Gesamtes Protokol
Guten Morgen, liebeKolleginnen und Kollegen! Die Sitzung ist eröffnet.Auf der Ehrentribüne haben der Präsident der unga-rischen Nationalversammlung, Dr. János Áder, undseine Delegation Platz genommen.
Ich begrüße Sie, Herr Präsident, und die Sie begleiten-den Vertreter der ungarischen Nationalversammlungauch von diesem Platz aus noch einmal ganz herzlich imNamen aller Kolleginnen und Kollegen des DeutschenBundestages, nachdem Sie schon gestern etliche Abge-ordnete kennengelernt haben. Herr Präsident, es ist unseine große Freude, Sie und Ihre Begleitung zu einem of-fiziellen Besuch zu Gast zu haben.Der Deutsche Bundestag mißt den traditionell freund-schaftlichen, ja herzlichen Beziehungen unserer Länderund unserer Parlamente insbesondere bei der Gestaltungder gemeinsamen europäischen Zukunft große Bedeu-tung bei. Wir verfolgen mit Interesse die Entwicklung inIhrem Land und freuen uns, daß Ungarn nicht nur großeFortschritte auf dem Weg zur EU-Beitrittsfähigkeitmacht, sondern schon in diesem Monat unser Partner imNordatlantischen Bündnis sein wird.Ihr Land hat wesentlichen Anteil an der Überwindungder trennenden Grenzen in Europa und an der Öffnungder Grenzen und ermöglichte damit die deutsche Ein-heit. Dieser Beitrag wird uns dauerhaft unvergeßlichbleiben.
Deswegen, Herr Präsident, ist Ihr Besuch gerade im Jahr1999, zehn Jahre nach der friedlichen Revolution, vonbesonderem Gewicht. Für diese Geste bedanken wir unsganz herzlich. Seien Sie uns willkommen!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, zunächst möchteich zwei amtliche Mitteilungen verlesen: Zwei vomDeutschen Bundestag bereits gewählte stellvertretendeMitglieder der CDU/CSU-Fraktion im Beirat der Regu-lierungsbehörde für Telekommunikation und Post sollengetauscht werden. Die Kollegin Renate Blank soll per-sönliche Stellvertreterin des Kollegen Dr. Martin Mayer
und der Kollege Dr. Michael Meister
persönlicher Stellvertreter des Kollegen Ulrich Adamwerden. Sind Sie damit einverstanden? – Ich höre keinenWiderspruch. Dann ist so beschlossen.Aus dem Stiftungsrat der „Stiftung zur Aufarbeitungder SED-Diktatur“ scheidet die Kollegin Simone Probstals stellvertretendes Mitglied aus. Die Fraktion Bündnis90/Die Grünen schlägt als Nachfolger den KollegenChristian Ströbele vor. Sind Sie damit einverstanden?– Ich höre keinen Widerspruch. Damit ist der KollegeChristian Ströbele als stellvertretendes Mitglied in denStiftungsrat gewählt.Interfraktionell ist vereinbart worden, die verbundeneTagesordnung um die Ihnen in einer Zusatzpunktlistevorliegenden Punkte zu erweitern: ZP2 Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen SPD undBÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs einesSteuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 – Drucksachen14/23, 14/442, 14/443, 14/466 – ZP3 Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren
a) Erste Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Ge-setzes zur Änderung des DNA-Identitätsfeststellungs-gesetzes – Drucksache 14/445 –b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Marlies Pretzlaff,Klaus-Jürgen Hedrich, Dr. Norbert Blüm, weiterer Abge-ordneter und der Fraktion der CDU/CSU5 Jahre nach Kairo: Umsetzung der Beschlüsse der Kon-ferenz der Vereinten Nationenen zu Weltbevölkerung undEntwicklung 1994 – Drucksache 14/446 – ZP4 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der PDS: Hal-tung der Bundesregierung zu dem am 11. Februar 1999veröffentlichten Bericht des Ausschusses für wirtschaftli-che, soziale und kulturelle Rechte der Vereinten Nationenzur Verletzung des internationalen Paktes für wirtschaft-liche, soziale und kulturelle Rechte durch die Bundesre-publik DeutschlandWeiterhin ist vereinbart worden, den Tagesordnungs-punkt 4 – Debatte anläßlich des Internationalen Frauen-tages – unmittelbar nach der Beratung des Steuerentla-stungsgesetzes und noch während der Kernzeit aufzuru-fen.
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1898 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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Der Antrag der Fraktion der CDU/CSU zur Hand-lungsfähigkeit der Nordatlantischen Allianz soll abge-setzt werden.Außerdem weise ich auf eine nachträgliche Aus-schußüberweisung im Anhang zur Zusatzpunktliste hin:Der in der 21. Sitzung des Deutschen Bundestages überwie-sene nachfolgende Antrag soll nachträglich dem Ausschuß fürAngelegenheiten der neuen Länder zur Mitberatung überwie-sen werden.Antrag der Abgeordneten Hans Martin Bury, Ernst Schwan-hold, Klaus Barthel, weiterer Abgeordneter und der Fraktionder SPD sowie der Abgeordneten Werner Schulz ,Margareta Wolf (Frankfurt) und der Fraktion BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN Förderung der Luftfahrttechnologie– Drucksache 14/395 –
richt des Finanzausschusses
– Drucksachen 14/442, 14/443 –Berichterstattung:Abgeordnete Detlef von LarcherHansgeorg HauserKlaus Wolfgang Müller
Carl-Ludwig ThieleHeidemarie Ehlert
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!Gestern hat der Deutsche Bundestag den Einstieg in dieökologische Steuer- und Abgabenreform beschlossen.Der Kollege Ernst Ulrich von Weizsäcker hat diesenEinstieg als historisch bezeichnet.
