sprochen bekommen? – Jeder muß sich offensichtlich
seine ihn betreffenden gesetzlichen Bestimmungen sel-
ber abholen. Im Gesetz steht davon nichts. Deswegen
bringen wir dazu einen Änderungsantrag ein, im dem es
klipp und klar heißt:

Rückstellungen für Geldleistungsverpflichtungen
sind nach der Maßgabe des § 12 Abs. 3 des Be-
wertungsgesetzes abzuzinsen.

Das ist eine gesetzliche Grundlage und kein leeres
Versprechen des Kanzlers.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Der Kollege Müller von den Grünen spricht von

einem lernenden Gesetzgeber. Ich stelle fest: Trotz
„learning by doing“ war alles vergebens.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1402505500
Herr Kollege,
gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Scheel?


Hansgeorg Hauser (CSU):
Rede ID: ID1402505600

Ja, bitte.


Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1402505700

Herr Hauser, ich habe eine ganz kurze Frage. Auch Sie
haben jetzt wieder die Versicherungswirtschaft ange-
sprochen. Ich erinnere mich gut an den Gesetzentwurf
der alten Regierung, den Sie damals als Staatssekretär
mitgetragen haben. Auch damals ging es darum, daß
man die Rückstellungen in der Versicherungswirtschaft
realitätsnäher bewerten wollte. Es war damals ein Fi-

Detlev von Larcher






(B)



(A) (C)



(D)


nanzvolumen von 2,8 Milliarden DM angesetzt. Wir ha-
ben jetzt ein Finanzvolumen von insgesamt 3 Milliarden
DM vorgesehen. Haben Sie nicht den Eindruck, daß es
etwas eigenartig ist, daß die Versicherungsbranche da-
mals geschwiegen hat und heute, wenn es im Prinzip um
das gleiche Ziel geht, bei der rotgrünen Regierung auf-
schreit?


(Zustimmung beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: So ist es!)



Hansgeorg Hauser (CSU):
Rede ID: ID1402505800

Liebe Frau Kollegin Scheel, ich bin Ihnen sehr dankbar,
daß Sie danch fragen. Das gibt mir nämlich die Gele-
genheit dazu, darzustellen, daß auch wir mit den Ver-
tretern der Versicherungswirtschaft diskutiert haben.
Das ist durchaus richtig. Es gab auch bei uns Vorstel-
lungen darüber, wie die Rückstellungen eingeschränkt
werden sollten. Sie haben die Größenordnungen er-
wähnt: Laut Ihrer jetzigen Aussage beträgt die Höhe der
Rückstellungen 8,75 Milliarden DM. Die Versiche-
rungswirtschaft ist bei ihren Berechnungen von 14 Mil-
liarden DM ausgegangen, nachdem ein Teil herausge-
nommen worden war. Die Versicherungswirtschaft hatte
damals eine Anzeige geschaltet. Aber wir hatten nach
Gesprächen und v o r Verabschiedung des Gesetzent-
wurfes verschiedene Korrekturen angebracht. Deswegen
gab es nur noch eine geringfügige Belastung der Versi-
cherungswirtschaft. Wenn Sie sich erinnern: Die Versi-
cherungswirtschaft hat dem Finanzminister zugebilligt,
daß sie eine Größenordnung von 6 bis 7 Milliarden DM
mittragen würde.


(Fritz Schösser [SPD]: Zugebilligt? Sie hat wohl ein schlechtes Gewissen gehabt!)


– Lieber Herr Schösser, die Versicherungswirtschaft hat
erklärt, daß sie diese Größenordnung mittragen werde.
Sie sollten sich Ihre Zwischenrufe sparen. Sie sollten Ih-
re Kraft lieber im Finanzausschuß einsetzen. Dort kön-
nen Sie etwas dazu sagen. Sie geben sonst den Verbän-
den nur leere Versprechungen und Zusicherungen und
tun im Finanzausschuß nichts, aber auch gar nichts.

Frau Scheel, Tatsache bleibt, daß die Versicherungs-
wirtschaft in einem erheblichen Ausmaß weiterhin bela-
stet wird. Jetzt hat der Kanzler zugesichert, daß es eine
Überprüfung geben wird und daß möglicherweise eine
Korrektur vorgenommen wird. Das ist kein Gesetzge-
bungsverfahren. Deshalb werden wir diesen Antrag ein-
bringen. Das, wovon ich gesprochen habe, muß im Ge-
setz enthalten sein, damit entsprechende Planungssi-
cherheit entsteht.

Das – ich zitiere – „schaurige Kabinettsstück“ ist
nicht nur „peinlich“, wie es die „Hannoversche Allge-
meine“ bezeichnet, sondern ein katastrophales Armuts-
zeugnis der Gesetzgebung. Im Finanzausschuß herrsch-
ten streckenweise Ratlosigkeit und fehlender Durch-
blick. Ich habe volles Verständnis für junge Kollegen
aus der SPD-Fraktion, die sich bitter über die Arbeit der
Regierung beklagten. Ich zitiere:

Die Fraktion durfte in den letzten Wochen viele
Entscheidungen nur noch absegnen. Diskussionen

sind nicht in Gesetzentwürfe eingeflossen. Mit des
Kanzlers Worten war alles entschieden.

Des weiteren wird der Kollege Schneider im „Express“
zitiert:

Ich bin nicht dazu gewählt worden, in der Fraktion
alles abzunicken.

Im Ausschuß hatte man auf seiten der Koalitions-
fraktionen offenbar Höllenangst, nochmals Experten zu
den Änderungen und Neuerungen des Entwurfs zu hö-
ren. Der umfassende Totalverriß der ersten Anhörung
steckte ihnen noch zu tief in den Knochen. Während der
Beratungen – auch das ist bezeichnend – beteiligten sich
die Kolleginnen und Kollegen von der SPD und den
Grünen kaum an Diskussionen und Nachfragen. Erläute-
rungen waren offensichtlich nicht erwünscht, so daß nur
noch eines blieb: Augen zu und durch;


(Detlev von Larcher [SPD]: So ein Quatsch!)

Zustimmung zu dem traurigsten Kapitel der deutschen
Steuergesetzgebung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Das Durchpeitschen im Finanzausschuß hat einen

wesentlichen Grund:

(Detlev von Larcher [SPD]: 13 Tage!)


Der Bundesratstermin am 19. März muß mit aller Ge-
walt erreicht werden, damit die Stimmen Hessens nicht
verlorengehen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Eine abgehalfterte rotgrüne Landesregierung mit einem
wortbrüchigen abgewählten Ministerpräsidenten ent-
scheidet über dramatische Belastungen für die Wirt-
schaft. Das ist ein miserabler, skandalöser Stil.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Das, was wir heute beschließen, müßten die Steuer-

pflichtigen eigentlich schon seit dem 1. Januar dieses
Jahres anwenden. Daraus wird ersichtlich, daß Unter-
nehmer und private Investoren seit Monaten im unklaren
sind. Eine besonders unrühmliche Attacke gegen die
Planungssicherheit nennt dies der Bonner Steuerrechtler
Professor Seer. Er sagt:

Es entspricht elementaren Geboten der Rechts-
staatlichkeit, daß Gesetze für Normadressaten
nachvollziehbar, voraussehbar und berechenbar
sein müßten.

Er stellt fest, daß die technische Verkomplizierung und
der Verlust des Rechtsgedankens in diesem „Werk“ ei-
nen neuen Höhepunkt erreiche. Er hofft, daß das Steue-
rentlastungsgesetz dem Bundesverfassungsgericht die
Gelegenheit gebe, seine Rechtsprechung zur Rückwir-
kung von Steuergesetzen erneut zu reflektieren und zu
präzisieren.

Insbesondere da die Gesetzentwürfe permanent geän-
dert wurden und auch die Ankündigungen der Bundes-
regierung, eine wichtige Voraussetzung für den Vertrau-
ensschutz, nicht verläßlich waren, ist dieser Vertrau-

Christine Scheel






(A) (C)



(B) (D)


ensschutz nicht mehr gewährt. Es ist zu erwarten, daß
nicht nur diese Rückwirkung verfassungsrechtlich pro-
blematisiert wird, sondern daß dieses Gesetz auch insge-
samt, wie Seer sagt, „ein Fall für das Bundesverfas-
sungsgericht“ wird.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)


Die Ziele sind eklatant verfehlt worden. Sie verspre-
chen mehr Arbeitsplätze, mehr Vereinfachungen, mehr
Entlastungen und mehr Gerechtigkeit. Das erste Ziel ist
schon im Ansatz verkehrt formuliert. Nicht die Bele-
bung der Nachfrage und die Stärkung der Massenkauf-
kraft, sondern die Verbesserung der Investitionskraft der
Unternehmen schafft mehr Wachstum und Beschäfti-
gung und damit neue Arbeitsplätze. Durch die Bela-
stungen der Wirtschaft, wie sie von diesem Gesetz
ausgehen, wird jedoch nach übereinstimmender Aussage
der Experten kein neuer Arbeitsplatz geschaffen werden;


(Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Leider wahr!)

vielmehr werden die düsteren Prognosen über den Ver-
lust von Hunderttausenden von Arbeitsplätzen sehr
schnell Realität werden.


(Detlev von Larcher [SPD]: Kassandra, Kassandra!)


Die Frühjahrsumfrage des DIHT hat bestätigt, daß
nicht nur die Wachstumsschwächen auf Exportmärkten
das Konjunkturklima eintrüben, sondern daß insbeson-
dere die rotgrüne Finanz- und Wirtschaftspolitik zu dra-
stischen Wachstumseinbrüchen führt.

Besonders negativ werden sich die veränderten Vor-
schriften bei der Teilwertabschreibung und bei den
Rückstellungen auswirken. Auch wenn die Teilwertab-
schreibung, wie schon ausgeführt worden ist, nicht
komplett abgeschafft wird, so wird doch der Nachweis
einer dauernden Wertminderung, insbesondere im Um-
laufvermögen, das nicht auf Dauer dem Betriebsvermö-
gen dienen soll, erheblich erschwert. Deswegen wird es
neue Streitereien mit den Betriebsprüfern geben.


(Zustimmung bei der CDU/CSU)

Im übrigen darf ich noch einmal darauf hinweisen,

daß hier Scheingewinne besteuert werden. Das wird
neue Schwierigkeiten bei der Kreditvergabe geben. Da-
mit zahlen die kleinen und mittleren Unternehmen die
Zeche dieser Maßnahmen.

Es ist hier gesagt worden, daß auch in unserem Steu-
eränderungsgesetz das Wertaufholungsgebot gestanden
hätte.


(Detlev von Larcher [SPD]: Hatten Sie auch!)

– Das ist richtig; das haben Sie vollkommen richtig vor-
gelesen. Der kluge Rechtsfreund liest aber auch Abs. 2.
Da steht klipp und klar, daß wir es nicht rückwärts ge-
richtet, sondern vorwärts gerichtet einführen wollten.
Das war der entscheidende Punkt dabei.


(Detlev von Larcher [SPD]: Nein, ich habe mich gerade vergewissert!)


– Natürlich ist das so gemacht worden. – Wir haben dar-
über lange Diskussionen geführt. Aus den dabei gewon-

nenen Erkenntnissen wollten wir es nur nach vorne ge-
richtet angewendet wissen.

Meine Damen und Herren, über die Probleme der
Versicherungs- und Energiewirtschaft ist genügend ge-
redet worden, auch über die Probleme im Bereich der
Braunkohle. Es ist mir unverständlich, daß angesichts
der drohenden Schwächung der Unternehmen und des
damit einhergehenden Arbeitsplatzabbaus unsere War-
nungen im Finanzausschuß von den Kollegen aus der
Regierungskoalition mit Gelächter zur Kenntnis ge-
nommen wurden. Sie rufen ja auch jetzt wieder: „Kas-
sandra, Kassandra!“ Auch hier zeigt es sich, daß Sie
nicht das nötige Verantwortungsbewußtsein haben,
wenn es um die Sicherheit der Arbeitsplätze geht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Den Arbeitslosen in diesem Land wird mit diesem

Gesetz die Hoffnung genommen, daß sie bald wieder
einen Arbeitsplatz finden.


(Zuruf von der CDU/CSU: Leider wahr!)

Die kostspieligen Tariferhöhungen tun hier leider ein
übriges. Auch das muß man hier am Rande einmal er-
wähnen.

Sie, Herr Minister, sprachen von Fondsbeteiligun-
gen. Die Einfügung des § 2b ist das besondere Glanz-
stück Ihrer Arbeit. In der Hoffnung, die Abschreibungs-
branche zu treffen, wird mit diesem neuen Paragraphen
ein Kahlschlag im Bereich der bisher steuerbegünstigten
Investitionen beispielsweise bei Immobilienfonds, bei
der Finanzierung von Filmen – Herr Naumann hört da
geflissentlich weg –, bei alternativen Energieanlagen
oder auch bei venture-capital vorgenommen. Dieser
Monsterparagraph 2b ist ein Musterbeispiel für eine mi-
serable Formulierungsarbeit und für eine unglaubliche
Verkomplizierung. In Verbindung mit der neu einge-
führten Verlustverrechnung ist er kaum administrabel.
Wenn mir mehr als zwei Leute aus Ihrer Fraktion erklä-
ren können, wie diese Verlustverrechnung funktioniert,
gebe ich gerne einen aus. Das werden Sie mit Sicherheit
nicht können.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P. – Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Ich kann das! – Detlev von Larcher [SPD]: Ich glaube, Sie werden einen ausgeben müssen!)


Meine Damen und Herren, mit den Zuschriften, in
denen die vielen unbestimmten Rechtsbegriffe in diesen
neuen Paragraphen und das vollkommene Fehlen der
Rechtsbestimmtheit, die für jedes Gesetz erforderlich ist,
kritisiert werden, kann ich nur sagen: Hier werden zwar
die Möglichkeiten für Abschreibungskünstler abge-
schafft, aber durch Ihre verklausulierten Bestimmungen
sind jetzt die Beschreibungskünstler gefordert. Mein
Spruch, daß ein Geschäft nur dann ein Geschäft ist,
wenn man dem Finanzamt beigebracht hat, daß es kein
Geschäft war, muß jetzt dahin gehend abgewandelt wer-
den, daß es nur dann ein Geschäft ist, wenn man dem
Finanzamt beigebracht hat, daß es möglicherweise kein
Geschäft war. Ganz zum Schluß muß dann im Prospekt
stehen: Es könnten auch irgendwo Verluste entstehen. –

Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach)







(B)



(A) (C)



(D)


Wenn ich diese Kunst des Neuformulierens so be-
herrsche, bin ich wieder der König.

Das Thema Schachteldividende ist hier angespro-
chen worden. Auch hier wird es mit Sicherheit Klagen
geben. Die jetzigen Formulierungen entsprechen nicht
der EG-Mutter-/Tochter-Richtlinie. Hier steht klipp und
klar nur etwas von einem wahlweise anzusetzenden Pau-
schalbetrag von 5 Prozent für typischerweise anfallende
Verwaltungskosten; von Finanzierungskosten ist keine
Rede. Wenn Sie jetzt 15 Prozent ansetzen, heißt das, daß
ein Unternehmen, das beispielsweise keine Finanzie-
rungskosten hat, zu hoch besteuert wird. Das ist verfas-
sungswidrig und entspricht nicht der EG-Richtlinie. Es
gibt nur drei Länder, die dieses Wahlrecht anwenden.
Sie bestrafen die deutschen Unternehmen, indem Sie mit
dieser Formulierung ein wettbewerbsverzerrendes Ele-
ment einführen.

Es könnte natürlich auch sein, daß Sie den Großkon-
zernen damit den Kampf angekündigt haben. Das wäre
dann ein Geschenk an Ihre neuen Freunde von der PDS,
an die Sie sich anbiedern wollen.


(Lachen bei Abgeordneten der SPD)

Im großen und ganzen werden Sie daran keine Freude
haben.


(Detlev von Larcher [SPD]: Die vereinigte Opposition sind Sie doch! Thiele und die PDS im Ausschuß!)


Es gäbe noch vieles zu sagen, zum Beispiel zu den
Veräußerungsgewinnen, bei denen Sie die kleinen
Handwerker, Freiberufler oder Versicherungsvertreter –
von denen haben wir sehr viele Briefe bekommen – be-
strafen, indem der halbe Steuersatz wegfällt.


(Joachim Poß [SPD]: Den wollten Sie doch auch wegfallen lassen!)


Außerdem fallen eine ganze Reihe anderer Dinge weg.
Lieber Herr Finanzminister, die Familien und die

Arbeitnehmer müssen verdammt viel Geduld aufbrin-
gen, um die Entlastungen zu bekommen, die Sie immer
versprechen. Sie werden es erleben: Bis zum Jahr 2002
wird – gestern haben Sie mit der Einführung der Öko-
steuer schon damit begonnen – längst an anderen Stellen
alles wieder einkassiert sein. Ihre halbherzigen Dementis
bei den Diskussionen um die Mehrwertsteuererhö-
hung sprechen doch eigentlich Bände. Es ist längst vor-
gesehen und geplant, daß Sie hier neue Belastungen
schaffen werden. Damit bezahlen die Arbeitnehmer und
die Familien das, was Sie mit diesem Gesetz hier an-
richten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1402505900
Das Wort hat
jetzt der Abgeordnete Klaus Müller.

Klaus Wolfgang Müller (Kiel) (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolle-
ginnen und Kollegen! Herr Solms hat vorhin zu Beginn

seines Beitrages die „FAZ“ zitiert. Ich würde gerne
Herrn Michelbach auf seine doch sehr harten Vorwürfe
wie „Arbeitsplatzvernichtungsprogramm“ etc. mit dem
„Handelsblatt“ antworten.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Richtig!)


Das „Handelsblatt“ – unverdächtig, von Rotgrün besto-
chen zu sein – schreibt heute in der Überschrift: „Mittel-
stand ist der Gewinner des Steuerreform-Hickhacks“.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Hört! Hört!)


Weiter heißt es:
Die Sieger des Hickhacks der letzten Wochen über
die Gegenfinanzierung des Steuerentlastungsgeset-
zes ... sind die mittleren und kleinen Unternehmen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ich finde, wenn man hier mit dem Stakkato auf eine
Steuerreform einprügelt, wie es Herr Michelbach getan
hat, sollte man noch einmal genau nachlesen, was ande-
re Berufene sagen.

Auch in dem Artikel in der „FAZ“, den Herr Solms
zitiert hat, kann man, wenn man ihn weiterliest, fest-
stellen, daß es dort, in etwas verhaltenem, „FAZ“-
typischem Stil, heißt:

Hoffnung machen kann sich – allerdings mit gro-
ßen Fragezeichen –

– die haben wir heute, glaube ich, ausgeräumt –
auch der Mittelstand.

Das heißt, selbst von der „FAZ“ und vom „Handels-
blatt“, zwei doch nicht ganz unwichtigen Publikationen,
wird der rotgrünen Koalition beschieden, daß zumindest
der Mittelstand nicht das Opfer ist, sondern eher zu den
Profiteuren dieser Steuerreform gehört.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wie heißt es so schön: Tue Gutes und rede darüber.
Der Grundfreibetrag steigt auf 14 000 DM. Wir senken
den Eingangssteuersatz auf unter 20 Prozent. Wir sen-
ken den Spitzensteuersatz auf 48,5 Prozent. Wir senken
den Körperschaftsteuersatz auf 40 Prozent, sogar rück-
wirkend zum 1. Januar dieses Jahres. Wir senken den
Steuersatz auf gewerbliche Einkünfte auf 43 Prozent.
Gestern haben wir die Senkung der Lohnnebenkosten
um 0,8 Prozentpunkte beschlossen. Am Ende der Le-
gislaturperiode – zum nächsten Wahlkampf mit Ihnen –
werden die Lohnnebenkosten unter 40 Prozent liegen.
Wir haben eine Unternehmensteuerbelastung von 35
Prozent angekündigt. Auch dies werden wir halten, ge-
nauso, wie wir auch unsere Versprechen bezüglich der
Ökosteuer und des vorliegenden Steuerentlastungsgeset-
zes halten werden.

Unser Konzept mit einer Nettoentlastung von 20,5
Milliarden DM ist sicherlich hart an der Grenze dessen,
was die öffentlichen Haushalte vertragen können. Ich

Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach)







(A) (C)



(B) (D)


sehe auch, daß wir in den Haushaltsberatungen in den
nächsten Jahren schwer daran zu arbeiten haben werden.
Trotzdem ist dieses Konzept immer noch wesentlich
realistischer als das, was Sie uns als Alternative präsen-
tieren: eine Nettoentlastung von 30 Milliarden DM, in
Wirklichkeit von 45 Milliarden DM, verschämt ver-
steckt durch eine Mehrwertsteuererhöhung.

Herr Hauser und alle anderen, die heute immer wie-
der versucht haben, uns mit der Mehrwertsteuer vorzu-
führen: Die einzigen, die schwarz auf weiß etwas zu in-
direkten Steuern geschrieben haben, waren Sie in Ihrem
Steuergesetz der Petersberger Beschlüsse in der letzten
Legislaturperiode. Ansonsten finden Sie nirgendwo, we-
der bei den Grünen noch bei der SPD, noch beim Bun-
desfinanzminister, irgend etwas zum Thema Mehrwert-
steuererhöhung.

Wir haben in unserem Gesetzentwurf die Ziele Ver-
besserung von Wachstum und Beschäftigung, Entla-
stung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie
der Familien, Steuergerechtigkeit und -vereinfachung
niedergeschrieben.


(Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Vereinfachung? Wo ist denn die Vereinfachung, Herr Kollege?)


Dazu ist heute schon viel gesagt worden. Es ist Ihr gutes
Recht, uns zu kritisieren und zu behaupten, daß diese
Ziele nicht umgesetzt werden.

Trotzdem, so glaube ich, erreichen wir durch die vor-
gesehene Senkung der Steuersätze einen Impuls, auch
wenn wir uns eine stärkere Absenkung gewünscht hät-
ten. Das ist gar keine Frage. Wir erreichen damit eine
Entlastung der Familien, und zwar konkret durch die
Erhöhung des Kindergeldes, die Sie immer belächelt ha-
ben. Wir erreichen eine höhere Steuergerechtigkeit da-
durch, daß wir nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip be-
steuern.


(Dr. Hermann Otto Solms [F.D.P.]: Das glauben Sie doch selber nicht!)


Dadurch, daß wir zahlreiche Vergünstigungen streichen
und so eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage er-
zielen, gehen wir einen Schritt in Richtung Steuerge-
rechtigkeit und -vereinfachung.

Ich bin mit Ihnen einig, daß wir uns da mehr ge-
wünscht hätten. Ich glaube, das hätten sich alle Abge-
ordneten im Finanzausschuß gewünscht. Aber es ist
festzustellen: Von Ihnen ist während der Ausschußbe-
ratungen kein einziger Änderungsantrag eingebracht
worden. An keinem einzigen Punkt haben Sie gesagt: Da
könnten Sie im Bereich der Gegenfinanzierung und zur
Senkung der Steuersätze weitergehen. – Ich muß mich
jetzt allerdings ein Stück weit korrigieren – seit eben gilt
meine Bemerkung nicht mehr –: Ich habe um 11.25 Uhr
den ersten Änderungsantrag der Opposition erhalten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Detlev von Larcher [SPD]: So ist das! Nicht im Ausschuß!)


Das ist Ihre „konstruktive Mitarbeit“ an den laufenden
Beratungen des Bundestages. Immerhin war das der

letztmögliche Zeitpunkt; das sei Ihnen eingestanden. Ich
finde, ein einziger Änderungsantrag ist für eine ernst-
hafte Beratung angesichts eines so wichtigen Themas
etwas wenig.


(Dr. Hermann Otto Solms [F.D.P.]: Das kann man nur ablehnen!)


Jetzt können Sie natürlich sagen: Es gibt ja noch
mehr von uns. Das ist richtig. Es liegen mehrere Ent-
schließungsanträge der CDU/CSU-Fraktion und der
F.D.P.-Fraktion vor, die letztendlich extrem rückwärts-
gewandt sind. Denn der Gehalt dieser Entschließungs-
anträge besagt nichts anderes als das: Wir verweisen
noch einmal auf das, was wir in der letzten Legislaturpe-
riode eingebracht haben. Das haben Sie ja im Wahl-
kampf verschämt relativiert, als Ihre Kollegin Nolte ver-
sehentlich ausgeplaudert hat, was die Fußnote in Ihrem
Gesetzentwurf tatsächlich bedeutete. Ich stelle nur fest:
Mehrwertsteuererhöhung.

Auch die PDS macht in ihrem Entschließungsantrag
– immerhin haben Sie einen etwas ausführlicheren An-
trag zustande gebracht – keine konkreten Vorschläge,
was wir zur weiteren Senkung von Steuersätzen und zur
Verbreiterung der Bemessungsgrundlage tun können.


(Dr. Barbara Höll [PDS]: Ich senke zuerst einmal nicht den Spitzensteuersatz!)


Herr Hauser, Sie haben vom „lernenden Gesetzgeber“
gesprochen. Sie haben das ein Stück weit hämisch ge-
meint. Ich gebe zu: Ich bin sehr stolz darauf, daß sich
die Koalitionsfraktionen in diesem Beratungsverfahren
viele Expertisen zu eigen gemacht haben. Ich danke
ausdrücklich all den Vertreterinnen und Vertretern der
Verbände, der Wirtschaft, der Institute und der Wissen-
schaft, die uns in den Verfahren beraten und uns Briefe
geschrieben haben. Ich glaube, die deutschen Telefonge-
sellschaften haben an den zahlreichen Faxen, die uns in
den vergangenen Monaten geschickt wurden, viel ver-
dient.

Es ist richtig, daß es notwendig ist, Gesetzentwürfe
im Laufe des Beratungsverfahrens zu korrigieren. Nur,
Herr Solms, uns an dieser Stelle „Versuch und Irrtum“
zu unterstellen, dazu kann ich nur sagen: In der letzten
Legislaturperiode hat es zahlreiche Jahressteuergesetze
gegeben. Für mich klingt das, was Sie uns jetzt vorwer-
fen, eindeutig nach dem Prinzip Versuch und Irrtum.


(Abg. Dr. Hermann Otto Solms [F.D.P.] hält einen Stapel Papier in die Höhe)


– Das, was Sie hier immer wieder hochhalten, sind jede
Menge sehr dünn beschriebene Seiten. Also wedeln Sie
nicht mit viel Papier. Das ist etwas billig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Hermann Otto Solms [F.D.P.]: Das ist aber ein stürmischer Beifall!)


Ich will zum Schluß versuchen, auf den Vorwurf ein-
zugehen, die Steuergesetze der neuen Mehrheit hätten
keine Leitidee und seien nicht miteinander verknüpft. Es
ist sicherlich richtig: Man könnte sich wünschen, daß
alle großen Reformvorhaben dieses Jahres – die Ein-

Klaus Wolfgang Müller (Kiel)







(B)



(A) (C)



(D)


kommensteuerreform, die Einführung der Ökosteuer, die
Entlastung der Familien und die Reform der Unterneh-
mensteuern – in einem großen Wurf durchgeführt wür-
den. Wir tun das nacheinander, Schritt für Schritt, weil
wir sagen: Wir wollen den Finanzausschuß nicht über-
fordern. Wir wollen hier im Bundestag jeden Schritt
sorgfältig und einzeln beraten.


(Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Das wäre aber etwas Neues!)


Trotzdem gibt es zwei Leitideen in bezug auf diese
Steuerreform. Es gibt einmal die Leitidee, daß sich das
Netto dem Brutto annähern muß. Wir wollen, daß die
versteckte Belastung der Arbeitseinkommen durch die
Lohnnebenkosten


(Dr. Hermann Otto Solms [F.D.P.]: Wo sind die denn versteckt? Die sind doch offen!)


gesenkt wird, und wollen zu einer ehrlichen Finanzie-
rung, einer Finanzierung durch Steuern, kommen. Die
gestrige Verabschiedung der Ökosteuer war der erste
Schritt dahin; die zweite und die dritte Stufe folgen im
Laufe des Jahres. Das, was die Menschen verdienen, soll
ihnen tatsächlich ausgezahlt werden. Wir wollen keine
Finanzierung, die sehr regressiv wirkt, zum Beispiel eine
Finanzierung durch hohe Lohnnebenkosten. – Wichtig
also ist: Das Netto muß dem Brutto angenähert werden.


(Dr. Hermann Otto Solms [F.D.P.]: Da sind Sie aber keinen Schritt weitergekommen!)


Die zweite Leitidee, die dahinter steckt, ist, die reale
Steuerbelastung der nominalen anzunähern. Wir wollen
keine Scheindebatten mehr führen müssen über zu hohe
Steuersätze; denn dies hat nichts mit der Realität zu tun,
zum Beispiel weil es Bilanzierungsvorschriften gibt.
– Wir wollen die reale Steuerbelastung der nominalen
annähern. Das ist wichtig für die Steuermoral, für die
Steuergerechtigkeit und für die Transparenz.

Abschließend möchte ich sagen: Die Oppositions-
fraktionen haben viel geredet, im Finanzausschuß und
heute im Bundestag. Gehandelt und etwas gebacken be-
kommen haben sie nicht. Das tut heute Rotgrün. Ich fin-
de, das ist eine gute Leistung.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1402506000
Das Wort hat
jetzt der Abgeordnete Carl-Ludwig Thiele.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Zurück aus der Druckerei? – Heiterkeit bei der SPD)



Carl-Ludwig Thiele (FDP):
Rede ID: ID1402506100
Sehr geehrte Frau Prä-
sidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kolle-
gen! Ich glaube, selten hat eine neue Bundesregierung
nach gut vier Monaten Amtszeit den Vertrauensvor-
schuß, den sie vom Wähler erhalten hat, so verspielt wie

diese Regierung, geführt vom nicht anwesenden Bun-
deskanzler und vom Finanzminister.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

Das Vertrauen in die Zukunft – das sollte das Entschei-
dende sein – ist mit diesen Gesetzentwürfen überhaupt
nicht zu erreichen. Ich bin auch erstaunt darüber, wie de-
fensiv, wie müde und mühsam die Koalition dieses Ge-
setz verteidigt. Sie selbst wissen nämlich, daß mit die-
sem Gesetz keine guten Effekte zu erzielen sind, da der
Grundansatz Ihrer steuerpolitischen Konzeption falsch
ist.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU – Zuruf von der CDU/CSU: Die schleppen sich über die Ziellinie!)


Sie haben sich immerhin etwas Schönes einfallen las-
sen, nämlich den Titel „Steuerentlastungsgesetz“. Damit
verbrämen Sie, daß es in Wirklichkeit ein reines Steuer-
belastungsgesetz für die Steuerpflichtigen und die
Wirtschaft in unserem Land ist.


(Detlev von Larcher [SPD]: Sie sagen die Unwahrheit!)


Wer sich das Finanztableau anschaut – wir diskutieren
und stimmen heute nämlich nicht über die gesamte
Steuerreform ab; den ersten und zweiten Beschluß im
Zuge der Atomisierung dieses Steuergesetzes haben wir
schon erlebt – und feststellt, daß mit diesem Gesetz, das
heute beschlossen werden soll, Bürger und Wirtschaft in
diesem Jahr mit 8,5 Milliarden DM, im nächsten Jahr
mit 6,6 Milliarden DM und im Jahr 2001 mit 13 Milliar-
den DM mehr belastet werden, der kann doch nicht im
Ernst behaupten, dadurch würden Wachstum und neue
Beschäftigungsverhältnisse in Deutschland entstehen,
dadurch werde der Aufschwung kommen, den wir alle
dringend erwarten.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

Die Frühjahrsprognose des Deutschen Industrie- und

Handelstages, daß das Wachstum in diesem Jahr auf
1,5 Prozent zurückgehe, ist doch schon Folge dieser
Politik. Das Vertrauen schwindet. Die Leute wissen
auch nach der heutigen Bundestagssitzung nicht, ob das
Gesetz, das heute vom Bundestag beschlossen wird, tat-
sächlich Bestand hat. Einige haben nämlich den Glauben
noch nicht aufgegeben, daß der eine oder andere Mini-
sterpräsident – vielleicht aus den neuen Ländern – die
Auswirkungen dieses Gesetzes auf die Arbeitsplätze in
den neuen Bundesländern überprüft und erkennt, daß er
diesem Gesetz im Bundesrat nicht zustimmen kann,
wenn er nicht in seinem Land die Verantwortung für zu-
sätzliche Arbeitslose, die es dann geben wird, überneh-
men will.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

Wir wissen, daß Sie Ihre Mehrheit durch Ministerpräsi-
dent Eichel noch nutzen wollen. Ein Minimum an Sach-
verstand und an Verantwortung der Ministerpräsidenten
aber sollte in diesem Verfahren noch erwartet werden
können.

Klaus Wolfgang Müller (Kiel)







(A) (C)



(B) (D)


Meine sehr verehrten Damen und Herren, Zielgruppe
der SPD im Bundestagswahlkampf war die Neue Mitte.
Jetzt machen Sie die Neue Mitte zur Zielscheibe.


(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Alle Versuche, die Sie unternehmen, um die Gegenfi-
nanzierung zu erläutern, sind Angriffe gegen die Wirt-
schaft. Ich nenne jetzt einmal – ganz grob – die Entla-
stungen: Da ist einmal das Kindergeld mit einer Entla-
stung von 7 Milliarden DM pro Jahr. Ferner – das war
die zweite Beschlußempfehlung – gibt es Entlastungen,
weil die Unternehmen die Alterserwartung der Bevölke-
rung dadurch stärker berücksichtigen, daß sie verstärkt
Rückstellungen bilden; das ist eine Größenordnung von
8,8 Milliarden DM. Das alles wird gegenfinanziert. Ich
glaube, das Wort „Gegenfinanzierung“ wird das Unwort
des Jahres. Die Bürger wollen keine Gegenfinanzierung.
Sie wollen endlich eine Entlastung.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

Es gibt eine jährliche Steigerung der Steuerein-

nahmen um 5 Prozent, in diesem Jahr knapp 40 Milliar-
den DM, in den Folgejahren auch etwa 40 Milliarden
DM. Dieses Geld will der Staat alles kassieren – auch
das Geld, das durch die heimliche Steuererhöhung durch
den Progressionseffekt hereinkommt –, um es für die
Einlösung von Wahlversprechen auszugeben. Das kann
nicht der richtige Weg sein. Wir sind der Auffassung:
Weniger Staat bewirkt mehr bei den Bürgern, bewirkt
mehr für die Wirtschaft. Ein Senken der Staatsquote
bringt zusätzliche Arbeitsplätze. Eine Erhöhung der
Staatsquote, wie das die neue Regierung unter Umver-
teilungsgesichtspunkten betreibt, bringt keine zusätzli-
chen Arbeitsplätze.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

Ich möchte auch einen weiteren Punkt hier deutlich

darstellen. Sie feiern es immer als soziale Gerechtigkeit,
daß das Kindergeld von 220 DM auf 250 DM erhöht
worden ist. Wir begrüßen das; wir begrüßen allerdings
nicht die von Ihnen gewählte Gegenfinanzierung. Des-
halb haben wir dagegen gestimmt. Sie haben die Kin-
dergelderhöhung zu einem Teil dieses Gesetzes ge-
macht, was dazu führt, daß die Wirtschaft dieses zu be-
zahlen hat.

Herr Finanzminister, an folgendes darf ich Sie viel-
leicht auch noch erinnern – Frau Staatssekretärin
Hendricks hat mir das in einer Antwort auf eine Anfrage
von mir auch bestätigt –: 1996 ist der Familienleistungs-
ausgleich von der CDU/CSU-F.D.P.-Koalition nach dem
von der F.D.P. vorgelegten Modell geändert worden.
Das Kindergeld ist 1996 von 70 auf 200 DM erhöht
worden; 1998 ist es auf 220 DM angehoben worden. Ich
glaube, das war die richtige Politik. Wenn Sie sagen, das
sei soziale Kälte, dann möchte ich Sie bitten, die ein-
schlägigen Stellen Ihres Textes einmal umzuschreiben.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

Diese Maßnahmen, Herr Finanzminister, haben dazu

geführt – das sind die Zahlen, die mir Frau Staatssekre-
tärin Hendricks zur Verfügung gestellt hat –, daß durch

die Freistellung des Existenzminimums, durch die Frei-
stellung des Kinderexistenzminimums und die Erhöhung
des Kindergeldes, die Steuerpflichtigen und Familien in
diesem Jahr um mehr als 28 Milliarden DM entlastet
werden – wie gesagt: unsere Maßnahmen, die der alten
Koalition. Das war eine Nettoentlastung. Das war et-
was anderes als das, was Sie betreiben. Wir sind der
Auffassung: Die Bürger haben eine Nettoentlastung ver-
dient.

Es ist doch auch Augenwischerei, wenn Sie hier mit
einer Unternehmenssteuerreform kommen, die keiner
genau kennt und über die der Bundeskanzler und der
Finanzminister unterschiedliche Auffassungen zu haben
scheinen.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Neue Belastungen!)


Auch diese Unternehmenssteuerreform, die von Ihnen
konzipiert ist, hat den Grundmakel, daß keine Nettoent-
lastung vorgesehen ist. Sie ändern das Steuerrecht, ohne
eine Nettoentlastung vorzusehen. Das führt bei der Un-
ternehmenssteuerreform dazu, daß die Unternehmen die
Steuersatzsenkung, die erfolgen soll, selbst zu finanzie-
ren haben. Damit wird kein Impuls für Wachstum, für
Investitionen und für Arbeitsplätze in unserem Land ge-
geben.

Deshalb kann ich Ihnen nur sagen: Rotgrün hat zwar
auf Grund der Bundestagswahl noch die Mehrheit hier,
im Deutschen Bundestag; in der Bevölkerung haben Sie
die schon lange nicht mehr. Sie haben sich von ernst-
hafter Politik verabschiedet.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

Politik muß eben ein bißchen mehr sein als nur die Dar-
stellung von Nichtdarstellbarem, und Gesetzentwürfe
sollten auch eine längere Halbwertszeit als Lutschbon-
bons haben. Sie dürfen nicht permanent geändert wer-
den. Mal gibt es ein Kanzlerwort; dann kommt wieder
der Finanzminister. Das ist ein absolutes Chaos, und
dieses Chaos führt zu schlechten Gesetzen. Das Gesetz,
das wir heute verabschieden sollen, ist ein schlechtes
Gesetz; es ist ein Gesetz gegen Beschäftigung, gegen
Wachstum. Deshalb werden wir diesem Gesetz heute
auch nicht zustimmen.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU – Detlev von Larcher [SPD]: Die F.D.P. ist ein Lutschbonbon!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1402506200
Das Wort hat
jetzt der Abgeordnete Jörg-Otto Spiller.


Jörg-Otto Spiller (SPD):
Rede ID: ID1402506300
Frau Präsidentin! Meine
Damen und Herren! Es ist Zeit für Steuerentlastungen.
Denn CDU/CSU und F.D.P. haben über Steuersenkun-
gen immer nur geredet.


(Zuruf von der CDU/CSU: Sie haben es verhindert! Das ist richtig!)


In Wirklichkeit hat Ihre Politik in den letzten zehn Jah-
ren eine Kette von Steuererhöhungen gebracht.


(Beifall bei der SPD)


Carl-Ludwig Thiele






(B)



(A) (C)



(D)


Sie haben zugleich hingenommen oder bewußt herbeige-
führt, daß die Steuerungerechtigkeit in Deutschland
während Ihrer Regierungszeit ständig zugenommen hat,
daß der Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungs-
fähigkeit – starke Schultern sollen mehr tragen als
schwache –


(Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Das tun sie auch!)


ins Gegenteil verkehrt worden ist.

(Dr. Hermann Otto Solms [F.D.P.]: Wieso denn?)

Herr Kollege Thiele, Sie haben gerade von Gegen-

finanzierung gesprochen.

(Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Ja!)


Ihre Gegenfinanzierung bestand aus zwei Methoden; die
eine war so schlecht wie die andere. Erste Methode:
Schulden machen. Zweite Methode: Otto Normalverdie-
ner immer tiefer in die Tasche greifen. Das war Ihre Ge-
genfinanzierung.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Es ist doch in Ihrer Zeit dazu gekommen, daß die
Spitzenbelastung bei Steuern und Abgaben nicht etwa
bei den Spitzenverdienern war, sondern bei den Arbeit-
nehmern, deren Verdienst in der Nähe der Bemessungs-
grenze für die Sozialversicherung lag. Es ist doch durch
Ihre Politik dazu gekommen, daß ein Familienvater, der
brutto 100 DM mehr verdiente, glücklich sein konnte,
wenn er davon einen Fünfzigmarkschein sah. Ein junger
Ingenieur, ledig, konnte sich freuen, wenn ihm von den
zusätzlichen 100 DM brutto etwas mehr als 30 DM blie-
ben. Das war Ihre Politik.


(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, hinzu kommt: Die Durch-

brechung des Prinzips der Besteuerung nach der Lei-
stungsfähigkeit galt auch für den Unternehmenssektor.
Es trifft überhaupt nicht zu, was Sie so gerne sagen: daß
Sie eine mittelstandsfreundliche Politik betrieben hätten.
Das Gegenteil war der Fall. Sie haben in erster Linie da-
für gesorgt, daß große, international tätige Unternehmen
eine Vielzahl von Möglichkeiten hatten, ihre Steuerlast
zu mindern, während der normale Mittelständler von Ih-
nen regelrecht gemolken wurde. Wir haben erlebt, daß
selbst bis in die leuchtendsten Sterne der deutschen In-
dustrie hinauf Vorstandsvorsitzende sich rühmten, in
Deutschland überhaupt keine Steuern mehr zu zahlen.
Seien Sie also vorsichtig mit Behauptungen, Sie hätten
eine mittelstandsfreundliche Politik betrieben.


(Beifall bei der SPD)

Das Gesetz, das die Koalition Ihnen jetzt vorlegt,

bringt die richtigen Korrekturen. Wir bringen nicht nur
eine Entlastung der breiten Mehrheit der Bevölkerung,
wir bringen auch mehr Steuergerechtigkeit im Bereich
der Unternehmen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Erstunken und erlogen!)


Wir haben – das hat der Kollege Müller schon gesagt;
ich sage es trotzdem noch einmal – bereits seit dem
1. Januar 1999 die Senkung des Spitzensteuersatzes für
gewerbliche Einkünfte von 47 auf 45 Prozent. Das be-
trifft insbesondere die mittelständischen Unternehmen.
Wir werden, wenn wir dieses Gesetz verabschiedet ha-
ben, eine weitere Senkung beim Spitzensteuersatz für
gewerbliche Einkünfte auf 43 Prozent ab nächstem Jahr
haben. Der Körperschaftsteuersatz – das betrifft insbe-
sondere die GmbHs – wird auf 40 Prozent sinken, wenn
die Gewinne im Unternehmen bleiben und dort wieder
verwandt werden. Tarife senken, Bemessungsgrundlage
verbreitern – das ist unser Prinzip. Wir reden nicht bloß
darüber, wir setzen das um.


(Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Mit welchem Gesetz denn? Mit diesem nicht!)


Ich will einen Hinweis geben, weil das der breiten
Öffentlichkeit vielleicht nicht bewußt ist: Das Prinzip
der Unternehmensbesteuerung ist ein anderes als bei den
privaten Haushalten. Es wird durch den Vergleich des
Vermögensstandes am Ende des Geschäftsjahres mit
dem Vermögensstand am Ende des vorangegangenen
Geschäftsjahres der Gewinn ermittelt. Da gibt es natür-
lich Bewertungsprobleme. Das ist nicht immer ganz
leicht und ganz objektiv zu machen. Wie wird das je-
weilige Vermögen, wie werden seine einzelnen Be-
standteile bewertet? Wie werden Verbindlichkeiten be-
wertet? Werden beispielsweise, Herr Kollege Solms,
Verbindlichkeiten, die vielleicht erst in 20 Jahren begli-
chen werden müssen, genauso bewertet wie Verbind-
lichkeiten, die jederzeit fällig werden können? Das ist
doch ein Unterschied. Das bietet sich für eine Abzinsung
doch geradezu an.


(Beifall bei der SPD)

Natürlich ist es angemessen, ein Wertaufholungsge-

bot für den Fall in das Gesetz hineinzuschreiben, daß es
Wertveränderungen im positiven Sinne gibt.


(Joachim Poß [SPD]: Petersberg!)

Das stand doch auch in Ihrem Gesetzentwurf.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Herr Hauser, Sie tun jetzt so, als hätten Sie Ihr Gesetz
nicht gelesen. Damals hat Ihre Finanzverwaltung sogar
noch höhere Steuermehreinnahmen vorausgeschätzt als
jetzt. Das kann man doch nicht einfach beiseite wischen.

Ich komme zu den Rückstellungen für Versicherun-
gen und den Rückstellungen für Energieversorger: Ich
kann mir vorstellen, daß es fast ein Kulturschock ist,
wenn man als Energieversorger jetzt mit einer zweifa-
chen Änderung konfrontiert wird. Erstens gibt es jetzt
Wettbewerb; den gab es vorher nicht.


(Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Sehr gut!)

Zweitens soll man auch noch normal besteuert werden.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Das ist natürlich etwas unangenehm; das kann ich schon
verstehen.

Jörg-Otto Spiller






(A) (C)



(B) (D)


Ich will noch auf einen Punkt eingehen, der mich
wirklich bewegt. Herr Kollege Solms, Sie waren so un-
vorsichtig, von Ordnungspolitik zu reden. Bisher hatte
ich immer die Hoffnung, daß es wenigstens in der F.D.P.
noch ein paar überzeugte Marktwirtschaftler gibt.


(Dr. Hermann Otto Solms [F.D.P.]: Die gibt es auch!)


Während der Beratungen im Finanzausschuß habe ich
diesen Eindruck leider nicht bestätigt gefunden. Das
Verblüffende war nämlich, daß sich Ihre Kollegen – Sie
waren selten da, Herr Solms – und die Kollegen aus der
CDU/CSU wärmstens für die Belange der Abschrei-
bungskünstler einsetzten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Widerspruch bei der F.D.P.)


Meine Damen und Herren, in einer funktionierenden
Marktwirtschaft werden private Investitionsentschei-
dungen nach Gewinnerwartungen getroffen. Das ist ver-
nünftig. Wenn private Investitionsentscheidungen nach
Verlustzuweisungen getroffen werden, ist das die Um-
kehr der marktwirtschaftlichen Ordnung.


(Beifall bei der SPD)

Es bedarf des engagierten Einsatzes von SPD und Grü-
nen, damit die Marktwirtschaft in Deutschland nach 16
Jahren Koalition von Union und F.D.P. wieder hochge-
halten wird.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1402506400
Herr Kollege,
gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Thiele?


Jörg-Otto Spiller (SPD):
Rede ID: ID1402506500
Sehr gern.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1402506600
„Sehr gern“,
das hört man gern.


Carl-Ludwig Thiele (FDP):
Rede ID: ID1402506700
Herr Kollege Spiller,
ich glaube, wir stimmen überein, daß Verlustzuwei-
sungsgesellschaften in sich keinen Sinn haben. Deshalb
hatten wir vorgesehen, die Steuersätze so zu senken, daß
keiner mehr aus steuerlichen Gründen Mittel in Verlust-
gesellschaften einbringt.


(Lachen bei der SPD)

– Verzeihung! Unser Spitzensteuersatz betrug 35 Pro-
zent. Wenn Sie den vorgesehen hätten, hätte sich das
ganze Problem der Verlustgesellschaften ohne § 2b Ein-
kommensteuergesetz von selbst gelöst.


(Beifall bei Abgeordneten der F.D.P. und der CDU/CSU)


An Ihrem Vorschlag stören uns zwei Punkte.

(Zurufe von der SPD: Frage!)


Zum einen verhunzen Sie den Einkommensbegriff, weil
er nicht mehr gilt. Zum anderen: Lassen Sie die Arbeit-

nehmer im Stich, die Aufträge im Wohnungsbau und in
der Filmwirtschaft realisieren sollen, die mit diesen Gel-
dern finanziert werden. Hier vernichten Sie Arbeitsplät-
ze. Das ist unser Vorwurf, den wir gegen Ihre Neurege-
lung des § 2b Einkommensteuergesetz erheben.


(Beifall bei Abgeordneten der F.D.P.)



Jörg-Otto Spiller (SPD):
Rede ID: ID1402506800
Herr Kollege Thiele, er-
stens haben Sie das in Ihrem Gesetzentwurf damals so
gar nicht vorgesehen. Zweitens. Sie haben das kaufmän-
nische Rechnungswesen verhunzt. Sie appellieren gera-
dezu an die Gutverdienenden, den ökonomischen Sach-
verstand bei ihren Entscheidungen möglichst außen vor
zu lassen und sich nur noch an der Frage zu orientieren:
Wie kann man Verluste machen? Das ist doch eine Per-
version.


(Beifall bei der SPD)

Das haben Sie leider nicht geändert.


(Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Im Deutschen Bundestag haben wir das geändert!)


Ich möchte noch auf eines hinweisen. Wir müssen
von dieser totalen Verkehrung der Dinge wegkommen
und davon, gar noch zu behaupten, wie Sie es getan ha-
ben, Herr Thiele, man tue etwas für junge Unternehmen
oder für Venture Capital, wenn man mit solchen komi-
schen Fonds arbeite. In den angelsächsischen Ländern
geht das ohne solche verrückten steuerlichen Vorteile,
die aus einem Verlust sozusagen den Honig saugen, daß
eine Anlage, die Verlust verspricht, angeblich attraktiv
ist. Wir sind verliebt in das Gelingen und nicht in den
Verlust!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir werden dafür sorgen, daß die Fehlallokation, die
Sie mit Ihren Abschreibungskünstlern, mit der Zerrüt-
tung und Verwüstung des deutschen Steuerrechts in fast
der gleichen Weise erreicht haben wie die Staatliche
Plankommission, aufhört und wir zu einer Orientierung
am wirtschaftlichen Erfolg zurückkehren. Das wird auch
dazu beitragen, daß junge Unternehmen, daß Leistungs-
träger quer durch die Gesellschaft wieder Erfolg haben.
Leistung in Deutschland muß sich wieder lohnen. Stim-
men Sie unserem Gesetzentwurf zu!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1402506900
Das Wort hat
jetzt der Staatsminister des Freistaats Sachsen, Professor
Dr. Georg Milbradt.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1402507000
Frau
Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Zeit der
Spekulationen über die steuerpolitischen Vorhaben der
neuen Bonner Regierung ist vorbei. Das Ergebnis ist
niederschmetternd. Dieser Regierung fehlt nicht nur der

Jörg-Otto Spiller






(B)



(A) (C)



(D)


Mut, sondern offensichtlich auch die Fähigkeit zu einer
vorurteilslosen Analyse und zu wirklichen Reformen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Da Sinn und Zweck einer Steuerreform angesichts

des Durcheinanders der vergangenen Wochen aus den
Augen zu geraten drohen – die Beiträge der Regierungs-
koalition zeigen das –, erinnere ich daran, was die all-
gemein anerkannten Erfordernisse einer Steuerreform
sein sollten:

Erstens. Deutschlands Staatsquote und Abgabenbela-
stung sind entschieden zu hoch. Es müssen Maßnahmen
zur Ausgaben- und Abgabensenkung getroffen werden.
Hierzu ist eine Überprüfung aller staatlichen Aufgaben
unerläßlich. Staatsausgaben und öffentliche Kreditauf-
nahme müssen gesenkt werden. Mehr Investitionen für
neue Arbeitsplätze sind notwendig. Dazu bedarf es einer
Reform der Unternehmenssteuern, die diesen Namen
auch verdient. Eine faire Lastenverteilung zwischen
Bund, Ländern und Gemeinden ist zu gewährleisten.

Zweitens. Das deutsche Steuerrecht muß einfacher
und transparenter werden. Es muß ein klarer und durch-
gängiger Maßstab der Besteuerung, insbesondere das
Leistungsfähigkeitsprinzip angewandt werden.

Leider ist festzustellen: Fast nichts von diesen Grund-
sätzen findet sich in den heute zur Beratung stehenden
Entwürfen wieder. Die von dieser Bundesregierung vor-
gesehenen Senkungen des Eingangs- und des Spitzen-
steuersatzes sind mutlos und unzureichend.


(Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Richtig!)

Zwar kündigen Sie an, die Unternehmenssteuern auf 35
Prozent senken zu wollen, lassen aber den allgemeinen
Spitzensteuersatz nahezu unverändert bei 48,5 Prozent
stehen.

Mit solch unterschiedlich hohen Steuersätzen bereiten
Sie den Nährboden für neue Steuerschlupflöcher, die zu
beseitigen Sie gerade angetreten sind.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Steuerpflichtige mit hohen Vermögen beispielsweise
brauchen ihr Vermögen nur neu zu ordnen und können
auf einfache Weise aus privaten Vermögenseinkünften
gewerbliche Einkünfte machen und so ihre Steuer sen-
ken. – Die Familie Quandt läßt grüßen. – Sie beherzigen
weder die Erfahrung aus der Praxis noch die Ratschläge
aus der Wissenschaft. Hohe Steuersätze auf der einen
Seite, Ausnahmetatbestände und eine ungleiche Be-
handlung von Einkünften auf der anderen Seite sind eine
Aufforderung an die Steuerzahler, sich diese Unge-
reimtheiten zunutze zu machen. Wirtschaftliches Ver-
halten wird durch steuerliche Optimierungen zu Lasten
der Gesamtwirtschaft verzerrt. Statt unser Steuersystem
wieder in Richtung auf mehr Neutralität zu verbessern,
„verschlimmbessern“ Sie es weiter, weil Sie erfahrungs-
und beratungsresistent sind.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Klaus Wolfgang Müller [Kiel] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ganz im Gegenteil!)


Sie lehnen eine deutliche und gleichmäßige Senkung der
Steuersätze ab. Statt zu reformieren, betreiben Sie ein
Arbeitsbeschaffungsprogramm für kreative Steuer-
künstler und Verfassungsjuristen. Das sind aber nicht
die Arbeitsplätze, die nach unseren Vorstellungen ge-
schaffen werden müßten.

Die von der rotgrünen Koalition versprochene
Steuervereinfachung ist ausgeblieben. Im Gegenteil:
Das Steueränderungsgesetz enthält weitere Verkompli-
zierungen. Beispiele hierfür sind die Mindestbesteue-
rung und die daran angelehnte Einschränkung von Ver-
lustzuweisungsgesellschaften, die Regelung zum Aus-
schluß des Abzugs privater Schuldzinsen und die Neu-
fassung des bisher relativ einfach zu handhabenden
Verlustabzugs. Die Verworrenheit dieser Regelungen ist
Ausdruck einer intransparenten und komplizierten Ge-
setzgebung, die keine Rücksicht auf den Gesetzesvoll-
zug nimmt. – Das betrifft insbesondere die Länder. –
Rechtsstreitigkeiten in großem Umfang sind vorpro-
grammiert, unnützer Verwaltungsaufwand wird die Fol-
ge sein.

Bei dem Gesetzeswerk bleibt auch die Steuerge-
rechtigkeit auf der Strecke. Es ist kein durchgängi-
ges Konzept hierfür zu erkennen, sondern nur un-
systematische Eingriffe mit neuen Ausnahmetatbe-
ständen. Von einer Besteuerung der Bürger nach der
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit kann keine Rede
sein.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Sie, meine Damen und Herren von der Regierung, haben
sich vor der Definition und konsequenten Anwendung
dieses Prinzips gedrückt und Nebelgranaten verschos-
sen. Sie verwechseln Neid mit Gerechtigkeit!


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Detlev von Larcher [SPD]: Lächerlich! Das kennen wir schon! Wenn wir „Gerechtigkeit“ sagen, schreiben Sie „Neid“!)


Sie müssen zunächst einmal definieren, an welchem
Maßstab Sie das messen wollen. Davor haben Sie sich
gedrückt.


(Detlev von Larcher [SPD]: Nein!)

Der Umbau der Kilometerpauschale in eine ver-

kehrsmittelunabhängige Entfernungspauschale ist erst
gar nicht thematisiert worden. Dabei hätte gerade dies
den Koalitionsparteien, die bei jeder Gelegenheit ihre
ökologische Verbundenheit zu Schau stellen, gut ange-
standen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Sehr richtig!)


Die von allen Steuerexperten geforderte Durchfor-
stung der Liste der in § 3 EStG befreiten Tatbestände ist
auch nicht erfolgt.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Steuerpfuscher!)


Die neue Regierung möchte den Problemen unserer
Zeit mit einer Rezeptur zu Leibe rücken, die sich bereits
in den 70er Jahren in Westdeutschland als völlig un-

Staatsminister Dr. Georg Milbradt (Sachsen)







(A) (C)



(B) (D)


tauglich erwiesen hat. Niemand bestreitet, daß von der
Nachfrageseite Impulse für die wirtschaftliche Ent-
wicklung ausgelöst werden.


(Detlev von Larcher [SPD]: Ach!)

In einer offenen und globalen Welt kommt es jedoch

zunehmend auf die Angebotsseite an. Nur ideologische
Traumtänzer werden glauben, daß ein Mehr in den Kas-
sen bestimmter Bevölkerungsschichten zu einer gleich
hohen Stärkung der Nachfrage nach hier produzierten
Waren und Dienstleistungen führt und Arbeitsplätze
schafft. Deswegen sind die steuerlichen Entlastungen
von Sparen und Investieren und die Beseitigung von
Verkrustungen in unserem Wirtschafts- und Sozialsy-
stem der Schlüssel zu mehr Arbeitsplätzen und wirt-
schaftlicher Dynamik.

Sie glauben, unsere strukturellen Wirtschaftsproble-
me mit Umverteilung, insbesondere durch die Entla-
stung von Arbeitnehmern und Familien, lösen und den
Arbeitsmarkt beleben zu können. Diese Entlastung ist
sicherlich gesellschafts- und familienpolitisch sinnvoll
– keine Frage –, nur wird sie bei Ihrem „policy mix“ das
Beschäftigungsziel verfehlen.

Sie werfen der alten Bundesregierung das Scheitern
der Angebotspolitik vor, deren Wirksamkeit Sie ja
ständig über den Bundesrat behindert haben. Sie überse-
hen dabei, daß das größte Keynesianische Nachfrage-
programm der Geschichte, nämlich die zum großen Teil
defizitfinanzierten Transfers für Ostdeutschland, die zu
Nachfrage in Westdeutschland führten, unsere struktu-
rellen Arbeitsmarktprobleme nicht gelöst hat. Woher
nehmen Sie eigentlich die Hoffnung, daß die von Ihren
Steuergesetzen ausgehenden Wirkungen, die weitgehend
durch die Gegenfinanzierung und die Investitionsver-
schlechterung kompensiert werden, weiter reichen als
das 1,3-Billionen-DM-Programm der vorigen Bundesre-
gierung?


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die Folgen der Steuerpolitik dieser Bundesregierung

für das Investitionsklima sind schwerwiegend. Die Bun-
desregierung verschlechtert es mutwillig und fortlaufend
durch ihre chaotische Politik. Glauben Sie denn im
Ernst, daß dieses Steuergesetz nur einen einzigen zu-
sätzlichen Investor veranlaßt, bei uns zu investieren und
Arbeitsplätze zu schaffen?


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Attentismus bei den Investitionen ist das Schlimmste,

was einer Regierung, die sich am Abbau der Arbeitslo-
sigkeit messen lassen will, passieren kann.

Ihr Steuergesetz genügt nicht einmal einfachen öko-
nomischen Grundwahrheiten, höchstens Ihrer selbstge-
bastelten Wirtschaftsideologie, die durch Neid und
Staatsdirigismus geprägt ist.


(Widerspruch bei der SPD)

Über diese Wirtschaftsideologie, meine Damen und

Herren von den Koalitionsfraktionen, hat der bekannte

Autor eines Standardlehrbuchs für Makroökonomie,
Professor Dornbusch, kürzlich gesagt:


(Bundesminister Oskar Lafontaine: Ausgerechnet den müssen Sie zitieren!)


Überall in der Welt wird eine solche Politik populi-
stisch genannt, überall in der Welt hat sie versagt,
und sie wird auch in Deutschland versagen.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1402507100
Ich bitte um
Ruhe auf der Regierungsbank, Herr Minister.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1402507200
Die
Folgen Ihrer steuerpolitischen Gesetzesvorschläge tref-
fen die neuen Bundesländer besonders. Mögen die zu-
sätzlichen Belastungen für die westdeutsche Wirtschaft
schon schwer verdaulich sein, so werden viele Unter-
nehmen in den neuen Ländern, von denen nicht einmal
die Hälfte mit Gewinn wirtschaftet, in existentielle
Schwierigkeiten getrieben. Zum Abbau der hohen Ar-
beitslosigkeit im Osten trägt das Gesetz in keiner Weise
bei; eher ist das Gegenteil zu befürchten. Die Innen-
stadtsanierung, die Existenzförderung und die Mieter-
privatisierung werden durch Ihr Gesetz entscheidend
behindert.


(Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Richtig!)

Von einer sozialen Ausgewogenheit kann in Ost-
deutschland nicht die Rede sein.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Pro-

bleme der ostdeutschen Braunkohle sind schon erörtert
worden. Es ist schon bemerkenswert, wenn bei jeder
sich bietenden Gelegenheit auf die Probleme der west-
deutschen Steinkohle hingewiesen wird, weil der Bun-
desfinanzminister aus dem Saarland stammt, auf die ost-
deutsche Braunkohle aber keinerlei Rücksicht genom-
men wird.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Zuruf von der SPD: Das stimmt so nicht!)


Jeder weiß, welche Arbeitsplatzwirkungen dieses Gesetz
in der Lausitz und im Raum südlich von Leipzig haben
wird. – Eine Bemerkung an die PDS: Wenn Sie das ge-
nauso sehen, haben Sie die Möglichkeit, durch Ihre Ein-
flußnahme in Schwerin und Magdeburg das Gesetz im
Bundesrat zu kippen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Zuruf des Abg. Rolf Kutzmutz [PDS] und Zurufe von der SPD)


Meine Damen und Herren, als Ergebnis läßt sich fest-
stellen, daß dieses Steuergesetz alle für eine Steuer-
reform erforderlichen Zielvorstellungen verfehlt. Das
Steuersystem wird weder einfacher noch gerechter. Das
Vorhaben der rotgrünen Regierung nimmt keine Rück-
sicht auf die wirtschaftlichen Erfordernisse und stellt
keine Lösung für das innenpolitische Problem Nummer
eins dar: die Arbeitslosigkeit. Statt Vernunft herrscht
Chaos; zurück bleiben Enttäuschung und Frustration.

Staatsminister Dr. Georg Milbradt (Sachsen)







(B)



(A) (C)



(D)


Meine sehr verehrten Damen und Herren, diesen
Steuermurks hat Deutschland nicht verdient.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Der Preis dieses Gesetzes, nämlich ein weiterer Verlust
von Beschäftigung, ist uns zu hoch.


(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1402507300
Das Wort hat
jetzt der Abgeordnete Mathias Schubert.


Dr. Mathias Schubert (SPD):
Rede ID: ID1402507400
Frau Präsidentin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unser Steuerentla-
stungsgesetz folgt, ob Ihnen das nun gefällt oder nicht,
dem Prinzip der Steuergerechtigkeit.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Herr Kollege Milbradt, Sie haben das zwar eben kriti-
siert, aber Sie haben natürlich die Antwort darauf, war-
um Sie das kritisiert haben, nicht gegeben. Wenn Sie uns
schon kritisieren, sollten Sie auch sagen, warum.

Wir machen die Steuerreform auch nicht im ge-
schichtslosen Raum, wie manche von Ihnen offensicht-
lich noch glauben. Auslöser unserer Steuerreform ist,
daß die Kohl-Regierung in den letzten 16 Jahren das
Prinzip der Steuergerechtigkeit hat verkommen lassen.
Damit räumen wir jetzt auf.


(Beifall bei der SPD – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Wer hat blockiert?)


– Ist ja gut, Herr Michelbach.
In den neuen Ländern wurde uns seit 1990 immer

wieder versprochen, daß der Aufbau Ost aus der Porto-
kasse bezahlt werden könne.


(Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Das hat nie jemand gesagt!)


Später hieß es: Na gut, nicht ganz aus der Portokasse, al-
so erhöhen wir hier und da ein paar Steuern. Dieser
Vorgang wiederholte sich ungefähr 20mal, und das
Ganze wurde völlig unberechenbar und zum totalen
Chaos. Außerdem wurde es auf dem Rücken der nor-
malen Einkommensbezieher in Ost wie in West ausge-
tragen.


(Beifall bei der SPD)

Dieses Prinzip von Versprechen und Nichthalten hat

bei den Menschen in den neuen Ländern zu einer Ero-
sion der Glaubwürdigkeit von Politik in einem Maße ge-
führt, wie Sie es sich vermutlich überhaupt noch nicht
klargemacht haben.

Herr Milbradt, wenn Sie davon sprechen, es gebe in
den neuen Ländern keine soziale Ausgewogenheit, dann
sage ich Ihnen ganz klipp und klar: Das ist nicht die
Folge unserer Politik, sondern die Folge der Politik der

alten Bundesregierung und der Koalition, die die alte
Bundesregierung mitgetragen hat.


(Beifall bei der SPD)

Dagegen ist unser Steuerentlastungsgesetz der erste

und deshalb entscheidende Schritt, mit der Hinterlassen-
schaft eines durch die alte Bundesregierung verwüsteten
Steuerrechts aufzuräumen.


(Beifall bei der SPD – Zuruf von der CDU/CSU: Ach du lieber Gott!)


Ab jetzt werden die Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-
mer nachhaltig steuerlich entlastet.


(Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Wodurch denn?)


Ab jetzt bekommt der Mittelstand den Rücken frei für
Stabilität, Investitionssicherheit und Innovationsförde-
rung.


(Beifall bei der SPD – Lachen bei der CDU/CSU und F.D.P.)


– Was denn sonst? Lesen Sie doch einmal die Zeitung,
und rezipieren Sie nicht Ihre Ideologie, Herr Kollege
Thiele!

Ab jetzt wird – das ist genauso wichtig; wir haben es
bereits gesagt – nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit
gesteuert. Nichts anderes übrigens haben wir gesagt und
gewollt. Deshalb gilt auch hier – Herr Kollege von Lar-
cher, Sie haben völlig recht –: Versprochen – gehalten.


(Beifall bei der SPD)

Was das nun für die neuen Bundesländer bedeutet,

will ich Ihnen an Hand von einigen Beispielen versu-
chen zu verdeutlichen. Die Senkung des Eingangssteu-
ersatzes in Verbindung mit der Erhöhung des steuerfrei-
en Existenzminimums entlastet natürlich wirksam die
ohnehin relativ niedrigen Einkommen der meisten Men-
schen in den neuen Ländern. Ob das nun Angebots- oder
Nachfrageideologie ist: Natürlich wird die Kaufkraft ge-
stärkt, natürlich hat das positive Folgen für Wirtschaft
und Arbeitsmarkt in den neuen Ländern. Was denn
sonst?


(Walter Hirche [F.D.P.]: Für den Arbeitsmarkt bestimmt nicht!)


Nächster Punkt. Außer vielleicht der Opposition – das
haben wir heute früh wunderbar und oft gehört – be-
streitet kaum noch jemand ernsthaft, daß unser Steuer-
entlastungsgesetz den Mittelstand um wenigstens
4 Milliarden DM entlastet. Der große Teil dieser Entla-
stungen wird im Handwerk und im Mittelstand auch
Ostdeutschlands realisiert; das ist selbstverständlich.
Dabei handelt es sich immerhin um unsere volkswirt-
schaftliche Grundlage. Wenn wir also zum Beispiel den
Körperschaftsteuertarif senken, Ansparabschreibungen
festschreiben, Existenzgründer über fünf Jahre von der
Steuer freistellen, Verlustrückträge mit einer eindeutig
mittelstandsfreundlichen Komponente versehen haben
und Chancenkapital ausdrücklich zur Gewinnorientie-
rung ermuntern, dann wirkt sich das auf die Wirtschaft
in den neuen Ländern in besonderer Weise positiv aus.

Staatsminister Dr. Georg Milbradt (Sachsen)







(A) (C)



(B) (D)


Nun will ich einmal ein schönes Beispiel aus den
neuen Ländern zu dem berühmt-berüchtigten geplanten
§ 2 b des Einkommensteuergesetzes sagen. Es gibt eine
Filmförderung Studio Babelsberg, für die ein Fonds zur
Filmförderung in Höhe von 800 Millionen DM aufgelegt
worden ist. Jetzt dürfen Sie dreimal raten, wieviel von
den 800 Millionen DM – es ist ein Abschreibungspro-
jekt – in Brandenburg bleiben. Die brandenburgische
Finanzministerin ist froh, wenn 20 Prozent davon dort
bleiben. Die restlichen 80 Prozent gehen nach Holly-
wood und sonstwohin. Wir sind aber nicht dazu da, Ab-
schreibungen zu ermöglichen, damit anderswo Filme
produziert werden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Darum geht es bei dieser Geschichte. Darüber müssen
Sie einmal nachdenken, wenn Sie über solche Dinge re-
den.

Ich mache auf eine weitere positive Auswirkung un-
seres Steuerentlastungsgesetzes für den Aufbau Ost
aufmerksam. Die abgewählte Bundesregierung wollte
eine Steuerreform, die die öffentlichen Haushalte um
ungefähr 50 bis 55 Milliarden DM belastet hätte. Die
Höherverschuldung bei Bund und Ländern wäre über-
haupt nicht mehr beherrschbar gewesen.


(Detlev von Larcher [SPD]: Deshalb ist sie ja abgelehnt worden!)


Das hätte bedeutet, daß die neuen Bundesländer die
Investitionsprogramme des Bundes kaum noch hät-
ten gegenfinanzieren können. Ich will ja nicht schwär-
zer malen, als Ihre Politik ab und zu ist; aber Ihr Steuer-
reformkonzept hätte dem Aufbau Ost vor allem im in-
vestiven Bereich nachhaltig schweren Schaden zuge-
fügt.


(Beifall bei der SPD)

Wir haben unser Steuerentlastungsgesetz dagegen auf
finanziell solide Füße gestellt. Deshalb wird es, in Ab-
stimmung mit den neuen Ländern, den Aufbau Ost eben
nicht blockieren, sondern gerade fördern.

Jetzt komme ich zu dem schönen Thema Braunkohle
in der Lausitz und in Mitteldeutschland. Ist Herr Kollege
Haupt noch da? – Anscheinend nicht; vielleicht können
Sie ihm übermitteln, was ich dazu zu sagen habe. Herr
Kollege Haupt hat gefordert – die F.D.P.-Fraktion hat
einen Antrag dazu vorgelegt –, die Braunkohle solle
bundesweit aus dem geplanten § 2 b herausgenommen
werden. Ich habe herauszubekommen versucht, ob die
Laubag und die Mibrag Gewinne oder Verluste machen.
Das kriegt man aber nicht heraus. Wenn sie Verluste
machen, haben sie ohnehin das Problem des § 2 b nicht.
Wenn sie Gewinne machen, dann, so meine ich, sollten
sie diese – so wie jeder andere auch – versteuern. Das
ist ein Beitrag zur inneren Einheit Deutschlands. Wir als
Ostdeutsche wollen doch gar nicht anders behandelt
werden.

Schade, daß der Kollege Haupt nicht da ist; das tut
mir wirklich leid. – Er kommt aus Hoyerswerda. Die

Arbeitsgruppe „Neue Länder“ der SPD-Bundestagsfrak-
tion war vor ein paar Wochen in Hoyerswerda.


(Zuruf von der F.D.P.: Herr Haupt wohnt da! Er ist da ständig!)


Dabei handelt es sich um eine strukturschwache Region
mit 28 Prozent Arbeitslosigkeit. Was haben uns die
Kommunalpolitiker dort gesagt? Sie haben uns gesagt:
Die Landesregierung hat kein Konzept zur Strukturför-
derung der Lausitz. Das ist der Punkt. Es geht doch nicht
nur um die Braunkohle, sondern es geht um die Zu-
kunftsfähigkeit solcher Regionen. Da hat die Landesre-
gierung von Sachsen versagt. Dort sollte einmal ange-
setzt werden und nicht immer nur bei irgendwelchen
Sonderabschreibungsmodellen des Bundes für einzelne
Branchen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1402507500
Herr Kollege,
gestatten Sie eine Zwischenfrage Ihres Kollegen Klin-
kert?


Dr. Mathias Schubert (SPD):
Rede ID: ID1402507600
Herr Klinkert, bitte
schön.


Ulrich Klinkert (CDU):
Rede ID: ID1402507700
Herr Kollege, auch ich
komme aus Hoyerswerda.


Dr. Mathias Schubert (SPD):
Rede ID: ID1402507800
Ich weiß.


Ulrich Klinkert (CDU):
Rede ID: ID1402507900
Ich weiß, daß Tausen-
de von Arbeitsplätzen nach wie vor von der Braunkohle-
förderung abhängig sind. Sehen Sie es als Ihr Konzept
der Strukturförderung in dieser Region an, wenn Sie die
Braunkohlenförderung allein bei der Laubag mit
500 Millionen DM belasten, und wie bewerten Sie die
Äußerung eines SPD-Landtagsabgeordneten aus Bran-
denburg, der Sie, die SPD-Abgeordneten aus den neuen
Bundesländern, davor warnt, in die Doppelfalle Grüner
Politik zu tappen?


Ulrich Klinkert (CDU):
Rede ID: ID1402508000
Wenn ich das vielleicht
erläutern darf: –


Dr. Mathias Schubert (SPD):
Rede ID: ID1402508100
Ja, bitte.


Ulrich Klinkert (CDU):
Rede ID: ID1402508200
– daß Sie sowohl den
Ausstieg aus der Kernenergie anstreben, aber nicht voll-
ziehen werden, als auch die Braunkohle in hohem Maße
steuerlich bestrafen.


Dr. Mathias Schubert (SPD):
Rede ID: ID1402508300
Sehr geehrter Herr
Kollege Klinkert, zunächst einmal bleibe ich dabei – ich
halte das für eine richtige Konzeption –: Erstens. Wir
können es uns auf Dauer nicht leisten, Branchen von der
Besteuerung auszunehmen.

Dr. Mathias Schubert






(B)



(A) (C)



(D)


Zweitens. Durch den § 2 b wird weder die Braun-
kohlenförderung in der Lausitz noch in Mitteldeutsch-
land in irgendeiner Form beeinträchtigt werden.


(Zuruf des Abg. Hansgeorg Hauser [Rednitzhembach] [CDU/CSU)


– Davon rede ich ja.

(Hansgeorg Hauser [Rednitzhembach] [CDU/CSU]: Nein, Sie reden die ganze Zeit vom § 2b!)

Drittens. Die genannten beiden großen Firmen haben

in der letzten Zeit so viel investiert, daß sie vermutlich
auf lange Zeit de facto Gewinne machen werden, die in
steuerlicher Hinsicht völlig irrelevant sind.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Aufhören! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU und der F.D.P.)


Viertens sage ich Ihnen noch etwas zu diesem The-
ma. Wenn der Lausitz der Strukturwandel weg von der
Monostruktur Braunkohle langfristig gesehen nicht ge-
lingt – ich rede jetzt über einen Zeitraum von 20, 25 Jah-
ren –, dann gehen dort die Lichter aus. Das Problem, das
wir haben, sind eben nicht nur die Braunkohle und die
Energie, sondern das Problem ist, inwieweit es jetzt
schon möglich ist, alternative Konzepte dazu zu entwik-
keln. Da haben wir das große Problem – das wissen Sie
genausogut wie ich –, daß es von sächsischer Seite bis-
her nur relativ deutliche Abblockungsversuche dagegen
gibt, mit Brandenburg an dieser Stelle zusammenzuar-
beiten. Sie haben im südlichen Raum, im Lausitzer
Raum angefangen, innovativ tätigen Mittelstand aufzu-
bauen und zu fördern. Das fehlt bei den anderen. Auch
darum muß es gehen. Genau da greift unser Steuerkon-
zept in positiver Weise.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1402508400
Der Kollege
Klinkert möchte eine Zusatzfrage stellen. Gleichzeitig
muß ich Sie ein bißchen an die Redezeit erinnern. Aber
die Zusatzfrage können Sie noch zulassen.


Dr. Mathias Schubert (SPD):
Rede ID: ID1402508500
Ja, ich lasse sie zu.
Wenn sich das Haus mit den Problemen der Lausitz be-
fassen will, dann soll es mir recht sein. Bitte schön.


Ulrich Klinkert (CDU):
Rede ID: ID1402508600
Wie bewerten Sie,
Herr Kollege, dann die Aussage des Betriebsrats der
Laubag und die der IG BCE, daß die Lichter in der Lau-
sitz möglicherweise nicht erst, wie Sie sagen, in 25 Jah-
ren ausgehen, sondern daß Ihre Politik zu einer akuten
Gefährdung von Arbeitsplätzen – ich betone: zu einer
akuten Gefährdung – in der Lausitz führt?


Dr. Mathias Schubert (SPD):
Rede ID: ID1402508700
Unsere Politik wird
zwei Ziele konsequent verfolgen. Auf der einen Seite
wird die Braunkohlesanierung über den vorgesehen
Zeitrahmen hinaus fortgesetzt. Auf der anderen Seite
werden die entsprechenden Maßnahmen getroffen, um
einen Strukturwandel einzuleiten. Dies ist zum großen

Teil Ländersache. Es tut mir leid, Herr Klinkert, ich
kann Ihnen die Tatsache nicht ersparen – in Hoyerswer-
da haben wir ein Beispiel dafür –, daß Brandenburg
Sachsen in diesem Punkt ein paar Schritte voraus ist. Ich
habe etwas dagegen, die Länder gegeneinander auszu-
spielen. Trotzdem muß ich sagen, daß Brandenburg
weiter ist. Sie behaupten aber in der Öffentlichkeit, dem
sei nicht so.


(Beifall bei der SPD)

Ich komme zum Schluß und will kurz auf folgendes

hinweisen. Meine Damen und Herren von der Oppositi-
on, weder im Finanzausschuß noch im Ausschuß für die
Angelegenheiten der neuen Länder – auch dort taucht
das Thema Braunkohle auf – kam von Ihnen irgendein
inhaltlich substantieller Antrag zur Steuerreform – noch
nicht einmal ein destruktiver, abgesehen vom Antrag der
PDS.


(Heiterkeit bei der SPD)

Anderes war von der PDS nicht zu erwarten. In der
DDR gab es damals einen Spitzensteuersatz von 90 Pro-
zent. Aber daß sich die Rolle der Opposition auf der
rechten Seite des Hauses auf die Anwendung der Ge-
schäftsordnung beschränkt, zeigt mir als ostdeutschem
Abgeordneten, daß Ihre Politik nicht nur kaum Inhalte
hat, sondern daß Sie auch noch unfähig sind, sie auszu-
drücken. Es zeigt mir außerdem, daß Sie sich vom Auf-
bau Ost längst verabschiedet haben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Dr. Barbara Höll [PDS]: Hat irgend jemand behauptet, daß das Steuersystem in der DDR gerecht war? Das ist doch Blödsinn! Es wissen alle, daß es ungerecht war!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1402508800
Das Wort hat
jetzt der Abgeordnete Peter Rauen.


Peter Rauen (CDU):
Rede ID: ID1402508900
Frau Präsidentin! Meine
sehr verehrten Damen und Herren! Es gehört schon eine
gute Portion Frechheit dazu, das Gesetz, das wir heute
beschließen sollen, „Steuerentlastungsgesetz“ zu nen-
nen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P. – Detlev von Larcher [SPD]: Sie sollten zustimmen!)


In Wahrheit ist dieses Gesetz eine Belastung für die
Steuerzahler und daher ein Steuerbelastungsgesetz.

Drei grobe Unwahrheiten, die immer wieder behaup-
tet werden – auch heute wieder –, müssen aus unserer
Sicht besonders klargestellt werden:

Erstens. Es wird immer wieder behauptet, die Gegen-
finanzierungsmaßnahmen seien ja auch im Entwurf
der alten Regierung vorgesehen gewesen.


(Detlev von Larcher [SPD]: Zum großen Teil!)


Dr. Mathias Schubert






(A) (C)



(B) (D)


Das ist im wesentlichen falsch. Zum Beispiel waren die
Mindestbesteuerung durch die Begrenzung der Verre-
chenbarkeit von Verlusten aus passiver Tätigkeit, die
Streichung der Teilwertabschreibung, der Ansatz von
Rückstellungen mit notwendigen Teilkosten, das Abzin-
sungsgebot bei Rückstellungen für Geldleistungsver-
pflichtungen, die Aufdeckung stiller Reserven beim
Tausch von Wirtschaftsgütern und die Abschaffung des
Verlustrücktrages bei dem unter der alten Regierung be-
schlossenen Gesetz überhaupt nicht vorgesehen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Das sind exakt die Gegenfinanzierung und die Gewinn-
ermittlungsvorschriften, die bei diesem Gesetz die
größte Kritik aus der Fachwelt erfahren haben.

Selbst die Abschreibungsveränderungen, die auch wir
vorgesehen hatten, sind deshalb völlig anders zu bewer-
ten, weil wir die Steuersätze drastisch senken wollten,
während dies in dem vorliegenden Entwurf überhaupt
nicht der Fall ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Das ist der Punkt!)


Zweitens. Die Behauptung der Regierung, mit diesem
Gesetz werde der Mittelstand entlastet, ist grob wahr-
heitswidrig. Dieses Gesetz ist ein einziges Abkassie-
rungsmodell zu Lasten des Mittelstandes


(Detlev von Larcher [SPD]: Das ist nicht wahr!)


und damit für diejenigen, die in den letzten Jahren in
Deutschland zusätzlich Arbeitsplätze geschaffen haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Detlev von Larcher [SPD]: 3,5 Milliarden DM Entlastung!)


Der Kollege Müller hat das „Handelsblatt“ zitiert. Ich
habe nachgelesen. Dort steht in der Tat die Überschrift
„Mittelstand ist der Gewinner des Steuerreform-
Hickhacks“. Ich dachte, jetzt verliert auch schon das
„Handelsblatt“ die Übersicht. Dann habe ich aber her-
ausgefunden, daß diese Überschrift überhaupt nicht
durch den Text gedeckt wird. Dort heißt es nämlich:

. . . aber im Vergleich zum ursprünglichen Regie-
rungsentwurf erhält der Mittelstand nun Erleichte-
rungen.

Weiter heißt es:
Auch Verluste können weiterhin zurückgetragen
werden. Und zwar ab 2001 für jeweils ein Jahr bis
zu höchstens 1 Million DM. 1999 und 2000 gelten
1 Jahr und 2 Millionen DM. Bisher konnte der
Verlustrücktrag freilich jeweils 2 Jahre lang bis zu
insgesamt 10 Millionen DM in Anspruch genom-
men werden.

Die von der Regierung aufgestellte Behauptung deckt
sich mit dem, was heute morgen Minister Lafontaine ge-
sagt hat, nämlich daß der Mittelstand bei Verlustvortrag
und Verlustrücktrag deutlich besser gestellt sei und daß
die CDU sich das alte Gesetz anschauen solle. Ich habe

mich gefragt: Mein Gott, wie kann dieser Mann die Na-
tion so belügen?


(Joachim Poß [SPD]: Seien Sie vorsichtig mit der Lüge! Kasper!)


Umgekehrt wird ein Schuh daraus. Wir hatten den
Zeitraum für den Verlustrücktrag bis zu einer Grenze
von 10 Millionen DM von zwei Jahren auf ein Jahr re-
duziert. Die Verlustvorträge haben wir auf eine
50prozentige Verrechenbarkeit mit Gewinnen reduziert.
Allerdings lag die Grenze des Verlustrücktrags für den
Mittelstand bei 2 Millionen DM, weil wir die gewaltigen
Verlustvorträge der ganz großen Konzerne aus Mantel-
käufen damit eindämmen wollten. Es wird also umge-
kehrt ein Schuh daraus: Sie sind vor den Interessen derer
in die Knie gegangen, die Milliardenverluste durch
Mantelkäufe angehäuft hatten.

Mit Ihrem Steuerentlastungsgesetz und der Ökosteu-
erreform treten Sie dem Mittelstand kräftig in die Knie-
kehlen und erwarten dafür jetzt auch noch Beifall, weil
der Schmerz etwas nachläßt, nachdem in den letzten Ta-
gen ein paar Marterwerkzeuge auf Druck der Opposition
und der Fachwelt im Sinne des Mittelstandes zurückge-
nommen wurden.


(Detlev von Larcher [SPD]: Die Opposition hat doch keinen einzigen Antrag gestellt!)


Auch die dritte Behauptung, daß mit der ersten Stufe
der Steuerreform 1999 die unteren Einkommensgruppen
entlastet würden, stimmt nur bedingt. Der ledige Fach-
arbeiter mit einem Bruttojahreseinkommen von 70 000
DM wird durch die erste Stufe der Reform um 3,50 DM
im Monat entlastet. Das reicht gerade aus, um die Mehr-
kosten durch die Erhöhung der Mineralölsteuer um
6 Pfennig bei einer Tankfüllung von 60 Litern Benzin zu
finanzieren.


(Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: So ist es!)

Der Kollege Solms hat heute morgen hier darauf hin-

gewiesen, daß die Facharbeiter bereits belastet werden.
Dazu hat der Finanzminister gesagt: Aber der Grund-
freibetrag gilt für alle. – Daraufhin habe ich dazwi-
schengerufen: Keine Ahnung, Herr Minister. – Ich neh-
me das zurück. Auch Sie können nicht alles wissen.
Aber ich bitte Sie, sich bei den Tariffachleuten in Ihrem
Haus zu erkundigen, was wirklich vorgeht; denn auf
Grund des Grundfreibetrages, der um rund 700 DM er-
höht wurde, müßten die unteren Einkommensgruppen
um 168 DM pro Monat entlastet werden. Aber dem
Facharbeiter gönnen Sie diese Entlastung nicht. Sie ha-
ben im Progressionsbereich derartige Veränderungen
vorgenommen, daß der Facharbeiter gar keine Entla-
stung hat. Wenn es so weitergeht, wird aus dem ur-
sprünglichen Mittelstandsbauch, der von Gerhard Stol-
tenberg abgeschafft wurde, unter der SPD ein Fachar-
beiterbauch.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)


In diesem Zusammenhang von einer Entlastung der un-
teren Einkommensgruppen zu sprechen, ist irreführend;
es sei denn, daß aus Ihrer Sicht der Facharbeiter zu den

Peter Rauen






(B)



(A) (C)



(D)


Besserverdienenden gehört, die weiterhin abgezockt
werden müssen.

Das Finanztableau zu diesem Gesetz einschließlich
der beiden Vorläufergesetze beweist, daß die Steuer-
zahler als Ganzes gesehen nicht entlastet, sondern bela-
stet werden.


(Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Richtig!)

In den Jahren 1999, 2000 und 2001 findet praktisch
überhaupt keine Entlastung statt. Für das Jahr 2002 ist
eine Entlastung von 20,512 Milliarden DM ausgewie-
sen. Aber das heißt im Klartext, daß vier Jahre lang
durch das Zusammenwirken von Lohn- und Gehaltser-
höhungen sowie Steuerprogression, also durch Steuer-
technik, heimliche Steuererhöhungen entstehen, die im
Finanztableau nicht ausgewiesen sind. Das ist durch
ausdrückliches Nachfragen bei den Anhörungen bestä-
tigt worden. Die Mehreinnahmen betragen in diesen vier
Jahren, je nach Lohnsteigerungen, zwischen 40 und
60 Milliarden DM. Das heißt im Klartext: Wir haben
ausweislich der Zahlen im Gesetzentwurf keine Steuer-
entlastung, sondern eine Steuerbelastung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Belastung und nicht Entlastung der arbeitenden Men-

schen, mehr Staat und nicht weniger Staat, mehr staatli-
cher Dirigismus und weniger persönlicher Entschei-
dungsspielraum – das ist Ihre Politik. Mit all den Re-
formen, die Sie bisher durchgesetzt haben, sind Sie ein-
deutig auf dem Weg zu einer höheren Steuer- und Ab-
gabenbelastung der arbeitenden Menschen. Die Staats-
quote wird steigen, die Beschäftigung abnehmen und die
Arbeitslosigkeit steigen. Die ersten Anzeichen dafür
sind deutlich erkennbar. Die Konjunktur schwächt sich
ab. Die Industrie erwartet einen drastischen Abschwung
der Wirtschaftsentwicklung. Die deutschen Aktien be-
kommen Schlagseite.

Friedrich Merz hat heute morgen die 22 Topmanager
erwähnt, die dem Bundeskanzler geschrieben haben und
die wachstums- und arbeitsplatzfeindliche Reform gei-
ßeln. Heute morgen hat der Arbeitgeberpräsident noch
einmal gebeten, diese Reform nicht zu verwirklichen,
weil sie investitionsvernichtend wirkt. Eines will ich Ih-
nen noch sagen: Viel schlimmer ist, daß hunderttausen-
de Inhaber kleiner und mittelständischer Betriebe inner-
halb der letzten Wochen durch Rotgrün und Ihre Regie-
rung die Zuversicht in ihre Geschäftsentwicklung verlo-
ren haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Das sind nicht diejenigen, die schreiben. Sie resignieren
still und verlieren auf Grund nicht vorkommender Entla-
stungen ihre Fähigkeit, zu investieren, und so Arbeits-
plätze zu sichern.

Es ist bezeichnend, daß die neue Regierung von ih-
rem ursprünglich verkündeten Ziel, mehr Arbeitsplätze
zu schaffen, im Rahmen dieser Steuergesetze überhaupt
nicht mehr spricht. Die Gewerkschaften haben offenbar
klar erkannt, daß von dieser Regierung keine Reformen
zu erwarten sind, die zu mehr Nettoeinkommen der Ar-
beitnehmer führen. Deshalb das Ende der Bescheiden-

heit und die Durchsetzung kräftiger Lohnerhöhungen
unter Inkaufnahme von steigenden Arbeitskosten, die
teilweise nicht mehr gedeckt werden können und des-
halb wiederum zum Verlust von Arbeitsplätzen führen.

Vor dem Hintergrund der Steuertarife, die nicht ge-
ändert werden, und der hohen Sozialversicherungsbei-
träge, die nicht reduziert werden, ist doch folgendes ein
Irrsinn, der nach den Tarifvereinbarungen für Arbeit-
nehmer und Arbeitgeber jetzt wieder deutlich wird: Ein
Arbeitnehmer der Baubranche, der bei einem Bruttoein-
kommen von 5 000 DM eine Lohnerhöhung von 4 Pro-
zent hat – das sind 200 DM brutto im Monat mehr – ,
behält nach den gültigen Steuertarifen netto monatlich
80,37 DM mehr in der Tasche, während das entspre-
chende Unternehmen als Ergebnis dieser Lohnerhöhung
294,98 DM mehr an Kosten hat. Der eigentliche Gewin-
ner dieser Lohnerhöhungen ist nicht mehr der arbeitende
Mensch, sondern der Staat, der Fiskus, und die sozialen
Sicherungssysteme. In dem genannten Beispiel bleiben
rund 80 DM beim Arbeitnehmer, während 215 DM in
staatliche Kassen fließen, also mehr als das Zweiein-
halbfache dessen, was bei dem Arbeitnehmer verbleibt.
Herr Lafontaine, es ist kein Wunder, daß Sie hier für das
Ende der Bescheidenheit eingetreten sind.

Die Reformgesetze ändern an dem Irrsinn der unge-
rechten Verteilung des Mehreinkommens zwischen Ar-
beitnehmer und Staat überhaupt nichts. So werden Ar-
beitsplätze in Deutschland systematisch weiter vernich-
tet.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Es bleibt dabei: Die Arbeitnehmer verdienen netto zu

wenig, und die Arbeitskosten sind gleichzeitig zu hoch.
Ich frage mich allen Ernstes, was die Gespräche zum
„Bündnis für Arbeit“ überhaupt noch sollen. Von der
Unternehmensteuerreform weiß man noch immer nicht,
wie sie aussehen soll. Man weiß nur soviel, daß sie auf-
kommensneutral, also ohne Entlastung für die Unter-
nehmen, sein soll.

Hinsichtlich der nach dem Karlsruher Urteil notwen-
digen Reform der Familienbesteuerung kann man offen
vermuten, daß dazu die Mehrwertsteuer erhöht wird.
Egal, wo man hinschaut: Nirgendwo kann man auch nur
im Ansatz erkennen, daß die Menschen netto entlastet
werden.


(Detlev von Larcher [SPD]: Weil Sie die Augen zumachen!)


Es ist nicht der Hauch des Bemühens dieser Regierung
zu spüren, bei den Ausgaben des Staates oder bei den
Ausgaben der Sozialversicherungsträger zu sparen.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1402509000
Herr Kollege,
denken Sie an die Redezeit.


Peter Rauen (CDU):
Rede ID: ID1402509100
Ich komme zum Ende. –
Wenn diese Regierung auf ihrem Weg nicht umkehrt,
dann wird sie ihr oberstes Ziel, mehr Beschäftigung in
Deutschland zu schaffen, mit Sicherheit nicht erreichen.
Ihre Ankündigungen im Wahlkampf, nicht alles anders,

Peter Rauen






(A) (C)



(B) (D)


aber vieles besser zu machen, stimmen nicht. Sie ma-
chen zwar vieles anders, aber alles schlechter.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Schönen Dank.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1402509200
Das Wort hat
jetzt die Abgeordnete Lydia Westrich.


Lydia Westrich (SPD):
Rede ID: ID1402509300
Frau Präsidentin! Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Die Diskussion über das
Steuerentlastungsgesetz ist in den vergangenen Tagen
noch hitziger geworden. Von der Drohkulisse der Wirt-
schaft haben wir schon heute einiges gehört. Zu dieser
Diskussion schreibt die „Frankfurter Rundschau“ heute:

Die Maßlosigkeit der Sprache entspricht der Maß-
losigkeit der Gewinnansprüche.


(Beifall bei der SPD)

Getroffene Hunde bellen.

Plötzlich scheint man vergessen zu haben, daß zu-
mindest vor einiger Zeit politische Einigkeit, nicht nur
im Parlament, darüber bestand, daß Abschreibungsmög-
lichkeiten und Steuerschlupflöchern künftig der Kampf
angesagt wird. Wir wollten gemeinsam den Verfall der
Steuerbasis aufhalten. Diesen Konsens haben Sie, meine
Damen und Herren von der Opposition, aufgekündigt.
Sie betreiben zur Zeit eine reine Klientelpolitik.

Viel gravierender aber ist es noch, daß Sie aufgehört
haben, an die Menschen zu denken, die keine Möglich-
keiten haben, durch Abschreibungen ihre Steuerschuld
zu mindern, und die deshalb in der Vergangenheit die
Abschreibungsmöglichkeiten der Großunternehmen mit-
finanziert haben.


(Detlev von Larcher [SPD]: Sehr wahr!)

Das sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, aber
auch die kleinen Handwerker, von denen Herr Rauen ge-
rade gesprochen hat.


(Zuruf von der CDU/CSU: Unsinn!)

Deren Steuer- und Abgabenlast hat unter Ihrer Regie-
rung ein historisches Rekordniveau erreicht, wie es bis-
her noch nie dagewesen war.


(Detlev von Larcher [SPD]: So ist es!)

Der Bund der Steuerzahler hat einmal errechnet, daß

ein Arbeitnehmer im Durchschnitt bis etwa Mitte Juni
arbeiten muß, bis er anfängt, Geld zu verdienen, das er
nicht an den Staat abführen muß. Jahrelang hat unter Ih-
rer Regierung der kleine Mann die Zeche bezahlt. Jah-
relang haben Sie, verehrte Damen und Herren von der
Opposition, Politik zu Lasten von Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmern und ihren Familien, Politik auf de-
ren Rücken betrieben sowie eine Umverteilung von un-
ten nach oben vorangetrieben. Das ändern wir.


(Beifall bei der SPD)

Wir ändern die soziale Schieflage und schließen die

Gerechtigkeitslücke in unserem Steuerrecht. Eine drin-

gende Aufgabe der Steuerreform in Deutschland ist es
nämlich, wieder für ein Stück mehr Steuergerechtigkeit
zu sorgen. Die heutige Debatte hat gezeigt, daß das sehr
notwendig ist. Dazu gehört eine gerechte Lastenvertei-
lung, die sich an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit
eines jeden einzelnen zu orientieren hat.

Um es Ihnen, Herr Rauen, noch einmal deutlich zu
sagen: Unser Gesetzentwurf sieht deshalb vor, ganz be-
sonders geringe und mittlere Einkommen deutlich zu
entlasten. Nachdem der Eingangssteuersatz bei der
Einkommensteuer bereits zum 1. Januar 1999 von 25,9
auf 23,9 Prozent gesenkt wurde, wird er in der zweiten
und dritten Stufe bis zum Jahre 2002 auf 19,9 Prozent
gesenkt werden. Den Grundfreibetrag von rund 12 000
bzw. 24 000 DM werden wir bis 2002 auf 14 000 bzw.
28 000 DM angehoben haben. Ab Januar dieses Jahres
wurde schließlich das Kindergeld für das erste und
zweite Kind von 220 auf 250 DM erhöht.

Diese Veränderungen durch unser Steuerentlastungs-
gesetz machen bereits im Jahre 1999 bei einer Familie
mit zwei Kindern bis zu 1 200 DM pro Jahr aus. Im Jah-
re 2002 werden Familien mit zwei Kindern sogar bis zu
2 700 DM und mehr im Geldbeutel haben. In diesem
Rechenbeispiel sind, um es gleich vorwegzunehmen, die
durch die ökologische Steuerreform anfallenden Mehr-
ausgaben bereits berücksichtigt. Mich freut es, daß wir
es mit der Steuerreform nach knapp fünf Monaten ge-
schafft haben, unsere im Wahlkampf gemachten Ver-
sprechungen einzulösen, auch wenn uns das Herr Thiele
vorhin vorgeworfen hat.


(Beifall bei der SPD)

Ein wichtiges Ziel sozialdemokratischer Politik war

und ist die steuerliche Entlastung von Familien, weil für
uns die Familien zu den Leistungsträgern in der Gesell-
schaft gehören und deshalb einen Anspruch auf eine lei-
stungsgerechte Besteuerung haben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Der alten Regierung waren Familien solange wichtig,
wie sie über deren wertvolle Bedeutung reden konnte,
aber nichts zu ihrer Unterstützung tun mußte.


(Detlev von Larcher [SPD]: So war das!)

Sie hat den wohlklingenden Worten keine Taten folgen
lassen, die für eine Entlastung der Familien gesorgt hät-
ten. Im Gegenteil: 16 Jahre konservative Regierung
führten zu einer stetigen und schleichenden Ver-
schlechterung der Lebensverhältnisse von Familien und
von Kindern in unserem Land.


(Detlev von Larcher [SPD]: So ist das!)

Ich möchte, weil es gerade so schön paßt, kurz an den

sehr peinlichen und von der Regierung unter Verschluß
gehaltenen 10. Kinder- und Jugendbericht vom letzten
Jahr erinnern; zeigten seine Ergebnisse und die nieder-
schmetternden Fakten doch mehr als deutlich, wohin die
Familienpolitik der konservativen Regierung geführt
hat, nämlich in die Ausgrenzung von Familien, zu einer
enorm gewachsenen Zahl armer Familien und zu einer
Vielzahl von Kindern, die in ihrer Kindheit einen Man-

Peter Rauen






(B)



(A) (C)



(D)


gel an Teilnahme am normalen sozialen Leben erfahren
mußten.


(V o r s i t z : Vizepräsidentin Anke Fuchs)

Diese absolut verfehlte Familienpolitik wollen wir än-
dern. Das haben wir mit der schrittweisen Erhöhung des
Kindergeldes und der Anhebung des Grundfreibetrages
in Angriff genommen.


(Beifall bei der SPD)

Eine Rechnung der katastrophalen Familienpolitik

der alten Regierung haben wir im Januar präsentiert be-
kommen: das Bundesverfassungsgerichtsurteil zu den
Betreuungskosten von Kindern. Herr Thiele, Sie ha-
ben keineswegs aus purer Weisheit 1996 das Kindergeld
auf 200 DM angehoben, sondern das Bundesverfas-
sungsgericht hat Ihnen das ans Herz gelegt. Sie haben
bis auf den letzten Drücker gewartet, um das umzuset-
zen.


(Detlev von Larcher [SPD]: Sehr wahr!)

Wir werden die neuen Forderungen des Bundesver-

fassungsgerichts zur steuerlichen Entlastung der Famili-
en zügig umsetzen. Wir arbeiten jetzt an einem Fami-
lienentlastungsgesetz, in dem die verschiedenen Mög-
lichkeiten, die uns zur Verfügung stehen, um Familien
künftig besserzustellen, zusammengeführt werden sol-
len. Schon im Sommer wollen und werden wir mit die-
sem Gesetz nicht nur das Bundesverfassungsgerichtsur-
teil umsetzen, sondern auch und zuerst den Familien ein
Stück Gerechtigkeit zukommen lassen. Sie sollen noch
weitgehender steuerlich entlastet werden und so nach
langen Jahren am Rande der Gesellschaft wieder in die
Mitte der Gesellschaft rücken.


(Beifall bei der SPD)

Wir machen ernst mit einer familien- und kinder-

freundlichen Politik, weil wir eine familien- und kinder-
freundliche Gesellschaft wollen. Dieses Gesetz heute ist
der erste Schritt dazu. Sie können eigentlich nur zu-
stimmen.


(Beifall bei der SPD)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1402509400
Das Wort hat jetzt
der Kollege Joachim Poß.


Joachim Poß (SPD):
Rede ID: ID1402509500
Frau Präsidentin! Meine Da-
men und Herren! Wir erleben derzeit einen Höhepunkt
der jahrelangen irrationalen und quälenden Standortde-
batte. Herr Rauen hat vorhin bewiesen, wie man in die-
ser Standortdebatte Opfer seiner eigenen Propaganda
werden kann.


(Beifall bei der SPD)

Dabei haben die Proteste von Einzelpersonen und

Wirtschaftsbranchen wenig mit Zahlen und Fakten, aber
viel mit Besitzstandsdenken und Privilegien zu tun.


(Beifall bei der SPD – Peter Rauen [CDU/ CSU]: Sie haben nichts verstanden, Herr Poß!)


Jetzt rächt sich, daß sich die wirtschaftspolitische De-
batte, auch gefördert von CDU/CSU und F.D.P., aus-
schließlich auf das Thema Steuern reduziert hat. Kein
Wort über Know-how, kein Wort über andere Standort-
stärken, über Infrastruktur, über Forschung und Ent-
wicklung – nur über Steuern haben Sie geredet. Jetzt
werden Sie Opfer dieser verengten Diskussion.


(Beifall bei der SPD – Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Herr Poß, das glauben Sie doch selbst nicht!)


Demgegenüber gilt – da wird Ihre Propaganda und
die einiger Wirtschaftsführer nicht lange vorhalten –:
Die neue Koalition hat Wort gehalten. Wir machen
Steuerpolitik für Millionen deutscher Steuerzahler und
nicht für einige wenige. Das unterscheidet uns von ih-
nen.


(Beifall bei der SPD – Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Aber doch nicht mit diesem Gesetz!)


Dafür sind wir auch gewählt worden.

(Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Genau!)


Wir nehmen unseren Wählerauftrag ernst.

(Beifall bei der SPD – Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Aber Sie sind doch nicht für Dilettantismus und Chaos gewählt worden!)


Wir werden diesen Wählerauftrag erfüllen. Ab heute ha-
ben wir Klarheit über die Rahmenbedingungen für Steu-
erbürger und die Wirtschaft geschaffen.


(Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Das ist ja ganz was Neues!)


Das wird jetzt verbreitet werden, ich hoffe, mit Unter-
stützung des Regierungsapparats, damit endlich klar
wird, was hier beschlossen wird.


(Beifall bei der SPD – Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Hosianna durchs Land!)


Unter Ihrer Verantwortung wurden Arbeitnehmer und
Familien sowie Teile des Mittelstandes Jahr für Jahr
stärker belastet. Das sind Tatsachen und nicht Ideologie.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir korrigieren diese Entwicklung Schritt für Schritt.
Das geht nicht über Nacht. Das Bundesverfassungsge-
richt hat jetzt in mehreren Entscheidungen klargestellt,
wie Ihre Politik zu bewerten ist. Wir sind dabei, die Ge-
rechtigkeitslücken zu schließen, die Sie während Ihrer
Regierungszeit haben entstehen lassen. Das ist die
Wahrheit.


(Beifall bei der SPD – Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Das ist die Unwahrheit!)


Meine Damen und Herren von CDU/CSU und F.D.P.,
Sie sind Spezialisten für Steuer- und Abgabenerhöhun-
gen und haben keine Veranlassung, sich so aufzuführen,
wie das heute morgen hier der Fall war.


(Beifall bei der SPD)


Lydia Westrich






(A) (C)



(B) (D)


Trotz Ihrer Tricksereien gilt: Schon fünf Monate nach
Amtsantritt verabschieden wir diesen Gesetzentwurf, der
für Arbeitnehmer und Familien sowie für die mittelstän-
dische Wirtschaft einen wichtigen Schritt zu einer ge-
rechteren Verteilung der Steuerlast darstellt. Herr Rau-
en, Sie haben das Hohelied des benachteiligten Mittel-
standes gesungen. Sie hätten in Ihrer Verantwortung als
CDU-Bundestagsabgeordneter viele Jahre Gelegenheit
gehabt, diese Benachteiligung im Deutschen Bundestag
zu korrigieren.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1402509600
Herr Kollege, ge-
statten Sie noch eine Zwischenfrage der Kollegin Wül-
fing?


Joachim Poß (SPD):
Rede ID: ID1402509700
Ja, natürlich gerne.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1402509800
Bitte sehr, Frau
Kollegin.


Elke Wülfing (CDU):
Rede ID: ID1402509900
Herr Kollege Poß, Sie
sind doch Ihrer Meinung nach deswegen gewählt wor-
den, um die Belastung der Bürger, speziell der Arbeit-
nehmer, zu reduzieren. Ich habe hier ein an den Finanz-
ausschuß des Deutschen Bundestages gerichtetes
Schreiben einer Arbeitnehmerin mit Steuerklasse V. Sie
schreibt uns allen – Sie nehmen das gar nicht wahr –,
daß sich bei ihr ausweislich der Januarabrechnung 1999,
die sie beigelegt hat, die Lohnsteuerbelastung nicht ge-
senkt, sondern erhöht hat. Sie schreibt, daß diese Tatsa-
che Frauen in sehr großer Zahl betrifft. Hat sie nach Ih-
rer Ansicht – sie verdient 2 157 DM – ein geringes, ein
mittleres, ein normales oder ein hohes Einkommen?


Joachim Poß (SPD):
Rede ID: ID1402510000
Frau Kollegin Wülfing, wenn
Sie eine verantwortungsbewußte Parlamentarierin sind
oder sein wollen, dann werden Sie der Dame, die das
geschrieben hat, wohl mitteilen, daß die vorübergehende
steuerliche Belastung, die sich aus der Lohnsteuerklasse
V ergibt, spätestens mit dem Lohnsteuerjahresausgleich
ausgeglichen wird. Ich hoffe, Sie werden ihr das in die-
sem Sinne mitteilen.


(Beifall bei der SPD – Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Der Mann hat Steuerklasse III! – Detlev von Larcher [SPD]: Unglaublich!)


– Klar, der Mann hat Steuerklasse III und sie Steuerklas-
se V. – Das werden Sie sicherlich klarstellen. Sie haben
ja im Finanzausschuß schon einige Zeit Gelegenheit ge-
habt, sich die dafür notwendigen Fachkenntnisse anzu-
eignen.


(Beifall bei der SPD)

Ich war gerade bei dem Thema der unterschiedlichen

Belastungen der exportierenden Großindustrie einerseits
und der mittelständischen Wirtschaft andererseits. Dies
ist eine schwere Erblast der Regierung Kohl, die wir hier

abtragen müssen. Auch das geht nur schrittweise. Denn
wir senken mit diesem Gesetzespaket die Steuersätze
und erhalten trotzdem günstige Abschreibungsregelun-
gen für den Mittelstand, und zwar viel günstigere, als es
bei Ihnen vorgesehen war.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Unsere steuerpolitische Konzeption

(Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Welche denn?)


ist auf eine mutige Steuerreform gerichtet.

(Lachen bei der CDU/CSU und der F.D.P.)


Wir bereinigen das Steuerrecht und erreichen dies durch
die Streichung von Steuersubventionen im Umfange
von knapp 37 Milliarden DM. Das ist die größte Neu-
ordnung des deutschen Steuerrechtes seit dem zweiten
Weltkrieg. Das setzen wir in Gang, nicht Sie.


(Beifall bei der SPD – Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Das ist ein Chaos, Herr Poß!)


Der Umfang der Nettoentlastung ist sehr groß. Das
wird die öffentlichen Haushalte, und zwar die des Bun-
des, der Länder und der Kommunen, schmerzen. Nur,
der Unterschied zu Ihnen ist: Wir setzen zugleich eine
Gegenfinanzierung in Gang, so daß es verkraftbar ist.


(Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Mit diesem Gesetz?)


Wenn wir Ihrer Konzeption gefolgt wären, dann hätten
wir den Ruin der öffentlichen Haushalte beschlossen.
Das ist der Unterschied.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – CarlLudwig Thiele [F.D.P.]: Das glauben Sie doch selber nicht!)


– Das glaube ich schon.

(Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Nein, das sagen Sie nur!)

Die sachkundigen Kolleginnen und Kollegen unter

Ihnen wissen doch, daß Herr Waigel aus genau diesem
Grunde in seiner Broschüre „Symmetrische Finanz-
politik 2010“ festgestellt hat, daß erst nach Einpassung
der Defizite aus den Steuerreformplänen von CDU/CSU
und F.D.P. in die Finanzplanung entschieden werden
könne, in welchem Zeitraum, in welchen Stufen und in
welchem Ausmaß die Steuerreformvorstellungen von
CDU/CSU und F.D.P. verwirklicht werden können. Ich
füge hinzu: weil keine Vorsorge getroffen worden war.
Dies müsse nach der Wahl bestimmt werden, so steht es
in dem Waigel-Papier. Das ist die Wahrheit.

Sie haben den Wählern eine Entlastung vorgegaukelt,
die nie mit der Realität des Haushaltes in Übereinstim-
mung stand.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das tun wir nicht. Der Bundesfinanzminister hat heute
morgen ausgeführt, was uns unterscheidet: Wir sagen

Joachim Poß






(B)



(A) (C)



(D)


den Menschen die Wahrheit, während Sie, wie Sie das
jahrelang getan haben, die Wahrheit vernebeln.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der CDU/CSU und der F.D.P.)


In Waigels Konzept – damit auch in Ihrem Konzept –
war keine umfassende Entlastung der Familien vorgese-
hen. Herr Waigel wollte das Kindergeld für das zweite
Kind um 20 DM erhöhen. Welch ein Jammer für die
deutschen Familien, wenn er sich durchgesetzt hätte! Es
gab auch kein neues Konzept für ein modernes Unter-
nehmensteuerrecht.


(Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Das ist doch in diesem Gesetz auch nicht drin!)


Das heißt: Ihre Entwürfe waren unvollständig, offen-
sichtlich nicht finanzierbar und ungerecht, meine Damen
und Herren. Deswegen haben Sie keine konkreten Al-
ternativen eingebracht.

Sie sind sich längst nicht mehr einig. Sie von der
F.D.P. haben doch im Bundestagswahlkampf ein ganz
anderes Konzept vorgelegt.


(Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Unsinn!)

– Natürlich. – Sie haben Ihrer Klientel eine Entlastung
von bis zu 200 Milliarden DM versprochen.


(Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Nein! Nie im Leben!)


Gegenüber dem Versprechen, das Sie gegeben haben,
war der Lügenbaron von Münchhausen ja seriös, Herr
Thiele.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir stehen jetzt vor dem Scherbenhaufen Ihrer Poli-
tik, vor der hohen Verschuldung. Aber wir werden ihn
abtragen – Schritt für Schritt, berechenbar, solide und
wahrheitsgemäß. Wir werden dem deutschen Volk nicht
das zumuten, was Sie ihm zugemutet haben, nämlich die
Unwahrheit zu sagen.

Dazu gehört – Herr Thiele, da müßten Sie uns eigent-
lich unterstützen –, daß wir –


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1402510100
Herr Kollege, den-
ken Sie bitte an Ihre Redezeit!


Joachim Poß (SPD):
Rede ID: ID1402510200
– dies ist der Schluß meiner
Rede – auch wichtigen Unternehmensführern in der
Bundesrepublik Deutschland widersprechen, wenn sie
den deutschen oder auch den ausländischen Arbeitneh-
mern an Hand falscher Fakten androhen Arbeitsplätze
hier zu vernichten. Das deutsche Parlament müßte solch
unzulässigen Drohungen geschlossen entgegentreten.


(Anhaltender Beifall bei der SPD sowie Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Das haben wir nicht gesagt! Aber das Gesetz ist Murks, und das kritisieren wir!)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1402510300
Liebe Kolleginnen
und Kollegen, ich schließe die Aussprache.

Wir kommen jetzt zu zahlreichen Abstimmungen;
acht davon sind namentlich. Aus gegebenem Anlaß bitte
ich alle Kolleginnen und Kollegen, bei den namentli-
chen Abstimmungen sorgfältig darauf zu achten, daß die
Stimmkarten, die Sie verwenden, Ihren Namen tra-
gen. Bitte verwenden Sie keine Stimmkarten aus der
13. Wahlperiode!


(Heiterkeit)

Wir kommen zur Abstimmung über den von den

Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen einge-
brachten Entwurf eines Steuerentlastungsgesetzes 1999/
2000/2002, Drucksachen 14/23 und 14/442.

Es liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der
CDU/CSU vor, über den wir mit Einverständnis des
Antragstellers zunächst abstimmen. Wer stimmt für den
Änderungsantrag auf Drucksache 14/469? – Wer stimmt
dagegen? – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag abge-
lehnt.

Wir kommen zum Gesetzentwurf in der Ausschußfas-
sung. Die Fraktion der CDU/CSU hat Einzelabstimmun-
gen über eine Reihe von Vorschriften verlangt.

Ich rufe Art. 1 Nr. 1 in der Ausschußfassung auf. Die
Fraktion der CDU/CSU verlangt hierzu namentliche Ab-
stimmung. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schrift-
führer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen.

Sind alle Urnen besetzt? – Das ist der Fall. Ich eröff-
ne die Abstimmung.

Ist noch ein Mitglied anwesend, das seine Stimmkarte
nicht abgegeben hat?


(Zurufe: Ja!)

Nur damit Sie es wissen: Ich passe auf, damit es zügig
geht.

Zweiter Versuch: Ist noch ein Mitglied des Hauses
anwesend, das seine Stimme nicht abgegeben hat? – Das
ist nicht der Fall. Ich schließe die Abstimmung. Ich bitte
die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Aus-
zählung zu beginnen. Das Ergebnis der Abstimmung
wird Ihnen später bekanntgegeben.*)

Wir setzen die Abstimmungen fort. Sie können sich
wieder hinsetzen, meine Damen und Herren, weil so
schnell keine weitere namentliche Abstimmung folgt.
Jetzt kommen einfache Abstimmungen. Es wäre gut,
wenn klar ist, wer wie abstimmt.

Ich rufe Art. 1 Nr. 2 in der Ausschußfassung auf. Ich
bitte diejenigen, die zustimmen wollen, um das Hand-
zeichen. – Die Gegenprobe! – Enthaltungen? – Damit ist
diese Vorschrift angenommen.

Ich rufe Art. 1 Nr. 3 in der Ausschußfassung auf. Ich
bitte diejenigen, die zustimmen wollen, um das Hand-
zeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? –

*) Seite 1945 B

Joachim Poß






(A) (C)



(B) (D)


Diese Vorschrift ist bei Stimmenthaltung der PDS und
gegen die Stimmen der CDU/CSU und F.D.P. ange-
nommen worden.

Ich rufe Art. 1 Nr. 4 bis Art. 1 Nr. 6 Buchstabe a in
der Ausschußfassung auf. Ich bitte diejenigen, die zu-
stimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt
dagegen? – Wer enthält sich? – Art. 1 Nr. 4 bis Art. 1
Nr. 6 Buchstabe a sind angenommen.

Ich rufe Art. 1 Nr. 6 Buchstabe b in der Ausschußfas-
sung auf. Ich bitte diejenigen, die zustimmen wollen, um
das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält
sich? – Art. 1 Nr. 6 Buchstabe b ist angenommen.

Ich rufe Art. 1 Nr. 7 bis Art. 1 Nr. 8 Buchstabe a
Doppelbuchstabe aa Dreifachbuchstabe aaa Satz 1 in der
Ausschußfassung auf. Ich bitte diejenigen, die zustim-
men wollen, um das Handzeichen. Wer stimmt dagegen?
– Wer enthält sich? – Die aufgerufene Vorschrift ist an-
genommen.

Ich rufe Art. 1 Nr. 8 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa
Dreifachbuchstabe aaa Satz 2 in der Ausschußfassung
auf. Die Fraktion der CDU/CSU verlangt hierzu na-
mentliche Abstimmung. Dies ist die zweite namentliche
Abstimmung. Ich bitte die Schriftführerinnen und
Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. –
Ich eröffne die Abstimmung. –

Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das nicht
abgestimmt hat? – Das ist nicht der Fall. Ich schließe die
Abstimmung. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schrift-
führer, mit der Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis
der Abstimmung wird Ihnen später bekanntgegeben.*)

*) Seite 1948 D

Wir setzen die Abstimmungen fort. Ich rufe Art. 1
Nr. 8 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa Dreifachbuchsta-
be bbb bis Art. 1 Nr. 8 Buchstabe a Doppelbuchstabe dd
in der Ausschußfassung auf. Ich bitte diejenigen, die zu-
stimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt
dagegen? – Wer enthält sich? – Die aufgerufenen Vor-
schriften sind angenommen.

Ich rufe Art. 1 Nr. 8 Buchstabe a Doppelbuchstabe ee
in der Ausschußfassung auf. Auch hier hat die
CDU/CSU namentliche Abstimmung verlangt. Dies ist
die dritte namentliche Abstimmung. Ich bitte die Schrift-
führerinnen und Schriftführer, die vorgesehenen Plätze
einzunehmen. – Sind alle Urnen besetzt? – Das ist der
Fall. Ich eröffne die Abstimmung. –

Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das sei-
ne Stimme nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der
Fall. Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schrift-
führerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu
beginnen. Das Ergebnis wird Ihnen später bekanntgege-
ben.*)

Ich gebe das von den Schriftführerinnen und Schrift-
führern ermittelte Ergebnis der namentlichen Ab-
stimmung bekannt: Zweite Beratung eines Entwurfs
eines Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002, Art. 1
Nr. 1. Abgegebene Stimmen 590. Mit Ja haben ge-
stimmt 313, mit Nein haben gestimmt 277, Enthaltungen
keine. Die entsprechende Vorschrift ist damit ange-
nommen.

*) Seite 1951 A

Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 590;
davon

ja: 313
nein: 277

Ja
SPD
Brigitte Adler
Gerd Andres
Rainer Arnold
Hermann Bachmaier
Ernst Bahr
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Eckhardt Barthel (Berlin)

Klaus Barthel (Starnberg)

Wolfgang Behrendt
Dr. Axel Berg
Hans-Werner Bertl
Friedhelm Julius Beucher
Petra Bierwirth
Rudolf Bindig
Lothar Binding (Heidelberg)

Kurt Bodewig
Klaus Brandner

Anni Brandt-Elsweier
Willi Brase
Dr. Eberhard Brecht
Rainer Brinkmann (Detmold)

Bernhard Brinkmann

(Hildesheim)


Hans-Günter Bruckmann
Ursula Burchardt
Dr. Michael Bürsch
Hans Martin Bury
Hans Büttner (Ingolstadt)

Marion Caspers-Merk
Wolf-Michael Catenhusen
Dr. Peter Wilhelm Danckert
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Christel Deichmann
Karl Diller
Peter Dreßen
Rudolf Dreßler
Detlef Dzembritzki
Dieter Dzewas
Dr. Peter Eckardt
Sebastian Edathy
Ludwig Eich
Marga Elser
Peter Enders
Gernot Erler
Petra Ernstberger
Annette Faße

Lothar Fischer (Homburg)

Gabriele Fograscher
Iris Follak
Norbert Formanski
Rainer Fornahl
Hans Forster
Dagmar Freitag
Peter Friedrich (Altenburg)

Lilo Friedrich (Mettmann)

Harald Friese
Anke Fuchs (Köln)

Arne Fuhrmann
Monika Ganseforth
Konrad Gilges
Iris Gleicke
Günter Gloser
Uwe Göllner
Renate Gradistanac
Günter Graf (Friesoythe)

Angelika Graf (Rosenheim)

Dieter Grasedieck
Monika Griefahn
Achim Großmann
Karl-Hermann Haack

(Extertal)


Hans-Joachim Hacker
Christel Hanewinckel
Alfred Hartenbach
Anke Hartnagel

Nina Hauer
Hubertus Heil
Reinhold Hemker
Frank Hempel
Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Monika Heubaum
Uwe Hiksch
Reinhold Hiller (Lübeck)

Stephan Hilsberg
Gerd Höfer
Jelena Hoffmann (Chemnitz)

Walter Hoffmann

(Darmstadt)


Frank Hofmann (Volkach)

Ingrid Holzhüter
Eike Hovermann
Christel Humme
Lothar Ibrügger
Barbara Imhof
Brunhilde Irber
Gabriele Iwersen
Renate Jäger
Jann-Peter Janssen
Ilse Janz
Dr. Uwe Jens
Volker Jung (Düsseldorf)

Johannes Kahrs

Vizepräsidentin Anke Fuchs






(B)



(A) (C)



(D)


Ulrich Kasparick
Sabine Kaspereit
Susanne Kastner
Hans-Peter Kemper
Klaus Kirschner
Marianne Klappert
Hans-Ulrich Klose
Walter Kolbow
Fritz Rudolf Körper
Karin Kortmann
Anette Kramme
Nicolette Kressl
Angelika Krüger-Leißner
Horst Kubatschka
Ernst Küchler
Helga Kühn-Mengel
Ute Kumpf
Konrad Kunick
Dr. Uwe Küster
Werner Labsch
Oskar Lafontaine
Christine Lambrecht
Brigitte Lange
Christian Lange (Backnang)

Detlev von Larcher
Christine Lehder
Robert Leidinger
Klaus Lennartz
Eckhart Lewering
Götz-Peter Lohmann

(Neubrandenburg)


Erika Lotz
Dr. Christine Lucyga
Dieter Maaß (Herne)

Winfried Mante
Dirk Manzewski
Tobias Marhold
Ulrike Mascher
Christoph Matschie
Ingrid Matthäus-Maier
Heide Mattischeck
Markus Meckel
Ulrike Mehl
Ulrike Merten
Angelika Mertens
Dr. Jürgen Meyer (Ulm)

Ursula Mogg
Christoph Moosbauer
Siegmar Mosdorf
Michael Müller

(Düsseldorf)


Jutta Müller (Völklingen)

Christian Müller (Zittau)

Franz Müntefering
Andrea Nahles
Volker Neumann (Bramsche)

Gerhard Neumann (Gotha)

Dr. Edith Niehuis
Dietmar Nietan
Günter Oesinghaus
Eckhard Ohl
Leyla Onur
Manfred Opel
Holger Ortel
Adolf Ostertag
Kurt Palis
Albrecht Papenroth
Dr. Willfried Penner
Dr. Martin Pfaff
Georg Pfannenstein

Johannes Pflug
Dr. Eckhart Pick
Joachim Poß
Karin Rehbock-Zureich
Margot von Renesse
Renate Rennebach
Bernd Reuter
Dr. Edelbert Richter
Reinhold Robbe
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Michael Roth (Heringen)

Birgit Roth (Speyer)

Thomas Sauer
Dr. Hansjörg Schäfer
Gudrun Schaich-Walch
Rudolf Scharping
Bernd Scheelen
Dr. Hermann Scheer
Horst Schild
Otto Schily
Dieter Schloten
Horst Schmidbauer

(Nürnberg)


Ulla Schmidt (Aachen)

Silvia Schmidt (Eisleben)

Dagmar Schmidt (Meschede)

Wilhelm Schmidt (Salzgitter)

Regina Schmidt-Zadel
Heinz Schmitt (Berg)

Olaf Scholz
Karsten Schönfeld
Fritz Schösser
Ottmar Schreiner
Gerhard Schröder
Gisela Schröter
Dr. Mathias Schubert
Richard Schuhmann

(Delitzsch)


Brigitte Schulte (Hameln)

Reinhard Schultz

(Everswinkel)


Volkmar Schultz (Köln)

Ilse Schumann
Dr. R. Werner Schuster
Dr. Angelica Schwall-Düren
Ernst Schwanhold
Rolf Schwanitz
Bodo Seidenthal
Erika Simm
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
Dr. Cornelie Sonntag-
Wolgast

Wieland Sorge
Wolfgang Spanier
Dr. Margrit Spielmann
Jörg-Otto Spiller
Dr. Ditmar Staffelt
Ludwig Stiegler
Rolf Stöckel
Rita Streb-Hesse
Dr. Peter Struck
Joachim Stünker
Joachim Tappe
Jörg Tauss
Jella Teuchner
Dr. Gerald Thalheim
Wolfgang Thierse
Franz Thönnes
Adelheid Tröscher

Rüdiger Veit
Günter Verheugen
Simone Violka
Ute Vogt (Pforzheim)

Hedi Wegener
Wolfgang Weiermann
Reinhard Weis (Stendal)

Matthias Weisheit
Gert Weisskirchen

(Wiesloch)


Dr. Ernst Ulrich von
Weizsäcker

Hans-Joachim Welt
Dr. Rainer Wend
Hildegard Wester
Lydia Westrich
Inge Wettig-Danielmeier
Dr. Margrit Wetzel
Dr. Norbert Wieczorek
Helmut Wieczorek

(Duisburg)


Jürgen Wieczorek (Leipzig)

Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dieter Wiefelspütz
Heino Wiese (Hannover)

Klaus Wiesehügel
Brigitte Wimmer (Karlsruhe)

Engelbert Clemens Wistuba
Barbara Wittig
Dr. Wolfgang Wodarg
Verena Wohlleben
Hanna Wolf (München)

Waltraud Wolff (Zielitz)

Heidemarie Wright
Uta Zapf
Dr. Christoph Zöpel
Peter Zumkley

BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Gila Altmann (Aurich)

Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Angelika Beer
Annelie Buntenbach
Ekin Deligöz
Dr. Thea Dückert
Franziska Eichstädt-Bohlig
Dr. Uschi Eid
Hans-Josef Fell
Andrea Fischer (Berlin)

Joseph Fischer (Frankfurt)

Katrin Göring-Eckardt
Rita Grießhaber
Winfried Hermann
Kristin Heyne
Ulrike Höfken
Michaele Hustedt
Monika Knoche
Dr. Angelika Köster-Loßack
Steffi Lemke
Dr. Helmut Lippelt
Dr. Reinhard Loske
Klaus Wolfgang Müller

(Kiel)


Kerstin Müller (Köln)

Winfried Nachtwei
Christa Nickels
Cem Özdemir
Simone Probst

Claudia Roth (Augsburg)

Christine Scheel
Irmingard Schewe-Gerigk
Rezzo Schlauch
Albert Schmidt (Hitzhofen)

Werner Schulz (Leipzig)

Christian Simmert
Christian Sterzing
Hans-Christian Ströbele
Jürgen Trittin
Dr. Antje Vollmer
Sylvia Voß
Helmut Wilhelm

(Amberg)


Margareta Wolf (Frankfurt)


Nein
CDU/CSU
Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Altmaier
Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann
Brigitte Baumeister
Meinrad Belle
Dr. Sabine Bergmann-Pohl
Otto Bernhardt
Hans-Dirk Bierling
Dr. Joseph-Theodor Blank
Renate Blank
Dr. Heribert Blens
Peter Bleser
Dr. Norbert Blüm
Friedrich Bohl
Dr. Maria Böhmer
Sylvia Bonitz
Wolfgang Börnsen

(Bönstrup)


Wolfgang Bosbach
Dr. Wolfgang Bötsch
Klaus Brähmig
Dr. Ralf Brauksiepe
Paul Breuer
Monika Brudlewsky
Georg Brunnhuber
Klaus Bühler (Bruchsal)

Hartmut Büttner

(Schönebeck)


Cajus Caesar
Peter H. Carstensen

(Nordstrand)


Leo Dautzenberg
Wolfgang Dehnel
Hubert Deittert
Albert Deß
Thomas Dörflinger
Hansjürgen Doss
Marie-Luise Dött
Rainer Eppelmann
Anke Eymer
Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Ulf Fink
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer (Hamburg)


(KarlsruheLand)


Vizepräsidentin Anke Fuchs






(A) (C)



(B) (D)


Dr. Gerhard Friedrich

(Erlangen)


Dr. Hans-Peter Friedrich

(Hof)


Erich G. Fritz
Jochen-Konrad Fromme
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Dr. Heiner Geißler
Georg Girisch
Dr. Reinhard Göhner
Dr. Wolfgang Götzer
Kurt-Dieter Grill
Hermann Gröhe
Manfred Grund
Gottfried Haschke

(Großhennersdorf)


Gerda Hasselfeldt
Norbert Hauser (Bonn)

Hansgeorg Hauser

(Rednitzhembach)


Klaus-Jürgen Hedrich
Ursula Heinen
Manfred Heise
Siegfried Helias
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Klaus Hofbauer
Martin Hohmann
Klaus Holetschek
Josef Hollerith
Dr. Karl-Heinz Hornhues
Siegfried Hornung
Joachim Hörster
Hubert Hüppe
Georg Janovsky
Dr.-Ing. Rainer Jork
Dr. Harald Kahl
Dr. Dietmar Kansy
Manfred Kanther
Irmgard Karwatzki
Volker Kauder
Eckart von Klaeden
Ulrich Klinkert
Dr. Helmut Kohl
Norbert Königshofen
Eva-Maria Kors
Hartmut Koschyk
Rudolf Kraus
Dr. Paul Krüger
Dr. Hermann Kues
Karl Lamers
Dr. Karl A. Lamers

(Heidelberg)


Dr. Norbert Lammert
Dr. Paul Laufs
Karl-Josef Laumann
Vera Lengsfeld
Werner Lensing
Peter Letzgus
Ursula Lietz
Walter Link (Diepholz)

Eduard Lintner

Dr. Klaus Lippold

(Offenbach)


Dr. Manfred Lischewski
Wolfgang Lohmann

(Lüdenscheid)


Julius Louven
Dr. Michael Luther
Erich Maaß (Wilhemshaven)

Erwin Marschewski
Dr. Martin Mayer

(Siegertsbrunn)


Wolfgang Meckelburg
Dr. Michael Meister
Friedrich Merz
Hans Michelbach
Meinolf Michels
Dr. Gerd Müller
Bernward Müller (Jena)

Elmar Müller (Kirchheim)

Bernd Neumann (Bremen)

Claudia Nolte
Günter Nooke
Franz Obermeier
Friedhelm Ost
Eduard Oswald
Norbert Otto (Erfurt)

Dr. Peter Paziorek
Anton Pfeifer
Dr. Friedbert Pflüger
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Ruprecht Polenz
Marlies Pretzlaff
Dr. Bernd Protzner
Thomas Rachel
Hans Raidel
Dr. Peter Ramsauer
Peter Rauen
Christa Reichard

(Dresden)


Katherina Reiche
Erika Reinhardt
Hans-Peter Repnik
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Franz Romer
Hannelore Rönsch

(Wiesbaden)


Heinrich-Wilhelm Ronsöhr
Dr. Klaus Rose
Kurt Rossmanith
Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck
Dr. Jürgen Rüttgers
Anita Schäfer
Dr. Wolfgang Schäuble
Hartmut Schauerte
Heinz Schemken
Karl-Heinz Scherhag
Gerhard Scheu
Norbert Schindler
Dietmar Schlee
Christian Schmidt (Fürth)


Dr.-Ing. Joachim Schmidt

(Halsbrücke)


Andreas Schmidt (Mühlheim)

Hans Peter Schmitz

(Baesweiler)


Birgit Schnieber-Jastram
Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Rupert Scholz
Dr. Erika Schuchardt
Wolfgang Schulhoff
Diethard W. Schütze (Berlin)

Clemens Schwalbe
Dr. Christian Schwarz-
Schilling

Wilhelm-Josef Sebastian
Horst Seehofer
Heinz Seiffert
Rudolf Seiters
Bernd Siebert
Werner Siemann
Bärbel Sothmann
Margarete Späte
Carl-Dieter Spranger
Erika Steinbach
Andreas Storm
Dorothea Störr-Ritter
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Thomas Strobl
Michael Stübgen
Dr. Rita Süssmuth
Dr. Susanne Tiemann
Edeltraut Töpfer
Dr. Hans-Peter Uhl
Gunnar Uldall
Arnold Vaatz
Andrea Voßhoff
Peter Weiß (Emmendingen)

Gerald Weiß (Groß-Gerau)

Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese (Ehingen)

Hans-Otto Wilhelm

(Mainz)


Klaus-Peter Willsch
Willy Wimmer (Neuss)

Matthias Wissmann
Werner Wittlich
Dagmar Wöhrl
Elke Wülfing
Peter Kurt Würzbach
Wolfgang Zeitlmann
Benno Zierer
Wolfgang Zöller
F.D.P.
Hildebrecht Braun

(Augsburg)


Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Gisela Frick
Paul K. Friedhoff

Horst Friedrich (Bayreuth)

Rainer Funke
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther (Plauen)

Dr. Karlheinz Guttmacher
Klaus Haupt
Dr. Helmut Haussmann
Ulrich Heinrich
Walter Hirche
Dr. Klaus Kinkel
Dr. Heinrich Leonhard Kolb
Gudrun Kopp
Ina Lenke
Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger

Jürgen W. Möllemann
Dirk Niebel
Günter Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto

(Frankfurt)


Detlef Parr
Cornelia Pieper
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Gerhard Schüßler
Dr. Irmgard Schwaetzer
Marita Sehn
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Max Stadler
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Dieter Thomae
Jürgen Türk
PDS
Monika Balt
Petra Bläss
Maritta Böttcher
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Heidemarie Ehlert
Dr. Heinrich Fink
Dr. Ruth Fuchs
Fred Gebhardt
Wolfgang Gehrcke-Reymann
Dr. Klaus Grehn
Dr. Gregor Gysi
Dr. Barbara Höll
Carsten Hübner
Sabine Jünger
Dr. Evelyn Kenzler
Dr. Heidi Knake-Werner
Rolf Kutzmutz
Ursula Lötzer
Heidemarie Lüth
Angela Marquardt
Manfred Müller (Berlin)

Kersten Naumann
Rosel Neuhäuser
Petra Pau
Dr. Uwe-Jens Rössel
Christina Schenk
Gustav-Adolf Schur
Dr. Ilja Seifert

Entschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen Versammlungen
des Europarates und der WEU, der NAV, der OSZE oder der IPU
Abgeordnete(r)
Lörcher, Christa, SPD von Schmude, Michael, CDU/CSU

Vizepräsidentin Anke Fuchs






(B)



(A) (C)



(D)


Wir setzen die Abstimmungen fort. Ich rufe Art. 1
Nr. 8 Buchstabe b bis Art. 1 Nr. 11 Buchstabe a Dop-
pelbuchstabe bb erster Halbsatz in der Ausschußfassung
auf. Ich bitte diejenigen, die zustimmen wollen, um das
Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich
der Stimme? – Die aufgerufenen Vorschriften sind an-
genommen.

Ich rufe Art. 1 Nr. 11 Buchstabe a Doppelbuch-
stabe bb zweiter Halbsatz in der Ausschußfassung auf.
Ich bitte diejenigen, die zustimmen wollen, um das
Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer ent-
hält sich? – Die aufgerufene Vorschrift ist angenom-
men.

Ich rufe Art. 1 Nr. 11 Buchstabe b bis Art. 1 Nr. 17 in
der Ausschußfassung auf. Ich bitte diejenigen, die zu-
stimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt
dagegen? – Wer enthält sich? – Die aufgerufenen Vor-
schriften sind angenommen.

Ich rufe Art. 1 Nr. 18 in der Ausschußfassung auf. Ich
bitte diejenigen, die zustimmen wollen, um das Hand-
zeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? –
Art. 1 Nr. 18 ist angenommen.

Ich rufe Art. 1 Nr. 19 bis Art. 4 in der Ausschußfas-
sung auf. Ich bitte diejenigen, die zustimmen wollen, um
das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält
sich? – Die aufgerufenen Vorschriften sind angenom-
men.

Ich rufe Art. 5 Nr. 1 in der Ausschußfassung auf. Die
Fraktion der CDU/CSU verlangt namentliche Abstim-
mung. Es ist die vierte namentliche Abstimmung. Ich
bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorge-
sehenen Plätze einzunehmen. – Sind alle Urnen besetzt?
– Das ist der Fall. Ich eröffne die Abstimmung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, sich
noch einmal zu vergewissern, daß Sie die Karte mit Ih-

rem Namen abgeben. Das ist offensichtlich höchst kom-
pliziert.

Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine
Stimme nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Fall.
Ich schließe die Abstimmung. Ich bitte die Schriftführe-
rinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu begin-
nen. Das Ergebnis wird Ihnen später bekanntgegeben.*)

Wir setzen die Abstimmung fort.
Ich rufe Art. 5 Nr. 2 bis Art. 18 sowie Einleitung und

Überschrift in der Ausschußfassung auf. Ich bitte dieje-
nigen, die zustimmen wollen, um das Handzeichen. –
Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die aufge-
rufenen Vorschriften sind angenommen.

Bis zum Vorliegen der Ergebnisse der namentlichen
Abstimmungen unterbreche ich die Sitzung.


(Unterbrechung von 13.34 bis 13.40 Uhr)

Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.
Ich gebe die von den Schriftführerinnen und Schrift-

führern ermittelten Ergebnisse der namentlichen Ab-
stimmungen bekannt.

Die zweite namentliche Abstimmung betraf Art. 1 Nr.
8 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa Dreifachbuchsta-
be aaa Satz 2,


(Heiterkeit – Zuruf von der CDU/CSU: So ist Ihr Gesetz!)


Drucksachen 14/23 und 14/442. Abgegebene Stimmen
588. Mit Ja haben gestimmt 342, mit Nein haben ge-
stimmt 246, Enthaltungen keine. Die entsprechende
Vorschrift ist angenommen.

*) Seite 1953 B

Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 588;
davon

ja: 342
nein: 246

Ja
SPD
Brigitte Adler
Gerd Andres
Rainer Arnold
Hermann Bachmaier
Ernst Bahr
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Eckhardt Barthel (Berlin)

Klaus Barthel (Starnberg)

Wolfgang Behrendt
Dr. Axel Berg
Hans-Werner Bertl
Friedhelm Julius Beucher
Petra Bierwirth
Rudolf Bindig

Lothar Binding (Heidelberg)

Kurt Bodewig
Klaus Brandner
Anni Brandt-Elsweier
Willi Brase
Dr. Eberhard Brecht
Rainer Brinkmann (Detmold)

Bernhard Brinkmann

(Hildesheim)


Hans-Günter Bruckmann
Dr. Michael Bürsch
Ursula Burchardt
Hans Martin Bury
Hans Büttner (Ingolstadt)

Marion Caspers-Merk
Wolf-Michael Catenhusen
Dr. Peter Wilhelm Danckert
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Christel Deichmann
Karl Diller
Peter Dreßen
Rudolf Dreßler
Detlef Dzembritzki
Dieter Dzewas
Dr. Peter Eckardt
Sebastian Edathy
Ludwig Eich

Marga Elser
Peter Enders
Gernot Erler
Petra Ernstberger
Annette Faße
Lothar Fischer (Homburg)

Gabriele Fograscher
Iris Follak
Norbert Formanski
Rainer Fornahl
Hans Forster
Dagmar Freitag
Peter Friedrich (Altenburg)

Lilo Friedrich (Mettmann)

Harald Friese
Anke Fuchs (Köln)

Arne Fuhrmann
Monika Ganseforth
Konrad Gilges
Iris Gleicke
Günter Gloser
Uwe Göllner
Renate Gradistanac
Günter Graf (Friesoythe)

Angelika Graf (Rosenheim)

Dieter Grasedieck
Monika Griefahn

Achim Großmann
Karl-Hermann Haack

(Extertal)


Hans-Joachim Hacker
Christel Hanewinckel
Alfred Hartenbach
Anke Hartnagel
Nina Hauer
Hubertus Heil
Reinhold Hemker
Frank Hempel
Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Monika Heubaum
Uwe Hiksch
Reinhold Hiller (Lübeck)

Stephan Hilsberg
Gerd Höfer
Jelena Hoffmann (Chemnitz)

Walter Hoffmann

(Darmstadt)


Frank Hofmann (Volkach)

Ingrid Holzhüter
Eike Hovermann
Christel Humme
Lothar Ibrügger

Vizepräsidentin Anke Fuchs






(A) (C)



(B) (D)


Barbara Imhof
Brunhilde Irber
Gabriele Iwersen
Renate Jäger
Jann-Peter Janssen
Ilse Janz
Dr. Uwe Jens
Volker Jung (Düsseldorf)

Johannes Kahrs
Ulrich Kasparick
Sabine Kaspereit
Susanne Kastner
Hans-Peter Kemper
Klaus Kirschner
Marianne Klappert
Hans-Ulrich Klose
Walter Kolbow
Fritz Rudolf Körper
Karin Kortmann
Anette Kramme
Nicolette Kressl
Angelika Krüger-Leißner
Horst Kubatschka
Ernst Küchler
Helga Kühn-Mengel
Ute Kumpf
Konrad Kunick
Dr. Uwe Küster
Werner Labsch
Oskar Lafontaine
Christine Lambrecht
Brigitte Lange
Christian Lange (Backnang)

Detlev von Larcher
Christine Lehder
Robert Leidinger
Klaus Lennartz
Eckhart Lewering
Götz-Peter Lohmann

(Neubrandenburg)


Erika Lotz
Dr. Christine Lucyga
Dieter Maaß (Herne)

Winfried Mante
Dirk Manzewski
Tobias Marhold
Ulrike Mascher
Christoph Matschie
Ingrid Matthäus-Maier
Heide Mattischeck
Markus Meckel
Ulrike Mehl
Ulrike Merten
Angelika Mertens
Dr. Jürgen Meyer (Ulm)

Ursula Mogg
Christoph Moosbauer
Siegmar Mosdorf
Michael Müller (Düsseldorf)

Jutta Müller (Völklingen)

Christian Müller (Zittau)

Franz Müntefering
Andrea Nahles
Volker Neumann

(Bramsche)


Gerhard Neumann (Gotha)

Dr. Edith Niehuis
Dietmar Nietan
Günter Oesinghaus
Eckhard Ohl
Leyla Onur

Manfred Opel
Holger Ortel
Adolf Ostertag
Kurt Palis
Albrecht Papenroth
Dr. Willfried Penner
Dr. Martin Pfaff
Georg Pfannenstein
Johannes Pflug
Dr. Eckhart Pick
Joachim Poß
Karin Rehbock-Zureich
Margot von Renesse
Renate Rennebach
Bernd Reuter
Dr. Edelbert Richter
Reinhold Robbe
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Michael Roth (Heringen)

Birgit Roth (Speyer)

Thomas Sauer
Dr. Hansjörg Schäfer
Gudrun Schaich-Walch
Rudolf Scharping
Bernd Scheelen
Dr. Hermann Scheer
Horst Schild
Otto Schily
Dieter Schloten
Horst Schmidbauer

(Nürnberg)


Ulla Schmidt (Aachen)

Silvia Schmidt (Eisleben)

Dagmar Schmidt (Meschede)

Wilhelm Schmidt (Salzgitter)

Regina Schmidt-Zadel
Heinz Schmitt (Berg)

Olaf Scholz
Karsten Schönfeld
Fritz Schösser
Ottmar Schreiner
Gerhard Schröder
Gisela Schröter
Dr. Mathias Schubert
Richard Schuhmann

(Delitzsch)


Brigitte Schulte (Hameln)

Reinhard Schultz

(Everswinkel)


Volkmar Schultz (Köln)

Ilse Schumann
Dr. R. Werner Schuster
Dr. Angelica Schwall-Düren
Ernst Schwanhold
Rolf Schwanitz
Bodo Seidenthal
Erika Simm
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
Dr. Cornelie Sonntag-
Wolgast

Wieland Sorge
Wolfgang Spanier
Dr. Margrit Spielmann
Jörg-Otto Spiller
Dr. Ditmar Staffelt
Ludwig Stiegler
Rolf Stöckel
Rita Streb-Hesse
Dr. Peter Struck
Joachim Stünker

Joachim Tappe
Jörg Tauss
Jella Teuchner
Dr. Gerald Thalheim
Wolfgang Thierse
Franz Thönnes
Adelheid Tröscher
Rüdiger Veit
Günter Verheugen
Simone Violka
Ute Vogt (Pforzheim)

Hedi Wegener
Wolfgang Weiermann
Reinhard Weis (Stendal)

Matthias Weisheit
Gert Weisskirchen

(Wiesloch)


Dr. Ernst Ulrich von
Weizsäcker

Hans-Joachim Welt
Dr. Rainer Wend
Hildegard Wester
Lydia Westrich
Inge Wettig-Danielmeier
Dr. Margrit Wetzel
Dr. Norbert Wieczorek
Helmut Wieczorek

(Duisburg)


Jürgen Wieczorek (Leipzig)

Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dieter Wiefelspütz
Heino Wiese (Hannover)

Klaus Wiesehügel
Brigitte Wimmer (Karlsruhe)

Engelbert Clemens Wistuba
Barbara Wittig
Dr. Wolfgang Wodarg
Verena Wohlleben
Hanna Wolf (München)

Waltraud Wolff (Zielitz)

Heidemarie Wright
Uta Zapf
Dr. Christoph Zöpel
Peter Zumkley

BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Gila Altmann (Aurich)

Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Angelika Beer
Annelie Buntenbach
Ekin Deligöz
Dr. Thea Dückert
Franziska Eichstädt-Bohlig
Dr. Uschi Eid
Hans-Josef Fell
Andrea Fischer (Berlin)

Joseph Fischer (Frankfurt)

Katrin Göring-Eckardt
Rita Grießhaber
Winfried Hermann
Kristin Heyne
Ulrike Höfken
Michaele Hustedt
Monika Knoche
Dr. Angelika Köster-Loßack
Steffi Lemke
Dr. Helmut Lippelt
Dr. Reinhard Loske

Klaus Wolfgang Müller

(Kiel)


Kerstin Müller (Köln)

Winfried Nachtwei
Christa Nickels
Cem Özdemir
Simone Probst
Claudia Roth (Augsburg)

Christine Scheel
Irmingard Schewe-Gerigk
Rezzo Schlauch
Albert Schmidt (Hitzhofen)

Werner Schulz (Leipzig)

Christian Simmert
Christian Sterzing
Hans-Christian Ströbele
Jürgen Trittin
Dr. Antje Vollmer
Sylvia Voß
Helmut Wilhelm (Amberg)

Margareta Wolf (Frankfurt)

PDS
Monika Balt
Petra Bläss
Maritta Böttcher
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Heidemarie Ehlert
Dr. Heinrich Fink
Dr. Ruth Fuchs
Fred Gebhardt
Wolfgang Gehrcke-Reymann
Dr. Klaus Grehn
Dr. Gregor Gysi
Dr. Barbara Höll
Carsten Hübner
Sabine Jünger
Dr. Evelyn Kenzler
Dr. Heidi Knake-Werner
Rolf Kutzmutz
Ursula Lötzer
Heidemarie Lüth
Angela Marquardt
Manfred Müller (Berlin)

Kersten Naumann
Rosel Neuhäuser
Petra Pau
Dr. Uwe-Jens Rössel
Christina Schenk
Gustav-Adolf Schur
Dr. Ilja Seifert

Nein
CDU/CSU
Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Altmaier
Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann
Brigitte Baumeister
Meinrad Belle
Dr. Sabine Bergmann-Pohl
Otto Bernhardt
Hans-Dirk Bierling
Dr. Joseph-Theodor Blank
Renate Blank

Vizepräsidentin Anke Fuchs






(B)



(A) (C)



(D)


Dr. Heribert Blens
Peter Bleser
Dr. Norbert Blüm
Friedrich Bohl
Dr. Maria Böhmer
Sylvia Bonitz
Wolfgang Börnsen

(Bönstrup)


Wolfgang Bosbach
Dr. Wolfgang Bötsch
Klaus Brähmig
Dr. Ralf Brauksiepe
Paul Breuer
Monika Brudlewsky
Georg Brunnhuber
Klaus Bühler (Bruchsal)

Hartmut Büttner

(Schönebeck)


Cajus Caesar
Peter H. Carstensen

(Nordstrand)


Leo Dautzenberg
Wolfgang Dehnel
Hubert Deittert
Albert Deß
Thomas Dörflinger
Hansjürgen Doss
Marie-Luise Dött
Rainer Eppelmann
Anke Eymer
Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Ulf Fink
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer (Hamburg)


(KarlsruheLand)


Dr. Gerhard Friedrich

(Erlangen)


Dr. Hans-Peter Friedrich

(Hof)


Erich G. Fritz
Jochen-Konrad Fromme
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Georg Girisch
Dr. Reinhard Göhner
Dr. Wolfgang Götzer
Kurt-Dieter Grill
Hermann Gröhe
Manfred Grund
Gottfried Haschke

(Großhennersdorf)


Gerda Hasselfeldt
Norbert Hauser (Bonn)

Hansgeorg Hauser

(Rednitzhembach)


Klaus-Jürgen Hedrich
Ursula Heinen
Manfred Heise
Siegfried Helias
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Klaus Hofbauer

Martin Hohmann
Klaus Holetschek
Josef Hollerith
Dr. Karl-Heinz Hornhues
Siegfried Hornung
Joachim Hörster
Hubert Hüppe
Georg Janovsky
Dr.-Ing. Rainer Jork
Dr. Harald Kahl
Dr. Dietmar Kansy
Manfred Kanther
Irmgard Karwatzki
Volker Kauder
Eckart von Klaeden
Ulrich Klinkert
Dr. Helmut Kohl
Norbert Königshofen
Eva-Maria Kors
Hartmut Koschyk
Rudolf Kraus
Dr. Paul Krüger
Dr. Hermann Kues
Karl Lamers
Dr. Karl A. Lamers

(Heidelberg)


Dr. Norbert Lammert
Dr. Paul Laufs
Karl-Josef Laumann
Vera Lengsfeld
Werner Lensing
Peter Letzgus
Ursula Lietz
Walter Link (Diepholz)

Eduard Lintner
Dr. Klaus Lippold

(Offenbach)


Dr. Manfred Lischewski
Wolfgang Lohmann

(Lüdenscheid)


Julius Louven
Dr. Michael Luther
Erich Maaß (Wilhemshaven)

Erwin Marschewski
Dr. Martin Mayer

(Siegertsbrunn)


Wolfgang Meckelburg
Dr. Michael Meister
Friedrich Merz
Hans Michelbach
Meinolf Michels
Dr. Gerd Müller
Bernward Müller (Jena)

Elmar Müller (Kirchheim)

Bernd Neumann (Bremen)

Claudia Nolte
Günter Nooke
Franz Obermeier
Friedhelm Ost
Eduard Oswald
Norbert Otto (Erfurt)

Dr. Peter Paziorek
Anton Pfeifer
Beatrix Philipp

Ronald Pofalla
Ruprecht Polenz
Marlies Pretzlaff
Dr. Bernd Protzner
Thomas Rachel
Hans Raidel
Dr. Peter Ramsauer
Peter Rauen
Christa Reichard (Dresden)

Katherina Reiche
Erika Reinhardt
Hans-Peter Repnik
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Franz Romer
Hannelore Rönsch

(Wiesbaden)


Heinrich-Wilhelm Ronsöhr
Dr. Klaus Rose
Kurt Rossmanith
Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck
Dr. Jürgen Rüttgers
Anita Schäfer
Dr. Wolfgang Schäuble
Hartmut Schauerte
Heinz Schemken
Karl-Heinz Scherhag
Gerhard Scheu
Norbert Schindler
Dietmar Schlee
Christian Schmidt (Fürth)

Dr.-Ing. Joachim Schmidt

(Halsbrücke)


Andreas Schmidt (Mühlheim)

Hans Peter Schmitz

(Baesweiler)


Birgit Schnieber-Jastram
Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Rupert Scholz
Dr. Erika Schuchardt
Wolfgang Schulhoff
Diethard W. Schütze (Berlin)

Clemens Schwalbe
Dr. Christian Schwarz-
Schilling

Wilhelm-Josef Sebastian
Horst Seehofer
Heinz Seiffert
Rudolf Seiters
Bernd Siebert
Werner Siemann
Bärbel Sothmann
Margarete Späte
Carl-Dieter Spranger
Erika Steinbach
Andreas Storm
Dorothea Störr-Ritter
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Thomas Strobl
Michael Stübgen
Dr. Rita Süssmuth
Dr. Susanne Tiemann

Edeltraut Töpfer
Dr. Hans-Peter Uhl
Gunnar Uldall
Arnold Vaatz
Andrea Voßhoff
Peter Weiß (Emmendingen)

Gerald Weiß (Groß-Gerau)

Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese (Ehingen)

Hans-Otto Wilhelm (Mainz)

Klaus-Peter Willsch
Willy Wimmer (Neuss)

Matthias Wissmann
Werner Wittlich
Dagmar Wöhrl
Elke Wülfing
Peter Kurt Würzbach
Wolfgang Zeitlmann
Benno Zierer
Wolfgang Zöller

F.D.P.
Hildebrecht Braun

(Augsburg)


Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Gisela Frick
Paul K. Friedhoff
Horst Friedrich (Bayreuth)

Rainer Funke
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther

(Plauen)


Dr. Karlheinz Guttmacher
Klaus Haupt
Dr. Helmut Haussmann
Ulrich Heinrich
Walter Hirche
Dr. Klaus Kinkel
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Ina Lenke
Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger

Jürgen W. Möllemann
Dirk Niebel
Günter Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto

(Frankfurt)


Detlef Parr
Cornelia Pieper
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Gerhard Schüßler
Dr. Irmgard Schwaetzer
Marita Sehn
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Max Stadler
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Dieter Thomae
Jürgen Türk

Entschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen Versammlungen
des Europarates und der WEU, der NAV, der OSZE oder der IPU
Abgeordnete(r)
Lörcher, Christa, SPD von Schmude, Michael, CDU/CSU

Vizepräsidentin Anke Fuchs






(A) (C)



(B) (D)


Die dritte namentliche Abstimmung betraf Art. 1
Nr. 8 Buchstabe a Doppelbuchstabe ee, Drucksachen
14/23 und 14/442. Abgegebene Stimmen 583. Mit Ja

haben gestimmt 309, mit Nein haben gestimmt 271,
Enthaltungen drei. Die entsprechende Vorschrift ist an-
genommen.

Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 582;
davon

ja: 308
nein: 271
enthalten: 3

Ja
SPD
Brigitte Adler
Gerd Andres
Rainer Arnold
Hermann Bachmaier
Ernst Bahr
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Eckhardt Barthel (Berlin)

Klaus Barthel (Starnberg)

Wolfgang Behrendt
Dr. Axel Berg
Hans-Werner Bertl
Friedhelm Julius Beucher
Petra Bierwirth
Rudolf Bindig
Lothar Binding (Heidelberg)

Klaus Brandner
Anni Brandt-Elsweier
Willi Brase
Dr. Eberhard Brecht
Rainer Brinkmann (Detmold)

Bernhard Brinkmann

(Hildesheim)


Hans-Günter Bruckmann
Ursula Burchardt
Dr. Michael Bürsch
Hans Martin Bury
Hans Büttner (Ingolstadt)

Marion Caspers-Merk
Wolf-Michael Catenhusen
Dr. Peter Wilhelm Danckert
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Christel Deichmann
Karl Diller
Peter Dreßen
Rudolf Dreßler
Detlef Dzembritzki
Dieter Dzewas
Dr. Peter Eckardt
Sebastian Edathy
Ludwig Eich
Marga Elser
Peter Enders
Gernot Erler
Petra Ernstberger
Annette Faße
Lothar Fischer (Homburg)

Gabriele Fograscher
Iris Follak
Norbert Formanski
Rainer Fornahl
Hans Forster
Dagmar Freitag

Peter Friedrich (Altenburg)

Lilo Friedrich (Mettmann)

Harald Friese
Anke Fuchs (Köln)

Arne Fuhrmann
Monika Ganseforth
Konrad Gilges
Iris Gleicke
Günter Gloser
Uwe Göllner
Renate Gradistanac
Günter Graf (Friesoythe)

Angelika Graf (Rosenheim)

Dieter Grasedieck
Monika Griefahn
Achim Großmann
Karl-Hermann Haack

(Extertal)


Hans-Joachim Hacker
Christel Hanewinckel
Alfred Hartenbach
Anke Hartnagel
Nina Hauer
Reinhold Hemker
Frank Hempel
Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Monika Heubaum
Uwe Hiksch
Reinhold Hiller (Lübeck)

Stephan Hilsberg
Gerd Höfer
Jelena Hoffmann (Chemnitz)

Walter Hoffmann

(Darmstadt)


Frank Hofmann (Volkach)

Ingrid Holzhüter
Eike Hovermann
Christel Humme
Lothar Ibrügger
Barbara Imhof
Brunhilde Irber
Gabriele Iwersen
Renate Jäger
Jann-Peter Janssen
Ilse Janz
Dr. Uwe Jens
Volker Jung (Düsseldorf)

Johannes Kahrs
Ulrich Kasparick
Sabine Kaspereit
Susanne Kastner
Hans-Peter Kemper
Klaus Kirschner
Marianne Klappert
Hans-Ulrich Klose
Walter Kolbow
Fritz Rudolf Körper
Karin Kortmann
Anette Kramme
Nicolette Kressl
Angelika Krüger-Leißner
Horst Kubatschka
Ernst Küchler

Helga Kühn-Mengel
Ute Kumpf
Konrad Kunick
Dr. Uwe Küster
Werner Labsch
Oskar Lafontaine
Christine Lambrecht
Brigitte Lange
Christian Lange (Backnang)

Detlev von Larcher
Christine Lehder
Robert Leidinger
Klaus Lennartz
Eckhart Lewering
Götz-Peter Lohmann

(Neubrandenburg)


Erika Lotz
Dr. Christine Lucyga
Dieter Maaß (Herne)

Winfried Mante
Dirk Manzewski
Tobias Marhold
Ulrike Mascher
Christoph Matschie
Ingrid Matthäus-Maier
Heide Mattischeck
Markus Meckel
Ulrike Mehl
Ulrike Merten
Angelika Mertens
Dr. Jürgen Meyer (Ulm)

Ursula Mogg
Christoph Moosbauer
Siegmar Mosdorf
Michael Müller (Düsseldorf)

Jutta Müller (Völklingen)

Christian Müller (Zittau)

Franz Müntefering
Andrea Nahles
Volker Neumann (Bramsche)

Gerhard Neumann (Gotha)

Dr. Edith Niehuis
Dietmar Nietan
Günter Oesinghaus
Eckhard Ohl
Leyla Onur
Manfred Opel
Holger Ortel
Adolf Ostertag
Kurt Palis
Albrecht Papenroth
Dr. Willfried Penner
Dr. Martin Pfaff
Georg Pfannenstein
Johannes Pflug
Dr. Eckhart Pick
Joachim Poß
Karin Rehbock-Zureich
Margot von Renesse
Renate Rennebach
Bernd Reuter
Dr. Edelbert Richter
Reinhold Robbe
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann

Michael Roth (Heringen)

Thomas Sauer
Dr. Hansjörg Schäfer
Gudrun Schaich-Walch
Rudolf Scharping
Bernd Scheelen
Dr. Hermann Scheer
Horst Schild
Otto Schily
Dieter Schloten
Horst Schmidbauer

(Nürnberg)


Ulla Schmidt (Aachen)

Silvia Schmidt (Eisleben)

Dagmar Schmidt (Meschede)

Wilhelm Schmidt (Salzgitter)

Regina Schmidt-Zadel
Heinz Schmitt (Berg)

Olaf Scholz
Karsten Schönfeld
Fritz Schösser
Ottmar Schreiner
Gerhard Schröder
Gisela Schröter
Dr. Mathias Schubert
Richard Schuhmann

(Delitzsch)


Brigitte Schulte (Hameln)

Reinhard Schultz

(Everswinkel)


Volkmar Schultz (Köln)

Ilse Schumann
Dr. R. Werner Schuster
Dr. Angelica Schwall-Düren
Ernst Schwanhold
Rolf Schwanitz
Bodo Seidenthal
Erika Simm
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
Dr. Cornelie Sonntag-
Wolgast

Wieland Sorge
Wolfgang Spanier
Dr. Margrit Spielmann
Jörg-Otto Spiller
Dr. Ditmar Staffelt
Ludwig Stiegler
Rolf Stöckel
Rita Streb-Hesse
Dr. Peter Struck
Joachim Stünker
Joachim Tappe
Jörg Tauss
Jella Teuchner
Dr. Gerald Thalheim
Wolfgang Thierse
Franz Thönnes
Adelheid Tröscher
Rüdiger Veit
Günter Verheugen
Simone Violka
Ute Vogt (Pforzheim)

Hedi Wegener
Wolfgang Weiermann
Reinhard Weis (Stendal)


Vizepräsidentin Anke Fuchs






(B)



(A) (C)



(D)


Matthias Weisheit
Gert Weisskirchen

(Wiesloch)


Dr. Ernst Ulrich von
Weizsäcker

Hans-Joachim Welt
Dr. Rainer Wend
Hildegard Wester
Lydia Westrich
Inge Wettig-Danielmeier
Dr. Margrit Wetzel
Dr. Norbert Wieczorek
Jürgen Wieczorek (Leipzig)

Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dieter Wiefelspütz
Heino Wiese (Hannover)

Klaus Wiesehügel
Brigitte Wimmer

(Karlsruhe)


Engelbert Clemens Wistuba
Barbara Wittig
Dr. Wolfgang Wodarg
Verena Wohlleben
Hanna Wolf (München)

Waltraud Wolff (Zielitz)

Heidemarie Wright
Uta Zapf
Dr. Christoph Zöpel
Peter Zumkley

BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Gila Altmann (Aurich)

Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Angelika Beer
Annelie Buntenbach
Ekin Deligöz
Dr. Thea Dückert
Franziska Eichstädt-Bohlig
Dr. Uschi Eid
Hans-Josef Fell
Andrea Fischer (Berlin)

Katrin Göring-Eckardt
Rita Grießhaber
Winfried Hermann
Kristin Heyne
Ulrike Höfken
Michaele Hustedt
Monika Knoche
Dr. Angelika Köster-Loßack
Steffi Lemke
Dr. Helmut Lippelt
Dr. Reinhard Loske
Klaus Wolfgang Müller

(Kiel)


Kerstin Müller (Köln)

Winfried Nachtwei
Christa Nickels
Cem Özdemir
Simone Probst
Claudia Roth (Augsburg)

Christine Scheel
Irmingard Schewe-Gerigk
Rezzo Schlauch
Albert Schmidt (Hitzhofen)

Werner Schulz (Leipzig)

Christian Simmert
Christian Sterzing

Hans-Christian Ströbele
Jürgen Trittin
Dr. Antje Vollmer
Sylvia Voß
Helmut Wilhelm (Amberg)

Margareta Wolf (Frankfurt)


Nein
CDU/CSU
Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Altmaier
Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann
Brigitte Baumeister
Meinrad Belle
Dr. Sabine Bergmann-Pohl
Otto Bernhardt
Hans-Dirk Bierling
Dr. Joseph-Theodor Blank
Renate Blank
Dr. Heribert Blens
Peter Bleser
Dr. Norbert Blüm
Friedrich Bohl
Dr. Maria Böhmer
Sylvia Bonitz
Wolfgang Börnsen

(Bönstrup)


Wolfgang Bosbach
Dr. Wolfgang Bötsch
Klaus Brähmig
Dr. Ralf Brauksiepe
Paul Breuer
Monika Brudlewsky
Georg Brunnhuber
Klaus Bühler (Bruchsal)

Hartmut Büttner

(Schönebeck)


Cajus Caesar
Peter H. Carstensen

(Nordstrand)


Leo Dautzenberg
Wolfgang Dehnel
Hubert Deittert
Albert Deß
Thomas Dörflinger
Hansjürgen Doss
Marie-Luise Dött
Rainer Eppelmann
Anke Eymer
Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Ulf Fink
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer (Hamburg)


(KarlsruheLand)


Dr. Gerhard Friedrich

(Erlangen)


Dr. Hans-Peter Friedrich

(Hof)


Erich G. Fritz
Jochen-Konrad Fromme
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis

Dr. Heiner Geißler
Georg Girisch
Dr. Reinhard Göhner
Dr. Wolfgang Götzer
Kurt-Dieter Grill
Hermann Gröhe
Manfred Grund
Gottfried Haschke

(Großhennersdorf)


Gerda Hasselfeldt
Norbert Hauser (Bonn)

Hansgeorg Hauser

(Rednitzhembach)


Klaus-Jürgen Hedrich
Ursula Heinen
Manfred Heise
Siegfried Helias
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Klaus Hofbauer
Martin Hohmann
Klaus Holetschek
Josef Hollerith
Dr. Karl-Heinz Hornhues
Siegfried Hornung
Joachim Hörster
Hubert Hüppe
Georg Janovsky
Dr.-Ing. Rainer Jork
Dr. Harald Kahl
Dr. Dietmar Kansy
Manfred Kanther
Irmgard Karwatzki
Volker Kauder
Eckart von Klaeden
Ulrich Klinkert
Dr. Helmut Kohl
Norbert Königshofen
Eva-Maria Kors
Hartmut Koschyk
Rudolf Kraus
Dr. Paul Krüger
Dr. Hermann Kues
Karl Lamers
Dr. Karl A. Lamers

(Heidelberg)


Dr. Norbert Lammert
Dr. Paul Laufs
Karl-Josef Laumann
Vera Lengsfeld
Werner Lensing
Peter Letzgus
Ursula Lietz
Walter Link (Diepholz)

Eduard Lintner
Dr. Klaus Lippold

(Offenbach)


Dr. Manfred Lischewski
Wolfgang Lohmann

(Lüdenscheid)


Julius Louven
Dr. Michael Luther
Erich Maaß (Wilhemshaven)

Erwin Marschewski
Dr. Martin Mayer

(Siegertsbrunn)


Wolfgang Meckelburg
Dr. Michael Meister
Friedrich Merz
Hans Michelbach

Meinolf Michels
Dr. Gerd Müller
Bernward Müller (Jena)

Elmar Müller (Kirchheim)

Bernd Neumann (Bremen)

Claudia Nolte
Günter Nooke
Franz Obermeier
Friedhelm Ost
Eduard Oswald
Norbert Otto (Erfurt)

Dr. Peter Paziorek
Anton Pfeifer
Dr. Friedbert Pflüger
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Ruprecht Polenz
Marlies Pretzlaff
Dr. Bernd Protzner
Thomas Rachel
Hans Raidel
Peter Rauen
Christa Reichard (Dresden)

Katherina Reiche
Erika Reinhardt
Hans-Peter Repnik
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Franz Romer
Heinrich-Wilhelm Ronsöhr
Dr. Klaus Rose
Kurt Rossmanith
Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck
Dr. Jürgen Rüttgers
Anita Schäfer
Dr. Wolfgang Schäuble
Hartmut Schauerte
Heinz Schemken
Karl-Heinz Scherhag
Gerhard Scheu
Norbert Schindler
Dietmar Schlee
Christian Schmidt (Fürth)

Dr.-Ing. Joachim Schmidt

(Halsbrücke)


Andreas Schmidt (Mühlheim)

Hans Peter Schmitz

(Baesweiler)


Birgit Schnieber-Jastram
Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Rupert Scholz
Dr. Erika Schuchardt
Wolfgang Schulhoff
Diethard W. Schütze (Berlin)

Clemens Schwalbe
Dr. Christian Schwarz-
Schilling

Wilhelm-Josef Sebastian
Horst Seehofer
Heinz Seiffert
Rudolf Seiters
Bernd Siebert
Werner Siemann
Bärbel Sothmann
Margarete Späte
Carl-Dieter Spranger
Erika Steinbach
Andreas Storm
Dorothea Störr-Ritter

Vizepräsidentin Anke Fuchs






(A) (C)



(B) (D)


Max Straubinger
Matthäus Strebl
Thomas Strobl
Michael Stübgen
Dr. Rita Süssmuth
Dr. Susanne Tiemann
Edeltraut Töpfer
Dr. Hans-Peter Uhl
Gunnar Uldall
Arnold Vaatz
Andrea Voßhoff
Peter Weiß (Emmendingen)

Gerald Weiß (Groß-Gerau)

Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese (Ehingen)

Hans-Otto Wilhelm (Mainz)

Klaus-Peter Willsch
Willy Wimmer (Neuss)

Matthias Wissmann
Werner Wittlich
Dagmar Wöhrl
Elke Wülfing
Peter Kurt Würzbach
Wolfgang Zeitlmann
Wolfgang Zöller

F.D.P.
Hildebrecht Braun (Augsburg)

Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Gisela Frick
Paul K. Friedhoff
Horst Friedrich (Bayreuth)

Rainer Funke
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther (Plauen)

Dr. Karlheinz Guttmacher
Klaus Haupt
Dr. Helmut Haussmann
Ulrich Heinrich
Walter Hirche
Dr. Klaus Kinkel
Dr. Heinrich Leonhard Kolb
Gudrun Kopp
Ina Lenke
Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger

Jürgen W. Möllemann

Dirk Niebel
Günter Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)

Detlef Parr
Cornelia Pieper
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Gerhard Schüßler
Dr. Irmgard Schwaetzer
Marita Sehn
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Max Stadler
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Dieter Thomae
Jürgen Türk
PDS
Monika Balt
Petra Bläss
Maritta Böttcher
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Heidemarie Ehlert
Dr. Heinrich Fink
Dr. Ruth Fuchs
Fred Gebhardt

Wolfgang Gehrcke-Reymann
Dr. Klaus Grehn
Dr. Gregor Gysi
Dr. Barbara Höll
Carsten Hübner
Dr. Evelyn Kenzler
Dr. Heidi Knake-Werner
Rolf Kutzmutz
Ursula Lötzer
Heidemarie Lüth
Angela Marquardt
Kersten Naumann
Rosel Neuhäuser
Petra Pau
Dr. Uwe-Jens Rössel
Gustav-Adolf Schur
Dr. Ilja Seifert

Enthalten
PDS
Sabine Jünger
Manfred Müller (Berlin)

Christina Schenk

Entschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen Versammlungen
des Europarates und der WEU, der NAV, der OSZE oder der IPU
Abgeordnete(r)
Lörcher, Christa, SPD von Schmude, Michael, CDU/CSU

Die vierte namentliche Abstimmung betraf Art. 5
Nr. 1, Drucksachen 14/23 und 14/442. Abgegebene
Stimmen 592. Mit Ja haben gestimmt 342, mit Nein ha-

ben gestimmt 249, Enthaltungen eine. Die entsprechen-
de Vorschrift ist angenommen.

Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 590;
davon

ja: 341
nein: 248
enthalten: 1

Ja
SPD
Brigitte Adler
Gerd Andres
Rainer Arnold
Hermann Bachmaier
Ernst Bahr
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Eckhardt Barthel (Berlin)

Klaus Barthel (Starnberg)

Wolfgang Behrendt
Dr. Axel Berg
Hans-Werner Bertl
Friedhelm Julius Beucher
Petra Bierwirth
Rudolf Bindig
Lothar Binding (Heidelberg)

Kurt Bodewig
Klaus Brandner

Anni Brandt-Elsweier
Willi Brase
Dr. Eberhard Brecht
Rainer Brinkmann (Detmold)

Bernhard Brinkmann

(Hildesheim)


Hans-Günter Bruckmann
Ursula Burchardt
Dr. Michael Bürsch
Hans Martin Bury
Hans Büttner (Ingolstadt)

Marion Caspers-Merk
Wolf-Michael Catenhusen
Dr. Peter Wilhelm Danckert
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Christel Deichmann
Karl Diller
Peter Dreßen
Rudolf Dreßler
Detlef Dzembritzki
Dieter Dzewas
Dr. Peter Eckardt
Sebastian Edathy
Ludwig Eich
Marga Elser
Peter Enders
Gernot Erler
Petra Ernstberger
Annette Faße
Lothar Fischer (Homburg)


Gabriele Fograscher
Iris Follak
Norbert Formanski
Rainer Fornahl
Hans Forster
Dagmar Freitag
Peter Friedrich (Altenburg)

Lilo Friedrich (Mettmann)

Harald Friese
Anke Fuchs (Köln)

Arne Fuhrmann
Monika Ganseforth
Konrad Gilges
Iris Gleicke
Günter Gloser
Uwe Göllner
Renate Gradistanac
Günter Graf (Friesoythe)

Angelika Graf (Rosenheim)

Dieter Grasedieck
Monika Griefahn
Achim Großmann
Karl-Hermann Haack

(Extertal)


Hans-Joachim Hacker
Christel Hanewinckel
Alfred Hartenbach
Anke Hartnagel
Nina Hauer
Hubertus Heil

Reinhold Hemker
Frank Hempel
Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Monika Heubaum
Uwe Hiksch
Reinhold Hiller (Lübeck)

Stephan Hilsberg
Gerd Höfer
Jelena Hoffmann (Chemnitz)

Walter Hoffmann

(Darmstadt)


Frank Hofmann (Volkach)

Ingrid Holzhüter
Eike Hovermann
Christel Humme
Lothar Ibrügger
Barbara Imhof
Brunhilde Irber
Gabriele Iwersen
Renate Jäger
Jann-Peter Janssen
Ilse Janz
Dr. Uwe Jens
Volker Jung (Düsseldorf)

Johannes Kahrs
Ulrich Kasparick
Sabine Kaspereit
Susanne Kastner

Vizepräsidentin Anke Fuchs






(B)



(A) (C)



(D)


Hans-Peter Kemper
Klaus Kirschner
Marianne Klappert
Hans-Ulrich Klose
Walter Kolbow
Fritz Rudolf Körper
Karin Kortmann
Anette Kramme
Nicolette Kressl
Angelika Krüger-Leißner
Horst Kubatschka
Ernst Küchler
Helga Kühn-Mengel
Ute Kumpf
Konrad Kunick
Dr. Uwe Küster
Werner Labsch
Oskar Lafontaine
Christine Lambrecht
Brigitte Lange
Christian Lange (Backnang)

Detlev von Larcher
Christine Lehder
Robert Leidinger
Klaus Lennartz
Eckhart Lewering
Götz-Peter Lohmann

(Neubrandenburg)


Erika Lotz
Dr. Christine Lucyga
Dieter Maaß (Herne)

Winfried Mante
Dirk Manzewski
Tobias Marhold
Ulrike Mascher
Christoph Matschie
Ingrid Matthäus-Maier
Heide Mattischeck
Markus Meckel
Ulrike Mehl
Ulrike Merten
Angelika Mertens
Dr. Jürgen Meyer (Ulm)

Ursula Mogg
Christoph Moosbauer
Siegmar Mosdorf
Michael Müller (Düsseldorf)

Jutta Müller (Völklingen)

Christian Müller (Zittau)

Franz Müntefering
Andrea Nahles
Volker Neumann (Bramsche)

Gerhard Neumann (Gotha)

Dr. Edith Niehuis
Dietmar Nietan
Günter Oesinghaus
Eckhard Ohl
Leyla Onur
Manfred Opel
Holger Ortel
Adolf Ostertag
Kurt Palis
Albrecht Papenroth
Dr. Willfried Penner
Dr. Martin Pfaff
Georg Pfannenstein
Johannes Pflug
Dr. Eckhart Pick
Joachim Poß
Karin Rehbock-Zureich

Margot von Renesse
Renate Rennebach
Bernd Reuter
Dr. Edelbert Richter
Reinhold Robbe
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Michael Roth (Heringen)

Birgit Roth (Speyer)

Thomas Sauer
Dr. Hansjörg Schäfer
Gudrun Schaich-Walch
Rudolf Scharping
Bernd Scheelen
Dr. Hermann Scheer
Horst Schild
Otto Schily
Dieter Schloten
Horst Schmidbauer

(Nürnberg)


Ulla Schmidt (Aachen)

Silvia Schmidt (Eisleben)

Dagmar Schmidt (Meschede)

Wilhelm Schmidt (Salzgitter)

Regina Schmidt-Zadel
Heinz Schmitt (Berg)

Olaf Scholz
Karsten Schönfeld
Fritz Schösser
Ottmar Schreiner
Gerhard Schröder
Gisela Schröter
Dr. Mathias Schubert
Richard Schuhmann

(Delitzsch)


Brigitte Schulte (Hameln)

Reinhard Schultz

(Everswinkel)


Volkmar Schultz (Köln)

Ilse Schumann
Dr. R. Werner Schuster
Dr. Angelica Schwall-Düren
Ernst Schwanhold
Rolf Schwanitz
Bodo Seidenthal
Erika Simm
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
Dr. Cornelie Sonntag-
Wolgast

Wieland Sorge
Wolfgang Spanier
Dr. Margrit Spielmann
Jörg-Otto Spiller
Dr. Ditmar Staffelt
Ludwig Stiegler
Rolf Stöckel
Rita Streb-Hesse
Dr. Peter Struck
Joachim Stünker
Joachim Tappe
Jörg Tauss
Jella Teuchner
Dr. Gerald Thalheim
Wolfgang Thierse
Franz Thönnes
Adelheid Tröscher
Rüdiger Veit
Günter Verheugen
Simone Violka
Ute Vogt (Pforzheim)


Hedi Wegener
Wolfgang Weiermann
Reinhard Weis (Stendal)

Matthias Weisheit
Gert Weisskirchen

(Wiesloch)


Dr. Ernst Ulrich von
Weizsäcker

Hans-Joachim Welt
Dr. Rainer Wend
Hildegard Wester
Lydia Westrich
Inge Wettig-Danielmeier
Dr. Margrit Wetzel
Dr. Norbert Wieczorek
Helmut Wieczorek

(Duisburg)


Jürgen Wieczorek (Leipzig)

Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dieter Wiefelspütz
Heino Wiese (Hannover)

Klaus Wiesehügel
Brigitte Wimmer (Karlsruhe)

Engelbert Clemens Wistuba
Barbara Wittig
Dr. Wolfgang Wodarg
Verena Wohlleben
Hanna Wolf (München)

Waltraud Wolff (Zielitz)

Heidemarie Wright
Uta Zapf
Dr. Christoph Zöpel
Peter Zumkley

BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Gila Altmann (Aurich)

Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Angelika Beer
Annelie Buntenbach
Ekin Deligöz
Dr. Thea Dückert
Franziska Eichstädt-Bohlig
Dr. Uschi Eid
Hans-Josef Fell
Andrea Fischer (Berlin)

Joseph Fischer (Frankfurt)

Katrin Göring-Eckardt
Rita Grießhaber
Winfried Hermann
Kristin Heyne
Ulrike Höfken
Michaele Hustedt
Monika Knoche
Dr. Angelika Köster-Loßack
Steffi Lemke
Dr. Helmut Lippelt
Dr. Reinhard Loske
Klaus Wolfgang Müller

(Kiel)


Kerstin Müller (Köln)

Winfried Nachtwei
Christa Nickels
Cem Özdemir
Simone Probst
Claudia Roth (Augsburg)

Christine Scheel
Irmingard Schewe-Gerigk

Rezzo Schlauch
Albert Schmidt (Hitzhofen)

Werner Schulz (Leipzig)

Christian Simmert
Christian Sterzing
Hans-Christian Ströbele
Jürgen Trittin
Dr. Antje Vollmer
Sylvia Voß
Helmut Wilhelm (Amberg)

Margareta Wolf (Frankfurt)

PDS
Monika Balt
Petra Bläss
Maritta Böttcher
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Heidemarie Ehlert
Dr. Heinrich Fink
Dr. Ruth Fuchs
Fred Gebhardt
Wolfgang Gehrcke-Reymann
Dr. Klaus Grehn
Dr. Gregor Gysi
Dr. Barbara Höll
Carsten Hübner
Sabine Jünger
Dr. Evelyn Kenzler
Dr. Heidi Knake-Werner
Rolf Kutzmutz
Ursula Lötzer
Heidemarie Lüth
Angela Marquardt
Manfred Müller (Berlin)

Kersten Naumann
Rosel Neuhäuser
Petra Pau
Christina Schenk
Gustav-Adolf Schur
Dr. Ilja Seifert

Nein
CDU/CSU
Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Altmaier
Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann
Brigitte Baumeister
Meinrad Belle
Dr. Sabine Bergmann-Pohl
Otto Bernhardt
Hans-Dirk Bierling
Dr. Joseph-Theodor Blank
Renate Blank
Dr. Heribert Blens
Peter Bleser
Dr. Norbert Blüm
Friedrich Bohl
Dr. Maria Böhmer
Sylvia Bonitz
Wolfgang Bosbach
Dr. Wolfgang Bötsch
Klaus Brähmig
Dr. Ralf Brauksiepe

Vizepräsidentin Anke Fuchs






(A) (C)



(B) (D)


Paul Breuer
Monika Brudlewsky
Georg Brunnhuber
Klaus Bühler (Bruchsal)

Hartmut Büttner

(Schönebeck)


Cajus Caesar
Peter H. Carstensen

(Nordstrand)


Leo Dautzenberg
Wolfgang Dehnel
Hubert Deittert
Albert Deß
Thomas Dörflinger
Hansjürgen Doss
Marie-Luise Dött
Rainer Eppelmann
Anke Eymer
Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Ulf Fink
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer (Hamburg)


(KarlsruheLand)


Dr. Gerhard Friedrich

(Erlangen)


Dr. Hans-Peter Friedrich

(Hof)


Erich G. Fritz
Jochen-Konrad Fromme
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Dr. Heiner Geißler
Georg Girisch
Dr. Reinhard Göhner
Dr. Wolfgang Götzer
Kurt-Dieter Grill
Hermann Gröhe
Manfred Grund
Gottfried Haschke

(Großhennersdorf)


Gerda Hasselfeldt
Norbert Hauser (Bonn)

Hansgeorg Hauser

(Rednitzhembach)


Klaus-Jürgen Hedrich
Ursula Heinen
Manfred Heise
Siegfried Helias
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Klaus Hofbauer
Martin Hohmann
Klaus Holetschek
Josef Hollerith
Dr. Karl-Heinz Hornhues
Siegfried Hornung
Joachim Hörster
Hubert Hüppe
Georg Janovsky
Dr.-Ing. Rainer Jork
Dr. Harald Kahl

Dr. Dietmar Kansy
Manfred Kanther
Irmgard Karwatzki
Volker Kauder
Eckart von Klaeden
Ulrich Klinkert
Dr. Helmut Kohl
Norbert Königshofen
Eva-Maria Kors
Hartmut Koschyk
Rudolf Kraus
Dr. Paul Krüger
Dr. Hermann Kues
Karl Lamers
Dr. Karl A. Lamers

(Heidelberg)


Dr. Norbert Lammert
Dr. Paul Laufs
Karl-Josef Laumann
Vera Lengsfeld
Werner Lensing
Peter Letzgus
Ursula Lietz
Walter Link (Diepholz)

Eduard Lintner
Dr. Klaus Lippold

(Offenbach)


Dr. Manfred Lischewski
Wolfgang Lohmann

(Lüdenscheid)


Julius Louven
Dr. Michael Luther
Erich Maaß (Wilhemshaven)

Erwin Marschewski
Dr. Martin Mayer

(Siegertsbrunn)


Wolfgang Meckelburg
Dr. Michael Meister
Friedrich Merz
Hans Michelbach
Meinolf Michels
Dr. Gerd Müller
Bernward Müller (Jena)

Elmar Müller (Kirchheim)

Bernd Neumann (Bremen)

Claudia Nolte
Günter Nooke
Franz Obermeier
Friedhelm Ost
Eduard Oswald
Norbert Otto (Erfurt)

Dr. Peter Paziorek
Anton Pfeifer
Dr. Friedbert Pflüger
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Ruprecht Polenz
Marlies Pretzlaff
Dr. Bernd Protzner
Dieter Pützhofen
Thomas Rachel
Hans Raidel
Dr. Peter Ramsauer

Peter Rauen
Christa Reichard (Dresden)

Katherina Reiche
Erika Reinhardt
Hans-Peter Repnik
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Franz Romer
Hannelore Rönsch

(Wiesbaden)


Heinrich-Wilhelm Ronsöhr
Dr. Klaus Rose
Kurt Rossmanith
Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck
Dr. Jürgen Rüttgers
Anita Schäfer
Dr. Wolfgang Schäuble
Hartmut Schauerte
Heinz Schemken
Karl-Heinz Scherhag
Gerhard Scheu
Norbert Schindler
Dietmar Schlee
Christian Schmidt (Fürth)

Dr.-Ing. Joachim Schmidt

(Halsbrücke)


Andreas Schmidt (Mühlheim)

Hans Peter Schmitz

(Baesweiler)


Birgit Schnieber-Jastram
Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Rupert Scholz
Dr. Erika Schuchardt
Wolfgang Schulhoff
Diethard W. Schütze (Berlin)

Clemens Schwalbe
Dr. Christian Schwarz-
Schilling

Wilhelm-Josef Sebastian
Horst Seehofer
Heinz Seiffert
Rudolf Seiters
Bernd Siebert
Werner Siemann
Bärbel Sothmann
Margarete Späte
Carl-Dieter Spranger
Erika Steinbach
Andreas Storm
Dorothea Störr-Ritter
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Thomas Strobl
Michael Stübgen
Dr. Rita Süssmuth
Dr. Susanne Tiemann
Edeltraut Töpfer
Dr. Hans-Peter Uhl
Gunnar Uldall
Arnold Eugen Hugo Vaatz
Andrea Voßhoff
Peter Weiß (Emmendingen)


Gerald Weiß (Groß-Gerau)

Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese (Ehingen)

Hans-Otto Wilhelm (Mainz)

Klaus-Peter Willsch
Willy Wimmer (Neuss)

Matthias Wissmann
Werner Wittlich
Dagmar Wöhrl
Elke Wülfing
Peter Kurt Würzbach
Wolfgang Zeitlmann
Benno Zierer
Wolfgang Zöller
F.D.P.
Hildebrecht Braun

(Augsburg)


Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Gisela Frick
Paul K. Friedhoff
Horst Friedrich (Bayreuth)

Rainer Funke
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther (Plauen)

Dr. Karlheinz Guttmacher
Klaus Haupt
Dr. Helmut Haussmann
Ulrich Heinrich
Walter Hirche
Dr. Klaus Kinkel
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Ina Lenke
Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger

Jürgen W. Möllemann
Dirk Niebel
Günter Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto

(Frankfurt)


Detlef Parr
Cornelia Pieper
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Gerhard Schüßler
Dr. Irmgard Schwaetzer
Marita Sehn
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Max Stadler
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Dieter Thomae
Jürgen Türk

Enthalten
PDS
Dr. Uwe-Jens Rössel

Entschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen Versammlungen
des Europarates und der WEU, der NAV, der OSZE oder der IPU
Abgeordnete(r)
Lörcher, Christa, SPD von Schmude, Michael, CDU/CSU

Vizepräsidentin Anke Fuchs






(B)



(A) (C)



(D)


Ich rufe die
dritte Beratung

und Schlußabstimmung auf. Die Fraktionen der SPD
und des Bündnisses 90/Die Grünen verlangen nament-
liche Abstimmung. Das ist die fünfte namentliche Ab-
stimmung.

Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die
vorgesehenen Plätze einzunehmen. – Sind alle Urnen
besetzt? – Das ist der Fall. Ich eröffne die Abstimmung.

Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine
Stimme nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Fall.
Ich schließe die Abstimmung. Ich bitte die Schriftführe-
rinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu begin-
nen. Das Ergebnis wird Ihnen später bekanntgegeben.*)

Bevor wir die Abstimmungen fortsetzen, möchte ich
darauf hinweisen, daß nach diesen Abstimmungen die De-
batte über den Internationalen Frauentag stattfindet. Ich
bitte alle – vor allen Dingen die Männer, aber auch die
Kolleginnen –, an dieser wichtigen Debatte teilzunehmen.


(Beifall)

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Ent-

schließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf
Drucksache 14/467. Die Fraktion der CDU/CSU ver-
langt namentliche Abstimmung; es ist die sechste na-
mentliche Abstimmung.

Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die
vorgesehenen Plätze einzunehmen. – Sind alle Urnen
besetzt? – Das ist der Fall. Ich eröffne die Abstimmung.

Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine
Stimme nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Fall. Ich
schließe die Abstimmung. Ich bitte die Schriftführerinnen
und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Das
Ergebnis wird Ihnen später bekanntgegeben.**)

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Ent-
schließungsantrag der Fraktion der F.D.P. auf Drucksa-
che 14/465. Die Fraktion der F.D.P. verlangt namentli-
che Abstimmung. Ich bitte die Schriftführerinnen und
Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. –
Sind die Urnen besetzt? – Das ist der Fall. Ich eröffne
die Abstimmung.

**) Seite 1956 D
**) Seite 1959 A

Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine
Stimme nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Fall.
Dann schließe ich die Abstimmung. Ich bitte die Schrift-
führerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu
beginnen. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen
später bekanntgegeben.*)

Wir setzen die Beratungen fort und kommen zur
achten und letzten namentlichen Abstimmung, nämlich
zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der
Fraktion der PDS auf Drucksache 14/451. Die Fraktion
der PDS verlangt namentliche Abstimmung. Ich bitte die
Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorgesehenen
Plätze einzunehmen. Sind alle Urnen besetzt? – Das ist
der Fall. Ich eröffne die Abstimmung.

Gibt es noch ein Mitglied des Hauses, das seine
Stimme nicht abgegeben habt? – Das ist nicht der Fall. –
Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schriftführe-
rinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu begin-
nen. Das Ergebnis wird Ihnen später bekanntgege-
ben.**)

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschlie-
ßungsantrag der Fraktion der F.D.P. auf Drucksache
14/459. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? –
Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Ent-
schließungsantrag ist abgelehnt.

Bevor ich Ihnen das Ergebnis der namentlichen Ab-
stimmung mitteile, darf ich noch bekanntgeben, daß
Erklärungen zur Abstimmung zu Protokoll gegeben
werden, und zwar von den Kollegen Klaus Bräh-
mig***), Gert Weisskirchen****) und Dr. Uwe-Jens
Rössel*****).

Ich gebe das von den Schriftführerinnen Schriftfüh-
rern und ermittelte Ergebnis der namentlichen
Schlußabstimmung über den Entwurf eines Steuerentla-
stungsgesetzes 1999/2000/2002 der Fraktionen der SPD
und des Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksachen
14/23 und 14/442 bekannt. Abgegebene Stimmen 590. Mit
Ja haben gestimmt 312, mit Nein haben gestimmt 251,
Enthaltungen 27. Das Gesetz ist damit angenommen.

*****) Seite 1975 B
*****) Seite 1978 A
*****) Anlage 3
*****) Anlage 4
*****) Anlage 5

Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 589;
davon

ja: 311
nein: 251
enthalten: 27

Ja
SPD
Brigitte Adler
Gerd Andres
Rainer Arnold

Hermann Bachmaier
Ernst Bahr
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Eckhardt Barthel (Berlin)

Klaus Barthel (Starnberg)

Wolfgang Behrendt
Dr. Axel Berg
Hans-Werner Bertl
Friedhelm Julius Beucher
Petra Bierwirth
Rudolf Bindig
Lothar Binding (Heidelberg)

Kurt Bodewig
Klaus Brandner

Anni Brandt-Elsweier
Willi Brase
Dr. Eberhard Brecht
Rainer Brinkmann (Detmold)

Bernhard Brinkmann

(Hildesheim)


Hans-Günter Bruckmann
Ursula Burchardt
Dr. Michael Bürsch
Hans Martin Bury
Hans Büttner (Ingolstadt)

Marion Caspers-Merk
Wolf-Michael Catenhusen
Dr. Peter Wilhelm Danckert
Dr. Herta Däubler-Gmelin

Christel Deichmann
Karl Diller
Peter Dreßen
Rudolf Dreßler
Detlef Dzembritzki
Dieter Dzewas
Dr. Peter Eckardt
Sebastian Edathy
Marga Elser
Peter Enders
Gernot Erler
Petra Ernstberger
Annette Faße
Lothar Fischer (Homburg)

Gabriele Fograscher

Vizepräsidentin Anke Fuchs






(A) (C)



(B) (D)


Iris Follak
Norbert Formanski
Rainer Fornahl
Hans Forster
Dagmar Freitag
Peter Friedrich (Altenburg)

Lilo Friedrich (Mettmann)

Harald Friese
Anke Fuchs (Köln)

Arne Fuhrmann
Monika Ganseforth
Konrad Gilges
Iris Gleicke
Günter Gloser
Uwe Göllner
Renate Gradistanac
Günter Graf (Friesoythe)

Angelika Graf (Rosenheim)

Dieter Grasedieck
Monika Griefahn
Achim Großmann
Karl-Hermann Haack

(Extertal)


Hans-Joachim Hacker
Christel Hanewinckel
Alfred Hartenbach
Anke Hartnagel
Nina Hauer
Hubertus Heil
Reinhold Hemker
Frank Hempel
Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Monika Heubaum
Uwe Hiksch
Reinhold Hiller (Lübeck)

Stephan Hilsberg
Gerd Höfer
Jelena Hoffmann (Chemnitz)

Walter Hoffmann

(Darmstadt)


Frank Hofmann (Volkach)

Ingrid Holzhüter
Eike Hovermann
Christel Humme
Lothar Ibrügger
Barbara Imhof
Brunhilde Irber
Gabriele Iwersen
Renate Jäger
Jann-Peter Janssen
Ilse Janz
Dr. Uwe Jens
Volker Jung (Düsseldorf)

Johannes Kahrs
Ulrich Kasparick
Sabine Kaspereit
Susanne Kastner
Hans-Peter Kemper
Klaus Kirschner
Marianne Klappert
Hans-Ulrich Klose
Walter Kolbow
Fritz Rudolf Körper
Karin Kortmann
Anette Kramme
Nicolette Kressl
Angelika Krüger-Leißner
Horst Kubatschka

Ernst Küchler
Helga Kühn-Mengel
Ute Kumpf
Konrad Kunick
Dr. Uwe Küster
Werner Labsch
Oskar Lafontaine
Christine Lambrecht
Brigitte Lange
Christian Lange (Backnang)

Detlev von Larcher
Christine Lehder
Robert Leidinger
Klaus Lennartz
Eckhart Lewering
Götz-Peter Lohmann

(Neubrandenburg)


Erika Lotz
Dr. Christine Lucyga
Dieter Maaß (Herne)

Winfried Mante
Dirk Manzewski
Tobias Marhold
Ulrike Mascher
Christoph Matschie
Ingrid Matthäus-Maier
Heide Mattischeck
Markus Meckel
Ulrike Mehl
Ulrike Merten
Angelika Mertens
Dr. Jürgen Meyer (Ulm)

Ursula Mogg
Christoph Moosbauer
Siegmar Mosdorf
Michael Müller (Düsseldorf)

Jutta Müller (Völklingen)

Christian Müller (Zittau)

Franz Müntefering
Andrea Nahles
Volker Neumann (Bramsche)

Gerhard Neumann (Gotha)

Dr. Edith Niehuis
Dietmar Nietan
Günter Oesinghaus
Eckhard Ohl
Leyla Onur
Manfred Opel
Holger Ortel
Adolf Ostertag
Kurt Palis
Albrecht Papenroth
Dr. Willfried Penner
Dr. Martin Pfaff
Georg Pfannenstein
Johannes Pflug
Dr. Eckhart Pick
Joachim Poß
Karin Rehbock-Zureich
Margot von Renesse
Renate Rennebach
Bernd Reuter
Dr. Edelbert Richter
Reinhold Robbe
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Michael Roth (Heringen)

Birgit Roth (Speyer)

Thomas Sauer
Dr. Hansjörg Schäfer

Gudrun Schaich-Walch
Rudolf Scharping
Bernd Scheelen
Dr. Hermann Scheer
Horst Schild
Otto Schily
Dieter Schloten
Horst Schmidbauer

(Nürnberg)


Ulla Schmidt (Aachen)

Silvia Schmidt (Eisleben)

Dagmar Schmidt (Meschede)

Wilhelm Schmidt (Salzgitter)

Regina Schmidt-Zadel
Heinz Schmitt (Berg)

Olaf Scholz
Karsten Schönfeld
Fritz Schösser
Gerhard Schröder
Gisela Schröter
Dr. Mathias Schubert
Richard Schuhmann

(Delitzsch)


Brigitte Schulte (Hameln)

Reinhard Schultz

(Everswinkel)


Volkmar Schultz (Köln)

Ilse Schumann
Dr. R. Werner Schuster
Dr. Angelica Schwall-Düren
Ernst Schwanhold
Rolf Schwanitz
Bodo Seidenthal
Erika Simm
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
Dr. Cornelie Sonntag-
Wolgast

Wieland Sorge
Wolfgang Spanier
Dr. Margrit Spielmann
Jörg-Otto Spiller
Dr. Ditmar Staffelt
Ludwig Stiegler
Rolf Stöckel
Rita Streb-Hesse
Dr. Peter Struck
Joachim Stünker
Joachim Tappe
Jörg Tauss
Jella Teuchner
Dr. Gerald Thalheim
Wolfgang Thierse
Franz Thönnes
Adelheid Tröscher
Rüdiger Veit
Günter Verheugen
Simone Violka
Ute Vogt (Pforzheim)

Hedi Wegener
Wolfgang Weiermann
Reinhard Weis (Stendal)

Matthias Weisheit
Gert Weisskirchen

(Wiesloch)


Dr. Ernst Ulrich von
Weizsäcker

Hans-Joachim Welt
Dr. Rainer Wend
Hildegard Wester
Lydia Westrich

Inge Wettig-Danielmeier
Dr. Margrit Wetzel
Dr. Norbert Wieczorek
Helmut Wieczorek

(Duisburg)


Jürgen Wieczorek (Leipzig)

Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dieter Wiefelspütz
Heino Wiese (Hannover)

Klaus Wiesehügel
Brigitte Wimmer

(Karlsruhe)


Engelbert Clemens Wistuba
Barbara Wittig
Dr. Wolfgang Wodarg
Verena Wohlleben
Hanna Wolf (München)

Waltraud Wolff (Zielitz)

Heidemarie Wright
Uta Zapf
Dr. Christoph Zöpel
Peter Zumkley

BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Gila Altmann (Aurich)

Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Angelika Beer
Annelie Buntenbach
Ekin Deligöz
Dr. Thea Dückert
Franziska Eichstädt-Bohlig
Dr. Uschi Eid
Hans-Josef Fell
Andrea Fischer (Berlin)

Joseph Fischer (Frankfurt)

Katrin Göring-Eckardt
Rita Grießhaber
Winfried Hermann
Kristin Heyne
Ulrike Höfken
Michaele Hustedt
Monika Knoche
Dr. Angelika Köster-Loßack
Steffi Lemke
Dr. Helmut Lippelt
Dr. Reinhard Loske
Klaus Wolfgang Müller

(Kiel)


Kerstin Müller (Köln)

Winfried Nachtwei
Christa Nickels
Cem Özdemir
Simone Probst
Claudia Roth (Augsburg)

Christine Scheel
Irmingard Schewe-Gerigk
Rezzo Schlauch
Albert Schmidt (Hitzhofen)

Werner Schulz (Leipzig)

Christian Simmert
Christian Sterzing
Hans-Christian Ströbele
Jürgen Trittin
Dr. Antje Vollmer
Sylvia Voß
Helmut Wilhelm (Amberg)

Margareta Wolf (Frankfurt)


Vizepräsidentin Anke Fuchs






(B)



(A) (C)



(D)


Nein
CDU/CSU
Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Altmaier
Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann
Brigitte Baumeister
Meinrad Belle
Dr. Sabine Bergmann-Pohl
Otto Bernhardt
Hans-Dirk Bierling
Dr. Joseph-Theodor Blank
Renate Blank
Dr. Heribert Blens
Peter Bleser
Dr. Norbert Blüm
Friedrich Bohl
Dr. Maria Böhmer
Sylvia Bonitz
Wolfgang Börnsen

(Bönstrup)


Wolfgang Bosbach
Dr. Wolfgang Bötsch
Klaus Brähmig
Dr. Ralf Brauksiepe
Paul Breuer
Monika Brudlewsky
Georg Brunnhuber
Klaus Bühler (Bruchsal)

Hartmut Büttner

(Schönebeck)


Cajus Caesar
Peter H. Carstensen

(Nordstrand)


Leo Dautzenberg
Wolfgang Dehnel
Hubert Deittert
Albert Deß
Thomas Dörflinger
Hansjürgen Doss
Marie-Luise Dött
Rainer Eppelmann
Anke Eymer
Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Ulf Fink
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer (Hamburg)


(KarlsruheLand)


Dr. Gerhard Friedrich

(Erlangen)


Dr. Hans-Peter Friedrich

(Hof)


Erich G. Fritz
Jochen-Konrad Fromme
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Dr. Heiner Geißler
Georg Girisch
Dr. Reinhard Göhner
Dr. Wolfgang Götzer
Kurt-Dieter Grill
Hermann Gröhe
Manfred Grund
Gottfried Haschke

(Großhennersdorf)


Gerda Hasselfeldt

Norbert Hauser (Bonn)

Hansgeorg Hauser

(Rednitzhembach)


Klaus-Jürgen Hedrich
Ursula Heinen
Manfred Heise
Siegfried Helias
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Klaus Hofbauer
Martin Hohmann
Klaus Holetschek
Josef Hollerith
Dr. Karl-Heinz Hornhues
Siegfried Hornung
Joachim Hörster
Hubert Hüppe
Georg Janovsky
Dr.-Ing. Rainer Jork
Dr. Harald Kahl
Dr. Dietmar Kansy
Manfred Kanther
Irmgard Karwatzki
Volker Kauder
Eckart von Klaeden
Ulrich Klinkert
Dr. Helmut Kohl
Norbert Königshofen
Eva-Maria Kors
Hartmut Koschyk
Rudolf Kraus
Dr. Paul Krüger
Dr. Hermann Kues
Karl Lamers
Dr. Karl A. Lamers

(Heidelberg)


Dr. Norbert Lammert
Dr. Paul Laufs
Karl-Josef Laumann
Vera Lengsfeld
Werner Lensing
Peter Letzgus
Ursula Lietz
Walter Link (Diepholz)

Eduard Lintner
Dr. Klaus Lippold

(Offenbach)


Dr. Manfred Lischewski
Wolfgang Lohmann

(Lüdenscheid)


Julius Louven
Dr. Michael Luther
Erich Maaß (Wilhemshaven)

Erwin Marschewski
Dr. Martin Mayer

(Siegertsbrunn)


Wolfgang Meckelburg
Dr. Michael Meister
Friedrich Merz
Hans Michelbach
Meinolf Michels
Dr. Gerd Müller
Bernward Müller (Jena)

Elmar Müller (Kirchheim)

Bernd Neumann (Bremen)

Claudia Nolte
Günter Nooke
Franz Obermeier
Friedhelm Ost
Eduard Oswald
Norbert Otto (Erfurt)

Dr. Peter Paziorek

Anton Pfeifer
Dr. Friedbert Pflüger
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Ruprecht Polenz
Marlies Pretzlaff
Dr. Bernd Protzner
Dieter Pützhofen
Thomas Rachel
Hans Raidel
Dr. Peter Ramsauer
Peter Rauen
Christa Reichard (Dresden)

Katherina Reiche
Erika Reinhardt
Hans-Peter Repnik
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Franz Romer
Hannelore Rönsch

(Wiesbaden)


Heinrich-Wilhelm Ronsöhr
Dr. Klaus Rose
Kurt Rossmanith
Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck
Dr. Jürgen Rüttgers
Anita Schäfer
Dr. Wolfgang Schäuble
Hartmut Schauerte
Heinz Schemken
Karl-Heinz Scherhag
Gerhard Scheu
Norbert Schindler
Dietmar Schlee
Christian Schmidt (Fürth)

Dr.-Ing. Joachim Schmidt

(Halsbrücke)


Andreas Schmidt (Mühlheim)

Hans Peter Schmitz

(Baesweiler)


Birgit Schnieber-Jastram
Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Rupert Scholz
Dr. Erika Schuchardt
Wolfgang Schulhoff
Diethard W. Schütze (Berlin)

Clemens Schwalbe
Dr. Christian Schwarz-
Schilling

Wilhelm-Josef Sebastian
Horst Seehofer
Heinz Seiffert
Rudolf Seiters
Bernd Siebert
Werner Siemann
Bärbel Sothmann
Margarete Späte
Carl-Dieter Spranger
Erika Steinbach
Andreas Storm
Dorothea Störr-Ritter
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Thomas Strobl
Michael Stübgen
Dr. Rita Süssmuth
Dr. Susanne Tiemann
Edeltraut Töpfer
Dr. Hans-Peter Uhl
Gunnar Uldall
Arnold Vaatz

Andrea Voßhoff
Peter Weiß (Emmendingen)

Gerald Weiß (Groß-Gerau)

Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese (Ehingen)

Hans-Otto Wilhelm (Mainz)

Klaus-Peter Willsch
Willy Wimmer (Neuss)

Matthias Wissmann
Werner Wittlich
Dagmar Wöhrl
Elke Wülfing
Peter Kurt Würzbach
Wolfgang Zeitlmann
Benno Zierer
Wolfgang Zöller
F.D.P.
Hildebrecht Braun

(Augsburg)


Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Gisela Frick
Paul K. Friedhoff
Horst Friedrich (Bayreuth)

Rainer Funke
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther

(Plauen)


Dr. Karlheinz Guttmacher
Klaus Haupt
Dr. Helmut Haussmann
Ulrich Heinrich
Walter Hirche
Dr. Klaus Kinkel
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Ina Lenke
Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger

Jürgen W. Möllemann
Dirk Niebel
Günter Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto

(Frankfurt)


Detlef Parr
Cornelia Pieper
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Gerhard Schüßler
Dr. Irmgard Schwaetzer
Marita Sehn
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Max Stadler
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Dieter Thomae
Jürgen Türk
PDS
Sabine Jünger
Dr. Uwe-Jens Rössel

Enthalten
PDS
Monika Balt
Petra Bläss
Maritta Böttcher

Vizepräsidentin Anke Fuchs






(A) (C)



(B) (D)


Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Heidemarie Ehlert
Dr. Heinrich Fink
Dr. Ruth Fuchs
Fred Gebhardt

Wolfgang Gehrcke-Reymann
Dr. Klaus Grehn
Dr. Gregor Gysi
Dr. Barbara Höll
Carsten Hübner
Dr. Evelyn Kenzler

Dr. Heidi Knake-Werner
Rolf Kutzmutz
Ursula Lötzer
Heidemarie Lüth
Angela Marquardt
Manfred Müller (Berlin)


Kersten Naumann
Rosel Neuhäuser
Petra Pau
Christina Schenk
Gustav-Adolf Schur
Dr. Ilja Seifert

Entschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen Versammlungen
des Europarates und der WEU, der NAV, der OSZE oder der IPU
Abgeordnete(r)
Lörcher, Christa, SPD von Schmude, Michael, CDU/CSU


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich gebe das von den Schriftführerinnen und Schrift-
führern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstim-

mung über den Antrag der CDU/CSU, Drucksache
14/467, bekannt: Abgegebene Stimmen 587. Mit Ja ha-
ben gestimmt 248, mit Nein haben gestimmt 339, Ent-
haltungen keine. Der Entschließungsantrag ist damit ab-
gelehnt.

Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 582;
davon

ja: 248
nein: 335

Ja
CDU/CSU
Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Altmaier
Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann
Brigitte Baumeister
Meinrad Belle
Dr. Sabine Bergmann-Pohl
Otto Bernhardt
Hans-Dirk Bierling
Dr. Joseph-Theodor Blank
Renate Blank
Dr. Heribert Blens
Peter Bleser
Dr. Norbert Blüm
Friedrich Bohl
Dr. Maria Böhmer
Sylvia Bonitz
Wolfgang Börnsen

(Bönstrup)


Wolfgang Bosbach
Dr. Wolfgang Bötsch
Klaus Brähmig
Dr. Ralf Brauksiepe
Paul Breuer
Monika Brudlewsky
Georg Brunnhuber
Klaus Bühler (Bruchsal)

Hartmut Büttner

(Schönebeck)


Cajus Caesar
Peter H. Carstensen

(Nordstrand)


Leo Dautzenberg
Wolfgang Dehnel

Hubert Deittert
Albert Deß
Thomas Dörflinger
Hansjürgen Doss
Marie-Luise Dött
Rainer Eppelmann
Anke Eymer
Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Ulf Fink
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer (Hamburg)


(KarlsruheLand)


Dr. Gerhard Friedrich

(Erlangen)


Dr. Hans-Peter Friedrich

(Hof)


Erich G. Fritz
Jochen-Konrad Fromme
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Dr. Heiner Geißler
Georg Girisch
Dr. Reinhard Göhner
Dr. Wolfgang Götzer
Kurt-Dieter Grill
Hermann Gröhe
Manfred Grund
Gottfried Haschke

(Großhennersdorf)


Gerda Hasselfeldt
Norbert Hauser (Bonn)

Hansgeorg Hauser

(Rednitzhembach)


Klaus-Jürgen Hedrich
Ursula Heinen
Manfred Heise
Siegfried Helias
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Klaus Hofbauer
Martin Hohmann
Klaus Holetschek
Josef Hollerith
Dr. Karl-Heinz Hornhues
Siegfried Hornung

Joachim Hörster
Hubert Hüppe
Georg Janovsky
Dr.-Ing. Rainer Jork
Dr. Harald Kahl
Dr. Dietmar Kansy
Manfred Kanther
Irmgard Karwatzki
Volker Kauder
Eckart von Klaeden
Ulrich Klinkert
Dr. Helmut Kohl
Norbert Königshofen
Eva-Maria Kors
Hartmut Koschyk
Rudolf Kraus
Dr. Paul Krüger
Dr. Hermann Kues
Karl Lamers
Dr. Karl A. Lamers

(Heidelberg)


Dr. Norbert Lammert
Dr. Paul Laufs
Karl-Josef Laumann
Vera Lengsfeld
Werner Lensing
Peter Letzgus
Ursula Lietz
Walter Link (Diepholz)

Eduard Lintner
Dr. Klaus Lippold

(Offenbach)


Dr. Manfred Lischewski
Wolfgang Lohmann

(Lüdenscheid)


Julius Louven
Dr. Michael Luther
Erich Maaß (Wilhemshaven)

Erwin Marschewski
Dr. Martin Mayer

(Siegertsbrunn)


Wolfgang Meckelburg
Dr. Michael Meister
Friedrich Merz
Hans Michelbach
Meinolf Michels
Dr. Gerd Müller

Bernward Müller (Jena)

Elmar Müller

(Kirchheim)


Bernd Neumann (Bremen)

Claudia Nolte
Günter Nooke
Franz Obermeier
Friedhelm Ost
Eduard Oswald
Norbert Otto (Erfurt)

Dr. Peter Paziorek
Anton Pfeifer
Dr. Friedbert Pflüger
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Ruprecht Polenz
Marlies Pretzlaff
Dr. Bernd Protzner
Dieter Pützhofen
Thomas Rachel
Hans Raidel
Dr. Peter Ramsauer
Peter Rauen
Christa Reichard (Dresden)

Katherina Reiche
Erika Reinhardt
Hans-Peter Repnik
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Franz Romer
Hannelore Rönsch

(Wiesbaden)


Heinrich-Wilhelm Ronsöhr
Dr. Klaus Rose
Kurt Rossmanith
Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck
Dr. Jürgen Rüttgers
Anita Schäfer
Dr. Wolfgang Schäuble
Hartmut Schauerte
Heinz Schemken
Karl-Heinz Scherhag
Gerhard Scheu
Norbert Schindler
Dietmar Schlee
Christian Schmidt (Fürth)


Vizepräsidentin Anke Fuchs






(B)



(A) (C)



(D)


Dr.-Ing. Joachim Schmidt

(Halsbrücke)


Andreas Schmidt (Mühlheim)

Hans Peter Schmitz

(Baesweiler)


Birgit Schnieber-Jastram
Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Rupert Scholz
Dr. Erika Schuchardt
Wolfgang Schulhoff
Diethard W. Schütze (Berlin)

Clemens Schwalbe
Dr. Christian Schwarz-
Schilling

Wilhelm-Josef Sebastian
Horst Seehofer
Heinz Seiffert
Rudolf Seiters
Bernd Siebert
Werner Siemann
Bärbel Sothmann
Margarete Späte
Carl-Dieter Spranger
Erika Steinbach
Andreas Storm
Dorothea Störr-Ritter
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Thomas Strobl
Michael Stübgen
Dr. Rita Süssmuth
Dr. Susanne Tiemann
Edeltraut Töpfer
Dr. Hans-Peter Uhl
Gunnar Uldall
Arnold Vaatz
Andrea Voßhoff
Peter Weiß (Emmendingen)

Gerald Weiß (Groß-Gerau)

Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese (Ehingen)

Hans-Otto Wilhelm (Mainz)

Klaus-Peter Willsch
Willy Wimmer (Neuss)

Matthias Wissmann
Werner Wittlich
Dagmar Wöhrl
Elke Wülfing
Peter Kurt Würzbach
Wolfgang Zeitlmann
Wolfgang Zöller

F.D.P.
Hildebrecht Braun

(Augsburg)


Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Gisela Frick
Paul K. Friedhoff
Horst Friedrich (Bayreuth)

Rainer Funke
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther (Plauen)

Dr. Karlheinz Guttmacher
Klaus Haupt
Dr. Helmut Haussmann

Ulrich Heinrich
Walter Hirche
Dr. Klaus Kinkel
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Ina Lenke
Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger

Jürgen W. Möllemann
Dirk Niebel
Günter Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto

(Frankfurt)


Detlef Parr
Cornelia Pieper
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Gerhard Schüßler
Dr. Irmgard Schwaetzer
Marita Sehn
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Max Stadler
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Dieter Thomae
Jürgen Türk

Nein
SPD
Brigitte Adler
Gerd Andres
Rainer Arnold
Hermann Bachmaier
Ernst Bahr
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Eckhardt Barthel (Berlin)

Klaus Barthel (Starnberg)

Wolfgang Behrendt
Dr. Axel Berg
Hans-Werner Bertl
Friedhelm Julius Beucher
Petra Bierwirth
Rudolf Bindig
Lothar Binding (Heidelberg)

Kurt Bodewig
Klaus Brandner
Anni Brandt-Elsweier
Willi Brase
Dr. Eberhard Brecht
Rainer Brinkmann (Detmold)

Bernhard Brinkmann

(Hildesheim)


Hans-Günter Bruckmann
Ursula Burchardt
Dr. Michael Bürsch
Hans Martin Bury
Hans Büttner (Ingolstadt)

Marion Caspers-Merk
Wolf-Michael Catenhusen
Dr. Peter Wilhelm Danckert
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Christel Deichmann
Karl Diller
Peter Dreßen
Rudolf Dreßler
Detlef Dzembritzki
Dieter Dzewas
Dr. Peter Eckardt

Sebastian Edathy
Ludwig Eich
Marga Elser
Peter Enders
Gernot Erler
Petra Ernstberger
Annette Faße
Lothar Fischer (Homburg)

Gabriele Fograscher
Iris Follak
Norbert Formanski
Rainer Fornahl
Hans Forster
Dagmar Freitag
Lilo Friedrich (Mettmann)

Harald Friese
Anke Fuchs (Köln)

Arne Fuhrmann
Monika Ganseforth
Konrad Gilges
Iris Gleicke
Günter Gloser
Uwe Göllner
Renate Gradistanac
Günter Graf (Friesoythe)

Angelika Graf (Rosenheim)

Dieter Grasedieck
Monika Griefahn
Achim Großmann
Karl Hermann Haack

(Extertal)


Hans-Joachim Hacker
Christel Hanewinckel
Alfred Hartenbach
Anke Hartnagel
Nina Hauer
Hubertus Heil
Reinhold Hemker
Frank Hempel
Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Monika Heubaum
Uwe Hiksch
Reinhold Hiller (Lübeck)

Stephan Hilsberg
Gerd Höfer
Jelena Hoffmann (Chemnitz)

Walter Hoffmann

(Darmstadt)


Frank Hofmann (Volkach)

Ingrid Holzhüter
Eike Hovermann
Christel Humme
Lothar Ibrügger
Barbara Imhof
Brunhilde Irber
Gabriele Iwersen
Renate Jäger
Jann-Peter Janssen
Ilse Janz
Dr. Uwe Jens
Volker Jung (Düsseldorf)

Johannes Kahrs
Ulrich Kasparick
Sabine Kaspereit
Susanne Kastner
Hans-Peter Kemper
Klaus Kirschner
Marianne Klappert

Hans-Ulrich Klose
Walter Kolbow
Fritz Rudolf Körper
Karin Kortmann
Anette Kramme
Nicolette Kressl
Angelika Krüger-Leißner
Horst Kubatschka
Ernst Küchler
Helga Kühn-Mengel
Ute Kumpf
Konrad Kunick
Dr. Uwe Küster
Werner Labsch
Oskar Lafontaine
Christine Lambrecht
Brigitte Lange
Christian Lange (Backnang)

Detlev von Larcher
Christine Lehder
Robert Leidinger
Klaus Lennartz
Eckhart Lewering
Götz-Peter Lohmann

(Neubrandenburg)


Erika Lotz
Dr. Christine Lucyga
Dieter Maaß (Herne)

Winfried Mante
Dirk Manzewski
Tobias Marhold
Ulrike Mascher
Christoph Matschie
Ingrid Matthäus-Maier
Heide Mattischeck
Markus Meckel
Ulrike Mehl
Ulrike Merten
Angelika Mertens
Dr. Jürgen Meyer (Ulm)

Ursula Mogg
Christoph Moosbauer
Siegmar Mosdorf
Michael Müller (Düsseldorf)

Jutta Müller (Völklingen)

Christian Müller (Zittau)

Franz Müntefering
Andrea Nahles
Volker Neumann (Bramsche)

Gerhard Neumann (Gotha)

Dr. Edith Niehuis
Dietmar Nietan
Günter Oesinghaus
Eckhard Ohl
Manfred Opel
Holger Ortel
Adolf Ostertag
Kurt Palis
Albrecht Papenroth
Dr. Willfried Penner
Dr. Martin Pfaff
Georg Pfannenstein
Johannes Pflug
Dr. Eckhart Pick
Joachim Poß
Karin Rehbock-Zureich
Margot von Renesse
Renate Rennebach
Bernd Reuter
Dr. Edelbert Richter

Vizepräsidentin Anke Fuchs






(A) (C)



(B) (D)


Reinhold Robbe
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Michael Roth (Heringen)

Birgit Roth (Speyer)

Thomas Sauer
Dr. Hansjörg Schäfer
Gudrun Schaich-Walch
Rudolf Scharping
Bernd Scheelen
Dr. Hermann Scheer
Horst Schild
Otto Schily
Dieter Schloten
Horst Schmidbauer

(Nürnberg)


Ulla Schmidt (Aachen)

Silvia Schmidt (Eisleben)

Dagmar Schmidt (Meschede)

Wilhelm Schmidt (Salzgitter)

Regina Schmidt-Zadel
Heinz Schmitt (Berg)

Olaf Scholz
Karsten Schönfeld
Fritz Schösser
Ottmar Schreiner
Gerhard Schröder
Gisela Schröter
Dr. Mathias Schubert
Richard Schuhmann

(Delitzsch)


Brigitte Schulte (Hameln)

Reinhard Schultz

(Everswinkel)


Volkmar Schultz (Köln)

Ilse Schumann
Dr. R. Werner Schuster
Dr. Angelica Schwall-Düren
Ernst Schwanhold
Rolf Schwanitz
Bodo Seidenthal
Erika Simm
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk

Dr. Cornelie Sonntag-
Wolgast

Wieland Sorge
Wolfgang Spanier
Dr. Margrit Spielmann
Jörg-Otto Spiller
Dr. Ditmar Staffelt
Ludwig Stiegler
Rolf Stöckel
Rita Streb-Hesse
Dr. Peter Struck
Joachim Stünker
Joachim Tappe
Jörg Tauss
Jella Teuchner
Dr. Gerald Thalheim
Wolfgang Thierse
Franz Thönnes
Adelheid Tröscher
Rüdiger Veit
Günter Verheugen
Simone Violka
Ute Vogt (Pforzheim)

Wolfgang Weiermann
Reinhard Weis (Stendal)

Matthias Weisheit
Gert Weisskirchen

(Wiesloch)


Dr. Ernst Ulrich von
Weizsäcker

Hans-Joachim Welt
Dr. Rainer Wend
Hildegard Wester
Lydia Westrich
Inge Wettig-Danielmeier
Dr. Margrit Wetzel
Dr. Norbert Wieczorek
Helmut Wieczorek

(Duisburg)


Jürgen Wieczorek (Leipzig)

Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dieter Wiefelspütz
Heino Wiese (Hannover)


Klaus Wiesehügel
Brigitte Wimmer (Karlsruhe)

Engelbert Clemens Wistuba
Barbara Wittig
Dr. Wolfgang Wodarg
Verena Wohlleben
Hanna Wolf (München)

Waltraud Wolff (Zielitz)

Heidemarie Wright
Uta Zapf
Dr. Christoph Zöpel
Peter Zumkley
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Gila Altmann (Aurich)

Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Angelika Beer
Annelie Buntenbach
Ekin Deligöz
Franziska Eichstädt-Bohlig
Dr. Uschi Eid
Hans-Josef Fell
Andrea Fischer (Berlin)

Joseph Fischer (Frankfurt)

Katrin Göring-Eckardt
Rita Grießhaber
Winfried Hermann
Kristin Heyne
Ulrike Höfken
Michaele Hustedt
Monika Knoche
Dr. Angelika Köster-Loßack
Steffi Lemke
Dr. Reinhard Loske
Klaus Wolfgang Müller

(Kiel)


Kerstin Müller (Köln)

Winfried Nachtwei
Christa Nickels
Cem Özdemir
Simone Probst

Claudia Roth (Augsburg)

Christine Scheel
Irmingard Schewe-Gerigk
Rezzo Schlauch
Albert Schmidt (Hitzhofen)

Werner Schulz (Leipzig)

Christian Simmert
Christian Sterzing
Hans-Christian Ströbele
Jürgen Trittin
Dr. Antje Vollmer
Sylvia Voß
Helmut Wilhelm (Amberg)

PDS
Monika Balt
Petra Bläss
Maritta Böttcher
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Heidemarie Ehlert
Dr. Heinrich Fink
Dr. Ruth Fuchs
Fred Gebhardt
Wolfgang Gehrcke-Reymann
Dr. Klaus Grehn
Dr. Gregor Gysi
Dr. Barbara Höll
Carsten Hübner
Sabine Jünger
Dr. Evelyn Kenzler
Dr. Heidi Knake-Werner
Rolf Kutzmutz
Ursula Lötzer
Heidemarie Lüth
Angela Marquardt
Manfred Müller (Berlin)

Kersten Naumann
Rosel Neuhäuser
Petra Pau
Dr. Uwe-Jens Rössel
Christina Schenk
Dr. Ilja Seifert

Entschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen Versammlungen
des Europarates und der WEU, der NAV, der OSZE oder der IPU
Abgeordnete(r)
Lörcher, Christa, SPD von Schmude, Michael, CDU/CSU

Wir warten noch einen Augenblick auf die Ergebnis-
se der Auszählung der anderen beiden namentlichen Ab-
stimmungen. Die Sitzung ist unterbrochen.


(Unterbrechung von 14.01 bis 14.03 Uhr)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1402510400
Die Sitzung ist wie-
der eröffnet. Ich gebe das Ergebnis der beiden letzten
namentlichen Abstimmungen am Ende der Debatte
über den Internationalen Frauentag bekannt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:
Debatte anläßlich des Internationalen Frauen-
tages

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache über den Internationalen Frauentag eine
Stunde vorgesehen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die
Parlamentarische Staatssekretärin Frau Dr. Edith Nie-
huis.

Dr
Dr. Edith Niehuis (SPD):
Rede ID: ID1402510500
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und
Herren! Vor 80 Jahren erhielten Frauen in Deutsch-
land erstmalig das volle Wahlrecht. Erlauben Sie mir,
daß ich mit Stolz feststelle, daß es die SPD war, die die-

Vizepräsidentin Anke Fuchs






(B)



(A) (C)



(D)


ses wichtige demokratische Recht für Frauen durch-
setzte.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)


Vor 80 Jahren, am 19. Februar 1919, ergriff eine Frau
erstmalig in einem deutschen Parlament das Wort. Es
war die sozialdemokratische Abgeordnete Marie
Juchacz. Sie stellte damals zu Recht fest, daß ohne die
Frauen eine deutsche Demokratie nicht möglich gewe-
sen wäre, und meinte, in Deutschland sei die Frauenfra-
ge damit gelöst.

Für die Rechte der Frauen stritten dann viele bis
heute, so auch die Mütter des Grundgesetzes, die für
die Aufnahme des Art. 3 Abs. 2 in die Verfassung sorg-
ten: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“ Dieser
Grundgesetzartikel führte schon im November 1949 zu
einem Antrag im Deutschen Bundestag, der lautete:

Die Bundesregierung wird ersucht, im Bundestag
baldigst die Gesetzesvorlagen einzubringen, die
notwendig sind, um die Gleichberechtigung der
Frau … zu verwirklichen.

Wir wissen, seit dieser Zeit ist so manche Reform auf
den Weg gebracht worden, die in unseren Gesetzen die
Gleichberechtigung der Frauen herstellte.

Dennoch: Als wir nach der deutschen Vereinigung in
der Gemeinsamen Verfassungskommission prüfen
wollten, ob Änderungen in unserem Grundgesetz not-
wendig sind, haben wir sehr schnell gemerkt, daß die
Gleichberechtigung auf dem Papier keine tatsächliche
Gleichberechtigung in der Gesellschaft bedeutet. Darum
haben wir 1994 Art. 3 Abs. 2 unseres Grundgesetzes
um ein wichtiges Staatsziel ergänzt. Jetzt heißt es in un-
serer Verfassung:

Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der
Gleichberechtigung von Frauen und Männern und
wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile
hin.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ein paar Jahre später wurden durch den Vertrag von

Amsterdam für Europa ähnliche Ziele formuliert. Der
Vertrag nennt die Gleichstellung ausdrücklich als Auf-
gabe der EU und verlangt, daß die EU auf die Beseiti-
gung der Ungleichheit und die Förderung der Gleich-
stellung hinwirkt. Diese auf die tatsächliche Durchset-
zung der Gleichberechtigung ausgerichteten Ziele sind
ein Fortschritt. Sie erfordern auch in der Politik qualita-
tiv neue Schritte.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)


Ich habe in den letzten Jahren sehr bedauert, daß die
ehemalige Bundesregierung, die Kohl-Regierung, nicht
bereit war, diese neue Verfassungslage für eine wirksa-
mere Gleichstellungspolitik zu nutzen.


(Joachim Hörster [CDU/CSU]: Stimmt doch gar nicht!)


Allen Staatszielen zum Trotz hat die Kohl-Regierung in
der Gleichstellungspolitik keine Fortschritte erzielt, son-
dern viel eher einen Rückwärtsgang eingelegt.

Das läßt sich an einem aktuellen Beispiel sehr gut
verdeutlichen. Im Moment tagt die Frauenrechtskom-
mission in New York. Es geht auf UN-Ebene zum wie-
derholten Male um das Zusatzprotokoll zum „Überein-
kommen zur Beseitigung jeder Form der Diskriminie-
rung der Frau“. Es geht darum, daß diese Antidiskrimi-
nierungskonvention, die es seit 20 Jahren gibt, über das
Stadium der reinen Absichtserklärung hinauskommt und
daß Frauen zum Beispiel über ein Beschwerderecht die
Respektierung ihrer Menschenrechte anmahnen können.

Im letzten Jahr noch spielte Deutschland eine un-
rühmliche Rolle und stellte sich als Gegner der Stärkung
der Frauenrechte im internationalen Rahmen dar. Auf
diese Weise isolierte es sich von den übrigen EU-
Staaten. Dies hat sich mit dem Regierungswechsel
grundlegend geändert.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)


Ministerin Bergmann ist im Moment in New York, um
zusammen mit den EU-Staaten für die Verabschiedung
des Zusatzprotokolls einzutreten und so die Durchset-
zung von Frauenrechten international zu stärken.

Am Internationalen Frauentag sollte man betonen,
daß Frauenrechte Menschenrechte sind. Das bedeutet,
Gleichstellungspolitik wird nicht gebraucht, weil Frauen
hilfsbedürftige Wesen sind, die gefördert werden müß-
ten. Wer Gleichstellungspolitik so versteht, der geht am
Kern der Sache vorbei.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Frauen von heute erwarten von politischen Entschei-
dungen keine Sonderförderung; aber sie erwarten voll-
kommen zu Recht, daß Rahmenbedingungen geschaffen
werden, die es ihnen ermöglichen, ihr geistiges Potential
und ihre Kreativität in Wirtschaft und Gesellschaft voll
zu entfalten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)


Leider hat sich die Politik der letzten Jahre von die-
sem Ziel entfernt. Wer den Kündigungsschutz für Be-
schäftigte in Klein- und Mittelbetrieben abbaut, wie un-
ter der Kohl-Regierung geschehen, der mußte wissen,
daß hiervon Frauen überdurchschnittlich betroffen wa-
ren. Darum haben wir in den ersten 100 Tagen unserer
Regierungszeit diese Fehlentscheidung sofort korrigiert.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)


Wer im Arbeitsförderungsrecht eine Arbeit auch
dann für zumutbar hält, wenn die täglichen Pendelzeiten
verlängert werden, der mußte wissen, daß eine Verlän-
gerung der Zeit des Pendelns zur Arbeit insbesondere

Parl. Staatssekretärin Dr. Edith Niehuis






(A) (C)



(B) (D)


für Frauen mit Kindern, gerade wenn sie eine Teilzeitar-
beit suchen, nicht zumutbar ist. Wir werden diese
frauendiskriminierende Fehlentscheidung der Kohl-Re-
gierung zurücknehmen.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)


Wer die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall kürzt,
wie unter der Kohl-Regierung geschehen, mußte wissen,
daß hiervon insbesondere Geringverdienende besonders
hart betroffen werden. Leider sind es die Frauen, die in
der Regel weniger als die Männer verdienen. Darum ha-
ben wir diese Fehlentscheidung in den ersten 100 Tagen
unserer Regierungszeit sofort korrigiert.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)


Wer eine Senkung des Rentenniveaus einleitet, wie
unter der Kohl-Regierung geschehen, der mußte wissen,
daß hiervon Frauen mit ihren im Durchschnitt viel ge-
ringeren Rentenansprüchen besonders hart betroffen
sind. Wir haben diese politische Fehlentscheidung korri-
giert und werden mit unserer Rentenreform ein Konzept
zur eigenständigen Alterssicherung für Frauen vorlegen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)


Kurzum: Es bleibt festzuhalten, in den letzten Jahren
hat der Staat seinen Verfassungsauftrag, auf die Beseiti-
gung bestehender Nachteile hinzuwirken, nicht ernst ge-
nommen, sondern den schon bestehenden Nachteilen
weitere Nachteile für Frauen hinzugefügt. Dieser Politik
wurde durch den Regierungswechsel ein Ende gesetzt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das hat auch Bundeskanzler Schröder am 14. Januar
deutlich gemacht, als er das Arbeitsprogramm der Bun-
desregierung für 1999 vorstellte. Er nannte zwei Ziele
der Bundesregierung, die ich in diesem Zusammenhang
noch einmal hervorheben möchte, nämlich aus der Bun-
desrepublik ein kinder- und familienfreundliches Land
zu machen und die Gleichstellung von Frau und Mann
gesellschaftliche Realität werden zu lassen.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil
vom 10. November 1998, mit dem es das Versagen der
Familienpolitik der Kohl-Regierung dokumentierte, fol-
genden Satz formuliert:

Der Staat hat dementsprechend dafür Sorge zu tra-
gen, daß es Eltern gleichermaßen möglich ist, teil-
weise und zeitweise auf eine eigene Erwerbstätig-
keit zugunsten der persönlichen Betreuung ihrer
Kinder zu verzichten wie auch Familientätigkeit
und Erwerbsarbeit miteinander zu verbinden.

Mit diesem Satz bestärkt das Bundesverfassungsgericht
die Bundesregierung in ihrem Vorhaben, das Bundeser-
ziehungsgeldgesetz von 1986 zu reformieren. Das alte
Bundeserziehungsgeldgesetz war von Anfang an zu starr
angelegt und hat es Eltern unmöglich gemacht, Famili-

en- und Erwerbstätigkeit zu kombinieren. So haben Sie,
meine Damen und Herren, Müttern Anreize gegeben,
zugunsten der Familienarbeit auf Erwerbstätigkeit ganz
zu verzichten, und Vätern das ruhige Gewissen, die Fa-
milienarbeit getrost den Frauen überlassen zu können.
Denn nach wie vor sind es nur 2 Prozent der Väter, die
Erziehungsurlaub nehmen.

Wir werden den Erziehungsurlaub flexibler gestal-
ten sowie Vätern und Müttern eine Reduzierung ihrer
Arbeitszeit während der ersten Erziehungsjahre ermögli-
chen, so daß aus dem Erziehungsurlaub wirklich ein El-
ternurlaub werden kann.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Junge Frauen und zunehmend auch junge Männer
wollen beides, Familie und Beruf. Unsere Reform wird
es ihnen ermöglichen, ihren Lebensentwurf auch wirk-
lich leben zu können.

Zunehmend wissen die Frauen, daß sie sich am be-
sten sozial absichern, wenn sie finanziell auf eigenen
Füßen stehen. Die erwerbstätige Frau als Ausnahme,
wie viele es im Westen gewohnt waren, wird der Ver-
gangenheit angehören, ebenso jene Männer wie Kurt
Biedenkopf, die davon träumen, „die übersteigerte Er-
werbsneigung der Frauen auf ein normales Maß zurück-
führen zu können“.

Die Zeiten, in denen Frauen auf ihren Prinzen war-
teten, der ihr Leben bestimmt, gehören endgültig
der Vergangenheit an.

(Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Da kommen so wenige vorbei!)

Dieses ist kein Zitat von mir, sondern so heißt es in einer
im Februar veröffentlichten Studie der Konrad-
Adenauer-Stiftung. Weil es sich so entwickeln wird,
wird die Regierung dem Bereich „Frau und Beruf“ mehr
Aufmerksamkeit widmen.

Dieser Bereich bedarf in der Tat größerer Aufmerk-
samkeit. Nach wie vor verdienen Frauen im Beruf ein
Viertel weniger als die Männer, trotz einer eindeutigen
EU-Richtlinie, die gleichen Lohn für gleichwertige
Arbeit fordert. Darum nehme ich den Internationalen
Frauentag gerne zum Anlaß, die Tarifparteien daran zu
erinnern, daß sie bei aller Tarifautonomie auch an Art. 3
Abs. 2 unseres Grundgesetzes gebunden sind, der sie
auffordert, die Gleichberechtigung von Männern und
Frauen tatsächlich durchzusetzen und bestehende Nach-
teile zu beseitigen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)


Im letzten Jahr wurde von der Gleichstellungsmi-
nisterin in Nordrhein-Westfalen eine Studie veröffent-
licht, in der 3 275 Stellenanzeigen ausgewertet wurden.
Vor allem für Führungsjobs wurden Männer bevorzugt.
So richteten sich zwei Drittel aller Anzeigen für Positio-
nen im oberen Management ausschließlich an Männer.
Der DGB stellte im letzten Jahr fest, daß Frauen trotz
nachweislich besserer Schulabschlüsse bei der Lehrstel-

Parl. Staatssekretärin Dr. Edith Niehuis






(B)



(A) (C)



(D)


lensuche häufiger leer ausgingen als Männer. Nicht zu-
letzt sind es die Frauen, die immer stärker in die gering-
fügigen Beschäftigungsverhältnisse gedrängt wurden.
Das sind nur einige Daten, die zeigen, daß die Gleich-
stellung der Frauen auf dem Arbeitsmarkt bisher nicht
erfolgt ist.

Unsere Vorgängerregierung hat es, wie auch die Re-
gierungsparteien der letzten Legislaturperioden, ver-
säumt, in all diesen Feldern tätig zu werden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Der Regierungswechsel hat auch hier eine Wende ge-
bracht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir haben das Problem der 630-DM-Verträge ange-
packt, wozu Sie nie in der Lage waren


(Widerspruch bei der CDU/CSU – Hubert Hüppe [CDU/CSU]: Aber auch wieder fallenlassen!)


– wenn man jahrelang nichts macht, würde ich wirklich
nicht so schreien wie Sie –,


(Beifall bei der SPD)

und sorgen dafür, daß auch diese geringfügigen Be-
schäftigungsverhältnisse die Rentenansprüche der Frau-
en mehren.


(Ina Lenke [F.D.P.]: Um 3 oder 4 DM im Monat! Mehr ist das doch auch nicht!)


– Dann wissen Sie nichts von Rentenbiographien, Frau
Lenke, wenn Sie das so definieren.

Bei der Vorstellung seines Arbeitsprogramms 1999
hat Bundeskanzler Schröder daher vollkommen zu
Recht gesagt, daß diese Bundesregierung ein effektives
Gleichstellungsgesetz auf den Weg bringen wird, das
auch verbindliche Regeln für die Privatwirtschaft ent-
hält.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Im Petitionsausschuß des Bundestages machte eine
Petentin geltend, daß eine Gleichstellung von Frauen in
der Arbeitswelt bisher nicht erfolgt sei. Einstimmig be-
schloß der Petitionsausschuß im letzten Monat, daß die-
se Eingabe als Anregung für gesetzgeberische Initiativen
geeignet sein könnte. Meine Damen und Herren von der
Opposition, auch Ihre Einsicht scheint allmählich zu
wachsen, was ich sehr begrüße.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Sie waren nicht da!)

Die Aufforderung unseres Grundgesetzes, die tat-

sächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von
Frauen und Männern zu fördern, ist ein sehr ernstzu-
nehmendes Staatsziel. Schließlich wissen wir, daß auch
die Ausübung von Gewalt in einer Gesellschaft mit
Machtverhältnissen zu tun hat. Die vermeintlich Schwä-
cheren sind es, die überdurchschnittlich von Gewalt be-

droht werden. Auch darum sind wir gehalten, die Stel-
lung der Frauen in der Gesellschaft zu stärken.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1402510600
Nun erteile ich das
Wort der Kollegin Bärbel Sothmann, CDU/CSU-
Fraktion.


Bärbel Sothmann (CDU):
Rede ID: ID1402510700
Frau Präsidentin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 8. März, dem In-
ternationalen Frauentag, haben die Frauen das Wort. Ih-
re Themen stehen im Blickpunkt der Öffentlichkeit,
Mann hört ihnen zu. Eigentlich sollte dies nicht nur an
einem Tag im Jahr so sein, sondern an 365 Tagen. Da-
von sind wir allerdings noch weit entfernt. Die Gleich-
berechtigung steht zwar auf dem Papier, und es ist auch
eine Menge erreicht worden, doch die Zahlen sprechen
eine andere Sprache.

Machen Sie sich bitte klar: Die Mehrheit unserer Be-
völkerung ist weiblich. Frauen stellen jedoch nur rund
5 Prozent der Top-Führungskräfte in der Wirtschaft. In
Entscheidungsgremien sind sie nur zu rund 12 Prozent
vertreten. Auch in hohen Staatsämtern ist es um die
Präsenz von Frauen schlecht bestellt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das ist beschämend, und das müssen wir ändern.


(Zuruf von der SPD: Auch von der CDU!)

– Jawohl. – Frauen müssen überall sichtbarer werden.

Doch ein großer Wurf zur Verbesserung der Gleich-
berechtigung ist zur Zeit nicht in Sicht. Die neue Bun-
desregierung, die die Frauenpolitik zu ihrem Hauptthe-
ma gemacht hat, muß sich heute fragen lassen, wie ernst
sie es denn mit ihren Ankündigungen meint. Den Wor-
ten müssen Taten folgen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Union jedenfalls setzt hier Zeichen. Mit Rita

Süssmuth hatten wir lange Jahre eine über Parteigrenzen
hinweg geachtete Frauenpolitikerin als Bundestagsprä-
sidentin.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Mit Claire Marienfeld haben wir zum erstenmal eine
Frau als Wehrbeauftragte.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Angela Merkel ist die erste CDU-Generalsekretärin.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Parl. Staatssekretärin Dr. Edith Niehuis






(A) (C)



(B) (D)


Jetzt, 80 Jahre nachdem die erste Frau in den Reichs-
tag einzog, schlägt Ihnen die Union eine Frau auch für
die Bundespräsidentschaft vor:


(Beifall bei der CDU/CSU)

Frau Professor Dr. Dagmar Schipanski. Sie verkörpert
wie kaum eine andere Persönlichkeit die Lebenserfah-
rungen der Menschen in den neuen Bundesländern. Als
Physikerin hat sie es in einer Männerdomäne zu großem
beruflichen Ansehen gebracht. Mit großer Kompetenz
und Erfahrung kann sie im Zeitalter der Globalisierung
die Entwicklung Deutschlands zu einer leistungsstarken
Wissens- und Informationsgesellschaft vorantreiben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Sie will die innere Einheit fortentwickeln, das heißt, die
Menschen zusammenbringen. Das ist sehr wichtig.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir brauchen jemanden wie sie an der Spitze unseres

Landes. Meine Damen und Herren, die Zeit ist reif für
eine Frau im höchsten Staatsamt.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Sie sind hier nicht in der Bundesversammlung!)


An alle Frauen und natürlich auch an alle emanzipierten
Männer appelliere ich deshalb: Zeigen Sie sich partei-
übergreifend mit einer Frau solidarisch, und unterstützen
Sie unsere Kampagne „Schipanski for President“!


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Dagmar Schipanski hat es geschafft, Beruf und Fa-

milie erfolgreich unter einen Hut zu bringen. Damit ist
sie immer noch eine Ausnahmeerscheinung. Insgesamt
stehen die Chancen für Frauen, nach höchsten Ämtern
zu greifen oder auch nur im Kleinen Karriere zu ma-
chen, in Deutschland alles andere als gut.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1402510800
Frau Kollegin, ge-
statten Sie eine Zwischenfrage?


Bärbel Sothmann (CDU):
Rede ID: ID1402510900
Nein.

(Beifall des Abg. Dr. Uwe Küster [SPD])


Frauen haben mit vielen Nachteilen zu kämpfen: Sie
haben auf dem Arbeitsmarkt schlechtere Chancen als
Männer, sind häufiger von der Arbeitslosigkeit betroffen
und verdienen weniger.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Sie bekommen weniger! Das ist ein Unterschied!)


Sie haben schlechtere Aufstiegs- und Karrierechancen.
Kindererziehung und Hausarbeit sind nach wie vor
Frauensache, auch wenn beide Partner berufstätig sind.
Ausnahmen gibt es sicherlich immer.

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist das
zentrale Thema im Leben von Frauen. Die Verantwor-
tung für Kinder und Familie liegt heute oft allein bei der
Frau. Unsere Gesellschaft wird aber nur dann zukunfts-
fähig sein, wenn Mann und Frau partnerschaftlich in al-
len Bereichen des Lebens Verantwortung übernehmen.

Das heißt, auch Väter müssen aktive Familienarbeit lei-
sten.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Politik kann und darf den Menschen nicht vor-

schreiben, wie ihr Lebensentwurf auszusehen hat. Sie
kann und muß aber die Rahmenbedingungen bereitstel-
len, um eine echte Wahlmöglichkeit für Familie
und/oder Beruf zu eröffnen. Wir brauchen deshalb –
auch in Führungspositionen – flexible, familienfreundli-
che Arbeitszeiten und Arbeitsformen für Frauen und
Männer. Das Angebot an Mobilzeit- und Telearbeits-
plätzen muß erhöht werden. Wir brauchen flexible, be-
darfsgerechte Kinderbetreuungsmöglichkeiten, das
heißt längere Öffnungszeiten in den Kindertagesstätten,
Betreuungsangebote auch für Kinder unter drei Jahren,
mehr Hortplätze für die älteren Kinder oder auch Ganz-
tagsschulen.

Wir brauchen die Gleichstellung von Familien- und
Erwerbsarbeit. Unter anderem müssen wir den Erzie-
hungsurlaub flexibler gestalten und die Hilfen für Al-
leinerziehende verbessern.

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur
finanziellen Entlastung von Familien muß so schnell wie
möglich umgesetzt werden.


(Zurufe von der SPD: Jawohl!)

Dazu gibt es zum Beispiel aus meiner Fraktion den Vor-
schlag, ein Familiengeld einzuführen. Dies muß selbst-
verständlich geprüft werden. Abgesehen davon muß die
Familienförderung nicht immer nur mit Geld verbunden
sein.

Meine Damen und Herren, um die Chancen von
Frauen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern, müssen wir
zuallererst die hohe Arbeitslosigkeit bekämpfen; denn
Frauen werden in Krisenzeiten als erste arbeitslos.

Leider hat die neue Bundesregierung die Maßnahmen
der Union zur Förderung von Wachstum und Be-
schäftigung zum großen Teil rückgängig gemacht und
eine durchschlagende große Steuerreform verhindert.
Das Steuerentlastungsgesetz, das verabschiedet wurde,
zeigt all dies. Das Ergebnis sehen wir jetzt: Die Ar-
beitslosenzahlen steigen, und das Wirtschaftswachstum
verflacht. Korrekturen der geplanten Steuerreform sind
deshalb unbedingt erforderlich. Das heute verabschie-
dete Steuerentlastungsgesetz – ich habe es soeben ge-
sagt – löst die Probleme nicht. Im Gegenteil, all diese
Probleme werden noch verschärft.

Wichtig ist auch die Neuregelung der geringfügigen
Beschäftigungsverhältnisse; Frau Staatssekretärin Nie-
huis, Sie haben es vorhin angeschnitten. Das Gesetz, das
die Regierung auf den Tisch gelegt hat, ist eine einzige
Enttäuschung. Es wird den Mißbrauch nicht eindämmen.
Es schafft keine neuen Arbeitsplätze, sondern nur mehr
Bürokratie. Es wird auch der Altersarmut von Frauen
nicht entgegenwirken. Um die soziale Sicherung von
Frauen im Alter zu verbessern, müssen viel weiterge-
hende Maßnahmen ergriffen werden.


(Ulla Schmidt [Aachen] [SPD]: Das hätten wir schon alles haben können!)


Bärbel Sothmann






(B)



(A) (C)



(D)


An die Wirtschaftsunternehmen appelliere ich: Ver-
stehen Sie die Frauenförderung nicht länger als Schmu-
sekurs! Frauenförderung in Unternehmen dient handfe-
sten wirtschaftlichen Interessen. Die Initiative „Total-E-
Quality“ müssen wir weiter unterstützen, damit der
Frauenanteil auch in den Chefetagen weiter wächst.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, im eigenen
Betrieb können sich Frauen ihren Arbeitsplatz und ihre
Führungsposition selbst schaffen. Wir müssen Exi-
stenzgründungen von Frauen stärker als bisher fördern
und dabei das spezifische Gründungsverhalten von
Frauen besonders berücksichtigen.

Das A und O für gute Berufs- und Karrierechancen
von Frauen ist und bleibt eine qualifizierte Ausbildung.
Trotz guter Schulabschlüsse konzentrieren sich Mäd-
chen bei der Berufswahl zu stark auf wenige klassische
Frauenberufe. Auch an den Universitäten sind die tech-
nischen Studiengänge leider noch immer Männerdomä-
nen. Mädchen und Frauen müssen ihre Möglichkeiten
im technischen Bereich und in den zukunftsweisenden
Multimedia-Berufen besser nutzen. Dabei müssen wir
sie stärker als bisher unterstützen. Frauen dürfen den
Anschluß an die Wissens- und Informationsgesellschaft
des 21. Jahrhunderts nicht verpassen.

Insgesamt stellen Frauen heute rund die Hälfte der
Studierenden. Ihre Studienabschlüsse sind oft besser als
die von Männern. Schwierig wird die Situation für junge
Frauen an den Hochschulen dann, wenn sie eine wissen-
schaftliche Karriere anstreben. Rund ein Drittel aller
Absolventinnen promovieren noch. Doch in den Hoch-
schulgremien und an der Spitze der Karriereleiter sind
Frauen unterrepräsentiert: Der Frauenanteil bei den Ha-
bilitationen beträgt nur 13,8 Prozent. Darum sind nur so
wenig Professuren in Frauenhand. Diese Benachteili-
gung hochqualifizierter Frauen muß dringend abgebaut
werden. Wir fordern, daß bis zum Jahre 2005 minde-
stens jeder fünfte Lehrstuhl in Deutschland mit einer
Frau besetzt ist.

Mit der 4. Novelle des Hochschulrahmengesetzes ha-
ben wir im letzten Jahr einen Durchbruch für die Frauen
an den Hochschulen erreicht und zahlreiche Maßnahmen
zur Verbesserung der Frauenförderung durchgesetzt.
Diesen Weg müssen wir fortsetzen.

Fast noch wichtiger als alle Förderprogramme ist es,
Frauenförderung nicht länger als etwas zu begreifen, das
Mann den Frauen freundlich gewährt. Es geht nicht dar-
um, was Mann abgeben muß, sondern darum, was Frau
einbringen kann.

Unsere Gesellschaft ist nur dann zukunftsfähig, wenn
sich die weibliche und die männliche Sicht der Dinge zu
einem Gesamtbild ergänzen. Gerade im Zeitalter der
Globalisierung können wir es uns nicht länger leisten,
auf die kreativen Beiträge von Frauen in allen gesell-
schaftlichen Bereichen zu verzichten. Frauenpolitik darf
deshalb nicht länger ausschließlich als Familien- und
Sozialpolitik begriffen werden. Frauenpolitik ist eine
Querschnittsaufgabe.

Meine Damen und Herren, die Macht der Männer ist
die Geduld der Frauen. Liebe Männer hier im Hause, ich

hoffe, Sie haben nicht nur gehört, sondern auch gespürt,
wie unsere Ungeduld wächst. Die weibliche Sicht der
Dinge muß Bestandteil jedweder Politik werden, denn:
Ohne Frauen ist kein Staat zu machen! Lassen Sie uns
nach vorne schauen!


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1402511000
Ich erteile der Kol-
legin Irmingard Schewe-Gerigk, Bündnis 90/Die Grü-
nen, das Wort.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Kolleginnen! Eine Debatte im Deutschen Bundestag
zum Internationalen Frauentag sei doch ein Anachro-
nismus, sagte mir vor einigen Tagen eine junge Frau.
Damals, so sagte sie, vor 140 Jahren, als die Textilar-
beiterinnen in New York streikten, weil sie für dieselbe
Arbeit nur einen Bruchteil des Männerlohns erhielten,
habe das einen Sinn gehabt. Auch vor 88 Jahren, als
zum erstenmal im Deutschen Reich über eine Million
Frauen auf die Straße gegangen seien, um für das Frau-
enwahlrecht zu kämpfen, habe das eine Berechtigung
gehabt. Aber heute, wo die Mädchen bessere Schulab-
schlüsse machten als die Jungen, wo die Studentinnen an
den Universitäten insgesamt in der Mehrzahl seien, da
mache das doch keinen Sinn. Eines stimmt: Mädchen
sind mit Abstand die Spitzenreiterinnen bei den Gymna-
sialabschlüssen, während die Jungen häufiger die Haupt-
oder Sonderschulen abschließen. Aber was folgt daraus?
Den Rückschluß der jungen Frau, die Gleichberechti-
gung sei doch erreicht und es sei nichts mehr zu tun, läßt
das nicht zu.

Richten wir einen Blick auf den Arbeitsmarkt. Spä-
testens bei der Berufswahl dreht sich die Abwärtsspirale
für die Frauen. 80 Prozent entscheiden sich für eine
Ausbildung in einem von zehn frauentypischen Berufen.
Diese Berufe zeichnen sich nicht nur dadurch aus, daß
sie schlecht bezahlt sind, sondern sie bieten auch so gut
wie keine Karrierechancen. Ein Vergleich: Die beiden
Berufe, in denen jeweils die meisten Männer und die
meisten Frauen ausgebildet werden, sind Friseurin und
Kfz-Mechaniker. Schon während der Ausbildung ver-
dient der Kfz-Mechaniker ein Drittel mehr; im ersten
Berufsjahr verfügt er gar über 1 000 DM mehr als die
Friseurin. Hier findet sich bereits die erste Erklärung da-
für, daß Frauen im Durchschnitt immer noch zirka ein
Viertel weniger verdienen als Männer. Bei Arbeiterin-
nen sind es nur 73 Prozent des Männerlohnes, bei Ange-
stellten sogar nur 69 Prozent – und das, obwohl schon in
den Römischen Verträgen vor über 40 Jahren der
Grundsatz „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ verankert
wurde. Später hieß es: gleicher Lohn für gleichwertige
Arbeit.

Für die Frauen aus dem Osten kommt noch eine bitte-
re Pille hinzu. Der ehemals geringe Abstand zwischen
Frauen- und Männerlöhnen hat sich in den letzten zehn
Jahren dem Westniveau angenähert.

Bärbel Sothmann






(A) (C)



(B) (D)


Die Abwertung der weiblichen Arbeit macht auch vor
den Hochschulabsolventinnen nicht halt. So hat das In-
stitut der deutschen Wirtschaft 1997 ermittelt, daß Män-
ner mit Universitätsabschluß durchschnittlich netto
5 000 DM verdienen, Frauen mit einem entsprechenden
Abschluß dagegen nur 3 200 DM. In den Hochschulen –
Frau Sothmann hat es gerade gesagt – steht es mit der
wissenschaftlichen Karriere auch nicht gerade zum be-
sten. Gerade einmal 5 Prozent Professorinnen lehren und
forschen in der Bundesrepublik. Das ist kein mutma-
chender Tatbestand für die vielen Studentinnen.

Da wundert es eigentlich auch nicht mehr, daß in den
Führungspositionen der Wirtschaft nur 3 Prozent Frauen
tätig sind. Dies ist zudem teuer erkauft: Während
60 Prozent der männlichen Führungskräfte Kinder ha-
ben, sind es nur 17 Prozent der Führungsfrauen. Um das
Bild abzurunden: Von den 1 000 Bundesgremien sind
noch immer fast 300 als frauenfreie Zone anzusehen,
sind also ausschließlich mit Männern besetzt. Ich finde,
wir sollten hier, wo wir Einfluß haben, direkt ansetzen
und sofort etwas ändern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der PDS)


Ist die Gleichberechtigung nun erreicht? Die Zahlen
sprechen eine eindeutige Sprache. Bleiben wir bei die-
sem Tempo, so wird im Jahre 2312 die tatsächliche
Gleichberechtigung durchgesetzt sein, hat eine Wissen-
schaftlerin ausgerechnet. So lange, meine lieben Kolle-
ginnen, sollten wir nicht warten.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Also nutzen wir den Internationalen Frauentag 1999,
nicht um zu jammern, um uns etwa in einer Opferrolle
wohl zu fühlen, wie landläufig gesagt wird, sondern nut-
zen wir ihn für einen neuen Aufbruch! Machen wir
deutlich, daß eine Gesellschaft nur dann als demokra-
tisch zu bezeichnen ist, wenn sie auch Gerechtigkeit
zwischen den Geschlechtern herstellt.

Ein Instrument, mit dem wir das Demokratiedefizit
beseitigen können, ist und bleibt die Quote. Sie stellt
keine ungerechte Bevorzugung dar, wie gern behauptet
wird; sie ist lediglich ein Mittel zur Herstellung von Ge-
rechtigkeit. Es ist ja kein Zufall, daß gerade jetzt soviel
über Quoten gesprochen wird. Sie entfalten nämlich ihre
Wirkung. Frauen sind durch sie nach vorn gekommen.
Ich habe keine Sorge, daß durch die Quote die ver-
meintlich unqualifizierten Frauen in Spitzenpositionen
kommen. Die Realität zeigt, daß Frauen in den meisten
Fällen qualifizierter sind als ihre männlichen Mitbewer-
ber.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der PDS)


Nun ist die Quote nicht alles, und sie ist erst recht kein
Allheilmittel, aber ohne sie – jetzt zitiere ich die zwölf
Richter des Europäischen Gerichtshofs – würden wei-
terhin auch bei gleicher Qualifikation nur Männer einge-
stellt.

Die alte Bundesregierung, insbesondere Frau Ministe-
rin Nolte – obwohl ihr diese Zahlen sicherlich alle be-
kannt waren –, hat nichts unternommen, um den Frauen
wirksam zu ihren Rechten zu verhelfen. Sie hat in Kauf
genommen, daß durch eine ideologisch geführte Famili-
endiskussion die Rollenzuweisung für den Mann als
Familienernährer und die Ehefrau als Hausfrau und
Zuverdienerin gefestigt wurde. Ich finde, es ist ein
Skandal, daß zu Beginn des 21. Jahrhunderts viele
Frauen noch immer nur einen Ehemann weit von der
Armut entfernt sind, daß viele Frauen trotz Erwerbs-
arbeit kein existenzsicherndes Einkommen haben und
über keine eigenständige Alterssicherung verfügen. Das
ist kein Modell, mit dem sich Frauen identifizieren wol-
len.

Dem setzen wir ein anderes Frauen- und auch ein an-
deres Familienbild entgegen. Wir werden die gesell-
schaftlichen Strukturen verändern, die sich noch immer
einseitig an männlichen Werten orientieren. Wir werden
dafür sorgen, daß der Veränderung der Frauen- auch ein
Wandel der traditionellen Männerrolle folgen wird. Ge-
rechte Verteilung von Haus- und Erwerbsarbeit zwi-
schen Männern und Frauen und eine Arbeitswelt, die das
Leben mit Kindern ermöglicht – das ist unsere Devise.
Dazu werden wir Ihnen in den nächsten Monaten Initia-
tiven vorlegen.

Ich bin sehr froh, daß das erste frauenpolitische Pro-
jekt der rotgrünen Regierung das Aktionsprogramm
„Frau und Beruf“ ist. Viele Frauen sind schon ungedul-
dig, weil noch keine konkreten Vorschläge auf dem
Tisch liegen. Auch Frau Sothmann hat eben schon ge-
fragt, warum nichts komme. Aber ein so umfassendes
Werk wie das Gleichberechtigungsgesetz für den öf-
fentlichen Dienst und für die Privatwirtschaft will wohl-
überlegt sein. Hier sind, glaube ich, Schnellschüsse nicht
geeignet.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Gisela Frick [F.D.P.]: Das gilt für das Steuerentlastungsgesetz auch!)


Beim Gleichberechtigungsgesetz für den öffentli-
chen Dienst kann der Gesetzgeber seine Vorbildfunktion
für eine Arbeitswelt, die Frauen nicht ausgrenzt, relativ
leicht unter Beweis stellen. Den Frauen mindestens die
Hälfte aller Ausbildungs- und aller Arbeitsplätze – das
ist kein Gnadenakt, sondern ein Beitrag zur Gerech-
tigkeit. Damit das Gleichberechtigungsgesetz für die
private Wirtschaft seine volle Wirkung entfalten kann,
wird es mit größter Sorgfalt und Zielgenauigkeit zu
formulieren sein. Die Bindung der Vergabe öffentlicher
Aufträge an Frauenförderung, also eine positive Sank-
tionierung, ist bei vielen Firmen weitgehend unstrittig.
Sie haben erkannt: Frauenförderung ist Wirtschaftsför-
derung.

Aber der Bund hat auch weitergehende Regelungs-
kompetenz und einen entsprechenden Verfassungsauf-
trag. Trotzdem regen sich schon vorsorglich Widerstän-
de wegen vermeintlich zu starker Reglementierung. Ich
verstehe das, ehrlich gesagt, nicht. Es regt sich niemand
auf, wenn beim Hausbau der Winkel der Dachneigung
vorgeschrieben wird, wohl aber, wenn der Staat die Um-

Irmingard Schewe-Gerigk






(B)



(A) (C)



(D)


setzung des Grundgesetzes vorsieht. Ich frage mich:
Was soll das?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Auch an den Hochschulen wollen wir das Demokra-
tiedefizit beseitigen. Bis zum Jahre 2005 wird die Hälfte
aller Professuren neu zu besetzen sein. Wir werden die-
sen Generationenwechsel nutzen, damit die Hochschule
nicht länger eine Männerdomäne bleibt. Dem Old boys'
network, das Stellen nach Gutsherrenart vergibt, setzen
wir das Leitbild einer Geschlechterdemokratie entgegen,
das der Staat durch entsprechende Programme und Ge-
setze und die Vergabe von Mitteln nach dem Grad der
Frauenförderung unterstützt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, es ist
deutlich geworden, wie sehr sich die neue von der alten
Politik unterscheidet. Wir werden mit Gesetzen, aber
auch mit finanziellen Anreizen für Unternehmen und für
Institutionen einen neuen Weg zu mehr Gerechtigkeit
zwischen den Geschlechtern einschlagen. Wir betrach-
ten Frauenpolitik als Gesellschaftspolitik.

Das hat zur Folge, daß es endlich an der Zeit ist,
auch die Männerfrage zu stellen. Während sich die
Frauen in den letzten Jahren ständig verändert ha-
ben, verharren die meisten Männer in alten Rollen-
mustern. Ich nehme jetzt ausdrücklich meinen Kollegen
Christian Simmert und einen Kollegen von der F.D.P.,
der sich neulich geoutet hat, aus; das sind zwei Männer,
die ihren Erziehungsurlaub genommen haben. Ich glau-
be, das ist ein positives Beispiel in diesem Hause. Sie
gehören zu der seltenen Spezies von Vätern – es sind
nämlich 1,8 Prozent –, die den Erziehungsurlaub neh-
men.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der F.D.P. und der PDS)


– Ist auch jemand von der PDS dabei?

(Dr. Gregor Gysi [PDS]: Allein erziehen ohne Urlaub ist noch schwieriger!)

– Ja.

Es ist an der Zeit, daß die Männer sich verändern.
Das kann die Gesetzgebung unterstützen, zum Beispiel
durch einen individuellen Anspruch auf Erziehungsur-
laub oder einen Rechtsanspruch für Väter auf Teilzeitar-
beit mit Option auf die Rückkehr auf den Vollzeitar-
beitsplatz. Die Welt der Männer muß endlich auch als
Welt von Vätern konzipiert werden. Darum wäre es
konsequent, daß auf das Programm „Frau und Beruf“ ein
Programm „Mann und Familie“ folgte.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der PDS)


Wäre das nicht ein erstrebenswertes Signal, das von die-
sem Internationalen Frauentag ausgehen könnte?

Brot und Rosen wollten die Frauen im Jahre 1911,
von allem die Hälfte wollen sie 1999. Lassen Sie uns
in eine gerechtere Zukunft für die Frauen aufbrechen!

Ich danke Ihnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der PDS sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1402511100
Das Wort hat nun
die Kollegin Ina Lenke, F.D.P.-Fraktion.


Ina Lenke (FDP):
Rede ID: ID1402511200
Frau Präsidentin! Liebe Kolle-
gen und Kolleginnen! Der 8. März ist der Tag der Soli-
darität von Frauen für Frauen, die für ein besseres Leben
und für bessere Arbeitsbedingungen kämpfen. Seit Jahr-
zehnten setzen sich Frauen international für Rechte von
Frauen ein. Dennoch, meine ich, können wir mit der
Entwicklung nicht zufrieden sein; denn das Ausmaß der
Gewalt gegen Frauen ist in vielen Lebensbereichen er-
schreckend hoch.

Für mich ist nachhaltig erschreckend, daß in Gebie-
ten, in denen Krieg herrscht, oft Frauen die Leidtragen-
den sind. Sie haben traumatische Erlebnisse durch Fol-
ter, Vergewaltigung und ethnische Gewalt. All dies
zeigt: Beim Menschenrechtsschutz für Frauen besteht
weiter enormer Handlungsbedarf.


(Beifall im ganzen Hause)

– Ich merke an diesem Beifall: Unser Engagement für
den Schutz der Menschenrechte muß in dieser Legisla-
turperiode wie in den anderen vorher ein Anliegen des
Bundestages sein.

Meine Damen und Herren, wir müssen uns auch in
dieser Legislaturperiode wieder mit dem Ausländerge-
setz befassen, mit dem Aufenthaltsrecht ausländischer
Ehepartnerinnen in der Bundesrepublik.


(Dr. Irmgard Schwaetzer [F.D.P.]: Sehr gut!)

Es geht um ein eigenständiges Aufenthaltsrecht auslän-
discher Ehefrauen, wenn die Ehe zum Beispiel wegen
Gewalttätigkeit des Mannes geschieden wird. Es hat sich
nämlich herausgestellt, daß die Änderungen, die der
Bundestag 1997 vorgenommen hat, in der Praxis nicht
umgesetzt werden und daher der Wille des Bundestages
nicht widergespiegelt wird. Hier besteht nach wie vor
Regelungsbedarf.


(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD – Hanna Wolf [München] [SPD]: Besonders in Bayern!)


Ein immer größer werdendes Problem – wir Frauen
kümmern uns darum; sicher tun das auch Männer – ist
der internationale Frauenhandel. Wenn Politik nur unzu-
reichend in der Lage ist, auf dieses verwerfliche Gebiet
einzuwirken, so müssen wir ausländischen Frauen, wenn
sie in der Bundesrepublik in einer Notlage sind, helfen
und sie unterstützen.

Irmingard Schewe-Gerigk






(A) (C)



(B) (D)


Ich meine, dazu gehört auch, zu überprüfen, ob das
älteste Gewerbe der Welt mit Blick auf das Sozialver-
sicherungssystem Nachteile dadurch hat, daß es als sit-
tenwidrig gilt. Ich denke, das ist nicht mehr zeitgemäß.
Wir werden sicher auch in unserem Ausschuß darüber
sprechen.


(Beifall bei der F.D.P., der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)


Liebe Kolleginnen, Frau Niehuis, die aus Niedersach-
sen kommt, hat eben die Rede der ersten weiblichen
Abgeordneten in einem deutschen Parlament angespro-
chen. Auch ich hatte mich damit zu befassen. Es war die
damalige Abgeordnete Marie Juchacz in der Berliner
Nationalversammlung. Die Themen, die sie in ihrer Re-
de ansprach, sind nach wie vor aktuelle Frauenthemen:
Altersversorgung, Schulwesen, Sozial- und Wirtschafts-
politik. Ich meine, diese Politikerin hat ihre Aufgabe in
der Politik sehr umfassend gesehen, als Querschnittsauf-
gabe, was ich als Liberale – das gilt auch für andere li-
berale Frauen – als ungemein sympathisch ansehe. Frau-
enpolitik ist Querschnittspolitik. Vielleicht ist es deshalb
auch für die F.D.P., die oftmals wenig Ideologie in ihrer
Politik hat,


(Lachen bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PDS)


sehr schwer, Frauenpolitik in der Öffentlichkeit darzu-
stellen.

Wir Frauen müssen uns in alle Politikfelder einmi-
schen. Ich denke, die Repräsentanz von Frauen in Par-
lamenten und in kommunalen Selbstverwaltungsgremien
muß weiter erhöht werden. Ich kann Ihnen bestätigen,
daß Sie mit Ihrer Quote Erfolg haben. Nichtsdestotrotz:
Wir Liberale werden diese Quote nicht einführen. Wir
werden weiter versuchen, das Problem auf anderem
Wege zu lösen.


(Beifall bei der F.D.P. – Hanna Wolf [München] [SPD]: Deshalb wird der Frauenanteil bei Ihnen auch immer geringer!)


Meine Damen und Herren, zum 8. März gehört auch
Art. 3 des Grundgesetzes. Ich möchte hier nur zwei
Themen nennen: Frauen im Berufsleben und Frauen in
der Politik. Frau Niehuis und auch Frau Schewe-Gerigk
haben das Aktionsprogramm „Frau und Beruf“ ange-
kündigt. Ich muß sagen: Das, was an Ankündigung ge-
kommen ist, werden wir jedenfalls nicht gutheißen. Sie
wollen Quotenregelungen in Betrieben


(Zurufe von der SPD)

– ich habe Ihre Unterlagen gelesen –, Sie wollen für die
Wirtschaft ein zwingendes Gleichstellungsgesetz mit
verpflichtenden Frauenförderplänen, und Sie wollen
Auftragsvergabe. Als Kommunalpolitikerin stehen mir
da alle Haare zu Berge. Durch Auftragsvergabe der öf-
fentlichen Hand nach Gutsherrinnenart wird in den Be-
trieben keine Handbreit mehr Frauenpolitik stattfinden.
Es wird vielmehr Umgehungstatbestände geben. Sie
werden das Ergebnis, das wir uns alle wünschen, so
nicht erreichen.


(Beifall bei der F.D.P.)


Deshalb ist die F.D.P. der Meinung, daß Wunsch und
Wirklichkeit der politischen Beschlüsse, die Sie im
Bundestag gefaßt und angekündigt haben, meilenweit
voneinander entfernt sind. Wir als F.D.P. wissen, daß
die Benachteiligung gerade von Frauen in der Arbeits-
welt ein sehr schwieriges Thema ist. Es ist heute ja
schon so, daß allein die Möglichkeit, ein Kind zu krie-
gen, ein Einstellungs- und Aufstiegshindernis ist. Die
Gesellschaft muß endlich die Lebensleistung von Frauen
mit Kindern anerkennen. Das kann wirklich nicht zu ih-
rem eigenen Nachteil ausgehen.


(Beifall der Abg. Irmgard Karwatzki [CDU/CSU])


Noch ein Wort zu Frauen in der Politik. Dazu habe
ich heute von den Rednerinnen wenig gehört. Wir müs-
sen uns als Frauen ganz besonders dafür einsetzen, daß
Frauen, die noch nicht Politik machen, mehr Interesse
und Lust bekommen, hier mitzuwirken. Wir wissen als
Frauen aber auch, daß die alten, überkommenen Struktu-
ren in der Politik auf Männer und auf den öffentlichen
Dienst zugeschnitten sind. Das jedenfalls habe ich seit
1981 während meiner Zeit in der Politik erlebt. Hier
müssen wir, so denke ich, selber etwas tun. Ich glaube,
die Männer haben gar nicht soviel dagegen, daß wir
frauen- und familienspezifische Belange überprüfen und
dann versuchen, Tageszeiten der Beratungen usw. zu
ändern.


(Ulla Schmidt [Aachen] [SPD]: Wir haben zwar nichts dagegen, wir halten es aber nicht für so wichtig!)


– Das ist richtig. Wenn wir sie aber darauf aufmerksam
machen, dann klappt es meistens. Das habe ich festge-
stellt.

Ich habe leider keine Redezeit mehr, sonst würde ich
noch auf Frau Niehuis und Frau Schewe-Gerigk bezüg-
lich des 630-Mark-Gesetzes eingehen. Frau Niehuis hat
gesagt, diese Regierung habe das Rentenniveau beibe-
halten. Wenn ich aber Herrn Riester höre, Frau Niehuis,
der vor ungefähr 14 Tagen gesagt hat, daß dann, wenn
von der neuen Regierungskoalition ein neues Renten-
recht kommt, auch die demographische Entwicklung be-
rücksichtigt werden muß, kann ich Ihnen nur sagen: Am
Altersaufbau unserer Gesellschaft werden auch Sie nicht
vorbeikommen. Wir wollen einmal sehen, was Sie für
Lösungsmöglichkeiten haben.

Meine Herren, mehr denn je wird im neuen Jahrtau-
send die weibliche Perspektive gefragt sein, wenn es um
eine humane Gesellschaft, wenn es um Antwort auf glo-
bale Fragen und um die Bildung und die Demokratisie-
rung unserer Gesellschaft geht. Darin sollten kluge
Männer eine Chance für uns alle sehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1402511300
Nun hat das Wort
die Kollegin Petra Bläss, PDS-Fraktion.

Ina Lenke






(B)



(A) (C)



(D)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1402511400
Frau Präsidentin! Liebe Kolle-
ginnen und Kollegen! Sosehr ich es auch bedauere, daß
unser Parlament meist nur anläßlich des Internationalen
Frauentages eine grundsätzliche frauenpolitische De-
batte auf der Tagesordnung hat, so sehr begrüße ich
ebendiese, weil ich sie für hochaktuell und notwendig
halte.

Das Desinteresse vor allem vieler Kollegen in diesem
Haus an einer Verständigung zur Gleichstellung der Ge-
schlechter holt mich allerdings einmal mehr knallhart
auf den Boden der Tatsachen zurück.


(Beifall bei der PDS)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in vielen Punkten

kann ich den Zustandsbeschreibungen meiner Vorredne-
rinnen tatsächlich zustimmen und ich will noch eins
draufsetzen:

Millionen Frauen, die im gesellschaftlichen Pro-
duktionsprozeß tätig sind, Millionen Frauen, die als
Mütter Gesundheit und Leben aufs Spiel setzen, die
als Hausfrauen die schwersten Pflichten überneh-
men, erheben mit allem Nachdruck Anspruch auf
soziale und politische Gleichberechtigung.

Sie werden es nicht glauben, aber dieses Zitat ist stolze
88 Jahre alt. Es stammt aus der Resolution, die Frauen
1911 anläßlich des ersten Internationalen Frauentages
verabschiedeten. Daß diese Worte heute noch so zutref-
fend sind, zeigt, wo wir bei der Durchsetzung der
Gleichberechtigung in der Welt, aber auch in unserem
Land stehen.

Ich sage an dieser Stelle noch einmal in aller Deut-
lichkeit: Wenn es keinen wirklichen Bruch mit den pa-
triarchalen Strukturen gibt, wird sich daran auch nichts
ändern, nirgendwo in der Welt, auch nicht bei uns.


(Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten der SPD)


Alles, was wir zu Fördermaßnahmen zur Gleichstel-
lung von Frauen und Männern gesagt haben, muß nun
endlich umgesetzt werden. Es reicht aber trotzdem nicht;
es ändert die Strukturen und daraus resultierend die
konkreten Diskriminierungstatbestände für Frauen im
Alltag nicht grundlegend. Wir, die Mitglieder des Bun-
destages, sollten nicht länger zulassen, daß hier begei-
stert über die fortschreitende Globalisierung diskutiert
wird und dabei die Rechte von Frauen schlicht und ein-
fach hinten herunterfallen.

Es darf nicht länger angehen, daß über Wirtschaft ge-
redet wird, ohne die Mitbestimmung von Frauen im Au-
ge zu haben; daß über Arbeitslosigkeit debattiert und
nicht vorrangig über wirksame Maßnahmen zur Ein-
dämmung der Frauenarbeitslosigkeit beraten wird; daß
über die Europäische Währungsunion gestritten wird,
ohne den sozialen Status von Frauen in Europa im
Blick zu haben; daß über Menschenrechte gesprochen
wird, ohne über wirkungsvolle Schritte zur Zurückdrän-
gung der männlichen Gewalt gegen Frauen zu entschei-
den.

Der Frauentag ist und bleibt ein Kampftag. Auch am
Internationalen Frauentag 1999, also unmittelbar an der

Schwelle zum 21. Jahrhundert, hat der Kampf für die
ökonomische Eigenständigkeit und das Selbstbestim-
mungsrecht der Frau gegen die Zurückdrängung männli-
cher Gewalt gegen Frauen und für die Aufbrechung pa-
triarchaler Machtverhältnisse höchste Priorität.


(Beifall bei der PDS)

Wir werden keine wirkliche menschliche Emanzipation
ohne die tatsächliche Befreiung der Frau erreichen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir begehen in die-
sem Jahr den 50. Jahrestag des Deutschen Bundesta-
ges. Zu Recht wird in diesem Zusammenhang die Lei-
stung der Parlamentarierinnen gewürdigt. Aber wir
Frauen, die wir hier und heute im Parlament sitzen, müs-
sen darüber hinaus dafür Sorge tragen, daß von dieser
notwendigen Würdigung Impulse ausgehen, die endlich
eine neue Etappe der Gleichstellung der Geschlechter
einleiten.

Die Zeit ist reif – auch in unserer Verantwortung auf
dem Wege nach Europa und in Solidarität zu allen Frau-
en der Welt.


(Beifall bei der PDS und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1402511500
Nun hat das Wort
die Kollegin Ulla Schmidt, SPD-Fraktion.


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1402511600
Frau Präsidentin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin zum Redner-
pult gegangen, weil ich noch einmal auf das eingehen
wollte, was die Kollegin Lenke gesagt hat. Sie haben zu
Recht ausgeführt, daß das, was Marie Juchacz gesagt
hat, heute noch aktuelle Themen sind. Sie haben zu
Recht darauf hingewiesen, daß wir uns deswegen auch
mit der Realität auseinandersetzen müssen. Ich glaube,
wenn wir aus Anlaß des Internationalen Frauentages
heute diskutieren, dann sollten doch zumindest wir
Frauen in diesem Parlament ehrlich miteinander umge-
hen.

Kollegin Sothmann, wir können über vieles reden.
Wir alle wissen, daß es für jede Frau schwierig ist, patri-
archalische Strukturen aufzubrechen, tatsächliche Ein-
brüche in die Männerwelt vorzunehmen und eine Be-
wußtseinsveränderung zu bewirken. Sie könnten hier
stehen und sagen: Es gibt eine Bilanz, und diese hat et-
was damit zu tun, daß wir nie eine Mehrheit in diesem
Parlament hatten, um wirklich frauenpolitische Initiati-
ven durchzusetzen. Aber so zu tun, als sei die Wirklich-
keit gut und alles, was nicht gut sei, müsse eine neue
Bundesregierung innerhalb von 100 Tagen verbessern
und dabei die Gesellschaft umkrempeln, ist nicht mehr
ehrlich. Auf diese Art und Weise kommen wir überhaupt
nicht weiter.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)


Ehrlich ist es, wenn die Kollegin Lenke sagt, daß die
F.D.P. die Förderung von Frauen in der Privatwirt-






(A) (C)



(B) (D)


schaft, die wir vorhaben, ablehnt. Sie will keine gesetz-
liche Reglementierung. Darüber können wir streiten.
Wir glauben auf Grund der gesellschaftlichen Erfahrun-
gen, daß wir die gesetzlichen Reglementierungen brau-
chen; denn diese Gesellschaft hatte jahrelang Zeit, Frau-
en freiwillig eine gleichberechtigte Position innerhalb
der Wirtschaft einnehmen zu lassen. Wir sind hochquali-
fiziert. Ich bin fest davon überzeugt: Der Mangel an
Frauen in politischen Führungsämtern, in Spitzenämtern
des öffentlichen Dienstes und der privaten Wirtschaft
hat doch damit zu tun, daß wir im öffentlichen und im
wirtschaftlichen Leben noch nicht die Chancen haben,
die uns auf Grund unserer Ausbildung und unserer Qua-
lifikationen zustehen.

Deshalb sage ich: Bei dieser Bundesregierung ändert
sich doch das Bild. Seien Sie doch einmal ehrlich: Wer
hat denn schon einmal gesehen, daß bei einer Frauende-
batte so viele auf der Regierungsbank sitzen? Ich nicht,
solange ich hier bin.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Welche Regierung hat denn erstmals fünf Ministe-
rinnen gestellt? In den fast 50 Jahren Bundesrepublik
Deutschland hat es insgesamt 16 Ministerinnen gegeben,
in der neuen Bundesregierung sind es fünf. Nun kann
man zwar sagen, daß es uns immer noch zuwenig ist.
Mir ist es auch zuwenig; ich hätte gern die Hälfte. Aber
ein Drittel ist besser als überhaupt nichts, und zusätzlich
sind es noch sieben Parlamentarische Staatssekretärin-
nen, erstmals zwei beamtete Staatssekretärinnen und
eine stellvertretende Regierungssprecherin.

Es bringt uns Frauen aber nicht weiter, uns wechsel-
seitig Vorwürfe zu machen. Vielmehr sollten wir hier
deutlich machen, wo wir etwas ändern und etwas in die-
ser Gesellschaft aufbrechen müssen. Lassen Sie uns we-
nigstens an diesem Tag ehrlich miteinander umgehen.
Das, was wir heute bilanzieren, ist auch ein Ergebnis
Kohlscher Politik, der die Frauen weiterhin vor allen
Dingen auf die Familie reduzieren und nicht als selb-
ständige Personen ansehen wollte, die in der Lage sind,
ihre Existenz zu sichern.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und der PDS – Bärbel Sothmann [CDU/CSU]: Was uns da erwartet, ist wirklich mager!)



Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1402511700
Nun hat Frau Pro-
fessor Dr. Rita Süssmuth, CDU/CSU-Fraktion, das
Wort.


Dr. Rita Süssmuth (CDU):
Rede ID: ID1402511800
Frau Präsidentin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe gerade ge-
dacht: Inzwischen laufen auch zwischen uns die Rituale
ab, die wir als Frauen immer bekämpft haben. Ich glau-
be nicht, daß uns das in der Gesellschaft, aber auch hin-
sichtlich der Kultur, die wir im Parlament pflegen soll-
ten, weiterbringt.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Es geht nicht an, daß jetzt die einen erklären, Helmut
Kohl und seine Regierung seien an allem Schuld, sie
selbst seien aber die allerbesten.


(Ulla Schmidt [Aachen] [SPD]: Das habe ich nicht gesagt! Sie hätten zuhören müssen!)


Ich wäre an Ihrer Stelle eben auch ein bißchen vorsichti-
ger gewesen, Frau Niehuis; denn auch Sie haben, bevor
die Regierung gebildet wurde, andere Vorstellungen ge-
habt, als jetzt verwirklicht werden, da die Regierung ge-
bildet worden ist.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Das enthebt uns alle nicht der Selbstkritik. Wir soll-

ten aber aufpassen, daß der Frauentag nicht von uns
selbst zum Ritual gemacht wird.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1402511900
Gestatten Sie eine
Zwischenfrage der Kollegin Ulla Schmidt, Frau Süss-
muth?


Dr. Rita Süssmuth (CDU):
Rede ID: ID1402512000
Ja.


Anke Fuchs (SPD):
Rede ID: ID1402512100
Bitte sehr, Frau
Schmidt.


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1402512200
Frau Kollegin Süss-
muth, würden Sie mir zugestehen, daß ich das, was Sie
eben gesagt haben, nicht vorgetragen habe? Ich habe ge-
sagt, es sei ein Anfang gemacht worden, und er sei inso-
fern besser als das, was vorher war. Ich bin damit nicht
zufrieden, und wir Frauen können damit nicht zufrieden
sein, weil wir die Hälfte haben wollen. Aber dann lassen
Sie uns eine ehrliche Bilanz ziehen, statt so zu tun, als
wäre vorher alles gut gewesen. In 100 Tagen kann die
Gesellschaft nicht verändert werden. Das ist ein Unter-
schied zu dem, was Sie jetzt ansprechen.


Dr. Rita Süssmuth (CDU):
Rede ID: ID1402512300
Liebe Frau Kolle-
gin Schmidt, Sie können davon ausgehen, daß CDU-
Kolleginnen und CSU-Kolleginnen genauso selbstkri-
tisch wie Sie sind


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

und daß uns nicht im Traum einfällt, zu sagen, es sei al-
les gut, wir brauchten nichts mehr zu verändern. An-
dernfalls würden wir hier wahrscheinlich auch nicht ste-
hen und unsere Forderungen erheben.

Trotzdem bleibt richtig, daß wir, obwohl es noch nie
so viele Parlamentarierinnen in diesem Deutschen Bun-
destag und eine so hohe Zahl von Frauen in der Regie-
rung gab wie heute, nicht im Machtzentrum angekom-
men sind. Wir haben lediglich mehr Beteiligung er-
reicht. Ich glaube, das wird niemand bestreiten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der F.D.P. und der PDS)


1910 wurde der Internationale Frauentag ausgerufen.
Damals ging es um die Frage Revolution oder Reform.

Ulla Schmidt (Aachen)







(B)



(A) (C)



(D)


Damals wurde von Geburtenstreik geredet. Aus den
Texten von Clara Zetkin geht hervor, daß sie meilenweit
von jeder bürgerlichen Reform entfernt war. Sie quälte
sich durch einen Zwanzigstundentag und war davon
überzeugt, daß eine Veränderung nur durch eine Revo-
lution erfolgen könne. Gegangen wurde in diesem Jahr-
hundert hingegen der Weg der Reformen, wobei ich be-
tonen möchte, daß nur wenige Reformen uns Frauen
freiwillig zugestanden wurden. Wenn wir nicht über den
Kampf zu Regelungen kamen, haben wir weitgehend auf
der Stelle gestanden.

Dies ist die letzte Debatte zum Frauentag in diesem
Jahrhundert. Wir sollten uns davor hüten, in Ge-
schichtslosigkeit zu verfallen.


(V o r s i t z : Vizepräsident Rudolf Seiters)

Wenn unsere jungen Frauen sagen, der Feminismus
liegt hinter uns, wir brauchen ihn nicht mehr, dann
möchte ich das Zitat der Amerikanerin Groult, wie es
diese Woche im „Spiegel“ steht, hier aufnehmen: Wartet
ab, bis sie in das Arbeitsleben kommen, und sie werden
erfahren, wie sehr nach wie vor Diskriminierungen ge-
geben sind.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)


Deswegen gehört es auch in diese letzte Debatte, de-
nen zu danken, die schon Jahre vor uns lange gestritten
haben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)


Man darf nicht sagen, man könne die Generation der
„Damaligen“ – viele von uns gehören dazu – vergessen,
die hinderten uns nur auf unserem Weg. Ich wünschte
mir, daß Demokratie und Beteiligung von Frauen
nicht dazu führt, daß man immer unpolitischer wird und
es einigen wenigen überläßt, sich dafür einzusetzen,
sondern daß sich alle Frauen – bei all den Mühen, die
zur Demokratie und zur Veränderung gehören – daran
beteiligen. Ich erlebe von heutigen Frauen weit weniger
kämpferisches Engagement, als es diejenigen aufzuwei-
sen hatten, die die Frauenfrage wirklich vorangebracht
haben. Das gilt für die erste wie auch für die zweite
Frauenbewegung.

Mir ist wichtig – darauf möchte ich in diesen wenigen
Minuten noch hinweisen –, daß wir uns auch einmal fra-
gen: Warum ist es beispielsweise in einigen nordischen
Ländern auch ohne Regelverfahren gegangen und bei
uns nicht? Warum gibt es eine Reihe von Ländern, die
trotz höherer Erwerbsbeteiligung weniger Geburten-
schwund und weniger Probleme damit haben, daß auch
Kinder zu ihrem Recht kommen und daß auch Berufstä-
tige Kinder haben können? Das hat schon eine Menge
mit Prioritäten zu tun, die wir in unserem Land gesetzt
haben. Ich bin im Unterschied zu einigen anderen der
Auffassung – ich sage das auch für meine eigene Frak-
tion –: Ohne Quote wären wir noch weniger weit, als

wir es jetzt sind. Deswegen bedarf es bei uns der Regel-
verfahren.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)


Warum? – Weil wir in der deutschen Gesellschaft sehr
lange gebraucht haben, uns von einem sehr überkomme-
nen Frauenbild zu lösen. Dabei haben uns auch die Kir-
chen – eigentlich die Hauptförderer der menschlichen
Person – nicht weitergeholfen; vielmehr haben sie vieles
behindert.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)


Es hat lange gedauert, bis sie Standpunkte von heute
eingenommen haben.

Deswegen sind die Hauptfrauenfragen heute nicht die
Fragen, die nur die Frauen selbst betreffen. In Probleme
geraten die Frauen in aller Regel, wenn sich die Frauen-
frage mit der Kinderfrage verbindet. Da wir diesen Kon-
flikt nicht gelöst haben, haben wir auch entscheidende
Beteiligungs- und Strategieprobleme nicht gelöst. Des-
wegen ist die Vereinbarkeit ein zentrales Problem. Ich
sage in diesem Zusammenhang allerdings auch einmal:
Der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz mag zu
wenig sein – er ist in Deutschland trotzdem sehr spät
durchgesetzt worden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)


Das gilt auch für alle Formen der familienfreundli-
chen Arbeitszeitregelung. Was den Betrieben alles ein-
fällt, wenn sie Führungskräfte benötigen, ist beachtlich.
Deswegen würde ich nicht ganz so zögerlich sein. Bei
Auszubildenden binden wir das an Auflagen. Bei Frauen
ist das gleich immer ein gravierendes Problem. So ist es
in der Alterssicherung, so ist es in der gerechten Be-
wertung der Familienarbeit. Wenn es um Frauen geht,
kommt sofort der Einwand: Das ist nicht bezahlbar. – In
dieser Gesellschaft ist aber vieles bezahlbar, und wenn
man Interesse daran hat, geht es auch sehr schnell.

Wir mögen die GEW kritisieren, daß sie sagt, wie
auch in anderen Ländern sollte die Kinderbetreuung
genauso kostenfrei sein wie die Grundschule und die
weitere Schulausbildung. Aber ist das denn eigentlich so
abwegig?


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)


Es ist zur Zeit nicht durchsetzbar; aber wenn wir alle
Forderungen nur dann stellen würden, wenn sie durch-
setzbar sind, dann verändert sich überhaupt nichts.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD sowie beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der PDS)


Dr. Rita Süssmuth






(A) (C)



(B) (D)


Deswegen sage ich noch einmal: Wir haben es mit
zwei zentralen Problemen zu tun; eines davon ist das
Vereinbarkeitsproblem. Wir sollten bitte zur Kenntnis
nehmen – Frau Niehuis hat schon die Studie der Konrad-
Adenauer-Stiftung thematisiert -: Es geht nicht mehr
darum, daß wir ein Modell für alle schaffen. Es gibt un-
terschiedliche Lebensoptionen. Wir brauchen mehr Fle-
xibilität beim Erziehungsgeld, wir brauchen eine Auf-
wertung der Familienarbeit, und wir brauchen eine bes-
sere Vereinbarkeit auch und gerade hinsichtlich der
Kinderbetreuung. Das kann nicht nur eine Aufgabe des
Staates sein, sondern das ist eine Aufgabe der Ge-
samtgesellschaft. Dazu gehören die Unternehmen. Es
kann nicht sein, daß alle Sozialaufgaben Aufgabe des
Staates sind und das Wirtschaften die einzige Frage ist,
die die Unternehmen interessiert; vielmehr gehören die
beiden zusammen.


(Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich wünsche mir darüber hinaus, daß wir – das ist
eben zu Recht von der Kollegin aus der F.D.P. genannt
worden – das Internationale nicht aus dem Blick verlie-
ren. Frauenrechte und Menschenrechte gehören zu-
sammen. Ich bin sehr froh, daß wir gerade in den Berei-
chen Gewalt, Pornographie, sexuelle Mißhandlung und
Frauenhandel fraktionsübergreifend gearbeitet haben.
Kulturen können sich nicht darauf zurückziehen, daß es
eine kulturelle Eigenart sei, wenn Menschenrechte mas-
siv verletzt werden. Ich nenne das Beispiel der Be-
schneidung.


(Beifall im ganzen Hause)

Ich wünsche mir, daß aus dem Gleichstellungspro-

gramm nicht nur so etwas wie ein Verordnungspro-
gramm für Männer wird, sondern daß die Männer ange-
sichts der Veränderungen, die sich bei Frauen in hohem
Maße vollzogen haben, endlich begreifen, daß darin eine
Chance liegt; denn wenn sie es nicht für sich selbst an-
nehmen, dann stehen sie ihrer eigenen Entwicklung im
Weg.


(Zuruf von der SPD: Genau!)

Ich glaube, daß es nur einen einzigen Weg gibt: Wir dür-
fen in der Sozial- und Familienpolitik nicht länger Frau-
enlösungen schaffen, sondern müssen nach Lösungen
suchen, die für Männer und Frauen akzeptabel sind. An-
ders werden wir es nicht schaffen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall im ganzen Hause)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402512400
Das Wort hat die
Kollegin Hanna Wolf von der SPD-Fraktion.


Hanna Wolf (SPD):
Rede ID: ID1402512500
Herr Präsident!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Süss-
muth, Sie haben gefragt, warum es in Deutschland nicht
so wie in den skandinavischen Ländern ist. Die Antwort

haben die Wählerinnen und Wähler beim letztenmal ge-
geben:


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

weil die alte Bundesregierung nur Forderungen gestellt
hat und keine Taten hat folgen lassen. Das hat sich dann
im Wahlergebnis ausgedrückt. Die Kohl-Regierung
wurde abgewählt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir haben heute auch die Aufgabe, in dieser Debatte

zu sagen, was die neue Bundesregierung will. Dazu
werde ich einige Ausführungen machen.

Frauen wollen keine Frauenecke reserviert bekom-
men. Sie wollen, daß Gesellschaftspolitik gemacht wird.
Das wollen wir heute in der Debatte unterstreichen. Ich
will gleich mit dem für die Union heißesten Eisen be-
ginnen, mit dem, was Sie Schutz von Ehe und Familie
nennen. Frau Eichhorn und Frau Rönsch – Frau Rönsch
ist da; Frau Eichhorn sehe ich nicht; aber ich wende
mich auch an sie;


(Zuruf von der CDU/CSU: Sie ist entschuldigt!)


– ich will es gar nicht kritisieren; ich sage nur, daß ich
sie jetzt beide anspreche –, Sie haben familienpolitische
Leitlinien erstellt. Dazu kann ich nur sagen: Wenn das
keine Ideologie ist, dann weiß ich nicht mehr, was
Ideologie ist.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Mit Ihren Vorstellungen zementieren Sie Ungleichheit;
letztendlich zerstören Sie auch Familien. Sie erwähnen
Ehe und Familie immer in einem Atemzug. Daraus ent-
stehen viele Ihrer Denkfehler; denn nicht alle Ehepaare
haben Kinder. Selbstverständlich werden wir sowohl die
Ehe als auch die Familie schützen. Die Frage aber ist:
Welcher Schutz ist notwendig? Was gewährt Schutz?
Welche vermeintlich schützenden Maßnahmen verkeh-
ren sich ins Gegenteil?

Wo steht in der Verfassung geschrieben, daß sich al-
lein der Trauschein in massiven fiskalischen Privilegien,
also in Mark und Pfennig der Steuerzahler, ausdrücken
muß?


(Beifall bei Abgeordneten der F.D.P. und der PDS)


Diese Privilegien sind um so höher, je größer die Un-
gleichheit der Ehepartner ist. Das heißt, das Allein-
verdienerehepaar wird staatlich am höchsten subven-
tioniert. Ein Spitzenverdiener kann da mehr als
20 000 DM sparen. Man kann sich ausrechnen, daß der
Mann – er ist es ja meistens – dann kein Interesse da-
ran hat, daß seine Frau, die ihm auch noch den Rücken
freihält, erwerbstätig wird. Das sind Abhängigkeits-
strukturen in einer Ehe, die auch der Ehe nicht guttun
können.

Dr. Rita Süssmuth






(B)



(A) (C)



(D)


Insoweit widersprechen sich zwei Verfassungsgebote:
das Gleichberechtigungsgebot nach Art. 3 und der
Schutz der Ehe nach Art. 6 des Grundgesetzes. Ein
Steuerrecht, das auf Abhängigkeitsstrukturen baut, ver-
festigt persönliche und gesellschaftliche Ungleichheit.
Das Steuerrecht kann zwar nicht alles heilen, aber es
sollte zumindest nicht alles verderben. Deshalb müssen
wir beim Steuerrecht ansetzen, um die gesellschaftliche
Ungleichheit von Männern und Frauen endlich zu korri-
gieren.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Nun behauptet die Union, wir wollten das Ehegat-
tensplitting ersatzlos streichen. Anders sind die Vor-
würfe, wir würden damit Familien und Kinder benach-
teiligen, nicht zu verstehen. Wir wollen aber genau das
Gegenteil: Wir wollen nämlich eine Umschichtung zu-
gunsten der Familien. Familie definieren wir bekann-
termaßen als das Zusammenleben von Erwachsenen mit
Kindern, egal ob mit oder ohne Trauschein. Es geht ein-
fach um die Kinder.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und der PDS sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)


Ihre Politik war es doch, die die Quittung des Bun-
desverfassungsgerichtes bekommen hat. Ausgerechnet
Sie haben verheiratete Eltern im Steuerrecht benach-
teiligt. Weder der Betreuungsbedarf noch der Er-
ziehungsbedarf der Kinder wurde für verheiratete
Eltern angemessen berücksichtigt. Wir wollen die
Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes umset-
zen.

Die Union behauptet, wir würden Frauen keine
Wahlfreiheit lassen. Wie sieht denn diese Wahlfreiheit
aus? Für Männer ist es selbstverständlich, daß sie be-
rufstätig sind. Bei Frauen wird dies nur hingenommen,
wenn sie keine Familie haben. Die Wahlfreiheit ist für
Frauen also sehr eingeschränkt. Daneben drückt sich
diese Benachteiligung noch in der unterschiedlichen Be-
zahlung aus.

Das Verfassungsgericht spricht eine andere Sprache.
Die Frau Staatssekretärin hat den entsprechenden Satz
schon zitiert. Aber auch ich möchte ihn erwähnen, weil
er für mich eine Aufforderung an dieses Parlament ist,
etwas zu ändern:

Der Staat hat ... dafür Sorge zu tragen, daß es Eltern
gleichermaßen möglich ist, teilweise und zeitweise
auf eine eigene Erwerbsarbeit zugunsten der per-
sönlichen Betreuung ihrer Kinder zu verzichten wie
auch Familientätigkeit und Erwerbsarbeit miteinan-
der zu verbinden.

Dieser Punkt führt zur Wahlfreiheit, wenn er im Steuer-
recht berücksichtigt wird.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Beide Elternteile sind also beim Betreuungs- und Erzie-
hungsbedarf gemeint.

Welche Möglichkeiten der Betreuung hat denn die
letzte Regierung den Eltern geboten? Wo ist die päd-
agogisch attraktive und ausreichende öffentliche Infra-
struktur für die Kinderbetreuung?


(Ina Lenke [F.D.P.]: Das müssen Sie mal Glogowski fragen!)


– Ich wußte, daß jetzt der Hinweis auf die Länder
kommt. So einfach kann es sich das Parlament aber
nicht machen. Wir waren ehrlicher und haben in den
Koalitionsvertrag geschrieben, daß wir uns verpflichtet
fühlen, die öffentlichen Einrichtungen für Kinderbetreu-
ung mit zu stützen. Bis jetzt hat noch keine Bundesre-
gierung zugegeben, daß sie etwas für die Versorgung
und damit für die Erfüllung dieses Verfassungsauftrages
tun muß.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der F.D.P.)


Man kann wirklich sagen, daß die Union und die
F.D.P. die Kinderbetreuung und -erziehung privatisiert
haben. Sie haben gerade die Mütter allein gelassen. Wir
wollen, daß Frauen genauso selbstverständlich am Er-
werbsleben teilhaben wie Männer. Frau Süssmuth, wir
wollen wenigstens den Standard erreichen, den die übri-
gen Industrieländer schon erreicht haben. Deshalb müs-
sen wir in diesem Bereich tätig werden.

Wir wollen ein Steuerrecht, das die Familien stärkt
und die Berufstätigkeit von Frauen unterstützt, ein
Gleichstellungsgesetz auch für die Privatwirtschaft, das
seinen Namen verdient. Gerade dort muß die Gleich-
stellung unterstützt werden. Wir werden ein Gesetz mit
der Wirtschaft, nicht gegen die Wirtschaft machen. Sie
werden sich noch wundern.


(Beifall bei der SPD – Ina Lenke [F.D.P.]: Ich freue mich schon darauf!)


Wir wollen Elternurlaub und Elterngeld und auch den
Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit endlich umsetzen.
Dies ist nicht nur für die Frauen, sondern auch für die
Männer attraktiv.

Zum Schluß muß ich noch ein Thema ansprechen,
das wir alle gemeinsam aufgegriffen und wofür wir uns
eingesetzt haben. Wir wollen Gewalt überall bekämp-
fen, nicht nur dort, wo sie sichtbar ist. Frau Eichhorn
und Frau Rönsch, in diesem Zusammenhang muß ich
Sie leider ansprechen. Wir haben mit großer Mehrheit,
also mit Stimmen aus allen Fraktionen, in diesem Par-
lament endlich ein Gesetz verabschiedet, das die Ver-
gewaltigung in der Ehe genauso bestraft wie die Verge-
waltigung außerhalb der Ehe.


(Zuruf von der CDU/CSU: Wie viele Fälle gibt es denn?)


Sie, Frau Rönsch und Frau Eichhorn, haben mit Nein
gestimmt. Daher frage ich mich: Ist Ihre Auffassung

Hanna Wolf (München)







(A) (C)



(B) (D)


noch glaubwürdig, daß Sie die Opfer und nicht die Täter
schützen wollen?


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)


Ehrlicherweise muß man im Rahmen einer Debatte über
Gewalt auch dieses Abstimmungsverhalten erwähnen.

Bei der Bekämpfung der Gewalt werden die Justiz-
ministerin und die Frauenministerin sehr eng zusam-
menarbeiten. Wir brauchen einen nationalen Aktions-
plan, der sich gegen Gewalt gegen Frauen richtet. Frau-
enhäuser bleiben zwar unverzichtbar; allerdings dürfen
Schutzwohnungen und Frauenhäuser nicht Langzeit-
aufenthaltsräume für Frauen sein.

Wir wollen endlich ein Gesetz schaffen, mit dem er-
reicht werden kann, daß Frauen mit Kindern, die Gewalt
ausgesetzt waren, die gemeinsame Wohnung zugewie-
sen bekommen. Der Täter soll die gemeinsame Woh-
nung verlassen, nicht mehr die Opfer, nicht mehr die
Frauen mit den Kindern.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der F.D.P. und der PDS)


Das haben wir lange in diesem Parlament eingefordert.
Sie haben es nicht durchgesetzt. Wir werden es durch-
setzen.

Wir werden den Frauen- und Kinderhandel verstärkt
bekämpfen. Hierin waren wir uns immer einig. Aber wir
müssen dafür auch die Mehrheiten haben. Jetzt haben
wir endlich die Mehrheit, um das Problem angehen zu
können.


(Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Sehr gut!)

Wir wollen auch das Zeugenschutzprogramm ange-

hen, um damit den Menschenhandel endlich auch ge-
richtlich verfolgen zu können. Dazu gehört, daß wir die
Abschiebung von Frauen, die Opfer des Menschenhan-
dels geworden sind, aussetzen, damit sie als Zeugen
überhaupt zur Verfügung stehen. Wenn wir das nicht
machen, schützen wir wieder die Täter.

Wir werden – ich freue mich, daß die F.D.P. hier
mitmacht – endlich die rechtliche und soziale Situation
von Prostituierten verbessern. Die in diesem Bereich
herrschende Doppelmoral ist schon lange unerträglich.
Alle Fraktionen haben zu diesem Thema immer sehr

engagiert geredet. Nur zur Abstimmung ist es nicht ge-
kommen. Auch das hat die alte Regierung nicht ge-
schafft. Wir werden das machen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der F.D.P. und der PDS)


Sie machen lieber Unterschriftsaktionen, damit Sie sa-
gen können, daß Sie sich mehr um dieses Thema als um
andere kümmern wollen. Das ist Ihr altes Strickmuster:
Hier so reden und draußen Unterschriften sammeln.

Wir werden die Härtefallklausel im Ausländerrecht so
gestalten, daß die Opfer durch den entsprechenden Para-
graphen geschützt werden und nicht die Täter. Deshalb
werden wir die allgemeine Wartefrist von vier auf zwei
Jahre herabsetzen und die Ausführungsführungsbestim-
mungen der Härtefallklausel so gestalten, daß die Opfer
tatsächlich hierbleiben können.

Zum Schluß noch ein Wort zur Abtreibungsproble-
matik. Wir haben auch hier nach vielen Jahrzehnten des
Ringens eine abschließende Regelung getroffen. Nun hat
auch die Mehrheit der deutschen katholischen Bischöfe
beschlossen, in der Beratung zu bleiben. Das begrüßen
wir. Ob der Papst dies akzeptieren wird, wissen wir
nicht. Fest steht jedoch, daß nicht Rom der deutsche Ge-
setzgeber ist. Wir werden also die Frauen nicht im Stich
lassen und Gesetze erlassen, mit denen der Anspruch der
Frauen auf Gleichberechtigung in diesem Land auch
verwirklicht werden kann.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der F.D.P. und der PDS)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402512600
Ich schließe die
Aussprache und danke insbesondere den Männern, die
an dieser Debatte teilgenommen haben.

Bevor wir in der Tagesordnung fortfahren, darf ich
das von den Schriftführerinnen und Schriftführern er-
mittelte Ergebnis zweier namentlicher Abstimmun-
gen bekanntgeben. Namentliche Abstimmung Nr. 7. Es
handelt sich hier um den F.D.P.- Entschließungsantrag,
Drucksache 14/465. Abgegebene Stimmen 589. Mit Ja
haben gestimmt 276, mit Nein haben gestimmt 313,
Enthaltungen keine. Der Entschließungsantrag ist abge-
lehnt.

Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 587;
davon

ja: 276
nein: 311

Ja
CDU/CSU
Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Altmaier

Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann
Brigitte Baumeister
Meinrad Belle
Dr. Sabine Bergmann-Pohl
Otto Bernhardt
Hans-Dirk Bierling
Dr. Joseph-Theodor Blank
Renate Blank
Dr. Heribert Blens
Peter Bleser
Dr. Norbert Blüm
Friedrich Bohl

Dr. Maria Böhmer
Sylvia Bonitz
Wolfgang Börnsen

(Bönstrup)


Wolfgang Bosbach
Dr. Wolfgang Bötsch
Klaus Brähmig
Dr. Ralf Brauksiepe
Paul Breuer
Monika Brudlewsky
Georg Brunnhuber
Klaus Bühler (Bruchsal)

Hartmut Büttner

(Schönebeck)


Peter H. Carstensen

(Nordstrand)


Leo Dautzenberg
Wolfgang Dehnel
Hubert Deittert
Albert Deß
Thomas Dörflinger
Hansjürgen Doss
Marie-Luise Dött
Rainer Eppelmann
Anke Eymer
Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Ulf Fink

Hanna Wolf (München)







(B)



(A) (C)



(D)


Ingrid Fischbach
Dirk Fischer (Hamburg)


(KarlsruheLand)


Dr. Gerhard Friedrich

(Erlangen)


Dr. Hans-Peter Friedrich

(Hof)


Erich G. Fritz
Jochen-Konrad Fromme
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Dr. Heiner Geißler
Georg Girisch
Dr. Reinhard Göhner
Dr. Wolfgang Götzer
Kurt-Dieter Grill
Hermann Gröhe
Manfred Grund
Gottfried Haschke

(Großhennersdorf)


Gerda Hasselfeldt
Norbert Hauser (Bonn)

Hansgeorg Hauser

(Rednitzhembach)


Klaus-Jürgen Hedrich
Ursula Heinen
Manfred Heise
Siegfried Helias
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Klaus Hofbauer
Martin Hohmann
Klaus Holetschek
Josef Hollerith
Dr. Karl-Heinz Hornhues
Siegfried Hornung
Joachim Hörster
Hubert Hüppe
Georg Janovsky
Dr.-Ing. Rainer Jork
Dr. Harald Kahl
Dr. Dietmar Kansy
Manfred Kanther
Irmgard Karwatzki
Volker Kauder
Eckart von Klaeden
Ulrich Klinkert
Dr. Helmut Kohl
Norbert Königshofen
Eva-Maria Kors
Hartmut Koschyk
Rudolf Kraus
Dr. Paul Krüger
Dr. Hermann Kues
Karl Lamers
Dr. Karl A. Lamers

(Heidelberg)


Dr. Norbert Lammert
Dr. Paul Laufs
Karl-Josef Laumann
Vera Lengsfeld
Werner Lensing
Peter Letzgus
Ursula Lietz
Walter Link (Diepholz)

Eduard Lintner
Dr. Klaus Lippold

(Offenbach)


Dr. Manfred Lischewski

Wolfgang Lohmann

(Lüdenscheid)


Julius Louven
Dr. Michael Luther
Erich Maaß (Wilhemshaven)

Erwin Marschewski
Dr. Martin Mayer

(Siegertsbrunn)


Wolfgang Meckelburg
Dr. Michael Meister
Friedrich Merz
Hans Michelbach
Meinolf Michels
Dr. Gerd Müller
Bernward Müller (Jena)

Elmar Müller (Kirchheim)

Bernd Neumann (Bremen)

Claudia Nolte
Günter Nooke
Franz Obermeier
Friedhelm Ost
Eduard Oswald
Norbert Otto (Erfurt)

Dr. Peter Paziorek
Anton Pfeifer
Dr. Friedbert Pflüger
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Ruprecht Polenz
Marlies Pretzlaff
Dr. Bernd Protzner
Dieter Pützhofen
Thomas Rachel
Hans Raidel
Dr. Peter Ramsauer
Peter Rauen
Christa Reichard (Dresden)

Katherina Reiche
Erika Reinhardt
Hans-Peter Repnik
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Franz Romer
Hannelore Rönsch

(Wiesbaden)


Heinrich-Wilhelm Ronsöhr
Dr. Klaus Rose
Kurt Rossmanith
Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck
Dr. Jürgen Rüttgers
Anita Schäfer
Dr. Wolfgang Schäuble
Hartmut Schauerte
Heinz Schemken
Karl-Heinz Scherhag
Gerhard Scheu
Norbert Schindler
Dietmar Schlee
Christian Schmidt (Fürth)

Dr.-Ing. Joachim Schmidt

(Halsbrücke)


Andreas Schmidt (Mühlheim)

Hans Peter Schmitz

(Baesweiler)


Birgit Schnieber-Jastram
Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Rupert Scholz
Dr. Erika Schuchardt
Wolfgang Schulhoff

Diethard W. Schütze (Berlin)

Clemens Schwalbe
Dr. Christian Schwarz-
Schilling

Wilhelm-Josef Sebastian
Horst Seehofer
Heinz Seiffert
Rudolf Seiters
Bernd Siebert
Werner Siemann
Bärbel Sothmann
Margarete Späte
Carl-Dieter Spranger
Erika Steinbach
Andreas Storm
Dorothea Störr-Ritter
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Thomas Strobl
Michael Stübgen
Dr. Rita Süssmuth
Dr. Susanne Tiemann
Edeltraut Töpfer
Dr. Hans-Peter Uhl
Gunnar Uldall
Arnold Vaatz
Andrea Voßhoff
Peter Weiß (Emmendingen)

Gerald Weiß (Groß-Gerau)

Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese (Ehingen)

Hans-Otto Wilhelm (Mainz)

Klaus-Peter Willsch
Willy Wimmer (Neuss)

Matthias Wissmann
Werner Wittlich
Dagmar Wöhrl
Elke Wülfing
Peter Kurt Würzbach
Wolfgang Zeitlmann
Benno Zierer
Wolfgang Zöller

F.D.P.
Hildebrecht Braun

(Augsburg)


Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Gisela Frick
Paul K. Friedhoff
Horst Friedrich (Bayreuth)

Rainer Funke
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther (Plauen)

Dr. Karlheinz Guttmacher
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich
Walter Hirche
Dr. Klaus Kinkel
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Ina Lenke
Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger

Jürgen W. Möllemann
Dirk Niebel

Günter Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto

(Frankfurt)


Detlef Parr
Cornelia Pieper
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Gerhard Schüßler
Dr. Irmgard Schwaetzer
Marita Sehn
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Max Stadler
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Dieter Thomae
Jürgen Türk
PDS
Monika Balt
Petra Bläss
Maritta Böttcher
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Heidemarie Ehlert
Dr. Heinrich Fink
Dr. Ruth Fuchs
Fred Gebhardt
Wolfgang Gehrcke-Reymann
Dr. Klaus Grehn
Dr. Gregor Gysi
Dr. Barbara Höll
Carsten Hübner
Sabine Jünger
Dr. Evelyn Kenzler
Dr. Heidi Knake-Werner
Rolf Kutzmutz
Ursula Lötzer
Heidemarie Lüth
Angela Marquardt
Manfred Müller (Berlin)

Kersten Naumann
Rosel Neuhäuser
Petra Pau
Dr. Uwe-Jens Rössel
Christina Schenk
Gustav-Adolf Schur
Dr. Ilja Seifert

Nein
SPD
Brigitte Adler
Rainer Arnold
Hermann Bachmaier
Ernst Bahr
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Eckhardt Barthel (Berlin)

Klaus Barthel (Starnberg)

Wolfgang Behrendt
Dr. Axel Berg
Hans-Werner Bertl
Friedhelm Julius Beucher
Petra Bierwirth
Rudolf Bindig
Lothar Binding (Heidelberg)

Kurt Bodewig
Klaus Brandner
Anni Brandt-Elsweier
Willi Brase

Vizepräsident Rudolf Seiters






(A) (C)



(B) (D)


Dr. Eberhard Brecht
Rainer Brinkmann (Detmold)

Bernhard Brinkmann

(Hildesheim)


Hans-Günter Bruckmann
Ursula Burchardt
Dr. Michael Bürsch
Hans Martin Bury
Hans Büttner (Ingolstadt)

Marion Caspers-Merk
Wolf-Michael Catenhusen
Dr. Peter Wilhelm Danckert
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Christel Deichmann
Karl Diller
Peter Dreßen
Rudolf Dreßler
Detlef Dzembritzki
Dieter Dzewas
Dr. Peter Eckardt
Sebastian Edathy
Ludwig Eich
Marga Elser
Peter Enders
Gernot Erler
Petra Ernstberger
Annette Faße
Lothar Fischer (Homburg)

Gabriele Fograscher
Iris Follak
Norbert Formanski
Rainer Fornahl
Hans Forster
Dagmar Freitag
Peter Friedrich (Altenburg)

Lilo Friedrich (Mettmann)

Harald Friese
Anke Fuchs (Köln)

Arne Fuhrmann
Monika Ganseforth
Konrad Gilges
Iris Gleicke
Günter Gloser
Uwe Göllner
Renate Gradistanac
Günter Graf (Friesoythe)

Angelika Graf

(Rosenheim)


Dieter Grasedieck
Monika Griefahn
Achim Großmann
Karl-Hermann Haack

(Extertal)


Hans-Joachim Hacker
Christel Hanewinckel
Alfred Hartenbach
Anke Hartnagel
Nina Hauer
Hubertus Heil
Reinhold Hemker
Frank Hempel
Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Monika Heubaum
Uwe Hiksch
Reinhold Hiller (Lübeck)

Stephan Hilsberg
Gerd Höfer
Jelena Hoffmann (Chemnitz)


Walter Hoffmann

(Darmstadt)


Frank Hofmann (Volkach)

Ingrid Holzhüter
Eike Hovermann
Christel Humme
Lothar Ibrügger
Barbara Imhof
Brunhilde Irber
Gabriele Iwersen
Renate Jäger
Jann-Peter Janssen
Ilse Janz
Dr. Uwe Jens
Volker Jung (Düsseldorf)

Johannes Kahrs
Ulrich Kasparick
Sabine Kaspereit
Susanne Kastner
Hans-Peter Kemper
Klaus Kirschner
Marianne Klappert
Hans-Ulrich Klose
Walter Kolbow
Fritz Rudolf Körper
Karin Kortmann
Anette Kramme
Nicolette Kressl
Angelika Krüger-Leißner
Horst Kubatschka
Ernst Küchler
Helga Kühn-Mengel
Ute Kumpf
Konrad Kunick
Dr. Uwe Küster
Werner Labsch
Oskar Lafontaine
Christine Lambrecht
Brigitte Lange
Christian Lange (Backnang)

Detlev von Larcher
Christine Lehder
Robert Leidinger
Klaus Lennartz
Eckhart Lewering
Götz-Peter Lohmann

(Neubrandenburg)


Erika Lotz
Dr. Christine Lucyga
Dieter Maaß (Herne)

Winfried Mante
Dirk Manzewski
Tobias Marhold
Ulrike Mascher
Christoph Matschie
Ingrid Matthäus-Maier
Heide Mattischeck
Markus Meckel
Ulrike Mehl
Ulrike Merten
Angelika Mertens
Dr. Jürgen Meyer (Ulm)

Ursula Mogg
Christoph Moosbauer
Siegmar Mosdorf
Michael Müller (Düsseldorf)

Jutta Müller (Völklingen)

Christian Müller (Zittau)

Franz Müntefering
Andrea Nahles

Volker Neumann

(Bramsche)


Gerhard Neumann (Gotha)

Dr. Edith Niehuis
Dietmar Nietan
Günter Oesinghaus
Eckhard Ohl
Leyla Onur
Manfred Opel
Holger Ortel
Adolf Ostertag
Kurt Palis
Albrecht Papenroth
Dr. Willfried Penner
Dr. Martin Pfaff
Georg Pfannenstein
Johannes Pflug
Dr. Eckhart Pick
Joachim Poß
Karin Rehbock-Zureich
Margot von Renesse
Renate Rennebach
Bernd Reuter
Dr. Edelbert Richter
Reinhold Robbe
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Michael Roth (Heringen)

Birgit Roth (Speyer)

Thomas Sauer
Dr. Hansjörg Schäfer
Gudrun Schaich-Walch
Rudolf Scharping
Bernd Scheelen
Dr. Hermann Scheer
Horst Schild
Otto Schily
Dieter Schloten
Horst Schmidbauer

(Nürnberg)


Ulla Schmidt (Aachen)

Silvia Schmidt (Eisleben)

Dagmar Schmidt

(Meschede)


Wilhelm Schmidt (Salzgitter)

Regina Schmidt-Zadel
Heinz Schmitt (Berg)

Olaf Scholz
Karsten Schönfeld
Ottmar Schreiner
Gerhard Schröder
Gisela Schröter
Dr. Mathias Schubert
Richard Schuhmann

(Delitzsch)


Brigitte Schulte (Hameln)

Reinhard Schultz

(Everswinkel)


Volkmar Schultz (Köln)

Ilse Schumann
Dr. R. Werner Schuster
Dr. Angelica Schwall-Düren
Ernst Schwanhold
Rolf Schwanitz
Bodo Seidenthal
Erika Simm
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
Dr. Cornelie Sonntag-
Wolgast

Wieland Sorge

Wolfgang Spanier
Dr. Margrit Spielmann
Jörg-Otto Spiller
Dr. Ditmar Staffelt
Ludwig Stiegler
Rolf Stöckel
Rita Streb-Hesse
Dr. Peter Struck
Joachim Stünker
Joachim Tappe
Jörg Tauss
Jella Teuchner
Dr. Gerald Thalheim
Wolfgang Thierse
Franz Thönnes
Adelheid Tröscher
Rüdiger Veit
Günter Verheugen
Simone Violka
Ute Vogt (Pforzheim)

Hedi Wegener
Wolfgang Weiermann
Reinhard Weis (Stendal)

Matthias Weisheit
Gert Weisskirchen

(Wiesloch)


Dr. Ernst Ulrich von
Weizsäcker

Hans-Joachim Welt
Dr. Rainer Wend
Hildegard Wester
Lydia Westrich
Inge Wettig-Danielmeier
Dr. Margrit Wetzel
Dr. Norbert Wieczorek
Helmut Wieczorek

(Duisburg)


Jürgen Wieczorek (Leipzig)

Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dieter Wiefelspütz
Heino Wiese (Hannover)

Klaus Wiesehügel
Brigitte Wimmer

(Karlsruhe)


Engelbert Wistuba
Barbara Wittig
Dr. Wolfgang Wodarg
Verena Wohlleben
Hanna Wolf (München)

Waltraud Wolff (Zielitz)

Heidemarie Wright
Uta Zapf
Dr. Christoph Zöpel
Peter Zumkley

BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Gila Altmann (Aurich)

Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Angelika Beer
Annelie Buntenbach
Ekin Deligöz
Dr. Thea Dückert
Franziska Eichstädt-Bohlig
Dr. Uschi Eid
Hans-Josef Fell
Andrea Fischer (Berlin)

Joseph Fischer (Frankfurt)


Vizepräsident Rudolf Seiters






(B)



(A) (C)



(D)


Katrin Göring-Eckardt
Rita Grießhaber
Winfried Hermann
Kristin Heyne
Ulrike Höfken
Michaele Hustedt
Monika Knoche
Dr. Angelika Köster-Loßack

Steffi Lemke
Dr. Helmut Lippelt
Dr. Reinhard Loske
Klaus Wolfgang Müller

(Kiel)


Kerstin Müller (Köln)

Winfried Nachtwei
Christa Nickels

Cem Özdemir
Simone Probst
Claudia Roth (Augsburg)

Christine Scheel
Irmingard Schewe-Gerigk
Rezzo Schlauch
Albert Schmidt (Hitzhofen)

Werner Schulz (Leipzig)


Christian Simmert
Christian Sterzing
Hans-Christian Ströbele
Jürgen Trittin
Dr. Antje Vollmer
Sylvia Voß
Helmut Wilhelm (Amberg)

Margareta Wolf (Frankfurt)


Entschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen Versammlungen
des Europarates und der WEU, der NAV, der OSZE oder der IPU
Abgeordnete(r)
Lörcher, Christa, SPD von Schmude, Michael, CDU/CSU

Namentliche Abstimmung Nr. 8. Es handelt sich hier
um den Entschließungsantrag der PDS, Drucksachen
14/442 und 14/451. Abgegebene Stimmen 587. Mit Ja
haben gestimmt 30,


(Dr. Gregor Gysi [PDS]: Es muß ein Zählfehler vorliegen, Herr Präsident!)


mit Nein haben gestimmt 557, Enthaltungen keine. Der
Entschließungsantrag ist ebenfalls abgelehnt.

Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 585;
davon

ja: 30
nein: 555

Ja
F.D.P.
Dr. Helmut Haussmann
PDS
Monika Balt
Petra Bläss
Maritta Böttcher
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Heidemarie Ehlert
Dr. Heinrich Fink
Dr. Ruth Fuchs
Fred Gebhardt
Wolfgang Gehrcke-Reymann
Dr. Klaus Grehn
Dr. Gregor Gysi
Dr. Barbara Höll
Carsten Hübner
Sabine Jünger
Dr. Evelyn Kenzler
Dr. Heidi Knake-Werner
Rolf Kutzmutz
Ursula Lötzer
Heidemarie Lüth
Angela Marquardt
Manfred Müller (Berlin)

Kersten Naumann
Rosel Neuhäuser
Petra Pau
Dr. Uwe-Jens Rössel
Christina Schenk
Gustav-Adolf Schur
Dr. Ilja Seifert

Nein
SPD
Brigitte Adler
Gerd Andres
Rainer Arnold
Hermann Bachmaier
Ernst Bahr
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Eckhardt Barthel (Berlin)

Klaus Barthel (Starnberg)

Wolfgang Behrendt
Dr. Axel Berg
Hans-Werner Bertl
Friedhelm Julius Beucher
Petra Bierwirth
Rudolf Bindig
Lothar Binding (Heidelberg)

Kurt Bodewig
Klaus Brandner
Anni Brandt-Elsweier
Willi Brase
Dr. Eberhard Brecht
Rainer Brinkmann (Detmold)

Bernhard Brinkmann

(Hildesheim)


Hans-Günter Bruckmann
Ursula Burchardt
Dr. Michael Bürsch
Hans Martin Bury
Hans Büttner (Ingolstadt)

Marion Caspers-Merk
Wolf-Michael Catenhusen
Dr. Peter Wilhelm Danckert
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Christel Deichmann
Karl Diller
Peter Dreßen
Rudolf Dreßler
Detlef Dzembritzki
Dieter Dzewas
Dr. Peter Eckardt

Sebastian Edathy
Ludwig Eich
Marga Elser
Peter Enders
Gernot Erler
Petra Ernstberger
Annette Faße
Lothar Fischer (Homburg)

Gabriele Fograscher
Iris Follak
Norbert Formanski
Rainer Fornahl
Hans Forster
Dagmar Freitag
Peter Friedrich (Altenburg)

Lilo Friedrich (Mettmann)

Harald Friese
Anke Fuchs (Köln)

Arne Fuhrmann
Monika Ganseforth
Konrad Gilges
Iris Gleicke
Günter Gloser
Uwe Göllner
Renate Gradistanac
Günter Graf (Friesoythe)

Angelika Graf (Rosenheim)

Dieter Grasedieck
Monika Griefahn
Achim Großmann
Karl-Hermann Haack

(Extertal)


Hans-Joachim Hacker
Christel Hanewinckel
Alfred Hartenbach
Anke Hartnagel
Nina Hauer
Hubertus Heil
Reinhold Hemker
Frank Hempel
Rolf Hempelmann
Gustav Herzog
Monika Heubaum
Uwe Hiksch

Reinhold Hiller (Lübeck)

Stephan Hilsberg
Gerd Höfer
Jelena Hoffmann (Chemnitz)

Walter Hoffmann

(Darmstadt)


Frank Hofmann (Volkach)

Ingrid Holzhüter
Eike Hovermann
Christel Humme
Lothar Ibrügger
Barbara Imhof
Brunhilde Irber
Gabriele Iwersen
Renate Jäger
Jann-Peter Janssen
Ilse Janz
Dr. Uwe Jens
Volker Jung (Düsseldorf)

Johannes Kahrs
Ulrich Kasparick
Sabine Kaspereit
Susanne Kastner
Hans-Peter Kemper
Klaus Kirschner
Marianne Klappert
Hans-Ulrich Klose
Walter Kolbow
Fritz Rudolf Körper
Karin Kortmann
Anette Kramme
Nicolette Kressl
Angelika Krüger-Leißner
Horst Kubatschka
Ernst Küchler
Helga Kühn-Mengel
Ute Kumpf
Konrad Kunick
Dr. Uwe Küster
Werner Labsch
Oskar Lafontaine
Christine Lambrecht
Brigitte Lange
Christian Lange (Backnang)


Vizepräsident Rufolf Seiters






(A) (C)



(B) (D)


Detlev von Larcher
Christine Lehder
Robert Leidinger
Klaus Lennartz
Eckhart Lewering
Götz-Peter Lohmann

(Neubrandenburg)


Erika Lotz
Dr. Christine Lucyga
Dieter Maaß (Herne)

Winfried Mante
Dirk Manzewski
Tobias Marhold
Ulrike Mascher
Christoph Matschie
Ingrid Matthäus-Maier
Heide Mattischeck
Markus Meckel
Ulrike Mehl
Ulrike Merten
Angelika Mertens
Dr. Jürgen Meyer (Ulm)

Ursula Mogg
Christoph Moosbauer
Siegmar Mosdorf
Michael Müller (Düsseldorf)

Jutta Müller (Völklingen)

Christian Müller (Zittau)

Franz Müntefering
Andrea Nahles
Volker Neumann (Bramsche)

Gerhard Neumann (Gotha)

Dr. Edith Niehuis
Dietmar Nietan
Günter Oesinghaus
Eckhard Ohl
Leyla Onur
Manfred Opel
Holger Ortel
Adolf Ostertag
Kurt Palis
Albrecht Papenroth
Dr. Willfried Penner
Dr. Martin Pfaff
Georg Pfannenstein
Johannes Pflug
Dr. Eckhart Pick
Joachim Poß
Karin Rehbock-Zureich
Margot von Renesse
Renate Rennebach
Bernd Reuter
Dr. Edelbert Richter
Reinhold Robbe
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Michael Roth (Heringen)

Birgit Roth (Speyer)

Thomas Sauer
Dr. Hansjörg Schäfer
Gudrun Schaich-Walch
Rudolf Scharping
Bernd Scheelen
Dr. Hermann Scheer
Horst Schild
Otto Schily
Dieter Schloten
Horst Schmidbauer

(Nürnberg)


Ulla Schmidt (Aachen)


Silvia Schmidt (Eisleben)

Dagmar Schmidt (Meschede)

Wilhelm Schmidt (Salzgitter)

Regina Schmidt-Zadel
Heinz Schmitt (Berg)

Olaf Scholz
Karsten Schönfeld
Fritz Schösser
Gerhard Schröder
Gisela Schröter
Dr. Mathias Schubert
Richard Schuhmann

(Delitzsch)


Brigitte Schulte (Hameln)

Reinhard Schultz

(Everswinkel)


Volkmar Schultz (Köln)

Ilse Schumann
Dr. R. Werner Schuster
Dr. Angelica Schwall-Düren
Ernst Schwanhold
Bodo Seidenthal
Erika Simm
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
Dr. Cornelie Sonntag-
Wolgast

Wieland Sorge
Wolfgang Spanier
Dr. Margrit Spielmann
Jörg-Otto Spiller
Dr. Ditmar Staffelt
Ludwig Stiegler
Rolf Stöckel
Rita Streb-Hesse
Dr. Peter Struck
Joachim Stünker
Joachim Tappe
Jörg Tauss
Jella Teuchner
Dr. Gerald Thalheim
Wolfgang Thierse
Franz Thönnes
Adelheid Tröscher
Rüdiger Veit
Günter Verheugen
Simone Violka
Ute Vogt (Pforzheim)

Hedi Wegener
Wolfgang Weiermann
Reinhard Weis (Stendal)

Matthias Weisheit
Gert Weisskirchen

(Wiesloch)


Dr. Ernst Ulrich von
Weizsäcker

Hans-Joachim Welt
Dr. Rainer Wend
Hildegard Wester
Lydia Westrich
Inge Wettig-Danielmeier
Dr. Margrit Wetzel
Dr. Norbert Wieczorek
Helmut Wieczorek

(Duisburg)


Jürgen Wieczorek (Leipzig)

Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dieter Wiefelspütz
Heino Wiese (Hannover)

Klaus Wiesehügel
Brigitte Wimmer (Karlsruhe)


Engelbert Wistuba
Barbara Wittig
Dr. Wolfgang Wodarg
Verena Wohlleben
Hanna Wolf (München)

Waltraud Wolff (Zielitz)

Heidemarie Wright
Uta Zapf
Dr. Christoph Zöpel
Peter Zumkley

CDU/CSU
Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Altmaier
Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann
Brigitte Baumeister
Meinrad Belle
Dr. Sabine Bergmann-Pohl
Otto Bernhardt
Hans-Dirk Bierling
Dr. Joseph-Theodor Blank
Renate Blank
Dr. Heribert Blens
Peter Bleser
Dr. Norbert Blüm
Friedrich Bohl
Dr. Maria Böhmer
Sylvia Bonitz
Wolfgang Börnsen

(Bönstrup)


Wolfgang Bosbach
Dr. Wolfgang Bötsch
Klaus Brähmig
Dr. Ralf Brauksiepe
Paul Breuer
Monika Brudlewsky
Georg Brunnhuber
Klaus Bühler (Bruchsal)

Hartmut Büttner

(Schönebeck)


Cajus Caesar
Peter H. Carstensen

(Nordstrand)


Leo Dautzenberg
Wolfgang Dehnel
Hubert Deittert
Albert Deß
Thomas Dörflinger
Hansjürgen Doss
Marie-Luise Dött
Rainer Eppelmann
Anke Eymer
Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Ulf Fink
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer (Hamburg)


(KarlsruheLand)


Dr. Gerhard Friedrich

(Erlangen)


Dr. Hans-Peter Friedrich

(Hof)


Erich G. Fritz
Jochen-Konrad Fromme
Dr. Jürgen Gehb

Norbert Geis
Dr. Heiner Geißler
Georg Girisch
Dr. Reinhard Göhner
Dr. Wolfgang Götzer
Kurt-Dieter Grill
Hermann Gröhe
Manfred Grund
Gottfried Haschke

(Großhennersdorf)


Gerda Hasselfeldt
Norbert Hauser (Bonn)

Hansgeorg Hauser

(Rednitzhembach)


Klaus-Jürgen Hedrich
Ursula Heinen
Manfred Heise
Siegfried Helias
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Klaus Hofbauer
Martin Hohmann
Klaus Holetschek
Josef Hollerith
Dr. Karl-Heinz Hornhues
Siegfried Hornung
Joachim Hörster
Hubert Hüppe
Georg Janovsky
Dr.-Ing. Rainer Jork
Dr. Harald Kahl
Dr. Dietmar Kansy
Manfred Kanther
Irmgard Karwatzki
Volker Kauder
Eckart von Klaeden
Ulrich Klinkert
Dr. Helmut Kohl
Norbert Königshofen
Eva-Maria Kors
Hartmut Koschyk
Rudolf Kraus
Dr. Paul Krüger
Dr. Hermann Kues
Karl Lamers
Dr. Karl A. Lamers

(Heidelberg)


Dr. Norbert Lammert
Dr. Paul Laufs
Karl-Josef Laumann
Vera Lengsfeld
Werner Lensing
Peter Letzgus
Ursula Lietz
Walter Link (Diepholz)

Eduard Lintner
Dr. Klaus Lippold

(Offenbach)


Dr. Manfred Lischewski
Wolfgang Lohmann

(Lüdenscheid)


Julius Louven
Dr. Michael Luther
Erich Maaß (Wilhemshaven)

Erwin Marschewski
Dr. Martin Mayer

(Siegertsbrunn)


Wolfgang Meckelburg
Dr. Michael Meister
Friedrich Merz

Vizepräsident Rudolf Seiters






(B)



(A) (C)



(D)


Hans Michelbach
Meinolf Michels
Dr. Gerd Müller
Bernward Müller (Jena)

Elmar Müller (Kirchheim)

Bernd Neumann (Bremen)

Claudia Nolte
Günter Nooke
Franz Obermeier
Friedhelm Ost
Eduard Oswald
Norbert Otto (Erfurt)

Dr. Peter Paziorek
Anton Pfeifer
Dr. Friedbert Pflüger
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Ruprecht Polenz
Marlies Pretzlaff
Dr. Bernd Protzner
Dieter Pützhofen
Thomas Rachel
Hans Raidel
Dr. Peter Ramsauer
Peter Rauen
Christa Reichard (Dresden)

Katherina Reiche
Erika Reinhardt
Hans-Peter Repnik
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Franz Romer
Hannelore Rönsch

(Wiesbaden)


Heinrich-Wilhelm Ronsöhr
Dr. Klaus Rose
Kurt Rossmanith
Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck
Dr. Jürgen Rüttgers
Anita Schäfer
Dr. Wolfgang Schäuble
Hartmut Schauerte
Heinz Schemken
Karl-Heinz Scherhag
Gerhard Scheu
Norbert Schindler

Dietmar Schlee
Christian Schmidt (Fürth)

Dr.-Ing. Joachim Schmidt

(Halsbrücke)


Andreas Schmidt (Mühlheim)

Hans Peter Schmitz

(Baesweiler)


Michael von Schmude
Birgit Schnieber-Jastram
Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Rupert Scholz
Dr. Erika Schuchardt
Wolfgang Schulhoff
Diethard W. Schütze (Berlin)

Clemens Schwalbe
Dr. Christian Schwarz-
Schilling

Wilhelm-Josef Sebastian
Horst Seehofer
Heinz Seiffert
Rudolf Seiters
Bernd Siebert
Werner Siemann
Bärbel Sothmann
Margarete Späte
Carl-Dieter Spranger
Erika Steinbach
Andreas Storm
Dorothea Störr-Ritter
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Thomas Strobl
Michael Stübgen
Dr. Susanne Tiemann
Edeltraut Töpfer
Dr. Hans-Peter Uhl
Gunnar Uldall
Arnold Vaatz
Andrea Voßhoff
Peter Weiß (Emmendingen)

Gerald Weiß (Groß-Gerau)

Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese (Ehingen)

Hans-Otto Wilhelm (Mainz)

Klaus-Peter Willsch
Willy Wimmer (Neuss)

Matthias Wissmann

Werner Wittlich
Dagmar Wöhrl
Elke Wülfing
Peter Kurt Würzbach
Wolfgang Zeitlmann
Benno Zierer
Wolfgang Zöller

BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Gila Altmann (Aurich)

Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Angelika Beer
Annelie Buntenbach
Ekin Deligöz
Dr. Thea Dückert
Franziska Eichstädt-Bohlig
Dr. Uschi Eid
Hans-Josef Fell
Andrea Fischer (Berlin)

Katrin Göring-Eckardt
Rita Grießhaber
Winfried Hermann
Kristin Heyne
Ulrike Höfken
Michaele Hustedt
Monika Knoche
Dr. Angelika Köster-Loßack
Steffi Lemke
Dr. Helmut Lippelt
Dr. Reinhard Loske
Klaus Wolfgang Müller

(Kiel)


Kerstin Müller (Köln)

Winfried Nachtwei
Cem Özdemir
Simone Probst
Claudia Roth (Augsburg)

Christine Scheel
Irmingard Schewe-Gerigk
Rezzo Schlauch
Albert Schmidt (Hitzhofen)

Werner Schulz (Leipzig)

Christian Simmert
Christian Sterzing

Hans-Christian Ströbele
Jürgen Trittin
Dr. Antje Vollmer
Sylvia Voß
Helmut Wilhelm (Amberg)

Margareta Wolf (Frankfurt)


F.D.P.
Hildebrecht Braun

(Augsburg)


Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Gisela Frick
Paul K. Friedhoff
Horst Friedrich (Bayreuth)

Rainer Funke
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther (Plauen)

Dr. Karlheinz Guttmacher
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich
Walter Hirche
Dr. Klaus Kinkel
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Ina Lenke
Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger

Jürgen W. Möllemann
Dirk Niebel
Günter Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto

(Frankfurt)


Detlef Parr
Cornelia Pieper
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Gerhard Schüßler
Dr. Irmgard Schwaetzer
Marita Sehn
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Max Stadler
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Dieter Thomae

Entschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen Versammlungen
des Europarates und der WEU, der NAV, der OSZE oder der IPU
Abgeordnete(r)
Lörcher, Christa, SPD von Schmude, Michael, CDU/CSU

Wir kommen zu den Überweisungen in vereinfach-
tem Verfahren ohne Debatte.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 12 a und 12 b so-
wie die Zusatzpunkte 3a und 3b auf:
12. a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-

gebrachten Entwurfs eines Siebten Gesetzes zur
Änderung des Bundessozialhilfegesetzes
– Drucksache 14/389 –
Überweisungsvorschlag:

(federführend b)

eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu
dem Abkommen vom 17. Oktober 1997 zwi-
schen der Regierung der Bundesrepu-
blik Deutschland und der Regierung der
Tunesischen Republik über die Seeschif-
fahrt
– Drucksache 14/390 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuß für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen(federführend)Finanzausschuß

Vizepräsident Rudolf Seiters






(A) (C)



(B) (D)


ZP 3a)Erste Beratung des von den Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des
DNA-Identitätsfeststellungsgesetzes
– Drucksache 14/445 –
Überweisungsvorschlag:

(federführend b)

Pretzlaff, Klaus-Jürgen Hedrich, Dr. Norbert
Blüm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der CDU/CSU
5 Jahre nach Kairo: Umsetzung der Beschlüs-
se der Konferenz der Vereinten Nationen zu
Weltbevölkerung und Entwicklung 1994
– Drucksache 14/446 –
Überweisungsvorschlag:

(federführend Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu überweisen. Der Koalitionsentwurf eines Gesetzes zur Änderung des DNA-Identitätsfeststellungsgesetzes auf Drucksache 14/445 – Zusatzpunkt 3a – soll zusätzlich an den Ausschuß für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, den Ausschuß für Gesundheit und den Ausschuß für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung überwiesen werden. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen. Wir kommen jetzt zu abschließenden Beratungen ohne Aussprache. Ich rufe Tagesordnungspunkt 13 a auf: Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes (§ 30a TabStG)

– Drucksache 14/18 –

(Erste Beratung 11. Sitzung)

Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzaus-
schusses (7. Ausschuß)

– Drucksache 14/359 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Wolfgang Grotthaus
Jochen-Konrad Fromme

Der Finanzausschuß empfiehlt auf Drucksache
14/359, den Gesetzentwurf abzulehnen. Ich lasse über
diesen Gesetzentwurf abstimmen. Ich bitte diejenigen,
die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das
Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen?
– Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung bei Enthal-
tung der PDS mit den Stimmen des ganzen Hauses ab-
gelehnt. Damit entfällt nach unserer Geschäftsordnung
die weitere Beratung.

Tagesordnungspunkt 13b:
Beratung des Antrags der Bundesregierung
Ausnahme von dem Verbot der Zugehörigkeit
zu einem Aufsichtsrat für ein Mitglied der
Bundesregierung
– Drucksache 14/357 –

Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dage-
gen? – Enthaltungen? – Der Antrag ist einstimmig ange-
nommen.

Tagesordnungspunkt 13c:
Beratung der Beschlußempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Arbeit und Sozialord-
nung (11. Ausschuß) zu der Unterrichtung durch
die Bundesregierung
Zwischenbericht über das Gemeinschaftspro-
gramm für Sicherheit, Arbeitshygiene und

(19962000)

– Drucksachen 14/74 Nr. 2.82, 14/393 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Leyla Onur

Wer stimmt für diese Beschlußempfehlung? – Ge-
genprobe! – Enthaltungen? – Die Beschlußempfehlung
ist einstimmig angenommen.

Tagesordnungspunkt 13d:
Beratung der Beschlußempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuß)

Sammelübersicht 18 zu Petitionen
– Drucksache 14/410 –

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Ent-
haltungen? – Bei Enthaltung der PDS ist die Sammel-
übersicht 18 mit den Stimmen des Hauses im übrigen
angenommen.

Tagesordnungspunkt 13e:
Beratung der Beschlußempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuß)

Sammelübersicht 19 zu Petitionen
– Drucksache 14/411 –

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Ent-
haltungen? – Bei gleichem Stimmenverhältnis wie zuvor
ist die Sammelübersicht 19 angenommen.

Tagesordnungspunkt 13f:
Beratung der Beschlußempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuß)

Sammelübersicht 20 zu Petitionen
– Drucksache 14/412 –

Vizepräsident Rudolf Seiters






(B)



(A) (C)



(D)


Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Ent-
haltungen? – Die Sammelübersicht 20 ist mit den Stim-
men der Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen,
F.D.P. und PDS gegen die Stimmen der CDU/CSU an-
genommen.

Tagesordnungspunkt 13 g:
Beratung der Beschlußempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuß)

Sammelübersicht 21 zu Petitionen
– Drucksache 14/413 –

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Ent-
haltungen? – Die Sammelübersicht 21 ist mit den Stim-
men des Hauses gegen die Stimmen der CDU/CSU an-
genommen.

Interfraktionell ist vereinbart, die heutige Tagesord-
nung um die Zweite Beratung und Schlußabstimmung
des von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzent-
wurfs zu dem Abkommen mit dem Sekretariat des
Übereinkommens der Vereinten Nationen zur Bekämp-
fung der Wüstenbildung zu erweitern. Über den Gesetz-
entwurf soll jetzt gleich ohne Aussprache abgestimmt
werden.

Sind Sie mit der Erweiterung der Tagesordnung ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist so beschlossen.

Damit rufe ich den soeben aufgesetzten Zusatzpunkt
5 auf:

Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von
der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs ei-
nes Gesetzes zu dem Abkommen vom 18. Au-
gust 1998 zwischen der Regierung der Bun-
desrepublik Deutschland, den Vereinten Na-
tionen und dem Sekretariat des Übereinkom-
mens der Vereinten Nationen zur Bekämpfung
der Wüstenbildung über den Sitz des Ständi-
gen Sekretariats des Übereinkommens
– Drucksache 14/228 –

(Erste Beratung 16. Sitzung)

Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent-
wicklung (20. Ausschuß)

– Drucksache 14/468–
Berichterstattung:
Abgeordnete Adelheid Tröscher
Klaus-Jürgen Hedrich
Dr. Angelika Köster-Loßack
Joachim Günther (Plauen)

Carsten Hübner

Der Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung empfiehlt auf Drucksache 14/468, den
Gesetzentwurf unverändert anzunehmen. Ich bitte dieje-
nigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich
zu erheben. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen?
– Der Gesetzentwurf ist mit den Stimmen des Hauses
bei Enthaltung der PDS angenommen.

Ich rufe nunmehr die Tagesordnungspunkte 6a und
6b auf:
a) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio-

nen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neure-
gelung der geringfügigen Beschäftigungsver-
hältnisse
– Drucksache 14/280 –

(Erste Beratung 17. Sitzung)

aa) Beschlußempfehlung und Bericht des Aus-


(11. Ausschuß)

– Drucksache 14/441 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Birgit Schnieber-Jastram

(8. Aus schuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung)

– Drucksache 14/458 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Dietrich Austermann
Jürgen Koppelin
Dr. Christa Luft
Dr. Konstanze Wegner
Dr. Antje Hermenau

b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Arbeit und Sozialord-
nung (11. Ausschuß) zu dem Antrag der Fraktion
der CDU/CSU
Beschäftigung fördern – soziale Sicherung
verbessern – Flexibilisierung erhalten
– Drucksachen 14/290, 14/441 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Birgit Schnieber-Jastram

Ich weise darauf hin, daß wir nach der Aussprache
über den Gesetzentwurf namentlich abstimmen werden.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die
Aussprache anderthalb Stunden vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Ich gebe das Wort der
Kollegin Leyla Onur, SPD-Fraktion.


Leyla Onur (SPD):
Rede ID: ID1402512700
Herr Präsident! Meine sehr ver-
ehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kol-
legen, obwohl mich eine Grippe kalt erwischt hat, sage
ich: Heute ist ein wundervoller Tag, weil wir nämlich
ein weiteres Wahlversprechen


(Birgit Schnieber-Jastram [CDU/CSU]: Hört! Hört! Wahlversprechen!)


mit der Beschlußfassung zur Neuregelung der geringfü-
gigen Beschäftigungsverhältnisse einlösen werden.


(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU/CSU und der F.D.P.)


Wir haben im Wahlprogramm und konsequenterweise
auch in der Koalitionsvereinbarung festgeschrieben, daß

Vizepräsident Rudolf Seiters






(A) (C)



(B) (D)


wir den Mißbrauch der geringfügigen Beschäfti-
gungsverhältnisse stoppen werden.


(Zuruf von der CDU/CSU: Festschreiben und ausweiten!)


Genau das tun wir mit unserem Gesetz, das wir heute in
diesem Hause beschließen werden.


(Beifall bei der SPD)

Wir haben sehr wohl die Schwierigkeiten erkannt.

Aber wir haben nicht wie Sie vor den Schwierigkeiten
kapituliert, sondern sind mutig und kraftvoll an die
Schwierigkeiten herangegangen. Mut haben wir auch in
der Feststellung bewiesen, daß wir nicht alle Probleme
auf einmal konsequent und optimal lösen können.


(Beifall bei der SPD)

Dieser Mut ist notwendig. Das sind wir unseren Wähle-
rinnen und Wählern schuldig, und wir haben es ihnen
versprochen. Deshalb werden wir heute dieses Gesetz
beschließen.


(Birgit Schnieber-Jastram [CDU/CSU]: Hochnotpeinlich!)


Wir haben nämlich Probleme zu lösen, die auch von
Ihnen eigentlich nie bestritten worden sind. Sie hatten
aber nicht das Rückgrat, die Probleme anzugehen.


(Konrad Gilges [SPD]: Jahrelang habt ihr von der CDU vor der F.D.P. gekuscht!)


Wir müssen nämlich endlich den dramatischen Auf-
wuchs von geringfügiger Beschäftigung stoppen.


(Birgit Schnieber-Jastram [CDU/CSU]: Das schaffen Sie doch gerade nicht mit dem Gesetz!)


Diese Entwicklung kann man nur noch als dramatisch
bezeichnen, da im Jahre 1997 fast 6 Millionen geringfü-
gige Beschäftigungsverhältnisse festgestellt wurden und
diese Zahl von Tag zu Tag weiter wächst.


(Birgit Schnieber-Jastram [CDU/CSU]: Die wird weiter wachsen!)


– Ganz ruhig, liebe Frau Kollegin, dazu komme ich
noch.

Es sind ja systematisch Vollzeit- und Teilzeitarbeits-
verhältnisse zerstückelt worden. Zunehmend sind von
Arbeitgeberseite nur noch geringfügige Beschäftigungs-
verhältnisse angeboten worden, weil auf diesem Wege
Kosten gespart werden konnten. Schließlich haben die
Arbeitgeber auch noch die Pauschalsteuern auf die Ar-
beitnehmer abgedrückt,


(Zuruf von der SPD: Sehr richtig!)

sich den Kontrollen entzogen und den Arbeitnehmern
verbriefte Arbeitnehmerrechte vorenthalten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der CDU/CSU: Wo leben Sie eigentlich?)


Genau das war der Anreiz, geringfügige Beschäfti-
gungsverhältnisse anzubieten. Wir werden mit unserem

Gesetz dieser verheerenden Entwicklung einen Riegel
vorschieben.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402512800
Frau Kollegin Onur,
gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Schwaet-
zer?


Leyla Onur (SPD):
Rede ID: ID1402512900
Herr Präsident, in Anbetracht der
fortgeschrittenen Zeit und der Tatsache, daß wir über
dieses Gesetz im Ausschuß in allen Richtungen debat-
tiert haben und die Ausschußberatungen hier nicht wie-
derholen wollen,


(Birgit Schnieber-Jastram [CDU/CSU]: Sie haben auch im Ausschuß die Beratungen nicht zugelassen!)


werde ich mit meinen Ausführungen fortfahren.
Wir werden der verheerenden Entwicklung einen

Riegel vorschieben, indem wir die geringfügigen Be-
schäftigungsverhältnisse als Regelarbeitsverhältnisse für
Arbeitgeber unattraktiv machen.


(Konrad Gilges [SPD]: Richtig!)

Das geschieht dadurch, daß wir die 630-Mark-Grenze
festschreiben, einen Sozialversicherungsbeitrag der
Arbeitgeber in Höhe von 22 Prozent einführen, eine
ordnungsgemäße An- und Abmeldung von Beschäf-
tigten vorschreiben und endlich dafür sorgen, daß die
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ordnungsgemäße
Arbeitsverträge und damit die ihnen zustehenden
Rechte von den Arbeitgebern eingeräumt bekommen.


(Thomas Strobl [CDU/CSU]: Schwarzarbeit wird es geben, keine ordentlichen Arbeitsverhältnisse!)


Welche Konsequenzen haben diese Neuregelungen
und warum wird es dadurch für die Arbeitgeber un-
attraktiv, diese Beschäftigungsverhältnisse in großer
Zahl anzubieten?


(Birgit Schnieber-Jastram [CDU/CSU]: Die Frage können Sie sich selbst beantworten!)


Ein Arbeitgeber, der einmal genau hinschaut und genau
nachrechnet, stellt sehr schnell fest, daß die Kosten für
das Arbeitsverhältnis nicht steigen, da er an Stelle der
Pauschalsteuer, wenn er sie denn vorher bezahlt hat,
jetzt einen Sozialversicherungsbeitrag in Höhe von 22
Prozent bezahlt. Aber viele haben sie ja nicht gezahlt.
Viel interessanter ist aber, daß man, wenn man spitz
rechnet, feststellt, daß ein sozialversicherungspflichtiges
Teilzeitarbeitsverhältnis oder gar ein Vollzeitarbeitsver-
hältnis für den Arbeitgeber schlicht und einfach kosten-
günstiger ist.

Hinzu kommt, daß es sowohl bezüglich des Verwal-
tungsaufwandes als auch hinsichtlich der Arbeitsorgani-
sation attraktiver ist, mit Teilzeitarbeitskräften oder
Vollzeitarbeitskräften zu arbeiten. Das weiß ich, da ich
aus einem Arbeitgeberhaushalt stamme, aus dem ich
meine Erfahrungen ableiten kann. Gemerkt haben das
auch schon die Arbeitgeber, denn ein Unternehmen – so

Leyla Onur






(B)



(A) (C)



(D)


hat man mir berichtet – ist schon dabei, geringfügige
Beschäftigungsverhältnisse in sozialversicherungspflich-
tige Teilzeitarbeitsverhältnisse umzuwandeln, weil es
nicht mehr interessant ist, mit geringfügigen Beschäfti-
gungsverhältnissen zu arbeiten. Ich bin davon überzeugt,
daß diese Entwicklung zunehmen wird.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich garantiere Ihnen: Die Arbeitgeber werden weniger
geringfügige Beschäftigungsverhältnise anbieten und
deswegen wird die Zahl auf diesem Sektor rückläufig
sein; sie wird sinken.


(Dr. Irmgard Schwaetzer [F.D.P.]: Das ist wohl wahr! Und die Schwarzarbeit steigt!)


Genau das wollen wir ja. Wir wollen, daß es hier wieder
eine normale, vernünftige Relation gibt.


(Dr. Irmgard Schwaetzer [F.D.P.]: Die wird es nicht geben!)


In diesem Zusammenhang muß auch gesehen werden,
daß mit diesem Gesetz das Ausbluten der Sozialkassen
gestoppt wird.


(Birgit Schnieber-Jastram [CDU/CSU]: Tun Sie lieber was gegen Arbeitslosigkeit!)


Norbert Blüm hat in diesem Hause mehrfach darauf hin-
gewiesen, daß die Flucht aus der Sozialversicherungs-
pflicht gestoppt werden müsse – nur, getan hat er nichts.
Wir handeln nun, indem wir Arbeitgeber dazu ver-
pflichten, 22 Prozent in die Rentenkasse bzw. in die ge-
setzliche Krankenversicherung zu zahlen, um erstens
Wettbewerbsverzerrungen und zweitens die Flucht aus
der Sozialversicherungspflicht zu beenden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Dies führt nicht zwingend zu erhöhten Leistungen. Aber
auf jeden Fall können wir hier schon zahlenmäßig bele-
gen, daß damit die Rentenkasse und auch die Kassen der
gesetzlichen Krankenversicherung aufgefüllt werden,
und zwar bei gleichzeitig zusätzlichen Angeboten für die
Arbeitnehmer.

Ein weiterer Punkt, den wir immer im Auge hatten
und der in diesem Gesetzentwurf angegangen wird, ist
die soziale Absicherung der Arbeitnehmer. Ich gebe
zu: Ich hätte mir mehr gewünscht, viele hätten sich mehr
gewünscht.


(Zuruf von der CDU/CSU: Sagen Sie einmal alles, was Sie sich gewünscht hätten! Das ist spannend!)

Aber mit diesem Gesetz schaffen wir einen Einstieg in
die soziale Absicherung der geringfügig Beschäftigten.
Das ist ein ganz wichtiger Schritt.


(Beifall bei der SPD – Birgit SchnieberJastram [CDU/CSU]: Lug und Trug!)


Die Leistungen der gesetzlichen Krankenkasse blei-
ben für die Familienversicherten unverändert. Es kommt
nichts hinzu, es wird aber auch nichts abgespeckt.


(Franz Romer [CDU/CSU]: Es werden zusätzlich 12 Prozent abkassiert!)


Für die 12 Prozent Arbeitgeberbeitrag in die Rentenkas-
se erwirbt eine Arbeitnehmerin bzw. ein Arbeitnehmer
auf jeden Fall Ansprüche, wenn auch geringe.


(Thomas Strobl [CDU/CSU]: 4,30 DM im Monat!)


Entgeltpunkte können manchmal lebenswichtig sein,
wenn es um die Rente geht, wenn man bestimmte Vor-
aussetzungen erfüllen muß. Entgeltpunkte sind beson-
ders wichtig, wenn sie in Wartezeiten umgerechnet wer-
den können. Das ist ein wichtiger Fortschritt.

Aber das genügt uns nicht! Deswegen haben wir eine
Option für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein-
gebaut. Mit maximal 7,5 Prozent freiwilligem Beitrag
erwerben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die
volle Berücksichtigung bei Wartezeit, Entgeltpunkt-
berechnung, Reha, Rente nach Mindesteinkommen,
BU- und EU-Rente und vorgezogener Altersgrenze. Das
ist wirklich ein Fortschritt, wie wir ihn uns gewünscht
haben und den wir jetzt im vorliegenden Gesetz veran-
kern.


(Beifall bei der SPD – Dr. Irmgard Schwaetzer [F.D.P.]: Nach 42 Jahren bekommen sie einen Anspruch! Ist das ein Fortschritt?)


Das führt zu einer Verbesserung der Alterssicherung von
Frauen, wobei wir nicht aus den Augen verlieren, daß es
uns letztendlich darum geht, daß die Frauen – und auch
die Männer, wohlgemerkt – zukünftig verstärkt in sozi-
alversicherungspflichtigen Teilzeit- oder Vollzeitar-
beitsverhältnissen arbeiten


(Birgit Schnieber-Jastram [CDU/CSU]: Frau Onur, das glauben Sie alles selber nicht, was Sie da erzählen!)


und nicht mit geringfügigen Beschäftigungsverhältnis-
sen abgespeist werden. Wir verstehen die vorübergehen-
de Tätigkeit in einem geringfügigen Beschäftigungsver-
hältnis als Brücke in ein sozialversicherungspflichtiges
Teilzeit- oder Vollzeitarbeitsverhältnis.

Ich habe hier nicht alle Details unseres Gesetzentwur-
fes vortragen können. Ich würde das jederzeit gerne tun,
denn ich bin sehr zufrieden mit diesem Gesetz. Das
möchte ich an dieser Stelle einmal deutlich sagen.


(Beifall bei der SPD)

Es sind nicht alle Wünsche in Erfüllung gegangen, aber
wir haben wenigstens den Mut und die Kraft gezeigt, an
diese notwendigen Regelungen heranzugehen, und diese
werden wir heute auch mehrheitlich beschließen.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Birgit Schnieber-Jastram [CDU/CSU]: Sie müssen sich eben Mut machen!)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402513000
Das Wort für die
CDU/CSU-Fraktion hat der Kollege Dr. Peter Ramsauer.

Leyla Onur






(A) (C)



(B) (D)



Dr. Peter Ramsauer (CSU):
Rede ID: ID1402513100
Sehr geehrter
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau
Kollegin Onur, ich glaube, Sie sind heute auf der fal-
schen Veranstaltung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Sie sprechen davon, daß dies heute ein wunderschöner
Tag sei. Ich kann Ihnen nur sagen: Der gestrige und der
heutige Tag sind rabenschwarze Tage für unser Land,


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Widerspruch bei der SPD)


und zwar für die Menschen, vor allen Dingen für die
„kleinen Leute“, für die Gerechtigkeit, die Wirtschaft,
die Investitionen und die Arbeitsplätze. Gestern kam es
zur Beschlußfassung bei der Ökosteuer. Heute früh hat
die Rede von Finanzminister Lafontaine über die soge-
nannte Steuerreform dem Begriff des Morgengrauens
eine vollkommen andere, neue Bedeutung verliehen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Heute nachmittag soll eine Änderung der geringfügigen
Beschäftigungsverhältnisse beschlossen werden. Das
von gestern und heute ist – ich sage das einmal so – eine
Trilogie des Grauens.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Lachen und Widerspruch bei der SPD)


– Ich prophezeie Ihnen – auch Ihnen, Herr Kollege And-
res –: Das Lachen wird Ihnen noch vergehen.


(Dirk Niebel [F.D.P.]: Das Schlimme ist, daß den Leuten bald das Lachen vergeht!)


Sie wollten, als Sie nach der Bundestagswahl angetreten
sind, vieles anders und einiges besser machen.


(Zurufe von der SPD: Machen wir auch!)

Aber was Sie mit der Neuregelung der geringfügigen
Beschäftigung anrichten, kann man nur noch als verhee-
renden Pfusch bezeichnen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe mir einmal

herausgesucht, was vor Weihnachten, also Ende No-
vember bzw. Anfang Dezember letzten Jahres, in der
Presse, und zwar auch in der linken, über Sie zu lesen
war. Dazu einige Beispiele. Es ist ja ganz gut, wenn man
sich diese noch einmal ins Gedächtnis ruft.


(Gerd Andres [SPD]: Paßt auf, jetzt zitiert er die „Süddeutsche Zeitung“!)


– Hören Sie ruhig zu, auch wenn es Ihnen nicht guttun
wird, sich diese Dinge anzuhören. – Ich zitiere aus ei-
nem Artikel mit der Überschrift „Wie im Tollhaus“:

Hurtig eilend von Unfug zu Unfug, schieben sie
den Karren krachend an die Wand. Das ist – leider
– kein Zitat aus einem alten Heldenepos, sondern
das sich aufdrängende Urteil über die Arbeit der
neuen Regierung. Was die rot-grüne Koalition der
Öffentlichkeit unter den Stichworten „Steuern, So-
ziales, Arbeitsmarkt“ an Ungereimtheiten und inne-

ren Widersprüchen zumutet, hat es in dieser Mas-
sierung bislang nicht gegeben.

Ein weiteres Zitat, aus der „Süddeutschen Zeitung“:
Seit der Kanzlerwahl versucht Schröder hastig und
oft ohne die nötige Sorgfalt zu beweisen, daß nun
alles anders wird. ... Er rennt los und verfehlt, wenn
auch in beeindruckender Geschwindigkeit, die
Etappenziele.
Das jüngste Beispiel für diese Sprints ins Nirgend-
wo ist die Farce um die 620-Mark-Jobs.

(Birgit Schnieber-Jastram [CDU/CSU]: Dafür laufen dem Schröder jetzt die Frauen weg!)


Und weiter:
Sie

– gemeint ist die Regierung –
erweckt den Eindruck, mit unzureichender Vorbe-
reitung in zu kurzer Zeit auf der Basis mangelnder
Erfahrung zu agieren. Dafür

– schreibt die „Süddeutsche Zeitung“ –
gibt es einen Begriff: Dilettantismus.

Das möchte ich Ihnen ins Gedächtnis rufen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)


In der gleichen Zeitung steht unter der Überschrift
„Bonner Chaostage“ – das ist sehr interessant; das ist
fast eine Bibelexegese –:


(Rudolf Bindig [SPD]: Können Sie auch selber etwas sagen, oder zitieren Sie nur?)


So muß es gewesen: Nicht im entferntesten haben
Sozialdemokraten und Grüne damit gerechnet, daß
sie die Wahl am 27. September gewinnen würden.
... Anders ist das Chaos nicht zu erklären, das sie
derzeit in Bonn verbreiten. Die 620-DM-Regelung
ist der vorläufige Höhepunkt der Geisterfahrt.

Die Münchener „Abendzeitung“ schrieb unter der
Dachüberschrift „Kanzler Schröder ein Abstiegskandi-
dat?“ bezüglich der 620-Mark-Jobs: „Aufgepaßt Schrö-
der! Die Fans pfeifen schon.“ Wiederum die gleiche
Zeitung veröffentlichte die Prophezeiung:

Nun immerhin hat die Chaos-Truppe um Schröder,
Lafontaine und Clement gespürt, daß es so nicht
weitergehen kann.

Die deutsche Öffentlichkeit hat gehofft, es werde im
Laufe der Zeit besser. Ich muß leider feststellen: Nichts
hat geholfen. Die Menschen haben vergeblich auf eine
Besserung gehofft. Alles war vergebens, und es ist
schlimmer denn je geworden.

Bemerkenswert ist allerdings, wie sehr sich der Bun-
deskanzler selbst in die Neuregelung der 620- bzw. jetzt
630-DM-Arbeitsverhältnisse eingeschaltet hat. Er
selbst hat in der Aktuellen Stunde vom 19. November
1998 das Wort ergriffen und die wesentlichen Punkte
der Neuregelung verkündet. – All die Verrücktheiten,






(B)



(A) (C)



(D)


die jetzt entstanden sind, sind also nicht nur rotgrüne
Verrücktheiten, sondern Schröder-Verrücktheiten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Der Kanzler soll – er ist nicht anwesend – ja nicht so
tun, als könne er sich verstecken.


(Zuruf von der SPD: Das tut er doch auch nicht!)


Ich habe mir seine Rede vom 19. November 1998
noch einmal herausgesucht. In dieser Rede sagte er zum
Beispiel:

Diese Arbeitsverhältnisse bleiben steuerfrei, und
zwar unabhängig von weiteren Einkünften.

Es ist aber in dem vorliegenden Gesetzentwurf etwas
ganz anderes herausgekommen.

An einer anderen Stelle in seiner Rede führte er aus:
Aus diesen Leistungen heraus

– gemeint sind die Kranken- und Rentenversicherungs-
beiträge in Höhe von 10 bzw. 12 Prozent –

entstehen keine zusätzlichen Ansprüche.
Auch dies war nicht haltbar. Ich habe schon damals in
meinem Zwischenruf gesagt: „Das ist verfassungswid-
rig!“ – Man könnte noch weitere Punkte nennen. Es
fragt sich wirklich: Was ist das Wort des Bundeskanz-
lers eigentlich wert? Zusammenfassend kann man sagen:
Diese rotgrüne Politik ist eine Karikatur ihrer selbst, um
nicht zu sagen: eine wahre Realsatire. Damit kann der
Bundeskanzler ohne weiteres in jede Talk-Show und in
jede Unterhaltungssendung gehen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Noch ein Blick zurück:


(Konrad Gilges [SPD]: Sagen Sie einmal etwas zum Gesetz!)


– Lieber Herr Kollege Gilges, ich habe noch acht Mi-
nuten Redezeit. Sie müssen sich also schon noch einiges
anhören.


(Konrad Gilges [SPD]: Ich bin zwar für Polemik, aber das ist ein bißchen viel Polemik!)


Dieses Gesetz hat in seiner parlamentarischen Be-
handlung eine Kette von gebrochenen Versprechen er-
lebt. Noch in der letzten Legislaturperiode haben Sie
vorgeschlagen, die geringfügigen Beschäftigungsver-
hältnisse ab einem Arbeitsentgelt von zirka 90 DM im
Westen und zirka 77 DM im Osten in die Sozialversi-
cherung einzubeziehen. In der Regierungserklärung des
Bundeskanzlers hieß es dann, die Grenze für geringfü-
gige Beschäftigung werde auf 300 DM gesenkt; die
Pauschalsteuer solle aufgehoben werden. Am 9. No-
vember 1998 legten Sie dann einen Gesetzentwurf vor,
der aber weiterhin die Pauschalsteuer vorsah. Einen Tag
später nahmen Sie diesen wieder zurück.

Am 19. November 1998 unterbreitete Bundeskanzler
Schröder in der Aktuellen Stunde das besagte Konzept.
Entgegen der Regierungserklärung sollte die Geringfü-

gigkeitsgrenze nicht mehr auf 300 DM gesenkt werden.
Im Gegenteil, die Geringfügigkeitsgrenze in den westli-
chen Bundesländern sollte auf ganz Deutschland ausge-
dehnt werden. Die Pauschalsteuer sollte entfallen, und
die 630-Mark-Jobs sollten steuerfrei sein, unabhängig
von weiteren Einkünften. Aus den Arbeitgeberbeiträgen
in Höhe von 10 Prozent zur gesetzlichen Krankenversi-
cherung und 12 Prozent zur gesetzlichen Rentenversi-
cherung sollten keinerlei Leistungsansprüche für die Ar-
beitnehmer entstehen. Der vorgelegte Gesetzentwurf sah
aber keine Steuerfreiheit unabhängig von weiteren Ein-
künften vor. Ein 630-Mark-Job ohne Steuerabzug war
nur vorgesehen, wenn kein weiteres Einkommen erzielt
wurde.

Eine neue „Erfindung“ sollte nun das Abkassieren
erleichtern,


(Susanne Kastner [SPD]: Sagen Sie doch mal, was die CSU will?)


nämlich „Beiträge ohne Gegenleistungen“, Frau
Kastner. In der Anhörung zu Ihrem Gesetzentwurf wur-
de Ihnen von fast allen Seiten die Verfassungswidrigkeit
einer solchen Regelung vorgehalten. Am 23. Februar
1999 mußte Bundesminister Riester schließlich noch
einmal nachbessern. – Zusammengefaßt: ein heilloses
Durcheinander bei der Gesetzesentstehung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Susanne Kastner [SPD]: Was wollen Sie denn?)


Nun zu dem, was Sie da anrichten. Sie müssen gut
aufpassen, weil man fast nicht mehr durchblickt. Ich ha-
be heute einmal den Versuch unternommen, mir die Va-
rianten vom Arbeitsministerium bis ins Detail erklären
zu lassen. Das aber schaffen nicht einmal die Fachleute
im Bundessozialministerium; denn sie sind überfordert,
wenn es um die Details aller Varianten geht.

Sehen wir uns ruhig einmal einige Zahlen an! Neh-
men wir zunächst die Ehefrau eines freiberuflich Täti-
gen, die nicht Mitglied in der gesetzlichen Krankenver-
sicherung ist. Das ist zwar ein äußerst seltener, aber,
wenn man sich die Kosten des Arbeitgebers ansieht,
noch ein verhältnismäßig günstiger Fall. Für den Arbeit-
geber kommen zu den Kosten in Höhe von 630 DM nur
75,60 DM für die Rentenversicherung – 12 Prozent –
hinzu. Er zahlt also insgesamt 705,60 DM.

Nehmen wir jetzt einen anderen Fall, der schon we-
sentlich häufiger vorkommt: Nehmen wir jemanden, der
Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung ist,
der aber ausschließlich Einkünfte aus einer solchen ge-
ringfügigen Beschäftigung hat. Er verursacht dem Ar-
beitgeber durch die entsprechenden Beiträge zur Renten-
und Krankenversicherung schon Kosten in Höhe von
768 DM. Diese Beschäftigung ist damit schon teurer als
ein 630-Mark-Arbeitsverhältnis nach der bisherigen Re-
gelung, das 756 DM gekostet hat.


(Rudolf Bindig [SPD]: Das soll doch so sein!)

– Augenblick, warten Sie einmal meine Schlußfolgerung
ab!

Dr. Peter Ramsauer






(A) (C)



(B) (D)


Jetzt wird es immer komplizierter. Nehmen Sie nun
den Fall, daß jemand neben seiner hauptberuflichen Tä-
tigkeit hinzuverdient und die Variante der pauschalen
Besteuerung wählt. Er verursacht seinem Arbeitgeber
Kosten in einer Höhe von insgesamt 894 DM. Bei dem-
jenigen, der sich für die andere Variante entscheidet, für
die individuelle Besteuerung und für ein Splitting der
Sozialversicherungsbeiträge, sind es nur 737 DM. Wir
sehen schon, wie die Dinge auseinanderlaufen. Es lohnt
sich auch der Blick darauf, was denn beim Arbeitnehmer
ankommt. Ich nehme jetzt denjenigen, den ich gerade
beschrieben habe, der den Arbeitgeber 737 DM kostet,
der sich also für das hälftige Splitten der Sozialversiche-
rungsbeiträge – Rentenversicherung, Krankenversiche-
rung und Pflegeversicherung – entscheidet und der indi-
viduell versteuert. Er bekommt von seinen 630 DM,
wenn er in der Lohnsteuerklasse VI versteuert, 150 DM
abgezogen.


(Zurufe von der SPD)

– Ich möchte ganz bewußt einmal aufzeigen, wohin Ihre
Politik führt.


(Zuruf von der CDU/CSU: Hören Sie einmal zu, Herr Dreßen!)


Für den Sozialversicherungsbeitrag sind 107 DM zu
nennen. Er bekommt 373 DM ausbezahlt – und das bei
einem Aufwand für den Arbeitgeber in Höhe von
737 DM. Das heißt, durch Ihr Gesetz wird das geringfü-
gige Beschäftigungsverhältnis für den Arbeitgeber ten-
denziell sehr viel teurer, und beim Arbeitnehmer kommt
insgesamt weniger an. Da frage ich mich und vor allen
Dingen die Damen und Herren von der rotgrünen Koali-
tion: Wo bleiben da eigentlich Ihre Grundsätze und Ihre
Prinzipien im Hinblick auf Gerechtigkeit?


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Wo bleibt hier die Politik für den kleinen Mann, mit der
Sie bei der Bundestagswahl versucht haben, sich das
Vertrauen der Menschen in unserem Land zu erschlei-
chen?


(Widerspruch bei der SPD)

Ist denn eine solche Politik arbeitsplatzfördernd? Ich
glaube, die Kommentare und Anzeigen waren richtig,
besonders eine große Anzeige, die man in Zeitungen se-
hen konnte und in der es hieß: Diese Regierung schafft
Arbeitsplätze, aber sie schafft Arbeitsplätze im Ausland
und nicht in Deutschland.


(Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig!)

Aber eines bewirken Sie mit dieser Politik ganz be-

stimmt: Sie fördern die Schwarzarbeit. Das ist doch
genau unser Problem, nämlich im Bereich von Nebentä-
tigkeiten, dort, wo es darum geht, Arbeitsspitzen oder
Saisonarbeitsspitzen aufzufangen, die Schwarzarbeit
einzudämmen und die Menschen in reguläre Beschäfti-
gungsverhältnisse zu bringen. Genau das vereiteln Sie.
Sie treiben die Menschen da in die Schwarzarbeit hin-
ein; Sie kriminalisieren die Menschen, um sie dann hin-
terher rechtlich zu verfolgen.


(Widerspruch bei der SPD)


– Ja, in der Tat. Sie treiben die Menschen in die
Schwarzarbeit und wollen sie hinterher rechtlich verfol-
gen.


(Konrad Gilges [SPD]: Die Welt geht unter!)

Auch das gehört zu dem „Spaß“, den Sie damit noch ha-
ben werden.

Sie schlagen geradezu hinein bei der Beschäftigung
in Privathaushalten, einem Bereich, bei dem wir ohne-
hin froh sein müssen, wenn wir aus den Grauzonen her-
auskommen und die Menschen wenigstens in reguläre
geringfügige Beschäftigungsverhältnisse bringen kön-
nen. Wenn Sie sich die Diskrepanz zwischen dem, was
ein solches Arbeitsverhältnis den Arbeitgeber kostet,
und dem, was der Arbeitnehmer nach Hause bringt, an-
schauen, dann werden auch Sie einsehen, daß es in vie-
len Fällen so sein wird – das prophezeie ich Ihnen von
Rotgrün –,


(Konrad Gilges [SPD]: Weltuntergang!)

daß sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer tief in die Au-
gen schauen und die ganze Sache anders regeln.


(Zuruf von der SPD: Das tun sie heute auch schon!)


Das Gastgewerbe ist heute die Branche mit dem
höchsten Anteil an nebenberuflich Tätigen. Sie bereiten
hier dem Gastgewerbe, der Gastronomie, dem Touris-
mus, der ohnehin in Deutschland schwer zu leiden hat,
große zusätzliche Probleme – und das kurz vor dem
1. April, an dem die Saison beginnt. Das ist unverant-
wortlich. Ich sage nochmals: Sie werden Ihr blaues
Wunder erleben.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402513200
Herr Kollege Ram-
sauer, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen
Andres?


Dr. Peter Ramsauer (CSU):
Rede ID: ID1402513300
Ja, weil ich ihn
so gut kenne. Bitte sehr.


Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1402513400
Herr Kollege Ramsauer, kön-
nen Sie der Öffentlichkeit sagen, wie gegenwärtig die
Schätzungen hinsichtlich der Zahl der Beschäftigten in
Privathaushalten aussehen, wie viele dieser Beschäfti-
gungsverhältnisse ordentlich versteuert werden? Können
Sie weiter sagen, welche Vermutungen es dahin gehend
gibt, wieviel Schwarzarbeit da gegenwärtig stattfindet?


Dr. Peter Ramsauer (CSU):
Rede ID: ID1402513500
Herr Kollege
Andres, wir haben, als ich Sozialpolitiker war, sehr oft
über diese Dinge im Ausschuß gesprochen. Die Ver-
mutungen und Aussagen darüber gehen genauso weit
auseinander wie die offiziellen Zahlen über die gering-
fügige Beschäftigung insgesamt. Es gibt die Zahl
5,6 Millionen aus der IWS-Studie; es gibt die Zahl
6 Millionen, die die Kollegin Onur genannt hat. Der Mi-
krozensus des Statistischen Bundesamtes spricht von
1 Million. Das können Sie also so oder so sehen. Nur,
eines ist richtig – darüber sind wir uns hoffentlich alle

Dr. Peter Ramsauer






(B)



(A) (C)



(D)


miteinander einig –, nämlich daß wir gerade für den Be-
reich der Privathaushalte dafür sorgen müssen, daß wir
dort zu regulären, am besten voll sozialversicherungs-
pflichtigen Beschäftigungsverhältnissen kommen. Dar-
um geht es.


(Abg. Dr. Irmgard Schwaetzer [F.D.P.] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


– Herr Präsident, ich möchte jetzt in meinem Manuskript
fortfahren, weil meine Zeit ohnehin zu Ende geht.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402513600
Dann darf ich die
Kollegin bitten, wieder Platz zu nehmen.


Dr. Peter Ramsauer (CSU):
Rede ID: ID1402513700
Ich wollte noch
etwas zu den Zeitungsverlegern sagen. Was soll ei-
gentlich eine Frau sagen, die um 4 Uhr früh aufsteht und
Zeitungen austrägt, wenn sie in den nächsten Tagen zu
ihrem Arbeitgeber gerufen wird und ihr mitgeteilt wird:
„Du hast jetzt soundso viel Abzüge“?

Ihre Politik ist in vielen Bereichen ein Schlag ins Ge-
sicht der kleinen Leute, deren Vertrauen Sie sich er-
schlichen haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Das Stakkato der Ablehnungen von allen Fachleuten in-
klusive den Gewerkschaften, das Sie in den Anhörungen
erlebt haben, hätte Ihnen eigentlich viel früher zu den-
ken geben sollen.

Meine Damen und Herren, Bundeskanzler Schröder
hat in der Aktuellen Stunde im November gesagt: „Das
Bessere ist des Guten Feind.“ Es wäre besser gewesen,
etwas nicht ganz so Gutes – das ist wahr – zu belassen,
anstatt einen so verheerenden Pfusch anzurichten, mit
dem ich Ihnen von der rotgrünen Koalition noch viel
Spaß wünsche.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402513800
Ich gebe der Kolle-
gin Dr. Thea Dückert für die Fraktion Bündnis 90/
Die Grünen das Wort.


(Große Unruhe)



Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1402513900

Wenn Sie Ihre Diskussion beendet haben, kann ich
vielleicht mit meinem Beitrag beginnen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir wis-
sen alle – das zeigt sich auch hier an Ihren Aufgeregt-
heiten –: Dieses Gesetz war tatsächlich eine schwere
Geburt.


(Dirk Niebel [F.D.P.]: Eine echte Fehlgeburt!)

Es kann in der Tat nicht alle Probleme im Bereich der
geringfügig Beschäftigten lösen.


(Birgit Schnieber-Jastram [CDU/CSU]: Dann machen Sie es doch nicht mit!)


Insbesondere kann es – das sage ich am heutigen Inter-
nationalen Frauentag – die arbeitsmarktpolitischen Pro-
bleme von Frauen natürlich nicht lösen.


(Dirk Niebel [F.D.P.]: Nicht einmal annähernd!)


Das haben wir auch nicht versprochen.

(Birgit Schnieber-Jastram [CDU/CSU]: Doch! Das haben Sie versprochen!)

– Das haben wir nicht versprochen, weil es sich hier um
ein sehr differenziertes Problem handelt, zum Beispiel
im Hinblick auf Teilzeitarbeit, zum Beispiel im Hinblick
auf die Sozialversicherung. Es gibt in diesem Bereich
keine einfachen Lösungen. –


(Dr. Irmgard Schwaetzer [F.D.P.]: Das haben Sie aber im Wahlkampf immer behauptet!)


Dennoch haben wir uns an dieses Gesetz gemacht, und
wir haben, verglichen mit dem, was Sie von CDU/CSU
und F.D.P. uns im Bereich dieser prekären Beschäfti-
gung hinterlassen haben, eine erhebliche Verbesserung
erreicht.


(Julius Louven [CDU/CSU]: Welche denn? – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)


– Ich will Ihnen gerne sagen, welche, wenn Sie mich re-
den lassen.


(Dr. Irmgard Schwaetzer [F.D.P.]: Die Alleinerziehenden bestrafen Sie!)


Erstens. Wir haben die Stabilisierung der Sozialkas-
sen erreicht,


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Stimmt doch gar nicht! – Birgit Schnieber-Jastram [CDU/CSU]: Sie berechnen die Einnahmen, aber nicht die Ausgaben!)


wogegen natürlich die F.D.P. polemisiert, weil sie genau
dies nicht will.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Irmgard Schwaetzer [F.D.P.]: Fragen Sie doch einmal die Alleinerziehenden!)


Zweitens werden wir – davon bin ich fest überzeugt –
dem Mißbrauch und dem weiteren Aufwuchs bei den
geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen entgegen-
wirken,


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Birgit Schnieber-Jastram [CDU/CSU]: Ganz besonders in den neuen Bundesländern!)


und zwar durch mehrere Elemente, zum einen durch die
Begrenzung dieser Beschäftigungsverhältnisse auf
630 DM. Sie haben die Grenze doch wirklich floaten
lassen; innerhalb von zehn Jahren ist sie von 400 DM
auf über 600 DM gestiegen. Dadurch haben wir bis zu
6 Millionen geringfügige Beschäftigungsverhältnisse
bekommen. Das ist Ihre Frucht. Wir deckeln diese Ent-

Dr. Peter Ramsauer






(A) (C)



(B) (D)


wicklung. Ich denke, das wird dazu führen, daß dieser
Aufwuchs gestoppt wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Birgit Schnieber-Jastram [CDU/CSU]: Das ist schon allerhand!)


Zum anderen führen wir Kontrollmöglichkeiten in die-
sem Bereich ein.


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Das ist typisch: Kontrolle!)


Wir bringen ihn endlich aus der Grauzone heraus. Herr
Ramsauer hat gerade Beispiele genannt: Das Zahlen-
material in diesem Bereich gibt wirklich nur zu Speku-
lationen Anlaß. Des weiteren machen wir in der Tat die
Nebenjobs von Menschen, die sonst Hauptjobs ausüben,
durch die Besteuerung unattraktiver, und das auch ist
richtig. Ich glaube, daß wir auf diese Weise mittelfristig
diese Jobs eindämmen werden.

Die dritte Verbesserung ist, daß wir allen von der er-
sten Mark an den Zugang zur Rentenversicherung er-
öffnen. Da können Sie klagen, wie Sie wollen, daß der
Rentenanspruch zu gering sei: Es ist das erste Mal, daß
den geringfügig Beschäftigten überhaupt die Möglich-
keit gegeben wird, von der ersten Mark an in die Ren-
tenversicherung hineinzukommen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Die Stabilisierung der Sozialkassen, die Eindämmung
der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse, die Er-
öffnung des Zugangs zur Rentenversicherung und die
Meldepflicht, die Licht in die Grauzonen bringt – das
sind die Punkte, wegen derer wir diesem Gesetz zu-
stimmen.

Ich weiß ganz genau, daß wir uns mit dieser Debatte
natürlich in ein gesellschaftspolitisches Wespennest ge-
setzt haben. Hier treffen sehr unterschiedliche Interessen
aufeinander. Selbst auf seiten der Unternehmen gibt es
unterschiedlichste Interessen. Viele von ihnen verlangen
seit Jahren die Sozialversicherungspflicht für ihre ge-
ringfügig Beschäftigten, können sie aber nicht in die
Praxis umsetzen, weil andere Unternehmen beispiels-
weise die Pauschalsteuer auf ihre Beschäftigten abwäl-
zen. Das führt zu Billigkonkurrenz; dadurch werden
Wettbewerbsvorteile erschlichen.


(Julius Louven [CDU/CSU]: Das ist doch so gut wie nie geschehen, Frau Dückert! – Gegenruf des Abg. Konrad Gilges [SPD]: Doch, sicher!)


Es gibt auch andere Unternehmer, die den unkontrol-
lierten Aufwuchs dieser Beschäftigungsverhältnisse
wollen. Das unterstützen Sie von der CDU/CSU, aber
insbesondere natürlich auch Sie von der F.D.P.

Darüber hinaus gibt es die Interessen der Gewerk-
schaften und der Frauenpolitikerinnen, die eine opti-
male sozialversicherungspflichtige Absicherung für
Frauen anstreben. Die sind unruhig und wollen Druck
machen. Damit haben sie auch recht; denn mit dieser
Regelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse
erreichen wir nicht für alle Frauen eine zukunftsfeste

Alterssicherung. Das müssen wir im Zusammenhang mit
der Rentenreform systematisch angehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da tun die Gewerkschaften recht daran, uns Druck zu
machen. Da tun die Frauenpolitikerinnen recht daran,
uns Druck zu machen.


(Dirk Niebel [F.D.P.]: Ihnen hat jeder Druck gemacht! Die haben alle recht!)


Wir werden dem nachgehen. Aber wir haben im Bereich
der geringfügigen Beschäftigung alles getan,


(Birgit Schnieber-Jastram [CDU/CSU]: Wie bitte?)


um den Frauen erstmals überhaupt einen Zugang zur
Rentenversicherung zu eröffnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Natürlich ist dies ein ganz schwieriger politischer Kom-
plex. Natürlich ist viel Kritik geübt worden, natürlich
sind viele Änderungswünsche an uns herangetragen
worden, auch ein Kanzlerwort. Wir haben versucht, in
sachlicher Weise und mit kühlem Kopf


(Lachen bei der F.D.P.)

– übrigens auch in den Anhörungen – die Änderungswün-
sche und die Kritiken aufzunehmen und umzusetzen.


(Birgit Schnieber-Jastram [CDU/CSU]: Sie haben im Ausschuß Redeverbot erteilt!)


Darüber ärgern Sie sich.
Eine der Anregungen war für uns besonders schmerz-
lich: Das ist der Punkt, daß wir die Erweiterung der
Mitbestimmungsregelung für die Betriebsräte haben
zurücknehmen müssen.


(Julius Louven [CDU/CSU]: Warum das?)

– Wir haben Kritik von seiten der Gewerkschaften und
von seiten der Unternehmen bekommen, daß diese Re-
gelung in dieser Form nicht praxisgerecht sei.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402514000
Frau Kollegin Dük-
kert, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen
Meckelburg?


Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1402514100

Sie können Ihre Zwischenfrage stellen, Herr Kollege,
wenn ich mit diesem Komplex fertig bin. – Die Erweite-
rung der Mitbestimmungsregelung für Betriebsräte ist
aufgeschoben aber nicht aufgehoben.


(Jürgen Koppelin [F.D.P.]: Sie droht uns!)

Wir haben in den Anhörungen von den Gewerkschaften
den Anstoß bekommen, die Ausweitung der Mitbestim-
mungsregelung in der Novelle zum Betriebsverfas-
sungsgesetz umfassend umzusetzen. –


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Herr Kollege, Sie können jetzt gern Ihre Zwischenfrage
stellen.

Dr. Thea Dückert






(B)



(A) (C)



(D)



Wolfgang Meckelburg (CDU):
Rede ID: ID1402514200
Frau Kollegin,
Sie haben eben behauptet, daß Sie diese Gesetzesrege-
lung mit kühlem Kopf gemacht hätten. Wollen Sie
wirklich sagen, daß Sie all das, was Sie uns zugemutet
haben, mit kühlem Kopf gemacht haben: mehrere Vari-
anten eines Gesetzentwurfs; einen Gesetzentwurf, der
völlig anders aussah als der, den Schröder versprochen
hatte; Änderungsanträge, die erst zu Beginn der Aus-
schußsitzung auf dem Tisch lagen, mit denen gravieren-
de Dinge geändert werden sollten und die man gar nicht
richtig beraten konnte; ein Verfahren, das in einer Haus-
haltswoche Sondersitzungen, Nachtsitzungen erforderte;
Ihre Weigerung, mit kühlem Kopf eine zweite Anhörung
zu machen?


(Zurufe von der SPD: Ja!)



Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1402514300

Herr Kollege, ich komme aus einem Landtag. Vielleicht
ist die Praxis im Bundestag anders. Ich verstehe Anhö-
rungen und Diskussionen im Gesetzgebungsprozeß in-
nerhalb des Parlaments als diskursive Prozesse, als Pro-
zesse, in denen man Anregungen von Fachleuten auf-
nimmt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Meine Damen und Herren, ich sprach gerade zum
Thema Anhörungen. Wir haben dort auch zu anderen
Bereichen Anregungen bekommen, zum Beispiel zum
Verhältnis zwischen Beiträgen und Leistungen. Auch
hier haben wir die Regelungen verändert. Sie bekämpfen
das, ich denke aber, es war eine sinnvolle Veränderung.

Zur Krankenversicherung. Es werden nunmehr
Beiträge in die Krankenversicherung für diejenigen Per-
sonen gezahlt, die auch über die gesetzliche Kranken-
versicherung Leistungen bekommen. Das sind allerdings
99 Prozent der Beschäftigten. Hier stehen Beiträge und
Leistungen also einander gegenüber.

Der andere Bereich ist die gesetzliche Rentenversi-
cherung. Hier haben wir eine Erweiterung vorgenom-
men, die ich sehr positiv finde. Nunmehr ist hinzuge-
kommen, daß für den Arbeitgeberbeitrag von 12 Prozent
alle von der ersten Mark an anteilig dieser Einzahlung
Anrechte auf Entgeltpunkte und natürlich auch auf
Wartezeiten bekommen. Das ist eine gerechte und gute
Lösung. Sie ergänzt das, was wir speziell den Frauen
anbieten, daß sie, wenn sie ihren eigenen Arbeitnehme-
rinnenanteil bezahlen wie alle anderen in dieser Gesell-
schaft, die in der Rentenversicherung sind, dann einen
vollen Rentenanspruch mit Reha-Leistungen, mit Lei-
stungen bei Erwerbsunfähigkeit und Berufsunfähigkeit
erwerben. Das ist ein wirkliches Angebot. Wer hier be-
hauptet, es hätte sich für Frauen in diesem Bereich
nichts verändert, bei dem weiß ich nicht, wohin der
guckt und in welcher Welt der lebt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich denke, daß wir mit diesen Veränderungen die ver-
fassungsrechtlichen Probleme, die in der Tat vorhanden

waren – das ist in den Anhörungen deutlich geworden –,
ausgeräumt haben, und zwar gut ausgeräumt haben.

Geringfügige Beschäftigungsverhältnisse bleiben
aber erhalten, das ist wahr. Das ist oft ein Kritikpunkt in
unseren eigenen Reihen. Die Situation der Frauen selber
hat sich aber gerade durch diesen Rentenanteil verbes-
sert. Auch die Sozialkassen werden stabilisiert. Das sind
für uns wichtige Punkte, gerade in einer Zeit, in der die
Sozialkassen immer weiter ausgehöhlt werden.

Sie formulieren natürlich vielfältige Kritik. Sie wer-
fen uns beispielsweise vor, daß die Ausdehnung der ge-
ringfügigen Beschäftigungsverhältnisse erschwert wird.
Meine Damen und Herren, haben Sie denn noch immer
nicht begriffen, daß wir genau dies wollen? Das ist eine
berechtigte Kritik. Wir wollen die Ausweitung der ge-
ringfügigen Beschäftigungsverhältnisse erschweren.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ihr Widerstand und der der Wirtschaft zeigt mir gerade,
daß wir auf dem richtigen Weg sind.


(Dr. Irmgard Schwaetzer [F.D.P.]: Sie schaffen Arbeit ab!)


Wir haben mehrere Elemente in dieses Gesetz einge-
führt. Zum Beispiel die Meldepflicht, die nicht nur für
einen besseren Überblick sorgt, sondern auch dafür, daß
bestimmte Formen des Mißbrauchs und, wenn Sie so
wollen, bestimmte Formen der Schwarzarbeit unmöglich
gemacht werden. Sie wissen ganz genau, daß es Unter-
nehmen gibt, die auf dem Papier mehrere fiktive Perso-
nen führen und eine Arbeitskraft einstellen. Das ist eine
Form von Stellensplitting, eine Form von Schwarzarbeit,
die mit diesem Gesetz nicht mehr möglich sein wird.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Konrad Gilges [SPD]: Das leugnen die F.D.P.Leute natürlich!)


Sie haben sich eben darüber erregt, daß Nebenjobs
besteuert werden. Wo kommen wir denn hin, wenn wir
eine Steuerungerechtigkeit, die es über Jahre hinweg ge-
geben hat, immer weiter fortschreiben würden? Wie
kann es denn angehen, daß Menschen mit gleichen Ein-
kommen – nehmen wir einmal ein Einkommen von
3 000 DM – unterschiedlich hohe Steuern zahlen müs-
sen? Das verteidigen Sie auch noch. Die einen, die das
mit einem Job verdienen, und die anderen, die früher ih-
ren Job in geringfügige Beschäftigungsverhältnisse auf-
gespalten haben, haben unterschiedlich hohe Steuern
abgeführt. Es war falsch, daß das so war, und es ist rich-
tig, daß wir das hier verändert haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Rudolf Bindig [SPD]: Ungerechtigkeit wollen die doch!)


Meine Damen und Herren, genau dieser Komplex
wirkt sich natürlich auch auf Arbeitgeber aus, die bisher
die Pauschalsteuer abgewälzt haben. Die Arbeitskosten
werden höher. Das betrifft aber nur etwa ein Fünftel der
Beschäftigungsverhältnisse oder aber diejenigen, bei de-






(A) (C)



(B) (D)


nen die Nebenjobs versteuert und sozialversicherungs-
pflichtig werden.


(Julius Louven [CDU/CSU]: Er hat eben von 50 Prozent gesprochen! – Birgit SchnieberJastram [CDU/CSU]: Einigen Sie sich einmal über die Zahlen!)


Genau dieser Komplex führt dazu, daß es mittlerweile
Reaktionen gibt – sie wurden bereits angesprochen –,
geringfügige Beschäftigungsverhältnisse wieder in Voll-
zeit-, in vernünftige Beschäftigungsverhältnisse umzu-
wandeln. Diese Tendenz kündigt sich an, und ich bin
darüber wider all Ihren Unkenrufen sehr froh.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Die Minijobs bleiben erhalten – das ist wahr –, um
Auftragsspitzen und Schwankungen aufzufangen. Ein
einzelnes Arbeitsverhältnis bleibt auch für die Ar-
beitgeber billiger. Es ist auch so, daß in diesem Ge-
setz Ausnahmeregelungen erhalten bleiben, beispiels-
weise die Zweimonatsfrist oder die 50-Tage-Rege-
lung. Alles, was darunterliegt, ist nicht sozialabgaben-
pflichtig.

Das ist auch der Grund, warum die Aufregung, die
Sie von seiten der Zeitungsverleger transportieren, voll-
ständig an der Sache vorbeigeht. Das Jahr in der Bun-
desrepublik Deutschland hat 52 Wochen, und jemand,
der einmal in der Woche eine Zeitung austrägt und das
vielleicht zweimal im Jahr nicht macht,


(Dr. Irmgard Schwaetzer [F.D.P.]: Meiner kommt täglich! – Dirk Niebel [F.D.P.]: Jeden Tag!)


kann das weiterhin tun, ohne unter die Abgabenpflicht
zu fallen.


(Brigitte Baumeister [CDU/CSU]: Es gibt aber auch Zeitungen, die jeden Tag kommen!)


Was die Tageszeitungsausträger anbelangt, so erlaubt
das Gesetz Aushilfstätigkeiten und zeitlich begrenzte
Tätigkeiten für Studenten und Rentner. Das ist die
Gruppe der Beschäftigten, die diese Beschäftigungsver-
hältnisse eingeht. Wir haben versucht, den Zeitungsver-
legern entgegenzukommen. Das ist eine gerechte Lö-
sung, und mehr geht nicht.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Meine Damen und Herren, die F.D.P. regt sich über
unser Gesetz jetzt besonders auf, weil


(Birgit Schnieber-Jastram [CDU/CSU]: Weil Sie die Leute belogen haben!)


Sie nichts anderes wünschen, als die geringfügigen
Beschäftigungsverhältnisse auszudehnen, weil Sie die
Sozialversicherungspflicht nicht wollen. Ich sage Ihnen
nur: Ihre Kritik ist gerade an der Stelle, an der es um
die Renten geht, unglaubwürdig. Sie werfen uns vor, sie
seien zu niedrig; Sie wollen aber überhaupt gar keine
Sozialversicherungspflicht. Sie werfen uns ebenfalls vor,

daß die Beiträge, die bezahlt werden, um Rentenansprü-
che zu erwerben, zu hoch sind. Wie wollen Sie es denn?
Ich finde, Sie sitzen im Glashaus und werfen mit Stei-
nen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Irmgard Schwaetzer [F.D.P.]: Wir wollen das Bürgergeld!)


Wir haben mit diesem Gesetz vieles aufgegriffen und
manches noch nicht gelöst. Wir haben noch einiges vor
uns. Wir haben – davon sprach ich anfänglich – das gro-
ße Projekt der eigenständigen Absicherung von Frauen
im Alter noch nicht zum Abschluß gebracht. Dieses
Problem konnte noch nicht gelöst werden. Auch das
Problem der Teilzeitmauer ist noch nicht gelöst. Ich sage
Ihnen: Wir werden das durch eine Steuer- und Sozialre-
form in Angriff nehmen.


(Birgit Schnieber-Jastram [CDU/CSU]: Was haben Sie denn gelöst? – Dirk Niebel [F.D.P.]: Dann hätten Sie es besser gelassen!)


– Man kann das in vier Monaten nicht ordentlich ma-
chen. Wir werden diese Probleme durch eine Steuer-
und Sozialreform in Angriff nehmen, um im Bereich
der Teilzeitarbeit eine bessere soziale Absicherung der
Frauen zu erreichen.

Meine Damen und Herren, Sie tragen viele Argu-
mente vor, die vorgeschoben und falsch sind. Sie wissen
das auch sehr genau. Sie haben diese Argumente, die
beispielsweise Rentnerinnen und Rentner verunsichern,
auch in die Öffentlichkeit gebracht. Sie haben behauptet,
daß Kleinrentner mit diesem Gesetz zur Kasse gebeten
werden. Das ist nachweislich falsch, und das wissen
auch Sie.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ein Rentner mit einem Rentenanspruch von 60 000 DM
im Jahr wird einen 630-Mark-Job nicht versteuern müs-
sen. Das ist die Realität. Es ist wirklich an der Zeit, daß
Sie sich hier hinstellen und der Bevölkerung, der Sie
über die Zeitungen falsche Informationen geben, endlich
eine Aufklärung zukommen lassen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402514400
Frau Kollegin Dr.
Dückert, Sie haben Ihre Redezeit inzwischen um zwei
Minuten überschritten. Ich muß Sie jetzt doch bitten,
zum Schluß zu kommen.


Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1402514500

Ich danke Ihnen, Herr Präsident. Ich komme zum
Schluß.

Wir haben noch viel zu tun. Diesem Gesetz aber wer-
den wir zustimmen, weil es Verbesserungen bringt, weil
es Licht in den Dschungel der geringfügig Beschäftigten
bringt, weil es die 630-DM-Grenze festschreibt, die So-

Dr. Thea Dückert






(B)



(A) (C)



(D)


zialkassen stabilisiert und endlich allen einen Zugang
zur Rentenversicherung eröffnet.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402514600
Ich gebe der Abge-
ordneten Irmgard Schwaetzer, F.D.P.-Fraktion, das
Wort.


Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer (FDP):
Rede ID: ID1402514700
Herr Präsident!
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute befassen wir
uns mit einem weiteren Höhepunkt rotgrüner Regie-
rungskunst.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU – Beifall bei der SPD)


Dieses Wahlversprechen entpuppte sich mehr und mehr
als ein „Qualversprechen“. Ihr 630-Mark-Gesetz ist ein
Flop oder, wie Sie wollen, ein Trauerspiel in fünf Akten.

Erster Akt: Die Wahlsieger teilen ihre Geschenke aus,
zum Beispiel die Erhöhung des Kindergeldes. Die
Empfänger müssen sie allerdings selbst bezahlen; denn
die unselige Ökosteuer, die erst einmal eingeführt wird,
reicht leider nicht aus, um die in der Rentenversicherung
durch das Wahlversprechen, den Beitragssatz auf 19,5
Prozent zu reduzieren, aufgerissenen Löcher zu stopfen.
Also müssen die 630-Mark-Verträge in die Sozialversi-
cherungspflicht einbezogen werden.


(Peter Dreßen [SPD]: Das ist einfach falsch, Frau Kollegin!)


Diese zunächst von der Koalition geplante Verteuerung
der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse paßt wie-
derum weder dem Bundeskanzler noch dem SPD-
Vorsitzenden und Nachfrageapostel Lafontaine. Beide
bremsen das Projekt aus. Rotgrün legt eine Denkpause
ein.

Zweiter Akt: Der Bundeskanzler nutzt die Denkpau-
se, um zu großer Form aufzulaufen. Das sah am 19. No-
vember wie folgt aus: Von den 630 DM haben die Ar-
beitgeber sogenannte Pauschalbeiträge an die Renten-
und Krankenkassen zu zahlen, aber es soll keine Ge-
genleistung für die Versicherten geben. Alle 630-Mark-
Verträge sollten steuerfrei sein.


(Dirk Niebel [F.D.P.]: Das hat der Kanzler gesagt! – Jürgen Koppelin [F.D.P.]: Das hat er versprochen!)


Es sollte keine neuen Belastungen zum Beispiel für
Zeitungsverleger, Gastronomie und Handel geben.


(Jürgen Koppelin [F.D.P.]: Das hat er versprochen!)


– Das hat er versprochen. – Später sollten die Betriebs-
räte ein Vetorecht erhalten.


(Jürgen Koppelin [F.D.P.]: Hat er versprochen!)

Dritter Akt: Von allen Seiten hageln die Proteste.

Diesmal kann die SPD die Verantwortung nicht auf den
sonst so geliebten kleinen Koalitionspartner abwälzen,
weil alles von den SPD-Promis ausgedacht und in die

Welt gesetzt worden ist. Das allerdings hindert die Grü-
nen nicht, den ganzen Unfug lauthals zu verteidigen.


(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


In der ersten Lesung teilt uns die Koalition mit fester
Stimme mit, das alles sei verfassungsrechtlich geprüft.
Im übrigen sei es für unsere Sozialversicherung typisch,
daß Beiträge ohne Gegenleistungen erhoben würden.


(Dirk Niebel [F.D.P.]: Das haben sie gesagt! Das habe ich nachgelesen!)


– Das haben sie gesagt.
Vierter Akt: Der ersten Lesung folgt der schwarze

Sonntag, die Hessen-Wahl. Mit beachtlicher Geschwin-
digkeit steigt die rotgrüne Koalition von ihrem hohen
Roß herunter. Dann geht es los: ändern, ändern, ändern.
„Nachbesserung“ wird zum Wort des Jahres. Dabei be-
haupten sie immer noch, sie hätten alle Neuregelungen
verfassungsrechtlich genau geprüft. Aber dann kam die
Anhörung. Keiner der Sachverständigen hat auch nur
ein gutes Haar an ihren Regelungen gelassen. Kein wis-
senschaftlicher Sachverständiger – nicht einmal die Ge-
werkschaftler – hat ihnen bescheinigt, daß dieses Gesetz
praktikabel sei;


(Konrad Gilges [SPD]: Falsch!)

auch hat niemand gesagt, daß es verfassungsrechtlich
unbedenklich sei.


(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Als erstes bleiben die Vetorechte des Betriebsrats auf
der Strecke. Dann gibt es für den Pauschalbeitrag doch
Entgeltpunkte im Rentenrecht. Auch versucht man, sich
bei der Krankenversicherung aus den selbstgestrickten
Fangnetzen zu befreien. Die Bemühungen der rotgrünen
Reparaturkolonne stellen allerdings die Sinnhaftigkeit
des Vorhabens erst recht in Frage. Sie glauben, ein Pro-
blem zu lösen, und haben drei neue am Hals.


(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jürgen Koppelin [F.D.P.]: Das liegt auch an dem Arbeitsminister!)


Fünfter Akt: Jetzt will Rotgrün mit dem Kopf durch
die Wand, obwohl sie mit dem neuen Gesetz keines der
von ihnen propagierten Ziele erreichen.


(Zuruf von der SPD – Gegenruf des Abg. Dirk Niebel [F.D.P.]: Sie müssen doch einen Anspruch an Ihre Arbeit haben!)


Erstens wollen sie die Finanzgrundlagen der Sozialver-
sicherung stabilisieren, ohne die Flexibilität des Ar-
beitsmarkts zu beeinträchtigen.


(Rudolf Bindig [SPD]: Welches Modell schlagen Sie denn vor?)


– Darauf komme ich gleich, Herr Kollege. – In Wahrheit
fördern sie mit diesem Gesetz ausschließlich die
Schwarzarbeit.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU – Konrad Gilges [SPD]: Eine Behauptung ohne Substanz!)


Dr. Thea Dückert






(A) (C)



(B) (D)


– Darüber werden wir uns in drei Monaten unterhalten.
Sie werden es schon sehen.

Zweitens. Sie wollten den Schutz der beteiligten Ar-
beitnehmer verbessern. Tatsache ist: In der Krankenver-
sicherung: null Verbesserung; in der Pflegeversicherung:
null Verbesserung; in der Arbeitslosenversicherung: null
Verbesserung; und in der Rentenversicherung bescheren
Ihre neuen Entgeltpunkte dem Arbeitnehmer pro Bei-
tragsjahr eine Monatsrente von maximal 4,17 DM,


(Zuruf von der CDU/CSU: Almosen!)

aber erst, wenn sie die Wartezeit erfüllt haben, und die
beträgt 42 Jahre.


(Heiterkeit bei der F.D.P.)

Meine Damen und Herren von der Opposition, das ist
wirklich ein Punkt, bei dem man auf die Art der Bera-
tung im Ausschuß nur noch wütend sein kann.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

Ich habe dem Arbeitsministerium exakt diese Frage ge-
stellt. Das Arbeitsministerium hatte einen Tag Zeit, eine
Antwort darauf zusammenzubekommen. Als wir kurz
vor Mitternacht diese Frage wiederum mit dem Ar-
beitsministerium besprochen haben,


(Konrad Gilges [SPD]: Sagen Sie doch einmal Ihre Lösung!)


war ein Artikel in der „Welt“, in dem der VDR diese
Zahlen genannt hat, bereits gedruckt. Das Arbeitsmini-
sterium behauptete allerdings, man könne das nicht be-
rechnen.


(Dirk Niebel [F.D.P.]: Schlamperei!)

– Das ist nicht nur Schlamperei; meines Erachtens steckt
da Absicht hinter.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

Sie wollten überhaupt nicht wissen, was für einen Unfug
Sie beschließen, damit die Kritiker in Ihren Reihen nicht
noch weiter Zubrot bekommen.

Drittens. Der Kanzler hatte den Zeitungsverlegern
und anderen Wirtschaftsverbänden versprochen, bei den
630-Mark-Verträgen gebe es keine neuen Belastungen.


(Jürgen Koppelin [F.D.P.]: Hat er versprochen! – Birgit Schnieber-Jastram [CDU/CSU]: Hat er sich versprochen! – Heiterkeit bei der CDU/CSU)


Dazu kann man wirklich nur sagen: Wie versprochen, so
gebrochen.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

In Wahrheit ist die Ablösung der Lohnsteuerpau-
schale durch die Pauschalbeiträge natürlich eine Mehr-
belastung. Die Lohnsteuerpauschale war lediglich eine
Option für den Arbeitgeber, die Pauschalbeiträge sind
keine Option mehr, also eine zusätzliche Belastung.


(Lachen bei der SPD – Konrad Gilges [SPD]: Das ist ja interessant! Jetzt haben Sie die Katze aus dem Sack gelassen!)


– Das war nie ein Problem; das haben wir nie geleugnet.

(Konrad Gilges [SPD]: Weil der Arbeitgeber die Lohnsteuer auf die Arbeitnehmer abwälzen konnte!)


– Die Arbeitnehmer haben das in vielen Fällen sogar
gewünscht, weil das auch für sie auf der Steuerkarte
günstig war.


(Lachen bei der SPD und der PDS)

Jetzt komme ich zu den famosen Zeitungsausträgern,

Frau Dückert. Ich möchte gerne einmal sehen, wo ein
Zeitungsausträger das tägliche Austragen unserer
„FAZ“ oder Ihrer „taz“ zu einer Vollbeschäftigung ma-
chen kann. Der wird doch nicht die ganze Nacht her-
umlaufen, um 8 Stunden auf den Buckel zu bekommen.


(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Nach der Konstruktion dieser Arbeitsverhältnisse wäre
das auch gar nicht möglich. Das wird auch weiterhin in
Nebenbeschäftigung gemacht.


(Konrad Gilges [SPD]: Das waren doch früher alles Teilzeitbeschäftigte! Das ist umgewandelt worden!)


Das Versprechen Ihres Kanzlers war also schon an dem
Tag Makulatur, an dem er es den Zeitungsverlegern als
Zusage gegeben hat.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

So viel zu den Zusagen von Herrn Schröder.

Bei Ihnen stehen das Abkassieren und die Ideologie
im Vordergrund, und zwar – so sage ich einmal – beides
gleichgewichtig. Aber beides hilft dem Arbeitsmarkt
nicht auf, sondern beides führt nur – das werden Sie
auch bei Ihrem sogenannten Steuerentlastungsgesetz se-
hen; dieses Gesetz ist ein „Arbeitsplatzvernichtungsge-
setz“ – zum Rückgang der Beschäftigung in Deutsch-
land führen. Ich finde das schädlich.


(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Konrad Gilges [SPD]: Das glaubt Ihnen doch niemand, daß Sie sich für Arbeitnehmer und deren Arbeitsplätze einsetzen! Das ist doch pure Heuchelei!)


Viertens. Sie wollten Haushaltslöcher in den Sozial-
kassen wenigstens teilweise stopfen. Geblieben sind
1,3 Milliarden DM an Mehreinnahmen für die Kran-
kenversicherung, falls Ihre laufend geänderten Rech-
nungen denn heute überhaupt noch stimmen. Mit diesen
Mehreinnahmen kann es Ihnen allerdings nicht schnell
genug gehen. Am 1. April soll das Gesetz in Kraft tre-
ten, ohne Übergangsfrist und ohne daß Vertragspartner
auch nur den Hauch einer Chance haben, sich auf die
neuen Gegebenheiten einzustellen. Das allerdings ist neu
in der Sozialgesetzgebung Deutschlands, und es ist kein
Fortschritt.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

In der Rentenversicherung geraten Sie bereits mittel-

fristig ins Minus; denn die Entgeltpunkte für Ihre Pau-

Dr. Irmgard Schwaetzer






(B)



(A) (C)



(D)


schalbeiträge sind dynamisiert. Mit dem Festhalten der
Grenze bei 630 DM, also keiner Dynamisierung, wird – –


(Peter Dreßen [SPD]: Sie verstehen sehr wenig von der Rente, stelle ich fest!)


– Herr Dreßen, darüber könnten wir uns im Ausschuß
unterhalten, wenn Sie nicht immer dann Schluß der De-
batte beantragen würden, wenn es für Sie unangenehm
wird.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU – Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Eigentor!)


Die von Ihnen angegebenen Mehreinnahmen in der
Rentenversicherung sind also eine schlichte Falschbu-
chung. Dazu kommen die Finanzrisiken aus der Option.
Für 58,80 DM bekommt ein Arbeitnehmer vollen
Schutz, für den eine Krankenschwester lange arbeiten
und viel Dienst leisten muß.


(Konrad Gilges [SPD]: Das ist nur destruktiv!)

Alle Sachverständigen haben gesagt, daß dies eine
schwerwiegende Ungleichbehandlung ist. Ich bin einmal
gespannt darauf, ob das vor dem Verfassungsgericht Be-
stand haben wird.


(Konrad Gilges [SPD]: Alles nur destruktiv! Die F.D.P. hat sein Konzept! – Jürgen Koppelin [F.D.P.]: Nicht herumkrakeelen, nachdenken!)


Darüber hinaus belasten Sie die Gebietskörperschaften,
die bekanntlich im Geld schwimmen, mit Steuerausfäl-
len von insgesamt 2,1 Milliarden DM jährlich. Der Sal-
do ist also deutlich negativ.

Daß Rotgrün nicht rechnen kann, ist eine alte Er-
kenntnis.


(Jürgen Koppelin [F.D.P.]: Und leider wahr! – Konrad Gilges [SPD]: Und Sie können nur Reden halten, sonst gar nichts! – Ihr habt noch nicht einmal einen Entschließungsantrag!)


Aber daß Sie in den Ausschußberatungen offensichtlich
nicht einmal daran interessiert waren, die Konsequenzen
aus den Regelungen Ihres Gesetzes wirklich zu begrei-
fen, das verstört mich in der Tat fast; das muß ich Ihnen
schon sagen.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402514800
Frau Kollegin
Schwaetzer, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abge-
ordneten Seifert?


Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer (FDP):
Rede ID: ID1402514900
Ja, gern.


Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1402515000
Frau Kollegin Schwaetzer, Sie
haben sich gerade darüber aufgeregt, daß für die gering-
fügig Beschäftigten die gleichen Leistungen gewährt
würden wie für eine Krankenschwester, die sehr schwer
arbeiten muß. Wollen Sie allen Ernstes, daß jemand, der
nur einen solchen geringfügigen Job hat, keine Reha-
Leistungen, keine Erwerbsunfähigkeitsrente oder Ar-
beitslosenunterstützung bekommt, wenn es denn erfor-
derlich ist?


Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer (FDP):
Rede ID: ID1402515100
Herr Kollege, die
F.D.P. möchte eine nahtlose Regelung in bezug auf den
gesamten Sektor Niedriglohn, in den auch geringfügige
Beschäftigung und Teilzeitarbeit fällt. Wir haben dafür
einen Vorschlag gemacht, das Bürgergeld. Wir hätten
dieses alles gern konkreter mit Ihnen diskutiert.


(Konrad Gilges [SPD]: Das kann überhaupt keiner bezahlen! Das wissen Sie doch!)


– Darüber werden wir uns noch unterhalten. Es ist be-
zahlbar, und es wird bezahlbar sein. Zudem hat es ge-
genüber dem Stückwerk, das Sie hier vorlegen, wirklich
den Vorzug, eine Regelung aus einem Guß zu sein. Aber
Sie scheuen die Diskussion über den gesamten Niedrig-
lohnsektor, wenn Sie denn christlich wären, könnte ich
sagen: wie der Teufel das Weihwasser.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU – Dr. Ilja Seifert [PDS]: Sie müssen doch die Reha-Leistungen ebenfalls berücksichtigen, aber die kommen bei Ihnen gar nicht vor!)


– Das war die Antwort auf Ihre Frage. Ich möchte, daß
die abgesichert sind, aber in einem nahtlosen System.
Wir haben dafür einen Vorschlag gemacht.


(Rudolf Bindig [SPD]: 16 Jahre haben Sie nichts zuwegegebracht!)


Ich komme zum Schluß. Wie wir hören, macht Ihnen
das Regieren nach wie vor viel Freude.


(Konrad Gilges [SPD]: Insbesondere weil Sie nicht dabei sind!)


Das Publikum lacht über Ihre Scherzartikel allerdings
immer gequälter. Vielleicht sollten Sie sich in Zukunft
in der Tat etwas einfachere Aufgaben vornehmen. Bei
Kindergelderhöhungen können nicht einmal Sie viel
falsch machen. Dadurch würden Sie hilflose Ruder-
übungen vermeiden – hin und wieder zurück –, die Sie
jetzt in der Krankenversicherung und bei den Renten
veranstalten, die nur zu Verunsicherung und keineswegs
– dies bedaure ich – zu mehr Beschäftigung führen.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402515200
Ich gebe das Wort
Frau Dr. Knake-Werner, PDS-Fraktion.


Dr. Heidi Knake-Werner (PDS):
Rede ID: ID1402515300
Herr Präsident!
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum Glück ist am
Schluß der Rede von Frau Schwaetzer doch noch ein
bißchen neoliberale Soße gekommen; sonst hätte ich fast
die Befürchtung gehabt, daß wir uns, was die Einschät-
zung des vorliegenden Gesetzentwurfs angeht, ungeheuer
nahe sind.


(Dr. Irmgard Schwaetzer [F.D.P.]: Das hätte mich irritiert! – Zuruf von der CDU/CSU: Murks bleibt Murks!)


Liebe Kollegin Onur, Sie haben, als Sie hier vorhin
gesprochen haben, gesagt, Sie hätten Mut gezeigt, weil
Sie sich endlich mit der Neuregelung der geringfügigen
Beschäftigungsverhältnisse befassen. Da kann ich Ihnen

Dr. Irmgard Schwaetzer






(A) (C)



(B) (D)


nur ausdrücklich zustimmen. Aber ich sage auch: Mut
allein reicht nicht. Ein Konzept muß her, und zwar eines
und nicht fünf verschiedene, wie das bei Ihrem Gesetz-
entwurf der Fall ist.


(Beifall bei der PDS)

Die Einbeziehung der 630-Mark-Jobs in die Sozial-

versicherung – das wissen wir alle, die wir in der letzten
Legislaturperiode dafür gekämpft haben – und vor allen
Dingen das Stoppen des Mißbrauchs damit sind seit Jah-
ren überfällig. Insbesondere Frauenorganisationen und
Gewerkschaften haben das nachdrücklich unterstrichen.
Wir wissen auch, daß durch das Gezerre insbesondere
zwischen CDU/CSU und F.D.P. dieses Problem auf die
lange Bank geschoben wurde.


(Dirk Niebel [F.D.P.]: Wir haben nicht gezerrt!)


Tatenlos – das muß man Ihnen einfach vorhalten –
hat die Vorgängerregierung zugesehen, wie immer mehr
versicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse in ungesi-
cherte Beschäftigung umgewandelt wurden. Vor allem
die explosionsartige Zunahme der 630-Mark-Jobs ist
dabei die negativste Entwicklung. Sie geht eindeutig auf
Ihr Konto. Um an die vorangegangene Debatte anzu-
knüpfen: Es ist doch genau die Entwicklung, die zu La-
sten der Frauen geht.

Die Frauen sind es doch vor allem, denen überwie-
gend solche versicherungsfreien Jobs angeboten werden
und denen oft nichts anderes übrigbleibt, als sie anzu-
nehmen, wenn sie Kindererziehung und Erwerbstätigkeit
unter einen Hut bringen wollen. Allein im Handel, un-
strittig ein Frauenbereich, gibt es gegenwärtig – so
schätzt die HBV – 700 000 geringfügige Beschäfti-
gungsverhältnisse. Bei manchen Handelsketten machen
diese Jobs mehr als ein Drittel aus. Ich denke, dieser
Entwicklung muß unbedingt Einhalt geboten werden.
Ich sage Ihnen auf der rechten Seite dieses Hauses auch,
daß die Ausweitung der Ladenöffnungszeiten dabei
einen höchst unrühmlichen Beitrag geleistet hat. Auch
das geht auf Ihr Konto.


(Beifall bei der PDS)

Nun nimmt sich die Schröder-Regierung vor, die

weitere Zersplitterung des Normalarbeitsverhältnisses in
630-Mark-Jobs endlich zu stoppen und mehr sozialen
Schutz für die dort Beschäftigten zu schaffen. Jede be-
zahlte Erwerbsarbeitsstunde, so sagen Sie, soll nun end-
lich versicherungspflichtig werden. Vor allen Dingen
den Frauen versprechen Sie eine bessere Alterssiche-
rung, ohne sie zusätzlich zu belasten.

Das sind fürwahr ehrgeizige Ziele, die Sie verfolgen.
Sie hätten bei ihrer Durchsetzung mit unserer vollen
Unterstützung rechnen können. Aber damit kein Zweifel
aufkommt, sage ich Ihnen auch: Sie werden Ihre Ziele
mit dem vorgelegten Gesetzentwurf nicht erreichen. Ich
will ausdrücklich sagen: Niemand erwartet von Ihnen,
daß Sie alle Probleme gleichzeitig lösen. Aber man darf
doch wenigstens Schritte in die richtige Richtung er-
warten, wenn ein entsprechender Gesetzentwurf vorge-
legt wird. Auch in diesem Bereich nehmen Sie eher die

falschen Weichenstellungen vor. Ein solches Vorgehen
verdient jedenfalls unsere Unterstützung nicht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es muß doch auch
Ihnen in der Anhörung aufgefallen sein, daß es einen er-
heblichen Zweifel daran gibt, ob Sie mit der Festschrei-
bung der Geringfügigkeitsgrenze auf dem hohen Ni-
veau von 630 DM wirklich zur Eindämmung dieser Jobs
beitragen können. So sehr wir natürlich die Angleichung
der Niveaus in Ost und West begrüßen, so deutlich müs-
sen wir aber sagen, daß die von Ihnen geplante Anglei-
chung auf dem Niveau von 630 DM gerade für Ost-
deutschland das völlig falsche Signal ist.


(Beifall bei der PDS)

Wir befürchten, daß insbesondere dort eine neue Dy-

namik zur Umwandlung von Teilzeit- und Vollzeitar-
beitsplätzen in geringfügige Beschäftigungsverhältnisse
einsetzt. Sie müssen mir einmal erklären, was einen Ar-
beitgeber, der nun statt der Pauschalsteuer Pauschalab-
gaben in die Sozialkassen zu zahlen hat, von dieser
Umwandlung abhalten soll. Diese Belastung ist für ihn
immer noch geringer als die Belastung durch einen Teil-
zeitjob. Ich will aber auch hier ausdrücklich sagen, daß
ich es für richtig und gut halte, daß Sie endlich verhin-
dern, daß Arbeitgeber die Steuern auf die Beschäftigten
abwälzen können.

Mit der Beibehaltung der Geringfügigkeitsgrenze auf
diesem von Ihnen vorgesehenen Niveau – das ist unsere
Befürchtung – wird auf Dauer ein Niedriglohnsektor
etabliert, der auch in der nächsten Zeit weiter expandie-
ren wird und der Druck auf das Lohnniveau und auch
auf die Normalarbeitsverhältnisse ausüben wird. Meine
Befürchtung ist einfach, daß sich in der SPD die Hom-
bach-Linie durchgesetzt hat. Diese Linie kann man in
seinem Buch sehr gut nachlesen.

Wenn man sich nun schon für die Beibehaltung der
Geringfügigkeitsgrenze entscheidet, dann muß man we-
nigstens die Einbeziehung der unter ihr Beschäftigten in
die Sozialversicherung konsequent und nicht halbherzig,
wie Sie es tun, anpacken.

Wenn Sie sich an dem Grundsatz orientieren, daß je-
de bezahlte Arbeitsstunde versicherungspflichtig sein
soll, dann heißt das doch: Beiträge in alle vier Säulen
des sozialen Sicherungssystems, aber wenigstens eine
verbesserte Alterssicherung für Frauen. Genau das
wollten Sie doch regeln. Aber auch hier bleiben Sie
halbherzig.

Nach unserer Einschätzung schaffen Sie mit der vor-
gesehenen Regelung ein Rentenrecht zweiter Klasse,
weil dem 12prozentigen Anteil der Arbeitgeber zur
Rentenversicherung nur Teilansprüche gegenüberstehen
und die Frauen erst dann, wenn sie zuzahlen, einen vol-
len Anspruch an die Rentenversicherung haben. Gerade
Frauen, für die die 630-Mark-Jobs oft die einzige Ein-
nahmequelle sind, werden sich häufig aus finanziellen
Gründen diese Option nicht leisten können.


(Beifall bei der PDS)

Genau das werfe ich Ihnen vor: Ich werfe Ihnen einfach
vor, daß Sie faktisch für diejenigen keine Regelung tref-

Dr. Heidi Knake-Werner






(B)



(A) (C)



(D)


fen, die den Schutz der Rentenversicherung am aller-
meisten brauchen. Ihnen freizustellen, sich voll oder
zum Teil zu versichern, verstößt nun fürwahr gegen den
Schutzgedanken unseres sozialen Sicherungssystems.
Das können wir einfach nicht mittragen.

Wenn Sie schon die paritätische Finanzierung der
Rentenversicherung durchbrechen, dann hätten Sie den
Arbeitgebern bis zur Geringfügigkeitsgrenze beide Bei-
tragsanteile, also 19,5 Prozent, auferlegen können. Da-
mit hätten Sie wirklich einen Schritt für mehr soziale
Gerechtigkeit getan.


(Beifall bei der PDS)

Die Beiträge für die Krankenkassen dienen – das sagen
auch Sie sehr eindeutig – allein zur Schaffung neuer Fi-
nanzressourcen für die Krankenversicherung. Wir ha-
ben eine Menge anderer Vorschläge, wie Sie die Finanz-
ressourcen der Krankenversicherung verbessern können.
Heben Sie doch die Beitragsbemessungsgrenze an –,
oder verbreitern Sie die Basis der Beitragszahlungen zur
gesetzlichen Krankenversicherung, anstatt auch dieses
Problem noch auf dem Rücken der Geringstverdienen-
den zu lösen! Das können wir nicht mittragen. Zusätz-
lich vergessen Sie auch noch die Pflegeversicherung.
Deren Einbeziehung hätte nun wirklich geholfen.