Ich möchte heute noch einmal feststellen, daß dieserhistorische Einstieg dem Willen vieler Menschen inDeutschland entspricht. Viele Menschen teilen unsereAuffassung: Die Arbeit muß entlastet werden, der Um-weltverbrauch muß stärker belastet werden. Den erstenSchritt haben wir getan. Wir werden diese wichtige Re-form fortsetzen.
Heute verabschieden wir einen Gesetzentwurf, dervor allen Dingen die Leitidee beinhaltet, mehr Steuer-gerechtigkeit in Deutschland herzustellen und Arbeit-nehmer und Familien zu entlasten. Wenn wir uns dieSteuerpolitik der letzten Jahre vergegenwärtigen, danndürfen wir nicht übersehen, daß insbesondere im Zugeder Entscheidung, den Aufbau Ost über die Sozialversi-cherungsbeiträge zu finanzieren, Arbeitnehmer und Fa-milien in diesem Lande überproportional belastet wor-den sind. Wir dürfen auch nicht vergessen, daß in denletzten Jahren die Unternehmen – es ist notwendig, dasheute einmal zu sagen – in der Summe um 50 MilliardenDM entlastet worden sind, mit dem Versprechen, daßdadurch die Arbeitslosigkeit abgebaut werde. Auf deranderen Seite haben alle wissenschaftlichen Instituteermittelt, daß insbesondere die Arbeitnehmer und dieFamilien überproportional belastet waren.Das Bundesverfassungsgericht hat zuletzt festgestellt,daß die Familien in Deutschland in den letzten Jahren zuwenig gefördert worden sind, daß den Familien pro Jahr– das muß man immer wieder sagen – durch die Regie-rung Kohl 20 Milliarden DM vorenthalten wurden. Die-ses Gesetz korrigiert diesen Irrweg der deutschen Steu-erpolitik in den letzten Jahren.
Wenn nach Verabschiedung dieses Gesetzes einedurchschnittliche Arbeitnehmerfamilie um 2 500 DMentlastet wird, dann mag das für den einen oder anderen,der in solchen Zahlen nicht mehr denken kann, zwarwenig bedeuten. Wenn man sich aber vergegenwärtigt,daß eine Verkäuferin in diesem Lande manchmal gerade2 000 DM netto in der Tasche hat, dann erkennt man,daß die steuerliche Entlastung für Arbeitnehmer und fürFamilien um 2 500 DM sehr viel bedeutet; deshalb wirddiese Steuerreform von der großen Mehrheit des Volkesbegrüßt und von uns beschlossen.
Sie haben die Unternehmen in den letzten Jahren um50 Milliarden DM – so die Berechnungen verschiedenerPräsident Wolfgang Thierse
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Finanzverwaltungen der Länder – entlastet, weil Sie derAuffassung waren, daß dadurch mehr Arbeitsplätze ent-stehen würden und die Arbeitslosigkeit abgebaut würde.Das mag in guter Absicht geschehen sein. Aber Siemüssen heute einfach bereit sein, Zahlen zur Kenntniszu nehmen. Die Zahlen sagen Ihnen, daß Sie in diesemLand überproportional in eine Richtung umverteilt unddas gewünschte Ziel, den Abbau der Arbeitslosigkeit,nicht erreicht haben. Deshalb muß die Steuerpolitik kor-rigiert werden.
Wir haben zunächst das Vorläufergesetz verabschie-det, das den Eingangssteuersatz von 25,9 Prozent auf23,9 Prozent gesenkt hat. Wir haben den Grundfreibe-trag auf 13 000 DM und das Kindergeld für Erst- undZweitkinder auf 250 DM im Monat erhöht. Die heutigeBeschlußfassung wird dazu führen, daß der Grundfrei-betrag in zwei Schritten, zum 1. Januar 2000 und zum 1.Januar 2002, auf 14 000 DM erhöht wird. Der Eingangs-steuersatz wird ebenfalls in zwei Schritten auf 19,9 Pro-zent abgesenkt. Die Senkung des Spitzensteuersatzes er-folgt in zwei Schritten auf 48,5 Prozent. Parallel dazuwird der Höchststeuersatz für gewerbliche Einkünftezunächst auf 43 Prozent abgesenkt. Der Körper-schaftsteuersatz wird ebenfalls zunächst auf 40 Prozentzurückgeführt.Um diese Sätze finanzieren zu können, mußten wireinen großen Teil der Steuersubventionen verändern undteilweise ganz streichen. Wir waren uns darüber im kla-ren, daß eine solch schwierige Aufgabe auf erheblicheWiderstände stoßen würde und daß die jeweils Betroffe-nen massiv gegen die Streichung von Subventionenprotestieren würden.Aber, meine Damen und Herren, ich will Ihnen ein-mal aus einem Brief vorlesen, der mich als Privatmannkürzlich erreicht hat. Die Berliner Bank AG schreibtmir: Wir bieten Ihnen einen Fonds an; und in diesemFonds wird Ihnen eine Verlustzuweisung von insgesamt225 Prozent bezogen auf die Bareinlage eingeräumt. –Das ist das Ergebnis der Steuerpolitik der letzten Jahre,die Sie zu verantworten haben, die unter keinem Ge-sichtspunkt mehr zu rechtfertigen ist und die deshalb ge-ändert werden muß.