(Dr. Gregor Gysi [PDS]: Und die Arbeitslosenversicherung!)


– Die Arbeitslosenversicherung ist der nächste Punkt,
den ich für äußerst kritikwürdig halte. Warum werden
die geringfügig Beschäftigten nicht in die Arbeitslosen-
versicherung einbezogen? – Sie wissen ganz genau, daß
das eine wirkliche Brücke für eine zukunftsfähige Per-
spektive dieser Beschäftigten gewesen wäre.

Ich sage Ihnen sehr deutlich: Die Regelung, die Sie
jetzt vorlegen, bedeutet keinen Schritt in die richtige
Richtung. Sie werden es nicht schaffen, die Zahl der
versicherungsfreien Beschäftigungsverhältnisse einzu-
dämmen. Sie werden es auch nicht schaffen, daß Frauen
mehr sozialen Schutz haben.

Noch ein Wort zur Besteuerung. Ich finde es richtig,
daß die Nebenverdienste besteuert werden. Aber erklä-
ren Sie mir einmal, warum Sie die Ehefrauen aus der
Regelung herauslassen, obwohl Sie ansonsten am Ehe-
gattensplitting festhalten! Wenn Sie die Ehefrauen in
dieser Situation steuerlich begünstigen, dann sorgen Sie
dafür, daß ebendiese Frauen in der 630-Mark-Job-Falle
festgehalten werden. Sie zementieren die Rolle dieser
Frauen als traditionelle Zuverdienerinnen. Das ist weder
sozial noch emanzipatorisch.


(Beifall bei der PDS)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402515400
Frau Kollegin, ich
muß auch Sie bitten, jetzt Ihre Rede zum Abschluß zu
bringen.


Dr. Heidi Knake-Werner (PDS):
Rede ID: ID1402515500
Ich bin sofort fer-
tig. – Ich hätte mir genauso wie viele Frauen, die uns
heute zuschauen, gewünscht, heute das unsägliche Ka-
pitel der 630-Mark-Jobs durch beschäftigungspolitisch

sinnvolle Regelungen und durch mehr soziale Sicherheit
für Frauen schließen zu können. Das wäre das geeignete
Signal zum Internationalen Frauentag gewesen. Diese
Chance haben Sie vertan. Deshalb stimmen wir gegen
Ihren Gesetzentwurf.


(Beifall bei der PDS)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402515600
Ich gebe das Wort
der Abgeordneten Ingrid Fischbach von der CDU/CSU-
Fraktion.


Ingrid Fischbach (CDU):
Rede ID: ID1402515700
Herr Präsident!
Meine Damen und Herren! Ich höre heute noch die
vollmundigen Wahlversprechungen der SPD. Die Kol-
legin Onur hat gerade die Auffassung vertreten, sie seien
eingelöst. Ich sage Ihnen gleich, daß und warum Sie sie
nicht eingelöst haben.

Mir klingt allerdings noch in den Ohren: Wir werden
nicht alles anders – das war schon klug, aber dann kam
ein Zusatz –, aber vieles besser machen. – Meine Damen
und Herren von der SPD-Fraktion: Der Gesetzentwurf,
den Sie heute vorlegen, ist kein Beleg für „besser ma-
chen“. Deshalb sage ich Ihnen: Lassen Sie es sein; Sie
können es nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Diese Vorlage ist nicht besser, sondern ein Armutszeug-
nis.


(Beifall bei der CDU/CSU – Konrad Gilges [SPD]: Ihr habt doch 16 Jahre gar nichts gemacht! Unfähig wart ihr doch! – Gegenruf des Abg. Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Herr Gilges, Sie brauchen Valium!)


– Wenn Sie mir jetzt bitte einmal zuhören, Herr Gilges,
dann sage ich Ihnen, was wir gemacht haben. – Kein
Gesetzentwurf wurde so oft mit unterschiedlichen In-
halten vorgetragen wie dieser. Der wievielte Entwurf ist
das eigentlich? Der vierte? Oder kommt gleich noch der
Kanzler und bringt uns den fünften? Ich weiß es nicht.


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Es ist auch noch nicht der letzte!)


Kein Gesetzentwurf ist in einer Anhörung so nieder-
gemacht und abqualifiziert worden wie dieser. Hat über-
haupt ein Sachverständiger ein gutes Haar an dieser
Vorlage gelassen? Ich kann mich nicht erinnern.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)


Kein Gesetzentwurf hat das Chaos und das Unvermögen
einer Regierung so deutlich gemacht wie dieser, obwohl
diese Vorlage durchaus große Konkurrenz bekommen
könnte: Ich denke an das Steuerentlastungsgesetz, über
das wir heute morgen debattiert haben, und an die Öko-
steuer, über die wir gestern diskutiert haben. – Chaos
hoch drei.

An das Chaos im Familienausschuß gestern will ich
gar nicht mehr erinnert werden. Wir sollten über Ände-
rungen an dieser Vorlage entscheiden, von denen die
Kolleginnen der Regierungskoalition sagten: Wir wissen

Dr. Heidi Knake-Werner






(A) (C)



(B) (D)


nicht genau, wie die Änderungen aussehen; aber das ist
auch noch nicht so wichtig, die Änderungen kommen
heute nachmittag; wir entscheiden schon einmal. Dann
wurde flugs ein Änderungsantrag auf den Tisch gelegt.
Dieser Änderungsantrag wurde wieder geändert. – Die-
ses Chaos ist nicht mehr zu überbieten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Ich möchte Ihr Unvermögen auch noch an anderen

Stellen deutlich machen.

(Birgit Schnieber-Jastram [CDU/CSU]: Das ist in Ordnung!)

Sie, meine Damen und Herren der Regierungskoalition,
werden die Ausweitung der geringfügigen Beschäfti-
gungsverhältnisse nicht eindämmen. Sie werden auch
den Mißbrauch durch Ihre Kontrollmaßnahmen nicht
ausschalten. Sie werden genauso die Ausweichreaktio-
nen in den Bereich der Schwarzarbeit nicht verhindern.
Sie werden auch nicht ein weiteres Aufsplitten der Ar-
beitsverhältnisse verhindern. Vor allem geben Sie Frau-
en – gerade heute haben wir Berichte und Wortmeldun-
gen zum Internationalen Frauentag gehört –, die vorran-
gig in diesen Beschäftigungsverhältnissen arbeiten, mit
dieser Vorlage keine Option auf eine verbesserte Al-
terssicherung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Durch die Anhebung der Geringfügigkeitsgrenze

in den neuen Bundesländern von 530 DM auf 630 DM
wird meines Erachtens der Anreiz zu Minijobs noch er-
höht. Ich bin sicher, daß es in den neuen Bundesländern
zu einer deutlichen Ausdehnung von geringfügigen Be-
schäftigungsverhältnissen kommen wird.


(Birgit Schnieber-Jastram [CDU/CSU]: So ist es!)


Sie haben das Problem der Frauen, die in diesen ge-
ringfügigen Beschäftigungsverhältnissen arbeiten, ganz
korrekt dargestellt. Ich muß Sie insofern loben, als Sie
erkannt haben, daß vorrangig Frauen betroffen sind.
Aber, meine Damen von der SPD und von den Grünen,
wo sind eigentlich Ihre Forderungen der letzten Jahre
geblieben?


(Doris Barnett [SPD]: Wo sind Sie geblieben? Sie haben 16 Jahre nichts getan!)


– Frau Kollegin, ich war noch nicht Mitglied in diesem
Hause; deswegen konnte ich nicht dabeisein. – Wer hat
Ihnen eigentlich den Mund verboten? Durften Sie sich
nicht mehr äußern und einbringen? Meine Damen der
SPD-Fraktion, hat Ihnen der Fraktionschef wie damals
in der entsprechenden Sitzung wieder einen Maulkorb
verhängt? – Ich muß es fast annehmen; denn dieser Ge-
setzentwurf ist eine Ohrfeige für die Frauen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Gerade Sie, meine Damen und Herren der Regie-

rungskoalition, die Sie sich immer als d ie Frauenpoliti-
kerinnen und Frauenpolitiker darstellen, lassen die Frau-
en nun im Regen stehen. Diese merken das.


(Zuruf der Abg. Ulla Schmidt [Aachen] [SPD])


Ich zitiere – hören Sie bitte einmal zu –:
... mit großer Empörung mußten wir zur Kenntnis
nehmen, daß die Bundesregierung beabsichtigt, an
einem geteilten Beschäftigungssystem mit Arbeit-
nehmerinnen erster und zweiter Klasse festzuhal-
ten.

Und weiter:
Mit der jetzigen Regelung besteht der allseits be-
klagte graue Arbeitsmarkt fort, der illegalen und
nicht existenzsichernden Arbeitsverhältnissen Tür
und Tor öffnet.

Und zu guter Letzt:
Die derzeit von Ihnen

– damit sind Sie gemeint, meine Damen und Herren von
der Regierungskoalition –

geplanten Maßnahmen
– man höre und staune –

werden nicht zum sozialen Frieden beitragen und
müssen – gemessen an den Ankündigungen im Ko-
alitionsvertrag –

(Peter Dreßen [SPD]: Wer sagt denn das?)


– warten Sie, das kommt; seien Sie nicht so neugierig;
ich bin gleich fertig –

als gewaltige Mogelpackungen bezeichnet werden.
Diese Worte – jetzt komme ich darauf, Herr Kollege –
stammen aus der Feder der Geschäftsführerin der Lan-
desarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros und
Gleichstellungsstellen Nordrhein-Westfalen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Thomas Strobl [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


Das war eine Ihrer Mitstreiterinnen. Ich muß sagen, daß
diese Worte für Sie vernichtend sind.

Meine Damen und Herren, wenn Sie schon der Oppo-
sition nicht glauben und unsere Vorschläge nicht ernst
nehmen – auf viele Teile, die Sie jetzt geändert haben,
sind wir bereits in den Ausschüssen zu sprechen ge-
kommen und haben Sie darauf hingewiesen –, glauben
Sie doch wenigstens Ihren Vertrauten. Glauben Sie die-
ser Geschäftsführerin! Glauben Sie dem Deutschen
Frauenrat, der Ihren Gesetzentwurf ebenso verwirft!
Glauben Sie doch Ihrer Ministerpräsidentin Simonis!
Tun Sie mir den Frauen zuliebe den Gefallen!

Ihre Neuregelung stellt keine Brücke in reguläre so-
zialversicherungspflichtige Beschäftigung dar; sie
wird genau das Gegenteil bewirken.


(Konrad Gilges [SPD]: Warten Sie mal ab!)

– Ich kann warten. – Ihr Gesetzentwurf fördert die so-
ziale und wirtschaftliche Eigenständigkeit der Frauen
nicht. Er wirkt dem völlig entgegen.

Meine Damen und Herren von den Regierungspartei-
en, diese Regelung wird nicht zum sozialen Frieden bei-
tragen. Wie soll man der alleinerziehenden Mutter, die

Ingrid Fischbach






(B)



(A) (C)



(D)


einen 630-Mark-Job angenommen hat, um für sich und
ihr Kind etwas dazuzuverdienen, denn erklären, daß sie
nun Steuern zahlen muß, während die Ehegattin eines
gutverdienenden Mannes keine zahlen muß? Ich greife
jetzt einmal das Frauenbild unseres Kanzlers auf: Ich
könnte mir vorstellen, daß Frau Schröder-Köpf als
selbstbewußte Frau auch ein paar Mark zum Urlaub da-
zuverdienen will. Wenn sie aber eine 630-Mark-
Beschäftigung dazu annähme, bräuchte sie dafür keine
Steuern bezahlen.


(Erika Lotz [SPD]: Das ist doch albern!)

Wie können Sie, die Sie uns ständig vorwerfen, wir hät-
ten die soziale Gerechtigkeit aus den Augen verloren, so
unsozial handeln?


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402515800
Frau Kollegin
Fischbach, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kolle-
gin Dr. Dückert?


Ingrid Fischbach (CDU):
Rede ID: ID1402515900
Ich möchte auf die
Zwischenfrage verzichten, weil das meine erste Rede ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Ich bin davon überzeugt, daß Sie hier nicht nur unso-

zial, sondern auch verfassungswidrig handeln. Sie wer-
den, wie schon beim Verstoß gegen das Äquivalenzprin-
zip, die Verfassungswidrigkeit früher oder später erken-
nen.

Meine Damen und Herren, der von der Koalition vor-
gelegte Gesetzentwurf zur Neuregelung der geringfügi-
gen Beschäftigungsverhältnisse ist ein Schritt in die fal-
sche Richtung. Das Ziel, mehr versicherungspflichtige
Beschäftigung zu schaffen, wird damit nicht erreicht.


(Thomas Strobl [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

Der „Tagesspiegel“ schrieb – auch das kommt nicht

von ungefähr – am 26. Februar 1999:
Das Projekt „Reform der Mini-Jobs“ ist gut ge-
meint, führt aber ins sozialpolitische Nichts. Das
Beste für alle wäre

– jetzt hören Sie gut zu, Herr Kollege –,
die Regierung zöge den ganzen Schlamassel zurück
...

(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)


Der „Tagesspiegel“ hat recht: Ziehen Sie den ganzen
Schlamassel zurück, und stimmen Sie unserem Antrag
zu!

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge ordneten der F.D.P.)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402516000
Das war, wie bereits
gesagt, die erste Rede der Kollegin Fischbach. Ich darf
ihr im Namen des Hauses dazu gratulieren.


(Beifall)


Nun gebe ich das Wort dem Kollegen Peter Dreßen
von der SPD-Fraktion.


Peter Dreßen (SPD):
Rede ID: ID1402516100
Herr Präsident! Meine Damen
und Herren! Sie von der Opposition haben sich ja unsere
Gesetzesvorlage sehr kritisch und scharf vorgenommen.
Das ist auch Ihr gutes Recht.


(Thomas Strobl [CDU/CSU]: So wie sie es verdient!)


Ich möchte aber doch einmal feststellen, daß gerade Sie
der Auslöser dafür waren, weshalb das Gesetz jetzt in
der Form zur Beratung ansteht.


(Birgit Schnieber-Jastram [CDU/CSU]: Das glauben Sie doch selber nicht! So ein Unsinn!)


Jeder, der ein wenig Ahnung von unserem Sozialver-
sicherungswesen hat, weiß, daß zur Finanzierung des-
selben allein der Faktor Arbeit zählt.


(Birgit Schnieber-Jastram [CDU/CSU]: Sie reden ja viel Unsinn, aber das ist nun wirklich noch eine Steigerung!)


Ihre Partei hat in den letzten 16 Jahren die Bemessungs-
grundlagen permanent verengt, gnädige Frau; so ist es,
auch wenn Sie noch so schreien. Sie hat zugelassen, daß
1 Million Menschen, die eigentlich sozialversicherungs-
pflichtig arbeiten, zur Scheinselbständigkeit gezwungen
wurden, nur um das eine Ziel zu erreichen: Sozialversi-
cherungsbeiträge zu sparen. Sie haben zugelassen, daß
normale Arbeitsverhältnisse in sogenannte 630-Mark-
Jobs aufgestückelt wurden. Auch hier war das einzige
Ziel, Sozialversicherungsbeiträge zu sparen.

Das bedeutete, daß Sie mit der Zeit ein Einnahme-
problem bekamen, das die jetzige Koalition lösen muß.
An die 4 Millionen Arbeitslosen will ich in diesem Zu-
sammenhang gar nicht denken. Sie begegneten diesem
Problem, indem Sie schlicht das Arbeitslosengeld und
die Arbeitslosenhilfe gekürzt haben. In der Krankenver-
sicherung haben Sie die Mehrkosten auf die Patienten
verlagert; Stichworte: Lohnfortzahlung und Zuzahlung
bei den Medikamenten. In der Rentenversicherung
wollten Sie das Rentenniveau von 70 auf 64 Prozent
senken. Weil das alles noch nicht ausgereicht hat, muß-
ten Sie zusätzlich die ordentlichen Arbeitsverhältnisse,
die noch bestanden haben, mit höheren Beiträgen bele-
gen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das war alles sehr gut!)


Sie werden verstehen, daß die Koalition von SPD und
Grünen diesen Weg nicht gehen wird.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir versuchen mit dem Gesetz, das wir Ihnen nun vor-
legen, die Bemessungsgrundlage dadurch zu erweitern,
so daß wieder alle, die arbeiten, entsprechende Beiträge
in die Sozialversicherung zahlen.

Ingrid Fischbach






(A) (C)



(B) (D)


Es mag sein, daß dies noch immer nicht ausreicht, um
die Finanzen der Sozialversicherung wieder zu ordnen.


(Konrad Gilges [SPD]: Zerrüttete Finanzen der Sozialversicherung habt ihr uns hinterlassen!)


Aber Sie wissen auch, daß wir angekündigt haben, in
den drei großen Bereichen – Rente, Krankenversiche-
rung und Arbeitslosenversicherung – Strukturreformen
durchzuführen, in aller Ruhe und Gelassenheit und nach
Gesprächen mit allen Bevölkerungsgruppen. Im Gegen-
satz zu Ihnen werden wir die Probleme nicht nur auf
dem Rücken der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
austragen. Das ist der große Unterschied zwischen Ihnen
und uns.


(Beifall bei der SPD – Konrad Gilges [SPD]: Ihr habt sie ausgepreßt!)


Nun darf ich einmal zu dem Antrag kommen, den
Sie uns vorgelegt haben. Da lese ich:

Die geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse ha-
ben sich bewährt und müssen erhalten bleiben.

Diesen Satz liest man im ersten Teil Ihres Antrages. Im
zweiten Teil, wo es heißt: „Der Bundestag wolle be-
schließen“, steht dann:

Eine Reform der geringfügigen Beschäftigungsver-
hältnisse ist notwendig.

Was trifft nun zu? Sind die geringfügigen Beschäfti-
gungsverhältnisse in Ordnung, oder müssen sie refor-
miert werden?


(Brigitte Baumeister [CDU/CSU]: Intelligent!)

Und wenn, dann sagen Sie doch einmal, wie. Wenn sich
die 630-Mark-Jobs so großartig bewährt haben, meine
Damen und Herren von der CDU/CSU, wozu wollen Sie
dann eine Reform? Sie widersprechen sich in Ihrem ei-
genen Antrag.

Uns nun wegen einiger Änderungen vorzuwerfen, wir
wüßten nicht, was wir wollen, finde ich schon merkwür-
dig.


(Dr. Irmgard Schwaetzer [F.D.P.]: Sie wissen ja nicht einmal, was Sie heute beschließen!)


Sie müssen sich doch erst einmal entscheiden, was Sie
wollen. Wir haben uns entschieden.


(Dr. Irmgard Schwaetzer [F.D.P.]: Sie haben sich entschieden: Augen zu und durch!)


Unter Punkt 2 Ihres Antrages schreiben Sie, daß eine
Lösung des Problems nur im Rahmen eines Gesamtkon-
zepts erfolgen könne.


(Birgit Schnieber-Jastram [CDU/CSU]: Jawohl! Das ist der Punkt!)


– Das finde ich nun wirklich lustig, Frau Schnieber-
Jastram. 16 Jahre waren Sie an der Regierung und hätten
ein Gesamtkonzept erstellen können, 16 Jahre hätten Sie
Zeit gehabt, um den Betroffenen zu helfen! Doch dazu
waren Sie nicht in der Lage. Daraus, daß Sie uns nun
vorwerfen, das sei alles nichts, spricht, so empfinde ich,

einfach nur der pure Neid darüber, daß diese Koalition
jetzt zügig umsetzt, was sie im Wahlkampf versprochen
hat.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Birgit Schnieber-Jastram [CDU/CSU]: Es ist wirklich kein Neid!)


Es ist wahr: Dieses Gesetz hat in der parlamentari-
schen Beratung einige Veränderungen erfahren. Aber –
das ist auch heute morgen bei der Steuerdebatte schon
deutlich geworden – dies ist auch ein neuer politischer
Stil, den wir verwirklichen wollen.


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Hilfe!)

Wenn uns Sachverständige während der Beratung sagen,
daß es da oder dort verfassungsrechtliche Bedenken
gibt, oder Vorschläge machen, die schlicht besser sind,
dann nehmen wir das ernst.


(Birgit Schnieber-Jastram [CDU/CSU]: Ende der Debatte!)


Es ist uns zum Beispiel – ich sage Ihnen das ganz offen
– nicht leichtgefallen, den ursprünglichen Art. 10, mit
dem wir die Betriebsräte stärker beteiligen wollten, er-
satzlos zu streichen. Aber wenn uns Gewerkschaften
und Arbeitgeber signalisieren, daß wir diesen Artikel
streichen sollten, ist es für uns eine Verpflichtung, dar-
über nachzudenken und entsprechend zu handeln.


(Siegfried Hornung [CDU/CSU]: Sie hätten vorher denken sollen! – Gegenruf des Abg. Konrad Gilges [SPD]: Das ist der frühe Denker!)


Ähnlich erging es uns bei der Steuerfrage. Das war
vorhin auch das Thema von Frau Schwaetzer. Auch hier
haben Wissenschaftler und Fachverbände geraten, das
Ganze etwas anders zu gestalten. Auch hier haben wir
meines Erachtens richtig gehandelt. Uns nun vorzuwer-
fen, das Gesetz werde alle fünf Minuten geändert, ist
grotesk.


(Lachen bei der CDU/CSU – Zuruf von der CDU/CSU: Alle zwei Minuten!)


Im Interesse der Sache haben wir versucht, bei den An-
hörungen hinzuhören und entsprechend zu handeln.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wenn ich da an die Anhörungen in Ihrer Zeit denke,

dann wird mir wirklich schwarz vor Augen, weil Ihnen
Sachverständige, Wissenschaftler sowie Vertreter der
Gewerkschaften und der Arbeitgeber sagen konnten,
was sie wollten – Sie haben nicht einen Punkt, nicht ein
Komma geändert. Also auch hier entsteht ein neuer po-
litischer Stil, und das ist auch so in Ordnung.


(Beifall bei der SPD – Thomas Strobl [CDU/CSU]: Wenn das der neue politische Stil ist, dann Glückwunsch!)


Wir haben nicht den Anspruch, allwissend zu sein.
Wenn das so wäre, bräuchten wir ja keine Anhörungen.
Seien Sie doch froh, wenn Anhörungen in der Zukunft

Peter Dreßen






(B)



(A) (C)



(D)


wieder als Beratung des Parlamentes ernst genommen
werden.


(Birgit Schnieber-Jastram [CDU/CSU]: Sie sind es doch, die die Parlamentarier nicht ernst nehmen!)


Dennoch: Dieser Gesetzentwurf führt dazu, daß auf
dem Arbeitsmarkt wieder mehr Ordnung herrscht. Da-
bei hatten wir – zugegeben – von Anfang an einen Spa-
gat machen müssen: Wir wollten die Arbeitgeber nicht
zusätzlich belasten. Der Arbeitgeber, der in der Vergan-
genheit die 20prozentige Lohnpauschale einschließlich
der Kirchensteuer gezahlt hat, wird in Zukunft keine
großen Mehrbelastungen haben. Derjenige allerdings,
der sich bisher meines Erachtens unsozial verhalten hat,
den werden wir mit diesem Gesetz treffen. Aber der an-
dere hat, wie gesagt, keinerlei Probleme.


(Julius Louven [CDU/CSU]: Herr Dreßen, da gibt es Tarifverträge!)


Ich weise darauf hin: Auch im Bereich der Zeitungs-
verlage gibt es solche, deren Zeitungen am Morgen von
Arbeitnehmern in ordentlichen Beschäftigungsverhält-
nissen ausgetragen werden.


(Thomas Strobl [CDU/CSU]: Die Zeitungsverlage müssen Sie einmal nennen!)


Die Kreativität mancher Zeitungsverleger ist so groß,
daß sie dies schaffen. Ich finde, die anderen Verlage
sollten überlegen, ob sie das nicht auch tun können.
Deswegen sollte man diesbezüglich nicht allzu viele
Krokodilstränen vergießen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Im übrigen muß ich eines feststellen: Wir haben am
27. September letzten Jahres die Wahl gewonnen, weil
viele Menschen gesagt haben: Ihr in Bonn müßt etwas
bewegen. Da muß sich etwas verändern. Der Reformstau
muß aufgelöst werden.


(Widerspruch von der CDU/CSU und der F.D.P.)


Nun tun wir das, und natürlich sagt jeder, den wir ein
bißchen bewegen: Laßt mich stehen, bewegt den ande-
ren.


(Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Zur CDU/CSU und zur F.D.P.!)


Das ist verständlich. Aber wir werden ein paar bewegen;
da habe ich überhaupt keine Bedenken.


(Konrad Gilges [SPD]: Aber die wollen nicht bewegt werden! Die stecken noch immer im Reformstau!)


Zurück zu den Arbeitnehmerrechten. Auch diesbe-
züglich haben wir eine Verbesserung erreicht, und zwar
bei all den geringfügig Beschäftigten, die keine weiteren
Einnahmen haben. Hier werden zusätzliche Rentenan-
wartschaften ermöglicht.

Frau Schwaetzer, was Sie vorhin zum Thema Rente
gesagt haben, stimmt natürlich in dieser Form nicht. Der

Arbeitnehmer muß, wenn er den vom Arbeitgeber zu
zahlenden Rentenversicherungsbeitrag nicht um 7,5 Pro-
zentpunkte aufstockt, rund 25 Jahre warten. Wenn er
aber den Beitrag um 7,5 Prozentpunkte aufstockt – ich
rufe dazu auf, dies zu tun –, dann hat er nach fünf Jahren
die Pflichtzeiten erfüllt und hat zusammen mit den ande-
ren Ansprüchen, die er schon erworben hat, eine Rente
zu erwarten.


(Dr. Irmgard Schwaetzer [F.D.P.]: Ihre Kinder zahlen das!)


Deswegen waren Ihre Ausführungen nicht richtig. Sie
sollten sich einmal über das Rentenrecht informieren.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Konrad Gilges [SPD]: Die Liberalen haben nur private Lebensversicherungen! Die kennen doch das Rentenrecht gar nicht!)


Ich kann also nur alle auffordern, daß sie diese 7,5 Pro-
zentpunkte zahlen.

Sie haben, wie gesagt, in den letzten 16 Jahren nichts
dazu getan, daß auf dem Arbeitsmarkt wieder Ordnung
geschaffen wird. Die Einbringung dieses Gesetzentwur-
fes war notwendig und richtig.


(Dr. Irmgard Schwaetzer [F.D.P.]: Dies kommt die Arbeitslosen teuer zu stehen!)


Sie waren dazu nicht imstande. Meine Kollegin Onur hat
aufgezeigt, daß gerade die größere Oppositionspartei
zwar willig, aber leider nicht handlungsfähig war.

Ein großer Fortschritt ist, daß nun von der ersten
D-Mark an Beiträge in die Sozialversicherung fließen.
Der Faktor Arbeit ist die einzige Bemessungsgrundlage
zur Finanzierung der Sozialversicherung. Wer es wie Sie
zuläßt, daß immer mehr Arbeit nicht der Sozialversiche-
rung unterliegt, macht dieses System auf Dauer kaputt
und ist der Totengräber der Sozialversicherung. Dies
unterstelle ich zwar nicht dem Arbeitnehmerflügel der
CDU/CSU, aber dem Wirtschaftsrat und insbesondere
der F.D.P.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Siegfried Hornung [CDU/CSU]: Sie sind doch beteiligt gewesen! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Wann spricht denn der Minister dazu?)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402516200
Zu einer Kurzinter-
vention gebe ich dem Abgeordneten Niebel das Wort.


Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1402516300
Meine sehr verehrten Damen
und Herren, Kollege Dreßen hat soeben behauptet, wir,
die Opposition, seien verantwortlich für die Art und
Weise der Beratung dieses Gesetzentwurfes. Diese Be-
hauptung weise ich mit aller Entschiedenheit zurück.
Für diesen Murks sind wir nicht verantwortlich.


(Beifall bei der F.D.P. sowie des Abg. Thomas Strobl [CDU/CSU])


Peter Dreßen






(A) (C)



(B) (D)


Diese Verantwortung, Herr Kollege Dreßen, liegt einzig
bei der Regierungskoalition. Damit müssen Sie auch in
Zukunft leben; denn die jetzt mittlerweile, so glaube ich,
sechste Fassung dieses katastrophalen Gesetzentwurfes
wird mit Sicherheit nicht die letzte sein. Sie sind Meister
in der Nachbesserung. Das Problem ist bloß, daß
„nachbessern“ als Wort grundsätzlich impliziert, daß
etwas eigentlich Gutes noch besser gemacht wird. Wir
haben in dieser Debatte ständig erfahren, daß Murks
noch mehr verhunzt worden ist. Ich möchte Ihnen das an
einigen Beispielen erläutern. Ich sage sogar überspitzt,
warum wir nicht dafür verantwortlich sind:

Ich bin nicht dafür verantwortlich, daß Sie Millio-
närsgattinnen von der Steuer freistellen, daß Sie aber die
alleinerziehende Mutter, die nebenher Unterhalt bezieht,
in die Steuerpflicht nehmen.


(Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich bin nicht dafür verantwortlich, daß die Nebenbe-
schäftigung von Beamten und privat Krankenversicher-
ten den Arbeitgeber zehn Prozent weniger Lohnleistun-
gen kostet, als das bei Sozialversicherungspflichtigen in
Nebenjobs der Fall ist. Das ist Ihre Verantwortung.


(Beifall bei der F.D.P. – Widerspruch bei der SPD)


Ich bin nicht dafür verantwortlich – das gilt auch für
meine Kolleginnen und Kollegen –, daß Sie, Herr Kol-
lege Dreßen, mit Ihrer Verfahrensmehrheit die parla-
mentarischen Rechte der Opposition ständig sträflich
mißachtet haben, daß Sie trotz substantieller Änderun-
gen in der Gesetzesvorlage – die der Kollege Ostertag
im Ausschuß bestätigt hat – gesagt haben, es gebe keine
Veranlassung zu einer erneuten Anhörung, daß Sie sich
geweigert haben, exakte Finanzdaten abzugeben, und
statt dessen mit der Beendigung der Debatte reagiert ha-
ben – was dazu geführt hat, daß wichtige Fragen der
Opposition nicht geklärt werden konnten.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

Ich bin auch nicht dafür verantwortlich, Herr Kollege

Dreßen, daß dieser Murks an Gesetz, der heute wahr-
scheinlich mit der Mehrheit der Koalition beschlossen
wird, dazu führt, daß Privathaushalte, die beispielsweise
eine Reinigungskraft für zwei Stunden in der Woche be-
schäftigen, mit dem exakt gleichen Verwaltungsauf-
wand überzogen werden wie Großbetriebe, die eine ei-
gene Personalabteilung haben, die eine eigene Buchprü-
fung haben.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

Die kleinen Leute, die zu Hause eine Hilfe beschäftigen,
werden von Ihnen ohne Übergangsfrist quasi gezwun-
gen, in die Schwarzarbeit und in die Illegalität abzudrif-
ten.

Für all das sind wir nicht verantwortlich. Deswegen
sage ich auch heute noch einmal: Die F.D.P. ist die Par-
tei der sozialen Verantwortung


(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


– das gefällt Ihnen immer noch nicht; aber das lebt ja
auch von der Kunst der Wiederholung –, weil wir den
Menschen die Möglichkeit geben wollen, ihren Lebens-
unterhalt zumindest teilweise aus eigener Arbeit zu er-
wirtschaften, während Ihre Politik unsozial ist.

Vielen Dank.

(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordne ten der CDU/CSU)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402516400
Auf diese Kurzin-
tervention kann der Kollege Peter Dreßen antworten.
Bitte schön.


Peter Dreßen (SPD):
Rede ID: ID1402516500
Herr Kollege Niebel, wenn die
Partei der Besserverdienenden in der Zukunft die Partei
der sozial Schwachen sein will, habe ich nichts dagegen.
Dann treten wir eben miteinander in einen Wettstreit ein.
Nur, wir haben in den letzten 16 Jahren erfahren, daß
Sie permanent Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe gekürzt
haben und daß Sie bei allen Schweinereien, bei denen es
darum ging, Rechte der Arbeitnehmer abzubauen, da-
bei waren.


(Birgit Schnieber-Jastram [CDU/CSU]: Jetzt hören Sie aber auf!)


Deswegen war von sozialer Verantwortung zumindest in
den letzten 16 Jahren nichts zu sehen. Ich bin aber ge-
spannt, wie es in der Zukunft sein wird.

Ihr Vorgänger als wirtschaftspolitischer Sprecher hat
offen dafür plädiert, daß wir die Sozialversicherung am
besten abschaffen und alles privatisieren sollten. Das ist
die These, die Sie in den letzten 16 Jahren vertreten ha-
ben.


(Beifall bei der SPD – Dr. Irmgard Schwaetzer [F.D.P.]: Das ist doch Quatsch! Der Unfug wird auch durch Wiederholung nicht besser!)


Deswegen wurde in diesem Bereich auch nichts geän-
dert; denn es kam Ihnen natürlich entgegen, daß immer
weniger Geld in die Sozialversicherung hereinkam. Je
mehr Probleme die Sozialversicherung hatte, um so
mehr konnte Herr Lambsdorff mit seiner Privatisiererei
nach vorne treten. Weil Sie dieses Problem in den letz-
ten 16 Jahren nicht gelöst haben, sind Sie natürlich mit
verantwortlich, daß wir jetzt schnell handeln müssen.
Wir haben dieses Gesetz daher schon jetzt vorgelegt; das
sind wir den betroffenen Arbeitnehmerinnen und Ar-
beitnehmern einfach schuldig.

Wenn ich diese Debatte um die Millionärsgattin höre,

(Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Es ist doch so, Herr Dreßen!)

dann muß ich Ihnen sagen: Auch die Frau des durch-
schnittlich verdienenden Arbeitnehmers, die nur 630
DM verdient, arbeitet natürlich steuerfrei. Wir wollen
aber einmal sehen, wie viele Millionärsgattinnen dann
für 630 DM im Kaufhaus putzen oder hier den Saal in
Ordnung bringen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Dirk Niebel






(B)



(A) (C)



(D)


Vielleicht macht das Ihre Frau oder der Mann von Frau
Schwaetzer, ich weiß es nicht.

Ich will damit nur sagen: In den letzten 16 Jahren ist
sehr vieles in der Sozialversicherung ausgeblutet. Dafür
tragen Sie die Verantwortung.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402516600
Bevor ich das Wort
weitergebe, will ich darauf hinweisen, daß mit der na-
mentlichen Abstimmung gegen 17.25 Uhr zu rechnen
ist. Ich bitte die Kolleginnen und Kollegen, sich darüber
hinaus auf eine weitere namentliche Abstimmung im
Laufe des Abends einzustellen.

Nun hat das Wort der Kollege Wolfgang Meckelburg
von der CDU/CSU-Fraktion.


Wolfgang Meckelburg (CDU):
Rede ID: ID1402516700
Herr Präsi-
dent! Meine Damen und Herren! Zumindest eines dürfte
im Gesetzgebungsverfahren bei der Neuregelung der
630-Mark-Jobs klar geworden sein: Regieren ist keine
geringfügige Beschäftigung.


(Gerd Andres [SPD]: Nein, es macht Spaß!)

– Ob das noch Spaß macht – Sie sagen das –, weiß ich
nicht.

Zumindest sollten Sie die oben genannte Erkenntnis
langsam verinnerlichen. Was ich auf Grund des Verfah-
rens der letzten Wochen und Monate, auf Grund der
vielen Vorschläge, die gemacht wurden, überhaupt nicht
verstehen kann, ist, daß Sie hier in Lobhudelei ausbre-
chen, wenn man sich das Ergebnis dieser Beratungen
anschaut.

Ich sage es von vornherein: Wir werden diesen Ge-
setzentwurf ablehnen, weil die Regelung, die Sie jetzt
vorgelegt haben, zu mehr Bürokratie, zu sozialen Unge-
rechtigkeiten führt und ein Durcheinander bei der steu-
erlichen Behandlung bringt. Der Kollege Ramsauer hat
eben eine Reihe von Beispielen genannt. Sie haben kein
Konzept für den Niedriglohnsektor vorgelegt. Es wäre
wichtig gewesen, da einmal die Schallmauer der 630-
Mark-Jobs zu durchbrechen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P. – Konrad Gilges [SPD]: Dazu kommen wir noch! Warten Sie mal ab!)


Da hätten wir Ihnen gern ein wenig mehr Zeit gegönnt.
Sie hätten nur den Mut haben müssen, dies einmal rich-
tig anzupacken.


(Konrad Gilges [SPD]: Wir haben noch dreieinhalb Jahre vor uns!)


Das eigentliche Ziel, Herr Kollege Gilges, Eindäm-
mung des Mißbrauchs bei den Billig-Jobs, wird si-
cherlich nicht erreicht.

Mit der heutigen Verabschiedung findet ein konzep-
tionsloser Prozeß seinen wenig ruhmreichen Abschluß.
Schon vor der Formulierung des Gesetzentwurfs gab es

ein Verwirrspiel der Vorschläge. Die Frage: „Wie viele
Vorschläge gab es eigentlich?“ ist heute häufig gestellt
worden. Während des Verfahrens gab es einen wirkli-
chen Zickzackkurs. Bei uns zu Hause sagt man: Rin inne
Kartoffeln, raus ausse Kartoffeln.


(Dirk Niebel [F.D.P.]: Kurz gesagt: Murks!)

Es war kaum nachvollziehbar, in welchem Tempo Sie
die Vorschläge geändert haben.


(V o r s i t z : Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)


Die Anhörung hat ein niederschmetterndes Urteil
gebracht. Ich habe noch nie erlebt, daß es eine Anhörung
gab, bei der alle Beteiligten durchweg deutlich gesagt
haben: So geht es nicht. – Wir haben gesehen, wie die
stellvertretende Vorsitzende des DGB, Frau Engelen-
Kiefer, bei den Antworten herumeierte, bis sie schließ-
lich den Satz äußerte: Es ist ja wenigstens erwähnens-
wert, daß Sie sich bemühen, in der Frage weiterzukom-
men. So recht zufrieden war sie, glaube ich, an der Stelle
auch nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Diese Anhörung war höchst peinlich. Sie hätten den Rat
des Kollegen Louven bei der Einbringung ernst nehmen
sollen: Nehmen Sie diesen Murks zurück! Sie hätten den
Mut haben müssen, sich mehr Zeit zu nehmen.

Meine Damen und Herren, es ist noch nicht zu spät.
Ziehen Sie diesen Maxi-Flop zurück! Er wird Ihnen in
den nächsten Monaten und Jahren Ärger bereiten. Dar-
auf müssen Sie sich gefaßt machen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Sie haben sich zumindest bemüht, in aller Hektik ver-

fassungsrechtliche Grobschnitzer zu beseitigen. Das
hätte man auch vorher merken können, wenn man
gründlich vorberaten hätte. Dazu brauchten Sie die An-
hörung und den Druck durch das verfassungsrechtliche
Gutachten des Landes Baden-Württemberg. Das ist kei-
ne Konzeptionsstrategie, die Sie in dieser Frage verfol-
gen; das ist eine Pannenvermeidungsstrategie, die hier
vorgelegt wird. Am Ende hat man den Eindruck, daß Sie
bei der Frage der geringfügigen Beschäftigung etwas
neu regeln wollen und daß Sie nicht genau wissen, was.
Es ist Ihnen egal, was; Hauptsache, es wird etwas getan.
Diesen Eindruck hat man inzwischen, weil Sie mitten im
Gesetzgebungsverfahren die Pferde wechseln. Sie haben
das in Hektik getan.

Ursprüngliche Varianten wurden umgestoßen: Erst
keine Rentenansprüche; dann doch; erst Mitbestim-
mungsregelungen, dann doch nicht. Für Mini-Jobber, die
nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert
sind, werden Arbeitgeberbeiträge zur Krankenversiche-
rung dann auch nicht mehr gefordert. Sie haben Ände-
rungen im Verfahren innerhalb von zwei Wochen ge-
macht, und dann wollen Sie auch noch weismachen, daß
jemand draußen in der Lage sein muß, das, was Sie in
Hektik fabrizieren und was daher unüberschaubar ist,
in allerschnellster Weise nachzuvollziehen. Ab 1. April
muß das umgesetzt werden. Es gibt verzweifelte Fragen:
Was wird denn da wirklich wie geregelt? – Ich habe die

Peter Dreßen






(A) (C)



(B) (D)


Bitte an den Arbeitsminister, daß er, wenn er den Mut
hat, diesen Murks durchzusetzen, dann auch wenigstens
den Mut hat, schleunigst eine Broschüre herauszugeben,
damit die Leute vor Ort mit den Regelungen umgehen
können.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P. – Dirk Niebel [F.D.P.]: Anleitung zum Murksen!)


Wir haben zumindest versucht, die Phase der Vorbe-
reitung zu verlängern, und wir haben gesagt: Laßt das
dann wenigstens am 1. Januar 2000 beginnen, damit et-
was Zeit zur Vorbereitung bleibt. Nein, Sie befrachten
das Ganze mit Bürokratie in einem Rutsch.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, in einer ganzen Reihe von

Branchen herrschen Betroffenheit und Unverständnis,
zum Teil auch Verzweiflung. Wie soll dieses 630-Mark-
Ungetüm umgesetzt werden – praktisch von heute auf
morgen? Die Zeitungsverleger sind eben angesprochen
worden. Die Frage, ob Sie da ein paar Jobs beseitigen,
interessiert mich nicht. Jedenfalls sind diejenigen, die da
betroffen sind, nicht diejenigen, die wir weghaben wol-
len. Ich sage es Ihnen einmal ganz deutlich, Frau Dük-
kert: Es geht nicht um die Frage, ob jemand die Zeitung
wöchentlich austrägt. Ich bin nicht der Leser von Perio-
dicals. Ich möchte jeden Morgen meine Tageszeitung
haben und nicht eine Wochenlieferung am Samstag.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Das Hotel- und Gaststättengewerbe ist besonders

betroffen, weil hier der Anteil der nebenberuflich Täti-
gen überproportional ist und fast die Hälfte beträgt. Da
wird es Kostensteigerungen geben. Diese Regelung führt
in einer Phase, in der es für das Hotel- und Gaststätten-
gewerbe gerade in die Sommerzeit geht, zu katastro-
phalen Veränderungen. Das alles haben Sie zu verant-
worten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Es ist völlig richtig, daß Sie wegfallende Jobs in der
Schwarzarbeit wiederfinden werden. Dies ist das größte
Programm für Schwarzarbeit, das ich je erlebt habe, so-
lange ich hier im Bundestag bin.


(Konrad Gilges [SPD]: Mit Prognosen wart ihr in den letzten 16 Jahren schwach! Da seid ihr immer noch nicht besser!)


Meine Damen und Herren, ich will nicht versäumen,
einen Punkt anzusprechen, in dem ich mich wirklich
wundere. Sie wollen mit diesem Gesetz unter allen Um-
ständen am 19. März den Bundesrat erreichen. Damit
ist der Druck zu erklären: Wir haben Nachtsitzungen
gemacht, Sondersitzungen in Haushaltswochen; eine
zweite Anhörung, die dringend notwendig gewesen wä-
re, ist uns verwehrt worden.


(Peter Dreßen [SPD]: Das ist nach der Geschäftsordnung nicht zulässig!)


Sie wollen ganz einfach am 19. März den Bundesrat er-
reichen. Da wird es wirklich politisch unanständig. Sie
wollen nämlich mit Hilfe einer Landesregierung, die ge-

rade abgewählt worden ist, diesen Murks noch zum Ge-
setz erheben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Wieviel politischen Anstand haben Sie eigentlich noch?


(Dr. Irmgard Schwaetzer [F.D.P.]: Keinen!)

Ich kann nachvollziehen, daß es inzwischen in Ihren

eigenen Reihen, meine Damen und Herren von der SPD,
junge Abgeordnete gibt, denen der Kragen platzt: „Ab-
geordnete sauer über des Kanzlers Alleingänge“.

Das muß sich inzwischen bei Ihnen verbreitet haben.
Man spürt ja, mit welcher Liebe Sie in die Ausschußsit-
zungen gehen. Da wird gesagt – so ein junger Kollege
der SPD, veröffentlicht im „Expreß“ vom 2. März –,
„daß die Arbeitsorganisation der neuen Regierung selbst
wenig mit dem Management einer modernen Industrie-
gesellschaft zu tun hat.“

Recht hat er! Das ist nicht nur handwerklich schwie-
rig; ich habe inzwischen den Eindruck, daß Sie das
Handwerk einfach nicht verstehen. Da wird gesagt –
diese Gefühle müssen Sie alle nachvollzogen haben,
meine Damen und Herren von der SPD –:

Die Fraktion durfte in den letzten Wochen viele
Entscheidungen nur noch absegnen.

Der junge Kollege Schneider von der SPD sagt:
Ich bin nicht dazu gewählt worden, in der Fraktion
alles abzunicken.

Er erwähnt nach fünf Monaten Regierungszeit unter
Kanzler Schröder die Bezeichnung „Kanzlerwahlver-
ein“. Meine Damen und Herren von der SPD, wie weit
sind Sie als diskutierende Partei eigentlich in fünf Mo-
naten Regierungszeit gekommen?


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Dirk Niebel [F.D.P.]: Kein Qualitätsanspruch an sich selbst!)


Meine Damen und Herren,

(Abg. Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU] kommt in den Saal)

lassen Sie mich zum Schluß kommen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


– Wenn Sie beim Hereinkommen des Fraktionsvorsit-
zenden Schäuble so applaudieren, merke ich, daß der
Frust darüber, daß Sie ein Kanzlerwahlverein für Schrö-
der sind, so tief sitzt, daß Sie schon Freude haben, wenn
Schäuble hier auftritt. Das war toll.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)


Meine Damen und Herren, ich spreche Rotgrün nicht
den Willen zu reformieren ab. Aber was wir bisher ge-
rade im Sozialbereich erlebt haben, ist folgendes: Sie
bringen einen Gesetzentwurf ein; Sie deformieren damit
einen Sachverhalt.


(Zuruf von der CDU/CSU: Armutszeugnis!)


Wolfgang Meckelburg






(B)



(A) (C)



(D)


Im Gesetzgebungsverfahren reparieren Sie das Ganze
dann. Am Ende, bei der Verabschiedung, nämlich heute,
blamieren Sie sich mit der ganzen Geschichte.

Das Motto der Regierungserklärung von Kanzler
Schröder vom 10. November habe ich jetzt wirklich ver-
standen. Sie war überschrieben: „Weil wir Deutschlands
Kraft vertrauen ...“. Seit heute weiß ich, was die drei
verheißungsvollen Pünktchen heißen: Deutschland
braucht viel Kraft und Mut und Selbstvertrauen, um das
zu verkraften, was Sie uns zumuten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1402516800
Als
letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat nun
Bundesminister Riester das Wort.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das war doch Chefsache!)


Walter Riester, Bundesminister für Arbeit und So-
zialordnung: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Da-
men und Herren! Meine Damen und Herren von der Op-
position, es gab so viel Aufregung. Deshalb möchte ich
Ihnen zu Beginn meiner Rede ein Zitat eines Mitglieds
der alten Regierung anbieten:

... mir paßt es nicht, wenn Arbeitgeber versiche-
rungspflichtige Arbeitsplätze in mehrere sozialver-
sicherungsfreie geringfügige Beschäftigungsver-
hältnisse aufspalten. Das ist ... eine Kampfansage
an unseren Sozialstaat. ... Die Dummen sind bei ei-
ner solchen Entwicklung die treuen und ehrlichen
Arbeitgeber und Arbeitnehmer; sie müssen um so
höhere Beiträge zahlen. Hier sind die Arbeitgeber
aufgefordert, Solidarität und Verantwortung gegen-
über den Arbeitnehmern und der Sozialversiche-
rung zu zeigen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Das hat Horst Günther, der frühere Parlamentarische
Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und So-
zialordnung, vor elf Monaten hier im Parlament erklärt.
Herr Günther hat das Problem erkannt. Deshalb vertrat
er in letzter Zeit auch immer Norbert Blüm in Fragen
der geringfügigen Beschäftigung.

Am 1. Oktober 1997 stellte Herr Günther im Deut-
schen Bundestag fest, daß die Ungleichbehandlung von
denen, die eine Hauptbeschäftigung mit 630-DM-Jobs
verbinden, und denen, die Überstunden fahren, nur – ich
zitiere – „schwer vermittelbar“ ist.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Am 29. Oktober sagte Norbert Blüms Mann für das

„Geringfügige“ zum gleichen Thema – ich zitiere ein
drittes und letztes Mal –:

Man kann es auch „Flucht aus der Sozialverant-
wortungspflicht“ nennen. Das beeinträchtigt selbst-
verständlich die Wettbewerbsfähigkeit und auch die
Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt. ... Es be-
steht ... Handlungsbedarf. Das ist völlig klar.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, diesen
richtigen Erkenntnissen und diesen klaren Worten folg-
ten leider keine Taten.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die alte Bundesregierung hat sich der Herausforderung,
das Problem zu lösen, was in der Tat nicht leicht ist –
nämlich ordentliche Voraussetzungen bei der geringfü-
gigen Beschäftigung herzustellen –, nicht gestellt. Wir
stellen uns der Herausforderung. Deshalb sind wir die
Reform der 630-Mark-Arbeitsverhältnisse angegan-
gen. Wir schließen die Gerechtigkeitslücke, die die alte
Regelung mit sich bringt.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist doch gar nicht wahr!)


Diese Gerechtigkeitslücke klafft tief und breit, wie das
nach Jahren der Untätigkeit zwangsläufig ist.

Die Diskussion der letzten Wochen ist teilweise sehr
aufgeregt geführt worden. Deshalb will ich noch einmal
in aller Ruhe die Ziele nennen, die wir mit der Neure-
gelung verfolgen.

Erstens. Wir wollen die Kontrollmöglichkeiten bei
geringfügiger Beschäftigung verbessern und für mehr
Transparenz auf diesem Gebiet sorgen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [F.D.P.]: Das hörte sich bei Schröder anders an!)


Zweitens. Wir wollen die Erosion der Beitragsbasis
der Sozialversicherung stoppen. Geringfügige Beschäf-
tigung soll von der ersten Mark an sozialversichert sein.


(Dirk Niebel [F.D.P.]: Nicht für die Millionärsgattin!)


Drittens wollen wir den vielen Frauen, die in solchen
Beschäftigungsverhältnissen arbeiten, eine verbesserte
Alterssicherung ermöglichen.

Viertens wollen wir mittelfristig die Ausweitung die-
ser Beschäftigungsverhältnisse eindämmen.

Fünftens wollen wir die Menschen, die auf solche
Jobs wirklich angewiesen sind, nicht zusätzlich belasten.

Sechstens wollen wir eine weitere Aufteilung von
Arbeitsverhältnissen in mehrere 630-Mark-Jobs verhin-
dern.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, unser Ge-
setzentwurf erreicht alle diese Ziele.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dirk Niebel [F.D.P.]: Kein einziges!)


Mit unserem neuen Gesetzentwurf stoppen wir erstens
die Erosion der Sozialversicherung. Alle 630-Mark-Jobs
sind in Zukunft beitragspflichtig.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wolfgang Meckelburg






(A) (C)



(B) (D)


Der Arbeitgeber muß in Zukunft für geringfügig Be-
schäftigte 12 Prozent an die Rentenversicherung und 10
Prozent an die Krankenversicherung abführen, und zwar
von der ersten Mark an, so wie es im übrigen auch in
den USA der Fall ist.

Wenn der oder die geringfügig Beschäftigte nicht ge-
setzlich krankenversichert ist, muß der Arbeitgeber nur
den Rentenbeitrag zahlen. Mit dieser Ausnahme haben
wir unseren ursprünglichen Entwurf korrigiert und auf
Bedenken reagiert, die unter anderem in der Anhörung
geäußert worden sind. Ja, wir lassen uns eines Besseren
belehren; unsere Korrekturen beweisen das.


(Zuruf von der CDU/CSU: Dann müßt ihr das ganze Gesetz zurücknehmen!)


Ich bin der Auffassung, daß es kaum etwas Schlimmeres
als unbelehrbare Politiker gibt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Im übrigen empfehle ich Ihnen, sehr geehrte Kollegin-
nen und Kollegen von der Opposition, nach dem Karls-
ruher Familienurteil und angesichts der anderen Urteile,
die uns noch ins Haus stehen, mehr Zurückhaltung in
der Frage der Verfassungswidrigkeit zu üben.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1402516900
Herr
Bundesminister Riester, erlauben Sie eine Zwischenfra-
ge des Abgeordneten Niebel?

Walter Riester, Bundesminister für Arbeit und So-
zialordnung: Ja.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1402517000
Herr
Niebel, bitte schön.


Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1402517100
Herr Minister, Sie haben gera-
de festgestellt, daß für Personen, die nicht in der gesetz-
lichen Krankenversicherung sind, kein Beitrag des Ar-
beitgebers geleistet werden muß. Dies trifft, wie wir
wissen, insbesondere für viele nebenbeschäftigte Beamte
zu, da sie nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung,
sondern in der Regel in der privaten Krankenversicherung
sind. Befürchten Sie nicht auch wie ich, daß bei mehreren
Bewerbern für eine Nebenbeschäftigung der beamtete
Bewerber gegenüber dem nichtbeamteten Bewerber be-
vorzugt wird, da er 10 Prozent billiger ist?

Walter Riester, Bundesminister für Arbeit und So-
zialordnung: Ich befürchte das nicht, Herr Niebel,
möchte das aber auch nicht ganz ausschließen. Man be-
findet sich in einem Zielkonflikt. Ein Zielkonflikt ist,
daß wir nicht wollen, daß die- oder derjenige bevorzugt
wird, für den keine Krankenversicherungsbeiträge ge-
zahlt werden müssen. Wir wollen andererseits aber dem
Einwand begegnen, daß in diesem Fall dem Beitrag kei-
ne Leistungsverpflichtung gegenübersteht. Außerdem
möchten wir nicht, daß für ein paar Mark ein volles

Krankenversicherungsverhältnis erbracht wird. Das wäre
zu Lasten der Solidargemeinschaft der Krankenversi-
cherten. In diesem Zielkonflikt haben wir uns für die
vorliegende Regelung entschlossen und halten sie für
richtig.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir haben unsere Neuregelung der geringfügigen Be-
schäftigungsverhältnisse in einem weiteren Punkt ver-
bessert. Alle geringfügig Beschäftigten erhalten aus den
Beiträgen ihres Arbeitgebers von der ersten Mark an
Anspruch auf Altersrente. Damit wird die Alterssiche-
rung dieser Menschen deutlich verbessert. Unsere Neu-
regelung ist flexibel. Geringfügig Beschäftigte, die den
Beitrag des Arbeitgebers auf den vollen Rentenbeitrag
aufstocken, erhalten das volle Leistungsspektrum der
gesamten Rentenversicherung. Das bedeutet: Über den
Anspruch auf Altersrente hinaus bekommen sie bei Be-
darf auch Rehaleistungen und den Schutz bei Berufs-
und Erwerbsunfähigkeit.


(Zuruf der Abg. Dr. Irmgard Schwaetzer [F.D.P.])


– Frau Schwaetzer, mich wundert insbesondere die Kri-
tik der F.D.P. Wollen Sie nun Flexibilität, wollen Sie die
Möglichkeit der Option, oder wollen Sie sie nicht? Mich
wundert außerdem – das muß ich Ihnen sagen – der
Hinweis auf die geringen Rentenansprüche. Wenn ge-
ringe Beiträge eingezahlt werden, liegt es in der Syste-
matik dieser Kasse, daß man nur geringe Ansprüche
stellen kann.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Peter Dreßen [SPD]: Doppelzüngigkeit der F.D.P.! – Dirk Niebel [F.D.P.]: Was nützt mir eine soziale Sicherung unter Sozialhilfeniveau!)


Die laufenden Zitate gerade von Ihrer Seite halte ich für
ziemlich albern.

Wir wissen, daß überdurchschnittlich viele Frauen in
630-Mark-Jobs arbeiten. Für diese Frauen bedeutet die
neue Rentenregelung eine substantielle Verbesserung ih-
rer Alterssicherung. Dabei geht es nicht darum, daß ein
Rentenanspruch aus einem 630-Mark-Job aufgebaut
werden soll. Es geht vielmehr darum, Frauen die Mög-
lichkeit zu geben, Beitragslücken zu schließen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Mit der Neuregelung eröffnen wir für Frauen und natür-
lich auch für Männer in ähnlicher Situation diese Mög-
lichkeiten.

Wir haben immer gesagt, daß wir diejenigen, die auf
die 630-Mark-Jobs angewiesen sind, nicht zusätzlich
belasten wollen. Deshalb sind geringfügige Beschäfti-
gungsverhältnisse grundsätzlich steuerfrei. Allerdings
gibt es hiervon Ausnahmen. Aber diese Ausnahmen sind
gut begründet; denn sie sind systematisch. Wer einen
630-Mark-Job als Nebenbeschäftigung hat, muß darauf
Steuern und Sozialversicherungsbeiträge zahlen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Eine andere Ansicht hat der Bundeskanzler!)


Bundesminister Walter Riester






(B)



(A) (C)



(D)


– Wollen Sie etwa einen Handwerksgesellen, der ein
Bruttogehalt von 4 000 DM bezieht und außerhalb sei-
nes Betriebes 630 DM hinzuverdient, netto besserstellen
als denjenigen, der Überstunden macht und dadurch die-
sen Betrag hinzuverdient? Die beiden müssen doch
gleichgestellt werden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Um zu empfinden, daß dies ungerecht ist, muß man
nicht einmal Sozialdemokrat sein. Das müßten auch Sie
empfinden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wer in mehreren geringfügigen Beschäftigungsver-
hältnissen mehr als 630 DM verdient, mußte schon bis-
her auf sein gesamtes Einkommen wie jeder andere Ar-
beitnehmer Steuern und Sozialabgaben zahlen.


(Beifall bei der SPD)

Daran ändert sich gar nichts. Das ist auch so in Ord-
nung. Mit der Neuregelung belasten wir Menschen, die
auf diese Jobs wirklich angewiesen sind, nicht zusätz-
lich. Ich sage das sehr deutlich. Wer aber reguläre Be-
schäftigungsverhältnisse in mehrere geringfügige Be-
schäftigungsverhältnisse aufteilen will, wird sich das in
Zukunft sehr genau überlegen müssen, und das ist gut
so.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das war schon vorher verboten!)


– Das war bisher schon verboten, Sie haben völlig recht.
Bisher war aber über die Pauschalierung und die An-
onymisierung dieser Arbeitsverhältnisse der Grauzone
Tür und Tor geöffnet. Diese haben wir jetzt verbaut.


(Beifall bei der SPD)

Mit der Steuerfreiheit für 630-Mark-Jobs bauen wir

den geringfügig Beschäftigten außerdem eine Brücke in
den ersten Arbeitsmarkt. Gerade Frauen finden nach
der Kindererziehung auf diesem Weg wieder eine Be-
schäftigung, aus der sich oft ein normales Arbeitsver-
hältnis entwickelt. Ich hoffe sehr, daß diese Brücke in
Zukunft von möglichst vielen überschritten wird, die
damit in ein normales Arbeitsverhältnis auf dem ersten
Arbeitsmarkt hineinkommen.

Wir haben uns auch zum Ziel gesetzt, die Kontroll-
möglichkeiten bei geringfügigen Beschäftigungsver-
hältnissen zu verbessern und für mehr Transparenz auf
diesem Gebiet zu sorgen. Dieses Ziel erreichen wir da-
durch, daß geringfügige Beschäftigungsverhältnisse ab
sofort genauso wie alle anderen Beschäftigungsverhält-
nisse bei den Sozialversicherungsträgern anzumelden
sind. Damit wird dem Mißbrauch auf diesem Gebiet
wirksam vorgebeugt.

Um die Ausweitung geringfügiger Beschäftigungs-
verhältnisse mittelfristig einzudämmen, haben wir be-
schlossen, daß die 630-Mark-Grenze in Zukunft nicht
mehr erhöht wird. Wir finden auch: Die Angleichung
der Lebensverhältnisse in Ost- und Westdeutschland hat
mehr verdient als nur ein paar warme Worte. Deshalb

wird es in Zukunft bei den geringfügigen Beschäfti-
gungsverhältnissen keinen Unterschied mehr zwischen
West- und Ostdeutschland geben. Die 630-Mark-Grenze
gilt deshalb in Zukunft auch in Ostdeutschland.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, unsere Neu-

regelung der 630-Mark-Jobs hat wichtige Ziele erreicht
und verdient daher auch die volle Zustimmung dieses
Hauses. Deshalb fordere ich Sie auf, diesem Gesetzent-
wurf zuzustimmen.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


An die Adresse der Wirtschaft sage ich: Wer bisher
die Pauschalsteuer für die geringfügig Beschäftigten ge-
zahlt hat, wird durch die Neuregelung nicht zusätzlich
belastet. Zusätzlich belastet werden nur diejenigen, die
die Pauschalsteuer auf die Beschäftigten abgewälzt ha-
ben. Deren Belastung ist auch richtig.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Es ist mir sehr wichtig, noch auf einen Punkt einzu-
gehen. Nirgendwo erscheint mir die Kritik der Oppositi-
on so unsachlich wie beim Thema Schwarzarbeit.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1402517200
Herr
Bundesminister Riester, einen Moment bitte. Liebe
Kolleginnen und Kollegen, ich weiß, es folgt eine na-
mentliche Abstimmung. Trotzdem bitte ich darum, Ruhe
zu bewahren, damit man den Ausführungen des Bun-
desministers folgen kann. Das gilt insbesondere für die
Regierungsbank, damit die Mitglieder der Regierung ih-
rem Kollegen zuhören können.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der CDU/CSU)


Walter Riester, Bundesminister für Arbeit und So-
zialordnung: Ich sage Ihnen: Unsere Neuregelung wird
die Schwarzarbeit nicht ausweiten; denn wer in Zu-
kunft einen 630-Mark-Job annimmt und diesen Job auch
registrieren läßt, hat automatisch Rentenansprüche. Die
geringfügig Beschäftigten wären schlecht beraten, wenn
sie auf diese Möglichkeit verzichteten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Wer heute noch
schwarzarbeitet, hat in Zukunft einen Anreiz, legal zu
arbeiten; denn nur so kommt er in den Genuß von Lei-
stungen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dirk Niebel [F.D.P.]: Das Schlimme ist, daß Sie glauben, was Sie sagen!)


Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wollen
die geringfügige Beschäftigung nicht abschaffen. Uns ist
sehr wohl bewußt, daß sie in manchen Wirtschaftszwei-

Bundesminister Walter Riester






(A) (C)



(B) (D)


gen gebraucht wird, weil sie einen flexiblen Arbeitsein-
satz ermöglicht. Wir wissen auch, daß viele Menschen
sie brauchen und sie auch wollen. Deswegen wollen wir
sie nicht verhindern.

Aber wir wollen nicht, daß geringfügige Beschäfti-
gungsverhältnisse mißbraucht werden. Wie lange noch
sollen Arbeitgeber benachteiligt werden, die sich nicht
auf Kosten anderer Wettbewerbsvorteile verschaffen,
indem sie Sozialversicherungsbeiträge nicht zahlen?
Wie lange noch soll der Erwerb von Rentenansprüchen
ein Privileg derjenigen bleiben, die mit ihrem Einkom-
men über der Geringfügigkeitsgrenze liegen? Wie lange
noch sollen wir hinnehmen, daß Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer kraß ungleichbehandelt werden?

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich fordere
Sie auf: Stimmen Sie einem Gesetz zu, das Ordnung auf
dem Arbeitsmarkt schafft und im besten Sinne ord-
nungspolitisch sinnvoll ist!


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Stimmen Sie einem Gesetz zu, das die Alterssicherung
für viele Menschen spürbar verbessert! Stimmen Sie ei-
nem Gesetz zu, das Wahlfreiheit und Flexibilität ermög-
licht! Stimmen Sie einem Gesetz zu, das die Solidarge-
meinschaft stärkt!

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dirk Niebel [F.D.P.]: Es ist tragisch, daß Sie das selbst glauben!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1402517300
Bevor
wir zur Abstimmung kommen, teile ich Ihnen mit, daß
drei Erklärungen nach § 31 der Geschäftsordnung zur
Abstimmung zu Protokoll gegeben worden sind, näm-
lich von der Kollegin Annelie Buntenbach*) von der
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, vom Kollegen Hans
Büttner**) von der SPD-Fraktion und vom Kollegen
Klaus Brähmig***) von der CDU/CSU-Fraktion.

Nach der namentlichen Abstimmung zu diesem Ta-
gesordnungspunkt werden wir den Tagesordnungspunkt
8 vorziehen, für den ebenfalls eine namentliche Ab-
stimmung beantragt worden ist. Deswegen bitte ich Sie,
den Plenarsaal nach der namentlichen Abstimmung
nicht zu verlassen. Zu Tagesordnungspunkt 8 ist verein-
bart worden, daß alle Erklärungen zu Protokoll gegeben
werden,


(Beifall)

so daß wir unmittelbar anschließend die nächste na-
mentliche Abstimmung vornehmen können. Gibt es da-
gegen Widerspruch? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung – Tagesord-
nungspunkt 6 – über den von den Fraktionen von SPD
und Bündnis 90/Die Grünen eingebrachten Gesetzent-

***) Anlage 7
***) Anlage 8
***) Anlage 9

wurf zur Neuregelung der geringfügigen Beschäfti-
gungsverhältnisse, Drucksachen 14/280 und 14/441. Ich
bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Aus-
schußfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen.
– Gegenprobe! – Enthaltungen? – In zweiter Beratung
ist der Gesetzentwurf mit den Stimmen von SPD und
Bündnis 90/Die Grünen bei Gegenstimmen von
CDU/CSU, F.D.P. und PDS beschlossen.

Wir kommen jetzt zur
dritten Beratung

und Schlußabstimmung. Die Fraktionen der SPD,
CDU/CSU und F.D.P. verlangen namentliche Abstim-
mung. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer,
die vorgesehenen Plätze einzunehmen. – Das ist erfolgt.
Dann eröffne ich die Abstimmung.

Sind alle Stimmkarten abgegeben? – Das ist der Fall.
Dann schließe ich die Abstimmung. Ich bitte die Schrift-
führerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu
beginnen. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen
später bekanntgegeben.*)

Wir setzen die Beratungen fort und kommen zur Ab-
stimmung über die Beschlußempfehlung des Ausschus-
ses für Arbeit und Sozialordnung zu dem Antrag der
Fraktion der CDU/CSU zur Förderung der Beschäfti-
gung, zur Verbesserung der sozialen Sicherung und zur
Erhaltung der Flexibilisierung, Drucksache 14/441
Buchstabe b. Der Ausschuß empfiehlt, den Antrag auf
Drucksache 14/290 abzulehnen. Wer stimmt für diese
Beschlußempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer
enthält sich? – Damit ist diese Beschlußempfehlung mit
den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und
PDS gegen die Stimmen von CDU/CSU und F.D.P. an-
genommen.

Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 8 auf:
Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio-
nen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-
rung der Berücksichtigung von Entlassungsent-

(Entlassungsentschädigungs-Änderungsgesetz – EEÄndG)

– Drucksache 14/394 –

(Erste Beratung 22. Sitzung)

Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Arbeit und Sozialordnung (11. Ausschuß)

– Drucksache 14/444 –
Berichterstattung:
Abg. Franz Thönnes

Es ist vereinbart, daß die Reden zu Protokoll gegeben
werden.**) – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist das
so beschlossen.

*) Seite 2010 C
**) Anlage 10

Bundesminister Walter Riester






(B)



(A) (C)



(D)


Wir kommen deshalb gleich zur Abstimmung über
den von den Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die
Grünen eingebrachten Gesetzentwurf zur Änderung der
Berücksichtigung von Entlassungsentschädigungen im
Arbeitsförderungsrecht, Drucksache 14/394. Der Aus-
schuß für Arbeit und Sozialordnung empfiehlt auf
Drucksache 14/444, den Gesetzentwurf unverändert an-
zunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf
zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Gegenstim-
men? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in
zweiter Beratung mit den Stimmen von SPD, Bündnis
90/Die Grünen und PDS gegen die Stimmen von
CDU/CSU und F.D.P. angenommen.

Dritte Beratung
und Schlußabstimmung. Die Fraktionen der SPD und
des Bündnisses 90/Die Grünen verlangen namentliche
Abstimmung. Ich bitte die Schriftführerinnen und
Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. –
Das ist bereits geschehen. Ich eröffne die Abstim-
mung. –

Sind alle Stimmkarten abgegeben? – Dann schließe
ich die Abstimmung. Ich bitte die Schriftführerinnen
und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Das
Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen später bekanntge-
geben.*)

Wir setzen die Beratungen fort. Ich rufe Tagesord-
nungspunkt 7 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Jürgen
W. Möllemann, Hildebrecht Braun (Augsburg),
Rainer Brüderle, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der F.D.P.
9-Punkte-Konzept zur Schaffung von zusätzli-
chen Ausbildungsplätzen
– Drucksache 14/335 –
Überweisungsvorschlag:

(federführend Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die Aussprache eine Stunde vorgesehen, wobei die Fraktion der F.D.P. zehn Minuten erhalten soll. Gibt es Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Bevor ich dem Kollegen Detlef Parr von der F.D.P.Fraktion das Wort erteile, bitte ich diejenigen Kolleginnen und Kollegen, die den Plenarsaal verlassen wollen, dies zügig zu tun. Ansonsten bitte ich darum, die Gespräche einzustellen und sich dem Sprecher zuzuwenden. Herr Parr, Sie haben das Wort. *)


(Unruhe)



Detlef Parr (FDP):
Rede ID: ID1402517400
Wenn die Kolleginnen und
Kollegen dem Thema Bildung als Zukunftsthema Auf-
merksamkeit entgegenbringen wollen, dann bitte ich Sie
herzlich, hierzubleiben und nicht wegzulaufen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diese
Woche war geprägt von heißen und hitzigen Steuer-
debatten. Ich will die Argumente hier nicht wiederho-
len. Aber ein Ergebnis ist klar: Die Steuern werden nicht
einfacher. Die Steuern werden nicht gerechter. Vor
allem aber werden die Gesamtbelastungen für die Wirt-
schaft nicht niedriger. – Es besteht überhaupt kein
Zweifel, daß die Folgen auch auf den Ausbildungsmarkt
durchschlagen werden, weil sich die Rahmenbedin-
gungen für die Unternehmen, für die Wirtschaft ver-
schlechtern.

Nach unserer Überzeugung sind strukturelle Entla-
stungen auch auf dem Ausbildungsmarkt nur durch mehr
Wachstum und Beschäftigung möglich. Die Fortsetzung
der Ausbildungsmisere wird also durch die Entschei-
dungen dieser Tage vorprogrammiert; denn unter diesen
Rahmenbedingungen kann es keine Fülle von neuen
Ausbildungsplätzen geben. Dies muß ich feststellen,
auch wenn die Absicht der Bundesregierung zu begrü-
ßen ist, etwas für die Auszubildenden zu tun.

Statt neu aufgelegter staatlicher Programme sind an-
dere Wege nötig. An die erste Stelle gehört, daß wir eine
sicherere Grundlage für den Berufsbildungsweg unserer
jungen Menschen schaffen. In diesem Bereich stellen
wir fest, daß die Schulbildung in Deutschland nicht aus-
reichend ist. Dies wird durch zahlreiche nationale und
internationale Studien belegt. Ich erinnere an die
TIMMS-Studie, die Rückstände im deutschen Bildungs-
system im Hinblick auf die Naturwissenschaften atte-
stiert. Ich erinnere ferner an die Studie des Max-Planck-
Instituts über die Bildungsverläufe im Jugendalter, die
die negative Entwicklung auf nationaler Ebene belegt.
All diese Studien stellen unserem Schulsystem ein
schlechtes Zeugnis aus. Solange wir diese Mißstände
nicht beheben, dürfen wir uns nicht wundern, daß Un-
ternehmen zögern, Auszubildende in ihre Betriebe auf-
zunehmen. ´

Wir haben deswegen Verständnis für die Klagen der
ausbildenden Betriebe. Sie klagen über mangelnde
Grundkenntnisse ihrer Auszubildenden, zum Beispiel in
Rechnen, Schreiben und Lesen. Sie klagen über zuwenig
Persönlichkeitsbildung bezüglich der Sekundärtugenden
wie Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit, Pflichtbewußtsein
und Verantwortungsbewußtsein. Weiterhin klagen sie
über mangelnde Schlüsselqualifikationen wie Teamfä-
higkeit und praktische Anwendungsorientierung.

Typisch für die SPD-geführten Landesregierungen
ist, daß die aktuelle Diskussion, ob man wieder Kopfno-
ten in die Zeugnisse einführen soll, rigoros abgelehnt
wird. Ich weiß, daß Kopfnoten nach altem Muster na-
türlich ein alter Hut sind. Das ist keine Frage. Aber wir
müssen doch darüber nachdenken, ob nicht zu jedem
Zeugnis ein Beiblatt mit ungeschminkten Beurteilungen
des Verhaltens oder der Arbeitshaltung der einzelnen
jungen Menschen gehört. Das wäre äußerst hilfreich für

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms






(A) (C)



(B) (D)


den individuellen Lernerfolg der jungen Menschen und
für ihre persönliche Weiterentwicklung.


(Beifall bei der F.D.P.)

Schmuse- und Kuscheleckenpädagogik in allen Ehren,
aber der Grundsatz „Wer fördern will, muß fordern“ ge-
hört wieder ganz nach vorne gerückt.

Weitgehend überflüssig werden dann die Maßnah-
men, die im Entwurf der Bundesregierung enthalten
sind, nämlich junge Menschen durch Streetworker zu
stabilisieren und für die Arbeitswelt zu motivieren. Man
muß sich einmal vorstellen, daß junge Menschen über
Streetworker stabilisiert und für die Arbeitswelt moti-
viert werden sollen. Es müßte doch eigentlich Motivati-
on genug sein, für seinen eigenen Lebensunterhalt durch
Arbeit, Einsatz und intensives Lernen zu sorgen. Bei
entsprechender Motivation blieben weniger junge Men-
schen ohne schulischen Abschluß – sie sind nämlich
nicht dümmer geworden –, und wir bräuchten keine teu-
ren Nachholprogramme oder sogenannte Brückenkurse.

Wie stellen wir uns die Verbesserungen auf dem
Ausbildungsmarkt vor? Ganz nach vorne gehört eine
intensivere Zusammenarbeit zwischen Schule und Be-
trieb. Um bessere Erkenntnisse der Ausbildungsmög-
lichkeiten zu erhalten, ist es wichtig, daß eine Verzah-
nung zwischen Schule und Betrieb stattfinden muß und
daß die jungen Menschen über die Anforderungen in
den Ausbildungsbetrieben etwas konkreter informiert
werden. Es gibt immerhin über 150 Ausbildungsberufe,
unter denen junge Menschen auswählen können. Man
kann sich heute eben nicht mehr auf einzelne Berufs-
zweige, auf sogenannte Zuckerberufe, konzentrieren.
Man muß auch auf andere Berufsbereiche schauen,
wenn der Erstwunsch nicht erfüllt werden kann.

Die Beratung muß frühzeitiger ansetzen. Es ist ein-
fach zu spät, wenn man sich erst zum Zeitpunkt der an-
stehenden Entscheidung fragt: Mache ich ein Studium
oder eine Ausbildung? Wir müssen unsere jungen Leute
früher über das informieren, was auf dem Arbeitsmarkt
geschieht. Dabei sollten wir – wir haben heute über den
Internationalen Frauentag diskutiert – auch die Chancen
der jungen Frauen berücksichtigen, Vorurteile abbauen
und das Spektrum der in den Blick genommenen Aus-
bildungsmöglichkeiten für Frauen erweitern. Es gibt
nämlich nur ganz wenige frauen- oder männerspezifi-
sche Berufe.


(Beifall bei der F.D.P.)

Es ist sinnvoll, das erfolgreiche Konzept der Ausbil-

dungsbörsen fortzuführen, die man aus den neuen Bun-
desländern kennt. Für prominente Unterstützung kann
man hier nur werben und Beispiele für erfolgreiche Be-
rufslaufbahnen geben, die durch das duale System er-
möglicht wurden. Ich denke, daß die Herren Gottschalk,
Becker und Westernhagen besser investiert hätten, wenn
sie in diesem Bereich und nicht im Bereich des Doppel-
passes tätig geworden wären.


(Beifall bei der F.D.P. – Zurufe von der SPD)

Neue spannende Berufsbilder müssen zügiger ent-

wickelt werden, zum Beispiel in den Bereichen Kom-

munikation, Multimedia und Dienstleistungen. Hier gibt
es riesige Zukunftschancen.


(Jörg Tauss [SPD]: Ist doch gemacht worden! Das ist ja Unfug!)


Ich möchte in diesem Zusammenhang ein Beispiel nen-
nen: Ich habe am Freitag ein Kölner Telekommunikati-
onsunternehmen besucht. Dieses Unternehmen beschäf-
tigt sich mit der Entwicklung von Abrechnungssyste-
men, mit Low-cost-routing, also mit Wegweisern für das
günstige Telefonieren. Die Zahl der Arbeitsplätze in die-
sem Unternehmen ist innerhalb eines Jahres von 18 auf
220 explodiert. Dies ist ein Beweis für die Bedeutung
kleiner und mittlerer Unternehmen.

In diesem Zusammenhang müssen wir auf die gestri-
ge und heutige Debatte zurückkommen. Solche kleinen
und mittleren Betriebe bieten den Auszubildenden die
meisten Plätze an. Wenn wir an die Debatte über die
Steuerreform und die damit verbundenen Beschlüsse,
die wir getroffen haben, zurückdenken, dann muß man
feststellen, daß diese Beschlüsse fatale Auswirkungen
auf den Mittelstand haben, gegen Wachstum, gegen
mehr Beschäftigung und damit konsequenterweise auch
gegen mehr Ausbildungsplätze, gerichtet sind.


(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Stichwort „Teilung der Verantwortung der Betrie-
be“: Warum sollen nicht zwei Betriebe einen Auszubil-
denden ausbilden? – Wenn das gemacht wird, hätten
auch kleinere Unternehmen einen Anreiz, Ausbildungs-
plätze zu schaffen. Warum sollen sich nicht zwei Aus-
zubildende freiwillig einen Ausbildungsplatz und damit
ihre Vergütung teilen? – Auch die Höhe der Vergütung
für die Ausbildung ist für manchen Betrieb ein Hinde-
rungsgrund, überhaupt oder vermehrt auszubilden.


(Stephan Hilsberg [SPD]: Das sind doch alte Kamellen!)


– Das sind keine alten Kamellen. Unsere Vorschläge
mögen zwar nicht üblich sein, aber wir wollen versu-
chen, sie durchsetzen. Es wären gute Beispiele für Fle-
xibilisierung. Auch auf dem Ausbildungsmarkt ist Fle-
xibilisierung ein ganz wichtiges Zauberwort.

Zudem brauchen wir modulare Ausbildungsgänge
und regionale Ausbilderkonferenzen. Auch das ist nicht
brandneu. Aber diese Angebote können ausgeweitet
werden.

Starre Vorschriften über die Ausbildungszeiten in der
Berufsschule müssen abgeschafft werden, damit die jun-
gen Leute dann in den Betrieben anwesend sind, wenn
sie gebraucht werden.


(Stephan Hilsberg [SPD]: Sie haben keine Ahnung!)


In einigen Regionen herrscht ein Mangel an Ausbil-
dungsplätzen, in anderen an qualifizierten Auszubilden-
den. Deshalb ist die Mobilität wichtig. Wir müssen be-
reits in der Schule den jungen Leuten vermitteln, daß sie
mobiler werden müssen. Sie dürfen nicht nur an der

Detlef Parr






(B)



(A) (C)



(D)


Scholle hängen, sondern müssen bereit sein, ins Land
hinauszugehen. Das ist ein Plädoyer für ein Mobilitäts-
programm, in dessen Rahmen ein Austauschprogramm
mit Familienanbindung steht und Wohnheime nicht nur
für Studierende, sondern auch für Auszubildende ange-
boten werden können. Vielleicht könnten wir auch über
einen Informationspool dafür sorgen, daß die freien
Ausbildungsplätze schneller besetzt werden können.


(Beifall bei der F.D.P. – Jörg Tauss [SPD]: Personifizierte Ahnungslosigkeit!)


– Das ist kein sehr qualifizierter Zwischenruf. Ich würde
mich mit Ihnen inhaltlich gerne auseinandersetzen. Das
geht aber auf diese Weise nicht.


(Beifall bei der F.D.P. – Jörg Tauss [SPD]: So etwas Altmodisches habe ich schon lange nicht mehr gehört!)


Meine letzte Bemerkung. Mit diesem Programm der
Bundesregierung, das Sie vorgelegt haben, sind Sie weit
davon entfernt, tatsächlich hunderttausend Jugendliche
in Arbeit zu bringen. Es erweist sich bei näherem Hin-
sehen als Propagandaluftschloß, in dem mehr als
400 000 Jugendliche ohne Ausbildung und Beschäfti-
gung bleiben. Selbst der kleine Teil der Ausbildungs-
platzsuchenden, der von diesem Programm erfaßt wird,
wird nicht in Arbeit und Ausbildung gebracht, sondern
hauptsächlich auf die lange Versorgungsbank gescho-
ben. Unmittelbar auf Beschäftigung zielen lediglich die
Lohnkostenzuschüsse zur Beschäftigung von arbeitslo-
sen Jugendlichen. Es gibt gute Ansätze in diesem Pro-
gramm. Aber es gibt bessere Ideen, die wir hier vorge-

schlagen haben. Ich freue mich auf die Debatten im
Ausschuß


(Jörg Tauss [SPD]: Aber nicht auf dem Niveau, Herr Kollege! So ist die Debatte nicht möglich!)


und hoffe, daß wir dann zu einer vernünftigen Lösung
kommen, die unseren jungen Leuten eine Zukunft in den
Betrieben bietet und Unternehmen ermuntert und nicht –
wie Sie es mit Ihren Beschlüssen zur Steuerreform getan
haben – abschreckt, auszubilden.

Danke.

(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Peinlich!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1402517500
Bevor
wir in der Debatte fortfahren, möchte ich Ihnen die von
den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelten
Ergebnisse der namentlichen Abstimmungen bekannt-
geben.

Ich gebe zunächst das Ergebnis der namentlichen
Abstimmung über den von der SPD und dem Bündnis
90/Die Grünen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsver-
hältnisse bekannt. Abgebene Stimmen 567. Mit Ja haben
gestimmt 310 Kolleginnen und Kollegen, mit Nein 257,
Enthaltungen keine. Der Gesetzentwurf ist damit ange-
nommen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 564;
davon

ja: 308
nein: 256

Ja
SPD
Brigitte Adler
Gerd Andres
Rainer Arnold
Hermann Bachmaier
Ernst Bahr
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Eckhardt Barthel (Berlin)

Klaus Barthel (Starnberg)

Wolfgang Behrendt
Dr. Axel Berg
Hans-Werner Bertl
Friedhelm Julius Beucher
Petra Bierwirth
Rudolf Bindig
Lothar Binding (Heidelberg)

Kurt Bodewig
Klaus Brandner
Anni Brandt-Elsweier
Willi Brase
Dr. Eberhard Brecht

Rainer Brinkmann (Detmold)

Bernhard Brinkmann

(Hildesheim)


Hans-Günter Bruckmann
Edelgard Bulmahn
Ursula Burchardt
Dr. Michael Bürsch
Hans Martin Bury
Hans Büttner (Ingolstadt)

Marion Caspers-Merk
Wolf-Michael Catenhusen
Dr. Peter Wilhelm Danckert
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Christel Deichmann
Karl Diller
Peter Dreßen
Rudolf Dreßler
Detlef Dzembritzki
Dieter Dzewas
Dr. Peter Eckardt
Sebastian Edathy
Ludwig Eich
Marga Elser
Peter Enders
Gernot Erler
Petra Ernstberger
Annette Faße
Lothar Fischer (Homburg)

Gabriele Fograscher
Iris Follak
Norbert Formanski
Hans Forster

Dagmar Freitag
Lilo Friedrich (Mettmann)

Harald Friese
Arne Fuhrmann
Monika Ganseforth
Konrad Gilges
Iris Gleicke
Günter Gloser
Uwe Göllner
Renate Gradistanac
Günter Graf (Friesoythe)

Angelika Graf (Rosenheim)

Dieter Grasedieck
Monika Griefahn
Achim Großmann
Karl-Hermann Haack

(Extertal)


Hans-Joachim Hacker
Christel Hanewinckel
Alfred Hartenbach
Nina Hauer
Hubertus Heil
Reinhold Hemker
Frank Hempel
Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Monika Heubaum
Uwe Hiksch
Reinhold Hiller (Lübeck)

Stephan Hilsberg
Gerd Höfer

Jelena Hoffmann (Chemnitz)

Walter Hoffmann

(Darmstadt)


Frank Hofmann (Volkach)

Ingrid Holzhüter
Eike Hovermann
Christel Humme
Lothar Ibrügger
Barbara Imhof
Brunhilde Irber
Gabriele Iwersen
Renate Jäger
Jann-Peter Janssen
Ilse Janz
Dr. Uwe Jens
Volker Jung (Düsseldorf)

Johannes Kahrs
Ulrich Kasparick
Sabine Kaspereit
Susanne Kastner
Hans-Peter Kemper
Klaus Kirschner
Marianne Klappert
Hans-Ulrich Klose
Walter Kolbow
Fritz Rudolf Körper
Karin Kortmann
Anette Kramme
Nicolette Kressl
Angelika Krüger-Leißner
Horst Kubatschka
Ernst Küchler

Detlef Parr






(A) (C)



(B) (D)


Helga Kühn-Mengel
Ute Kumpf
Konrad Kunick
Dr. Uwe Küster
Werner Labsch
Oskar Lafontaine
Christine Lambrecht
Brigitte Lange
Christian Lange (Backnang)

Detlev von Larcher
Christine Lehder
Robert Leidinger
Klaus Lennartz
Eckhart Lewering
Götz-Peter Lohmann

(Neubrandenburg)


Erika Lotz
Dr. Christine Lucyga
Dieter Maaß (Herne)

Winfried Mante
Dirk Manzewski
Tobias Marhold
Ulrike Mascher
Christoph Matschie
Ingrid Matthäus-Maier
Heide Mattischeck
Markus Meckel
Ulrike Mehl
Ulrike Merten
Angelika Mertens
Dr. Jürgen Meyer (Ulm)

Ursula Mogg
Christoph Moosbauer
Siegmar Mosdorf
Michael Müller (Düsseldorf)

Jutta Müller (Völklingen)

Christian Müller (Zittau)

Franz Müntefering
Andrea Nahles
Volker Neumann (Bramsche)

Gerhard Neumann (Gotha)

Dr. Edith Niehuis
Dietmar Nietan
Günter Oesinghaus
Eckhard Ohl
Leyla Onur
Manfred Opel
Holger Ortel
Adolf Ostertag
Kurt Palis
Albrecht Papenroth
Dr. Willfried Penner
Dr. Martin Pfaff
Georg Pfannenstein
Johannes Pflug
Dr. Eckhart Pick
Joachim Poß
Karin Rehbock-Zureich
Margot von Renesse
Renate Rennebach
Bernd Reuter
Dr. Edelbert Richter
Reinhold Robbe
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Michael Roth

(Heringen)


Birgit Roth (Speyer)

Thomas Sauer
Dr. Hansjörg Schäfer

Gudrun Schaich-Walch
Rudolf Scharping
Bernd Scheelen
Dr. Hermann Scheer
Horst Schild
Otto Schily
Dieter Schloten
Horst Schmidbauer

(Nürnberg)


Ulla Schmidt (Aachen)

Silvia Schmidt (Eisleben)

Dagmar Schmidt

(Meschede)


Wilhelm Schmidt (Salzgitter)

Regina Schmidt-Zadel
Heinz Schmitt (Berg)

Olaf Scholz
Karsten Schönfeld
Fritz Schösser
Ottmar Schreiner
Gerhard Schröder
Gisela Schröter
Dr. Mathias Schubert
Richard Schuhmann

(Delitzsch)


Brigitte Schulte (Hameln)

Reinhard Schultz

(Everswinkel)


Volkmar Schultz (Köln)

Ilse Schumann
Dr. R. Werner Schuster
Dr. Angelica Schwall-Düren
Ernst Schwanhold
Rolf Schwanitz
Bodo Seidenthal
Erika Simm
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
Dr. Cornelie Sonntag-
Wolgast

Wieland Sorge
Wolfgang Spanier
Dr. Margrit Spielmann
Jörg-Otto Spiller
Dr. Ditmar Lothar Staffelt
Ludwig Stiegler
Rolf Stöckel
Rita Streb-Hesse
Dr. Peter Struck
Joachim Stünker
Joachim Tappe
Jörg Tauss
Jella Teuchner
Dr. Gerald Thalheim
Wolfgang Thierse
Franz Thönnes
Adelheid Tröscher
Günter Verheugen
Simone Violka
Ute Vogt (Pforzheim)

Hedi Wegener
Wolfgang Weiermann
Reinhard Weis (Stendal)

Matthias Weisheit
Gert Weisskirchen

(Wiesloch)


Dr. Ernst Ulrich von
Weizsäcker

Hans-Joachim Welt
Dr. Rainer Wend
Hildegard Wester

Lydia Westrich
Inge Wettig-Danielmeier
Dr. Margrit Wetzel
Dr. Norbert Wieczorek
Helmut Wieczorek

(Duisburg)


Jürgen Wieczorek (Leipzig)

Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dieter Wiefelspütz
Heino Wiese (Hannover)

Klaus Wiesehügel
Brigitte Wimmer (Karlsruhe)

Engelbert Clemens Wistuba
Barbara Wittig
Dr. Wolfgang Wodarg
Verena Wohlleben
Hanna Wolf (München)

Waltraud Wolff (Zielitz)

Heidemarie Wright
Uta Zapf
Dr. Christoph Zöpel
Peter Zumkley

BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Gila Altmann (Aurich)

Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Angelika Beer
Annelie Buntenbach
Ekin Deligöz
Dr. Thea Dückert
Franziska Eichstädt-Bohlig
Dr. Uschi Eid
Hans-Josef Fell
Andrea Fischer (Berlin)

Joseph Fischer (Frankfurt)

Katrin Dagmar Göring-
Eckardt

Rita Grießhaber
Winfried Hermann
Kristin Heyne
Ulrike Höfken
Michaele Hustedt
Dr. Angelika Köster-Loßack
Steffi Lemke
Dr. Helmut Lippelt
Dr. Reinhard Loske
Klaus Wolfgang Müller

(Kiel)


Kerstin Müller (Köln)

Winfried Nachtwei
Christa Nickels
Cem Özdemir
Simone Probst
Claudia Roth (Augsburg)

Christine Scheel
Irmingard Schewe-Gerigk
Rezzo Schlauch
Albert Schmidt (Hitzhofen)

Werner Schulz (Leipzig)

Christian Simmert
Christian Sterzing
Hans-Christian Ströbele
Jürgen Trittin
Dr. Antje Vollmer
Sylvia Ingeborg Voß
Helmut Wilhelm (Amberg)

Margareta Wolf (Frankfurt)


Nein
CDU/CSU
Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Altmaier
Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann
Brigitte Baumeister
Meinrad Belle
Dr. Sabine Bergmann-Pohl
Otto Bernhardt
Hans-Dirk Bierling
Dr. Joseph-Theodor Blank
Renate Blank
Dr. Heribert Blens
Peter Bleser
Dr. Norbert Blüm
Friedrich Bohl
Dr. Maria Böhmer
Sylvia Bonitz
Wolfgang Börnsen

(Bönstrup)


Wolfgang Bosbach
Dr. Wolfgang Bötsch
Klaus Brähmig
Dr. Ralf Brauksiepe
Paul Breuer
Monika Brudlewsky
Georg Brunnhuber
Klaus Bühler (Bruchsal)

Hartmut Büttner

(Schönebeck)


Leo Dautzenberg
Wolfgang Dehnel
Hubert Deittert
Albert Deß
Thomas Dörflinger
Hansjürgen Doss
Marie-Luise Dött
Rainer Eppelmann
Anke Eymer
Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Ulf Fink
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer (Hamburg)


(KarlsruheLand)


Dr. Gerhard Friedrich

(Erlangen)


Dr. Hans-Peter Friedrich

(Hof)


Erich G. Fritz
Jochen-Konrad Fromme
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Dr. Heiner Geißler
Georg Girisch
Dr. Reinhard Göhner
Dr. Wolfgang Götzer
Kurt-Dieter Grill
Hermann Gröhe
Manfred Grund
Gottfried Haschke

(Großhennersdorf)


Gerda Hasselfeldt
Norbert Hauser (Bonn)


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms






(B)



(A) (C)



(D)


Hansgeorg Hauser

(Rednitzhembach)


Klaus-Jürgen Hedrich
Ursula Heinen
Siegfried Helias
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Klaus Hofbauer
Martin Hohmann
Klaus Holetschek
Josef Hollerith
Dr. Karl-Heinz Hornhues
Siegfried Hornung
Hubert Hüppe
Georg Janovsky
Dr.-Ing. Rainer Jork
Dr. Harald Kahl
Dr. Dietmar Kansy
Manfred Kanther
Irmgard Karwatzki
Volker Kauder
Eckart von Klaeden
Ulrich Klinkert
Norbert Königshofen
Eva-Maria Kors
Hartmut Koschyk
Rudolf Kraus
Dr. Paul Krüger
Dr. Hermann Kues
Karl Lamers
Dr. Karl A. Lamers

(Heidelberg)


Dr. Norbert Lammert
Dr. Paul Laufs
Karl-Josef Laumann
Vera Lengsfeld
Werner Lensing
Peter Letzgus
Ursula Lietz
Walter Link (Diepholz)

Eduard Lintner
Dr. Klaus Lippold

(Offenbach)


Dr. Manfred Lischewski
Wolfgang Lohmann

(Lüdenscheid)


Julius Louven
Dr. Michael Luther
Erich Maaß (Wilhemshaven)

Erwin Marschewski
Dr. Martin Mayer

(Siegertsbrunn)


Wolfgang Meckelburg

Dr. Michael Meister
Dr. Angela Merkel
Hans Michelbach
Meinolf Michels
Bernward Müller (Jena)

Elmar Müller (Kirchheim)

Bernd Neumann (Bremen)

Claudia Nolte
Günter Nooke
Franz Obermeier
Friedhelm Ost
Eduard Oswald
Dr. Peter Paziorek
Anton Pfeifer
Dr. Friedbert Pflüger
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Ruprecht Polenz
Marlies Pretzlaff
Dr. Bernd Protzner
Dieter Pützhofen
Thomas Rachel
Dr. Peter Ramsauer
Peter Rauen
Christa Reichard (Dresden)

Katherina Reiche
Erika Reinhardt
Hans-Peter Repnik
Klaus Riegert
Franz Romer
Hannelore Rönsch

(Wiesbaden)


Heinrich-Wilhelm Ronsöhr
Dr. Klaus Rose
Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck
Dr. Jürgen Rüttgers
Anita Schäfer
Dr. Wolfgang Schäuble
Hartmut Schauerte
Heinz Schemken
Karl-Heinz Scherhag
Gerhard Scheu
Norbert Schindler
Dietmar Schlee
Christian Schmidt (Fürth)

Dr.-Ing. Joachim Schmidt

(Halsbrücke)


Andreas Schmidt (Mühlheim)

Hans Peter Schmitz

(Baesweiler)


Birgit Schnieber-Jastram
Dr. Andreas Schockenhoff

Dr. Rupert Scholz
Dr. Erika Schuchardt
Wolfgang Schulhoff
Diethard W. Schütze (Berlin)

Clemens Schwalbe
Dr. Christian Schwarz-
Schilling

Wilhelm-Josef Sebastian
Horst Seehofer
Heinz Seiffert
Rudolf Seiters
Bernd Siebert
Werner Siemann
Bärbel Sothmann
Margarete Späte
Erika Steinbach
Andreas Storm
Dorothea Störr-Ritter
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Thomas Strobl
Michael Stübgen
Edeltraut Töpfer
Dr. Hans-Peter Uhl
Gunnar Uldall
Arnold Vaatz
Andrea Voßhoff
Peter Weiß (Emmendingen)

Gerald Weiß (Groß-Gerau)

Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese (Ehingen)

Hans-Otto Wilhelm (Mainz)

Klaus-Peter Willsch
Matthias Wissmann
Werner Wittlich
Dagmar Wöhrl
Elke Wülfing
Wolfgang Zeitlmann
Benno Zierer
Wolfgang Zöller
F.D.P.
Hildebrecht Braun

(Augsburg)


Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Paul K. Friedhoff
Horst Friedrich (Bayreuth)

Rainer Funke
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann

Joachim Günther (Plauen)

Dr. Karlheinz Guttmacher
Klaus Haupt
Dr. Helmut Haussmann
Ulrich Heinrich
Dr. Klaus Kinkel
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Ina Lenke
Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger

Dirk Niebel
Günter Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto

(Frankfurt)


Detlef Parr
Cornelia Pieper
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Gerhard Schüßler
Dr. Irmgard Schwaetzer
Marita Sehn
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Max Stadler
Dr. Dieter Thomae
Jürgen Türk
PDS
Petra Bläss
Maritta Böttcher
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Heidemarie Ehlert
Dr. Heinrich Fink
Dr. Ruth Fuchs
Fred Gebhardt
Dr. Klaus Grehn
Dr. Gregor Gysi
Dr. Barbara Höll
Carsten Hübner
Sabine Jünger
Dr. Evelyn Kenzler
Dr. Heidi Knake-Werner
Rolf Kutzmutz
Ursula Lötzer
Heidemarie Lüth
Angela Marquardt
Manfred Müller (Berlin)

Kersten Naumann
Rosel Neuhäuser
Dr. Uwe-Jens Rössel
Christina Schenk
Gustav-Adolf Schur
Dr. Ilja Seifert

Entschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen Versammlungen
des Europarates und der WEU, der NAV, der OSZE oder der IPU
Abgeordnete(r)
Lörcher, Christa, SPD von Schmude, Michael, CDU/CSU

Ich gebe das Ergebnis der namentlichen Abstim-
mung über den Gesetzentwurf der Fraktionen von SPD
und Bündnis 90/Die Grünen zur Änderung der Berück-
sichtigung von Entlassungsentschädigungen im Arbeits-

förderungsrecht, Drucksachen 14/394 und 14/444 be-
kannt. Abgegebene Stimmen 567. Mit Ja haben ge-
stimmt 337, mit Nein 230, Enthaltungen keine. Auch
dieser Gesetzentwurf ist damit angenommen.