Natürlich sind alle diejenigen, die in großem Umfangvon solchen Steuersparmodellen Gebrauch gemachthaben, jetzt enttäuscht darüber, daß diese Möglichkeiten,zu Lasten der Allgemeinheit Vermögen aufzubauen,jetzt nicht mehr bestehen oder deutlich reduziert werden.Das verstehe ich völlig. Wir haben immer wieder gesagt:Wer legal Steuersparmodelle in Anspruch nimmt, demkann man im Grunde genommen keinen Vorwurf ma-chen. Es waren politische Entscheidungen, die dieseMöglichkeiten eingeräumt haben. In den letzten Jahrenwar aber im Volk als Grundtenor zu hören, wenn manihn denn hören wollte, daß die Menschen glaubten, esgehe nicht mehr gerecht in diesem Lande zu. DiesesSteueränderungsgesetz stellt mehr Steuergerechtigkeither; das war in Deutschland auf Grund der Entwicklun-gen der letzten Jahre dringend notwendig.
Arbeitnehmer und Familien werden um über 20 Mil-liarden DM entlastet. Das ist ein notwendiger Schritt.Ich erinnere noch einmal alle diejenigen, die das Maßverloren haben, daran, daß die Unternehmen in denletzten Jahren um 50 Milliarden DM entlastet wordensind. Wer angesichts dieser Zahlen etwa von leichtferti-ger Nachfragestützung oder von Ideologie spricht, derist selbst geblendet. Wer es für richtig hält, Unterneh-men um 50 Milliarden DM zu entlasten, aber dann vonIdeologie oder von einem Irrweg spricht, wenn man dieArbeitnehmer und Familien um über 20 Milliarden DMentlastet, der hat jedes Maß und jeden Sinn für Steuerge-rechtigkeit in diesem Lande verloren.
In diesem Gesetz haben wir eine Entlastung des Mit-telstandes in Angriff genommen.
– Sie nennen sich immer Mittelstandspartei, sind auchganz stolz darauf und schreiben sich selbst die Fähigkeitzu, Mittelstand und Handwerk unterstützen zu können.Aber Sie haben es vielleicht gar nicht gemerkt, daß dieSteuerpolitik der letzten Jahre überproportional denGroßunternehmen zugute gekommen ist. Aber dieHandwerker und Mittelständler im Lande haben es ge-merkt und beschweren sich immer wieder über dieseEntwicklung.
Insofern ist Ihr Lachen durchaus ein Beleg für den Irr-weg Ihrer Steuerpolitik. Der Mittelstand wird nach denBerechnungen der Institute – auf die berufe ich mich,weil Sie mir sonst Parteilichkeit unterstellen könnten –deutlich um über 3 Milliarden DM entlastet.
Im Grunde genommen haben wir die Ausgangssitua-tion noch verbessert, indem wir teilweise Korrekturenauch an Tatbeständen vorgenommen haben, die in IhremSteueränderungsgesetz, das ja ebenfalls dem DeutschenBundestag zur Beschlußfassung vorgelegen hat, denMittelstand benachteiligt hätten. Ich nenne als Beispielnur einmal den Verlustvortrag und -rücktrag. SchauenSie in Ihr eigenes Gesetz, statt zu versuchen, die Men-schen an dieser Stelle zu täuschen. Wir haben deutliche-Bundesminister Oskar Lafontaine
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re Verbesserungen für den Mittelstand beschlossen, alsSie es in Ihrem Gesetz vorgesehen hatten.
Nehmen Sie die Frage der Freibeträge bei Veräuße-rungsgewinnen: Wir haben auf Grund der Diskussionenmit den Verbänden der Wirtschaft die Freibeträge beste-henlassen, weil wir uns davon überzeugen ließen, daßdiese Steuersubvention gerade beim Betriebsübergangnach wie vor wirtschaftlich begründbar ist. Die Veräu-ßerungsgewinne werden insoweit wie bisher steuerlichbegünstigt behandelt. Auch hier kommen wir auf Grundder Diskussionen den Verbänden der Wirtschaft entge-gen.Nehmen Sie die Ansparabschreibung: Ich weiß –vielleicht wissen Sie es auch noch – aus den vielen Ver-handlungen der letzten Jahre, daß wir sie zunächst gegenIhren Widerstand durchgesetzt haben. Die Ansparab-schreibung sollte nach den vielen Katalogen, die zurKürzung der Steuersubventionen vorgelegen haben, ge-strichen werden. Wir sind auch hier den mittelständi-schen Betrieben und den Kleinbetrieben entgegenge-kommen. Die Ansparabschreibung bleibt erhalten.Nehmen Sie die Teilwertabschreibung: Hier habenwir die Kritik aus der Wirtschaft aufgenommen. DieTeilwertabschreibung – ich stelle das noch einmal klar –war in Ihrer Vorlage nicht vorgesehen. Ich habe daseinmal fälschlicherweise anders gesagt, weil ich es an-ders in Erinnerung hatte. Wir haben die Kritik aufge-nommen und die Teilwertabschreibung deutlich zugun-sten des Mittelstandes korrigiert, weil die Argumente,insbesondere aus den Buchverlagen, aus der Textilindu-strie und aus dem Einzelhandel, schlicht und einfachüberzeugend waren. Deshalb wurde die Teilwertab-schreibung im Gesetzesverfahren korrigiert.
Wir haben eine Reihe von Tatbeständen, die einzelneBerufsgruppen betroffen haben, zugunsten dieser Be-rufsgruppen als Steuersubvention erhalten. Das ist sy-stematisch nicht in Ordnung. Wir haben aber geglaubt,etwa bei selbständigen Lehrern, bei Beiträgen für Privat-schulen, beim Kantinenessen usw., den Gruppen Rech-nung tragen zu sollen, die uns angeschrieben und gesagthaben, daß der Abbau dieser Subventionen sie über Ge-bühr belasten würde.Aber da wir hier schon über die Steueränderungsge-setze reden, möchte ich noch einmal in Erinnerung ru-fen, daß diese Steueränderungsgesetze auch schlimmeFehlentwicklungen in bezug auf die Arbeitnehmerschaftkorrigieren, weil Sie ein ganz anderes Gesetz beschlie-ßen wollten. Sie wollten die Nacht- und Schichtarbeitbesteuern. Wir haben vor den Wahlen versprochen, daßdas nicht in Frage kommt, weil die Busfahrer, die Fach-arbeiter und die Krankenschwestern nicht die Verliererder Steuerreform werden sollten. Wir sind stolz darauf,daß unser Reformgesetz dieses Versprechen einlöst.
Sie wollten den Arbeitnehmerpauschbetrag halbieren.Damit wollten Sie die Arbeitnehmerschaft in großemUmfang steuerlich stärker belasten. Wir haben es ange-sichts der Tatsache, daß die Steuern in den letzten Jah-ren die Arbeitnehmerschaft überproportional belastethaben, nicht für vertretbar gehalten, diese Steuersub-vention abzubauen.Sie wollten die Kilometerpauschale deutlich redu-zieren, obwohl Sie doch wissen, daß gerade in einemZeitalter, in dem jeder Flexibilität und Mobilität fordert,auch die Anfahrtswege der Arbeitnehmerschaft mit demprivaten Pkw, insbesondere in ländllichen Gebieten,durchaus steuerlich begünstigt werden sollten. Wir er-halten die Kilometerpauschale, weil wir keine unzumut-baren Belastungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeit-nehmer wollen, die einen langen Anfahrtsweg zu ihrerArbeitsstelle haben.
– Sie haben gestern hier den Vorschlag gemacht, wirsollten sie in eine Entfernungspauschale umwandeln.Mir ist nur aufgefallen, daß Sie vergessen haben, eineZahl zu nennen.
– 70 Pfennig; das ist gut. Dann sagen Sie noch dazu,wieviel das insgesamt kostet und wie das finanziert wer-den soll. Das ist typisch F.D.P. Wer heute bei einemstrukturellen Defizit von 30 Milliarden DM im Bundes-haushalt noch weitere Geschenke fordert und nicht sagt,wie sie finanziert werden sollen, ist unglaubwürdig undkann in einer solchen Debatte im Grunde genommennicht ernst genommen werden.
Herr Kollege La-
fontaine, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen
Solms?
Selbstverständlich, Herr Kollege Solms. Vielleicht sagen
Sie mir ja, wie das Ganze finanziert werden soll.
Herr Kollege
Lafontaine, wenn Ihnen unser Gesetzentwurf vorgelegt
worden wäre, hätten Sie ihm entnehmen können – des-
wegen frage ich Sie, ob Sie das jetzt zur Kenntnis neh-
men wollen –, daß unser Vorschlag dadurch aufkom-
mensneutral ist, daß es bei der 70-Pfennig-Regelung
bleibt, auch für andere Verkehrsmittel als Automobile,
daß die Kilometerpauschale allerdings erst bei einer Ent-
fernung von über 10 Kilometern gewährt wird.
Das ist keine Antwort, Herr Kollege Solms.Bundesminister Oskar Lafontaine
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Dadurch wird es
aufkommensneutral.
Das ist schlicht und einfach falsch. Schauen Sie sich dasnoch einmal an. Wenn Sie sagen, daß Sie 70 Pfennigwollen, dann ist das nicht aufkommensneutral, sondernschlicht und einfach falsch.
Wir können das ja klären. Wir haben diese Modelle nachallen Richtungen diskutiert. Wenn Sie eine Entfernungs-pauschale in dieser Form vorschlagen und den Eindruckerwecken, daß sie für einen großen Teil der Arbeitneh-merinnen und Arbeitnehmer in den Städten usw. nicht inFrage kommt, dann müssen Sie das auch dazusagen unddeutlich machen, wieviel Prozent der Arbeitnehmer Sieausschließen. Das ist dann eine andere Debatte.Ich habe Ihrem Antrag entnommen, daß Sie eine Ent-fernungspauschale einführen wollen. Das ist durchausrichtig. Wenn Sie aber jetzt sagen, daß Sie einen Teil derArbeitnehmerschaft wieder herausnehmen, dann ist dasnicht die Entfernungspauschale, über die wir immer ge-sprochen haben. Wir sind aber gerne bereit, mit Ihnenweiter darüber zu debattieren.