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms






(A) (C)



(B) (D)


Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 567;
davon

ja: 337
nein: 230

Ja
SPD
Brigitte Adler
Gerd Andres
Rainer Arnold
Hermann Bachmaier
Ernst Bahr
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Eckhardt Barthel (Berlin)

Klaus Barthel (Starnberg)

Wolfgang Behrendt
Dr. Axel Berg
Hans-Werner Bertl
Friedhelm Julius Beucher
Petra Bierwirth
Rudolf Bindig
Lothar Binding (Heidelberg)

Kurt Bodewig
Anni Brandt-Elsweier
Willi Brase
Dr. Eberhard Brecht
Rainer Brinkmann (Detmold)

Bernhard Brinkmann

(Hildesheim)


Hans-Günter Bruckmann
Edelgard Bulmahn
Ursula Burchardt
Dr. Michael Bürsch
Hans Martin Bury
Hans Büttner (Ingolstadt)

Marion Caspers-Merk
Wolf-Michael Catenhusen
Dr. Peter Wilhelm Danckert
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Christel Deichmann
Karl Diller
Peter Dreßen
Rudolf Dreßler
Detlef Dzembritzki
Dieter Dzewas
Dr. Peter Eckardt
Sebastian Edathy
Ludwig Eich
Marga Elser
Peter Enders
Gernot Erler
Petra Ernstberger
Annette Faße
Lothar Fischer (Homburg)

Gabriele Fograscher
Iris Follak
Norbert Formanski
Rainer Fornahl
Hans Forster
Dagmar Freitag
Lilo Friedrich (Mettmann)

Harald Friese
Arne Fuhrmann
Monika Ganseforth
Konrad Gilges

Iris Gleicke
Günter Gloser
Uwe Göllner
Renate Gradistanac
Günter Graf (Friesoythe)

Angelika Graf (Rosenheim)

Dieter Grasedieck
Monika Griefahn
Achim Großmann
Karl-Hermann Haack

(Extertal)


Hans-Joachim Hacker
Christel Hanewinckel
Alfred Hartenbach
Anke Hartnagel
Nina Hauer
Hubertus Heil
Reinhold Hemker
Frank Hempel
Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Monika Heubaum
Uwe Hiksch
Reinhold Hiller (Lübeck)

Stephan Hilsberg
Gerd Höfer
Jelena Hoffmann (Chemnitz)

Walter Hoffmann

(Darmstadt)


Frank Hofmann (Volkach)

Ingrid Holzhüter
Eike Hovermann
Christel Humme
Lothar Ibrügger
Barbara Imhof
Brunhilde Irber
Gabriele Iwersen
Renate Jäger
Jann-Peter Janssen
Ilse Janz
Dr. Uwe Jens
Volker Jung (Düsseldorf)

Johannes Kahrs
Ulrich Kasparick
Sabine Kaspereit
Susanne Kastner
Hans-Peter Kemper
Klaus Kirschner
Marianne Klappert
Hans-Ulrich Klose
Walter Kolbow
Fritz Rudolf Körper
Karin Kortmann
Anette Kramme
Nicolette Kressl
Angelika Krüger-Leißner
Horst Kubatschka
Ernst Küchler
Helga Kühn-Mengel
Ute Kumpf
Konrad Kunick
Dr. Uwe Küster
Werner Labsch
Oskar Lafontaine
Christine Lambrecht
Brigitte Lange
Christian Lange (Backnang)

Detlev von Larcher
Christine Lehder

Robert Leidinger
Klaus Lennartz
Eckhart Lewering
Götz-Peter Lohmann

(Neubrandenburg)


Erika Lotz
Dr. Christine Lucyga
Dieter Maaß (Herne)

Winfried Mante
Dirk Manzewski
Tobias Marhold
Ulrike Mascher
Christoph Matschie
Ingrid Matthäus-Maier
Heide Mattischeck
Markus Meckel
Ulrike Mehl
Ulrike Merten
Angelika Mertens
Dr. Jürgen Meyer (Ulm)

Ursula Mogg
Christoph Moosbauer
Siegmar Mosdorf
Michael Müller (Düsseldorf)

Jutta Müller (Völklingen)

Christian Müller (Zittau)

Franz Müntefering
Andrea Maria Nahles
Volker Neumann (Bramsche)

Gerhard Neumann (Gotha)

Dr. Edith Niehuis
Dietmar Nietan
Günter Oesinghaus
Eckhard Ohl
Leyla Onur
Manfred Opel
Holger Ortel
Adolf Ostertag
Kurt Palis
Albrecht Papenroth
Dr. Willfried Penner
Dr. Martin Pfaff
Georg Pfannenstein
Johannes Pflug
Dr. Eckhart Pick
Joachim Poß
Karin Rehbock-Zureich
Margot von Renesse
Renate Rennebach
Bernd Reuter
Dr. Edelbert Richter
Reinhold Robbe
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Michael Roth (Heringen)

Birgit Roth (Speyer)

Thomas Sauer
Dr. Hansjörg Schäfer
Gudrun Schaich-Walch
Rudolf Scharping
Bernd Scheelen
Dr. Hermann Scheer
Horst Schild
Otto Schily
Dieter Schloten
Horst Schmidbauer

(Nürnberg)


Ulla Schmidt (Aachen)

Silvia Schmidt (Eisleben)

Dagmar Schmidt (Meschede)


Wilhelm Schmidt (Salzgitter)

Regina Schmidt-Zadel
Heinz Schmitt (Berg)

Olaf Scholz
Karsten Schönfeld
Fritz Schösser
Ottmar Schreiner
Gerhard Schröder
Gisela Schröter
Dr. Mathias Schubert
Richard Schuhmann

(Delitzsch)


Brigitte Schulte (Hameln)

Reinhard Schultz

(Everswinkel)


Volkmar Schultz (Köln)

Ilse Schumann
Dr. R. Werner Schuster
Dr. Angelica Schwall-Düren
Ernst Schwanhold
Rolf Schwanitz
Bodo Seidenthal
Erika Simm
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
Dr. Cornelie Sonntag-
Wolgast

Wieland Sorge
Wolfgang Spanier
Dr. Margrit Spielmann
Jörg-Otto Spiller
Dr. Ditmar Staffelt
Ludwig Stiegler
Rolf Stöckel
Rita Streb-Hesse
Dr. Peter Struck
Joachim Stünker
Joachim Tappe
Jörg Tauss
Jella Teuchner
Dr. Gerald Thalheim
Wolfgang Thierse
Franz Thönnes
Adelheid Tröscher
Rüdiger Veit
Günter Verheugen
Simone Violka
Ute Vogt (Pforzheim)

Hedi Wegener
Wolfgang Weiermann
Reinhard Weis (Stendal)

Matthias Weisheit
Gert Weisskirchen

(Wiesloch)


Dr. Ernst Ulrich von
Weizsäcker

Hans-Joachim Welt
Dr. Rainer Wend
Hildegard Wester
Lydia Westrich
Inge Wettig-Danielmeier
Dr. Margrit Wetzel
Dr. Norbert Wieczorek
Helmut Wieczorek

(Duisburg)


Jürgen Wieczorek (Leipzig)

Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dieter Wiefelspütz
Heino Wiese (Hannover)

Klaus Wiesehügel
Brigitte Wimmer (Karlsruhe)


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms






(B)



(A) (C)



(D)


Engelbert Clemens Wistuba
Barbara Wittig
Dr. Wolfgang Wodarg
Verena Wohlleben
Hanna Wolf (München)

Waltraud Wolff (Zielitz)

Heidemarie Wright
Uta Zapf
Dr. Christoph Zöpel
Peter Zumkley
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Gila Altmann (Aurich)

Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Angelika Beer
Annelie Buntenbach
Ekin Deligöz
Dr. Thea Dückert
Franziska Eichstädt-Bohlig
Dr. Uschi Eid
Hans-Josef Fell
Andrea Fischer (Berlin)

Joseph Fischer (Frankfurt)

Katrin Göring-Eckardt
Rita Grießhaber
Winfried Hermann
Kristin Heyne
Ulrike Höfken
Michaele Hustedt
Dr. Angelika Köster-Loßack
Steffi Lemke
Dr. Helmut Lippelt
Dr. Reinhard Loske
Klaus Wolfgang Müller

(Kiel)


Kerstin Müller (Köln)

Winfried Nachtwei
Christa Nickels
Cem Özdemir
Simone Probst
Claudia Roth (Augsburg)

Christine Scheel
Irmingard Schewe-Gerigk
Rezzo Schlauch
Albert Schmidt (Hitzhofen)

Werner Schulz (Leipzig)

Christian Simmert
Christian Sterzing
Hans-Christian Ströbele
Jürgen Trittin
Dr. Antje Vollmer
Sylvia Voß
Helmut Wilhelm (Amberg)

Margareta Wolf (Frankfurt)


PDS
Petra Bläss
Maritta Böttcher
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Heidemarie Ehlert
Dr. Heinrich Fink
Dr. Ruth Fuchs
Fred Gebhardt
Dr. Klaus Grehn
Dr. Gregor Gysi

Dr. Barbara Höll
Carsten Hübner
Sabine Jünger
Gerhard Jüttemann
Dr. Evelyn Kenzler
Dr. Heidi Knake-Werner
Rolf Kutzmutz
Ursula Lötzer
Heidemarie Lüth
Angela Marquardt
Manfred Müller (Berlin)

Kersten Naumann
Rosel Neuhäuser
Dr. Uwe-Jens Rössel
Christina Schenk
Gustav-Adolf Schur
Dr. Ilja Seifert

Nein
CDU/CSU
Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Altmaier
Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann
Brigitte Baumeister
Meinrad Belle
Dr. Sabine Bergmann-Pohl
Otto Bernhardt
Hans-Dirk Bierling
Dr. Joseph-Theodor Blank
Renate Blank
Dr. Heribert Blens
Peter Bleser
Dr. Norbert Blüm
Friedrich Bohl
Dr. Maria Böhmer
Sylvia Bonitz
Wolfgang Börnsen

(Bönstrup)


Wolfgang Bosbach
Dr. Wolfgang Bötsch
Klaus Brähmig
Dr. Ralf Brauksiepe
Paul Breuer
Monika Brudlewsky
Klaus Bühler (Bruchsal)

Hartmut Büttner

(Schönebeck)


Cajus Caesar
Leo Dautzenberg
Wolfgang Dehnel
Hubert Deittert
Albert Deß
Thomas Dörflinger
Hansjürgen Doss
Marie-Luise Dött
Rainer Eppelmann
Anke Eymer
Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Ulf Fink
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer (Hamburg)


(KarlsruheLand)


Dr. Gerhard Friedrich

(Erlangen)


Dr. Hans-Peter Friedrich

(Hof)


Erich G. Fritz
Jochen-Konrad Fromme
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Dr. Heiner Geißler
Georg Girisch
Dr. Reinhard Göhner
Dr. Wolfgang Götzer
Kurt-Dieter Grill
Hermann Gröhe
Manfred Grund
Gottfried Haschke

(Großhennersdorf)


Gerda Hasselfeldt
Norbert Hauser (Bonn)

Hansgeorg Hauser

(Rednitzhembach)


Klaus-Jürgen Hedrich
Ursula Heinen
Siegfried Helias
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Klaus Hofbauer
Martin Hohmann
Klaus Holetschek
Josef Hollerith
Dr. Karl-Heinz Hornhues
Siegfried Hornung
Hubert Hüppe
Georg Janovsky
Dr.-Ing. Rainer Jork
Dr. Harald Kahl
Dr. Dietmar Kansy
Manfred Kanther
Irmgard Karwatzki
Volker Kauder
Eckart von Klaeden
Ulrich Klinkert
Norbert Königshofen
Eva-Maria Kors
Hartmut Koschyk
Rudolf Kraus
Dr. Paul Krüger
Dr. Hermann Kues
Karl Lamers
Dr. Karl A. Lamers

(Heidelberg)


Dr. Norbert Lammert
Dr. Paul Laufs
Karl-Josef Laumann
Vera Lengsfeld
Werner Lensing
Peter Letzgus
Ursula Lietz
Walter Link (Diepholz)

Dr. Klaus Lippold

(Offenbach)


Dr. Manfred Lischewski
Wolfgang Lohmann

(Lüdenscheid)


Julius Louven
Dr. Michael Luther
Erich Maaß (Wilhemshaven)

Erwin Marschewski
Dr. Martin Mayer

(Siegertsbrunn)


Wolfgang Meckelburg
Dr. Michael Meister
Dr. Angela Merkel
Friedrich Merz
Hans Michelbach
Meinolf Michels
Bernward Müller (Jena)

Elmar Müller (Kirchheim)

Bernd Neumann (Bremen)

Claudia Nolte
Günter Nooke
Franz Obermeier
Friedhelm Ost
Eduard Oswald
Dr. Peter Paziorek
Anton Pfeifer
Dr. Friedbert Pflüger
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Ruprecht Polenz
Marlies Pretzlaff
Dr. Bernd Protzner
Dieter Pützhofen
Thomas Rachel
Hans Raidel
Dr. Peter Ramsauer
Peter Rauen
Christa Reichard (Dresden)

Katherina Reiche
Hans-Peter Repnik
Klaus Riegert
Franz Romer
Hannelore Rönsch

(Wiesbaden)


Heinrich-Wilhelm Ronsöhr
Dr. Klaus Rose
Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck
Dr. Jürgen Rüttgers
Anita Schäfer
Dr. Wolfgang Schäuble
Hartmut Schauerte
Heinz Schemken
Karl-Heinz Scherhag
Gerhard Scheu
Norbert Schindler
Dietmar Schlee
Christian Schmidt (Fürth)

Dr.-Ing. Joachim Schmidt

(Halsbrücke)


Andreas Schmidt (Mühlheim)

Hans Peter Schmitz

(Baesweiler)


Birgit Schnieber-Jastram
Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Rupert Scholz
Dr. Erika Schuchardt
Wolfgang Schulhoff
Diethard W. Schütze (Berlin)

Clemens Schwalbe
Dr. Christian Schwarz-
Schilling

Wilhelm-Josef Sebastian
Horst Seehofer
Heinz Seiffert
Rudolf Seiters
Bernd Siebert
Werner Siemann
Bärbel Sothmann
Margarete Späte

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms






(A) (C)



(B) (D)


Erika Steinbach
Andreas Storm
Dorothea Störr-Ritter
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Thomas Strobl
Michael Stübgen
Edeltraut Töpfer
Dr. Hans-Peter Uhl
Gunnar Uldall
Arnold Vaatz
Andrea Voßhoff
Peter Weiß (Emmendingen)

Gerald Weiß (Groß-Gerau)

Annette Widmann-Mauz
Heinz Wiese (Ehingen)


Hans-Otto Wilhelm (Mainz)

Klaus-Peter Willsch
Matthias Wissmann
Werner Wittlich
Dagmar Wöhrl
Elke Wülfing
Wolfgang Zeitlmann
Benno Zierer
Wolfgang Zöller

F.D.P.
Hildebrecht Braun

(Augsburg)


Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher

Jörg van Essen
Ulrike Flach
Paul K. Friedhoff
Horst Friedrich (Bayreuth)

Rainer Funke
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther (Plauen)

Dr. Karlheinz Guttmacher
Klaus Haupt
Dr. Helmut Haussmann
Ulrich Heinrich
Dr. Klaus Kinkel
Dr. Heinrich Leonhard Kolb
Gudrun Kopp
Ina Lenke

Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger

Dirk Niebel
Günter Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto

(Frankfurt)


Detlef Parr
Cornelia Pieper
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Gerhard Schüßler
Dr. Irmgard Schwaetzer
Marita Sehn
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Max Stadler
Dr. Dieter Thomae
Jürgen Türk

Entschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen Versammlungen
des Europarates und der WEU, der NAV, der OSZE oder der IPU
Abgeordnete(r)
Lörcher, Christa, SPD von Schmude, Michael, CDU/CSU

Wir fahren jetzt in der Aussprache zum Tagesord-
nungspunkt 7 fort. Das Wort hat der Kollege Walter
Hoffmann von der SPD-Fraktion.


(Jörg Tauss [SPD]: Klär den Kollegen Parr mal auf!)



Walter Hoffmann (SPD):
Rede ID: ID1402517600
Herr Präsi-
dent! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe
Kolleginnen und Kollegen! Als ich den Antrag der
F.D.P.-Fraktion las, mußte ich zunächst einmal schmun-
zeln, anschließend den Kopf schütteln, und dann spürte
ich es: Mich laust die F.D.P.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Völlig verunsichert durch manchmal sehr qualifi-
zierte Äußerungen Ihres bildungspolitischen Sprechers
Möllemann, versuchte ich beim Weiterlesen dieses An-
trages, zu ergründen, ob Sie das Sofortprogramm über-
haupt gelesen haben.


(Stephan Hilsberg [SPD]: Den Eindruck hat man wirklich nicht!)


Am Ende angekommen, war ich zu der Überzeugung
gelangt: Sie haben es in der Tat nicht gelesen. Ich meine
aber, daß die Probleme von 500 000 jungen Men-
schen, die in unserem Land keinen Ausbildungs- und
Arbeitsplatz haben, viel zu ernst sind, als daß man
so fahrlässig und oberflächlich mit ihnen umgehen
dürfte.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der F.D.P.,
beklagen in diesem Antrag, daß das Programm für
400 000 junge Menschen keine Arbeit und keine Aus-
bildung schaffe und Augenwischerei sei. Wir sagen:
100 000 Plätze durch dieses Programm sind ein ehrgei-

ziges Ziel bei einer Gruppe, die aus unterschiedlichen
Gründen die Perspektive Zukunft verloren hat.


(Beifall bei der SPD)

Sie sagen: Streetworker, Beratung bei Entschuldung

und Wohnungsproblemen, die Vermittlung von Zu-
satzqualifikationen sowie des Hauptschulabschlusses
schaffen keine Arbeits- und Ausbildungsplätze. Welch
eine Erkenntnis! Viele junge Menschen haben aber ge-
rade Schulden und Wohnungsprobleme. Ihnen fehlen
Qualifikationen und oft auch der Hauptschulabschluß.
Gerade deshalb bietet dieses Programm für 36 000 junge
Menschen Hilfen zur Behebung dieser Defizite an.


(Beifall bei der SPD)

Völlig erstaunt aber war ich bei Ihrem 9-Punkte-

Konzept. Ich fühlte mich in die arbeitsmarkt- und bil-
dungspolitische Diskussion der 80er Jahre zurückver-
setzt.


(René Röspel [SPD]: Aber des letzten Jahrhunderts!)


Sie fordern Ausbilderkonferenzen mit Betrieben, Be-
rufsschulen und Werkstätten. Sie müßten eigentlich wis-
sen, daß es dies seit Jahren in vielen Teilen der Republik
gibt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie verlangen mehr Flexibilität in den Berufsschulen.
Diese Flexibilität gibt es bereits heute in vielfältiger
Form, zum Beispiel durch Blockunterricht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Detlef Parr [F.D.P.]: Das reicht aber nicht!)


Was hat es aber gebracht?
Sie fordern neue Berufe und die schnellere Schaffung

und Erneuerung von Ausbildungsordnungen. Tatsache

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms






(B)



(A) (C)



(D)


ist aber: Seit 1996 wurden 30 Berufe vollständig neu ge-
schaffen, über 100 Ausbildungsordnungen modernisiert,
so daß eine ganze Reihe weiterer neuer Berufe entstan-
den ist,


(Jörg Tauss [SPD]: Das haben die gar nicht mitgekriegt!)


und zwar binnen kürzester Zeit, in der Regel binnen
zwei Jahren. Ich sage Ihnen: Eine noch schnellere Ent-
wicklung von Ausbildungsordnungen ist fachlich fahr-
lässig.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr.-Ing. Rainer Jork [CDU/CSU]: Welche Regierung hat denn das gemacht? – Jörg Tauss [SPD]: Eben, Herr Jork!)


Sie fordern den Einsatz von Ausbildungsplatzent-
wicklern. Wir stellen im Einzelplan 30 des Bundeshaus-
haltes 19 Millionen DM exakt hierfür zur Verfügung.


(Hans-Michael Goldmann [F.D.P.]: Wir wollen sie bundesweit!)


Sie verlangen die direkte Ansprache der Betriebe
durch Gebietskörperschaften. Ich weiß, daß viele Städte
und Gemeinden, Kreise, aber auch Landesregierungen
dies bereits seit Jahren tun.


(Hans-Michael Goldmann [F.D.P.]: Der DGB ist da vorbildlich!)


Ich denke, auch Sie wissen das. Im Rahmen unseres So-
fortprogramms führen gerade auch in dieser Woche die
Arbeitsämter eine Aktion mit Betriebsbesuchen durch,
um wirklich alle Möglichkeiten auszuschöpfen.


(Hans-Michael Goldmann [F.D.P.]: Haben wir alles schon gemacht!)


Sie fordern die Übernahme der Verantwortung für die
Ausbildung eines Jugendlichen durch mehrere Betriebe.
In unserem Sofortprogramm ist die Förderung solcher
Ausbildungsverbünde explizit in Art. 2 § 4 der Richtli-
nien vorgesehen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – HansMichael Goldmann [F.D.P.]: Für 100 000, nicht für 500 000!)


Ausbildungsbörsen – um noch einen Punkt zu nen-
nen, der von Ihnen angesprochen wurde – gibt es, wie
Sie selber vorhin Gott sei Dank zugestanden haben, be-
reits seit den 80er Jahren. Sie sind in der Tat wirklich
nichts originell Neues.

Die Verbesserung der Beratung von Jugendlichen und
die Optimierung der Kooperation mit den Schulen wer-
den an vielen Stellen durch dieses Programm unterstützt
und gefördert.


(Detlef Parr [F.D.P.]: Durch das Monopol des Arbeitsamtes!)


Ihre Forderung nach einem Mobilitätsprogramm
geht allerdings völlig an der Realität vorbei. Nach einer
Statistik der Bundesanstalt für Arbeit vom Januar dieses
Jahres gibt es nur in drei Bundesländern einen Überhang

von nicht besetzten Stellen gegenüber noch nicht ver-
mittelten Bewerbern.


(Detlef Parr [F.D.P.]: Nennen Sie einmal die Namen der Bundesländer!)


Das ist das eine. Zum anderen wird vor Ort – das müß-
ten Sie eigentlich wissen – die Mobilität von Jugendli-
chen schon lange finanziell und organisatorisch unter-
stützt. Ich sage hier aber ganz deutlich: Es kann kein
ordnungspolitisches Ziel sein, Nomadenzüge durch das
gesamte Gebiet der Republik zu organisieren.


(Beifall bei der SPD – Detlef Parr [F.D.P.]: Dann können Sie die USA auflösen!)


Weiterhin verlangen Sie einen bundesweiten Infor-
mationspool, durch den Auskunft über freie Plätze ge-
geben wird. Sie müßten eigentlich wissen, daß es das be-
reits gibt.

Ganz betroffen war ich über Ihren letzten Punkt, in
dem wir alle aufgefordert werden, persönlich in den
Wahlkreisen dafür einzutreten, daß zusätzliche Plätze
geschaffen werden. Ich bin sehr enttäuscht, daß Sie das
bis jetzt noch nicht gemacht haben.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)


Fast alles, was Sie fordern – ich konzentriere mich
jetzt wirklich auf Ihren Antrag –, ist bereits in vielen
Regionen der Republik tägliche Praxis. Unser Sofort-
programm hingegen ist eine zusätzliche – das möchte
ich betonen – Initiative zur Bekämpfung der Jugendar-
beitslosigkeit. Es ersetzt nicht – da haben Sie recht – ei-
ne Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingun-
gen, die Verantwortung der Tarifvertragsparteien und
eine gute Bildungspolitik. Daran arbeiten wir im Mo-
ment ganz eifrig und engagiert.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Her-
ren, liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses Programm
ist ein Angebot von zehn verschiedenen Maßnahmen an
insgesamt 100 000 junge Menschen mit einem Gesamt-
volumen von 2 Milliarden DM. Den Akteuren vor Ort,
und niemand anderem, eröffnet es die Möglichkeit,
kreativ und mit viel Spielraum neue Wege zur Bekämp-
fung der Ausbildungsmisere zu suchen und auszuprobie-
ren. Es ist, so meinen wir, ein Schritt in die richtige
Richtung.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Entscheidend für den Erfolg dieses Programmes – das
sage ich hier ganz deutlich –, ist allerdings die Um-
setzung vor Ort, nicht allein durch die Arbeitsverwal-
tung, sondern durch alle, die ernsthaft mehr Ausbil-
dungs- und Arbeitsstellen wollen. Dieses Programm ist
eine Aufforderung zum Handeln.

Es ist richtig: Natürlich gibt es Schwierigkeiten und
Probleme bei der Umsetzung. Ich bin auch der Auffas-
sung, daß wir diese Schwierigkeiten und Probleme in
den nächsten Monaten kritisch aufarbeiten müssen, um
Korrekturen vor allen Dingen für das zweite Halbjahr
vornehmen zu können. Wenn aber Spitzenpolitiker im

Walter Hoffmann (Darmstadt)







(A) (C)



(B) (D)


Deutschen Bundestag feststellen, daß dieses Programm
darauf abzielt, junge Menschen ruhigzustellen,


(Jörg Tauss [SPD]: Unverantwortlich!)

dann ist die Wirkung verheerend, nicht nur weil die Be-
troffenen diskreditiert werden,


(Hans-Michael Goldmann [F.D.P.]: Was hat das mit unserem Antrag zu tun?)


sondern weil nach außen der Eindruck entsteht, daß die
zynische Hoffnung gehegt wird, daß das Programm
scheitert.


(Beifall bei der SPD)

Ich habe bis heute immer noch geglaubt, daß Herr

Schäuble sich für seine Äußerung vor diesem Hause und
gegenüber den Betroffenen entschuldigen oder sie zu-
mindest klarstellen würde.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)


Allein eine Korrektur im Protokoll – ich habe das ja
nachgelesen – genügt bei einer solchen Äußerung in der
Tat nicht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der F.D.P., ich
empfehle Ihnen: Ab mit diesem Antrag ins Archiv! Ar-
beiten Sie lieber konstruktiv und kritisch an der Umset-
zung dieses Sofortprogrammes mit, wenn schon nicht im
Interesse der sozialdemokratisch-grünen Regierung,
dann wenigstens im Interesse der Betroffenen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1402517700
Herr
Kollege Hoffmann, ich beglückwünsche Sie zu Ihrer er-
sten Rede im Deutschen Bundestag.


(Beifall – Hans-Michael Goldmann [F.D.P.]: Das war gut, Herr Hoffmann! Das war nur die falsche Veranstaltung! Sie waren noch beim DGB!)


Als nächster Redner hat das Wort der Kollege
Dr. Rainer Jork von der CDU/CSU-Fraktion.


Dr.-Ing. Rainer Jork (CDU):
Rede ID: ID1402517800
Herr Präsident!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie
mich eingangs mit Genugtuung feststellen, daß wir
schon heute, Anfang März, darüber nachdenken, wie wir
die Ausbildungsplatzsituation wirksam verbessern kön-
nen. Die Opposition hat früher um diese Jahreszeit Lehr-
stelleninteressenten mit Katastrophenprognosen zusätz-
lich verunsichert. Wir haben also eine neue Situation –
auch in der Opposition, Kollege Tauss.

Die F.D.P. stellt in ihrem Antrag fest, daß das Sofort-
programm der Regierung der Zielstellung einer wirksa-
men und nachhaltigen Verbesserung der Lehrstellensi-
tuation wohl nicht gerecht werden kann. Es wird Sie
nicht wundern, daß auch wir von der CDU/CSU-
Fraktion das befürchten. Ich freue mich aber, daß nun

auch die neue Koalition, also die frühere Opposition,
versucht, konkret an die Probleme des Lehrstellenmark-
tes heranzugehen.


(Jörg Tauss [SPD]: Was heißt hier „auch“?)

Lassen Sie mich allerdings gleich sagen: Ich habe

eher den Eindruck, daß es an wirklich neuen Ideen fehlt
und daß hier vor allem mit Geld und Reklame imponiert
wird. Mittels staatlicher Zuschüsse sollen 100 000 Ju-
gendliche in Ausbildung und Qualifizierung Beschäfti-
gung finden. Hoffentlich funktioniert das. Wir alle wol-
len das; davon können wir ausgehen. Ich habe erst heute
vom Arbeitsamt in Annaberg erfahren, daß das Geld bei
den eigentlichen Trägern der dualen Ausbildung, den
Betrieben, nicht ankommt. Wenn wir kritisch darüber
nachdenken wollen, Kollege Hoffmann, was zu tun ist:
An der Stelle müssen wir prüfen – ich bin Ihrer Mei-
nung, daß das ein normaler Ablauf ist, wenn etwas Neu-
es gemacht wird, wo etwas zu verbessern ist.

Sosehr ich den Antrag der F.D.P. in wesentlichen
Punkten – unabhängig davon, ob sie neu sind oder nicht
– unterstütze, finde ich doch, daß er einen ganz erhebli-
chen Mangel aufweist.


(Jörg Tauss [SPD]: Richtig! Mehr als einen!)

Es geht nach wie vor um die kritische Situation in den
neuen Bundesländern. Diese kommt in dem Antrag
nicht vor.


(Stephan Hilsberg [SPD]: Kein Wort dazu!)

Wir müssen wissen, daß das allgemeine Problem von
Strukturveränderungen, von Globalisierung und von
Innovationsdruck in den neuen Bundesländern von den
Schwierigkeiten beim Neuaufbau der Wirtschaft überla-
gert wird. Gleiche Verteilung der Mittel bei allen Pro-
grammen nützt nichts. Die besonderen Umstände in den
neuen Bundesländern verlangen nach besonderen Me-
thoden und Instrumenten und insbesondere nach einer
spezifischen Abstimmung von Bundes- und Landespro-
grammen.

Ich möchte noch einmal, wie früher schon, auf die
Hauptpunkte bei allen Maßnahmen hinweisen. Jede
Maßnahme zur Förderung von Lehrstellen muß sich an
drei Kriterien messen lassen: erstens an der Qualität der
Ausbildung. Damit hängt die Frage zusammen, welche
Lehrkräfte wie aktuell unterrichten können. Zweitens ist
der Praxiskontakt der Ausbildung wichtig. Nur dann ist
eine duale Berufsausbildung wirklich dual, wenn der
betriebliche Anteil repräsentiert wird. Drittens geht es
um die Eröffnung der Möglichkeit für die Lehrlinge,
nach der Lehrzeit eine dauerhafte Beschäftigung zu be-
kommen.

An diesen Kriterien müssen wir auch die Programme
der neuen Bundesregierung messen. Ich empfehle Ihnen,
das auch zu tun.

Die Förderung praxisnaher beruflicher Ausbildung
ist alleine mit Finanzierung nicht getan. Es besteht die
Gefahr der Theorielastigkeit. Erlerntes Wissen muß in
der Praxis und bei der späteren Arbeit anwendbar sein.
Die Maßnahmen der Bundesregierung mögen vielen Ju-
gendlichen Zusatzqualifizierungen verschaffen. Ihnen

Walter Hoffmann (Darmstadt)







(B)



(A) (C)



(D)


das Nachholen des Hauptschulabschlusses zu ermögli-
chen bringt sie aber eben nicht in eine praxisnahe Aus-
bildung und zukunftssichere Beschäftigung.


(Jörg Tauss [SPD]: Aber näher hin!)

Die Auffassung, daß sich die Gesamtsituation auf

dem Lehrstellenmarkt vor allem durch staatlich finan-
zierte Förderprogramme verbessern läßt, ist ein Trug-
schluß. In Wirklichkeit ist eine strukturelle Entlastung
auf dem Ausbildungsmarkt nur dann zu erreichen, wenn
– das wurde eben gesagt – die Rahmenbedingungen
der Wirtschaft deutlich verbessert werden. Florierende
Unternehmen bilden schon im eigenen Interesse aus.
Kränkelnde können sich dies dagegen oft nicht leisten.
Es gilt also, eine gute Lehrstellenpolitik an die Arbeits-
marktpolitik zu koppeln. Mit anderen Worten: Mit Me-
thoden, die zur Vermehrung von Arbeit führen, erreicht
man auch eine Vermehrung der Lehrstellenzahl.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Was ist also zu tun? Vor allem Handwerker und mit-

telständische Unternehmen, die das Gros der Ausbil-
dungsleistungen erbringen, müssen steuerlich entlastet
werden. Die Zahlungsbereitschaft von Schuldnern, ins-
besondere in den neuen Ländern – das ist ein wichtiger
Punkt –, muß dringend verbessert werden. Öffentliche
Aufträge dürfen nicht nur nach den geringsten Kosten,
sondern müssen auch nach gesamtwirtschaftlichen Ge-
sichtspunkten vergeben werden. Oft steht hier die Zu-
kunft von regionalen Betrieben auf dem Spiel. Das ist
ein besonderes Ostspezifikum.

Die Signale, die die rotgrüne Regierung mit ihrer ver-
fehlten Steuer- und Abgabenpolitik setzt, sind verhee-
rend.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Das sind ja nicht einmal Signale!)


Herr Tauss, ich zitiere einmal, was heute in einer Zei-
tung stand:

Immer mehr Unternehmen, auch solche, die der
rotgrünen Regierung bisher neutral und abwartend
gegenüberstanden, wenden sich mit Grausen ab,
verweigern neue Investitionen im Lande und verla-
gern Unternehmensanteile ins Ausland – mit ent-
sprechenden Folgen für den Standort Deutschland.

Das führt auch zu Folgen im Lehrstellenbereich.
Ich wünsche mir, daß die neue Koalition ihre ideolo-

gischen Fesseln ablegt

(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das müssen ausgerechnet Sie sagen!)

und sich noch einmal mit den Maßnahmen der früheren
Bundesregierung zur Verbesserung der Lehrstellensi-
tuation befaßt. Ich beziehe mich auf die von Ihnen, Herr
Kollege Hoffmann, soeben gemachte Bemerkung, daß
wir nicht fahrlässig und oberflächlich umgehen sollen
mit dem, was erarbeitet worden ist. Sie haben ja gerne
zur Kenntnis genommen, wie die Methoden der früheren
Bundesregierung heute greifen.

Es geht vor allem – dazu möchte ich einige Punkte
aufzählen, die teilweise erledigt sind; aber noch nicht
alle; da besteht noch Handlungsbedarf –


(Zuruf des Abg. Stephan Hilsberg [SPD])

– auch Ihrerseits, Herr Hilsberg – um das zügige Schaf-
fen neuer Berufsbilder und darum, neue Berufe voran-
zutreiben.


(Stephan Hilsberg [SPD]: Das wird nicht reichen!)


Es geht darum, die Überarbeitung von Ausbildungsord-
nungen zu sichern.

Es geht um die Verbesserung der Situation an Schu-
len. Darüber wurde soeben gesprochen.


(Stephan Hilsberg [SPD]: Ländersache!)

– Genau, das ist Ländersache. – Es geht um eine Koor-
dination von Bundes- und Länderprogrammen. Es geht
um eine rechtzeitige Beratung der Jugendlichen bei der
Wahl ihrer Ausbildungsplätze und um die Erhöhung der
Flexibilität der Angebote.

Mit der Aussage „Ländersache“ werden Sie nie ein
Problem lösen. Wenn eine Partei auf Landes- und Bun-
desebene Verantwortung hat, muß sie sich auf allen
Ebenen abstimmen und gemeinsam im Interesse der Ju-
gendlichen ein Ziel verfolgen. Ich habe den Eindruck,
daß das vergessen wird. Mit sektoralem Denken und
Fragen nach der Zuständigkeit werden die bestehenden
Probleme nicht gelöst.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich empehle Ihnen sehr, daß Sie dort Ihre größere Ver-
antwortung wahrnehmen. Das wollten Ihre Wähler.
Heute habe ich wiederholt gehört, was die Wähler von
Ihnen wollten, nämlich genau das.

Das „9-Punkte-Konzept“ der F.D.P. kann also schon
deshalb begrüßt werden, weil vernünftige Anregungen
aufgegriffen werden. Ich möchte auf einen Punkt einge-
hen, den ich zuletzt erwähnt habe: Es wird immer von
der modularen bzw. gestuften Ausbildung gesprochen.
Ich glaube, dieser Begriff ist nicht klar. Man sollte ein-
mal sagen, was man darunter versteht. Ich habe mir dazu
etwas aufgeschrieben, auch um von Ihnen bei Gelegen-
heit, zum Beispiel im Ausschuß, kritisiert zu werden
oder um gemeinsam zu überlegen, ob dies so richtig ist.
Ich lese es einmal vor:


(Stephan Hilsberg [SPD]: Dann schießen Sie mal los!)


Ein Modul im dualen Ausbildungssystem ist eine
Lerneinheit, ein in sich abgeschlossener Qualifikations-
baustein, der zur Ausführung bestimmter praktischer
Arbeitsleistungen befähigt. Module können in allen Pha-
sen der beruflichen Qualifizierung, von der Grundaus-
bildung bis zur Weiterbildung, von Bedeutung sein und
bestimmte Zielgruppen besonders fördern. Sie sollen die
Kompatibilität zu bestimmten Berufsbildern sichern,
aber auch – entsprechend der modernen Produktionspra-
xis – effektiv nutzbare Teilqualifikationen sichern.

Dr.-Ing. Rainer Jork






(A) (C)



(B) (D)


Mir ist klar, daß das Vorlesen einer Definiton pro-
blematisch ist. Daher denke ich, wir sollten später, zum
Beispiel im Ausschuß, darüber sprechen.


(Jörg Tauss [SPD]: Von wem ist die Definition?)


– Von mir. Es ist für Sie vielleicht ungewöhnlich, Herr
Tauss; aber auch als Politiker kann man sich Gedanken
machen. Auch in der Gewerkschaftszeitung des DGB
stehen dazu einige Gedanken. Aber hier habe ich mir
tatsächlich einmal eigene Gedanken gemacht.

Die Qualifikationspotentiale der Jugendlichen können
ausgeschöpft werden, wenn man mit diesen Modulen
arbeitet. Ihre Qualifikationsbedürfnisse sind zu berück-
sichtigen. Gleichzeitig wird den neuen Anforderungen
der Wirtschaft entsprochen. Die individuelle Leistungs-
fähigkeit der Lehrer und der in Weiterbildung befindli-
chen Facharbeiter wird dadurch besser berücksichtigt.
Auch praktisch Veranlagten bietet sich eine neue Mög-
lichkeit.

Wir ostdeutschen CDU-Abgeordneten haben vor et-
wa zwei Jahren einen Maßnahmenkatalog im Ergebnis
einer Anhörung erarbeitet. Den Katalog habe ich schon
einmal vorgestellt.


(Stephan Hilsberg [SPD]: So etwas gibt es?)

– Wenn Sie jetzt fragen, Herr Hilsberg, ob es so etwas
gibt, dann muß ich sagen: Da wird einfach nicht zuge-
hört. Es wäre ganz gut, wenn man im Parlament außer
dem Senden auch einmal den Empfang üben würde und
über das Gesagte nachdenkt. So etwas sollte es im Par-
lament geben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Iris Gleicke [SPD]: Das müssen gerade Sie sagen!)


Wir haben verschiedene Maßnahmen aufgeführt, die
– das sagte ich vorhin schon – teilweise in Angriff ge-
nommen worden sind oder noch angegangen werden
sollen. Ich nehme Ihre Anregungen und Ihre Verwirrung
gerne auf.


(Lachen bei Abgeordneten der SPD)

– Ich gebe Ihnen gerne einmal die Unterlagen, die wir
dazu erarbeitet haben und die ich überhaupt nicht lach-
haft finde; denn es geht um junge Leute. Ich will einmal
zitieren, was Sie früher gesagt haben: Wenn man über
Arbeitsplätze für junge Leute und über deren Zukunft
redet, darf man nicht lachen. Dann darf man auch einmal
zuhören. Vielleicht denken Sie einmal darüber nach.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Es ist kein Epochenwechsel, den Sie uns angeboten

haben, wenn man nicht zuhört und nicht gemeinsam
überlegt, was eigentlich zu tun ist.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich ersuche also die neue Bundesregierung, sich die

Vorschläge – ich erlaube mir, sie im Anschluß dem
Kollegen Catenhusen zu geben – einmal anzusehen, da-
mit die Modernisierung der Berufsbildung vorange-
bracht wird.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1402517900
Herr
Kollege Jork, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Kol-
legen Hilsberg?


Dr.-Ing. Rainer Jork (CDU):
Rede ID: ID1402518000
Ja, klar.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1402518100
Bitte
schön, Herr Kollege.


Stephan Hilsberg (SPD):
Rede ID: ID1402518200
Herr Kollege Jork, jen-
seits aller Polemik: Können Sie mir bestätigen, daß wir
mit unserem Programm gegen die Jugendarbeitslosigkeit
einen Betrag in Höhe von 2 Milliarden DM auf den Weg
gebracht haben und daß es die vorherige CDU/CSU-
Regierung nicht ein einziges Mal geschafft hat, so etwas
auf den Weg zu bringen?


(Beifall bei der SPD)



Dr.-Ing. Rainer Jork (CDU):
Rede ID: ID1402518300
Ich freue mich
mit Ihnen, daß man eine solche Summe für die jungen
Leute bereitstellen kann.


(Beifall bei der SPD)

In meiner Rede – vielleicht haben Sie zugehört – habe
ich das auch zum Ausdruck gebracht. Ich habe Sie näm-
lich am Anfang meiner Rede gelobt. Jetzt ist die Frage,
wie das Geld an welcher Stelle ankommt. Deshalb habe
ich – ich wiederhole mich – gesagt: Es muß an die Basis
kommen. Es muß dort ankommen, wo das duale System
tatsächlich funktioniert


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])

und wo die jungen Leute nach den drei von mir ge-
nannten Kriterien auch in der Zukunft eine Chance ha-
ben, Arbeit zu finden. Allein mit Geld ist das nicht ge-
macht. Auch jetzt wiederhole ich mich: Es darf nicht nur
theorielastige betriebsferne Lehrgänge geben. Es muß
gesichert werden, daß kleine Betriebe und der Mittel-
stand – besonders in den neuen Bundesländern – das
Geld zur Verfügung gestellt bekommen, damit wir an
den Kern der Sache kommen.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sehr gut!)


Ich freue mich, wenn das klappt. Ich bin nämlich der
Meinung, daß wir die Probleme an vielen Stellen mit-
einander lösen können.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1402518400
Herr
Kollege Jork, erlauben Sie eine weitere Zwischenfrage
der Kollegin Aigner?


Dr.-Ing. Rainer Jork (CDU):
Rede ID: ID1402518500
Aber bitte.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1402518600
Bitte
schön, Frau Aigner.

Dr.-Ing. Rainer Jork






(B)



(A) (C)



(D)



Ilse Aigner (CSU):
Rede ID: ID1402518700
Herr Dr. Jork, können Sie
bestätigen, daß von diesen 2 Milliarden DM 600 Millio-
nen aus dem Europäischen Sozialfonds kommt, die
normalerweise für Langzeitarbeitslose und besonders für
Frauen gedacht waren?


Dr.-Ing. Rainer Jork (CDU):
Rede ID: ID1402518800
Frau Kollegin
Aigner, ich bin mir natürlich klar, daß die vom Kollegen
Hilsberg genannte Summe nicht ausschließlich von der
Bundesregierung kommt. Partner hat auch die frühere
Regierung gesucht. Sie sollten bloß nicht Leistungen für
sich in Anspruch nehmen, die andere erbringen.


(Beifall bei Abgeordneten der F.D.P.)

Frau Kollegin Aigner, Herr Hoffmann hätte natürlich

erwähnen können, daß bereits funktionierende Metho-
den, die aus dem Reformprojekt „Berufliche Bildung“
der vorherigen Bundesregierung stammen übernommen
worden sind. Sie hätten einmal sagen können: Wir haben
etwas übernommen, das funktioniert. Für die betroffe-
nen Lehrlinge – das auch zu Ihrer Frage, Frau Kollegin
Aigner – ist es schon ganz gut, wenn sie einmal sehen:
In der Politik wird sachlich miteinander umgegangen,
und es werden auch sinnvolle Maßnahmen gemeinsam
in Gang gesetzt.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1402518900
Herr
Kollege Jork, erlauben Sie eine dritte Zwischenfrage der
Kollegin Gleicke?


Dr.-Ing. Rainer Jork (CDU):
Rede ID: ID1402519000
Ja, wir können
jetzt gerne eine Fragestunde machen. Irgendwie muß ich
dann nur noch den Schluß finden. Es hängt alles an
Ihnen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1402519100
Bitte
schön, Frau Kollegin.


Iris Gleicke (SPD):
Rede ID: ID1402519200
Herr Kollege Jork, das Pro-
gramm für die 100 000 Jugendlichen sieht für 1999
2 Milliarden DM vor. Es wird im nächsten Haushaltsjahr
mit 1,1 Milliarden DM und auch danach noch teilweise
fortgesetzt werden. Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu
nehmen, daß es in bezug auf alle Programme zu begrü-
ßen ist, die Ansätze, auch zum Beispiel die der Europäi-
schen Union, zusammenzuführen, um eine sinnvolle
Ausgestaltung der Programme zu erreichen und in dem
Sinne, wie Sie auf die Frage von Herrn Kollegen Hils-
berg geantwortet haben, praxisorientiert Ausbildungs-
plätze zu schaffen?


Dr.-Ing. Rainer Jork (CDU):
Rede ID: ID1402519300
Klar. Ich weiß
jetzt nicht, wo die Frage ist. Darauf zielte ja meine Be-
merkung von vorhin. Ich kann nur darum bitten, daß Sie
mit den Mitteln, die Sie bereitstellen, die richtigen Stellen
erreichen, daß sie wirksam helfen und daß Sie sich über-
legen, ob die drei Kriterien tatsächlich erfüllt werden.


(Iris Gleicke [SPD]: Da stimmen wir überein!)


– Ich freue mich, wenn das weiterhin der Fall ist. – Aber
bitte konterkarieren Sie Ihre Bemühungen nicht mit
einer schlimmen Steuerreform, die die Wirtschaft und
den Mittelstand an der Stelle trifft, wo es auch um Aus-
bildungsbereitschaft geht. Das haben wir heute gehört.
Was soll es, das mit viel Geld und wenig zielgerichtet
erreichen zu wollen, wenn man andererseits bewirkt, daß
Betriebe weggehen – ich rede jetzt von Großbetrieben,
die sowieso dazu gebracht werden müssen, mehr auszu-
bilden; in dieser Frage sind wir uns einig –, wenn man
kleine Betriebe, den Mittelstand und das Handwerk so-
zusagen teilweise köpft oder wenn man nicht ausrei-
chend Maßnahmen vorsieht, sie zu fördern. Das ist mein
Problem.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P. – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Widersinnig ist das! – Gegenruf des Abg. Jörg Tauss [SPD]: Ja, ja! Sie haben sich heute genug aufgeregt!)


– Herr Tauss gibt mir das Signal, daß ich zum Schluß
kommen muß.

Ich wollte noch sagen – da teile ich Ihren Standpunkt,
Kollege Hoffmann –, daß Bundes- und Länderprogram-
me konform gehen müssen. Für uns in Sachsen ist es
zum Beispiel ganz wichtig, daß die Gemeinschafts-
initiative weiterläuft und daß regionale Spezifika be-
rücksichtigt werden. Mecklenburg-Vorpommern ist eben
anders als Sachsen. Auch in Sachsen selbst gibt es Un-
terschiede. Man muß problem-, wirtschafts-, personen-
bezogen fördern. Das können die Länder sicher am be-
sten. Ich bitte die Bundesregierung, diese Gemein-
schaftsinitiative fortzuführen und mit den Ländern auf
geeignete Weise abzustimmen, wie man die Maßnahme
besonders wirksam einsetzt. Ich erspare es mir aus Zeit-
gründen, zu sagen – bei anderer Gelegenheit habe ich
das schon einmal vorgetragen –, welche Methoden dafür
eingesetzt werden können.

Ich darf vielleicht abschließend sagen: Hauruckpro-
gramme reichen nicht; wir brauchen tiefgreifende Lö-
sungen. Ich glaube, das ist auch Gegenstand der Diskus-
sion gewesen. Wir brauchen eine deutliche Entlastung
der Wirtschaft, und wir brauchen ein konstruktives Mit-
einander zwischen Regierung und Opposition. In dem
Sinne – jetzt beziehe ich mich auf meine Eingangsbe-
merkung – finde ich es schon toll, daß wir heute nicht
nur Katastrophen an die Wand malen, sondern daß wir
überlegen, was wir machen können. Wir sind gern Ihre
Partner.

Ich mache, wie versprochen, dem Kollegen Caten-
husen ein Geschenk, indem ich ihm das Protokoll über-
gebe. Die geschilderten Maßnahmen möchte ich als An-
regung verstehen.

Danke.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge ordneten der F.D.P)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1402519400
Als
nächster Redner hat das Wort der Kollege Hans-Josef
Fell von Bündnis 90/Die Grünen.






(A) (C)



(B) (D)



Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1402519500

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Liebe Kollegen und Kolleginnen von der F.D.P., es ist
für uns unverständlich, wieso – ich zitiere aus Ihrem
Antrag – „das Eingreifen der Bundesregierung das
schulpolitische Versagen der rotgrünen Landesregierun-
gen deutlich“ macht.


(Jörg Tauss [SPD]: Unglaublich!)

Für die Bereitstellung von ausreichenden Ausbildungs-
plätzen ist noch immer die Wirtschaft – bei den entspre-
chenden politisch gesetzten Rahmenbedingungen – ver-
antwortlich. Dies macht zum Beispiel auch der Gesetz-
entwurf der bündnisgrünen Fraktion aus der letzten Le-
gislaturperiode deutlich.


(Ulrich Heinrich [F.D.P.]: Dann haben Sie unseren Antrag nicht richtig gelesen, Herr Kollege!)


Auch das Bundesverfassungsgerichtsurteil von 1980 ist,
was die Verantwortung der Wirtschaft für die Bereit-
stellung von Ausbildungsplätzen betrifft, schwerlich an-
ders zu interpretieren.

In dieser Beziehung hat die F.D.P. in den letzten Jah-
ren wahrlich keine Lorbeeren erstritten. Wo außer beim
ständigen Betonen und Einfordern von freiwilligen
Selbstverpflichtungen der Wirtschaft ohne größere Fol-
gen und vor allem ohne größere Wirkungen waren denn
damals die Damen und Herren der F.D.P.?


(Zurufe von der F.D.P.: Das stimmt doch gar nicht! Das Handwerk hat riesige Anstrengungen unternommen! – Schauen Sie sich die Zunahme der Zahl der Ausbildungsplätze einmal an!)


Manche Kritikpunkte von Ihnen sind, was die Zahlen
und den Inhalt anbelangt, allerdings nicht unbedingt von
der Hand zu weisen. Es gibt strukturelle und auch qua-
litative Anlaufprobleme zum Beispiel bei der Umset-
zung des Sofortprogrammes der jetzigen Bundesregie-
rung. Aber nach 16 Jahren relativen Stillstands auf dem
Gebiet der Berufsausbildung kann nicht alles mit einem
großen Wurf auf einmal gelingen, zumal es auch um
strukturelle Probleme im System der dualen Berufsaus-
bildung geht. Das Sofortprogramm kann nur ein Mosa-
ikstein in diesem Komplex sein.

Eine strukturelle Entlastung auf dem Ausbildungs-
markt ist nicht allein durch mehr Wachstum und mehr
Beschäftigung, die immer wieder beschworen werden,
möglich. Die originär für Ausbildung Zuständigen ver-
abschieden sich immer mehr aus ihrer Verantwortung.
Mittlerweile wird davon ausgegangen, daß nur noch zir-
ka 20 Prozent der Betriebe ausbilden, die eigentlich
ausbilden könnten. Die Arbeitnehmer- und Arbeitneh-
merinnenseite hat hierzu durchaus eigene Vorstellungen
in die Tarifverhandlungen eingebracht. Zum Beispiel hat
die ÖTV 1998 den freiwilligen Verzicht auf eine Anhe-
bung der Ausbildungsvergütungen im Gegenzug zur Be-
reitstellung von mehr Ausbildungsplätzen vorgeschla-
gen. Die Arbeitgeber- und Arbeitgeberinnenseite ist es
jedoch, die ihre alten Gräben nicht oder nur sehr schwer-
fällig verläßt.

Meine Damen und Herren von der F.D.P., inwieweit
die Ausbildungsmisere – was für ein Wort – das fast al-
leinige Ergebnis der Schulpolitik sein soll, ist unklar
und wird sich schwerlich beweisen lassen. Bei allen Un-
zulänglichkeiten und Kritikpunkten am Bildungssystem
handelt es sich doch um das strukturelle Problem, daß
die Bereitstellung von Ausbildungsplätzen verweigert
wird. Was wäre denn, wenn die auf die Berufsausbil-
dung vorbereitenden Bildungsgänge hundertprozentig in
Ordnung wären? Gäbe es dann automatisch eine höhere
Ausbildungsbereitschaft seitens der dafür Zuständigen,
sprich: der Wirtschaft? Ist das nicht eher ein beliebiges
Mäntelchen – die Jugendlichen haben ein schlechtes
Bildungsniveau, sagt man –, das man anzieht, um von
eigenem Versagen ablenken zu können?

Was die von Ihnen eingeforderten regionalen Aus-
bildungskonferenzen betrifft, so gibt es diese schon.


(Stephan Hilsberg [SPD]: Schon lange! Das ist ein alter Hut!)


Sie mögen in einigen Regionen unterschiedliche Namen
haben. Aber sie nur anders nennen zu wollen greift ja
wohl wirklich zu kurz


(Zustimmung bei der SPD – Hans-Michael Goldmann [F.D.P.]: Wenn wir 500 000 junge Menschen ohne Ausbildungsplatz haben, müssen die unheimlich effektiv sein! – Gegenruf des Abg. Stephan Hilsberg [SPD]: Ihr Erbe!)


und spricht den dort Arbeitenden die Bemühungen und
auch die Resultate ab.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Hans-Michael Goldmann [F.D.P.]: Der Bundeskanzler kommt aus dem Land mit der schlechtesten Bilanz!)


Allerdings – insoweit stimme ich Ihnen zu – sollten die-
se Ausbildungskonferenzen flächendeckend ausgedehnt
werden.


(Detlef Parr [F.D.P.]: Mehr haben wir auch nicht gewollt!)


Nun zur ewigen Litanei über angebliche Ausbil-
dungshemmnisse. Hat irgendeine Beseitigung solcher
vorgeblichen Hemmnisse durch die alte Bundesregie-
rung, zum Beispiel durch die Änderung des Jugendar-
beitsschutzgesetzes, wirklich nachhaltige Wirkung ge-
zeigt? Plakativ behauptet wurde dies immer. Die berufs-
bildungspolitischen Experten und Expertinnen sehen das
allerdings doch anders.

Bei der Forderung nach der Streichung des zweiten
Berufsschultages ging es der alten Bundesregierung in
Erfüllung der Bedingungen der Arbeitgeber und Arbeit-
geberinnen für eventuell mehr Ausbildungsplätze weni-
ger um mehr Zeit für die betriebliche Qualifizierung als
um mehr Zeit für den produktiven Einsatz von Auszu-
bildenden.


(Lachen bei der F.D.P. – Hans-Michael Goldmann [F.D.P.]: Das war doch Schröders Idee in Niedersachsen!)







(B)



(A) (C)



(D)


In vielen Handwerksbetrieben arbeiten Azubis im dritten
Lehrjahr bereits voll mit, während die Qualifizierung
nebenbei von Gesellen besorgt wird, die selbst zu arbei-
ten haben.


(Lachen des Abg. Hans-Michael Goldmann [F.D.P.])


Die durchaus konservativ errechneten Angaben des
Bundesinstituts für Berufsbildung zu den enorm niedri-
gen Ausbildungskosten im Handwerk deuten darauf hin,
daß bereits heute in vielen Betrieben Azubis profitabel
sind.


(Zuruf von der CDU/CSU: Gott sei Dank!)

Schlußfolgernd kann dem DGB-Bundesvorstand nur

zugestimmt werden, der schon 1996, zeitgleich mit der
Veröffentlichung des Ausbildungskonsenses Nordrhein-
Westfalens, zutreffend festgestellt hat, daß die Kampagne
der Arbeitgeberseite gegen den zweiten Berufsschultag
lediglich darauf abziele, aus der Ausbildung Profit zu
schlagen;


(Stephan Hilsberg [SPD]: Richtig!)

es gehe hierbei keinesfalls um eine bessere Ausbildung.
Solches Sozialpartnerverhalten ist nicht nur unsozial, es
ist auch ökonomisch unsinnig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Meine Damen und Herren von der F.D.P., Sie fordern
neue Berufsbilder. Ohne das Bundesinstitut für Berufs-
bildung in Bausch und Bogen loben zu wollen, muß ich
sagen, daß Berufsbilder statt früher in ungefähr acht Jah-
ren jetzt in teilweise zwei bis drei Jahren realisiert wer-
den. Das ist der richtige Weg. Er ist bereits jetzt erfolg-
reicher als der Weg, der in früheren Zeiten beschritten
wurde. Damit erübrigt sich Ihr Antrag auch in diesem
Punkt.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1402519600
Herr
Kollege Fell, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Kol-
legen Goldmann?


Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1402519700

Aber gerne.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1402519800
Bitte
schön, Herr Goldmann.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Herr Goldmann, Sie haben das früher schon falsch gemacht!)



Hans-Michael Goldmann (FDP):
Rede ID: ID1402519900
Ich komme jetzt
auf den zu sprechen, der das scheinbar richtig macht.

Herr Kollege, ist Ihnen bekannt, daß die von Ihnen
eben scharf kritisierte Regelung der besonderen Stun-
denaufteilung mit dem sogenannten zweiten Berufs-
schultag eine Erfindung des damaligen Ministerpräsi-
denten von Niedersachsen, Herrn Schröder, war? Wis-

sen Sie, daß er für diese Regelung von allen in Nieder-
sachsen an Ausbildung Beteiligten hoch gelobt worden
ist? Ist Ihnen ferner bekannt, daß diese spezielle Rege-
lung nach den Vorstellungen der Sozialdemokraten in
ihrem Bundestagswahlprogramm eigentlich eine bun-
deseinheitliche werden sollte?


Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1402520000

Sie sehen, daß diese Forderung offensichtlich nicht mehr
aufrechterhalten wird. Auch die neue rotgrüne Bundes-
regierung kann Fehler der Vergangenheit einsehen und
sich zu neuen Erkenntnissen durchringen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1402520100
Herr
Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Kollegen
Jork?


Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1402520200
Ja.


Dr.-Ing. Rainer Jork (CDU):
Rede ID: ID1402520300
Herr Kollege,
können Sie sich vorstellen, daß ein Lehrling, der in
einem Betrieb arbeitet, Selbstbestätigung und Motiva-
tion dadurch findet, daß er nützliche Arbeit leistet und
das Gefühl bekommt, daß das Produkt, das er herstellt,
auch tatsächlich verkauft werden kann? Ich habe Me-
chaniker gelernt und als solcher gearbeitet. Es war für
mich ein tolles Erlebnis, als ich das erste Mal an eine
Maschine gehen konnte und wußte: Das Produkt ist
nützlich und wird verkauft. Das hat mir gefallen.


Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1402520400

Da stimme ich Ihnen vollkommen zu. Das habe ich auch
überhaupt nicht kritisiert. Mir ging es um die Frage, ob
die Ausbildungsplatzsituation dadurch besser gestaltet
werden kann, daß man die Lehrlinge noch mehr in die
Arbeit hineintreibt. Es ging mir nicht um die Tatsache,
daß sie die Ausübung ihrer Tätigkeit erlernen müssen.
Da gebe ich Ihnen vollkommen recht. Es kommt auf das
Maß und die Forderungen an.


(Dr.-Ing. Rainer Jork [CDU/CSU]: Da sind wir uns einig! – Hans-Michael Goldmann [F.D.P.]: Wenn sich ein Studienrat mit beruflicher Bildung beschäftigt, wird es eng! – Gegenruf des Abg. Stephan Hilsberg [SPD]: Aber wenn ein Tierarzt das macht, wird es besser?)


Der „geteilte“ Lehrling wurde in den letzten Jahren
– Sie wissen es – mehrfach gefordert. Damals hieß die
Devise der Firmen: Zwei Auszubildende arbeiten zum
Lohn für einen; drei teilen sich das Lehrgeld von zwei-
en. Dieser Vorschlag, bar jeder ordnungspolitischen und
inhaltlichen Kenntnis, ist unter dem Begriff „Zweidrit-
telazubis“ ganz schnell zu den Akten gelegt worden. Zu
heftig waren die Bedenken hinsichtlich des Eingriffs in
die Tarifautonomie und eines qualitativen Abbruchs in
der beruflichen Ausbildung. Sie müssen zugeben: Das
war damals eine allgemeine Lachnummer.

Hans-Josef Fell






(A) (C)



(B) (D)


Zu den geforderten Mobilitätsprogrammen: Sie
werden teilweise schon aufgelegt, zum Beispiel in Sach-
sen, wo das recht gut funktioniert. Allerdings haben sie
den Effekt, die Jugendlichen zu veranlassen, eine Regi-
on zu verlassen, in die sie dann vielleicht nicht mehr zu-
rückkehren. Hier kann man trefflich darüber streiten, ob
es sinnvoll ist, von seinen sozialen und familiären Bin-
dungen weggehen zu müssen, um ausgebildet zu wer-
den. Die Verantwortung für die Bereitstellung von aus-
reichend vielen Ausbildungsstellen liegt eindeutig bei
der Wirtschaft; es handelt sich nicht um eine Art Selbst-
beschaffungsprogramm der betroffenen Jugendlichen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1402520500
Herr
Kollege Fell, erlauben Sie eine weitere Zwischenfrage
des Kollegen Dr. Jork?


Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1402520600
Ja.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1402520700
Ich bitte
die Kolleginnen und Kollegen, an die fortgeschrittene
Zeit zu denken; denn viele wollen heute abend noch
nach Hause fahren.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Bitte schön, Herr Kollege Jork.


Dr.-Ing. Rainer Jork (CDU):
Rede ID: ID1402520800
Danke, ich mache
es kurz.

Darf ich Sie darauf aufmerksam machen, daß das
sächsische Mobilitätsprogramm so angelegt ist, daß man
das Geld zurückzahlen muß, wenn man nicht nach Hau-
se zurückkommt, und daß das auch innerhalb von Sach-
sen wirkt?


Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1402520900

Darauf eine ganz kurze Antwort: Die Problemlösung in
dieser Ausführungsbestimmung kommt dem von mir
kritisierten Punkt recht nahe. Wir müssen darauf achten,
daß dieses Problem des sozialen Herausreißens aus der
Gesellschaft prinzipiell gelöst wird. Das wollte ich an-
mahnen. Je mehr Mobilitätsprogramme man schafft, um
so schwieriger wird es natürlich, dieses Problem zu lö-
sen.

Alles in allem kann man zu dem Antrag der F.D.P.
sagen: Der Berg kreißte und er gebar ein Mäuschen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf von der SPD: Luft, heiße Luft!)


Wir vom Bündnis 90/Die Grünen halten an der For-
derung der Verantwortungseinlösung durch die Wirt-
schaft hinsichtlich der Ausbildungsplatzsituation fest,
um die Strukturen wieder vom Kopf auf die Füße zu
stellen. Notfalls, wenn nicht eine umgehende Besserung
durch die Verantwortlichen geschaffen wird, muß die
Reformierung der Finanzen der Ausbildung mittels einer
Rahmengesetzgebung geregelt werden.

Der bündnisgrüne Vorschlag für eine Ausbildungs-
platzumlagenfinanzierung könnte ein Weg zu mehr
Ausbildungsplätzen in der Bundesrepublik sein. Der
F.D.P.-Antrag dagegen würde nach unserem Dafürhal-
ten den zukünftigen Anforderungen an einen Standort-
vorteil „Ausbildung und Qualifikation“ nicht genügen.


(Hans-Michael Goldmann [F.D.P.]: Was ist nun, Herr Hoffmann?)


Daher bleibt die rotgrüne Bundesregierung bei ihrem
eingeschlagenen Weg. Das Sofortprogramm „100 000
Jobs für Jugendliche“ zeigt bereits Erfolge. Der Löwen-
anteil der Jugendlichen, die dieses Angebot wahrneh-
men, entfällt auf die berufliche Nach- und Zusatzqualifi-
zierung. Wir werden weitere Maßnahmen zur Schaffung
von Ausbildungsplätzen ergreifen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1402521000
Als
nächste Rednerin hat das Wort die Kollegin Maritta
Böttcher von der PDS-Fraktion.


Maritta Böttcher (PDS):
Rede ID: ID1402521100
Herr Präsident! Meine
Damen und Herren! Zunächst möchte ich feststellen,
daß jede Überlegung, wie mehr Jugendliche in Ausbil-
dung und Beschäftigung gebracht werden könnten, es
wert ist, ernst genommen zu werden, egal, von welcher
Seite des Hauses sie eingebracht wird. Die Forderungen,
neue flexible Berufsbilder zügiger zu entwickeln, ver-
stärkt Ausbildungsplatzentwickler einzusetzen sowie die
Ausbildung in Module zu gliedern, enthalten durchaus
wertvolle Gedanken, die dazugehören, wenn wir das
Problem in Gänze lösen wollen. Insofern enthält der
vorliegende Antrag der F.D.P. sehr viel Überdenkens-
wertes, was, Herr Kollege Hoffmann, nicht einfach vom
Tisch gefegt werden darf.


(Beifall des Abg. Hans-Michael Goldmann [F.D.P.])


– Nicht zu früh klatschen!

(Hans-Michael Goldmann [F.D.P.]: An dieser Stelle schon!)

Daneben steht in diesem Antrag – Sie werden keine

andere Bewertung erwartet haben – eine Reihe von un-
verbindlichen Appellen , wodurch es insgesamt mehr als
zweifelhaft erscheint, daß dieses Konzept bei der Über-
windung der akuten Ausbildungsmisere mehr leisten
kann als das Sofortprogramm der Regierungskoalition.

Die weitgehende Unverbindlichkeit in diesem Antrag
ist in erster Linie eine Folge davon, daß dieser lediglich
ein Anhängsel der „alten Leier“ ist, die da lautet: Wir
müssen die Arbeitgeber besserstellen, dann wird sich
alles andere, eben auch Ausbildung und Beschäftigung
junger Leute, schon irgendwie einstellen.


(Hans-Michael Goldmann [F.D.P.]: Das steht im Antrag nun wirklich nicht drin!)


Hans-Josef Fell






(B)



(A) (C)



(D)


Die Gewerkschaften haben in den letzten Jahren die
gegenteilige Erfahrung gemacht und dies bei den Tarif-
verhandlungen, die gerade stattgefunden haben, sehr be-
rechtigt zur Geltung gebracht.

Am Sofortprogramm der Regierung ist nicht so sehr,
wie das im F.D.P.-Antrag zu lesen ist, zu kritisieren, daß
es auch Maßnahmen enthält, die darauf abzielen, die
Voraussetzungen für die Aufnahme einer Ausbildung
oder einer Beschäftigung beim Jugendlichen selbst zu
verbessern. Aus Sicht der PDS resultiert die abzusehen-
de nur äußerst begrenzte Wirksamkeit dieses Maßnah-
menkatalogs der Regierung aus folgendem:

Erstens. Mit dem Programm kann bestenfalls einem
Fünftel der offiziell registrierten Jugendlichen, die ohne
Ausbildung und Arbeit sind, meist nur vorübergehend
geholfen werden.

Zweitens. Entgegen der bekundeten Absicht der In-
itiatoren läuft das Programm in seiner praktischen Um-
setzung vorrangig darauf hinaus, einen großen Teil der
einbezogenen Jugendlichen über einen quasi zweiten
Ausbildungsmarkt oder -sektor auf den Eintritt in den
zweiten Arbeitsmarkt mit all seinen Beengtheiten, Be-
nachteiligungen und Unsicherheiten vorzubereiten.

Drittens. Diese sich bei den Arbeitsämtern abzeich-
nende Tendenz ist die Folge des grundsätzlichen Ansat-
zes: Mit dem Sofortprogramm versucht die Regierung
keinen prinzipiell neuen Einstieg bei der Lösung des Pro-
blems, sondern sie hat – mit einem angesichts der Haus-
haltslage durchaus anzuerkennenden und bemerkenswer-
ten finanziellen Aufwand – solche Mittel und Methoden
in additiver Weise zusammengefaßt, die seit langem,
aber leider nur mit mäßigem Erfolg praktiziert werden.

Viertens halten wir es für eine Illusion, wenn die Re-
gierung hofft, die mit ihrem Programm kurzfristig anvi-
sierten Ziele im Rahmen des Bündnisses für Arbeit,
Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit auf Dauer zu si-
chern. Mit ihrer Erwartung, daß es im Rahmen dieses
Bündnisses zu entsprechenden Zusagen der Arbeitgeber
für mehr Ausbildung und Beschäftigung junger Leute
kommen wird, steht die Regierung allerdings dem An-
trag sehr nahe, den die F.D.P. heute vorlegt.

Nach allen Erfahrungen der letzten Jahre wird die
Ausbildungsmisere nur durch eine Umlagefinanzierung
überwunden werden können.


(Beifall bei Abgeordneten der PDS)

Diese würde auf der Grundlage einer gerechten Kosten-
verteilung die Arbeitgeber verpflichten, jährlich die
Mittel zur Verfügung zu stellen, die notwendig sind, um
allen Jugendlichen des jeweiligen Jahrgangs einen ent-
sprechenden Ausbildungsplatz anzubieten. Wir erwar-
ten, daß der dazu von unserer Fraktion eingebrachte Ge-
setzentwurf in einer Weise diskutiert wird, bei der allein
die Interessen der betroffenen Jugendlichen im Vorder-
grund stehen.


(Beifall bei der PDS)

Unser Entwurf läßt – das sage ich der F.D.P. – den klei-
nen und mittleren Unternehmen Gerechtigkeit widerfah-
ren.

In diesem Zusammenhang habe ich mit Interesse zur
Kenntnis genommen, daß Andrea Nahles für die SPD im
April ebenfalls einen Gesetzentwurf zur Umlagefinan-
zierung in den Bundestag einbringen will. Daß sie aller-
dings auf aktuellere Zahlen warten will, erstaunt mich;
denn diese liegen seit Jahren vor und werden immer
größer.

Für die Überwindung der Jugendarbeitslosigkeit ist
eine abgeschlossene Berufsausbildung eine wichtige
Voraussetzung. Das wird niemand hier im Hause be-
streiten. Grundsätzlich kann dieses Problem jedoch nur
in dem Maße gelöst werden, wie mit Schritten zur gene-
rellen Neuverteilung der gesellschaftlichen Arbeit der
Raum geschaffen wird, der auch die jugendlichen Ar-
beitslosen aufnehmen kann.

Hier möchte ich in aller Kürze unsere Forderungen
nach Verkürzung der Wochen- und der Lebensarbeits-
zeit, nach Abbau der Überstunden, nach Ausdehnung ei-
ner existenzsichernden Altersteilzeitbeschäftigung und
nach einem öffentlich geförderten Beschäftigungssektor
mit Dauerarbeitsplätzen vor allem im sozialen und kul-
turellen Bereich sowie beim ökologischen Umbau in
Erinnerung rufen.


(Beifall bei der PDS)

Den Antrag der F.D.P. lehnen wir als völlig unzurei-

chend ab. Ich freue mich auf die Diskussion im Aus-
schuß, und ich hoffe, daß wir in diesem Jahr zu einer
Lösung des gesamten Problems auf dem Ausbildungs-
markt kommen werden.

Danke.

(Beifall bei der PDS)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1402521200
Als
nächster Redner hat das Wort der Kollege Ulrich Kaspa-
rick, SPD.


Ulrich Kasparick (SPD):
Rede ID: ID1402521300
Herr Präsident! Meine sehr
verehrten Damen und Herren! Ich fasse mich kurz. Der
Tag ist fortgeschritten. Eines aber möchte ich doch zu
den Kolleginnen und Kollegen von der F.D.P. sagen,
bevor wir in die Detaildiskussion im Ausschuß eintreten.

Ich stehe vor Ihnen als ein direkt gewählter Abgeord-
neter aus Ostdeutschland. Ich gehöre zu denjenigen, de-
nen die Bevölkerung ein Mandat gegeben hat, weil sie
die Nase von Ihren Sprüchen voll hat.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir haben die Nase voll von Ihren Sprüchen nach dem
Motto „Wer fördern will, muß fordern“ oder „Leistung
muß sich wieder lohnen“. Wissen Sie: Wer sagt, dieses
Programm der Bundesregierung sei ein Propagandaluft-
schloß, der versündigt sich an den jungen Leuten im
Osten, die dringend auf Unterstützung angewiesen sind.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)


Ich werde das im Ausschuß noch vertiefen.

Maritta Böttcher






(A) (C)



(B) (D)


Nehmen Sie zur Kenntnis, daß Sie als F.D.P. im
Osten Deutschlands politisch keine Rolle mehr spielen.


(Zurufe von der SPD: Richtig! – Jawohl! – Jörg Tauss [SPD]: Das haben Sie ja nicht erwähnt in Ihrem Antrag!)


Jetzt sitzen Sie hier als abgewählte Fraktion und überle-
gen sich, womit man denn die Regierung ärgern könnte,
zum Beispiel durch die Kritik an ihrem Sofortpro-
gramm. Ich verstehe, daß die Opposition so etwas tut.
Ich sage Ihnen aber: Das Thema Jugendarbeitslosigkeit
ist das denkbar ungeeignetste Thema, um sich zu profi-
lieren.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich will Ihnen nur ein paar Dinge sagen, die Sie
wahrscheinlich nicht wissen, weil Sie zu wenig im Osten
sind. Wir haben eine Arbeitslosigkeit, die zwischen 20
und 30 Prozent liegt. Auf den Dörfern ist die Arbeitslo-
sigkeit oft höher.


(Dr. Gregor Gysi [PDS]: Bis zu 100 Prozent manchmal!)


Wir haben eine Abwanderungsbewegung aus den neuen
Ländern in die alten Länder, die größer ist als vor der
Wende. Über 1,5 Millionen Menschen haben die neuen
Länder verlassen.


(Iris Gleicke [SPD]: Leider wahr!)

Wir haben etwa 500 000 Pendler, die der Arbeit hinter-
herziehen, weil sie keine Arbeitsplätze im Osten finden.
Angesichts dessen verlangen Sie ein Mobilitätspaket.
Dieser Zynismus ist doch nicht mehr zu übertreffen.


(Beifall bei der SPD und der PDS sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie wissen genausogut wie wir: Dieses Projekt der
Bundesregierung ist ein Sofortprogramm, um die größte
Not zu lindern. Wenn Sie mit den Kolleginnen und
Kollegen von den Arbeitsämtern sprechen, dann werden
Sie sehen, daß die Mittel, die dringend benötigt werden,
auch tatsächlich abfließen. Wir haben schon am 26. Ja-
nuar in der Region, die ich vertrete, mit dem Programm
angefangen, und die Mitarbeiter in den Arbeitsämtern
arbeiten bis spät in die Nacht, weil sie merken, daß es
ein gutes, weil flexibles Programm ist.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Es ist auch gut, daß die Bundesregierung 40 Prozent die-
ser Mittel für den Osten bereitgestellt hat. Sie tut dies,
weil sie die Not sieht, die – das wissen Sie – Sie uns
hinterlassen haben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf von der SPD: Das ist leider auch wahr!)


Ich danke an dieser Stelle den Kolleginnen und Kol-
legen in den Arbeitsämtern ausdrücklich, die im Hinter-

grund sehr emsig arbeiten, um dieses Projekt durchzu-
setzen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich möchte Sie noch über etwas informieren, was Sie
wahrscheinlich auch nicht wissen. Ich komme aus einem
Bundesland, das mittlerweile im zweiten Jahr allen Ju-
gendlichen einen Ausbildungsplatz angeboten hat,


(Dr. Gregor Gysi [PDS]: Aha, aus SachsenAnhalt! – Heiterkeit bei der PDS)


obwohl die Kassen knapp sind. Sie aber bieten uns so-
genannte innovative Lösungen an, die ich einfach nur als
peinlich bezeichnen kann.

Deshalb habe ich einen Vorschlag für die Kollegin-
nen und Kollegen von der F.D.P.-Fraktion. Ihre Fraktion
ist ja durch die Wahl sehr überschaubar geworden, und
Sie alle passen wohl in einen großen Reisebus. Ich lade
Sie ein, einen Bus zu mieten und zusammen mit mir
durch den Osten zu fahren. Dann zeige ich Ihnen einmal,
wie die Vorschläge ankommen, die Sie uns hier ernst-
haft unterbreiten wollen.


(Hans-Michael Goldmann [F.D.P.]: Bei Ihnen haben doch alle einen Platz! Dann müssen wir woandershin fahren!)


Sie überschreiben Ihr Programm als ein „9-Punkte-
Konzept“. Ich war sehr neugierig, zu erfahren, worin das
Konzept bestehen soll. Nachdem sie abgewählt ist, hat
die F.D.P. ein Konzept, man höre!


(Hans-Michael Goldmann [F.D.P.]: Immerhin, da können Sie zufrieden sein!)


– Wenn Sie ein Konzept vorlegen wollen, müssen Sie
sich aber ein bißchen mehr Mühe geben.


(Hans-Michael Goldmann [F.D.P.]: Ist es nun eines, oder ist es keines?)


Was fordern Sie? Sie fordern Steuersenkungen.

(Beifall bei der F.D.P.)


Wissen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der
F.D.P., Sie haben das immer gefordert, aber wir haben
es heute beschlossen. Das unterscheidet uns.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Lachen bei der CDU/CSU und der F.D.P.)


Dann fordert die F.D.P., die Abgeordneten sollten in
ihren Wahlkreisen endlich ihre Arbeit machen, indem
sie sich um arbeitslose Jugendliche kümmern.


(Zuruf von der F.D.P.: Ja!)

Das spricht Bände, was die Art angeht, wie Sie Ihr
Mandat ausfüllen. Für mich und für viele meiner Frak-
tionskollegen ist das eine Selbstverständlichkeit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Zu dem Mobilitätsprogramm habe ich das Nötige ge-
sagt. Ich halte die Formulierung für den blanken Zynis-

Ulrich Kasparick






(B)



(A) (C)



(D)


mus – ich wiederhole es –, weil Sie verkennen, daß
große Teile der Bevölkerung in Ostdeutschland schon
längst unterwegs sind, um der Arbeit und den Ausbil-
dungsplätzen hinterherzuziehen.


(Hans-Michael Goldmann [F.D.P.]: Das ist doch überhaupt nicht gemeint!)


Das sogenannte Konzept der F.D.P. ist kein Konzept
– meine Kollegen haben das schon gesagt –, weil alles,
was in ihm vorgeschlagen wird, schon praktiziert wird.


(Ulrich Heinrich [F.D.P.]: Daß Theologen einen solchen Quatsch reden können!)


– Sie müssen einmal in meiner Biographie ein Stück-
chen weiter lesen.


(Zuruf von der PDS: Vorwärts oder rückwärts? – Hans-Michael Goldmann [F.D.P.]: Wollen Sie sich davon distanzieren? – Heiterkeit bei der F.D.P. und der CDU/CSU)


Wenn Sie zur Verminderung der Jugendarbeitslosigkeit
wirklich etwas vorschlagen wollen, dann müssen Sie
sich mehr anstrengen; denn Ihr Antrag ist nicht das Pa-
pier wert, auf dem er steht.

Einen Punkt gibt es allerdings, für den das nicht gilt.
Sie schlagen unter Punkt 4 vor, daß die Maßnahmen der
Bundesregierung fortzusetzen sind. Damit haben Sie
recht.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1402521400
Herr
Kasparick, ich beglückwünsche auch Sie zu Ihrer ersten
Rede im Deutschen Bundestag.


(Beifall)

Das Wort hat nun die Kollegin Ilse Aigner von der

CDU/CSU-Fraktion.


Ilse Aigner (CSU):
Rede ID: ID1402521500
Sehr geehrter Herr Präsi-
dent! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ganz zu
Anfang möchte ich klarstellen, daß es unser aller Ziel ist
und auch sein muß, möglichst allen Jugendlichen, die
das wollen, einen Ausbildungsplatz zu vermitteln.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Zuruf von der SPD: Gott sei Dank!)


Ich freue mich für jeden einzelnen Jugendlichen, der
durch dieses Sofortprogramm einen Ausbildungsplatz
bekommt,


(Jörg Tauss [SPD]: Hoffentlich kommt jetzt kein „Aber“!)


aber

(Zuruf von der SPD: Aha! – Heiterkeit bei der SPD)

es wird nichts an den strukturellen Problemen ändern.
Weil Ausbildungsplätze im dualen System – wie Sie

richtigerweise gesagt haben – ausschließlich von der
Wirtschaft zur Verfügung gestellt werden, bildet eine
florierende Wirtschaft die Grundlage dazu. Ich möchte
jetzt nicht auf die ganzen wirtschaftsfeindlichen Maß-
nahmen der neuen Regierung eingehen, da sie bereits
mehrfach diskutiert wurden – wie zum Beispiel gestern
die sogenannte Ökosteuer und heute vormittag das soge-
nannte Steuerentlastungsgesetz.

Ich will aber auf eines hinweisen. Allein das ständige
Gezerre, das Hin und Her, die ständigen Nachbesserun-
gen und die täglich wechselnden Erklärungen der neuen
Regierungsmitglieder haben die Stimmung in der Wirt-
schaft auf einen absoluten Tiefpunkt sinken lassen. Das
ist bestimmt nicht im Sinne von mehr Arbeits- und Aus-
bildungsplätzen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)


Statt zur Stabilisierung der wirtschaftlichen Lage beizu-
tragen, führt Ihre Politik zur Verunsicherung bis hin zum
Schaden. Fragen Sie doch einmal einen Steuerberater
– ich war vor kurzem bei einem –, wie viele Investitio-
nen, die unser Land so dringend bräuchte, wegen der
diffusen Lage zurückgestellt worden sind. Das spiegelt
sich gerade auch in den Arbeitslosenzahlen wider. Von
der versprochenen Million neuer Arbeitsplätze sehe ich
nichts, die halbe Million zusätzlicher Arbeitsloser seit
Oktober sehe ich sehr wohl.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir brauchen vernünftige wirtschaftspolitische Rah-

menbedingungen, die eine positive konjunkturelle Ent-
wicklung und besonders Investitionen begünstigen.
Kurzfristige Sofortprogramme sind reine Augenwische-
rei. Die Schaffung neuer und der Erhalt bestehender
Ausbildungsplätze hängen direkt mit der gesamtwirt-
schaftlichen Lage zusammen. Das kann man auch am
Stand von Gesamtarbeitslosigkeit und Jugendarbeitslo-
sigkeit bzw. an dem Verhältnis von noch nicht vermit-
telten Bewerbern zu offenen Stellen deutlich ablesen.

Ich möchte einmal auf Bayern hinweisen.

(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Das ist gut!)

Bayern hat mit 5,3 Prozent bei den unter 20jährigen und
5,8 Prozent bei den unter 25jährigen die geringste Ju-
gendarbeitslosigkeit. Ich darf Sie daran erinnern, daß der
frühere Ministerpräsident Schröder sein Land mit einer
Jugendarbeitslosigkeit verlassen hat, die über dem Bun-
desdurchschnitt liegt: 9,6 Prozent bei den unter
20jährigen und 13 Prozent bei den unter 25jährigen.


(Zurufe von der CDU/CSU: Hört! Hört! – Beifall bei der CDU/CSU – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das ist Fahnenflucht vor der Jugend!)


Ich frage mich, wo eigentlich der Beschäftigungspakt in
Niedersachsen war. Bayern hat das schon vor Jahren
gemacht. Vielleicht hat Schröder keine Zeit dazu gehabt.

Die wirtschaftliche Lage hat übrigens nicht allein mit
den sogenannten makroökonomischen Verhältnissen zu

Ulrich Kasparick






(A) (C)



(B) (D)


tun, die im Wahlkampf immer als Ursachen für die Pro-
bleme dargestellt wurden, sondern gerade ganz wesent-
lich damit,


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sagen Sie doch einmal etwas zum F.D.P.-Antrag!)


welche Wirtschaftspolitik in einem Land betrieben wird.
In Niedersachsen scheint die nicht ganz so erfolgreich
gewesen zu sein.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Um zu erreichen, daß Betriebe ausbilden wollen und

vor allem auch können, sind allerdings auch noch andere
Rahmenbedingungen wichtig. Dazu gehören geeignete
Berufsbilder, die möglichst schnell an die Realität ange-
paßt bzw. neu entwickelt werden müssen. Der beste
Beweis dafür sind die neu eingeführten Berufe im
Informations- und Kommunikationsbereich. Ich kann
Ihnen nur die Zahlen von Oberbayern nennen: Dort gab
es allein im letzten Jahr 993 neue Ausbildungsverträge.
Eine Riesenleistung!


(Zurufe von der CDU/CSU: Hört! Hört!)

Der Vorschlag der Kultusministerkonferenz vom

Oktober letzten Jahres, das gesamte Spektrum der Beru-
fe auf acht – ich wiederhole: acht – Basisberufe zusam-
menzuschrumpfen, geht in die völlig falsche Richtung.
Bei uns gibt es derzeit 355 anerkannte Ausbildungsberu-
fe. Allein im letzten Jahr wurden 34 neu geschaffen. Sie
wurden deshalb ins Leben gerufen, weil sie sich an den
Realitäten in der Wirtschaft orientieren und somit auch
eine Chance auf Weiterbeschäftigung bieten. Ein Kon-
zept von acht Basisberufen halte ich für nicht durch-
führbar und für die betriebliche Realität völlig ignorie-
rend. Mit diesem Konzept würden Sie mit Sicherheit
nicht mehr, sondern wesentlich weniger Ausbildungs-
plätze haben.

Ein weiteres Kriterium für die Bereitschaft von Be-
trieben, Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen, ist
die Frage: Wie häufig ist der oder die Auszubildende im
Betrieb? Hat der Betrieb überhaupt noch ausreichend
Zeit, die geforderten Lehrinhalte zu vermitteln?

Sehr geehrter Herr Fell, Sie sind Gymnasiallehrer.
Haben Sie schon einmal einen Betrieb mit einer Ausbil-
dung durchlaufen? – Nicht. Ich habe selber eine Lehre
gemacht und weiß, was Ausbildung heißt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Gute Frage!)


Ich komme aus einem mittelständischen Handwerksbe-
trieb und stehe daher nach wie vor in engem Kontakt mit
Mittelständlern.

Als mit Abstand häufigster Grund wird angegeben,
daß die Lehrlinge zuwenig im Betrieb sind. Jetzt möchte
ich aber sagen: Es liegt nicht, wie immer behauptet wird,
an der Schule allein, sondern es liegt auch an anderen
Komponenten. Bei genauerem Nachfragen kommt man
dahinter.

Zum Teil hat es aber schon mit der Schulorganisation
vor Ort zu tun. Die Möglichkeit, beim Teilzeitunterricht
halbe Berufsschultage, die meistens zu einem ganzen

Tag Abwesenheit vom Betrieb führen, durch den halb-
jährlichen oder jährlichen Wechsel zwischen zwei und
einem ganzen Berufsschultag zu verhindern und damit
die Anwesenheit im Betrieb wesentlich zu steigern, liegt
in der Kompetenz der Länder. Sie hätten das in Ihren
Ländern schon lange einführen können.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Ein wichtiger Punkt im Zusammenhang mit der Ab-

wesenheit vom Betrieb scheint mir immer wieder der
Umfang der überbetrieblichen Ausbildung zu sein. Hier
müßten wir an die Wurzel gehen.


(Zuruf von der SPD: Davon steht im F.D.P.Antrag überhaupt nichts!)


Die überbetriebliche Ausbildung wird verpflichtend an-
geboten, wenn die in den Ausbildungsordnungen fest-
gelegten Lehrinhalte durch die Betriebe allein nicht
vermittelt werden können. Also ist doch die Frage, an
welchem Maßstab sich die Ausbildungsordnungen orien-
tieren,


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Ist das die Frage an die F.D.P.?)


an einem durchschnittlichen mittelständischen Betrieb
oder an einem Großbetrieb mit eigener Lehrwerkstatt.
Ich meine, die Ausbildungsordnungen müssen sich mehr
an der Praxis, das heißt an der tatsächlichen Leistungs-
fähigkeit der ausbildenden Betriebe orientieren, die ja
auch die Mehrzahl der Ausbildungsplätze zur Verfügung
stellen.

Wir müssen auch die Frage stellen, ob das rasant
wachsende Wissen in der beruflichen Erstausbildung
überhaupt noch vermittelt werden kann.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1402521600
Frau
Kollegin, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Kollegen
Hoffmann?


Ilse Aigner (CSU):
Rede ID: ID1402521700
Nein.

(Zuruf von der SPD: Ist das in Bayern nicht üblich?)

– Doch. Aber das ist meine erste Rede, und ich nehme
dasselbe Recht in Anspruch wie die Redner vorher.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Zurufe von der SPD: Kommen Sie doch einfach zum Thema! – Sagen Sie doch etwas zum F.D.P.-Antrag!)


Es ist die Frage, ob die Erstausbildung auch hinsicht-
lich der Leistungsfähigkeit der Auszubildenden das Er-
forderliche überhaupt noch leisten kann oder ob wir
nicht vermehrt zu einem lebenslangen Lernen übergehen
müssen.

Wir müssen auch die Frage stellen, ob innerhalb einer
Berufsgruppe nicht auch theoriegeminderte Berufsbilder
angeboten werden müssen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)


Ilse Aigner






(B)



(A) (C)



(D)


Gerade für die Leistungsschwächeren wäre auf diese
Weise ein Einstieg ins Berufsleben zu schaffen. Dies ist
bisher immer an den Gewerkschaften gescheitert, weil
damit natürlich eine unterschiedliche Bezahlung ver-
bunden ist.


(Zuruf von der SPD: Unsinn!)

Aber ich frage Sie: Was nützt es dem Jugendlichen,
wenn Sie diese auf dem Arbeitsmarkt benötigten Berufe
nur aus ideologischen Gründen blocken?


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Aufbauend auf die Erstausbildung muß es natürlich

ein Weiterbildungs- und Qualifizierungsangebot für
Fachkräfte geben, und zwar in einem verzahnten System
zwischen Erstausbildung und Weiterbildung auch unter-
halb der Meister- und Technikerebene. In diesem Zu-
sammenhang muß ich sagen: Ich finde es absolut skan-
dalös, daß Herr Lafontaine gerade das Meister-BAföG
im Haushaltsentwurf um 40 Prozent gekürzt hat. Das ist
wirklich skandalös.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Zurufe von der F.D.P.: Unerhört!)


Sicherlich muß den Betrieben, insbesondere den
Großbetrieben, immer wieder klargemacht werden, daß
sich eine Investition in den eigenen Facharbeiternach-
wuchs von morgen lohnt und daß die Schaffung von re-
gulären betrieblichen Ausbildungsplätzen letztlich auch
zur Aufgabe der Wirtschaft gehört.

Sehr geehrte Damen und Herren, vor allem Herr
Hoffmann, vielleicht können Sie mich aufklären: Meines
Wissens hat der DGB bis heute noch keinen einzigen
Ausbildungsplatz zur Verfügung gestellt. Ich glaube, das
wäre auch einmal eine gute Sache.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Zurufe von der SPD – Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Zustimmung bei der SPD!)


Ein wichtiges Kriterium für die Betriebe ist natürlich
auch die Ausbildungswilligkeit und Ausbildungsfähig-
keit der Jugendlichen. Hier reicht es nicht zu versuchen,
mit einem Sofortprogramm Versäumnisse zu mildern,
die im mangelnden Schulsystem vor Ort liegen. Hierbei
dürfen nicht nur Symptome kuriert, sondern es müssen
die Ursachen angegangen werden.


(Beifall bei der CDU/CSU)

In diesem Zusammenhang stellt sich nicht nur die

Frage nach der Sach- und Personalausstattung der
Schulen in den einzelnen Bundesländern, sondern auch
die Zielrichtung des Unterrichts muß hinterfragt werden.


(Zuruf von der SPD: Was sagen Sie zum F.D.P.-Antrag?)


Muß Schule nur Spaß machen, oder muß Schule in der
Erziehung nicht auch stärker auf die Vermittlung soge-
nannter Sekundärtugenden, wie Zuverlässigkeit und Lei-
stungsbereitschaft, Fleiß und Belastbarkeit, Beständig-
keit und Pünktlichkeit, hin erziehen? Ich meine schon.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)


Zusammenfassend ist festzustellen, daß ein Stroh-
feuer an Programmen und Soforthilfemaßnahmen nicht
notwendig strukturelle Verbesserungen ersetzen kann.
Diese Veränderungen müssen von der inhaltlichen Aus-
gestaltung der beruflichen Bildung über die verstärkte
Orientierung an der betrieblichen Wirklichkeit bis hin
zur allgemeinen Wirtschaftspolitik erfolgen. Gerade im
letzten Punkt hat die neue Bundesregierung bewiesen,
daß es ihr nicht um die Stärkung des Wirtschaftsstand-
ortes Deutschland zugunsten von mehr Ausbildungs-
und Arbeitsplätzen geht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.Jörg Tauss [SPD]: Was halten Sie vom F.D.P.Antrag?)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1402521800
Frau
Kollegin Aigner, ich darf auch Sie sehr herzlich zu Ihrer
ersten Rede im Deutschen Bundestag beglückwünschen.


(Beifall – Zuruf von der CDU/CSU: Das war eine gute Rede! – Jörg Tauss [SPD]: Die erste Rede war kein Lichtblick!)


Der Kollege Hoffmann hat sich zu einer Kurzinter-
vention gemeldet. – Bitte schön, Herr Hoffmann, Sie
haben das Wort.


Walter Hoffmann (SPD):
Rede ID: ID1402521900
Frau Aigner,
Sie haben mich direkt mit der Frage angesprochen, ob
der DGB entsprechende Ausbildungsplätze zur Verfü-
gung stellt.


(Zuruf von der CDU/CSU: Sind Sie der DGB?)


Ich bin hauptberuflich beim DGB in Südhessen be-
schäftigt. Ich will Sie darüber aufklären, daß wir in
Form eines Vereines in den letzten Jahren 48 behinderte
Jugendliche in Büroberufen – ich denke: mit großem Er-
folg – ausbildet haben.


(Ulrich Heinrich [F.D.P.]: Die Geschichte kennen wir! Nichts Neues!)


Wenn Sie die Entwicklung bundesweit verfolgen,
dann müssen Sie zugeben, daß die Kritik, die vor ein
paar Jahren zu Recht geäußert wurde, dahin gehend po-
sitive Auswirkungen gezeigt hat, daß mittlerweile viele
Hauptvorstände der Gewerkschaften direkt oder in Ver-
einsform intensiv ausbilden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1402522000
Als
letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat der
Parlamentarische Staatssekretär Wolf-Michael Caten-
husen das Wort. – Bitte schön, Herr Staatssekretär.

W
Wolf-Michael Catenhusen (SPD):
Rede ID: ID1402522100
Herr
Präsident! Meine Damen und Herren! Eines ist in dieser
Debatte sehr auffällig: Zum erstenmal sprechen die heu-

Ilse Aigner






(A) (C)



(B) (D)


tigen Oppositionsfraktionen – im Unterschied zu den
letzten 16 Jahren – nicht mehr davon, daß die Lage auf
dem Ausbildungsmarkt eigentlich in Ordnung sei und
daß die Situation in Spanien und Portugal noch viel
schlimmer sei.


(Heinrich-Wilhelm Ronsöhr [CDU/CSU]: Scharping hat doch den Mexiko-Vergleich gemacht!)


Die CDU/CSU-Fraktion, besonders die Kollegin Aigner,
beteiligt sich vielmehr – im Unterschied zu der F.D.P. –
zum erstenmal in Ansätzen an der Diskussion, welchen
Nachholbedarf wir in bezug auf die Struktur im Bereich
der beruflichen Bildung in Deutschland haben. Das ist
die Rückendeckung, die diese Regierung braucht, um
die überfälligen Strukturreformen anzupacken. Wir hof-
fen sehr, daß wir mit Ihnen, Frau Kollegin Aigner, und
vielleicht auch in Zukunft in anderer Weise mit der
F.D.P. in einen Streit um die besten Ideen hinsichtlich
der strukturellen Reformen eintreten können.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es geht aber nicht an, die tatsächliche Situation, in
der sich heute junge arbeitslose Menschen befinden, zu
verdrängen und


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


der Bundesregierung zynischerweise, wie es im F.D.P.-
Antrag geschieht, wegen ihres Sofortprogramms Au-
genwischerei zu unterstellen. Vielleicht sollten Sie doch
einmal zur Kenntnis nehmen, daß in unserem Lande
450 000 bis 500 000 Menschen unter 25 Jahren, die
Schwierigkeiten bei der Suche nach einem Ausbil-
dungsplatz haben oder die arbeitslos sind, einen An-
spruch darauf haben, daß wir konkrete Maßnahmen –
und zwar jetzt – für die Schaffung von mehr Ausbil-
dungsplätzen und vor allem für mehr Beschäftigung die-
ser jungen Menschen ergreifen. Ich habe den Eindruck,
daß der eine oder andere von Ihnen diese Situation jetzt
durchaus begriffen hat.

Sie sollten auch nüchtern zur Kenntnis nehmen, daß
wir und auch die Betroffenen noch nicht ganz vergessen
haben, daß Sie diese Menschen sehr lange im Regen
stehen gelassen haben,


(Zuruf von der SPD: Richtig!)

daß Sie durch Tatenlosigkeit in Bonn mutwillig dazu
beigetragen haben, daß Jugendarbeitslosigkeit erstmals
zu einem drängenden Problem in unserer Gesellschaft
geworden ist.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie sollten ferner zur Kenntnis nehmen, daß es 120 000
bis 140 000 junge Menschen in diesem Lande gibt, die
länger als ein halbes Jahr arbeitslos sind.

Ich will meinen Vorwurf des Zynismus an die F.D.P.
verdeutlichen. Können Sie sich eigentlich vorstellen,
was Sie den Betroffenen antun, wenn Sie der Regierung
vorwerfen, daß wir den jungen Menschen zum Beispiel

durch unser Programm helfen wollen, aus Verschuldung
und Obdachlosigkeit zu entkommen? Kennen Sie ei-
gentlich die Situation nicht, in der die jungen Menschen
leben?


(Jörg Tauss [SPD]: Das begreifen die nicht!)

Jeder weiß, daß wir jungen Menschen, die längere Zeit
arbeitslos waren, aus ihrer Situation heraushelfen und
ihnen Brücken in Beschäftigung und Qualifikation
bauen müssen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Diese Brücken denunzieren Sie hier mit den Begrif-
fen „Unwirksamkeit“ und „Augenwischerei“. Dazu sage
ich Ihnen ganz deutlich: Diese Art des Verdrängens der
sozialen Situation von jungen arbeitslosen Menschen
lassen die Regierung und die Koalitionsfraktionen Ihnen
nicht durchgehen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es ist auch bezeichnend, daß Sie in Ihrem Antrag zur
Lösung der Probleme von arbeitslosen Jugendlichen
kein Wort sagen.


(Hans-Michael Goldmann [F.D.P.]: Das stimmt überhaupt nicht!)


Die sind Ihnen völlig egal. Deshalb reduziert sich Ihr
Antrag nur auf einen – wenn auch wichtigen – Teilbe-
reich, nämlich auf die Schaffung von Ausbildungsplät-
zen. Das ist in Ordnung. Aber Sie dürfen uns nicht
Augenwischerei vorwerfen, wenn wir uns auch um die
Jugendlichen kümmern, die heute bereits arbeitslos sind.


(V o r s i t z : Vizepräsident Rudolf Seiters)

Nun zu den ausbildungsfördernden Maßnahmen des

Sofortprogramms: Hier tun wir das Notwendige, um al-
len jungen Menschen, die seit dem Vermittlungsjahr
1997/98 noch einen Ausbildungsplatz suchen, neue Per-
spektiven zu geben und Zukunftsängste zu nehmen. Wir
machen deutlich, daß wir – im Unterschied zur alten
Regierung – handeln und daß es nicht länger bei Sonn-
tagsreden bleibt. Bereits im Januar dieses Jahres wurden
im Rahmen des Sofortprogramms 124 000 junge Leute
durch die Arbeitsämter gezielt angesprochen. Hier
mußte zum Teil nachgearbeitet werden, weil die an-
fängliche Resonanz nicht besonders toll war. Wir wissen
alle, daß es nicht einfach ist, junge arbeitslose Menschen
dazu zu bringen, sich den angebotenen Möglichkeiten zu
stellen. Immerhin haben schon gut 50 Prozent der ange-
sprochenen jungen Menschen, also etwa 64 000, ein
konkretes Angebot von den Arbeitsämtern erhalten.
Innerhalb eines Monats haben fast 6 000 Jugendliche ei-
ne Maßnahme angetreten. Davon sind 42 Prozent Frau-
en. Sie wissen alle, daß die Arbeitsverwaltung etwa zwei
Monate zur Vorbereitung solcher Maßnahmen braucht.
Deshalb warten wir einmal in Ruhe ab, wie sich die Bi-
lanz im März, April oder Mai dieses Jahres darstellen
wird. Sie wissen auch, daß sich Arbeitsverwalter, Träger
von Ausbildungsmaßnahmen und Unternehmen sehr
sorgfältig überlegen, ob sie in einem laufenden Ausbil-
dungsjahr noch zusätzlich Ausbildungsplätze zur Verfü-

Parl. Staatssekretär Wolf-Michael Catenhusen






(B)



(A) (C)



(D)


gung stellen. Das braucht seine Zeit. Deshalb kann ich
Sie nur davor warnen, sich nach noch nicht einmal acht
Wochen nach Vorlage des Sofortprogramms an dem öf-
fentlichen Gerede über die notwendige Hilfe für junge
Menschen zu beteiligen. Daß die F.D.P. das tut, wundert
uns, ehrlich gesagt, nicht besonders.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es kommt hinzu, daß wir im Rahmen der ausbil-
dungsfördernden Maßnahmen den Schwerpunkt natür-
lich auf Trainingsprogramme für Jugendliche legen,
die noch kurzfristig eine Ausbildungsstelle suchen. Bei
den Maßnahmen, die insbesondere den Jugendlichen zu-
gute kommen sollen, die beim Übergang von der Aus-
bildung in den Beruf arbeitslos geworden sind – auch
darum geht es in diesem Programm, im F.D.P.-
Programm natürlich nicht –, lag der Schwerpunkt bei der
Nach- und Zusatzqualifizierung. Mittlerweile gibt es
hier schon etwa 1 600 Teilnehmer.

Daß Sie Lohnkostenzuschüsse grundsätzlich für sinn-
voll halten, verbindet uns. Deshalb ist es gut, daß wir
hier die Handlungsspielräume auf örtlicher Ebene ver-
größern. Es ist auch richtig, daß wir hier Maßnahmen
der Sozialbetreuung integrieren, mit denen Jugendliche
angesprochen werden sollen, die nicht von sich aus nach
Angeboten des Arbeitsamtes suchen. Hiermit wurden
innerhalb von vier Wochen schon viele Jugendliche er-
reicht. Ich gehe davon aus, daß in einem halben Jahr
deutlicher sein wird, was machbar ist. Die Arbeitsver-
waltung geht davon aus, daß schon im ersten Quartal
20 Prozent der gesamten Mittel abgesetzt sein werden.

Wir wissen genau – deshalb brauchen wir, Frau Aig-
ner, an der Stelle auch gar nicht kontrovers zu diskutie-
ren –, daß mit einem Sofortprogramm weder die struktu-
rellen Probleme der Berufsausbildung noch die struktu-
rellen Ursachen für den Ausbildungsplatzmangel gelöst
werden können.


(Detlef Parr [F.D.P.]: Richtig!)

Nur, der entscheidende Punkt ist: Wenn wir innerhalb

von hundert Tagen ein Programm auf den Weg bringen,
mit dem 20 Prozent der Betroffenen wirksam geholfen
werden kann, dann muß sich die F.D.P. fragen, ob sie ih-
ren Vorwurf der Augenwischerei aufrechterhalten will.
Die Betroffenen werden sich für Ihren Zynismus bedan-
ken, mit dem Sie diese Sache hier behandeln.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402522200
Herr Kollege, ge-
statten Sie eine Zwischenfrage?

W
Wolf-Michael Catenhusen (SPD):
Rede ID: ID1402522300
Bitte
schön.


Heinz Wiese (CDU):
Rede ID: ID1402522400
Herr Staatsse-
kretär, Sie haben gerade Maßnahmen angesprochen, in
deren Rahmen sich Menschen für Jugendliche, die

schwer vermittelbar sind, durch persönliche Betreuung
engagieren sollten. Solche Maßnahmen werden bereits
durchgeführt und sollten durch das Programm ausgebaut
werden. Glauben Sie nicht, daß man das nicht auch über
die Länder vorantreiben müßte, so wie es zum Beispiel
gerade in Baden-Württemberg geschieht, wo über eine
neue Maßnahme, die des Jugendberufshelfers, disku-
tiert wird?

Halten Sie über die „Brückenkurse“ hinaus einen Ju-
gendberufshelfer für sinnvoll, der sich, in Verlängerung
der Schulsozialarbeit, im besonderen der Berufsvorbe-
reitungsjahre annimmt und sich in dieser Zeit gezielt um
diejenigen jungen Menschen kümmert, deren Ausbil-
dungswilligkeit und Motivation zu verbessern ist?

W
Wolf-Michael Catenhusen (SPD):
Rede ID: ID1402522500
Ich
sage Ihnen ganz deutlich: Ja, wir sollten diesen Wett-
streit guter Ideen in den Bundesländern akzeptieren.
Sie wissen vielleicht, daß am nächsten Dienstag im
Rahmen des „Bündnisses für Arbeit“ ein Meinungsaus-
tausch zwischen Vertretern der Bundesregierung, den
Tarifpartnern und auch den Vertretern der Länder genau
zu der Frage, was konkret für die betroffenen Jugendli-
chen vor Ort getan werden kann, stattfinden wird. Diese
Bundesregierung ist – im Unterschied zur alten Regie-
rung – zu diesem Gedankenaustausch bereit, um vorur-
teilslos gute Anregungen, die in einzelnen Ländern ent-
wickelt werden, aufzunehmen und dafür zu sorgen, daß
auch zwischen den Bundesländern dieser Wettbewerb
fortgesetzt wird.

Nur, als Bürger des Landes Nordrhein-Westfalen sa-
ge ich: Sie wissen, daß der Lehrstellenzuwachs in Nord-
rhein-Westfalen besonders groß war. In diesem Sinne
halte ich den Vorgang in Baden-Württemberg für dis-
kussionswürdig. Ich weiß genau, daß auf der Län-
derebene die Art von Diskussion, wie die F.D.P. sie hier
anstößt, in der Regel gar nicht geführt wird, weil die
Betroffenheit von der realen Situation der Jugendlichen
die Landespolitiker davon abhält, solche Diskussionen
zu führen und solche Anträge zu stellen, wie die F.D.P.
es heute tut.


(Beifall bei der SPD)

Im übrigen, Herr Parr, als früheres Mitglied der Land-
tagsfraktion der F.D.P. in Düsseldorf haben Sie sehr da-
zu beigetragen, daß die Popularität der F.D.P. bei Wah-
len offenkundig immer weiter gestiegen ist.

Ich sage noch einmal ganz deutlich: Vieles von dem,
was Sie hier zum Rundfunk vorschlagen, ist okay. Sie
sagen: Wolfgang Clement macht eine prima Politik. Das
ist in Ordnung. Wenn Sie das in einem Jahr auch mit
Blick auf die Bundesregierung feststellen, dann sind wir
uns sicherlich wieder einig. Ich sehe deshalb Ihrer weite-
ren Begleitung unserer guten Aktion gelassen entgegen.

Das „Bündnis für Arbeit“ hat in einer eigenen Ar-
beitsgruppe Gespräche über die Zukunft der Berufsaus-
bildung begonnen. Wir wollen diese Strukturdebatte
und diese Strukturreform voranbringen. Es geht uns na-
türlich auch um die Modernisierung bestehender und die

Parl. Staatssekretär Wolf-Michael Catenhusen






(A) (C)



(B) (D)


Schaffung neuer Ausbildungsberufe. Denken Sie nur
bitte daran: Die durchschnittliche Dauer beträgt in die-
sem Zusammenhang zur Zeit 11 Monate. Wenn der
Kollege Jork in seinem Antrag fordert, daß das innerhalb
von 12 Monaten erledigt werden soll, dann sage ich Ih-
nen: Okay, darin sind wir uns einig. Wir sind schon so-
weit, aber wir versuchen, noch weiter voranzukommen.


(Hans-Michael Goldmann [F.D.P.]: Häufig ist es an den Gewerkschaften gescheitert!)


Es ist auch richtig: Über viele Dinge wie die Schaf-
fung neuer Berufsbilder im IT-Bereich besteht unter al-
len Beteiligten hier Konsens. Sie brauchen uns nicht
vorzuwerfen, daß wir das nicht kapieren. Ich werfe Ih-
nen das auch nicht vor. Wenn die F.D.P. diese „Neuig-
keit“ noch aufschreibt, dann ist das für eine Pressemit-
teilung vielleicht ausreichend, aber für einen Antrag im
Deutschen Bundestag etwas dürftig.


(Beifall bei der SPD)

Wir sind uns darin einig, daß wir die Ausbildungs-

bereitschaft der Existenzgründer stärken müssen.

(Beifall des Abg. Dr.-Ing. Rainer Jork [CDU/CSU])

Das Thema, wie wir die Ausbildungsbereitschaft von
Ausländern stärken, die in Deutschland ein Unterneh-
men aufgebaut haben, verbindet uns. Wir sind uns auch
darüber im klaren, daß es bei der Modernisierung des
Systems der beruflichen Bildung darum geht, in Ost-
deutschland das Bund-Länder-Sonderprogramm zu ver-
längern. Das machen wir. Die Verhandlungen darüber
haben am vergangenen Freitag begonnen.

Wir fördern auch weiterhin den Einsatz von Ausbil-
dungsplatzentwicklern. Wir haben das Lehrstellenent-
wicklerprogramm deshalb zunächst bis zum Ende des
Jahres 2001 verlängert. Wir wollen dieses Programm
auch im Volumen ausweiten. So werden wir auch den
Haushalt für das Jahr 2000 anmelden. Ich sage deutlich:
Es bleibt dabei, daß diese Aufgabe in den alten Ländern
von den Kammern aus eigener Kraft wahrgenommen
werden muß. Das ist die originäre Arbeitsverteilung im
System der dualen beruflichen Bildung.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich möchte noch eine letzte Bemerkung machen, mit
der ich konstruktiv das aufnehme, was Frau Aigner ge-
sagt hat. Ich glaube, es gibt einige Punkte, bei denen Sie
noch erstaunt sein werden, wie weit die Tarifpartner, die
Länder und die Bundesregierung auf dem Wege der Ko-
operation über das hinauskommen, was Sie in Ihrem
Antrag in etwas dürftiger Art auf den Tisch gelegt ha-
ben.

Auch wir wissen, daß wir ein Ausbildungssystem
brauchen, das sowohl Jugendlichen mit schlechteren
Startchancen als auch leistungsbereiteren Jugendlichen –
die Bandbreite der Qualifikation reicht vom Jugendli-
chen ohne Hauptschulabschluß bis zum Abiturienten –
adäquate und differenzierte Förderungs- und Ausbil-
dungsangebote im System der dualen beruflichen Bil-

dung macht. Dies und weitere Modernisierungsschritte
werden Gegenstand der Gespräche im „Bündnis für Ar-
beit“ sein, wenn es um Ausbildung und Wettbewerbsfä-
higkeit geht.

Meine Damen und Herren, das Wort von der Kara-
wane könnte ich jetzt auch auf den Antrag der F.D.P.
anwenden. Die Defizite, die in den letzten Jahren im Be-
reich der strukturellen Entwicklung des dualen Systems
entstanden sind, werden wir konstruktiv mit allen Betei-
ligten angehen. Wenn sich die Opposition daran beteili-
gen will, ist sie herzlich dazu eingeladen.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402522600
Sind Sie, Herr Kol-
lege Catenhusen, obwohl Sie am Ende Ihrer Rede ange-
langt sind, bereit, noch eine Frage des Kollegen Koppe-
lin zu beantworten?

W
Wolf-Michael Catenhusen (SPD):
Rede ID: ID1402522700
Eine
Frage vom Kollegen Koppelin natürlich ganz besonders
gerne. – Bitte schön.


Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1402522800
Danke schön, Herr
Staatssekretär. – Es ist sehr löblich, was Sie, wie Sie an-
gekündigt haben, noch alles in den Haushalt für das Jahr
2000 aufnehmen wollen. Wir hatten hier ja auch schon
eine Debatte über den Etat des Bildungsbereiches für
dieses Jahr. Vor diesem Hintergrund möchte ich Sie fra-
gen: Ist Ihnen bekannt, daß die Politiker Ihrer Koalition
den Bildungsetat heute im Haushaltsausschuß radikal
zusammengestrichen haben? Wären Sie bereit, mit der
F.D.P. zusammen dafür zu kämpfen,


(Lachen bei der SPD)

daß zumindest mancher Ansatz, der aus unserer Sicht
positiv zu bewerten ist, doch noch wieder aufgenommen
wird? Wenn Sie das Ergebnis der heutigen Beratungen
im Haushaltsausschuß zu Ihrem Etat sehen würden, wä-
ren Sie entsetzt darüber, was dort alles zusammengestri-
chen worden ist. All das, was Sie hier bei der ersten Le-
sung versprochen haben, findet nun plötzlich nicht mehr
statt, weil die Koalitionspolitiker meinen, sie müßten ei-
nen bestimmten Betrag in Ihrem Etat einsparen. Sind Sie
bereit, das zur Kenntnis zu nehmen und mit uns Gesprä-
che mit dem Ziel zu führen, den einen oder anderen An-
satz doch noch wieder aufzunehmen?