Nachdem ich etwas zu den Arbeitnehmern und ihrenFamilien gesagt habe, möchte ich noch betonen, daß dieEntlastung von 2 500 DM natürlich nicht das Ende seinkann. Denn das Bundesverfassungsgericht hat uns auf-getragen, die Familien noch besserzustellen, als es durchdie 2 500 DM jetzt vorgesehen ist. Das wirft natürlichdie Frage auf, wie dieser Auftrag des Bundesverfas-sungsgerichtes angesichts der Haushaltsentwicklung er-füllt werden kann. Wir müssen darauf hinweisen, daßdavon nicht nur der Bund, sondern auch die Länder be-troffen sind.Deshalb brauchen wir an dieser Stelle eine sachlicheund ehrliche Debatte. Wir werden sorgfältig zu prüfenhaben, zu welchem Mittel wir greifen werden, um die-sen Auftrag des Bundesverfassungsgerichtes zu erfüllen.Ich halte – soviel möchte ich dazu sagen – Ansätze fürrichtig, die davon ausgehen, daß alle Leistungen für dieFamilien auf eine brauchbare und sinnvolle Weise zu-sammengeführt werden sollen.Aber eines bleibt: Wir sind durch das Verfassungsge-richt in einem nicht erwarteten Umfang bestätigt wor-den. Wir haben gegen viele Widerstände gesagt: DieFamilien werden in diesem Lande viel zu schlecht ge-stellt. Wir haben in dem vorliegenden Gesetzentwurf miteiner Entlastung der Familien in Höhe von 2 500 DMeinen ersten Schritt zur Verbesserung der Situation derFamilien getan. Das Verfassungsgericht sagt: Das istnicht ausreichend. Wir halten es für richtig, die Familienin diesem Lande weiter zu stärken.
Denn es ist unbestreitbar, daß die Familien in den letztenJahren die Verlierer der Gesetzgebung waren, die Sie zuverantworten haben, obwohl Sie sich in vielen pro-grammatischen Aussagen immer wieder dazu bekannthaben, die Familien zu fördern.Ich habe vorhin davon gesprochen, daß die Wirtschaftin den letzten Jahren um 50 Milliarden DM entlastetworden ist. Ich ergänze dazu, daß nach Berechnungendes Bundesarbeitsministeriums beispielsweise als Folgeder Streichung der Lohnfortzahlung und der Streichungdes Kündigungsschutzes im Rahmen der Tarifverträgeweitere Entlastungen in Höhe von 15 Milliarden DM fürdie Unternehmen eingetreten sind. Sie selbst haben im-mer wieder davon gesprochen.Wenn man dies alles saldiert, dann weiß man, in wel-chem Umfang in den letzten Jahren Steuerentlastungenzugunsten der Unternehmen durchgeführt worden sind.Ich will im Hinblick auf die bestehende Debatte fest-stellen: Wer die aktuelle Belastung der großen Unter-nehmen und Körperschaften, die auch nach Ihrem Ge-setzentwurf belastet worden wären, wie in den Unterla-gen nachzulesen ist, kritisiert und verschweigt, in welchgroßem Umfang sie in den letzten Jahren entlastet wor-den sind, der leistet keinen sachlich akzeptablen Beitragzur Steuerdebatte. Denn eines muß ich ganz klar sagen:Es kann nicht sein, daß wir zulassen, daß nur noch dieArbeitnehmer – weil sie keine Gewinnverlagerung,Kontenverlagerung oder Wohnsitzverlagerung vorneh-men können – die Steuerzahler in unserem Staate sindund sich alle anderen der Steuerzahlung entziehen. Dasist eine Entwicklung, die wir auf keinen Fall akzeptie-ren.
Deshalb ist es völlig richtig, wenn die größeren Un-ternehmen sagen, daß sie durch unseren Gesetzentwurfstärker belastet werden. Dies ist vertretbar, weil wir eineganze Reihe von Faktoren heranziehen können, um die-sen Sachverhalt zu begründen. Zunächst hatte ich daraufhingewiesen, daß die Steuerquote in Deutschland imVergleich zu den übrigen Staaten Europas am niedrig-sten ist. Außerdem hatte ich Sie darauf aufmerksam ge-macht, daß die Steuerquote in Deutschland nicht nur imVergleich zu den übrigen Staaten Europas am niedrig-sten ist, sondern daß sie im Verlauf der letzten Jahreauch einen Tiefstand erreicht hat. Ebenfalls hatte ichdeutlich gemacht, daß die ständigen Steuerentlastungs-gesetze der letzten Jahre mit ihrer einseitigen Schlag-seite zu einer ungerechten Verteilung in unserem Landegeführt haben.Deshalb möchte ich an dieser Stelle noch einmal klar-stellen: Wir können die Steuerstrukturen verbessern, undwir können mehr Steuergerechtigkeit herstellen. Weraber die Bevölkerung nach wie vor in die Irre führt undbehauptet, größere Steuerentlastungen seien vertretbar,der täuscht sie und ist in dieser Debatte im Grunde ge-nommen nicht ernst zu nehmen.
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Im übrigen weise ich darauf hin, daß die deutschenKörperschaften nach Berechnungen des Eurostat untereffektiven Aspekten die niedrigste Besteuerung inner-halb der Europäischen Gemeinschaft aufweisen. Dasheißt, der Ansatz, die Steuersätze zu verringern und da-für Steuersubventionen zu streichen, war richtig. Auchdie Wirtschaftsverbände haben diesen Ansatz immerwieder in die Debatte eingebracht. Dies ist auch ein An-satz für mehr Steuergerechtigkeit.Aber eines geht nicht – dies richtet sich an die Kriti-ker aus den Wirtschaftsverbänden –, nämlich daß manauf der einen Seite amerikanische Steuersätze fordertund auf der anderen Seite geradezu alles unternimmt,um an den deutschen Abschreibungsbedingungen fest-zuhalten. Das ist unmöglich. Ich bitte daher um Fairneßund Sachlichkeit in dieser Debatte.