W
Wolf-Michael Catenhusen (SPD):
Rede ID: ID1402522900
Herr
Kollege, Koordination und Abstimmung innerhalb die-
ser Bundesregierung und auch mit den Koalitionsfrak-
tionen klappen sehr gut. Deshalb ist mir all das, was Sie
als Neuigkeit mitteilen wollen, natürlich bekannt.

Interessant ist, was mit dem Begriff „radikal“ um-
schrieben wird. Im Rahmen der Durchführung des
Haushaltsverfahrens war eine notwendige Operation
eine 1,5prozentige Einsparung, die allen Ressorts vorge-
geben war. Von dieser ist der Etat des Bundesministeri-

Parl. Staatssekretär Wolf-Michael Catenhusen






(B)



(A) (C)



(D)


ums für Bildung und Forschung ausgenommen worden.
Während der 16 Jahre, die Sie regierten, haben Sie es
bei den von Ihnen immer wieder vorgenommenen pau-
schalen Kürzungsaktionen nie geschafft, daß dieses Mi-
nisterium auch nur ein einziges Mal von pauschalen
Kürzungen ausgenommen wurde.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)


Zu dem von Ihnen als radikal bezeichneten Beschluß:
Es geht um – das ist schon ein wenig schmerzhaft –
75 Millionen DM bei einem Haushaltsvolumen von
15 Milliarden DM. Deshalb sollten Sie bei der Wahl Ih-
rer Begriffe vielleicht eine Stufe niedriger greifen, sonst
wirken Sie bei dieser Debatte etwas lächerlich.

Ich sage Ihnen dazu aber auch: Die Kürzung ist zwar
sehr bedauerlich, aber das ändert nichts an zwei Tatsa-
chen, an deren Umsetzung auch Sie persönlich beteiligt
waren – vielleicht sind Sie ja ein reuiger Umkehrer, der
durch die löbliche Absicht, uns zu helfen, die alten bö-
sen Taten schnell vergessen machen will –: Erster Fakt
ist, daß Sie von 1994 bis 1998 den Forschungshaushalt
um 300 Millionen DM abgesenkt haben. Zweiter Fakt
ist, daß in der mittelfristigen Finanzplanung für 1999 bis
2002, an deren Entstehung Sie Mitverantwortung tragen,
ein Nullwachstum vorgesehen war.

Dieser Kampfesmut, uns jetzt bei den 75 Millionen
DM beizustehen, ist sehr lobenswert. Darüber freuen
wir uns natürlich auch. Es handelt sich bei der
Kürzung zwar um einen bedauerlichen Schritt, aber
die schwierigen finanzpolitischen Rahmenbedingungen
– das sage ich ganz deutlich –, die durch das Verfas-
sungsgerichtsurteil noch verschärft wurden, erfordern
ein kluges Vorgehen aller. Ein Erfolg wäre es, bei den
Haushaltsberatungen für 2000 ein ähnliches Etatvo-
lumen wie 1999 zu erreichen; das ist uns wichtiger als
der Kampf um diese 75 Millionen DM. Ich hoffe aber,
daß auch darüber auf Spitzenebene noch Gespräche
möglich sind.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Heinrich-Wilhelm Ronsöhr [CDU/CSU]: War aber ein schlimmer Schluß!)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402523000
Ich schließe die
Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 14/335 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 9 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Gerda
Hasselfeldt, Klaus Brähmig, Ernst Hinsken, wei-

terer Abgeordneter und der Fraktion der
CDU/CSU
Harmonisierung der gastgewerblichen Mehr-
wertsteuersätze in der Europäischen Union
– Drucksache 14/294 –

(federführend Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die CDU/CSU-Fraktion hat der Kollege Klaus Brähmig. Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat am 19. Januar 1999 auf Drucksache 14/294 ihren Antrag zur Harmonisierung der gastgewerblichen Mehrwertsteuersätze in der Europäischen Union eingebracht. Es stellt sich die Frage: Warum? Aus populistischen Gründen, wie uns die Vertreter der Regierungskoalition gleich wahrscheinlich glaubhaft machen wollen? Sicherlich nicht! Wir stehen zu den guten und auch zu den weniger guten Entscheidungen der vergangenen Legislaturperiode. Der Hauptgrund liegt darin, daß die CDU/CSUBundestagsfraktion in der Tourismusund Dienstleistungsbranche einen der großen Hoffnungsträger bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit sieht. Sie sichert bereits heute direkt und indirekt 2,5 Millionen Arbeitsplätze und 80 000 Ausbildungsplätze in Deutschland, hat einen Anteil von zirka 8 Prozent am Bruttoinlandsprodukt und erwirtschaftet einen Umsatz von zirka 230 Milliarden DM. (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Dr.-Ing. Rainer Jork [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

Klaus Brähmig (CDU):
Rede ID: ID1402523100

In meinem Wahlkreis, der Sächsischen Schweiz, sind
allein 8 340 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte im
Tourismus- und Dienstleistungsbereich tätig. Das sind
immerhin 15 Prozent.

Das Potential für mehr Arbeit im Bereich Urlaub,
Reisen und Freizeit ist noch keineswegs voll ausge-
schöpft. Die Voraussetzung für die Schaffung neuer,
nicht exportierbarer Arbeitsplätze im Gastgewerbe ist
aber, daß die stark mittelständisch geprägte Tourismus-
branche in Deutschland Rahmenbedingungen vorfindet,
die es ihr erlauben, sich im globalen Wettbewerb gegen
die Mitbewerber zu behaupten.

Einen wichtigen Aspekt bei der Setzung wirtschafts-
freundlicher Rahmenbedingungen stellt meines Erach-
tens die gravierende Benachteiligung des deutschen
Gastgewerbes durch stark divergierende Mehrwert-
steuersätze in der Europäischen Union dar.


(Jörg Tauss [SPD]: Was habt ihr dagegen gemacht?)


Parl. Staatssekretär Wolf-Michael Catenhusen






(A) (C)



(B) (D)


– Ich werde dazu kommen. – Zu den Detailfragen der
Mehrwertsteuersätze wird nachfolgend mein Kollege
Klaus-Peter Willsch Stellung nehmen.


(Jörg Tauss [SPD]: Ich dachte, Sie schon!)

In Anbetracht der Tatsache, daß die deutsche Bundes-

regierung zur Zeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat,
ist es nur konsequent, die Bundesregierung aufzufor-
dern, diesen Wettbewerbsnachteil für deutsche Unter-
nehmer durch Verhandlungsgeschick auf europäischer
Ebene bzw. durch die Anwendung des reduzierten
Mehrwertsteuersatzes in der Bundesrepublik Deutsch-
land zu beseitigen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Darum geht es!)


– So ist es.
Vertreter der rotgrünen Regierungskoalition werden

jetzt bestimmt fragen, warum die CDU/CSU dieses Ziel
nicht in ihrer Regierungsverantwortung durchgesetzt
hat,


(Horst Kubatschka [SPD]: Das ist wahr!)

vor allem vor dem Hintergrund einer Pressemitteilung
von Frau Irber vom 29. Januar 1999. Die Antwort ist
sehr einfach. Erstens. Die CDU/CSU-geführte Bundes-
regierung wollte die Bürgerinnen und Bürger und die
deutschen Unternehmen durch eine große Steuerreform
auf einen Schlag um 30 Milliarden DM entlasten.


(Horst Kubatschka [SPD]: Aber nicht auf dem Gebiet!)


Zweitens. Die CDU/CSU-geführte Bundesregierung
hat durch die Begrenzung der Lohnfortzahlung im
Krankheitsfall und durch die Einführung eines demo-
graphischen Faktors in die Rentenberechnung die Wirt-
schaft um zweistellige Milliardenbeträge entlastet.


(Beifall des Abg. Dr.-Ing. Rainer Jork [CDU/CSU])


Drittens. Die CDU/CSU-geführte Bundesregierung
war es, die durch die Änderung des Kündigungsschutzes
eine Flexibilisierung des Arbeitsmarktes vorangetrieben
hat. Unter anderem haben die obengenannten Maßnah-
men im letzten Jahr zu einer deutlichen Rückführung der
Arbeitslosigkeit beigetragen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Horst Kubatschka [SPD]: Welche Statistik haben Sie denn gefälscht?)


Dagegen hat die neue, die rotgrüne Bundesregierung
trotz aller Warnungen, auch der Tourismusspitzenver-
bände, ein mittelstandsfeindliches Jahressteuergesetz
verabschiedet, das zum Beispiel mit der Abschaffung
des Vorsteuerabzugs bei Geschäftsessen und Geschäfts-
reisen neue Belastungstatbestände für das Gastgewerbe
beinhaltet. Dies schwächt die Nachfrage nach geschäft-
licher Bewirtung und geschäftlichen Reisen erheblich.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: So wird der Mittelstand geschädigt! Genau so ist es!)


Die rotgrüne Bundesregierung hat gestern die ökolo-
gische Steuerreform abschließend durchgepeitscht, die
nach Schätzung der Tourismusbranche eine durch-
schnittliche zusätzliche Belastung von zirka 24 000 DM
pro Betrieb im Gastgewerbe bedeutet.


(Brunhilde Irber [SPD]: Das glauben Sie doch selber nicht!)


Die rotgrüne Bundesregierung hat heute gegen den
ausdrücklichen Einspruch der Branchenverbände die
Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsver-
hältnisse durchgesetzt. Auch hier werden die Unter-
nehmen des Gastgewerbes zusätzlich belastet, sowohl
finanziell als auch durch mehr Bürokratie. Der Schwarz-
arbeit in der Gastronomie wird damit Tür und Tor ge-
öffnet.


(Annette Faße [SPD]: Was? Das kann doch nicht sein! Schwarzarbeit!)


Die rotgrüne Bundesregierung hat zusätzlich die
obengenannten Reformen der CDU/CSU/F.D.P.-
Bundesregierung rückgängig gemacht bzw. ausgesetzt
und läßt sich dafür als sozialer Wohltäter feiern. So geht
es nicht! Die Zeche zahlen Mittelstand und die 4,5 Mil-
lionen Arbeitslosen in Deutschland.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das ist die Wahrheit!)


Festzustellen bleibt, daß die Zahl der Arbeitslosen
seit dem Amtsantritt von Gerhard Schröder um zirka
490 000 Personen angestiegen ist.


(Horst Kubatschka [SPD]: Haben Sie schon was von Winterarbeitslosigkeit gehört?)


Hier zeigt sich sehr deutlich der fundamentale Unter-
schied im Politikansatz: Während die CDU/CSU das
mittelständisch geprägte Gastgewerbe entlastet hat und
weiterhin entlasten will,


(Horst Kubatschka [SPD]: 16 Jahre lang geschlafen hat sie!)


damit zusätzliche Arbeitsplätze entstehen, bittet die rot-
grüne Bundesregierung die Neue Mitte zusätzlich zur
Kasse und erwartet danach von den Branchenvertretern
die Schaffung zusätzlicher Arbeits- und Ausbildungs-
plätze. Dies kann man nur als schlechten Witz auffassen.

Genau an dieser Stelle fragen sich interessierte Beob-
achter – zu denen ich mich zähle –: Was hat die neue
Regierung in 16 Jahren Oppositionszeit gemacht? –
Fehlanzeige!


(Horst Kubatschka [SPD]: Was haben Sie gemacht? Auch Fehlanzeige!)


Wo sind die durchdachten Konzepte, die uns vor der
Wahl versprochen wurden? – Fehlanzeige! Ihre bisheri-
ge Regierungspraxis zeigt – sei es am Beispiel der Öko-
steuer, sei es am Beispiel der Neuregelung der geringfü-
gigen Beschäftigung –, daß es sich hier nicht mehr um
handwerkliche Fehler handelt, sondern um grobe
Schnitzer – oder, besser gesagt: um Pleiten, Pech und

Klaus Brähmig






(B)



(A) (C)



(D)


Pannen, die unsere Gesellschaft teuer zu stehen kom-
men.

Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß Sie
nur 16 Wochen gebraucht haben, um 16 Jahre erfolg-
reiche und solide Regierungspolitik der CDU/CSU und
F.D.P. zugrunde zu richten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Widerspruch bei der SPD)


Abschließend möchte ich ein letztes Argument gegen
den vorliegenden Antrag entkräften. Die von der
CDU/CSU vorgelegten Zahlen verdeutlichen, daß bei
der Anwendung eines reduzierten Mehrwertsteuer-
satzes nur kurzzeitig mit Steuermindereinnahmen in
Höhe von zirka 1,3 Milliarden DM zu rechnen ist. Eine
durch die Anwendung eines reduzierten Mehrwert
steuersatzes gesteigerte Nachfrage nach gastgewerb-
lichen Dienstleistungen aus dem In- und Ausland führt
aber zu einem Ausgleich durch erhöhte Steuereinnah-
men.

Weiterhin würden die durch die Mehrwertsteuer-
ermäßigung verursachten Steuermindereinnahmen be-
reits durch das Entstehen von 30 000 neuen Arbeitsplät-
zen und die damit verbundenen Mehreinnahmen an
Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen wieder aus-
geglichen. Ich denke, hier ist von uns eine seriöse
Gegenfinanzierung vorgelegt worden.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Sehr geehrte Kollegen der SPD, liebe Frau Irber,

nachdem ich in der Ausgabe 5/1999 der Zeitschrift
„Fremdenverkehrswirtschaft International“ mit Freude
vernommen habe, daß auch Sie sich als niederbayerische
Abgeordnete – wie unser Kollege Ernst Hinsken –
vehement für eine Ermäßigung des Mehrwertsteuersat-
zes einsetzen, um Unternehmen aus Ihrem Wahlkreis
gegen die bevorteilte Konkurrenz aus Österreich zu
schützen, dürfte doch eine Lösung dieser Frage möglich
sein. Das Werben für den vorliegenden Antrag wird
Ihnen in Ihrer Partei besonders leicht fallen, da Ihr Par-
teivorsitzender und Finanzminister ja ein großer Ver-
fechter der Nachfragepolitik ist. Jetzt kann Herr Lafon-
taine beweisen, wie ernst es ihm mit seinem Bekenntnis
zur Steigerung der Kaufkraft und zur Steigerung der
Nachfrage ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns ge-
meinsam in den zuständigen Ausschüssen eine Lösung
im Sinne der Arbeitslosen und des Mittelstandes im
Hotelgewerbe finden. Ich freue mich schon heute sehr
auf die Beratungen im Ausschuß und möchte mit einem
Zitat des Bundeswirtschaftsministers, Herrn Müller,
meine Rede schließen, der kürzlich sagte: Es gibt keine
linke oder rechte Wirtschaftspolitik, sondern nur eine
richtige oder falsche. – Lassen Sie uns richtige Wirt-
schaftspolitik betreiben!

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Klaus Wolfgang Müller [Kiel] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ihre ist die falsche!)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402523200
Das Wort für die
Bundesregierung hat die Parlamentarische Staatssekretä-
rin Barbara Hendricks.

D
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1402523300
Herr Präsident! Meine
Damen und Herren! Sagen Sie einmal, Herr Kollege
Brähmig, all das, was Sie soeben gesagt haben, haben
Sie doch wohl nicht ernst gemeint. Sie sind ja nun schon
in der dritten Wahlperiode hier im Deutschen Bundes-
tag. Mir war zunächst gemeldet worden, der Kollege
Willsch spreche als erster. Dazu hätte ich dann gesagt,
daß man mit ihm jemanden ins Feuer geschickt hätte,
der nicht wisse, was diejenigen, die schon länger im
Bundestag sitzen, vorher getan haben.


(Jürgen Koppelin [F.D.P.]: Wenn Sie jetzt nach diesem Maßstab vorgehen, dürften Sie überhaupt nicht reden!)


Sie, Herr Brähmig, müßten aber eigentlich wissen, was
Sie vor unserer Regierungszeit getan haben. Sie sind
jetzt in der dritten Wahlperiode hier im Bundestag. Das,
was Sie da verbreitet haben, kann wirklich nicht ernst
gemeint gewesen sein.


(Beifall bei der SPD – Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Sind Sie Oberlehrerin?)


– Herr Kollege Ramsauer, Sie sind für Ihre qualifizierten
Zurufe bekannt. Machen Sie ruhig so weiter.


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Ihrer Einladung leiste ich gerne Folge!)


– Herr Kollege Ramsauer, tun Sie das ruhig. Aber halten
Sie sich zurück! Ein weiterer Zuruf wie der in der ver-
gangenen Woche gegenüber der Kollegin Kristin Heyne
würde für einen Aufstand der ehrenwerten Parlamenta-
rierinnen und Parlamentarier in diesem Hause sorgen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Was habe ich denn da gesagt?)


– Ich habe Ihren Zuruf gehört.

(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Das müssen Sie mir einmal beweisen, daß es zu einem Aufstand kommt!)


– Das dürfte nicht so schwer sein, Herr Kollege Ram-
sauer. Es gibt wirklich Grenzen.

Ich komme auf das zurück, was heute das Thema ist.
Herr Kollege Brähmig, Sie haben es gut gemeint. Das ist
in Ordnung. Ich kann das verstehen. Sie sind guten
Willens.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sie haben bisher nur Noten verteilt und nichts zur Sache gesagt!)


Aber Sie wissen genau, daß dieser Antrag, den Sie heute
vorlegen, nichts anderes ist als Populismus und Oppor-
tunismus.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Na, na!)


Klaus Brähmig






(A) (C)



(B) (D)


Ich halte Ihnen das nicht als Person vor. Ich weiß, daß
Sie da persönlich sehr engagiert sind. Es ist aber, wie ich
gerade schon sagte, nichts anderes als Populismus und
Opportunismus. Sie haben nun wirklich jahrelang Zeit
gehabt, all Ihre guten Vorsätze umzusetzen.

Im übrigen darf ich darauf hinweisen, daß die Zahlen,
die im CDU/CSU-Antrag enthalten sind, nicht stimmen.
Es würden also, wenn wir den reduzierten Mehrwert-
steuersatz auf Beherbergungsumsätze einführen würden,
Steuereinnahmeausfälle von rund 1,35 Milliarden DM
auftreten. Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes
auf Gaststättenumsätze hätte Steuerausfälle von rund
3,15 Milliarden DM zur Folge.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das spielt bei Ihnen doch gar keine Rolle mehr!)


– Ja, klar, das spielt bei uns keine Rolle mehr. – Bei uns
stimmen die Zahlen. In Ihrem Antrag sind sie falsch.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402523400
Frau Staatssekretä-
rin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen
Hinsken?

D
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1402523500
Bitte, Herr Kollege Hins-
ken. Ich freue mich schon darauf.


Ernst Hinsken (CSU):
Rede ID: ID1402523600
Frau Staatssekretärin
Hendricks, würden Sie denn Ihren Kollegen, Herrn
Staatssekretär Mosdorf, auch als Populisten bezeichnen,
der – nur in andere Worte gekleidet – das gleiche gesagt
und gefordert hat – und zwar beim Tourismusgipfel auf
dem Petersberg vor wenigen Wochen –, was heute der
tourismuspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion,
Klaus Brähmig, ausgeführt hat?

D
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1402523700
Ich kann sehr wohl ver-
stehen, daß auch die Wirtschaftspolitiker in unserer
Fraktion durchaus dieser Auffassung sein können. Ich
kann verstehen, daß auch die Tourismuspolitiker in un-
serer Fraktion dieser Auffassung sein können. Das alles
akzeptiere ich aus der jeweiligen fachlichen Sicht. Aus
finanzpolitischer Sicht – nicht nur aus finanzwirtschaft-
licher Sicht, sondern auch aus Gründen der Steuersy-
stematik und der Gleichbehandlung der am Wirt-
schaftsleben Teilhabenden – kann ich das jedoch nicht
unterstützen. Es hat natürlich auch haushaltswirtschaftli-
che Komponenten.


(Beifall des Abg. Klaus Wolfgang Müller [Kiel] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Der Vorwurf des Populismus richtet sich aber gegen
die Union in ihrer Gesamtheit, die in den letzten 16 Jah-
ren nun wirklich genug Zeit hatte, alles Nötige zu tun.
Leider ist es jetzt zu spät. Was die Gaststättenumsätze
anbelangt, ist diese Art der steuerlichen Behandlung
nämlich EU-rechtlich seit 1993 gar nicht mehr möglich.

Sie hätten also schon sieben Jahre früher aufwachen
müssen.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402523800
Gestatten Sie eine
weitere Zusatzfrage des Kollegen Brähmig?

D
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1402523900
Bitte schön, Herr Kollege
Brähmig.


Klaus Brähmig (CDU):
Rede ID: ID1402524000
Frau Staatssekretärin,
wenn Sie mir zugehört hätten, dann hätten Sie auch mit-
bekommen, daß ich in meiner Rede natürlich einiges an
Selbstkritik geübt habe. Allerdings akzeptiere ich das
Argument des Populismus, zumindest auf meine Person
und meine Arbeitsweise bezogen, weder hier noch im
Ausschuß. Die Kollegen der SPD wissen dies. Mit mir
kann man in der Sache diskutieren.

Sie werden doch letztendlich nicht bestreiten, daß
das, was ich gesagt habe, in der Sache begründet ist. Es
geht darum, daß eine eindeutige Wettbewerbsbenach-
teiligung des deutschen Hotellerie- und Gastrono-
miegewerbes vorhanden ist, und dies natürlich schwer-
punktmäßig in den Grenzregionen Westdeutschlands
und Süddeutschlands. Diese Dinge trägt uns die Bran-
che, diese Dinge tragen uns auch die betroffenen Kolle-
ginnen und Kollegen – egal, welcher politischen Rich-
tung sie angehören – ständig vor.

Ich will noch auf eines hinweisen,

(Horst Kubatschka [SPD]: Fragen, nicht hin weisen!)

weil Sie mir unterstellt haben, ich hätte hier mit falschen
Zahlen operiert: Ich habe ganz eindeutig von zirka
1,3 Milliarden DM gesprochen. Ich hätte natürlich auch
die 1,35 Milliarden, also die Zahl, die der Deutsche Ho-
tel- und Gaststättenverband sowie das Finanzministeri-
um genannt haben, anziehen können. Ob diese Zahl in
den letzten Wochen nach oben oder nach unten revidiert
worden ist, entzieht sich meiner Kenntnis.

Ich will Ihnen abschließend noch sagen, daß die Tou-
rismuspolitiker der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für
standortwichtige Entscheidungen – ob es nun um „duty
free“, um die Mehrwertsteuerproblematik oder um eines
der vielen weiteren anstehenden Probleme geht – an Ih-
rer Seite stehen. Das habe ich mehrfach erklärt.

Danke schön.

D
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1402524100
Herr Kollege Brähmig,
Sie haben es nicht einmal als Frage formuliert, aber das
ist auch nicht weiter wichtig. Ich kann mir die Frage ja
denken.


(Heiterkeit bei der SPD)


Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks






(B)



(A) (C)



(D)


Es ist nicht von der Hand zu weisen, daß es Wett-
bewerbsunterschiede zwischen der Bundesrepublik
Deutschland und anderen Staaten der Europäischen
Union gibt. Es ist aber auch nicht von der Hand zu wei-
sen, daß es eben doch wichtiger ist, daß die Unterstüt-
zung den Unternehmen unmittelbar zugute kommt. Wie
Sie selbst wissen, ist doch klar, daß ein abgesenkter
Mehrwertsteuersatz natürlich zu einer Preissenkung füh-
ren muß und somit den Verbrauchern, in diesem Fall al-
so den Gästen zugute kommt. Das kann man den Gästen
ja wünschen; das ist keine Frage. Aber um die Wettbe-
werbsposition der Unternehmen zu stärken, ist dieses
Mittel nicht so sehr geeignet; da ist es sozusagen ein
Durchlaufposten. Es geht wohl eher darum, eine ver-
nünftige Unternehmenssteuerreform zu machen, so wie
wir sie noch in diesem Jahr vorbereiten werden.


(Klaus Wolfgang Müller [Kiel] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig!)


Außerdem haben wir den Mittelstand durch unsere
Steuergesetzgebung, die wir heute beschlossen haben,
schon entlastet. Das nehmen Sie bitte zur Kenntnis, auch
wenn Sie eben noch einmal das Gegenteil behauptet
haben. Wir sind da auf dem richtigen Weg. Wir wollen,
daß die Unternehmen unmittelbar entlastet werden. Das
wird auch geschehen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Einen Punkt darf ich noch anfügen. Es gibt in der Tat
noch vorübergehende Genehmigungen für einzelne Län-
der in der Europäischen Union für reduzierte Mehrwert-
steuersätze. Wir werden mittelfristig dafür Sorge tragen,
daß sie angeglichen werden. Aber bitte erwarten Sie
auch nicht zuviel von der deutschen Präsidentschaft in
ihrem ersten halben Jahr. Wir kümmern uns auch um
den anderen Bereich, den Sie gerade noch angesprochen
haben – das ist der Bereich des Tax-free –, und das zu-
sätzlich zu den großen Themen, die wir sowieso in der
Steuerpolitik in der Europäischen Union zu regeln ha-
ben. Wir tun das mit allem Engagement. Dieses Thema
jetzt, Anfang März, noch auf die Agenda der deutschen
Präsidentschaft setzen zu wollen ist einfach von den
Abläufen her, die in der Europäischen Union üblich und
möglich sind, ausgeschlossen. Das muß man ehrlicher-
weise sagen.

Ich will noch eine Zahl zurückweisen, die Sie sozu-
sagen nur mitgeteilt haben. Sie haben gesagt, die Unter-
nehmen der Tourismusbranche hätten dargelegt, sie
würden durch die ökologische Steuerreform im Schnitt
mit 24 000 DM pro Betrieb und Jahr zusätzlich belastet.


(Jörg Tauss [SPD]: Albern!)

Ich habe es jetzt auf die Schnelle nicht nachgerechnet,
weil es in der Tat schwer ist, 2 Pfennig pro Kilowatt-
stunde Strom in Relation zu 24 000 DM zu setzen.
Vielleicht kann mir jemand schnell helfen und mir sa-
gen, wie viele Kilowattstunden Strom das sein müssen,
die dann in jedem dieser Betriebe pro Jahr verbraucht
werden sollen. Aber es muß eine ganz erhebliche Zahl
sein, weil 2 Pfennig in 24 000 DM unheimlich viele
Male hineingeht. Das kann ich sagen, auch ohne das

nachgerechnet zu haben. Diese Zahl kann wohl ernsthaft
nicht gemeint sein. Überprüfen Sie das einmal!


(Beifall bei der SPD – Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Das ist ein mittlerer Handwerksbetrieb! 2,5 Millionen Kilowattstunden!)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402524200
Zu einer Kurzinter-
vention gebe ich das Wort dem Kollegen Ernst Hinsken.


Ernst Hinsken (CSU):
Rede ID: ID1402524300
Herr Präsident, ich
möchte gern das aufgreifen, was soeben Frau Staatsse-
kretärin Hendricks zu der Problematik, die jetzt auf der
Tagesordnung steht, ausgeführt hat, und feststellen:
Nicht nur Ihr Kollege Mosdorf, sondern auch der Bun-
deswirtschaftsminister Müller steht einer Mehrwert-
steuersenkung für das Beherbergungsgewerbe positiv
gegenüber.


(Zuruf von der SPD: Ja! Das hat sie doch bestätigt!)


Warum? Sie sind deshalb dafür, weil festgestellt werden
muß, daß hier das deutsche Gaststättengewerbe benach-
teiligt wird.


(Susanne Kastner [SPD]: Ja klar! Das ist doch eine Profilneurose!)


Es kann und darf doch nicht sein, daß dann, wenn je-
mand in Kehl am Rhein Urlaub macht, er pro Nacht mit
16 Prozent Mehrwertsteuer belastet wird und daß er,
wenn er über den Rhein fährt und auf Straßburger Ge-
biet ist, nur noch 5,5 Prozent Mehrwertsteuer zahlt.
Oder: Wenn jemand in Freilassing Urlaub macht, dann
zahlt er auch wieder 16 Prozent Mehrwertsteuer; fährt er
5 Kilometer über die Grenze weiter nach Salzburg, dann
zahlt er nur 10 Prozent. In Luxemburg sind es sage und
schreibe nur 3 Prozent, die bezahlt werden müssen. Es
ist doch nicht von der Hand zu weisen, daß das eine
wettbewerbliche Benachteiligung der deutschen Gastro-
nomie ist.


(Horst Kubatschka [SPD]: Das haben Sie in 16 Jahren nicht abgeschafft!)


Mir ist klar – Herr Kollege Kubatschka – daß, wenn es
zu einer EU-weiten Harmonisierung kommen soll, auch
die anderen Länder bereit sein müssen, hier mitzuma-
chen.


(Susanne Kastner [SPD]: Ihr habt 16 Jahre nichts gemacht!)


Es kann doch nicht sein, daß 12 von den 15 EU-Staaten
bereits einen solch niedrigen Mehrwertsteuersatz, aber
3 Länder den vollen Mehrwertsteuersatz haben. Die
Bundesrepublik Deutschland ist mit 16 Prozent in der
Spitzengruppe dieser drei.


(Susanne Kastner [SPD]: Wie lange ist das schon her?)


Das kann und darf nicht weiter hingenommen wer-
den. Die Bundesrepublik Deutschland hat momentan die
EU-Ratspräsidentschaft inne, die es zu nutzen gilt.

Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks






(A) (C)



(B) (D)


Wenn die EU nicht in der Lage ist, Bewegung in die
Angelegenheit zu bringen, dann sind wir gezwungen –
damit Arbeitsplätze erhalten und neue geschaffen wer-
den können; wir können keine Sonne aus Mallorca im-
portieren, aber wir können billiger werden –, einen Be-
schluß zu fassen, der in die Richtung geht, daß es wieder
interessanter wird, Urlaub in Deutschland zu machen.
Wenn das nicht der Fall sein wird, wird sich gerade die
deutsche Hotellerie und Gastronomie auch weiterhin auf
dem Abstellgleis befinden.

Eine letzte Bemerkung. Kollege Brähmig hat bereits
darauf verwiesen – –


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402524400
Herr Kollege Hins-
ken, Sie haben noch genau sieben Sekunden.


(Heiterkeit bei der SPD)



Ernst Hinsken (CSU):
Rede ID: ID1402524500
Darum eine letzte Be-
merkung, Herr Präsident.

Kollege Brähmig hat bereits darauf verwiesen: In
Irland hat man den Mehrwertsteuersatz gesenkt, und
siehe da, die Urlauber wurden mehr, das Angebot wurde
verstärkt angenommen, mit dem Ergebnis, daß die Sen-
kung mehr als kompensiert wurde. Bitte tun Sie das
gleiche.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402524600
Eine Kurzinterven-
tion sollte eine Kurzintervention bleiben.


(Brunhilde Irber [SPD]: Eine Ersatzrede! – Susanne Kastner [SPD]: Eine Langintervention hat er gemacht!)


Ich verstehe das alles. Aber wir sollten uns jetzt schon
ein bißchen bemühen, auf die Zeit zu achten.

Die Frau Parlamentarische Staatssekretärin hat natür-
lich das Recht, darauf zu antworten. Bitte schön.

D
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1402524700
Herr Kollege Hinsken,
was an Ihnen so sympathisch ist, ist, daß Sie das alles
immer mit richtigem Engagement machen. Was Sie im-
mer bleiben, ist Bäckermeister;


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Und Konditormeister!)


das ist keine Frage. Erst waren Sie mit allem Engage-
ment Sozialpolitiker, dann kurzfristig mit allem Enga-
gement Bauernpolitiker, und jetzt sind Sie Tourismus-
politiker, und Sie machen auch dies mit allem Engage-
ment und mit allem Herzblut. Das ist wirklich sympa-
thisch.

Aber auch, wenn man mit allem Herzblut eine Sache
verfolgt, muß man immer wieder nach rechts und links
gucken, um die Zusammenhänge in der Politik zu sehen.
Außerdem müssen Sie sich sagen lassen: Vielleicht ha-
ben Sie Ihr Herz für den Tourismus zu spät entdeckt.

Vielleicht wäre es Ihnen voriges Jahr noch gelungen,
Ihre Fraktion zu überzeugen.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Klaus Wolfgang Müller [Kiel] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Horst Kubatschka [SPD]: Eine späte Liebe sozusagen! – Heiterkeit bei der SPD)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402524800
Ich darf das von
hier oben leider nicht kommentieren. Deswegen gebe
ich sofort das Wort an den Kollegen Ernst Burgbacher
von der F.D.P.


Ernst Burgbacher (FDP):
Rede ID: ID1402524900
Herr Präsident! Meine
sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben in dieser
Woche einiges erlebt: gestern die Ökosteuer,


(Klaus Wolfgang Müller [Kiel] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gut so!)


heute das Steuerentlastungsgesetz

(Klaus Wolfgang Müller [Kiel] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Super! – Horst Kubatschka [SPD]: Da staunen Sie!)


und die Neuregelung der 630-DM-Jobs.

(Klaus Wolfgang Müller [Kiel] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Immer besser! – Susanne Kastner [SPD]: Hervorragend!)


Meine Damen und Herren, ich fürchte, Sie haben in den
letzten beiden Tagen, gestern und heute, die Rechnung
im wahrsten Sinne des Wortes ohne den Wirt gemacht.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

Denn ich fürchte, manche Gastwirte und Hoteliers wer-
den diese Zeche nicht bezahlen können.


(Klaus Wolfgang Müller [Kiel] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die werden entlastet!)


Auch zu dieser späten Stunde finde ich das überhaupt
nicht zum Lachen. Es reicht auch nicht, das mit den
Worten „Populismus“ und „Opportunismus“ abzutun,
wie Sie das getan haben, Frau Hendricks.

Wir sollten vielleicht doch noch einmal ein Stück in
die Materie einsteigen. Meine Fraktion, die F.D.P., hat
schon 1968, bei der Einführung der Mehrwertsteuer, den
reduzierten Steuersatz unter anderem für Hotellerie und
Gastronomie gefordert.


(Klaus Wolfgang Müller [Kiel] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Einen neuen Subventionstatbestand schaffen Sie!)


Wir haben diese Forderung ständig wiederholt. Sie ist
damals an der Großen Koalition gescheitert. Sie schei-
terte inzwischen an den Finanzministern. Ich werde dazu
nachher einen ganz konkreten Fall nennen.

Wir sollten uns klarmachen, daß die Welt sich wan-
delt und daß wir heute in einer anderen Situation sind als

Ernst Hinsken






(B)



(A) (C)



(D)


noch vor ein oder zwei Jahren. Wir haben den Euro. Mit
dem Euro ist auf einmal das Wechselkursrisiko entfal-
len,


(Jürgen Koppelin [F.D.P.]: So ist es!)

und es gibt Preistransparenz. Die Preistransparenz führt
zu verschärftem Wettbewerb. Ich sage ganz klar: Wir
wollen diesen Wettbewerb und begreifen ihn als Chan-
ce. Nur müssen wir uns klarmachen: Der Geschäftsrei-
sende, der Kurzurlauber, der Anbieter von Urlaubsreisen
wird jetzt vergleichen. Er wird sehen: Wo ist die Lei-
stung? Wo ist der Preis? Dann wird er entscheiden, ob er
das Hotel in Offenburg oder in Straßburg mietet oder ob
er das Hotel in Maastricht oder in Aachen bucht. Das hat
sich mit dem Euro gewaltig gewandelt.


(Beifall bei der F.D.P. – Susanne Kastner [SPD]: Er bucht nach Urlaubsregionen!)


Die F.D.P. hat sich übrigens als einzige Partei immer
konsequent für den Euro ausgesprochen.


(Beifall bei der F.D.P. – Klaus Wolfgang Müller [Kiel] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Quatsch!)


Die F.D.P. ist auch die einzige Partei des Wettbewerbs.
Wir nehmen ihn an. Deshalb weise ich hier Opportunis-
musvorwürfe zurück. Es geht nicht darum, einen Be-
reich zu subventionieren.


(Klaus Wolfgang Müller [Kiel] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch! Genau das ist es!)


Vielmehr geht es darum, faire Wettbewerbsbedingungen
in Euroland zu schaffen.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU – Klaus Wolfgang Müller [Kiel] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Subventionstatbestand!)


Meine Damen und Herren, bei einem Nettopreis von
100 Euro zahle ich für das Zimmer in Deutschland
116 Euro, in Holland und Belgien 106 Euro, in Frank-
reich 105,50 Euro und schließlich in Luxemburg
103 Euro. Das muß man doch zur Kenntnis nehmen.
Hier besteht politischer Änderungsbedarf. Für die Lei-
stungen haben die Unternehmen zu sorgen, und das
werden sie auch tun.

Meine Damen und Herren von der rotgrünen Mehr-
heit, Sie melken gestern und heute das Hotel- und Gast-
stättengewerbe schon gewaltig.


(Klaus Wolfgang Müller [Kiel] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Gastgewerbe ist ein arbeitsintensives Gewerbe!)


Zur Ökosteuer: Sehr geehrte Frau Hendricks, ich habe
im Ausschuß eine Rechnung am Beispiel eines Stutt-
garter Hotels mit 100 Betten vorgelegt: jährliche Mehr-
belastung durch die Ökosteuer 16 000 DM, jährliche
Entlastung bei der Rentenversicherung etwa 6 500 DM,
bleibt unter dem Strich eine zusätzliche Belastung von
etwa 10 000 DM. Mit dem 630-Mark-Gesetz gefährden
Sie Betriebe ganz massiv in ihrer Existenz, weil die Be-
triebe in der Hotellerie und in der Gastronomie mit Spit-

zen zu kämpfen haben. Die werden sie nicht mehr ver-
nünftig abdecken können.

Sehr geehrte Frau Hendricks, die heute beschlossene
Regelung, daß die Vorsteuer auf Reisekosten für Un-
ternehmen und deren Personal nicht mehr abziehbar ist,
bedeutet, daß Übernachtung und Essen für diese Perso-
nen 16 Prozent mehr kosten. Das wird zu ernsthaften
Problemen in der Gastronomie führen.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

Ich will gar nicht auf die Trinkgeldbesteuerung ein-

gehen. Vor der Wahl haben Sie noch davon gesprochen,
sie abzuschaffen. Damit haben wir nie gerechnet. Ich
glaube, der zentrale Denkfehler ist: Sie meinen, durch
höhere Steuersätze mehr Einnahmen zu bekommen. Das
Gegenteil ist richtig. Ich denke, ein niedrigerer Mehr-
wertsteuersatz kann in der Staatskasse mehr Wert be-
deuten. Darauf sollten wir hinarbeiten.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU – Ulrich Heinrich [F.D.P.]: Vor allem mehr Arbeitsplätze!)


Meine Damen und Herren, für die F.D.P.-Fraktion ist
der Abbau der Arbeitslosigkeit das höchste Ziel; er hat
oberste Priorität. Der reduzierte Mehrwertsteuersatz von
7 Prozent kann vielleicht etwas dazu beitragen, daß der
Arbeitsplatzabbau, der mit den von Ihnen gestern und
heute beschlossenen Gesetzen verbunden ist, ein Stück
weit gebremst wird. Deshalb haben wir in der F.D.P.-
Fraktion beschlossen, dem Antrag zuzustimmen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Daß er von der CDU/CSU kommt, stört uns nicht; denn
es geht um die Sache. Wir freuen uns, wenn wir irgend-
wo gleicher Meinung sind.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU,
der baden-württembergische Wirtschaftsminister, Walter
Döring, hat seit längerem einen Bundesratsvorstoß für
einen reduzierten Mehrwertsteuersatz geplant. Er schei-
terte bisher am Finanzminister. Ich fordere Sie auf, zu
helfen, daß die Aktivitäten von dieser Seite erfolgreich
sind.


(Beifall bei der F.D.P. – Klaus Wolfgang Müller [Kiel] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Welches Parteibuch hat der Finanzminister?)


Meine Damen und Herren, ich halte die Situation im
Hotel- und Gaststättengewerbe wirklich für besorgnis-
erregend. Lassen Sie uns in der heutigen Debatte und
in dem anschließenden Beratungsprozeß zusammen ein
Zeichen setzen, das uns in der Sache voranbringt!
Im Interesse der Beschäftigten in der Hotellerie hof-
fe ich, auf meiner Hotelrechnung bald lesen zu kön-
nen: „In diesem Betrag sind 7 Prozent Mehrwertsteuer
enthalten.“ Vielleicht könnte man für die Abgeordne-
ten, die heute zustimmen, einen Zusatzstempel machen:
„Sie haben damit Arbeitsplätze erhalten. Wir danken
Ihnen.“


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)


Ernst Burgbacher






(A) (C)



(B) (D)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402525000
Das Wort hat der
Kollege Klaus Müller vom Bündnis 90/Die Grünen.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Der hat heute schon mal geredet!)


Klaus Wolfgang Müller (Kiel) (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Herr Präsident! Meine verehrten Damen
und Herren! Nach den vergangenen harten Wochen im
Finanzausschuß habe ich mich gefreut, daß mit diesem
Antrag der CDU/CSU der Urlaub zumindest auf dem
Papier etwas näher rückte.

Ihr Antrag fußt auf zwei Überlegungen. Erstens. Sie
sagen, das deutsche Gastgewerbe leide unter dem inter-
nationalen Wettbewerb. Besonders die Erhebung des
normalen Mehrwertsteuersatzes sei von Nachteil. Zwei-
tens. Sie sagen, die Senkung des Mehrwertsteuersatzes
auf 7 Prozent, zumindest bis zu einer EU-einheitlichen
Regelung, sei das geeignete Instrument, zu einer Lösung
zu kommen.

Warum Ihr Antrag mehr nach einem Geschenk an das
Gastgewerbe riecht als nach einer durchdachten finanz-
politischen Lösung, zeigen folgende Aspekte.


(Zurufe von der CDU/CSU: Quatsch ist das!)

Zur Lage des Gastgewerbes, wobei ich mich auf die

Situation der Beherbergung beschränken will – ich hof-
fe, damit den Kern Ihres Antrages zu treffen –, ist fol-
gendes festzuhalten: Nach Angaben des Statistischen
Bundesamtes ist die Zahl der Gästeübernachtungen in
Deutschland im Sommerhalbjahr 1998 um 3 Prozent im
Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Deshalb konstatieren
Tourismusforscher: Das Problem sind nicht die Gäste-
zahlen, sondern die – auch in Ihrem Antrag erwähnte –
hemmungslose Bauwut. Zwischen 1994 und 1996 wurde
die Zahl der Betten um 10 Prozent erhöht. Da wundert
es natürlich nicht, daß trotz Übernachtungszahlen, die
auf hohem Niveau stagnieren, die Auslastung spürbar
sinkt.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das stimmt doch gar nicht!)


Gleichzeitig wird im „Handelsblatt“ von Dienstag dieser
Woche Herr Gerd Hesselmann, Präsident des Deutschen
Reisebüro- und Reiseveranstalterverbandes, mit den
Worten zitiert:

Die zweistelligen Zuwächse . . . lassen ein spürba-
res Wachstum erwarten.

Für die laufende Saison erwartet er ein Umsatzplus von
5 Prozent.

Das heißt, die Notwendigkeit „einer verstärkten poli-
tischen Unterstützung“ oder, anders formuliert, eines
neuen Subventionstatbestandes kann ich hier nicht er-
kennen. Die Senkung des Mehrwertsteuersatzes er-
scheint mir hier nicht sinnvoll.

Sie gehen davon aus, daß die deutsche Hotelerie mit
dem 16prozentigen Satz einen besonderen Wettbe-
werbsnachteil zu verkraften hat.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das ist doch so!)


Ich zitiere:
Die Umsatzsteuer ist bei den in Rede stehenden
Umsätzen nur einer von vielen preisbestimmenden
Faktoren und dürfte nicht für die Entscheidung aus-
schlaggebend sein, ob ein Urlaub zum Beispiel in
Spanien oder Deutschland verbracht wird.

Diese bestechende Analyse kommt nicht von mir, son-
dern vom damaligen Parlamentarischen Staatssekretär,
Herrn Hansgeorg Hauser, CDU/CSU, der den gestellten
Antrag seiner Fraktion klugerweise nicht namentlich
unterstützt hat. Der Gedanke des ermäßigten Satzes für
das Gastgewerbe ist nicht neu und wurde schon zu Ihren
Regierungszeiten von den Kolleginnen und Kollegen der
CDU/CSU abgelehnt. Darüber hinaus hat der Kollege
Hauser betont, daß das Hauptziel der damaligen Regie-
rung im Juni 1997 die Haushaltskonsolidierung gewesen
sei und er daher keine Möglichkeiten sehen würde, von
der bisherigen umsatzsteuerlichen Behandlung der Ho-
telumsätze abzugehen. An dieser Aussage hat sich nur
eines geändert, nämlich die Regierungszusammenset-
zung. Die Aussage gilt weiter.

Bemerkenswert ist, daß diese Forderung weder im
Wahlprogramm der CDU noch in der Wahlplattform
von CDU und CSU enthalten ist. Sprich: Wären Sie
weiter in der Regierung geblieben, hätte dieser Antrag
niemals das Tageslicht erblickt.

Dank Herrn Hauser wissen wir, daß die Mehrwert-
steuer nur einer der preisbestimmenden Faktoren ist.
Aber auch der Preis ist nur eines von vielen Kriterien bei
Reiseentscheidungen. Ein Löwenanteil am Deutsch-
landtourismus kommt mit 50 Prozent den Geschäftsrei-
sen zu, sicherlich nicht das preissensibelste Segment.
Nach aktuellen Emnid-Umfragen kommt der Qualität
viel mehr Bedeutung zu als dem Preis. Besonders der
Faktor Sonne fällt dabei ins Gewicht. Nicht einmal jeder
fünfte Befragte bezeichnet den Preis als „etwas“ oder
„deutlich“ wichtig. Deshalb läßt sich also nicht unmit-
telbar eine besondere Belastung des deutschen Gastge-
werbes ableiten.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402525100
Herr Kollege Mül-
ler, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten
Burgbacher?

Klaus Wolfgang Müller (Kiel) (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ja.


Ernst Burgbacher (FDP):
Rede ID: ID1402525200
Herr Kollege Müller,
würden Sie mir erstens zustimmen, daß sich die Zahlen
des DHV, die Sie genannt haben, auf den weltweiten
Tourismus beziehen und überhaupt nichts mit der Ausla-
stung in Deutschland zu tun haben? Würden Sie mir
zweitens zustimmen, daß für Geschäftsreisende der
Faktor Sonne eine relativ geringe Rolle spielt? Sie sa-
gen, der Preis spiele keine Rolle. Würden Sie mir drit-
tens zustimmen, daß sich der Preis dadurch, daß die
Mehrwertsteuer für diese Reisen nicht mehr abziehbar
ist, sehr stark erhöht und wir sehr wohl Einbrüche be-
fürchten müssen?






(B)



(A) (C)



(D)


Klaus Wolfgang Müller (Kiel) (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Verehrter Kollege, so wie ich diesen Artikel
verstanden habe – ich denke, das „Handelsblatt“ ist eine
sehr präzise Informationsquelle –, wird hier vom deut-
schen Umsatz gesprochen. Wir werden das in den Fi-
nanzausschußberatungen noch einmal überprüfen, wir
haben dann viel Zeit, darüber zu reden.

Ich gehe davon aus, daß Geschäftsreisende genauso
wie Bundestagsabgeordnete auf Reisen in der Tat nicht
die Sonne genießen können. Ich glaube aber, daß für die
meisten Geschäftsreisenden – ich hatte das Vergnügen,
vor dem Einzug in den Bundestag in einer Firma bzw. in
einer Bank zu arbeiten – der Preis in der Regel nicht das
entscheidende Kriterium ist, sondern die Erreichbarkeit
und die Infrastruktur der Hotelanlage, das heißt die
Qualität. Für Privatreisende ist gemäß den Umfragen,
die uns vorliegen, nicht das preisliche Argument das
Entscheidende, sondern andere Faktoren, nämlich Na-
turqualität, das Angebot vor Ort, Sonne, Klima etc. Ich
kann nur sagen: In Schleswig-Holstein – da kenne ich
mich ein bißchen aus – ist das alles gegeben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Sie begründen Ihre Forderung, das Gastgewerbe zu
entlasten, mit dem stark vertretenen Mittelstand und
den hohen Beschäftigungszahlen. Das ist sympathisch.
Ich frage Sie aber: Warum beschränken Sie Ihre Mittel-
standsförderung auf das Gastgewerbe? Sollen arbeitsin-
tensive Branchen gefördert werden, ist die Senkung des
Mehrwertsteuersatzes nicht der richtige Weg. Der richti-
ge Weg – schließlich wollen wir konstruktiv nach vorn
diskutieren – heißt Senkung der Lohnnebenkosten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Das ist ein Thema, das von Ihnen, liebe Opposition,
bisher sträflich vernachlässigt wurde. Mit dem Einstieg
in die ökologische Steuerreform haben wir gestern den
richtigen Schritt getan.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: 15 Pfennig pro Stunde!)


Aber damit soll es genug sein mit dem Herumgemä-
kel an dem mühsamen Antrag der Opposition. Kommen
wir zu den konstruktiven Vorschlägen: Erstens. Ihre In-
itiative, die Steuerpolitik auf EU-Ebene zu harmonisie-
ren, findet bei uns hohe Sympathie. Zweitens gehen wir
mit Ihnen d'accord, die Lohnnebenkosten zu senken, um
damit auch das Tourismusgewerbe als arbeitsintensives
Gewerbe zu entlasten. Drittens. Familien, Geringverdie-
ner und Mittelverdiener werden durch unsere Steuerre-
form, die wir heute morgen beschlossen haben, entlastet
und haben damit sicherlich die Möglichkeit, einen Teil
ihrer Mehreinnahmen in Reise und Urlaub zu stecken.
Auch in diesem Punkt gehen wir mit Ihnen absolut
d'accord. Die Frage der Unternehmenssteuerreform hat
bereits die Parlamentarische Staatssekretärin Barbara
Hendricks angesprochen.

Last, but not least: Mit diesem Antrag erleben wir
eine ganz neue Qualität von Bündnissen, nämlich
schwarzrote Bündnisse. Dabei meine ich mit „rot“

nicht unseren verehrten Koalitionspartner, sondern ich
gehe eine Schattierung weiter. Das wird Ihnen gleich die
Kollegin Ehlert mitteilen. Es gibt eine Koalition von
CDU und PDS, weil die PDS just einen sehr ähnlich
lautenden Antrag im November 1998 eingebracht hat.

Ich fasse zusammen: Ihr Antrag zeugt von einer feh-
lenden finanz- und wirtschaftspolitischen Konzeption.
Die Problembeschreibung ist mangelhaft, die Instru-
mentenwahl unpassend, und das für eine nur vorüberge-
hende Ermäßigung, die eigentlich doch bald wieder an-
ders geregelt werden sollte. Das findet nicht unsere Zu-
stimmung.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402525300
Ich gebe das Wort
der Abgeordneten Heidemarie Ehlert, PDS.


Heidemarie Ehlert (PDS):
Rede ID: ID1402525400
Sehr geehrter Herr Präsi-
dent! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Harmonisie-
rung der Steuern in der Europäischen Union ist für die
nächsten Jahre ein Thema, bei dem es richtigerweise
endlich sichtbare Fortschritte geben muß. Unsere Grün-
de für eine Harmonisierung unterscheiden sich aller-
dings wesentlich von denen der CDU.


(Beifall bei der PDS)

Deshalb möchte ich zumindest in aller Kürze auf ei-

nes verweisen: Im Interesse einer europäischen Ent-
wicklung, die ökologisch, sozial und gerecht sein soll,
setzt sich die PDS-Fraktion für eine Wende in der Wirt-
schafts-, Sozial- und Umweltpolitik der Europäischen
Union ein. Nach wie vor wirkt die in Maastricht verein-
barte, einseitig monetäre Orientierung der EU in die fal-
sche Richtung. Wenn Markt und kapitalistische Konkur-
renz für alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens in
Europa das entscheidende Gestaltungsprinzip sein sol-
len, dann können Sie doch nicht, wenn dieser Markt ver-
sagt, für das Gastgewerbe einseitig nach einer staatli-
chen Lösung rufen.


(Beifall bei der PDS)

Eine Wende in dieser Politik und Steuerharmonisie-

rung sind notwendig. An erster Stelle stehen für uns die
Harmonisierung der Einkommensteuer und der Unter-
nehmenssteuern auf der Basis einer sozial gerechten La-
stenverteilung für alle, für die Bürgerinnen und Bürger
und für die Wirtschaft. Anliegen einer sozialen Steuer-
harmonisierung muß sein, Steuerdumping und Steuer-
flucht zu unterbinden. Das gilt auch für Unternehmens-
steuern. Unternehmensgewinne, die in soziokulturelle,
ökosoziale Projekte und zukunftsfähige Arbeitsplätze
fließen, sollten steuerlich begünstigt werden.


(Beifall bei der PDS)

Die Harmonisierung der Mehrwertsteuersätze wäre ein
weiterer wünschenswerter Schritt, falls er sich nicht an
der gegenwärtigen Obergrenze von 25 Prozent orientiert.


(Beifall bei Abgeordneten der PDS)







(A) (C)



(B) (D)


Die PDS-Fraktion hat im November einen Antrag
eingereicht, der die Bundesregierung auffordert, im Eco-
fin-Rat die Initiative zu einer Änderung des Anhangs H
der 6. Umsatzsteuerrichtlinie zu ergreifen, um die An-
wendung eines ermäßigten Mehrwertsteuersatzes auf
arbeitsintensive Dienstleistungen, insbesondere auf Re-
paraturarbeiten im Handwerk zu ermöglichen. Diese
Dienstleistungen sind sehr arbeitsintensiv und somit
teuer. Deshalb wird der Neukauf der Reparatur vorge-
zogen, was unökologisch ist.


(Beifall bei der PDS)

Bei einer entsprechenden Senkung des Mehrwertsteuer-
satzes hätten im Handwerk und im Dienstleistungsbe-
reich zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden kön-
nen. Aber diesen Antrag haben Sie abgelehnt.

Jetzt hingegen, wo offensichtlich die vielgepriesenen
Marktmechanismen versagt haben, rufen Sie nach dem
Gesetzgeber und fordern einen ermäßigten Mehrwert-
steuersatz für die Beherbergung. Dazu hatten Sie 16 Jah-
re lang Zeit. Sie wollen neue Steuergeschenke für die
Wirtschaft. Die Arbeitsplätze benutzen Sie als Alibi für
Ihren Antrag.


(Beifall bei der PDS)

Sie wissen sicherlich genausogut wie ich, daß gerade

auf Grund der bisherigen Steuervergünstigungen, die Sie
selbst eingeführt haben, in den letzten Jahren Hotels wie
Pilze aus dem Boden schossen, und zwar nicht nur in
traditionellen Tourismusgebieten. Die Hoteliers in den
neuen Bundesländern können dies sicherlich bestätigen.
Es muß gründlich geprüft werden, ob dieser Antrag die
Lobby derer bedienen soll, die auf Grund der Steuerab-
schreibungen häufig am Bedarf vorbei ins Gastgewerbe
investiert haben. Nur deshalb ist das Angebot größer als
die Nachfrage, und nicht anders herum.

Meine Herren, ich muß Sie darauf aufmerksam ma-
chen, daß Ihr Antrag nicht mit dessen Überschrift „Har-
monisierung ...“ übereinstimmt. Zwar haben Sie noch
gestern in der Ökosteuer-Debatte eine Harmonisierung
gefordert; heute jedoch fordern Sie einen Alleingang
Deutschlands, statt die Bundesregierung aufzufordern,
sich im Rahmen ihrer EU-Ratspräsidentschaft für eine
Harmonisierung der Umsatzsteuer einzusetzen.


(Klaus Brähmig [CDU/CSU]: Das steht alles in meiner Rede!)


Das würden wir unterstützen.
Deshalb empfehlen wir Überweisung an die Aus-

schüsse.

(Beifall bei der PDS)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402525500
Das Wort hat der
Kollege Dieter Grasedieck von der SPD-Fraktion.


Dieter Grasedieck (SPD):
Rede ID: ID1402525600
Herr Präsident! Meine
sehr verehrten Damen und Herren! „Opposition ist die
Kunst, etwas zu versprechen, was die Regierung nicht
einlösen kann“, so sagen viele. Meine lieben Kollegin-

nen und Kollegen von der CDU/CSU, Sie haben diese
Kunst in einem Crashkurs, nämlich in nur drei Monaten,
erlernt.

Herr Hauser, der von Herrn Müller bereits zitiert
wurde, sagte am 30. September 1997 unter anderem:

Die Einführung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes
von 7 Prozent auf die Abgabe von Speisen und Ge-
tränken durch Hotels ist EG-rechtlich gar nicht zu-
lässig.

Das bezog sich auf den ersten Punkt, die Speisen und
Getränke. Des weiteren sagte Herr Hauser:

Die Besteuerung der Beherbergungsumsätze wird
wegen der damit verbundenen Steuerminderein-
nahmen von rund 1,35 Milliarden DM und aus
steuersystematischen Gründen abgelehnt.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402525700
Herr Kollege, ge-
statten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Müller?


Dieter Grasedieck (SPD):
Rede ID: ID1402525800
Bitte schön.


Elmar Müller (CDU):
Rede ID: ID1402525900
Herr Kolle-
ge, Sie haben in der Tat den seinerzeitigen Staatssekretär
Hauser richtig zitiert. Ich möchte hier ein Mißverständ-
nis ausräumen. Die Beiträge der Kollegen aus den Re-
gierungsfraktionen, in denen es heißt, es gehe hier um
Geschenke, machen deutlich, daß hier ein falscher Ein-
druck erweckt wird.


(Susanne Kastner [SPD]: Frage!)

Ich erinnere noch einmal daran, daß 1993 im Zuge der
Einführung der EU-Mehrwertsteuerregime den damali-
gen Mitgliedsstaaten ausdrücklich genehmigt worden
war, für eine Übergangsfrist verminderte Steuersätze
beizubehalten. Deshalb nun die Aufforderung – ich fra-
ge Sie, ob Sie das unterstützen können – an die Bundes-
regierung, im Rahmen ihrer Präsidentschaft auf eine
Harmonisierung hinzuwirken, denn die Übergangszeit
für Länder wie Frankreich, Spanien, Portugal etc. war
nun lang genug, so daß endlich eine Harmonisierung
herbeigeführt werden könnte.


Dieter Grasedieck (SPD):
Rede ID: ID1402526000
Herr Kollege, das ist für
uns eigentlich gar keine Frage. Wir sind natürlich mit
Ihnen einer Meinung, daß wir versuchen müssen, eine
solche Harmonisierung zu erreichen. Das ist aber seit
16 Jahren ein Problem. Auch Sie kennen das, aber leider
haben Sie das nicht gelöst. Wir werden darum kämpfen;
das ist für uns sonnenklar. Ich wollte aber an dieser
Stelle einmal auf den Widerspruch hinweisen: Sie wech-
seln die Kleider, und schon argumentieren Sie anders.
Das ist falsch, Herr Kollege.


(Beifall bei der SPD)

Heute, anderthalb Jahre später, bringen Sie den An-

trag ein, diesen Mehrwertsteuersatz zu senken. Die
Haushaltslage hat sich aber nicht verändert.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: In der EU tut sich nichts!)


Heidemarie Ehlert






(B)



(A) (C)



(D)


– Herr Hinsken, die Haushaltslage hat sich im Vergleich
von 1997 zu 1998 nicht verändert. Sie wissen doch ganz
genau, daß wir den Bürger wirklich entlasten. Wir gehen
mit der Steuerlast – gerechnet bis zum Jahre 2002 – um
20,5 Milliarden DM herunter.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Und keiner merkt's!)


Darüber haben wir heute morgen ausführlich gespro-
chen. Davon profitiert natürlich auch der Wirt, davon
profitiert auch der Hotelier. Sie von der CDU/CSU set-
zen doch absolut auf Populismus. Darum geht es in der
Hauptsache.


(Beifall bei der SPD)

Der Antrag, den Sie heute stellen, ist ein Schauantrag in
Reinkultur.

Herr Brähmig, Sie haben vorhin gesagt, Sie hätten
den Antrag damals nicht gestellt, weil Ihre „große Steu-
erreform“ mit 35 Milliarden DM Entlastung folgen
sollte. Dann aber haben Sie ausgeführt, daß der Antrag,
den heute wir stellen, eigentlich gar nichts koste, weil
damit die Wirtschaft angekurbelt werde. Wenn das der
Fall ist, Herr Brähmig, dann ist ihre Aussage erstens ein
Widerspruch, und zweitens ist es dann doch so: Wenn es
heute nichts kostet, dann hat es doch auch früher nichts
gekostet. Dann hätten Sie den Antrag ruhig stellen kön-
nen.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402526100
Genehmigen Sie ei-
ne Zwischenfrage des Kollegen Brähmig?


Dieter Grasedieck (SPD):
Rede ID: ID1402526200
Ja, bitte, Herr Kollege.


Klaus Brähmig (CDU):
Rede ID: ID1402526300
Herr Kollege Grase-
dieck, stimmen Sie mir zu, daß man Wirtschaftspolitik
und Finanzpolitik viel stärker ganzheitlich sehen muß
und das alles nicht nur aus finanzpolitischer Sicht be-
trachten darf? Ich glaube, unter der einseitigen Sichtwei-
se leidet unser Land insgesamt. Ich will noch einmal sa-
gen, daß wir in der Zeit, in der wir die Verantwortung
für die Bundesrepublik Deutschland hatten, diese ge-
samtwirtschaftlichen Zusammenhänge bei den Trägern
der politischen Verantwortung in vielen Fällen nicht so
herübergebracht haben, wie es für die Volkswirtschaft
dringend notwendig gewesen wäre.


Dieter Grasedieck (SPD):
Rede ID: ID1402526400
Herr Brähmig, natürlich
benötigen wir den gesamtwirtschaftlichen und den ge-
samtfinanzpolitischen Ansatzpunkt. Das ist für uns gar
keine Frage. Aber wenn Sie das so sehen, dann hinken
Ihre Vergleiche absolut, und zwar insofern, als daß Sie
nur eine Steuerart herausgreifen. Sie führen nämlich
nicht auch die anderen Steuerarten an. Sie müssen aber
den Globalansatz sehen. Entscheidend ist: Was bezahlt
der Bürger vor Ort? Was bezahlt die Bürgerin vor Ort?
Was bezahlt der Betrieb vor Ort? In diesem Punkt sieht
es in Deutschland ganz gut aus. Im Vergleich mit allen
europäischen Ländern liegt unsere Steuerlast im unte-
ren Drittel und ist damit ausgesprochen günstig, Herr

Brähmig. Auch das muß berücksichtigt werden. Sie dür-
fen nicht nur einen Faktor – also nicht nur die Mehr-
wertsteuer – herausgreifen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Zurück zu Ihrem Antrag, meine Damen und Herren.

Sie fordern in Ihrem Antrag, grundsätzlich solle ein all-
gemeiner Steuersatz in der EU angestrebt werden. Sie
wissen doch ganz genau, daß wir den vereinbarten Min-
deststeuersatz einhalten, und zwar exakt 16 Prozent, und
daß die Menschen in den anderen Länder viel mehr an
Mehrwertsteuer zahlen als wir in Deutschland.


(Zuruf des Abg. Ernst Hinsken [CDU/CSU])

Weiterhin schreiben Sie, Herr Hinsken, die Lohn- und
die Lohnnebenkosten führten zu hohen Hotelpreisen.
Das sagen Sie immer. Aber lediglich die Lohn- und
Lohnnebenkosten zu nennen, ist wieder nur eine Teil-
wahrheit. Im Hinblick auf die Lohnkosten ist das sogar
falsch, Herr Hinsken, denn damit liegen wir im Ver-
gleich mit Gesamteuropa wieder im unteren Drittel. In
Frankreich, Schweden oder in Dänemark verdient man
mehr, um nur diese Länder als Beispiel zu nennen.
Vielleicht wissen Sie das auch.

Im Bereich der Lohnnebenkosten haben Sie in den
16 Jahren nichts unternommen. Wir haben darauf Wert
gelegt und Anträge gestellt, die Lohnnebenkosten zu
senken. Erst jetzt, mit der Senkung der Rentenbeiträge
von 20,3 Prozent auf 19,5 Prozent im Zuge der gestern
verabschiedeten Einführung der Ökosteuer, sind die
Lohnnebenkosten zum erstenmal gesenkt worden. Das
war ein richtiger Schritt und ein guter Ansatz.


(Beifall bei der SPD)

Sie beklagen des weiteren, die Hotels seien nicht hin-

reichend ausgelastet. Wenn man das einmal regional
betrachtet, dann muß ich Ihnen sagen: Der Tourismus
blüht an Emscher und Lippe und wird im Revier weiter-
entwickelt. In manchen Teilen haben wir in den letzten
fünf oder sechs Jahren einen Zuwachs von 30 bis
40 Prozent verzeichnet. Als Beispiel könnte ich auch
meinen Wahlkreis mit aufführen.


(Abg. Ernst Hinsken [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


– Herr Hinsken, jetzt möchte ich das erst einmal ausfüh-
ren. Sie können Ihre Frage hinterher in einer Kurzinter-
vention einbringen.

Grundsätzlich sollen Entlastungen bei den Umsatz-
steuern dem Endverbraucher zugute kommen. Zur Zeit
gilt der reduzierte Mehrwertsteuersatz nur bei Le-
bensmitteln und Büchern, aus sozialem und kulturellen
Gründen. Wir werden das weiterhin beibehalten. Das ist
für uns – wie sicherlich auch für Sie – keine Frage.

Aufgabe der Opposition ist es, die Regierung anzu-
greifen, Probleme zu überzeichnen, Initiativen zu ent-
wickeln und Alternativen aufzuführen. Das ist richtig.
Sie aber legen gerade Ihre Regierungskleider ab und
sprechen schon mit einer anderen Zunge.


(Beifall bei der SPD)


Dieter Grasedieck






(A) (C)



(B) (D)


Auch in der Opposition muß der Politiker, die Politi-
kerin glaubwürdig bleiben. Herr Schäuble wurde heute
in einem Zeitungsinterview mit den Worten zitiert: „Die
CDU will sich in der Opposition von Grund auf erneu-
ern.“ Sie suchen Starts in Zukunftsprogramme, so er-
klärte Herr Schäuble. Der heutige CDU-Antrag war ein
absoluter Flop, ein Fehlstart.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402526500
Das Wort hat der
Abgeordnete Klaus-Peter Willsch, CDU/CSU-Fraktion.


Klaus-Peter Willsch (CDU):
Rede ID: ID1402526600
Herr Präsident!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich wollte zu-
nächst die Frau Staatssekretärin ansprechen, aber sie
scheint nicht mehr anwesend zu sein. Ich kann das
durchaus verstehen.

Ich wollte zum einen natürlich richtigstellen, daß hier
bei der CDU/CSU-Fraktion keine Ahnungslosen ins
Feuer geschickt werden, sondern daß das nach Sachkun-
de geht und danach, ob jemand etwas zum Thema zu sa-
gen hat. Ich finde es zum anderen vor dem Hintergrund
dessen, was ich den Kanzler Schröder so ganz allein in
der europäischen Welt zum Thema Duty free sagen hö-
re, ganz besonders interessant – die Frau Staatssekretä-
rin kommt gerade wieder in den Saal –, daß Sie uns des
Opportunismus und des Populismus bei diesem Thema
zeihen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Vielleicht benotet sie ihn einmal!)


Ich halte sehr viel von Steuersystematik und einer
klaren ordnungspolitischen Ausrichtung. Aber ich den-
ke, daß man das nicht zum Dogma erheben darf ange-
sichts der Tatsache, daß an diesem Punkt nationale In-
teressen wirklich kraß verletzt werden. Es geht doch in
unserem Antrag darum – Frau Ehlert, Ihnen würde ich
empfehlen, ihn erst einmal zu lesen, bevor Sie sich zu
Wort melden –, daß wir die Mehrwertsteuersätze in die-
sem Sektor harmonisieren. Das ist der erste Ansatz.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir haben die Ratspräsidentschaft. Bei der ganzen

Kraft, mit der unser Bundeskanzler herumläuft, sollte es
doch möglich sein, an diesem kleinen Punkt eine Har-
monisierung zu erreichen. Wir sagen dann aber auch im
zweiten Schritt, daß wir es nicht länger hinnehmen wol-
len, daß hier das deutsche Gastronomie- und Hotellerie-
gewerbe kraß benachteiligt wird. Es ist doch nicht ein-
zusehen, warum unser Gastgewerbe einen Mehrwert-
steuersatz von 16 Prozent zahlen muß, wenn in 12 der
15 Ländern der Europäischen Union reduzierte Mehr-
wertsteuersätze angewendet werden. Es ist uns aus EU-
rechtlichen Gründen nicht untersagt, ebenfalls einen re-
duzierten Mehrwertsteuersatz anzuwenden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)


Was hindert uns daran, unseren eigenen Hoteliers und
Gastronomen die niedrigen Sätze zugute kommen zu
lassen, wie das andere Regierungen in Europa tun?

Ich will zu der Rede von Herrn Müller, der leider
nicht mehr anwesend ist, noch kurz anmerken, daß wir
keinesfalls ein Patentrezept zur Belebung der deut-
schen Hotellerieszene und zur Steigerung der Belegun-
gen der deutschen Hotels gefunden haben. Aber ange-
sichts der von mir dargestellten Situation, daß in 12 von
15 Ländern der Europäischen Union andere Verhältnisse
bestehen und daß wir dementsprechend einen Nachteil
gegenüber ihnen haben, kann man doch nicht ernsthaft
davon sprechen, wir würden einen neuen Subventi-
onstatbestand herbeiführen. Wir wollen faire Wettbe-
werbsbedingungen herbeiführen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Daß
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1402526700
Was schert mich das; ich bin
ja erst seit September dabei. – So einfach will ich es mir
aber nicht machen. Sie dürfen nicht vergessen, was wir
mit den Petersberger Beschlüssen auf den Weg ge-
bracht hatten: eine Entlastung der Bürger und der Wirt-
schaft um 30 Milliarden DM und die Senkung aller
Steuersätze, vom Eingangssteuersatz bis hin zum Spit-
zensteuersatz, um ein Drittel. Wir haben in den letzten
Tagen beobachten müssen – traurig, traurig –, was Sie
daraus gemacht haben: Eine kümmerliche Reform ist
dabei herausgekommen. Wenn wir mit unserem großen
Wurf Erfolg gehabt hätten, dann wäre die Dringlichkeit
unseres heute gestellten Antrages nicht so hoch.


(Beifall bei der CDU/CSU – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Steuerchaos!)


Es gibt in der Tat schwierige Rahmenbedingungen
innerhalb der deutschen Hotellerie. Auch ich weiß, daß
die Sonne bei uns weniger scheint als auf Mallorca oder
in Griechenland. Ich kann aber nicht erkennen, warum
es gerecht sein soll, daß der Gastronom in Straßburg, wo
die Sonne nur unwesentlich mehr als in Kehl scheint,
mit 5,5 Prozent dabei ist, aber unser Gastwirt mit
16 Prozent Mehrwertsteuer kalkulieren muß.


(Klaus Brähmig [CDU/CSU]: Das muß man uns einmal erklären!)


– Das kann man nicht erklären.
Auch der Einwand von Herrn Müller, bei Geschäfts-

reisen, die in der Tat ein wachsendes Segment sind,
spiele der Preis keine Rolle, trifft nicht zu. Ich weiß jetzt
nicht, ob es schon länger her ist, daß er im Bankbereich
gearbeitet hat. Ich jedenfalls war bis vor kurzem Bür-
germeister einer Kurortgemeinde. Ich kann Ihnen be-
züglich der Auslastung unserer Hotels sagen, daß heute
bei Geschäftsreisen sehr wohl auf den Preis geachtet
wird.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Die Frage, ob mit 7 oder 16 Prozent Umsatzsteuer ge-
rechnet wird, kann für einen Auftrag entscheidend sein.

Dieter Grasedieck






(B)



(A) (C)



(D)


Viele Punkte sind von meinen Vorrednern bereits an-
gesprochen worden. Deshalb will ich nur noch kurz be-
tonen, daß wir für unsere Hotellerie- und Beherber-
gungswirtschaft einen Wettbewerbsnachteil beseitigen
wollen. Ich habe darauf hingewiesen, daß wir das errei-
chen können.

Mit der Einführung des Euro ist der Währungs-
schleier weggezogen, und die Preise sind noch leichter
vergleichbar. Diese positive Entwicklung begrüßen wir.
Um so wichtiger ist es aber, daß unter gleichen Bedin-
gungen gearbeitet werden kann. So richtet sich mein
Appell vor allen Dingen an die Regierungsfraktionen.
Sie haben ja gesagt, daß Sie nicht alles anders, aber vie-
les besser machen wollen. Wenn Sie sagen, wir hätten in
der Vergangenheit zu wenig getan, dann geben Sie sich
einen Ruck und helfen Sie dem Gastgewerbe.

Nach meinen Beobachtungen der letzten zwei Tage
habe ich aber die Befürchtung, daß das Spiel, das Sie in
diesem Hohen Haus gegenwärtig treiben, leider eher
darauf hinausläuft, die Belastbarkeit der Wirtschaft zu
testen.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Belastungsprobe!)


Im Zusammenhang mit der Ökosteuer haben Sie, zu-
nächst durch die vorgesehene Freistellung der Großver-
braucher, später dann durch die Einführung eines redu-
zierten Satzes, gezeigt, daß Sie die Arbeitsplatzverluste
in Grenzen halten wollen. Sie wollen nicht gar so viele
Arbeitsplätze mit Ihren Vorhaben vernichten. Daher
denke ich, daß Sie gerade dem durch die Entscheidun-
gen der letzten beiden Tage gebeutelten Bereich der
Hotellerie eine wirksame Hilfe bieten können.

Ich will Ihnen einmal die Situation in meinem Wahl-
kreis beschreiben. Gehen Sie einmal in ein typisches
Hotel im Rheingau. Was der Besitzer dort in den letzten
Tagen um die Ohren geschlagen bekommen hat, ist
enorm: 20 000 DM Mehrbelastung pro Jahr durch die
Ökosteuer. Sie halten die Entlastung bei der Rentenver-
sicherung dagegen. Diese Entlastung schlägt bei ihm gar
nicht durch. Als Hotelier, als ein Unternehmer mit mit-
arbeitenden Familienangehörigen fragt er sich schon
heute, wie er eigentlich die Mitarbeiter für die anstehen-
de Saison zusammenbekommen kann. Er fragt sich, ob
seine Nachbarin oder seine Bekannte, die bisher gehol-
fen hat und sich ein kleines Zubrot hinzuverdient hat,
noch weiter unter den Bedingungen arbeiten wird, die
Sie für die 630-Mark-Jobs festgelegt haben. Sie haben in
den letzten Tagen hier dafür gesorgt, daß unser Hotelle-
riegewerbe wirklich zwei schwarze Tage erleben mußte.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wenn Sie unserem Antrag zustimmen, dann würden

Sie nach diesen schwarzen Tagen ein Zeichen der Hoff-
nung und der Zuversicht für diesen Teil der Wirtschaft
setzen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Aber Hoffnung ist bei Rotgrün sehr fraglich!)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402526800
Das war die erste
Rede des Kollegen Willsch. Ich darf auch ihm dazu im
Namen des Hauses gratulieren.


(Beifall)

Nun gebe ich für die SPD-Fraktion das Wort der

Kollegin Brunhilde Irber.


Brunhilde Irber (SPD):
Rede ID: ID1402526900
Herr Präsident! Meine sehr
verehrten Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegen
von der CSU, Ihr Antrag ist ein Wunder –


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Eine Wunderwaffe!)


ein Wunder der Wandlungsfähigkeit. Vor allem ist Ihr
Antrag zum Wundern. Noch am 27. Juni 1998 – also
kurz vor der Wahl – hat der ehemalige Bundesfinanzmi-
nister Waigel, Ihr ehemaliger Parteivorsitzender, Herr
Hinsken, durch das Gesetz zur Änderung steuerlicher
Vorschriften, versteckt im Gesetz zur Ermittlung der
Daten für den Verteilungsschlüssel des Gemeindeanteils
am Umsatzsteueraufkommen, die Tür zu einem herabge-
setzten Mehrwertsteuersatz für die Gaststätten zuge-
schlagen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Er hat die Leistungen der Gastronomie zur Dienstlei-
stung umdefiniert und damit verhindert, daß die Steuern
für diese gesenkt werden können. Deshalb kann sich Ihr
Antrag, den Sie heute stellen, nur auf die Hotellerie be-
ziehen. Anders kann es nicht sein.


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Wir reden doch gar nicht von Speisen und Getränken!)


Dazu muß ich Ihnen sagen: Sie haben eine Senkung
16 Jahre nicht gewollt. Das ist nach dem, was Sie in den
letzten Wochen abgeliefert haben, auch kein Wunder.
Aber es ist unglaubwürdige Oppositionspolitik.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)


Ein weiterer Punkt. Natürlich ist Ihr Antrag auch ein
bißchen unlogisch. In ihm wird der internationale Wett-
bewerb und die Globalisierung herausgestellt, unter
dem das Gaststättengewerbe angeblich zu leiden habe.
Ich muß sagen: Das ist ein bißchen schwach;


(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das nehmen Sie sofort zurück!)


denn eine Gaststätte in Kassel steht nicht im Wettbe-
werb zu einer Gaststätte in Barcelona und auch nicht,
sehr geehrter Herr Kollege Bürgermeister, zu einer in
Straßburg. Dort gibt es eine ganz andere Gästeklientel
als bei uns im Bayerischen Wald, als in der Fränkischen
oder Sächsischen Schweiz, Herr Brähmig.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)


Natürlich gibt es Wettbewerbsverzerrungen, aber
nur in den Grenzregionen und nicht im gesamten Gast-

Klaus-Peter Willsch






(A) (C)



(B) (D)


stättengewerbe. Das Gaststättengewerbe kommt zwar
nicht in den Genuß des halbierten Mehrwertsteuersatzes.
Aber der Tourismus profitiert vom niedrigen Regelsteu-
ersatz. Das muß man doch zur Kenntnis nehmen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Take-aways werden auch bei uns nur mit 7 Prozent
besteuert. Das sollten Sie vielleicht auch berücksichti-
gen.

Ihr Antrag hat die Überschrift „Harmonisierung der
gastgewerblichen Mehrwertsteuersätze in der Europäi-
schen Union“. Tatsächlich aber zielen Sie mit Ihrem
Antrag auf eine einseitige Rücknahme. Im Antrag steht,
daß der massive Zuwachs an Bettenkapazitäten durch
den Wettbewerb zu einem Rückgang der Zimmerpreise
und letztendlich auch zu vielen Konkursen geführt habe.

Wenn dieser Preisrückgang nicht zu einem Anstieg
der Übernachtungszahlen geführt hat, warum soll es
dann eine Steigerung der Anzahl der Übernachtungen
um bis zu 29 Prozent bei einer Absenkung des Mehr-
wertsteuersatzes um 9 Prozent geben? Das müssen Sie
mir erst einmal erklären.


(Horst Kubatschka [SPD]: Das schaffen die nicht!)


In Musterrechnungen wird angenommen, daß der
Steuerausfall bei einer Steigerung der Zahl der Über-
nachtungen um nahezu 29 Prozent, vielleicht sogar
schon bei einer Steigerung um 14 Prozent, ausgeglichen
werden könnte. Diese Steigerungsraten sind Traum-
daten. Wenn es dazu kommen würde, dann wäre das tat-
sächlich ein Wunder.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Ich habe doch Irland genannt!)


– Herr Hinsken, Irland lebt vom Urlaubstourismus, aber
nicht vom Geschäftsreisetourismus. Deutschland lebt zu
mehr als 50 Prozent vom Geschäftsreisetourismus. Sie
vergleichen Äpfel mit Birnen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)


Wie ich sehe, möchte Herr Brähmig eine Zwischen-
frage stellen. Herr Präsident, ich weiß nicht, ob Sie es
gestatten.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402527000
Ich danke Ihnen
sehr dafür, daß Sie so gut aufpassen.


(Heiterkeit)

Ich war gerade dabei, hier ein Stückchen Schokolade zu
verteilen. – Herr Kollege Brähmig.


Klaus Brähmig (CDU):
Rede ID: ID1402527100
Frau Kollegin Irber,
stimmen Sie mir erstens zu, daß Tourismus in der
Volkswirtschaft eine Querschnittsaufgabe ist? In diesem
Sinne habe ich die Beschreibung des Lebensweges unse-

res Kollegen Ernst Hinsken von Frau Staatssekretärin
Hendricks als ein Kompliment empfunden.

Stimmen Sie mir zweitens zu, daß wir nicht nur
diesen Antrag einbringen, sondern den gesamten Pro-
zeß der Verbesserung des Tourismusstandortes
Deutschland im Auge haben? Den Antrag zur Verbes-
serung der Ausstattung mit Finanzmitteln der Deutschen
Zentrale für Tourismus, der eben diesem Ziel dient, ha-
ben Sie in dieser Woche im Ausschuß nicht als zustim-
mungswürdig angesehen. Ich wundere mich sehr dar-
über, wie Sie allein mit diesen zwei Anträgen – weitere
werden in den nächsten Wochen und Monaten folgen,
weil die SPD-Fraktion offensichtlich kein Tourismus-
konzept hat –


(Widerspruch bei der SPD)

umgehen. Ich gehe davon aus, daß wir uns weiterhin mit
diesen Punkten auseinandersetzen werden.


Brunhilde Irber (SPD):
Rede ID: ID1402527200
Herr Kollege Brähmig, was
den Tourismus als Querschnittsaufgabe anbelangt,
gebe ich Ihnen recht. Ich werde im folgenden darauf
eingehen. Ich gebe Ihnen auch recht, was den Le-
bensweg des verdienten Herrn Kollegen Hinsken anbe-
langt. Das ist gar keine Frage. Die Frau Staatssekretärin
hat dies sehr liebenswürdig und sehr charmant unterstri-
chen.

Ihr gestriger Antrag auf Anhebung des Haushaltsan-
satzes der DZT ist wirklich mehr als lächerlich. Sie wis-
sen haargenau, daß wir es während der letzten vier Mo-
nate zum erstenmal in der Geschichte des Tourismus-
ausschusses im Deutschen Bundestag geschafft haben,
den Mittelansatz anzuheben, und zwar um 11 Prozent,
wohingegen Sie in Ihrem Haushaltsentwurf in der mit-
telfristigen Finanzplanung eine Absenkung auf
30 Millionen DM vorgesehen hatten. Wo leben Sie
denn? Ziehen Sie doch Ihren Antrag zurück! Sie blamie-
ren sich damit doch nur.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich komme zur Querschnittsaufgabe. Die Probleme
im Gaststättengewerbe sind eine Querschnittsaufgabe.
Der Grund für diese Probleme liegt in erster Linie in den
ungünstigen Rahmenbedingungen in der Form von
Überregulierung und Arbeitszeiten, die in unserer Ge-
sellschaft zunehmend nicht mehr akzeptiert werden, weil
niemand mehr gern abends und an den Wochenenden
arbeitet. Saisonarbeit verspricht keine runde Rentenbio-
graphie und ist nicht besonders attraktiv. Dazu kommen
mangelnde Qualifizierung, eine ungenügende Kapital-
ausstattung bei Geschäftseröffnung und viele Ausbil-
dungsabbrüche. Dies sind die Hauptprobleme der Ga-
stronomie und Hotellerie.

Wir wollen durch eine neue Tourismuspolitik der
Bundesregierung, durch Priorität von Ausbildung,
Weiterbildung und Qualifizierung neue Akzente setzen,
Umweltaspekte und Nachhaltigkeit stärken, touristische
Leitbilder – Ihr Lieblingsthema – in den Regionen för-
dern, Produkte in den Regionen als Angebote erstellen

Brunhilde Irber






(B)



(A) (C)



(D)


und dabei die typische Ausgestaltung der Regionen er-
halten. Ich glaube, das ist ein tolles Programm.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wenn wir in dieser Legislaturperiode nur die Hälfte
davon verwirklichen können, dann wäre das für das
Gewerbe klasse. In Europa ist es unsere Absicht, alle
Faktoren, nicht nur die Steuerfaktoren, zu harmoni-
sieren. Dadurch werden wir den Tourismus nachhal-
tig fördern und das Hotel- und Gaststättengewerbe stär-
ken.

Darüber hinaus wünschen wir uns von der Bundesre-
gierung, Frau Staatssekretärin, daß sie den Vorschlag
der Kommission, die Mehrwertsteuer für arbeitsin-
tensive Dienstleistungen versuchsweise zu senken,
ernsthaft prüft.


(Beifall des Abg. Ernst Hinsken [CDU/CSU] und der Abg. Dr. Christa Luft [PDS])


Damit kann im Zusammenhang einer europäischen
Harmonisierung der Steuersätze auch der Nachteil für
die Betriebe in den Grenzregionen aufgehoben werden.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: So meinen Sie das! – Hans Michelbach [CDU/CSU]: Jetzt haben Sie aber einen Ruck gemacht! Vorwärts und rückwärts gleichzeitig!)


Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der
CDU/CSU, möchte ich nur noch eines sagen: Hätten Sie
den Antrag im letzten Jahr gestellt, wäre er mehr wert
gewesen.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402527300
Ich schließe die
Aussprache. Interfraktionell wird Überweisung der
Vorlage auf Drucksache 14/294 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie
damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die
Überweisung so beschlossen.

Ich rufe den Zusatztagesordnungspunkt 4 auf:
Aktuelle Stunde
auf Verlangen der Fraktion der PDS
Haltung der Bundesregierung zu dem am
11.02.1999 veröffentlichten Bericht des Aus-
schusses für wirtschaftliche, soziale und kultu-
relle Rechte der Vereinten Nationen zur Ver-
letzung des internationalen Paktes für wirt-
schaftliche, soziale und kulturelle Rechte
durch die Bundesrepublik Deutschland

Ich eröffne die Aussprache und gebe das Wort der
Abgeordneten Maritta Böttcher von der PDS-Fraktion.
Ich will darauf hinweisen, daß wir bei dieser Aktuellen
Stunde sehr auf die Einhaltung der Redezeiten achten
werden. Ich denke, das liegt im gemeinsamen Interesse.

Da wir das gegenüber allen Kollegen so halten werden,
ist das dann ja auch ein faires Verfahren.

Frau Böttcher, Sie haben das Wort.


Maritta Böttcher (PDS):
Rede ID: ID1402527400
Herr Präsident! Meine
Damen und Herren! Wir sprechen heute über den Be-
richt eines UNO-Ausschusses, der die Einhaltung der
wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte über-
prüft. Die Bundesrepublik Deutschland hat 1976 den
internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und
kulturelle Rechte unterzeichnet. Darin verpflichten sich
die Vertragsstaaten, nach und nach die volle Verwirkli-
chung der in diesem Pakt anerkannten Rechte zu errei-
chen. Die Verwirklichung der Rechte wird mittels Be-
richten überprüft, die der Ausschuß für wirtschaftliche,
soziale und kulturelle Rechte erstellt.

Der vorliegende Bericht dieses Ausschusses kritisiert
in nie dagewesener Komplexität und Schärfe die Innen-
und Sozialpolitik der Bundesrepublik. Der Bericht
spricht deutlich die Benachteiligung der Ostdeutschen
als Problem an und empfiehlt dringend, den Prozeß der
Integration zu beschleunigen. Wie der Bericht zeigt, ist
es kein Wunder, daß die Ostdeutschen mehrheitlich dazu
neigen, soziale Gerechtigkeit stärker zu betonen, da sie
in ihren sozialen und kulturellen Rechten eingeschränk-
ter als die Westdeutschen sind.

Meine Damen und Herren, ich kann mir fast jeden
Punkt aus diesem Bericht herausgreifen und weiß genau,
daß die PDS genau dazu schon Anträge eingebracht oder
die Politik der alten Bundesregierung in dieser Hinsicht
kritisiert hat. Ich hoffe, Sie gehen nun nicht davon aus,
daß die PDS sogar in der Lage wäre, noch die UNO zu
unterwandern.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Ich halte das für möglich!)


Vielleicht nehmen Sie die Kritik ja endlich ernst, wenn
sie von höheren Stellen formuliert wird. Eigentlich ist
mir egal, wem Sie glauben und wem nicht


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Wer die SPD schafft, schafft auch die UNO!)


– vielleicht hören Sie wenigstens zu –,

(Manfred Grund [CDU/CSU]: Ja, mache ich!)


wenn die Damen und Herren von der CDU/CSU und
F.D.P. nur endlich anfangen, über die Versäumnisse ih-
rer Regierungspolitik gründlich nachzudenken, und SPD
und Grüne sich die Forderungen des Ausschusses für ih-
re Politik zu eigen machen.


(Beifall bei der PDS)

Lassen Sie mich ein paar wenige Themen, die dem

Ausschuß Anlaß zur Besorgnis geben, benennen:
Erstens. Der Ausschuß bemerkt, daß noch keine Ar-

mutsgrenze festgelegt worden ist. Vielleicht erinnern Sie
sich an unseren Antrag zur Einführung einer sozialen
Grundsicherung, mit der jedem und jeder ein Einkom-
men gesichert werden soll, das sich an der EU-
Definition von Armut orientiert.

Brunhilde Irber






(A) (C)



(B) (D)


Zweitens. Der Ausschuß ist besorgt über den Status
der Asylbewerberinnen und -bewerber auch hinsichtlich
ihrer wirtschaftlichen und gesundheitlichen Rechte, die
mit dem Asylbewerberleistungsgesetz wesentlich ein-
geschränkt wurden. Dessen Abschaffung wäre ein
Schritt, um den Forderungen des Ausschusses nach-
zukommen.


(Beifall bei der PDS)

Drittens. Die Schaffung von Arbeitsplätzen, insbe-

sondere die Verbesserung des Beschäftigungsniveaus in
Ostdeutschland, wird eingefordert. Vielleicht erinnern
Sie sich an geeigneter Stelle an die Vorschläge zur Ein-
führung der Umlagefinanzierung und den öffentlich ge-
förderten Beschäftigungssektor.


(Beifall bei der PDS)

Damit könnte wirklich ein Politikwechsel für mehr Aus-
bildung und Beschäftigung umgesetzt werden.

Viertens. Der Ausschuß fordert einen anderen Um-
gang mit ehemaligen Wissenschaftlerinnen und Wissen-
schaftlern der DDR sowie mit ehemaligen Beschäftigten
im öffentlichen Dienst der DDR. Auch auf diese Pro-
blematik haben wir immer wieder aufmerksam gemacht.

Fünftens. Der Ausschußbericht kritisiert, daß Beamte
kein Streikrecht haben. Die PDS fordert schon lange die
Reformierung des Beamtenrechts in Form der Schaffung
eines einheitlichen Dienstrechts. Damit könnte auch das
Streikrecht gesichert werden.

Sechstens. Der Ausschuß fordert geeignete Maßnah-
men zur Verhinderung von Studiengebühren. Das Ver-
bot von Studiengebühren im HRG ist die einzige sichere
Möglichkeit, dieser Empfehlung nachzukommen. Einen
Staatsvertrag können die Länder kündigen. Hier sind
bundesweite Regelungen vonnöten.

Machen Sie sich bitte bei all diesen Punkten klar: Ich
rede hier nicht von verrückten sozialistischen Ideen. Ich
rede von sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen
Rechten, die in einem internationalen Pakt festgeschrie-
ben sind, den die Bundesrepublik schon lange vor der
Existenz der PDS unterzeichnet hat. Die Bundesrepublik
hat sich verpflichtet, geeignete Schritte hin zu diesen im
Pakt festgeschriebenen Rechten zu unternehmen und
nicht in die Gegenrichtung. Ist denn etwa die Regelung
über die Zumutbarkeit von Arbeit für Erwerbslose ein
Schritt in diese Richtung? Erwerbslose Sozialhilfeemp-
fängerinnen und -empfänger müssen jede Arbeit, auch
unentlohnte, annehmen. Das widerspricht eindeutig dem
Pakt.


(Beifall bei der PDS)

Ich verstehe, daß Sie die Vorschläge einer Oppositi-

onspartei ablehnen müssen. Das gehört zum Geschäft.
Aber daß die Vereinten Nationen die Nichteinhaltung
von Verträgen in der vorliegenden Art und Weise fest-
stellen müssen, ist diesem reichen Land doch wohl nicht
angemessen.

Ich erwarte Schritte, die dahin führen, daß die wirt-
schaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte in Zukunft
besser gesichert werden. Der Ausschuß hat die rotgrüne

Regierung mit reichlich Vertrauensvorschuß bedacht.
Ich hoffe, Sie werden ihn nicht enttäuschen.


(Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402527500
Das Wort hat der
Abgeordnete Stephan Hilsberg, SPD.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Rette die UNO!)



Stephan Hilsberg (SPD):
Rede ID: ID1402527600
Sehr geehrter Herr Präsi-
dent! Meine Damen und Herren! Als ich das Thema für
diese Aktuelle Stunde das erste Mal las, habe ich mich
erst ein bißchen gewundert und dann geärgert, geärgert
in zweierlei Hinsicht: zum einen darüber, daß die Situa-
tion vieler Menschen im Osten Deutschlands, gemessen
an den westdeutschen Verhältnissen, in der Tat misera-
bel, hundsmiserabel ist, und über manchen sozialen
Mißstand, den wir noch nicht haben ändern können, zum
anderen aber noch mehr über die billige und demagogi-
sche Tour, mit der Sie hier wieder versuchen, für sich
daraus Nutzen zu ziehen.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der F.D.P.)


Mit Betroffenheitspathos in der Stimme wird darüber
hergezogen, daß ein UNO-Ausschuß die Bundesrepublik
Deutschland an den Pranger stellt. Man hat manchmal
das Gefühl, Sie ziehen einen richtigen Genuß daraus,
daß Sie plötzlich von dieser Seite Unterstützung erhalten
in Ihrer Art, immer nur – was Sie am besten können –
auf die miese Tour, ohne jeden konstruktiven Ansatz
Nutzen daraus zu ziehen, wie schlecht es den Menschen
an den verschiedensten Orten geht.


(Zuruf von der PDS: Nutzen?)

Um demagogischen Tricks entgegenzutreten und der

Wahrheit die Ehre zu geben, muß man ein bißchen auf-
klären. Da reicht das, was Sie hier gesagt haben, Frau
Böttcher, nicht aus. Es ist richtig: Es gibt einen Aus-
schuß für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte
in der UNO. Das ist gut; das haben wir übrigens mit er-
kämpft. Er überprüft regelmäßig die Einhaltung des So-
zialpaktes, den die Bundesrepublik übrigens unter-
schrieben hat, als die DDR noch lange nicht bereit war,
einen internationalen Pakt über Menschenrechte, den sie
zwar unterschrieben hatte, in der DDR rechtsgültig um-
zusetzen. Das ist die Wahrheit über die Situation.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der F.D.P. – Zuruf von der CDU/CSU: Hört! Hört!)


Dieser Ausschuß verlangt von seinen Mitgliedstaaten,
die diesen Pakt unterschrieben haben und ihn einzuhal-
ten gedenken, regelmäßig Berichte über die Lage in dem
jeweiligen Land. Dann wird darüber Rechenschaft abge-
geben, wieweit das entsprechende Land den Pakt tat-
sächlich einhält oder wo noch Differenzen bestehen. Der
Bericht, der hier vorlag, ist über zweieinhalb Jahre alt.
Er stammt also noch aus der Zeit der alten Koalition von

Maritta Böttcher






(B)



(A) (C)



(D)


CDU/CSU und F.D.P. Daß es daran viel zu kritisieren
gibt, ist ja wohl selbstverständlich.

Sie vergessen, dabei gleichzeitig zu erwähnen, daß in
demselben Ausschußbericht die Koalitionsvereinbarung
der neuen Bundesregierung positiv und sehr lobend her-
ausgestellt wird.


(Dr. Gregor Gysi [PDS]: Das hat sie doch gesagt!)


Darauf sollte man einmal hinweisen. Sie vergessen, zu
erwähnen, daß wir ein Projekt zur Bekämpfung der Ju-
gendarbeitslosigkeit beschlossen haben und daß wir in
dieses Projekt 2 Milliarden DM hineinstecken. Sie ver-
gessen, zu erwähnen, daß wir die Arbeitsbeschaffungs-
maßnahmen, und zwar die Maßnahmen im Bereich der
Qualifizierung und der Weiterbildung, insbesondere in
Ostdeutschland, verstetigt haben und weiter verstetigen
müssen, was auch richtig ist.

Man kann ja zum Beispiel über die Einführung von
Studiengebühren sprechen. Niemand in diesem Hause
will sie einführen. Das sage ich jetzt einfach einmal so;
denn das weiß ich auch von vielen Kollegen aus der
CDU. Aber wenn man schon in dieser anprangerischen
Art und Weise über Studiengebühren spricht, dann soll-
ten Sie nicht vergessen, daß solch bewährte Sozialstaa-
ten wie Dänemark oder Holland, wo es den Menschen
wirklich nicht schlechtgeht, Studiengebühren haben, oh-
ne daß das große soziale Miseren hervorruft.


(Beifall des Abg. Jürgen Koppelin [F.D.P.])

Das ist kein Plädoyer für die Einführung von Studienge-
bühren. Aber Sie sollten doch wenigstens der Wahrheit
die Ehre geben.

Zum Schluß möchte ich noch folgendes sagen: Es ist
richtig, daß insbesondere Ostdeutschland eine ehrlichere
Bestandsaufnahme braucht, als das in den letzten Jahren
von hier aus erfolgt ist. Das ist nämlich die Vorausset-
zung dafür, daß man die Menschen dazu bringt, an dem
Aufbau unseres Landes konstruktiv mitzuarbeiten. Die-
ser wird sehr lange dauern.

Aber in Veranstaltungen in Ostdeutschland, in denen
über die jetzige Situation gejammert wird, erlebe ich es
immer häufiger, daß Jugendliche fragen: „Wo leben wir
eigentlich?“ und sagen: „Ich kann inzwischen studieren,
wo ich will, und ich tue das auch. Ich reise durch Euro-
pa, was ich vorher nicht konnte. Ich habe eine phantasti-
sche Perspektive. Mir macht das Leben Spaß.“

Das ist etwas, was wir für Ostdeutschland erkämpft
haben, was Sie von der PDS ihnen nie hätten geben
können. Darauf können wir stolz sein. Das sind die Zu-
kunftsaussichten, die wir haben. Deren Realisierung
wollen wir für alle erreichen. Ich sage Ihnen: Wir wer-
den sie auch für alle erreichen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402527700
Das Wort hat der
Kollege Manfred Grund, CDU/CSU.


Manfred Grund (CDU):
Rede ID: ID1402527800
Herr Präsident! Meine
sehr verehrten Damen und Herren! Falls wirklich einmal
ein deutscher Steuerzahler auf die Idee käme, zu fragen,
was aus seinen Steuern wird, die in den Beitrag einflie-
ßen, den die Bundesrepublik an die UNO leistet – das
sind pro Jahr 200 Millionen Dollar, also 300 Millionen
DM –, dann sollte man ihm den Bericht der UNO-
Kommission, über den wir heute debattieren, nicht zei-
gen. Denn es könnte sein, daß er auf die Idee käme, sei-
ne Steuerlast anteilig um den Betrag zu mindern, der
bisher an die UNO gezahlt wird.


(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der PDS: Oh!)


Denn in diesem Bericht – Kollege Hilsberg hat so-
eben davon gesprochen, daß eine Art Staatenranking
durchgeführt wird – wird ein Zerrbild von Deutschland
gezeichnet, und zwar ein Bild des häßlichen Deutsch-
lands in der Welt. Man sollte ihn der Steuerzahlerin
bzw. dem Steuerzahler wirklich nicht zu lesen geben.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist jetzt aber auch übertrieben!)


Man fragt sich, wie dieser Bericht zustande gekom-
men ist. Man fragt sich, was unsere Delegation bei der
UNO im Vorfeld der Abfasssung dieses Berichtes ei-
gentlich getan hat. Man fragt sich: Wenn die Bundesre-
publik Deutschland – ich komme noch auf Beispiele zu
sprechen – in diesem Bericht derart schlecht abschnei-
det, wie dann Länder wie Nordkorea oder Kuba ab-
schneiden würden?

Es geht um den internationalen Pakt für wirtschaftli-
che, soziale und kulturelle Rechte. Grundlage für den
hier debattierten Bericht ist der dritte periodische Be-
richt, der übrigens nicht zweieinhalb Jahre alt ist, son-
dern maximal ein halbes oder ein Dreivierteljahr, Herr
Kollege Hilsberg. Grundlage des Berichtes vom
11. Februar 1999 sind Antworten auf Fragen, die von
der UNO gestellt worden sind und die die jetzige Bun-
desregierung sehr ordentlich beantwortet hat.

Im Vorfeld der Abfassung dieses Berichtes ist eine
hochrangige Delegation der jetzigen Regierung bei der
UNO gewesen und hat Rede und Antwort gestanden.
Frau Kollegin Mascher, ich nehme an, daß Sie an dieser
hochrangigen Delegation teilgenommen haben. Es ist
mir ein Rätsel, wie auf der Grundlage der Gespräche, die
Sie geführt haben, dieser Bericht zustande gekommen
ist.

Ich will einige Beispiele vortragen – über die Ar-
beitslosigkeit wurde bereits gesprochen –: Der Ausschuß
bemerkt mit Bestürzung, daß nur 12 Prozent der Ange-
stellten des öffentlichen Dienstes auf dem Gebiet von
Wissenschaft und Technik der ehemaligen DDR ein-
schließlich Lehrern, Wissenschaftlern und anderen
Fachleuten weiterbeschäftigt worden seien und daß die
übrigen ohne Arbeit oder angemessene Entschädigung

Stephan Hilsberg






(A) (C)



(B) (D)


oder eine zufriedenstellende Rentenregelung auskom-
men müssen.


(Dr. Christa Luft [PDS]: Das ist der größte Skandal!)


In dem Bericht äußert man sich besorgt über den
Status der Asylbewerber und über die mißliche Lage der
Roma und Sinti in Deutschland. Es wird bemerkt, daß
Beamte kein Streikrecht haben; man ist besonders be-
sorgt über die Gewalt gegen Frauen in Deutschland, ist
bestürzt über den fortgesetzten Mißbrauch und die sexu-
elle Ausbeutung von Kindern in Deutschland. Auf die
Besorgnis über Studiengebühren ist hingewiesen wor-
den. Der Bericht macht ebenso auf die alarmierende An-
zahl von HIV- und Aidsopfern, auf die Notlage von Ob-
dachlosen in Deutschland und auf die besonders schwie-
rige Situation von Hausbesetzungen in Deutschland
aufmerksam. So geht es dann noch weiter.

Der Bericht kommt zu einigen Stellungnahmen. Ich
will nur einmal einige Dinge herausgreifen, die auch die
Kollegin von der PDS angesprochen hat. Ich möchte
einmal mit dem Staatsdienst beginnen: Ich habe vorgele-
sen, daß in dem Bericht davon ausgegangen wird, daß
12 Prozent der ehemaligen Staatsbediensteten ein-
schließlich Lehrern im Staatsdienst verblieben sind. Die
anderen sind also ohne adäquate Rechte.


(Dr. Gregor Gysi [PDS]: In Wissenschaft und Technik!)


– Das steht in dem Bericht: einschließlich Lehrern. Die-
ser Eindruck wird ja auch permanent vermittelt.

Ich habe mir einmal die Zahlen des Thüringer Kul-
tusministeriums besorgt. Dort hat es, wie in allen Kul-
tusministerien der neuen Länder, eine Überprüfung auf
persönliche Eignung gegeben. Von 40 500 Bediensteten,
die sich 1990/91 auf persönliche Eignung haben über-
prüfen lassen, sind ganze 1 400 wegen mangelnder per-
sönlicher Eignung gekündigt worden, davon 1 300 Leh-
rer, deren Mitarbeit in der Staatssicherheit nachgewiesen
worden ist. Diese 1 300 Lehrer sind aber nicht aus dem
Schuldienst gegangen: 350 waren zum Zeitpunkt der
Überprüfung wegen Vorruhestand – Altersübergangsre-
gelung – schon ausgeschieden, 310 wurden weiterbe-
schäftigt, 250 schieden durch Auflösungsverträge aus.
270 Kündigungen mußten ausgesprochen werden, die
dann im Wege der Abfindung im wesentlichen auch
durchgeführt worden sind. Ganze 120 Lehrer sind dann
tatsächlich im Wege des Vergleiches ausgeschieden.
Das heißt: 120 von 40 000 Lehrern – dazu kann man
sich einmal die Prozentzahl ausrechnen. Wir alle wissen
ganz genau, wie groß die Anzahl derer ist, die weiterbe-
schäftigt werden.

Herr Präsident, ich sehe, daß meine Redezeit abgelau-
fen ist. Ich komme noch einmal wieder; ich habe mich
für eine weitere Rede eingetragen. Ich habe noch einiges
zu sagen. Also bis dahin.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402527900
Vielen Dank. Bisher
haben sich hinsichtlich der Redezeit alle an die Vorga-
ben gehalten.

Ich gebe das Wort jetzt der Kollegin Katrin Göring-
Eckardt vom Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Grund, ich glaube schon, daß man einen Bericht, in dem
es um Menschenrechte geht – auch wenn wir in
Deutschland es in dieser Hinsicht in mancher Beziehung
besser haben als die Menschen in anderen Ländern –,
ernst nehmen sollte. Sie haben bei Ihrer Aufzählung
auch Beispiele genannt, bei denen ich nicht so ohne
weiteres sagen kann, wir sollten darüber hinweggehen.
Ich nenne beispielsweise die Situation der Asylbewerber
oder der Obdachlosen in Deutschland. Wenn man Men-
schenrechte anderswo einfordert, dann sollte man zu
Hause anfangen und sollte es ernst nehmen, wenn man
diesbezüglich Kritik bekommt. Auch wenn in diesem
Bericht – das haben Sie zum Teil ausgeführt; sicherlich
wird Frau Mascher das nachher noch einmal tun – einige
Ungereimtheiten und möglicherweise auch Fehler sind
und er sich auf die Politik der alten Regierung bezieht:
Der Bericht sagt ganz klar und deutlich, daß mit dem
Koalitionsvertrag der neuen Regierung auf diesem Ge-
biet sicherlich eine Menge an Verbesserungen stattfin-
den wird.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Wie können Sie denn die PDS so einen Keil reintreiben lassen! – Gegenruf von der PDS: Ich bitte Sie!)