In diesen Kontext gehört auch die ständig nachzule-sende Drohung von Unternehmenszentralen oder Wirt-schaftsverbänden: Wenn der Staat die Steuergesetzge-bung nicht nach den Maßgaben macht, die von uns fürrichtig gehalten werden, dann wandern wir ab oder müs-sen Arbeitsplätze abbauen. Ich will dieses Argumenteinmal aufgreifen: Wenn nachgewiesen werden könnte,daß die effektive Steuerbelastung etwa der großen Un-ternehmen in Deutschland deutlich höher wäre als inanderen Ländern, dann könnte man noch Verständnis füreine solche Argumentation haben. Solange man sichaber nur auf die nominalen Steuersätze bezieht und ver-schweigt, daß sich in diesem Lande Unternehmen damitgebrüstet haben, in den nächsten Jahren überhaupt keineSteuern zu zahlen, wenn man verschweigt, daß einzelnegroße Unternehmen in den letzten Jahren bei der legalenSteuerminderung so fleißig waren, daß sie im Verhältniszum Umsatz und zum Ertrag ganz wenig Steuern gezahlthaben, dann hat man den Sinn dieser Debatte nicht ver-standen.Ich will eines sagen: Hier geht es um das Verständnisunseres Staates, auch um die Fragen, wie der einzelne zuunserem Staat eingestellt ist und welches Verständnisunsere Gesellschaft zusammenhält. Der folgende Aus-spruch des amerikanischen Präsidenten Kennedy wurdeoft zitiert: Frag nicht immer nur, was der Staat für dichtun kann! Frag auch einmal, was du für den Staat tunkannst! – Wir haben hier in den letzten Jahren eine At-mosphäre aufkommen lassen – unter Ihrer Mitwirkung,meine Damen und Herren –, in der der Eindruck ent-standen ist, Steuern zu zahlen sei im Grunde eine unsitt-liche Handlung, und jeder, der Steuerflucht begehe oderSteuervermeidung anstrebe, sei der ideale Staatsbürger.So weit ist es doch in diesem Lande gekommen.
Diese Schieflage der Debatte muß beseitigt werden.Wir müssen in diesem Lande wieder dafür werben, daßdieser Staat auch Einrichtungen zu finanzieren hat – wirbrauchen Kindergärten und Schulen, Straßen und Schie-nenverkehrswege, moderne Forschung und moderneUniversitäten – und daß er deshalb Steuerzahlerinnenund Steuerzahler braucht, die steuerehrlich sind. Es kannaber nicht sein, daß damit nur die Arbeitnehmer gemeintsind. Nein, alle in diesem Staate sind gemeint, wenn esdarum geht, steuerehrlich zu sein und in diesem Staateinen Beitrag zu leisten.
Da hilft es auch nicht, wenn man auf andere Staatenverweist und dabei wichtige Tatbestände unterschlägt.Ich habe hier schon einmal gesagt, wie sich unsere Steu-erquote im gesamteuropäischen Kontext einordnet, undIhnen die Steuer- und Abgabenquoten aller Staaten derEuropäischen Gemeinschaft vorgetragen. Ich habe dar-auf hingewiesen, daß wir, obwohl wir den Aufbau Ostzu finanzieren haben, im Vergleich zu diesen Staatenauch bei der Steuer- und Abgabenquote die Schlußposi-tion einnehmen.Ich sage es noch einmal: Wer glaubt, mit Blick aufbestimmte Interessengruppen – sie haben sich ja zuWort gemeldet – immer weiter in dieselbe Richtung ge-hen zu können, mit dem Ergebnis, daß die Steuerein-nahmen des Staates und damit auch die Steuerquoteimmer weiter sinken und sich die Belastung zu Lastender Arbeitnehmer verschiebt, der ist auf dem völlig fal-schen Weg.Meine Damen und Herren, wir brauchen auch dienotwendige Infrastruktur, um die Zukunft zu gewinnen.Wir können doch nicht die deutsche Bevölkerung indem Glauben lassen, daß wir als ein Industriestaat in derMitte Europas trotz des Aufbaus Ost auf Dauer mit einerdeutlich niedrigeren Steuer- und Abgabenquote lebenkönnen als die Nachbarstaaten. Diese Melodie haben Siein den letzten Jahren gesungen und sind deshalb immerunglaubwürdiger geworden.
Wenn noch irgend jemand von Ihnen die Petersber-ger Beschlüsse vertreten will – es könnte ja sein, daßeiner Ihrer Redner dies nachher zu tun beabsichtigt –,dann verweise ich darauf, daß die Umsetzung dieserPetersberger Beschlüsse unter Einschluß der Mehrwert-steuererhöhung, die Sie vorgesehen haben nach Berech-nungen von NRW einen Nettoausfall von etwa 50 Milli-arden DM bedeutet hätten, und da gab es das KarlsruherUrteil zum Steuerrecht noch nicht. Ich erwähne dies hiernur, um deutlich zu machen, in welchem Ausmaß Sie inden letzten Jahren die Wählerinnen und Wähler in derSteuerpolitik in die Irre geführt haben.Ich habe vorhin von Steuergerechtigkeit gesprochen.Es geht nicht nur darum, daß wir in unserem LandeSteuergerechtigkeit herstellen. Es geht auch darum, inder Steuerpolitik wieder Ehrlichkeit und Wahrhaftigkeitzu haben; diese ist nämlich in den letzten Jahren völligverlorengegangen.
Bundesminister Oskar Lafontaine
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 1903
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Ich höre dann immer wieder, daß viele Sachverstän-dige – so heißt es; das sind dann die Vertreter der Inter-essenverbände – –
– Auch Professoren sind Lobbyisten, verehrter HerrKollege.
Sie dürfen nicht meinen, daß Professoren neutrale We-sen seien, die keine Interessen verträten. Auch Professo-ren, die bei Beratungen herangezogen werden, vertretenschlicht und einfach Interessen. Es ist nur gut, daß wirdarüber aufgeklärt werden, daß die F.D.P. das anschei-nend nicht weiß; das erklärt dann das eine oder andere.
Glauben Sie ja nicht, daß die Professores bei ihren Stel-lungnahmen nicht irgendwelche Interessen vertretenwürden.
Ich möchte aber hinzufügen, daß wir natürlich damit ge-rechnet haben, daß viele Vertreter von Interessenver-bänden gegen dieses Steueränderungsgesetz Stellungnehmen würden. Denn wir konnten davon ausgehen, daßwir, wenn wir beispielsweise gegen die wirklich üblePraxis der Verlustzuweisung, die in den letzten Jahreneingerissen ist und wo es regelrechte Modelle gibt, diemarktschreierisch angepriesen werden – das ist einSchlag gegen Steuergerechtigkeit –, angehen würden,auf großen Protest stoßen würden. Wir sind stolz darauf,daß wir diese Auseinandersetzung begonnen haben unddaß wir in unserem Lande mehr Steuergerechtigkeitverwirklichen werden.
Im übrigen: Wenn immer wieder gefragt wird: „Weräußert sich wie zu diesem Steuergesetz?“, dann möchteich erwidern: Es gibt in diesem Land nicht nur Men-schen, die Steuersparmodelle in Anspruch nehmen.
Das ist wirklich die Wahrheit. Viele von denen, die unsjetzt zuhören, werden gar nicht wissen, was das ist; siewerden nicht wissen, was eine Verlustzuweisung von225 Prozent – ich habe das vorgelesen – eigentlich be-deutet, und sie werden all die Sorgen, die von Ihnen alsdie Hauptsorgen der deutschen Steuerpolitik bezeichnetwerden, überhaupt nicht haben.Diese Regierung hat mit ihrer Steuerpolitik die großeMehrheit des Volkes im Auge; sie hat die Familien imAuge. Hinsichtlich der Familien haben wir ja in denletzten Jahren gelernt, daß manche Familien ihre Kindergar nicht auf einen Schulausflug schicken können, weilihnen das Geld dafür fehlt. Diese Regierung hat die Ar-beitnehmer im Auge, die ein sehr geringes Nettoein-kommen haben, und deshalb wollen wir die Arbeitneh-merschaft entlasten.
Wir haben eine Leitidee, die ökonomisch vernünftig ist,nämlich die, daß auf Dauer der gesellschaftliche Zu-sammenhalt in diesem Land bedroht ist, wenn nicht so-ziale Gerechtigkeit und Steuergerechtigkeit hergestelltwerden.
Deshalb erfüllen wir mit diesem Steuergesetz einenWählerauftrag. Die große Mehrheit des Volkes hat Nut-zen von diesem Steuergesetz. Einige, die bisher vonSubventionen profitiert haben, beschweren sich. Inso-fern haben wir die Bestätigung dafür, daß wir mit unse-rer Steuerpolitik auf dem richtigen Weg sind. Wir bittenSie, dem Gesetz zuzustimmen.
Für die CDU/CSU-
Fraktion erteile ich dem Kollegen Friedrich Merz das
Wort.
Herr Präsident! Meinesehr verehrten Damen und Herren! Herr Lafontaine, ichwill mit Bemerkungen zu zwei Sachverhalten beginnen,über deren Bewertung wir uns durchaus einig sind. Wirsind mit Ihnen der Meinung, daß das Auftreten manchesUnternehmers in den letzten Jahren, insbesondere aufHauptversammlungen, und die Wortwahl, die es da zumTeil gegeben hat, ungeeignet sind
– lassen Sie mich das doch zu Ende sagen –, das Ver-trauen der Öffentlichkeit in die Gemeinwohlverantwor-tung von Unternehmen und Unternehmern in Deutsch-land zu fördern. Darin sind wir uns einig. Herr Lafontai-ne, wir sind uns ebenfalls in der Bewertung der Tatsacheeinig, daß die Arbeitnehmerhaushalte in der Bundesre-publik Deutschland steuerlich und auch bei den Sozial-abgaben entlastet werden müssen. Auch in dieser Fragesind wir uns einig. Das haben wir im übrigen bereits inder letzten Legislaturperiode versucht. Sie haben aller-dings eine Reihe von Reformen, die erste Erfolge aufdem Weg zur Entlastung von Arbeitnehmerhaushaltengezeigt haben, zurückgenommen.
Bundesminister Oskar Lafontaine
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1904 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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Diejenigen, die wir nicht durchsetzen konnten, habenSie in den letzten Jahren blockiert, nicht wir.
Wir sind uns allerdings mit Ihnen überhaupt nicht ei-nig in der Bewertung der Frage, ob wir in der Bundesre-publik Deutschland eine durchgehende Steuerentlastungder Bürgerinnen und Bürger und der Betriebe brauchenoder nicht. Wenn ich es richtig beobachte, sind Sie, HerrLafontaine, mit Ihrer Position auch innerhalb der Bun-desregierung zunehmend isoliert. Denn warum reden wirin Deutschland eigentlich noch über eine Unterneh-menssteuerreform, warum reden Sie in der Bundesre-gierung eigentlich noch über eine Unternehmenssteuer-reform, wenn Sie die Entlastung von Unternehmenüberhaupt nicht mehr für notwendig halten? Warumwird über diese Frage in Ihren Reihen eigentlich disku-tiert?