– Lassen Sie mich einfach weiterreden, dann reden wir
auch über Keil oder nicht Keil.

Es wundert mich schon, daß Sie einen solchen Be-
richt zum Anlaß nehmen, hier zum x-tenmal darauf zu
verweisen, was vermeintliche Leiden in Ostdeutschland
seien. Wissen Sie, warum mich das wundert? Nicht, weil
ich nicht weiß, wie die Situation dort ist – das weiß ich
sehr wohl. Ich weiß sehr wohl, daß es dort Benachteili-
gungen gibt. Ich weiß sehr wohl, daß die Entwicklung
noch lange nicht da angekommen ist, wo wir sie uns
wünschen. Es wundert mich auch nicht deswegen, weil
ich nicht wollte, daß sich die Situation nach und nach
angleicht. Ich weiß eben auch, daß eine ganze Reihe von
Entwicklungen stattgefunden haben. Ich gehe nicht da-
von aus, daß Sie all diese Entwicklungen schlecht fin-
den. Ich weiß auch, daß das, was die neue Bundesregie-
rung gerade in bezug auf Ostdeutschland vorhat und
zum Teil auch schon eingeleitet hat, deutliche Verbesse-
rungen bringen wird.

Deswegen wundere ich mich, daß Sie diesen Bericht
zum Anlaß einer Debatte nehmen. Ich denke, daß Sie
damit nur eines bezwecken: nämlich die innere Einheit
immer weiter zu verhindern; denn nur das würde die
Existenzberechtigung der PDS auf Dauer garantieren.
Ich muß Ihnen also vorwerfen, weiterhin dafür zu sor-
gen, daß die innere Einheit nicht zustande kommt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch bei der PDS)


Wenn Sie auf den öffentlichen Dienst und auf Lehre-
rinnen und Lehrer verweisen, muß ich Ihnen ganz klar

Manfred Grund






(B)



(A) (C)



(D)


sagen: Ich bin in diesem System in die Schule gegangen.
Ich habe gute und schlechte Lehrer gehabt, wie das si-
cherlich überall der Fall ist. Aber ich habe auch Lehrer
gehabt, die haben mich strammstehen und den Pionier-
gruß üben lassen. Ich möchte Ihnen ganz klar sagen: Es
geht um Lehrer mit politischen Funktionen und mit Ver-
gangenheit in der Staatssicherheit, die davon betroffen
sind. Herr Grund hat ja sehr eindrücklich die Zahlenver-
hältnisse deutlich gemacht.


(Zuruf von der PDS)

– Doch, es geht auch um Lehrer. Das steht in dem Be-
richt. Das wissen Sie auch.

Ich habe überhaupt keine Lust darauf, daß meine
Kinder, die mit diesen Lehrern, die in dem System sehr
viele Jahre gelehrt haben, zum Teil genug zu tun haben,
auch noch mit solch einer Art von Erziehungsmethoden
konfrontiert werden. Dazu habe ich keine Lust. Das
möchte ich ihnen gern ersparen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der CDU/CSU)


Jetzt, Frau Böttcher, ganz zum Schluß würde ich Sie
gerne noch beim Wort nehmen, weil Sie sozusagen in
einer Doppelopposition sind. Sie sind ja in der Oppositi-
on zur alten und zur neuen Bundesregierung, wie Sie
auch nicht müde werden zu betonen. Ich würde Sie ger-
ne fragen – Sie sagen, natürlich kann man etwas ma-
chen, und nennen hier den öffentlichen Beschäftigungs-
sektor –, wie Sie denn da agieren, wo Sie nun tatsächlich
gestalten könnten.

Ich habe mir einmal angeschaut, wie das Ganze bei-
spielsweise in Sachsen-Anhalt aussieht, wo Sie hinneh-
men, daß das Kinderbetreuungsgesetz schmerzhafte
Qualitätseinbrüche erlangt, oder auch in Mecklenburg-
Vorpommern, wo nichts geschehen ist. Ich zitiere die
„Ostsee-Zeitung“ im Zusammenhang mit dem öffentli-
chen Beschäftigungssektor. Da müssen Sie sich fragen
lassen. Wir sind sehr gespannt, wie Sie dafür sorgen,
daß die Situation verbessert wird. Ich bin sehr, sehr
skeptisch, daß das tatsächlich gelingt, und wundere mich
auch deswegen, daß Sie nicht für die innere Einheit sor-
gen, sondern für die innere Spaltung.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD, der CDU/CSU und der F.D.P.)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402528000
Das Wort hat der
Abgeordnete Klaus Haupt, F.D.P.


Klaus Haupt (FDP):
Rede ID: ID1402528100
Herr Präsident! Meine Damen
und Herren! Die Stellungnahme des VN-Ausschusses ist
aus meiner Sicht alles andere als ein seriöses Papier. Ich
glaube auch – das möchte ich an einigen Beispielen be-
weisen –, daß sie sich auf einem sehr billigen Niveau
bewegt.


(Beifall bei der F.D.P.)


Der VN-Ausschuß unterstellt der deutschen Politik
eine pauschale Diskriminierung. Zum Beispiel wären –
die Zahl ist heute schon von Herrn Grund genannt wor-
den – nur 12 Prozent der öffentlich Bediensteten im Be-
reich Wissenschaft und Technologie – einschließlich der
Lehrer – in Deutschland weiterbeschäftigt worden. Ich
war nach der Wende als stellvertretender Landrat für
Bildung verantwortlich. Ich habe die Bildungsstrukturen
in meinem Landkreis mitgeschaffen. Nach dieser Aus-
sage wären die Schulen leer gewesen. Das ist schlicht
und einfach falsch.


(Beifall bei der F.D.P.)

Ich darf hier ganz deutlich sagen, daß der VN-

Ausschuß geflissentlich auch übersieht, daß sich die In-
ternationale Arbeitsorganisation, IAO, inzwischen sehr
positiv gerade über die Rechtsprechung zu dieser The-
matik geäußert hat. Der Bericht des VN-Ausschusses
behauptet zum Beispiel auch, daß frühere DDR-
Bedienstete ohne angemessene Entschädigung und zu-
friedenstellende Rentenregelungen auskommen mußten.
Nun kann man ja über das Rentenüberleitungsrecht ge-
teilter Meinung sein. Aber eine solch pauschale Abqua-
lifizierung des deutschen Rentenrechts offenbar doch le-
diglich die Inkompetenz dieses Ausschusses.

Der Ausschuß hat noch nicht einmal den Hauch von
Ahnung, besonders was die Verhältnisse im Osten
Deutschlands betrifft. Eine kühne These zum Beispiel:
Streikverbot für deutsche Beamte. Da muß ich sagen:
Der Ausschuß kennt den entsprechenden Passus im ge-
nannten Pakt selber nicht; denn dort steht ausdrücklich,
daß die Einschränkung des Streikrechts für Soldaten,
Polizei und öffentliche Bedienstete legitim ist.

Weiter suggeriert der Ausschuß, Deutschland treffe
nicht die international vorgeschriebenen Maßnahmen
gegen Kinderarbeit. Fakt ist doch, daß die Bundesrepu-
blik Deutschland die Kriterien der IAO betreffend Kin-
derarbeit erfüllt. Die Liste solchen offensichtlichen Un-
fugs, den leider die PDS jetzt hier nutzen will, könnte
man fortsetzen.


(Beifall bei der F.D.P.)

Der VN-Ausschuß war offenbar nicht willens, die

von der Bundesrepublik Deutschland zur Verfügung ge-
stellten Informationen zur Kenntnis zu nehmen. Ich sage
ganz ehrlich: Solch unseriöse Arbeit wird weder dem
Ansehen des Ausschusses noch der VN als Ganzes
nützlich sein.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

Nun war für mich ganz interessant, daß der Aus-

schußbericht auch Positives enthielt, zum Beispiel in
Punkt 6: Der Ausschuß glaube, die neue Bundesregie-
rung werde der Verwirklichung wirtschaftlicher, sozialer
und kultureller Rechte verstärkt Nachdruck verleihen.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da hat er einmal recht!)


In Punkt 25 heißt es sogar, schlußfolgernd aus der Re-
gierungserklärung des Kanzlers, daß die kulturellen, so-
zialen und wirtschaftlichen Rechte nun zu neuen Höhen
geführt würden; man empfiehlt eine rasche Umsetzung.

Katrin Göring-Eckardt






(A) (C)



(B) (D)


Nun denke ich: Was wir gestern und heute erlebt haben,
war ein Anschauungsunterricht über den Unterschied
zwischen Ankündigung und Realität, zwischen Schein
und Sein.

Gerade diese Maßnahmen sind wirklich nicht geeig-
net, günstig auf Arbeitsplätze im Osten zu wirken. Ich
denke nur an die Ökosteuer, das schamlose Abkassieren
der Bürger. Das schwächt durch die zunehmenden Ko-
sten gerade die Wirtschaftskraft im Osten. Im Steue-
rentlastungsgesetz, das aus unserer Sicht ein Arbeits-
platzvernichtungsgesetz ist, wird der größte Arbeitgeber,
der größte Steuerzahler und der größte Ausbilder nicht
entlastet, sondern belastet. Das wird im Osten deutlich
zu Buche schlagen. Die Entscheidung über die 630-
Mark-Jobs heute nachmittag wird Schwarzarbeit fördern
und Arbeitsplätze vernichten.


(Beifall bei der F.D.P. sowie des Abg. Manfred Grund [CDU/CSU])


Meine Damen und Herren von der PDS, ein Wort ge-
statten Sie mir noch. Ich halte das Papier für peinlich,
aber Ihr Vorgehen für noch peinlicher.


(Beifall bei der F.D.P.)

Ihre Partei ist nicht an Problemlösungen interessiert,
sondern an Stimmungsmache.


(Beifall bei der F.D.P. – Widerspruch bei der PDS)


Sie lösen keine Probleme, Sie brauchen Probleme. Da
muß ich sagen: Wenn Sie so arbeiten, dann sind Sie
wirklich die Verweigerer der deutschen Einheit. Das
halte ich für bedauerlich.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU sowie des Abg. Stephan Hilsberg [SPD])



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402528200
Das Wort hat der
Abgeordnete Dr. Heinrich Fink, PDS-Fraktion.


(Jürgen Koppelin [F.D.P.]: Muß das sein? Er hat wahrscheinlich wieder einen Bericht geschrieben!)



Dr. Heinrich Fink (PDS):
Rede ID: ID1402528300
Sehr verehrter Herr Präsi-
dent! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen!
Es wurde in der bereits hitzigen Debatte von den Vor-
rednerinnen und Vorrednern betont, daß der Gegenstand
unserer Debatte der erste Bericht der Regierung Kohl ist,
der seit der Vereinigung der beiden deutschen Staaten
dem Ausschuß für wirtschaftliche, soziale und kulturelle
Rechte der UNO vorgelegt worden ist. Ich möchte Sie
also gleich darauf aufmerksam machen, daß die Zitate,
die ich hier bringe, nicht aus einem PDS-
Wahlprogramm stammen, sondern aus einem UNO-
Bericht. Ich meine, daß wir schon Vertrauen zur UNO
haben sollten.

Ich möchte nicht verschweigen, was von der UNO
analysiert wurde. Es wurde ausdrücklich als Analyse
angesehen. Unter Punkt A der Einführung wird aus-
drücklich betont, daß der Bericht von einer hochrangi-

gen Delegation der neuen Bundesregierung vorgestellt
wurde. Der angebotene Dialog wird als offen und vor-
wärtsweisend gewürdigt. Das nicht von der neuen Bun-
desregierung erstellte Papier wird auch nicht der neuen
Bundesregierung angelastet. Die Regierungserklärung
Schröders wird ausdrücklich als Hoffnungszeichen ge-
würdigt und als Zeichen zukünftiger positiver Verände-
rungen verstanden.

Allerdings wird der Delegation mangelnde Fähigkeit
zu aktuellen Auskünften in entscheidenden Fragen zur
Last gelegt. Unter Punkt A 5 wird aufgeführt, daß die
Antworten auf Fragen zur Arbeitslosigkeit in den neuen
Ländern Genauigkeit und nähere Einzelheiten vermissen
ließen. Es fehlen also genaue Kenntnisse darüber, wie
viele Angehörige des öffentlichen Dienstes – damit sind
auch lehrende Fachkräfte Ostdeutschlands gemeint – wo
und weshalb von ihren Posten entfernt worden sind.
Kritisiert wird, daß die Delegation ebenfalls keine ver-
bindlichen Auskünfte über die Anzahl der von Armut
betroffenen Menschen und über Sozialhilfeempfänger in
Deutschland machen konnte. Sie konnte mithin keine
Auskunft über die Verteilung von Armut im Verhältnis
von Ost und West geben.

Ich kann hier feststellen, daß die von der UNO geäu-
ßerten Punkte der Kritik an der Regierung Kohl genau
mit denen der außerparlamentarischen Bewegung der
Erfurter Erklärung von 1997 übereinstimmen, die eine
Bewegung für eine neue Regierung und eine neue Poli-
tik ist.

Unter Punkt 16 merkt der Ausschuß mit Bestürzung
an, daß nur 12 Prozent der in Wissenschaft und Technik
beschäftigten Angestellten des öffentlichen Dienstes –
die Lehrer sind also gar nicht mit einbezogen – weiter-
beschäftigt worden sind.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Von wann ist diese Zahl? Wann war diese Zahl aktuell? – Gegenruf des Abg. Manfred Grund [CDU/CSU]: Nie war diese Zahl aktuell!)


Insgesamt waren von dem in dem Bericht kritisierten
Vorgehen mehr als 1 Million Menschen betroffen. Dar-
unter waren zirka 20 Prozent der Lehrer und sogar
50 Prozent der Wissenschaftler an Hochschulen und an-
deren Forschungseinrichtungen. An einzelnen Universi-
täten belief sich der Anteil der Entlassenen auf sage und
schreibe 80 Prozent der Mitarbeiter. Sogar die Interna-
tionale Arbeitsorganisation hat sich mit dem Problem
der nach der Vereinigung praktizierten Abwicklung von
Wissenschaftlern unter dem Aspekt der Diskriminierung
befaßt.

Ein weiteres Beispiel: Ohne dem ein übergroßes Ge-
wicht beimessen zu wollen, sei hier angemerkt, daß von
2 172 Mitarbeitern des diplomatischen Dienstes ganze
vier Personen weiterbeschäftigt wurden.

Dann sei noch darauf hingewiesen, daß allein von der
Beschneidung der Renten, die auf berechtigten Sonder-
und Zusatzversorgungen beruhen, mehr als 1 Million
Menschen betroffen sind.

Klaus Haupt






(B)



(A) (C)



(D)


Meine sehr verehrten Damen und Herren, erinnert
werden muß noch einmal an die Schritte, die zu diesem
Ergebnis führten. Die Katastrophe begann mit Art. 13
des Einigungsvertrages. Die meisten Arbeitnehmer ver-
loren mit der Abwicklung der Institutionen und der dann
folgenden Zwangspause in der „Warteschleife“ ihre Ar-
beit. Für die anderen folgten sogenannte Bedarfskündi-
gungen. Der Rest wurde im Rahmen fachlicher Evaluie-
rungen herausgefiltert, wobei letztgenannter Prozeß die-
ses Attribut nur in sehr eingeschränktem Maße verdient.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Eini-
gungsvertrag steht, daß nur abgewickelt werden kann,
was nicht wiederaufgebaut ist. Wir haben dagegen ge-
klagt und sogar bis zum Oberverwaltungsgericht ge-
wonnen.

Versuche, über Wiederbewerbungen einen Arbeits-
platz zu finden, wurden konterkariert. Dabei wurden
spezielle Fragebögen entwickelt, die unter den sonst er-
reichten Standards des Persönlichkeitsschutzes lagen.
Ich erinnere daran, daß der Minister für Wissenschaft
und Kultur des Freistaates Sachsen zwei Listen mit ins-
gesamt 884 Namen vorwiegend ostdeutscher Naturwis-
senschaftler an alle Hochschulen des Landes mit dem
Vermerk verschickt hat, daß all diese Wissenschaftler
künftig von einer Anstellung an einer sächsischen Hoch-
schule auszuschließen seien. Die Motive für diese Säu-
berung, die mit einer unglaublichen Diskriminierung
ostdeutscher Menschen einherging, sind vielgestaltig.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402528400
Herr Abgeordneter
Fink, ich muß darauf hinweisen, daß Sie leider der erste
Abgeordnete sind, der sich in dieser Aktuellen Stunde
nicht an die vorgegebene Redezeit hält.


Dr. Heinrich Fink (PDS):
Rede ID: ID1402528500
Ich bitte um Entschuldi-
gung.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402528600
Ich bitte Sie, zum
Schluß zu kommen.


Dr. Heinrich Fink (PDS):
Rede ID: ID1402528700
Was ich deutlich machen
möchte, ist: Ich hoffe, daß die neue Regierung alles dar-
ansetzen wird, die wirtschaftliche, soziale und kulturelle
Entwicklung auch in den neuen Bundesländern derge-
stalt zu fördern, daß die innere Einheit unseres Landes
endlich hergestellt wird.


(Beifall bei der PDS)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402528800
Auch dies war eine
erste Rede im Deutschen Bundestag, zu der ich gratu-
liere.


(Beifall)

Jetzt gebe ich das Wort der Parlamentarischen Staats-

sekretärin Ulrike Mascher.

U
Ulrike Mascher (SPD):
Rede ID: ID1402528900
Herr Präsi-

dent! Meine Damen und Herren! Herr Grund hat ge-
fragt: Wie ist dieser Bericht zustande gekommen? Viel-
leicht kann ich da ein bißchen aufklären. Am 23. und
24. November hat sich der Ausschuß der Vereinten
Nationen für wirtschaftliche, soziale und kulturelle
Rechte mit dem dritten Bericht der Bundesrepublik
beschäftigt. Der Bericht, über den wir jetzt diskutieren,
geht auf diese Ausschußsitzung zurück.

An den Beratungen hat auch eine deutsche Delega-
tion teilgenommen: Vertreter des Außen-, des Arbeits-
und des Innenministeriums. Ich selber habe ihr nicht an-
gehört, habe mich aber ausführlich erkundigt und kann
Ihnen deswegen sagen, daß der Dialog zwischen dem
Ausschuß und der deutschen Delegation in einer aufge-
schlossenen Atmosphäre verlaufen ist. Die Mitglieder
des Ausschusses haben mehrmals begrüßt, daß die deut-
sche Delegation alle Fragen umfassend, verständlich und
auch selbstkritisch beantwortet hat. Die Ausschußmit-
glieder haben sich positiv zu den angekündigten Maß-
nahmen der neuen Bundesregierung geäußert, etwa im
Bereich der Rentenversicherung, der Lohnfortzahlung
im Krankheitsfall oder der Ausländerpolitik.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Aber der schriftliche Bericht gibt diese Atmosphäre
leider nur teilweise wieder. Es werden weitere positive
Aspekte erwähnt. Dazu gehört auch der Hinweis auf die
Regierungserklärung von Gerhard Schröder am 10. No-
vember, aus der geschlossen wird, daß sich die Maß-
nahmen, die er da angekündigt hat, positiv auf die wirt-
schaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte der Men-
schen in unserem Land auswirken.

Trotzdem verwundert es ein bißchen, daß der Aus-
schuß in einigen Teilen den Eindruck erweckt, als habe
er die vorgetragenen Informationen und die ausführli-
chen schriftlichen Vorlagen gar nicht oder nur sehr un-
zulänglich gewürdigt. Es ist das gute Recht dieses Aus-
schusses, Kritik und Besorgnis auszusprechen. Es gibt
aber ein paar Punkte – wegen der Kürze der Zeit möchte
ich Ihnen nur drei Beispiele nennen –, bei denen sich die
Bundesregierung fragt, was zwischen den mündlichen
Beratungen und der Verfassung des Berichtes tatsäch-
lich stattgefunden hat.

Der Ausschuß fordert die Bundesregierung zum Bei-
spiel auf, effektive Maßnahmen zur Regulierung der
Kinderarbeit in Übereinstimmung mit dem Pakt und den
einschlägigen Übereinkommen der Internationalen Ar-
beitsorganisation zu ergreifen.


(Jörg Tauss [SPD]: Das haben die immer verhindert!)


Das verblüfft ein bißchen, weil die Berichte der Bundes-
regierung zu dem entsprechenden Übereinkommen der
Internationalen Arbeitsorganisation in den letzten zehn
Jahren niemals beanstandet wurden, und der Ausschuß
der Vereinten Nationen tauscht sich mit dem entspre-
chenden Ausschuß der Internationalen Arbeitsorganisa-
tion regelmäßig aus. Es kann nur eines richtig sein: Die
Internationale Arbeitsorganisation hat die Bundesrepu-
blik seit zehn Jahren nicht beanstandet. Der UNO-

Dr. Heinrich Fink






(A) (C)



(B) (D)


Ausschuß beanstandet dies nun und fordert uns auf, uns
hier endlich korrekt zu verhalten.

Zwei andere Punkte betreffen die Fragen, um die es
in dieser Debatte eigentlich geht, nämlich die Fragen, in
welchem Umfang Staatsbedienstete der ehemaligen
DDR nach der deutschen Einheit in den öffentlichen
Dienst übernommen wurden und welche Leistungen sie
nach einem Verlust des Arbeitsplatzes erhalten haben.
Die Bundesregierung bedauert es sehr, daß der Aus-
schuß die Nichtübernahme solcher Beschäftigten nach
bestimmten Kriterien als eine Diskriminierung auf
Grund ihrer politischen Einstellung wertet. Wir werden
deshalb als Bundesregierung dem Ausschuß der Ver-
einten Nationen unseren Standpunkt nochmals ausführ-
lich darlegen.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der F.D.P.)


Ärgerlich ist in diesem Zusammenhang die Bemer-
kung des Ausschusses, die sich in Abs. 16 findet, daß
nur 12 Prozent der öffentlichen Bediensteten im Wissen-
schafts- und Technologiebereich der ehemaligen DDR
weiterbeschäftigt worden sind; das wurde hier schon
mehrmals angesprochen. Die Quelle hierfür ist offen-
sichtlich eine Mitteilung einer Nichtregierungs-
organisation, der Gesellschaft zum Schutz von Bürger-
rechten und der Menschenwürde. Leider hat der Aus-
schuß übersehen, daß sich diese Mitteilung vom Oktober
1998 auf das Jahr 1992 bezieht. Damals waren die Son-
derkündigungstatbestände nach dem Einigungsvertrag
noch nicht höchstrichterlich entschieden. Außerdem wa-
ren Maßnahmen wie zum Beispiel die Schaffung von
außeruniversitären Einrichtungen im Sinne des Art. 91 b
GG – Herr Hilsberg kennt die ganze Geschichte – noch
nicht abgeschlossen. Durch solche Maßnahmen wurden
zum Beispiel im April 1993 12 500 Arbeitsplätze ge-
schaffen. In diesem Zusammenhang stellt sich die 12-
Prozent-Regelung, die hier beanstandet wird, natürlich
völlig anders dar. Es kommt immer darauf an, welches
Stichjahr man wählt. Ich bedaure sehr, daß sich der Aus-
schuß der Vereinten Nationen auf eine so weit zurück-
liegende Zahl bezieht und nicht auf eine aktuelle.

Es verwundert in der Tat, wenn die Frage gestellt
wird, wie diese Menschen abgesichert worden sind,
nachdem sie ihren Arbeitsplatz verloren haben. Wir alle
wissen: Alle Bürger der ehemaligen DDR, die im Zuge
der deutschen Vereinigung ihren Arbeitsplatz verloren
haben oder nicht übernommen wurden, haben Anspruch
auf Arbeitslosengeld, auf Altersübergangsgeld und auf
Altersrente. Hier den Eindruck zu erwecken, sie seien
sozial ins Bodenlose gefallen, ist, so glaube ich, unver-
antwortlich und entspricht nicht den Tatsachen.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und der CDU/CSU)


In dem Bericht wird darauf hingewiesen, daß sich ein
Gremium der Internationalen Arbeitsorganisation mit
diesem Komplex beschäftigt hat. Leider wird aber nicht
erwähnt, daß dieses Gremium der Internationalen Ar-
beitsorganisation das Urteil des Bundesverfassungsge-
richtes vom 8. Juli 1997, in dem diese Sonderkündi-

gungsmöglichkeiten als verfassungsrechtlich korrekt be-
zeichnet wurden, begrüßt hat. Hier wird der Eindruck
erweckt: Ein Gremium beschäftigt sich damit, vermut-
lich, weil es nicht korrekt ist. Die Tatsache aber, daß
dieses Gremium diese Sonderkündigungstatbestände als
verfassungsrechtlich einwandfrei bezeichnet hat, wird in
diesem Bericht nicht ausgeführt.

Die Bundesregierung muß ihren nächsten Bericht
über die Durchführung des Paktes bereits in diesem Jahr
vorlegen. Er wird von den beteiligten Bundesministerien
und den Ländergremien erstellt und wird sich auch mit
der Kritik des Ausschusses, über die wir heute hier dis-
kutieren, ausführlich auseinandersetzen.

Wir sind selbstverständlich bereit, auch Anregungen
des Ausschusses daraufhin zu überprüfen, wie wir ihnen
folgen können.

Positiv ist, daß, anders als bei den vorangegangenen
Berichten, nun sinnvollerweise eine anerkannte Nichtre-
gierungsorganisation an der Verfassung des Berichts
beteiligt wird, nämlich das Deutsche Forum Weltsozial-
gipfel. Ich hoffe, daß dann solche Ungereimtheiten wie
die Bezugnahme auf alte, weit zurückliegende Zahlen
und Unterlagen nicht mehr stattfinden, daß wir mit dem
nächsten Bericht vielleicht zufriedener sind und unser
eigenes Land darin besser wiedererkennen können.

Danke.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU/CSU – Klaus Haupt [F.D.P.]: Danke, das war sehr gut!)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402529000
Das Wort hat der
Abgeordnete Arnold Vaatz, CDU/CSU.


Arnold Vaatz (CDU):
Rede ID: ID1402529100
Herr Präsident! Meine
Damen und Herren! Es gibt natürlich in Deutschland
wie auch in allen anderen Ländern Etliches, was einem
nicht gefallen kann. Das ist ganz klar.


(Zuruf von der CDU/CSU: Die Regierung zum Beispiel!)


Dazu gehören die hohe Arbeitslosigkeit, die fortschrei-
tende Kriminalität beispielsweise im Handel mit Frauen
aus Ländern, in denen die Verhältnisse wesentlich
schlechter sind als bei uns, zum Zwecke der Prostitution,
der sexuelle Mißbrauch von Kindern und viele andere
Dinge.

Deshalb ist es gut, daß es ein UNO-Gremium gibt,
das sich mit diesen Mißständen befaßt. Es ist auch gut,
daß ein solches UNO-Gremium nicht nur die Berichte
der Staaten liest, sondern auch Nichtregierungsorgani-
sationen zu Wort kommen läßt, um das zu überprüfen,
was die Staaten berichten. So weit möchte ich bei der
Beurteilung der Sinnfälligkeit dieses Berichtes gehen.

Wenn aber jemand vom Mond oder vom Mars käme
und diesen Bericht läse, dann müßte er den Eindruck
haben, Deutschland sei eines der verkommensten
Staatsgebilde, die es auf der Welt gibt.


(Zuruf von der PDS: Unglaublich!)


Ulrike Mascher






(B)



(A) (C)



(D)


Der Sündenkatalog ist schon ausführlich angespro-
chen worden. Eine der Sünden, die dort angemerkt wird,
ist die schlechte Lage der Asylbewerber. Spätestens an
diesem Punkt muß der von außen Kommende natürlich
stutzen; denn das bedeutet doch, daß in die Hölle
Deutschland eine ganze Reihe von Menschen aus Län-
dern fliehen,


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Die wollen sich vom Elend überzeugen!)


in denen es noch schlechter aussieht. Spätestens hier
hätte die UNO merken müssen, daß etwas nicht stimmt.

So sieht es auch mit den 12 Prozent noch Beschäf-
tigten aus dem öffentlichen Dienst der DDR aus, und
denen, die angeblich aus politischen Gründen nicht
weiterbeschäftigt worden sind.


(Dr. Ilja Seifert [PDS]: Wenn es 12 Prozent wären!)


Ich kann es mir ersparen, zu erklären, was es mit der Se-
riosität dieser Bemerkung auf sich hat. Vielleicht muß
man aber auch einmal deutlich machen: Zu fordern, alle
Lehrer sollten in der Bundesrepublik Deutschland nach
dem Zusammenfall der DDR weiterbeschäftigt werden,
hieße, daß man an einen Lehrer in einer demokratischen
Gesellschaft mit Gewaltenteilung dieselben Qualifikati-
onsanforderungen stellt wie an einen Lehrer in einer
Diktatur. Das ist aus Gründen der Sorgfaltspflicht ge-
genüber den Kindern ausgeschlossen.

Es ist vorhin bereits gesagt worden, was die Beschäf-
tigung dieser Lehrer ausgemacht hat. Es ist auch etwas
zur Dimension der Geschichte gesagt worden. Ich kann
dazu nur sagen: Wir schulden unseren jungen Leuten
glaubwürdige Vorbilder. Wir schulden ihnen Menschen,
die sie anerkennen, wenn sie von ihnen aufs Leben vor-
bereitet werden. Dazu kann man nicht Personen ver-
wenden, die für die Staatssicherheit andere Menschen an
eine Diktatur verraten haben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vorhin hat mit dem Kollegen Fink ein Beispiel für

eine solche Kündigung gesprochen. Herr Kollege Fink,
ich bin mit dem, was Ihnen an der Humboldt-Universität
widerfahren ist, zufrieden. Ich sage Ihnen ganz offen:
Wenn meine Kinder studieren, dann werde ich froh sein,
wenn es nahezu ausgeschlossen ist, daß sie auf Dozenten
treffen, die sich damals in einer solchen Weise zum
Diener eines totalitären Regimes gemacht haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

Meine Damen und Herren, die Bundesregierung

sollte in der Stellungnahme, die sie bis Juli abzugeben
hat, gegenüber der UNO deutlich machen, daß dieses
Bild von Deutschland falsch ist, und dazu beitragen, es
wieder geradezurücken. Die Gelegenheit hat sie. Ich
hoffe, sie hat an Ort und Stelle auch das entsprechende
Personal.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Zuruf von der PDS: Die Sachsen haben Glück, daß der nicht mehr Minister ist!)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402529200
Das Wort hat der
Abgeordnete Volker Beck, Bündnis 90/Die Grünen.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1402529300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich wollte
eigentlich zunächst mit Herrn Fink schimpfen; jetzt muß
ich leider aber erst einmal etwas zu Herrn Vaatz sagen.

Wir sollten die in dem Bericht enthaltene Passage
zum Asylrecht schon sehr ernst nehmen. Es ist in der Tat
ein Problem, wenn wir Asylbewerbern und Flüchtlingen
dann, wenn wir sie dulden, weil sie noch nicht anerkannt
sind, nicht die volle Krankenbehandlung gewähren und
bei der Zahnbehandlung Abstriche machen. Wenn wir
davon ausgehen, daß wir jedem Bürger und jeder Bürge-
rin in diesem Land eine bestimmte Grundversorgung
gewähren, dann haben auch Flüchtlinge diese verdient.
Ich hoffe, daß wir in der Koalition darüber sprechen
werden, auch an diesen Mißständen etwas zu ändern;
denn das, was im Asylbewerberleistungsgesetz steht, ist
eines humanitär orientierten Landes nicht würdig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Es ist auch berechtigt, daß wir uns immer wieder fra-
gen, was wir gegen sexuelle Gewalttaten und gegen
Frauenhandel machen können. Aber hier muß man sich
schon wundern, daß in dem Bericht nicht gesagt wird,
daß dieses Problem bei uns kein besonderes ist und es
sich auch von der Problemlage in unseren Nachbarlän-
dern nicht wesentlich unterscheidet.

Aber um diese Fragen ging es der PDS im Grunde gar
nicht. Es ging um die Frage, ob sie einen Keil in die
deutsche Bevölkerung treiben und die Teilung vertiefen
kann und ob sie erklären kann, daß den DDR-Bürgern
immer Ungerechtigkeiten widerfahren sind. Ihre Bei-
spiele waren ja auch so vielsagend: der öffentliche
Dienst, die DDR-Diplomaten. Sie haben einfach nur re-
feriert, was an falschen Zahlen in dem Bericht von 1992
enthalten ist, ohne einmal zu erwähnen, daß es vielleicht
auch gute Gründe dafür gab, bestimmte Leute – ich will
gar nicht von allen sprechen, die man entlassen hat – zu
entlassen. Gerade viele DDR-Diplomaten, die eine gro-
ße politische Nähe zum System hatten und zum Teil für
das MfS gearbeitet haben, arbeiten heute zu Recht nicht
mehr für unsere Republik.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD, der CDU/CSU und der F.D.P.)


Ich bekenne auch ganz freimütig: Ich bin froh dar-
über, daß auch die Mitglieder des ehemaligen Staatsrates
der DDR und des ehemaligen Ministerrates der DDR
nicht mehr Mitglieder der Bundesregierung oder Reprä-
sentanten unseres Staates sind.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Auch ist es ganz entscheidend, daß wir zumindest bei
denjenigen, die für das MfS berichtet haben, sagen, daß
diese im öffentlichen Dienst des Bundes, unserer Länder
und unserer Kommunen nichts verloren haben.

Arnold Vaatz






(A) (C)



(B) (D)


Die Themen, die die PDS hier in den letzten Wochen
aufgegriffen hat, weisen stets dieselbe Grundmelodie
auf: zuerst die Frage – das steht leider auch in dem Be-
richt einer Ihnen nahestehenden Organisation – der Ent-
schädigung der nicht mehr im öffentlichen Dienst ar-
beitenden Menschen, dann die Forderung von Frau
Kenzler nach Amnestie und Entschädigung von Straftä-
tern aus der DDR, die hier rechtmäßig verurteilt wurden.
Sie sollten nicht nur Strafnachlaß bekommen – man
kann immer darüber reden, ob man irgendwann einmal
einen Strich zieht; ich finde es gegenwärtig zu früh, aber
darüber darf man diskutieren –, sondern auch eine Ent-
schädigung dafür, daß sie wegen ihrer Straftaten bestraft
wurden. Das ist einfach absurd, zeigt aber Ihre Geistes-
haltung. Sie sind die DDR-Hoheitsträger-Gewerkschaft,
ein DDR-Traditionsverein, und wollen sich mit dem Un-
recht der DDR nicht wirklich auseinandersetzen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der CDU/CSU)


Das gleiche hat sich in der Diskussion um Ihre Ein-
stellung von Herrn Rupp gezeigt. Ich bin gar nicht dage-
gen, daß man ehemaligen Spionen Strafen nachläßt und
versucht, ihnen auf ihrem Weg zurück in den Arbeits-
markt zu helfen. Aber daß Sie ihn ausgerechnet mit Au-
ßen- und Sicherheitsfragen betrauen wollten,


(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


das war wirklich ein politischer Skandal. Das Beispiel
Ihres Bundesvorstandsmitglieds Benjamin, der den
Mauerbau gerechtfertigt hat, zeigt: Diese Linie geht
durch Ihre Partei hindurch. Sie wollen sich nicht der
Vergangenheitsaufarbeitung stellen. Die Bekenntnisse,
die Sie im Wahlkampf zum Grundgesetz abgegeben ha-
ben, waren und bleiben Lippenbekenntnisse. Auch das
ist uns in dieser Aktuellen Stunde durch die Redebeiträ-
ge von Ihrer Seite bestätigt worden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD, der CDU/CSU und der F.D.P.)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402529400
Nun möchte der
Kollege Manfred Grund seine unterbrochene Rede fort-
setzen. – Ich gebe Ihnen das Wort.


Manfred Grund (CDU):
Rede ID: ID1402529500
Herr Präsident! Meine
sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte gerne die
Gelegenheit nutzen, Frau Mascher für ihren vierten Be-
richt ein paar Anregungen mit auf den Weg zu geben.

In dem Ausschußbericht, den wir heute diskutieren,
wird auf eine bestehende Kluft zwischen den alten und
den neuen Bundesländern hingewiesen, die abzubauen
ist. Vielleicht gehen Sie in dem zukünftigen vierten Be-
richt einmal darauf ein, daß auch zehn Jahre nach der
Wiederherstellung der deutschen Einheit die Lebenser-
wartung in den neuen Bundesländern immer noch nied-
riger als in den alten Bundesländern ist! Untersuchen Sie
einmal, warum das so ist und ob das nicht etwas mit
Umweltvergiftung, mit schwerer körperlicher Arbeit,

aber auch mit Rationierung von Medizin in der ehemali-
gen DDR zu tun hat!

Außerdem möchte ich gerne etwas zum Thema „po-
litisches“ Strafrecht sagen. Es ist angeklungen, daß vie-
le, wahrscheinlich politisch motiviert, aus ihren Ämtern
und Positionen herausgedrängt worden sind. Ich will Ih-
nen einmal beispielhaft etwas zu zwei Prozessen vorle-
sen. Wir können uns dann ja einmal darüber unterhalten,
was tatsächlich ein politischer Prozeß gewesen ist.

Ich zitiere einmal:
Das Urteil erging nach Artikel 6 Abs. II der DDR-
Verfassung, „Boykotthetze gegen demokratische
Einrichtungen und Organisationen“. Verbunden mit
dem Urteil waren Sühnemaßnahmen …, die be-
stimmten, daß der Verurteilte alle Rentenansprüche
verloren hat, daß er kein öffentliches Amt, keinen
freien Beruf ausüben und keinen Betrieb kontrollie-
ren dürfe, daß er nicht Mitglied einer Partei, kein
Lehrer oder Prediger sein dürfe und daß er alle
Vorrechte, inklusive des Führerscheins für ein
Auto, verloren habe.

Das ist einem Mann passiert – einem christlichen De-
mokraten und Gewerkschafter –, der als Zentrumspoliti-
ker und als Gewerkschafter bei den Nazis eingesessen
hat und danach 1953/1954 von der SED wieder einge-
knastet worden ist. So viel zu politischen Prozessen.

Ich zitiere jetzt aus der „Thüringer Allgemeinen“ über
einen Prozeß am Erfurter Landgericht – „Beobachtun-
gen vom Todschlagsprozeß gegen ranghohe DDR-
Grenzoffiziere“:

Als der Zeuge Gisbert Greifzu (40) von seinen
Verletzungen durch die Splitterminen berichtet,
zischt in der zweiten Reihe ein untersetzter Zuhörer
mit Halbglatze „Rohrkrepierer“. Greifzu und sein
Freund wollten durch eine Rohrleitung kriechen,
waren an dieser Stelle jedoch beobachtet worden.
Die Umsitzenden finden die Bemerkung „einfach
klasse“.
Der Mutter eines 20jährigen Minentoten wurde
1984 lediglich mitgeteilt, daß ihr Sohn bei einer
Straftat ums Leben kam. „Genau so“, kommentiert
ein Mann mit Brille. „Es ging doch allen gut, wir
haben doch alles für die Jugend getan! … sind doch
selbst schuld.“

So viel zu politischem Strafrecht.
Vielleicht ist es interessant, einmal ein paar Zahlen

zur Regierungs- und Vereinigungskriminalität zu hören.
Insgesamt gab es 22 550 Ermittlungsverfahren. Davon
sind 21 776 eingestellt worden; 98 Prozent endeten also
mit Einstellung. Es gibt 211 rechtskräftige Verurteilun-
gen – meist mit Freiheitsstrafen auf Bewährung. Gerade
21 Personen müssen ins Gefängnis.


(Zuruf von der CDU/CSU: Hört! Hört!)

Wenn man weiß, daß Mielke sogar die Untersuchungs-
haft noch entschädigend angerechnet worden ist, dann
fragt man sich, wie ein solcher Bericht zustande kommt.

Volker Beck (Köln)







(B)



(A) (C)



(D)


Ich will noch auf eines eingehen, das schon ange-
sprochen worden ist, und zwar Altersabsicherung und
Rentenversicherung. Neben der Sozialversicherung der
ehemaligen DDR, der der Großteil der Werktätigen un-
terworfen war, weil er gar keine Chance hatte, sich an-
derweitig zu versichern, gab es 50 Zusatzversorgungssy-
steme und vier Sonderversorgungssysteme. Soweit tat-
sächlich Beiträge in diese Zusatz- und Sonderversor-
gungssysteme gezahlt worden sind, stehen diesen Bei-
trägen Leistungen gegenüber. Das führt dazu, daß je-
mand, der Mitglied in einem Sonder- und Zusatzversor-
gungssystem gewesen ist, heute im Durchschnitt 300
DM bis 500 DM mehr an Rente erhält als jemand – jetzt
Rentner –, der in der ehemaligen DDR normal sozialver-
sicherungspflichtig beschäftigt war. So viel zu der Dis-
kriminierung, die uns hier vorgehalten wird.


(Zuruf der Abg. Ulrike Mascher [SPD])

– Frau Kollegin Mascher, ich würde Ihnen sehr emp-
fehlen, dafür zu sorgen, daß dieses Zerrbild von
Deutschland, das übrigens von einer Nichtregierungsor-
ganisation, die der PDS nahesteht, mit gezeichnet wor-
den ist – diese Nichtregierungsorganisation ist offen-
sichtlich auch noch vom Arbeitsamt gesponsert worden,
möglichst schnell aus der Welt geräumt wird.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Zuruf von der PDS: Das ist unglaublich!)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402529600
Das Wort hat der
Kollege Engelbert Wistuba, SPD-Fraktion.


Engelbert Wistuba (SPD):
Rede ID: ID1402529700
Sehr geehrter Herr Prä-
sident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zu Be-
ginn meines Beitrages möchte ich mich bei der PDS-
Fraktion für die Beantragung dieser Aktuellen Stunde
recht herzlich bedanken. Die Kolleginnen und Kollegen,
die mich kennen, wissen, daß es mir an und für sich
nicht leicht fällt, mich bei der PDS für irgend etwas zu
bedanken. Aber sie gibt uns heute und hier die Möglich-
keit, über die positive Beurteilung des Programms der
neuen Bundesregierung durch den Ausschuß für wirt-
schaftliche, soziale und kulturelle Rechte des Wirt-
schafts- und Sozialrates der Vereinten Nationen zu spre-
chen.

Wenn schon bei der Opposition in diesem Hause –
zumindest bei der Opposition auf der rechten Seite des
Saales – die ersten Schritte der neuen Regierung, zum
Beispiel die Verbesserung beim Kündigungsschutz, er-
wartungsgemäß nicht auf Zustimmung gestoßen sind, so
freut es mich doch, daß diese Maßnahmen bis nach New
York gedrungen sind und dort positive Resonanz gefun-
den haben.


(Beifall bei der SPD)

Der Bericht mit der positiven Wertung ist vom 4. De-

zember letzten Jahres, also exakt drei Monate alt. Die
Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen ha-
ben seitdem die Zeit nicht ungenutzt verstreichen lassen,
sondern weitere Reformen im Geiste des Paktes voran-
gebracht. Als Wirtschaftspolitiker der SPD-Fraktion
möchte ich mein Augenmerk insbesondere auf einige

wirtschaftspolitische Maßnahmen richten, die für die
Realisierung des wichtigsten Zieles, nämlich die Schaf-
fung von Arbeitsplätzen von Bedeutung sind.

Ich möchte nur an die gestern von uns verabschiedete
Ökosteuer erinnern. Zum 1. April werden die Lohnne-
benkosten um 0,8 Prozent sinken; die Preise für Energie,
für die endlichen Ressourcen werden moderat steigen.
Diese Reform hat endlich die Abkehr von der scheinbar
automatischen und selbstverständlichen Regel eingelei-
tet – zumindest war dies in den letzten 16 Jahren so –,
nach der die Arbeit durch den Anstieg der Lohnneben-
kosten kontinuierlich teurer wird.

Die Kritiker, die die Ökosteuer für nicht weitgehend
genug halten, seien daran erinnert, daß es sich bei dem
gestern verabschiedeten Paket nur um die erste Stufe
handelt. Weitere werden folgen.


(Beifall bei der SPD)

Das Entscheidende ist, daß die Trendwende vollzogen
wurde. Die klare Botschaft unserer Politik ist: Bei uns
wird die Arbeitskraft nicht teurer, sondern billiger.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Ein weiteres Beispiel für unsere praktische, umwelt-
freundliche und zugleich innovationsorientierte Wirt-
schaftspolitik ist das von uns auf den Weg gebrachte
100 000-Dächer-Programm. Einerseits haben wir mit
diesem schnellen Handeln den notwendigen Anreiz für
die verbliebenen einheimischen Hersteller von photo-
voltaischen Zellen geschaffen, hier im Lande zu bleiben.
Andererseits werden durch dieses Programm, wenn es
ausgeschöpft wird – und die ersten Reaktionen deuten
auf eine große Nachfrage hin –, 2,5 Milliarden DM an
Investitionen mobilisiert.


(Beifall bei der SPD)

Dies ist ein wertvoller Beitrag zur Sicherung bestehen-
der bzw. Schaffung neuer Arbeitsplätze.

Aber auf unserer Agenda stehen noch zahlreiche
Projekte. Zu den zentralen Reformprojekten, die wir uns
vorgenommen haben, gehört eine umfassende Unter-
nehmenssteuerreform. Ich bin optimistisch, daß es uns
gelingt, eine einheitliche Unternehmensbesteuerung im
Bereich von 35 Prozent zu erreichen.


(Klaus Haupt [F.D.P.]: Ich bin skeptisch!)

Während Sie von der Opposition jahrelang von der Sen-
kung der Unternehmenssteuer gesprochen haben, neh-
men wir sie ernsthaft in Angriff. Wir leisten damit einen
weiteren Beitrag zur Stärkung der Wettbewerbsposition
deutscher Unternehmen. Freuen würde es mich, wenn
diese Reform im Sommer abgeschlossen werden könnte.
Auch hier bin ich optimistisch.

Verehrte Damen und Herren, der Ausschuß des Wirt-
schafts- und Sozialrates ist der Ansicht, daß mit dem in
der Regierungserklärung von Bundeskanzler Schröder
skizzierten Programm die wirtschaftlichen, sozialen und
kulturellen Rechte vorangebracht werden. Er empfiehlt
daher ausdrücklich, daß – ich zitiere wörtlich – „die

Manfred Grund






(A) (C)



(B) (D)


neue Politik so bald wie möglich in die Tat umgesetzt
wird“.


(Beifall bei der SPD)

Der Ausschuß des Wirtschafts- und Sozialrates der

Vereinten Nationen, die Bürgerinnen und Bürger dieses
Landes und auch Sie von der Opposition können sicher
sein, daß wir dieser Aufforderung weiter nachkommen
werden.

Danke.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402529800
Dies war die erste
Rede des Kollegen Wistuba. Dazu möchte ich Ihnen im
Namen des Hauses gratulieren.


(Beifall)

Der vorgesehene Beitrag der Kollegin Vera Lengsfeld

wird zu Protokoll genommen?*)

(Zuruf von der SPD: Das ist schade!)


Nun gebe ich der Kollegin Silvia Schmidt von der
SPD-Fraktion das Wort.


Silvia Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1402529900
Sehr geehrter Herr
Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zu ei-
nigen Punkten des Berichtes des Wirtschafts- und Sozi-
alrates der Vereinten Nationen Stellung nehmen, die
mich als ostdeutsche Sozialpolitikerin besonders berührt
haben.

Ich freue mich darüber, daß der Ausschuß folgende
Punkte positiv festgestellt hat: Bildungs- und Trainings-
programme, um jungen Menschen im allgemeinen und
Frauen im besonderen, vor allem denen in den neuen
Ländern, zu helfen, eine Beschäftigung zu finden, die
Ausarbeitung eines Aktionsplans, der darauf gerichtet
ist, Frauen im Arbeitsprozeß gleiche Möglichkeiten zu
sichern, die Reform des Rentensystems, die Wiederein-
führung von Maßnahmen des Kündigungsschutzes und
auch die Zahlung von Krankengeld. Diese sozial- und
arbeitspolitischen Feststellungen des Wirtschafts- und
Sozialrates decken sich mit den Forderungen, die wir
schon als Opposition erhoben haben und die wir nun
umsetzen werden und zum Teil schon umgesetzt haben.

Wir bekämpfen mit unserem Sofortprogramm die Ju-
gendarbeitslosigkeit. Dieses Programm wird aktiv in den
Arbeitsämtern umgesetzt und von den Jugendlichen
auch angenommen. Allein im Arbeitsamt meines Wahl-
kreises Sangerhausen nehmen bereits 86,5 Prozent der
angesprochenen jungen Menschen an diesem Programm
teil. Dabei werden sie von Sozialarbeitern in einem
Zahlenverhältnis von 1 zu 10 begleitet. Daneben werden
Streetworker eingestellt, die sich ganz besonders um die
Jugendlichen bemühen, die abseits von der Gesellschaft
stehen und zum Teil unter Brücken leben.

*) Anlage 11

Von der Arbeitslosigkeit sind besonders Frauen be-
troffen. 52 Prozent der Arbeitslosen in Sachsen-Anhalt
sind Frauen. Wir werden mit dem Aktionsprogramm
„Frau und Beruf“ den Frauen im Arbeitsprozeß gleiche
Rechte sichern. Dazu gehört ein effektives Gleichstel-
lungsgesetz und eine gleichberechtigte Teilhabe von
Frauen in der aktiven Arbeitsförderung.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Christa Luft [PDS])


Wir stellen der Bundesanstalt für Arbeit 105,2 Milli-
arden DM zur Verfügung. Das sind 2,7 Milliarden DM
mehr als im letzten Jahr. Damit werden 1999 200 000
Menschen eine Chance bekommen, im zweiten Ar-
beitsmarkt gefördert zu werden, davon 180 000 Men-
schen allein in Ostdeutschland.


(Beifall bei der SPD)

Wir korrigieren die gravierenden sozialpolitischen

Fehlentscheidungen der alten Regierung. Wir werden
eine sozial gerechte Rentenstrukturreform durchführen.
Wir haben die Verschlechterung im Kündigungsschutz
korrigiert. Die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall gilt
wieder ohne Einschränkung. Für alle, auch für Jugendli-
che, wird Zahnersatz kein Luxus, sondern Sachleistung.
– Wir schaffen mit diesen Korrekturen endlich wieder
mehr soziale Gerechtigkeit in Deutschland. Dies wird
auch vom Ausschuß gefordert. Darauf will ich näher
eingehen.

Der Ausschuß sieht die Gefahr, daß die unvollständi-
ge Integration von Ost- und Westdeutschland die umfas-
sende Umsetzung des Paktes für wirtschaftliche, soziale
und kulturelle Rechte behindert. Die Gefahr ist begrün-
det. Sie bleibt so lange bestehen, bis es zu einer voll-
ständigen Angleichung der Arbeits- und Lebensbedin-
gungen gekommen ist.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)


Meine Herren von der Opposition – ich will meine
Freude nicht verhehlen, Sie nach 16 Jahren der Regie-
rung Kohl als Oppositionsmitglieder bezeichnen zu
können –,


(Beifall bei der SPD – Jörg Tauss [SPD]: Ein schönes Erlebnis!)


für die schleppende Integration tragen vorwiegend Sie
die Verantwortung. Durch das nicht gehaltene Verspre-
chen von den blühenden Landschaften und den Ein-
druck, der Aufbau Ost könne aus der Portokasse bezahlt
werden, haben Sie natürlich die entsprechende Wähler-
klientel verloren.


(Ulrich Heinrich [F.D.P.]: Dieser alte Hut!)

Ich habe bewußt nicht gesagt, daß Sie die ausschließ-

liche Verantwortung tragen. Ich weiß, daß es weitere
Gründe gibt, die das Zusammenwachsen von Ost und
West schwierig gestalten, und daß die alte Bundesregie-
rung nicht für alles die Schuld trägt. Wir werden hier
alles versuchen, um weiterzukommen. Wir stabilisieren

Engelbert Wistuba






(B)



(A) (C)



(D)


die Arbeitsmarktpolitik in den neuen Bundesländern auf
hohem Niveau. Das Stop-and-go der vergangenen Jahre
hat endlich ein Ende.


(Beifall bei der SPD – Manfred Grund [CDU/CSU]: Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei!)


– Vielleicht bei Ihnen.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)


Wir stellen rund 146 Milliarden DM an Bundeszu-
weisungen für den Aufbau Ost bereit. Das sind rund
12 Milliarden DM mehr als im Vorjahr. Die Investiti-
onszuweisungen mit 6,6 Milliarden DM werden verste-
tigt. Wir haben den Aufbau Ost zur Chefsache gemacht.
Staatsminister Schwanitz sitzt direkt beim Bundeskanz-
ler.


(Klaus Haupt [F.D.P.]: Das merken wir!)

Ich bin optimistisch, daß sich die Bedenken des Aus-
schusses in diesen Punkten nicht bewahrheiten werden.

Lassen Sie mich zum Schluß folgendes sagen: Der
Aufsetzungsantrag ist Ausdruck typischer PDS-
Klientelpolitik. Sie versuchen damit, sich zum Anwalt
von Pionierleitern, FDJ-Sekretären und von Staatsbür-
gerkundelehrern zu machen, die Marxismus-Leninismus
unterrichtet haben.


(Ulrich Heinrich [F.D.P.]: Es ist aber unfair, wie Sie mit Ihrem Koalitionspartner umgehen!)


Die Befürchtung, die in Punkt 16 des Berichts des
UNO-Ausschusses geäußert wird, in den neuen Ländern
seien Lehrer aus politischen Gründen entlassen worden,
ist nicht ganz richtig. Es gab IMs und Parteisekretäre. In
Sachsen-Anhalt arbeiten 1999 ungefähr 14 000 Lehrer
weniger als 1992. Der Abbau ist ausschließlich eine
Folge der sinkenden Schülerzahlen und der Strukturver-
änderungen. Der restliche Abbau geschah nicht durch
Kündigungen, sondern durch sozial verträgliche Lösun-
gen. Ich verweise auf den Tarifvertrag von 1997 für
Sachsen-Anhalt. In Sachsen-Anhalt geht man davon aus,
daß 90 Prozent der jetzt dort tätigen Lehrer auch schon
in der DDR unterrichtet haben. Das kann ich nur bestä-
tigen: In unserer Schule arbeiten noch sehr viele Lehrer,
die ihr früheres SED-Parteibuch gegen das der PDS ein-
getauscht haben. Wer also behauptet, Lehrer seien aus
politischen Gründen entlassen worden, verkennt die Tat-
sachen.

Ich danke.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402530000
Das Wort hat der
Kollege Edelbert Richter von der SPD-Fraktion.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Jetzt kommt die Erfurter Erklärung!)



Dr. Edelbert Richter (SPD):
Rede ID: ID1402530100
Herr Präsident! Liebe
Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zum Punkt 16

des Textes des UN-Ausschusses noch etwas sagen, ob-
wohl schon Verschiedenes dazu gesagt worden ist. Ich
möchte an die Adresse der PDS sagen: schlechte Kritik.

Es ist mehrfach gesagt worden, daß nur 12 Prozent
der Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes auf dem Gebiet
von Wissenschaft und Technik der ehemaligen DDR
weiterbeschäftigt worden seien. Das ist einfach Unsinn.


(Dr. Ruth Fuchs [PDS]: In ihrem Beruf!)

– Auch das ist Unsinn. – Am offensichtlichsten ist das
bei den Lehrern zu erkennen. Auch das ist hier schon ei-
nigermaßen deutlich geworden. Aber das wichtigste ist,
daß Sie mit solchen falschen Zahlenangaben Ihr eigenes,
an sich berechtigtes Anliegen diskreditieren.


(Dr. Gregor Gysi [PDS]: Ist ja nicht von uns, sondern von der UNO!)


– Da gibt es einen Schleichweg, über den ich jetzt nichts
weiter sagen möchte.

Ich möchte auf etwas ganz anderes hinaus: Schon
die richtigen Zahlen sind doch schlimm genug. Wir
brauchen doch deswegen nicht zu behaupten, daß nur
12 Prozent der ehemaligen DDR-Mitarbeiter weiterbe-
schäftigt worden seien. Von den Mitarbeitern der ehe-
maligen Akademieeinrichtungen sind weniger als
50 Prozent weiterbeschäftigt worden – das ist doch
schon aussagekräftig genug –, davon viele nur auf der
Basis von Zeitverträgen oder Drittmitteleinwerbungen.
An den Hochschulen ist das wissenschaftliche Personal
im Durchschnitt um etwa 60 Prozent reduziert worden.
Das ist doch auch aussagekräftig genug. Die schlimmste
mir bekannte Zahl betrifft die Industrieforschung. Hier
sind 80 Prozent des Personals verlorengegangen, und
zwar nicht – das ist der nächste Punkt – aus unmittelbar
politischen, sondern aus ökonomischen Gründen.

Damit komme ich zu einem weiteren Einwand gegen
den Text des UN-Ausschusses. Es ist auch nicht wahr,
daß die Mehrheit der Betroffenen eher aus politischen –
so steht es dort wörtlich – als aus fachlichen oder wirt-
schaftlichen Gründen aus Ihren Positionen entlassen
wurde. Die Mehrheit ist gerade aus unmittelbar wirt-
schaftlichen oder finanziellen Gründen entlassen wor-
den, nämlich auf Grund des „losgelassenen“ Marktes.
Sofern der Markt damals allerdings von der Politik „los-
gelassen“ worden ist, waren die Entlassungen indirekt
die Folge einer verkehrten Wirtschaftspolitik. Darauf
müßte man doch eigentlich hinweisen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)


Sie waren eben nicht die Folge politischer Diskrimi-
nierung. Wer die Abwicklung von ideologisch belasteten
Instituten oder Personen derart in den Vordergrund
rückt, der verstellt gerade den Blick auf die viel
schwerwiegenderen Verluste, die aus wirtschaftspoliti-
schen Ursachen eingetreten sind. Mit denen müssen wir
uns beschäftigen. Für dieses Ausmaß an Verlusten – an
dieser Stelle muß ich mich der heutigen Opposition zu-
wenden – trägt die alte Bundesregierung die Verant-
wortung. Für mich persönlich ist das ein ganz wesentli-

Silvia Schmidt






(A) (C)



(B) (D)


cher Grund gewesen, mich in diesen Fragen zu engagie-
ren.


(Beifall bei der SPD und der PDS sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich darf daran erinnern, daß die damalige SPD-
Opposition Ihre Wiedervereinigungspolitik – das wird
inzwischen manchmal vergessen – von Anfang an und
dann immer wieder kritisiert hat, allerdings mit dürfti-
gem Erfolg. Unsere Forderung in bezug auf die Treu-
handpolitik – sie steht hier im Hintergrund – hieß zum
Beispiel: Sanierung vor Privatisierung. Wäre man dieser
Forderung gefolgt, dann wäre ein großer Teil des For-
schungspotentials erhalten worden.

Schon zu Beginn des Abbaus dieses Potentials – ich
habe das noch einmal nachgelesen – hat im Februar
1991 der damalige forschungspolitische Sprecher der
SPD-Bundestagsfraktion – fast prophetisch, wie man
heute sagen muß – im Titel einer Presseerklärung er-
klärt:

Neue Bundesländer: Todesurteil für die Forschung
ist gefällt.

Damit man es nicht vergißt, möchte ich noch einmal
betonen, daß das im Februar 1991 gesagt worden ist. Ein
Zwischenbericht des BMFT zeigte damals nämlich die
völlige Konzeptionslosigkeit der Bundesregierung in
dieser Frage.

Ich erinnere etwas unbescheiden daran, daß ich mich
seit 1992 leidenschaftlich für die ostdeutsche Forschung
eingesetzt habe.


(Jörg Tauss [SPD]: Das kann man bestätigen!)

Inzwischen stellt sich allerdings die Frage – auch dar-
über müssen wir reden –, inwieweit die Prozesse von
damals nun noch rückgängig gemacht werden können.
Das ist die eigentliche Frage. Es nützt uns nichts, wenn
wir immer wieder von dem sprechen, was vorher pas-
siert ist. Wir müssen wissen, wie es nun weitergehen
soll. Wenn ich an einzelne Schicksale von Wissen-
schaftlern denke, dann tut es mir selber sehr weh, sagen
zu müssen, daß bestimmte Prozesse, die gelaufen sind,
nicht mehr rückgängig gemacht werden können.

Dennoch können Sie unserem Haushalt für das Jahr
1999 entnehmen, daß wir uns redlich bemüht haben, ei-
niges wiedergutzumachen. Wir werden das weiterhin
tun. Wir haben die Forschungs- und Entwicklungsaus-
gaben für Ostdeutschland beträchtlich gesteigert. Ich
hoffe, daß das auch im nächsten Haushalt wieder ge-
lingt.

Zur PDS gewandt, möchte ich sagen: Ich finde es
schade, daß wir nicht auf die eigentlichen Fragen zu
sprechen gekommen sind. Ich habe es versucht, aber die
Zeit von fünf Minuten ist zu kurz. Mit dem uns vorlie-
genden Text konnte man nicht sehr viel weiterkommen.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN )



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402530200
Damit ist die Aktu-
elle Stunde beendet.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 10 auf:
Erste Beratung des von den Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten
Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung
des Elften Buches Sozialgesetzbuch – 4. SGB
XI-Änderungsgesetz (4. SGB XI – ÄndG)

– Drucksache 14/407 –

(federführend Nach einer interfraktionellen Vereinbarung war für die Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. Dagegen gab es auch keinen Widerspruch. Allerdings haben die Kollegen Regina Schmidt-Zadel, SPD, Eva-Maria Kors, CDU/CSU, Detlef Parr, F.D.P., und Frau Bundesminister Andrea Fischer ihre Reden zu Protokoll gegeben*)

so daß in dieser Aussprache lediglich der Kollege Ilja
Seifert von der PDS-Fraktion als Redner angemeldet ist.
Ich erteile ihm das Wort.


Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1402530300
Herr Präsident! Meine Damen
und Herren! Ich muß mich wohl nicht dafür entschuldi-
gen, keine schriftliche Rede vorbereitet zu haben. Ich
denke, das Thema ist wichtig genug. Ich hatte mich ei-
gentlich auf eine lebhafte Debatte gefreut.

Es geht heute immerhin darum, einen Minischritt aus
der Sackgasse der Pflegeversicherung gutzuheißen. Ich
möchte das ausdrücklich hervorheben, damit wir wenig-
stens dahin kommen, daß Tages- und Kurzzeitpflegeein-
richtungen in Zukunft zumindest bei der Stufe II und III
der Pflegeversicherung genauso wie stationäre Einrich-
tungen bezahlt werden.

Allerdings wäre schon ein wesentlich größerer Schritt
vonnöten. Wir stehen vor dem Beginn einer europawei-
ten Sozialunion. Dazu gehört auch, daß die Situation
von Menschen mit den verschiedensten Behinderungen,
die auf assistierende Begleitung angewiesen sind, we-
sentlich verbessert werden muß. Als erster Schritt wäre
das Sozialsystem insgesamt zu demokratisieren. Für
Deutschland heißt das, daß die Alleinherrschaft der Kas-
sen, unterstützt durch den MDK, also den Medizinischen
Dienst der Krankenversicherungen, und die Spitzenver-
bände der Pflegekassen, zu brechen ist und die Behin-
dertenorganisationen und andere Selbsthilfeorganisatio-
nen in die Organisation der assistierenden Begleitung
einzubeziehen sind.

Außerdem geht es darum, schnell den veralteten, aus-
schließlich somatisch definierten Pflegebegriff zu strei-
chen und durch einen Begriff zu ersetzen, der von be-
gleitender Assistenz in jeder Situation ausgeht. Nur dann
wird die Menschenwürde gewahrt, wenn man zum Bei-

*) Anlage 12

Dr. Edelbert Richter






(B)



(A) (C)



(D)


spiel auch im Zustand der Demenz ernst genommen und
nicht als reiner „Satt-und-sauber-Pflegefall“ betrachtet
wird.


(Beifall bei der PDS)

Ebenso müssen auch Geld- und Sachleistungen

endlich gleichgestellt werden. Es kann doch nicht sein,
daß jemand, der seine Assistenz selbst organisiert, we-
sentlich weniger Geld bekommt als jemand, der sich ir-
gendwelchen professionell betriebenen Pflegeeinrich-
tungen anvertraut, wo die Menschen häufig eher ver-
waltet als versorgt werden.

Deshalb ist die Debatte, die von dieser kleinen Geset-
zesänderung ausgeht, sehr wichtig. Ich kann Sie alle nur
einladen: Greifen Sie die Vorschläge der Behinderten-
und Selbsthilfeorganisationen auf! Lassen Sie uns an
diese Sache menschenwürdiger herangehen, indem wir
die Menschenrechte in den Mittelpunkt stellen! Dann
werden alle gemeinsam etwas davon haben, nicht nur
die, die unmittelbar betroffen sind, sondern auch die, die
die Arbeit leisten. Insgesamt wird die Gesellschaft da-
durch reicher. Ich bin gerne bereit, die Diskussion fort-
zuführen. Wir werden unsere Vorschläge demnächst in
kompakter Form einbringen. Ich denke, daß wir dann
alle zusammen etwas erreichen können, was für Men-
schen mit und ohne Behinderung von Vorteil ist.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit und wün-
sche mir, daß wir eine grundsätzliche Diskussion führen
werden.


(Beifall bei der PDS und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402530400
Ich schließe die
Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzentwur-
fes auf Drucksache 14/407 an die in der Tagesordnung
aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Der Haushalts-
ausschuß soll den Gesetzentwurf gemäß § 96 der Ge-
schäftsordnung erhalten. Gibt es anderweitige Vorschlä-
ge? – Das ist nicht der Fall. Dann ist die Überweisung so
beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 11 – den letzten für
heute – auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Kersten
Naumann, Eva-Maria Bulling-Schröter, Rolf
Kutzmutz und der Fraktion der PDS
Verlängerung der Pachtverträge für ehemals
volkseigene Flächen
– Drucksache 14/291 –

(feder-führend Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die Fraktion der PDS fünf Minuten erhält. – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kollegin Kersten Naumann, PDS. Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Der Kabinettsausschuß „Neue Länder“ hat in der gemeinsamen Sitzung mit dem Landeskabinett von Mecklenburg-Vorpommern am 17. Februar in Schwerin den Beschluß gefaßt – ich zitiere –: Inhaber von landwirtschaftlichen Betrieben können ab sofort bei der BVVG eine Verlängerung der Pachtverträge auf 18 Jahre beantragen. Diese Entscheidung stützt sich auf die gültige Treuhandrichtlinie von 1993, in der es hinsichtlich der Pachtdauer heißt: Sie beträgt bis zu 12 Jahre und kann verlängert werden. Die PDS stimmt den SPD-Agrarministern von Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg zu, die davon sprechen, daß dies ein wichtiges Signal für die Planungssicherheit der Landwirte ist, und damit die im PDS-Antrag gegebene Begründung unterstützen. Wir freuen uns darüber, daß die Regierungskoalition in diesem Falle bei ihrer politischen Linie aus der Zeit vor den Bundestagswahlen geblieben ist. (Karsten Schönfeld [SPD]: So machen wir das immer!)

Kersten Naumann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1402530500

(Karsten Schönfeld [SPD]: Sehr richtig!)


Denn es macht gerade im Zusammenhang mit den Aus-
wirkungen der Agenda 2000 sehr wohl etwas für den
Bauern, der handeln und investieren will, aus, ob er pla-
nungstechnisch über zwölf oder 18 Jahre Sicherheit ver-
fügt. Wir sehen in dieser Entscheidung einen Hoff-
nungsschimmer, um zu einer Lösung bei einem der
kompliziertesten Probleme der deutschen Einheit, der
Bodenfrage, zu kommen. Wir vermuten sogar, daß der
zu beratende PDS-Antrag diese Entscheidung beschleu-
nigt hat.

Die Bundesregierung hat jetzt grünes Licht gegeben.
Das ist die Voraussetzung für eine Vorwärtsbewegung.
Nun muß aber zügig durchgestartet werden. Für den
Start wird jedoch die notwendige Arbeitsanweisung an
die BVVG, die noch immer nicht vorliegt, von ent-
scheidender Bedeutung sein. Denn woher können wir
gewiß sein, daß an der nächsten Kreuzung nicht wieder
nach rechts abgebogen wird? Diese Gefahr ist sehr groß.
Unsere Sorge wird dabei durch Meldungen genährt wie
„Es wird keinen Automatismus geben“ und „Über weite-
re Kriterien wird derzeit nachgedacht“.

Natürlich ist es eine Selbstverständlichkeit, daß eine
Verlängerung der Pacht die Erfüllung der bisherigen
Pachtbedingungen und vor allem die ordnungsgemäßen
Pachtzahlungen voraussetzt. Wenn daran gedacht ist,
zum Beispiel weitere Regelungen über die umweltge-
rechte Bodennutzung aufzunehmen, dann findet das die

Dr. Ilja Seifert






(A) (C)



(B) (D)


Zustimmung der PDS. Wenn allerdings Klauseln beab-
sichtigt sind, durch die auf die bisherigen Pächter politi-
scher Druck ausgeübt werden soll, dann muß mit unse-
rem energischen Widerstand gerechnet werden.


(Beifall bei der PDS)

Die PDS fordert deshalb in Umsetzung ihres Antra-

ges, daß die „Arbeitsanweisung für die BVVG“ zum
Gegenstand der Beratung im Ernährungsausschuß ge-
macht wird. Wir mußten in der Vergangenheit oft die
Erfahrung machen, daß die Beschlüsse des Bundestages
auf dem Verwaltungswege mißachtet werden. Ich erin-
nere hier nur an den Streit um die Privatisierung von
Naturschutzflächen.

Die öffentliche parlamentarische Behandlung der
Pachtregelungen erscheint uns aus einem speziellen
Grund besonders dringlich. Nach Auffassung von Al-
brecht Wendenburg, dem stellvertretenden Vorsitzenden
der Arbeitsgemeinschaft für Agrarfragen, verstößt die
Pachtvertragsverlängerung gegen europäisches Gemein-
schaftsrecht. Zugleich fordert er jedoch, daß eine Pacht-
verlängerung ausschließlich das Ergebnis eines Kom-
promisses mit den früheren Eigentümern sein kann.
Aber die Bodenreform ist historisch anerkannt und ver-
brieftes Recht. Daran müssen wir, auch wenn es den
Alteigentümern nicht paßt, leider immer wieder erin-
nern.


(Beifall bei der PDS)

Sie ist Bestandteil eines Einigungsvertrages zweier deut-
scher Staaten.

Sowohl die alte als auch die neue Bundesregierung
haben das Bodenreformproblem in Brüssel nicht im Sin-
ne des Einigungsvertrages gelöst. Beide Bundesregie-
rungen gingen und gehen den Weg des geringsten Wi-
derstandes und lehnten bzw. lehnen eine Behandlung im
Ministerrat ab, obwohl klar ist, daß der Umgang mit der
Bodenreform eine Angelegenheit der deutschen Wieder-
vereinigung ist.

Das Thema der Pachtverlängerung ist nicht von dem
weiteren Umgang mit dem Entschädigungs- und Aus-
gleichsleistungsgesetz zu trennen. Was man dazu von
der Bundesregierung hört, erfüllt uns mit großer Sorge.
Diese Sorge wird durch die wieder zunehmenden Akti-
vitäten der Alteigentümer, nicht nur bezüglich der
Pachtverträge, verstärkt.

Meine Herren von der CDU/CSU, selbst Ihr sächsi-
scher Landwirtschaftsminister fordert inzwischen die
Bundesregierung auf, gegen die Entscheidung der
Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof zu kla-
gen. Wir geben dem SPD-Landwirtschaftsminister
Fritsch aus Brandenburg vorbehaltlos recht, der kurzfri-
stige Lösungen einfordert. Wir teilen seinen Standpunkt,
„qualifiziert, tragfähig und im Interesse der ostdeutschen
Bodennutzer“ zu handeln.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen deutlich machen, daß es
über alle Parteigrenzen hinweg Zustimmung zu unserem
Antrag und der inzwischen getroffenen Entscheidung
des Kabinettsausschusses „Neue Länder“ gibt. Mit Be-
dauern möchte ich äußern: Eigentlich wäre es notwen-

dig, heute sofort über diesen Antrag abzustimmen. Doch
angesichts der nur wenigen Abgeordneten, die hier sit-
zen, wäre das sicher unfair denjenigen gegenüber, die
nicht da sind, weil doch jeder von uns sagen können
soll: Ja, auch ich habe im Interesse der Bäuerinnen und
Bauern einer Verlängerung der Pachtverträge auf
18 Jahre zugestimmt.

Danke schön.

(Beifall bei der PDS)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402530600
Das Wort hat der
Kollege Karsten Schönfeld, SPD-Fraktion.


Karsten Schönfeld (SPD):
Rede ID: ID1402530700
Herr Präsident! Meine
Damen und Herren! Frau Kollegin Naumann, Sie haben
zu Recht auf die Entscheidung des Kabinettsausschusses
vom 17. Februar in Schwerin hingewiesen, daß die lang-
fristigen Pachtverträge für ehemals volkseigene Flächen
auf 18 Jahre verlängert werden sollen. Sie haben ebenso
zu Recht darauf hingewiesen, daß wir damit eine Forde-
rung aus der Zeit vor der Bundestagswahl in die Tat
umgesetzt haben. So sind wir von der SPD nun einmal:
Das, was wir versprechen, lösen wir dann, wenn wir da-
zu in die Lage versetzt werden, auch ein.


(Beifall bei der SPD)

In einem Punkt, Frau Naumann, haben Sie allerdings

nicht recht: Ich kann Ihnen sagen, daß gestern vom
Bundesfinanzministerium die entsprechende Anweisung
an die BVVG gegeben wurde,


(Beifall bei der PDS)

so daß die Behandlung des jetzigen Tagesordnungs-
punktes zwar wichtig ist, wir dazu aber keinen Beschluß
mehr fassen müssen.


(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die ziehen den Antrag zurück!)


Die Bundesregierung hat sehr schnell auf die von der
Europäischen Kommission geforderte Korrektur des
Flächenerwerbsprogrammes für die ostdeutsche Land-
wirtschaft reagiert. Der früheren Bundesregierung war
es nicht gelungen, der Europäischen Kommission in
Brüssel Sinn und Zweck des Flächenerwerbsprogram-
mes klarzumachen. Wir hatten bereits 1997 Bundes-
kanzler Kohl aufgefordert, wegen des zunehmenden
Widerstands der EU-Kommission gegen Teile des Flä-
chenerwerbsprogrammes tätig zu werden.

Die SPD ist immer dafür eingetreten, den landwirt-
schaftlichen Betrieben in Ostdeutschland die notwendige
Sicherheit für anstehende Investitionsentscheidungen zu
geben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die SPD-Bundestagsfraktion hat deshalb in der letzten
Legislaturperiode den Antrag gestellt, langfristige
Pachtverträge für ehemalige volkseigene Flächen auf

Kersten Naumann






(B)



(A) (C)



(D)


18 Jahre zu verlängern. Wir haben dies, wie schon ge-
sagt, in die Tat umgesetzt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Es ging ja immerhin um eine Nutzfläche von fast
1 Million Hektar. Betroffen sind vor allem die Länder
Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen-
Anhalt. Betroffen sind Wiedereinrichter, Neueinrichter
und – mit einem Anteil von mehr als 50 Prozent an den
langfristigen Verpachtungen – juristische Personen.

Ich denke, wir haben mit der Verlängerung der
Pachtverträge eine gute Entscheidung getroffen. Den
Betrieben – egal, welcher Eigentumsform – ist damit ei-
ne entsprechende Planungssicherheit ermöglicht worden.
Das trägt dazu bei, daß hier für die ostdeutschen land-
wirtschaftlichen Betriebe eine entsprechende Chancen-
gleichheit gegeben ist.

Dies ist ebenso ein geeignetes Mittel, die Bedenken
der EU-Kommission gegen den vergünstigten Flächen-
erwerb auszuräumen. Wichtig ist es jetzt, eine schnelle
Anpassung des Entschädigungs- und Ausgleichslei-
stungsgesetzes vorzunehmen, um endgültig auf die Be-
anstandungen aus Brüssel zu reagieren. Im Unterschied
zur abgewählten Kohl-Regierung wird die SPD-geführte
Bundesregierung alles tun, um auch weiterhin den
Landwirten in Ostdeutschland den Flächenerwerb zu
ermäßigten Preisen zu ermöglichen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich stelle abschließend fest: Die ostdeutsche Land-
wirtschaft kann sich auf die SPD und auf die neue Bun-
desregierung verlassen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Abg. Kersten Naumann [PDS] meldet sich zu einer Zwischenfrage)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402530800
Ich bitte um Ver-
ständnis, daß ich Ihre Zwischenfrage nicht zulassen
kann. Der Redner hat bereits das Rednerpult verlassen.

Das Wort hat jetzt der Kollege Gottfried Haschke,
CDU/CSU.


Gottfried Haschke (CDU):
Rede ID: ID1402530900

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Her-
ren! Langfristige Pachtverträge für Grund und Boden
wünscht sich jeder Bauer und jeder landwirtschaftliche
Unternehmer, um die notwendige Planungssicherheit für
seinen Betrieb zu haben. 80 Prozent langfristige Pacht-
verträge fordert jede Bank in den neuen Ländern im
Rahmen der Vergabe von Krediten für Investitionen in
der Landwirtschaft. Die Banken sind in der Regel mit
Pachtverträgen für 12 Jahre zufrieden.

Die Pachtflächen der Landwirtschaftsbetriebe bei uns
in den neuen Ländern setzen sich natürlich unterschied-
lich zusammen. Alle Betriebe bewirtschaften Privatflä-

chen. Nicht alle Betriebe hatten aber bisher Zugriff auf
Treuhandflächen, jetzt BVVG-Flächen genannt.


(Dr. Ilja Seifert [PDS]: Darüber reden wir ja!)

Es gibt nicht in jedem Dorf Treuhandflächen. Das ist
und bleibt ein Kritikpunkt der Bauern im Osten. Ich
spreche nicht nur für private Bauern. Auch juristische
Betriebe dürfen, wenn nötig, zusätzliche Flächen günstig
erwerben. Sie haben in ihrem Einzugsgebiet aber keine
und sind deshalb benachteiligt. Die Bauern klagen an
dieser Stelle über Chancenungleichheit.

Die Umstrukturierung der Landwirtschaft in den
neuen Bundesländern ist noch nicht ganz abgeschlossen,
obwohl dies verschiedentlich behauptet wird.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Wohl wahr!)

Ein Beispiel: Ein Junglandwirt, der seine Ausbildung
abgeschlossen und von seinem Großvater vielleicht 10,
20 oder 30 Hektar geerbt hat, hat zu wenig für den Be-
ginn. Wie soll er also beginnen, wenn er nicht von ir-
gendwoher weitere Flächen zupachten kann?

Das Pachtgeschehen ist in der Vergangenheit nicht
immer seriös gelaufen. Es ist ganz klar: Wer den Zugriff
hatte und Bescheid wußte, hat die Zeit genutzt und hat
daher jetzt Vorteile gegenüber dem, der zusätzliche Flä-
chen erwerben muß – zum Beispiel wenn er neu beginnt
– oder in einem Ort wohnt, in dem es keine Treuhand-
flächen gibt; dort muß dieser nämlich ganz andere Preise
bezahlen.

Es gibt im ganzen Pachtgeschehen der Vergangenheit
natürlich – auch das müssen wir an dieser Stelle, wenn
wir über Pachtverträge reden, erwähnen – Dinge, die un-
seriös und sittenwidrig gelaufen sind.


(Ulrich Heinrich [F.D.P.]: Hört! Hört!)

Zum Beispiel sind Pachtverträge mit einer Laufzeit von
25 Jahren mit unkundigen Personen, denen man dann
Versprechungen gemacht hat – manchmal zwischen
Tür und Angel –, abgeschlossen worden. Ich will nicht
sagen, daß diejenigen, die die Verträge angeboten
haben, nur Leute waren, die aus den neuen Bundes-
ländern kamen. Vielmehr kamen sie von überall her.
Das ärgert natürlich unsere Bauern in den neuen Bun-
desländern.

Deshalb möchte ich an dieser Stelle sagen: Es wäre
durchaus richtig, sich das gesamte Pachtgeschehen noch
einmal anzuschauen und dort, wo es notwendig ist, noch
etwas zu korrigieren; denn sonst ist die Situation für
Neuanfänger untragbar, und es wäre für manch einen
unmöglich, in der Zukunft zu bestehen.

Wir wissen auch, daß es für unseriöse Leute viele
Tricks gibt, um mit allen möglichen Mitteln jetzt beste-
hende Pachtverträge an sich zu ziehen. Ich glaube, hier
muß in erster Linie die BVVG aufpassen, daß das
Pachtland nicht den Leuten verlorengeht, die es am not-
wendigsten brauchen und die der Verlust am meisten
treffen würde, also den Bürgern aus den neuen Bundes-
ländern.

Karsten Schönfeld






(A) (C)



(B) (D)


Wir sind durchaus dafür, die Existenzsicherung zu
gewähren und den Betrieben bei Investitionen auf alle
Fälle die Pachtverträge zu verlängern.


(Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten der SPD)


Aber ich muß dazusagen: Dies darf nicht flächendek-
kend und hundertprozentig geschehen. Man muß sich im
Einzelfall anschauen, ob es sich bei einem Betrieb lohnt
oder nicht. Man muß natürlich auch solche Betriebe be-
rücksichtigen, die dringend aufgestockt werden müssen;
dabei müssen in erster Linie Neuanfänger bedacht wer-
den. Man muß verhindern, daß die Treuhandflächen in
unseriöse Hände gelangen.

Wir haben natürlich jetzt schon durch das Bürgerliche
Gesetzbuch die Möglichkeit, die Existenz zu sichern.
Aber ich muß ganz offen sagen: Unsere Bauern sind
natürlich noch sehr unkundig darin, sich das zu erstrei-
ten. Man kann ihnen die Flächen nicht so ohne weiteres
wegnehmen, wenn dann die Existenz des Betriebes nicht
mehr gewährleistet wäre. Wir haben aber schon eine
Möglichkeit: Nach dem „Bohl-Papier“ sind ehemals
volkseigene Flächen im Regelfall zwölf Jahre zu ver-
pachten. Es ist festgeschrieben, daß die Pächter das
Recht auf eine Verlängerung der Verträge haben, zum
Beispiel bei Investitionen. Eine neue gesetzliche Rege-
lung ist da praktisch nicht erforderlich. Darüber hinaus
ist im EALG auch festgelegt, daß Pächter Rückgabeflä-
chen, die für Alteigentümer in Frage kommen,
18 Jahre nutzen dürfen. Des weiteren hat der Einspruch
der Europäischen Union gegen das EALG nichts mit der
Verpachtung zu tun. Vielmehr wird der ermäßigte Ver-
kaufspreis der Flächen beanstandet, und die Begünsti-
gungen werden als Wettbewerbsverzerrungen angese-
hen. Schließlich wird, wie wir es hier gehört haben, die
langfristige Verpachtung auch von der neuen Regierung
unterstützt. Die CDU/CSU ist für längerfristige Ver-
pachtung, aber sie ist gegen die Verpachtung aller Flä-
chen über einen Zeitraum von 18 Jahren hinaus.

Ich glaube, Ökosteuergesetz, Steuerreform, Agenda
2000 gefährden unmittelbar die Existenz vieler Land-
wirtschaftsbetriebe.


(Beifall bei der CDU/CSU, der F.D.P. und der PDS)


Ich finde es unverantwortlich: Noch nie hat eine Regie-
rung so rücksichtslos gegen die Bauern in Deutschland
entschieden wie in diesen Tagen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402531000
Ich gebe das Wort
der Kollegin Steffi Lemke, Bündnis 90/Die Grünen.


Steffi Lemke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1402531100
Ver-
ehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen!
Frau Naumann, ich verstehe ja, daß bestimmte Klischees
sorgfältig gepflegt werden müssen, so beispielsweise das
der PDS als Retter der ostdeutschen Landwirtschaft.
Bloß, Sie müssen aufpassen: Wenn manche Prozesse
überholt sind, sollte man irgendwann auch einmal ein

Einsehen haben und beispielsweise diesen Antrag, der
inzwischen schlicht und einfach überholt ist, vielleicht
für erledigt erklären.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der CDU/CSU)


Die Aspekte, die Sie in Ihrem Antrag ansprechen,
sind ja nicht neu. Wir diskutieren hier im Bundestag und
auch in der Öffentlichkeit – mindestens in Ostdeutsch-
land – seit mehreren Jahren über einen Interessenaus-
gleich im ländlichen Raum der neuen Bundesländer. Ich
denke, daß wir uns in den nächsten Monaten vor allem
unter diesem Aspekt mit dem Entschädigungs- und Aus-
gleichsleistungsgesetz beschäftigen werden. Dazu eine
Aktuelle Stunde zu beantragen, das haben Sie leider
verpaßt, so daß ich denke, daß wir uns heute auf Ihren
Antrag beschränken sollten.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402531200
Frau Kollegin Lem-
ke, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Nau-
mann?


Steffi Lemke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1402531300
Aber
bitte.


Kersten Naumann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1402531400
Frau Lemke, erstens ist
das keine Aktuelle Stunde, und zweitens habe ich fol-
gende Bitte: Sind Sie von den Regierungsparteien bereit,
uns diese Anweisung kurzfristig zur Verfügung zu stel-
len? Wie ich von Herrn Schönfeld hörte, ist sie gestern
verabschiedet worden. Sollte sie den Anforderungen
entsprechen, die wir in unserem Antrag formuliert ha-
ben, dann sind wir auch bereit, diesen Antrag zurückzu-
ziehen.


(Beifall bei der PDS)



Steffi Lemke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1402531500
Ich
habe nicht gesagt, daß wir uns momentan in einer Aktu-
ellen Stunde befinden. Ich habe Sie darauf hingewiesen,
daß Sie es leider verpaßt haben, zum EALG eine Aktu-
elle Stunde zu beantragen. Aber damit habe ich kein
Problem.

Ich gehe davon aus, daß das Finanzministerium Ihnen
diese Arbeitsanweisung zur Verfügung stellen wird.


(Karsten Schönfeld [SPD]: Können Sie auch sofort kriegen, von mir!)


– Sie können sie auch auf kurzem Wege von Kollege zu
Kollegin bekommen. Dann können wir den Antrag heute
abend noch für erledigt erklären, und ich bekomme mei-
nen Zug noch. Aber Herr Heinrich möchte wahrschein-
lich auch noch das Wort ergreifen.

Zurück zur Lage, die ernst ist. Ich denke, wir haben
schon dadurch eine schwierige Situation für die ostdeut-
sche Landwirtschaft, daß die EU-Kommission das Ent-
schädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz in Frage
gestellt hat. Gerade deshalb war im Bereich der Flä-
chenverpachtung dringender Handlungsbedarf gegeben.

Gottfried Haschke (Großhennersdorf)







(B)



(A) (C)



(D)


Deshalb, Herr Haschke, haben wir uns nicht auf den
Weg einer Gesetzesänderung gemacht. Das ist in der Tat
nicht nötig, wie Sie angemerkt haben. Vielmehr haben
wir gesagt: Wir regeln das auf dem unbürokratischen,
einfachen Weg einer Arbeitsanweisung. Das reicht mo-
mentan völlig aus, da die gesetzlichen Grundlagen vor-
handen sind, aber bei der BVVG bisher eine etwas ande-
re Praxis üblich war. Hier wollten wir durch die Arbeits-
anweisung unterstützend eingreifen. Es ist uns ein sehr
wichtiges Ziel – wie wir es im Koalitionsvertrag verein-
bart haben –, den ostdeutschen Landwirtschaftsbetrieben
Planungssicherheit zu geben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der PDS)


Herr Haschke, es ist nicht richtig, daß das EALG und
die Verpachtung der Flächen nichts miteinander zu tun
hätten. Sie haben sehrwohl etwas miteinander zu tun,
weil durch die EALG-Entscheidung Verunsicherung
entstanden ist. Wir stehen jetzt vor einer Novellierung;
das heißt, diese Rechtsunsicherheit wird noch eine
Weile anhalten, ehe wir zu einer vernünftigen Lösung
kommen. Deshalb wollten wir wenigstens in diesem
Punkt ein Signal an die Öffentlichkeit, ein Signal an die
Betriebe, die momentan im Osten wirtschaften, geben:
daß wir sie unterstützen, daß sie sich auf die rotgrüne
Bundesregierung verlassen können.

Frau Naumann, Sie haben gesagt, die Bundes-
regierung hätte den Weg der Klage beschreiten sollen.
Ich halte das für den völlig falschen Weg. Wir hätten
uns in langwierige Rechtsstreitigkeiten mit der EU-
Kommission begeben. Weil wir befürchten müssen, daß
es letztendlich doch darauf hinausgelaufen wäre, ist es
vernünftig, im Einvernehmen zu einer Lösung zu kom-
men, die für alle Betriebe verträglich ist, und einen Aus-
gleich zwischen den Interessengruppen herbeizuführen.
Ein entsprechender Vorschlag wird momentan in den
Ministerien erarbeitet. Ich bin zuversichtlich, daß wir zu
einer vernünftigen Lösung kommen werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Zu den Pachtverträgen. Der Kollege Schönfeld hat
die Kernpunkte der Arbeitsanweisung schon dargestellt.
Sie sind der Öffentlichkeit seit der Konferenz in Schwe-
rin im wesentlichen bekannt. Ich denke, wir haben hier
eine sehr praktikable Lösung gefunden, indem man die
Bedenken, die auch von der CDU vorgetragen worden
sind, durchaus ernstgenommen hat. Es gibt keinen Au-
tomatismus in der Pachtverlängerung. Es wird geprüft,
ob der Pächter im Vorfeld korrekt gehandelt hat, das
heißt, ob er seiner Zahlungsverpflichtung nachgekom-
men ist. Er muß einen Antrag stellen; es gibt keine au-
tomatische Verlängerung der Pachtverträge. Das ist ein
deutliches Zeichen dafür, daß wir die Situation in Ost-
deutschland, wo die Betriebe nur 8 Prozent Eigenflächen
haben, ernst nehmen. Die Pachtsicherheit für die Betrie-
be, an die eine gewisse Kreditwürdigkeit gebunden ist,
wird verdeutlicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Die neue Regelung der Bundesregierung festigt die
Rechtsposition der jetzigen Pächter. Es wird jetzt bereits
vor dem Verkauf der Flächen die Verlängerung möglich
gemacht, die auch bisher schon möglich gewesen wäre.
Wir wollten die Praxis beschleunigen. Das wird jetzt
umgesetzt. Wenn uns die PDS in dieser Arbeit unter-
stützt, indem sie den Antrag zurückzieht, und wenn wir
dann im Agrarausschuß für andere, wichtige Diskussio-
nen mehr Zeit haben und auch hier im Plenum die wirk-
lich aktuellen Debatten der Landwirtschaft führen kön-
nen, dann freuen wir uns natürlich besonders.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402531600
Das Wort hat der
Kollege Ulrich Heinrich, F.D.P.


Ulrich Heinrich (FDP):
Rede ID: ID1402531700
Herr Präsident! Meine lie-
ben Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon eine sehr
delikate Diskussion, die hier geführt wird; denn es geht
nach meinem Dafürhalten auch sehr stark um Eigen-
tum. Es geht um das EALG, wo wir einen Verkaufs-
stopp haben, und es geht um die Entscheidung der Euro-
päischen Kommission. Die Bundesregierung hat nach
dem, was ich heute von Ihnen gehört habe, wohl nicht
die Absicht, dagegen Klage zu erheben, weil das aller
Voraussicht nach aussichtslos wäre. Ich teile diese Mei-
nung übrigens.

Trotz allem hat natürlich der Verkaufsstopp etwas mit
dem zu tun, was wir heute diskutieren. Ich wundere
mich besonders stark darüber, daß man – wie wir gerade
von der Kollegin Lemke gehört haben – mit der langfri-
stigen Verpachtung möglichst noch vor dem Verkauf
Fakten schaffen will. Wer es mit dem EALG wirklich
ernst meint, wer Wiedereinrichter, Neueinrichter zum
Zuge kommen lassen will, der darf natürlich nicht durch
langfristige Pachtverträge Fakten schaffen, so daß solche
Flächenerwerbsprogramme mehr oder weniger ins Leere
laufen.


(Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

Pacht kommt vor Kauf. Langfristige Pachtverträge

sind zu berücksichtigen. Ich möchte den Landwirt sehen,
der jetzt in ein Flächenerwerbsprogramm einsteigt. Bis-
her ist ja nur sehr wenig verkauft worden. Der Verkauf
war sehr schleppend. Der Stopp gilt seit Dezember, seit
der Entscheidung der Kommission. Seitdem ist über-
haupt kein Verkauf mehr getätigt worden. Wer jetzt ver-
sucht, mit der langfristigen Verpachtung Fakten zu
schaffen, der hält sehr wenig von Privatisierung.


(Beifall bei der F.D.P.)

Ich habe allergrößtes Interesse daran, daß die Privati-

sierung dieses BVVG-Landes ordentlich und in aller
Ruhe stattfinden kann. Deshalb meine ich, daß die Bun-
desregierung jetzt einen entsprechenden Gesetzentwurf
vorlegen sollte, der die Bedenken der Kommission aus-
räumt. Die Beihilfehöhe darf nicht über 35 Prozent hin-
aus angehoben werden; so sieht die Kommission es vor.
Vor allen Dingen muß auch die Stichtagsregel vom

Steffi Lemke






(A) (C)



(B) (D)


3. Oktober 1990 außer Kraft gesetzt werden. Das ist eine
klare Vorgabe.

Dementsprechend erwarte ich von der Bundesregie-
rung, daß sie einen Gesetzentwurf vorlegt. Ich unterstüt-
ze ihn. Ich plädiere auch für eine sehr zügige Beratung.
Wir wollen, daß das Flächenerwerbsprogramm sehr
schnell umgesetzt werden kann, damit die Möglichkei-
ten, Eigentum zu erwerben, geschaffen werden können,
die man mit dem Gesetzentwurf ursprünglich im Auge
hatte. Ich bin nicht bereit, einer Verlängerung zuzu-
stimmen. Offensichtlich kann eine solche auf dem Ver-
waltungswege erreicht werden. Da haben wir dann keine
Mitwirkungsrechte mehr. Wenn das so ist, dann müssen
wir das hinnehmen. Die Mehrheiten im Hause sind
ohnehin klar. Das muß ich nach den eben gehaltenen
Reden erneut zur Kenntnis nehmen.

An die Antragsteller der PDS gerichtet: Wir brauchen
keine neue Diskussion. Wir müssen über die neue
Eigentumsregelung nicht noch einmal nachdenken. Sie
ist im EALG geregelt. Darüber brauchen wir nicht neu
nachzudenken. Wir brauchen auch nicht über neue Mit-
wirkungsrechte der Bundesländer nachzudenken. Diese
Mitwirkungsrechte der Bundesländer, die über den Bun-
desrat eine Veränderung des ursprünglichen Gesetzent-
wurfs bewirkt haben, haben zu der Entscheidung der
Europäischen Kommission geführt. Das muß man sich
vergegenwärtigen.

Insofern halte ich das, was hier vorgesehen wird, für
eigentumsfeindlich. Mir wäre es lieber, wir könnten das
Flächenerwerbsprogramm fortsetzen und die notwendi-
gen Verpachtungen vornehmen, und zwar so, wie wir
das ursprünglich vorgesehen hatten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordne ten der CDU/CSU)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402531800
Das Wort für die
Bundesregierung hat der Staatsminister im Kanzleramt,
Rolf Schwanitz.


Rolf Schwanitz (SPD):
Rede ID: ID1402531900

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst
will ich mich bei dem Antragsteller bedanken, unabhän-
gig davon, ob das Haus entscheidet, daß der Antrag
vielleicht als erledigt anzusehen ist. Es ist aus der Sicht
der Bundesregierung schon ein außergewöhnliches und
ein erfreuliches Ereignis, wenn die Regierung, bevor die
Opposition ihre Wünsche formuliert und das Parlament
beschließt, den Vollzug melden kann.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Gregor Gysi [PDS]: Unser Antrag ist älter!)


Das ist schon ordentlich. Es ist selten; das gebe ich zu.
Ich will das aber erwähnen.


Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402532000
Herr Staatsminister,
gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten
Claus?


Rolf Schwanitz (SPD):
Rede ID: ID1402532100

Bitte schön.


Roland Claus (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1402532200
Herr Minister, ist Ihnen be-
kannt, daß dieser Antrag schon einmal vor drei Wochen
auf der vorläufigen Tagesordnung des Bundestages
stand und dessen Behandlung nur an einem Fristproblem
gescheitert ist? Das ist damals übrigens erstmals an ei-
nem Fristproblem gescheitert. Wir verzichten ansonsten
darauf, diese Dinge vorzuhalten. Ist es richtig, daß er
drei Wochen, bevor Sie nach Schwerin gekommen sind,
schon auf der Tagesordnung stand? Oder ist das falsch?


Rolf Schwanitz (SPD):
Rede ID: ID1402532300

Herr Kollege, das will ich gar nicht in Abrede stellen.
Sie können sicher sein, daß die Verlängerung der Pacht-
verträge, so wie die Bundesregierung das beschlossen
und angewiesen hat, kein Prozeß ist, den man in zwei
Tagen entscheidet. Sie können sicher sein, daß wir an
diesem Thema schon längere Zeit arbeiten.


(Beifall bei der SPD)

In der Tat ist die Verlängerung der Pachtverträge eine

Forderung, die uns nicht erst seit drei oder vier Wochen
bewegt;


(Zuruf von der PDS: Seit einem Jahr!)

die Antragsteller haben das in ihrem Antrag erwähnt.
Die Sozialdemokraten haben in der letzten Legislaturpe-
riode diesen Vorschlag vor dem Hintergrund des
Prüfverfahrens, das es in der EU gab, und der daraus
folgenden Verunsicherungen im ländlichen Raum in
Ostdeutschland gemacht. Ich erinnere mich noch sehr
gut daran, daß von der damaligen Koalition, der heuti-
gen Opposition, Stimmen kamen wie „völlig unnötig“,
„nicht realisierbar“ oder „nicht angebracht“.


(Heinrich-Wilhelm Ronsöhr [CDU/CSU]: Übrigens, der jetzige Landwirtschaftsminister hat das damals auch gesagt!)


Wenn Herr Haschke heute hier formuliert hat, die
Pachtverträge sollen verlängert werden, dann freue ich
mich darüber. Das zeigt mir, daß bei der neuen Opposi-
tion ein Stück Bewegung in das Thema gekommen ist.
Mich freut das sehr. In der Tat: Die Blockade ist vom
Tisch, wir haben das entschieden. Ich glaube, das tut der
Sache auch gut.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, es gibt in der Tat neuen
Handlungsdruck – das ist von verschiedenen Rednern
erwähnt worden –: Die Europäische Kommission hat am
20. Januar entschieden, daß das Flächenerwerbspro-
gramm nach dem EALG beanstandet wird, und zwar
im wesentlichen aus zwei Gründen. Zum einen wurde
die Regelung zur sogenannten Ortsansässigkeit – der
3. Oktober 1990 war der Stichtag – als Verstoß gegen
das Diskriminierungsverbot angesehen; zum zweiten
wurde der Umfang der Vergünstigungen, den es beim
Flächenerwerb in der alten Konstellation gab, vor dem
Hintergrund der zulässigen Beihilfehöhe beanstandet.

Ulrich Heinrich






(B)



(A) (C)



(D)


Deswegen sage ich ausdrücklich: Die Verlängerung
der Pachtverträge ist wichtig, sie ist das richtige Signal.
Denn selbstverständlich hat diese Entscheidung Verun-
sicherung bei den ostdeutschen Bauern verursacht. Wir
wollen diese Verunsicherung beseitigen und brauchen
deswegen eine klare Entscheidung mit unmittelbarem
Bezug auf diese Beanstandung.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der PDS)


Ich will noch zwei Hinweise zum Antrag geben, auch
wenn er sich vielleicht als erledigt herausstellen sollte.
Es ist im Begründungsteil des Antrages der Wunsch
enthalten, neue Pachtverträge abzuschließen. Meine
Damen und Herren von der PDS, ich bitte, diese Forde-
rung noch einmal sorgsam zu überlegen. Alle, die sich
mit der Materie in den letzten Jahren beschäftigt haben,
können eigentlich nur zu dem Schluß kommen, daß,
wenn man es politisch fördern würde, neue Pachtverträ-
ge abzuschließen, genau das Gegenteil von dem eintre-
ten würde, was wir eigentlich wollen, nämlich nicht zu
verunsichern und für Ruhe bei den Betroffenen zu sor-
gen. Es gäbe einen Aufschrei bei den ostdeutschen Bau-
ern, wenn man mit neuen Pachtverträgen die Pachtver-
hältnisse gestalten wollte.

Ein weiterer Punkt, der im Antrag steht, erscheint mir
völlig unangebracht; ich möchte ihn deswegen er-
wähnen. Es wird gefordert – auch der Kollege von der
F.D.P. hat darauf hingewiesen –, daß der Privati-
sierungsumfang bei dieser Gelegenheit noch einmal
überdacht werden solle. Ich sage für die Bundesre-
gierung ganz klar: Wir wollen die Privatisierung. Ich
bin übrigens fest davon überzeugt: Die ostdeutschen
Bauern wollen den Erwerb der Fläche; sie wollen nicht
im Pachtverhältnis verbleiben. Das ist ganz ent-
scheidend. In dieser Frage, meine Damen und Herren
von der Opposition, liegt Ihr Antrag völlig neben der
Erwartungshaltung der ostdeutschen Bauern. Ich glau-
be, Sie müssen noch einmal kritisch auf das Papier
schauen.

Wir werden eine sorgsame Analyse der Beanstandun-
gen der EU-Kommission vornehmen.


(Abg. Manfred Grund [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


– Herr Grund, ich stehe gleich zur Verfügung. – Wir
werden die beiden tragenden Säulen, die beim EALG
und beim Flächenerwerbsprogramm, das wir 1994 ver-
abschiedet haben, inhaltlich bestimmend waren, nämlich
auf der einen Seite die Gewährung von Ausgleichslei-
stungen in Kombination mit einem begünstigten Flä-
chenerwerb und auf der anderen Seite die Chancen-
gleichheit der ostdeutschen Bauern, bei der Neuregelung
zur Geschäftsgrundlage machen. Ich bin sicher, daß das
bei den ostdeutschen Bauern auf breite Zustimmung sto-
ßen wird. Wir werden zügig handeln, so daß auch das
Thema Verkaufsstopp – da bin ich zuversichtlich – in
absehbarer Zeit vom Tisch kommt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402532400
Zu einer Zwischen-
frage der Kollege Grund.


Manfred Grund (CDU):
Rede ID: ID1402532500
Danke schön, Herr
Kollege Schwanitz. – Das war eigentlich meine Fra-
ge. Sie hatten zu Recht gesagt, die ostdeutschen Bauern
wollen nicht im Pachtvertrag, auch nicht im lang-
fristigen, verbleiben. Vielmehr besteht ein großes In-
teresse, Flächen zu erwerben. Bis wann wird die Bun-
desregierung etwas vorlegen, das es den Bauern er-
möglicht, zu erwerben und nicht im Pachtvertrag zu ver-
bleiben?


Rolf Schwanitz (SPD):
Rede ID: ID1402532600

Sie können davon ausgehen, daß wir an der Materie zü-
gig arbeiten. Zur Zeit befinden wir uns in bezug auf den
Entwurf in der Ressortabstimmung. Wir werden das
selbstverständlich bald angehen und das Parlament da-
mit befassen; denn wir haben ein gemeinsames Interesse
daran, daß die beanstandete Regelung wieder in ein üb-
liches Verfahren hineingenommen wird und eine Beru-
higung derjenigen erfolgt, die durch langfristige Pacht-
verträge gesichert sind, und wir in der Tat zum Flächen-
erwerb zurückkehren können.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402532700
Gestatten Sie eine
weitere Zwischenfrage, diesmal von der Kollegin Nau-
mann?


Rolf Schwanitz (SPD):
Rede ID: ID1402532800

Bitte schön.


Kersten Naumann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1402532900
Ich weiß nicht, von wel-
chem Antrag Sie sprechen. In unserem Antrag ist nicht
von neuen Pachtverträgen die Rede.


(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch, letzter Absatz!)


Darin geht es ausschließlich um die Verlängerung. Die-
ser Antrag ist der Antrag von vor drei Wochen, er sagt
nichts zu neuen Pachtverträgen. Möchten Sie ihn sehen?

Der Beschluß steht am Anfang: „Der Bundestag
wolle beschließen:“


(Zuruf von der SPD)

– Er sprach von dem, was wir fordern. Das steht aber
nicht in dem Beschluß, und auf ihn beziehen wir uns.
Ich meine die Verlängerung der Pachtverträge auf
18 Jahre.


Rolf Schwanitz (SPD):
Rede ID: ID1402533000

Manchmal tut die Regelung des Bundestages, daß die
Begründung nicht mit beschlossen wird, auch der Ge-
schäftslage gut. Das trifft auch für Ihren Antrag zu. Im
letzten Absatz der Begründung sprechen Sie von neuen

Staatsminister Rolf Schwanitz






(A) (C)



(B) (D)


Pachtverträgen. Ich habe das gelesen, weil ich auch Ihre
Begründung lese. Insofern glaube ich, daß auch die Be-
anstandung richtig ist.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID1402533100
Liebe Kolleginnen
und Kollegen, ich schließe die Aussprache. Interfraktio-
nell wird die Überweisung der Vorlage auf Drucksache
14/291 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse

vorgeschlagen. Sie sind damit einverstanden? Dann ist
die Überweisung so beschlossen.

Wir sind damit am Schluß unserer Tagesordnung. Ich
danke Ihnen, daß Sie bei dieser Debatte so lange ausge-
harrt haben. Ich wünsche nunmehr Ihnen allen im Ple-
num, auf der Tribüne und in der Lobby ein schönes
Wochenende.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf Mittwoch, den 17. März 1999, 13 Uhr ein.

Die Sitzung ist geschlossen.