Ich will auf etwas Bezug nehmen, was gestern undauch in der letzten Woche hier bereits eine Rolle ge-spielt hat. Herr Lafontaine, für das Parlament als Ganzesist die Art und Weise, wie Sie dieses Steuergesetz hierdurchsetzen, völlig inakzeptabel.
Wenn Sie es nicht ernst nehmen, wenn wir das sagen,wofür ich begrenztes Verständnis habe, dann nehmenSie vielleicht ernst, was eine größere Zahl von jüngerenKolleginnen und Kollegen aus der SPD-Bundestags-fraktion an Sie und an den Bundeskanzler in einem Briefgeschrieben hat. Sie sprechen davon, daß sie vor derVerabschiedung dieses Steuergesetzes unter einen „ab-surden Druck“ gesetzt worden seien. Diese Behandlungdes Parlamentes ist nicht angemessen. Daß wir vonIhnen und dieser Bundesregierung derart unter Druckgesetzt werden, Entscheidungen zu treffen, wie Sie dasin den letzten Wochen gemacht haben, ist ein Umgangmit dem Verfassungsorgan Deutscher Bundestag, denwir auf Dauer nicht hinnehmen können.
Damit sich dieses Mißverständnis nicht in der Öf-fentlichkeit festsetzt, will ich einmal den grundlegendenUnterschied zwischen der Steuerpolitik, die wir nachwie vor für richtig halten, und dem, was Sie hier ma-chen, deutlich machen. Sie nehmen ständig Bezug dar-auf, daß Teile Ihres Steuerreformkonzeptes auch Teildes Petersberger Steuerreformkonzeptes gewesenseien. Ich will hier nicht ausführlich dazu sprechen, wiees heute mit den Petersberger Beschlüssen aussähe. Wirkönnten die Vorschläge des Petersberger Steuerreform-konzeptes heute nicht mehr 1 : 1 in den Deutschen Bun-destag einbringen, weil es eine Reihe von Veränderun-gen bis hin zu den Entscheidungen des Bundesverfas-sungsgerichtes, die auch wir zu berücksichtigen hätten,gegeben hat. Aber, Herr Lafontaine, wir haben mit denPetersberger Beschlüssen etwas angestoßen, was auchheute notwendig wäre: Wenn Sie die steuerliche Bemes-sungsgrundlage verbreitern wollen – es gibt eine Viel-zahl von Ansatzpunkten, wo die steuerliche Bemes-sungsgrundlage verbreitert werden muß und steuerlicheGestaltungsmöglichkeiten beseitigt werden müssen –,dann müssen Sie zeitgleich die Steuersätze für Privat-haushalte und für Betriebe in Deutschland senken, damitSie nicht de facto zu einer Steuererhöhung für viele inDeutschland kommen.
Das ist der zentrale Unterschied zwischen der Steuerpo-litik, die Sie für richtig halten, und der, die wir für rich-tig halten würden.Jetzt will ich mit einer Reihe von Mißverständnissenim Detail aufräumen. Herr Lafontaine, Sie wiederholenimmer wieder, daß Teile der Vorschläge zur Verbreite-rung der Bemessungsgrundlage, die wir gemacht haben,von Ihnen jetzt übernommen worden seien. Ich werde aneiner Reihe von Beispielen deutlich machen, daß das,was Sie sagen, falsch ist.Sie machen den Vorschlag, ein Wertaufholungsge-bot einzuführen. Das ist ein Vorschlag – Sie haben sichda einmal geirrt; das kann passieren –, den auch wir ge-macht haben. Nur haben wir vorgeschlagen, die Rück-wirkung zeitlich eng zu begrenzen. Sie schlagen jetztvor und stellen heute morgen zur Abstimmung, dasWertaufholungsgebot rückwirkend bis zur D-Mark-Eröffnungsbilanz im Jahr 1948 gelten zu lassen. Dasheißt im Klartext, Herr Lafontaine: Bilanzpositionen, diein Unternehmen – die zum Teil gar nicht mehr existie-ren, die fusioniert haben, die saniert worden sind, dieheute in völlig anderer Rechtsform dastehen – seit mehrals 50 Jahren mitgetragen werden, müssen wertaufgeholtwerden. Wie soll das eigentlich vonstatten gehen? Diesist ein Vorschlag aus dem Tollhaus praxisferner Steuer-bürokraten. Das hat mit praktischer Anwendbarkeitwirklich nichts zu tun.
Sie berufen sich immer wieder gern auch auf interna-tionale Maßstäbe. Ich werde darauf in einem anderenZusammenhang gleich noch zu sprechen kommen. Las-sen Sie mich die internationalen Maßstäbe zunächst imZusammenhang mit der Beschränkung des Betriebs-ausgabenabzugs bei Auslandsdividenden ansprechen.Hier soll eine Pauschalbesteuerung von 15 Prozent ein-geführt werden. Im Ergebnis bedeutet dies für Dividen-denzahlungen ausländischer Unternehmen an deutscheMuttergesellschaften in der Bundesrepublik Deutschland– die bereits einmal versteuert sind – eine tatsächlicheSteuerbelastung von 75 Prozent und mehr. Herr Schrö-der, Sie sind doch immer so an den großen Konzerneninteressiert: Dies ist ein Programm gegen große Unter-nehmen in der Bundesrepublik Deutschland. Sie vertrei-ben damit Konzerngesellschaften aus dem StandortDeutschland.
Wenn Sie, Herr Bundeskanzler, mir das nicht glauben,sprechen Sie doch einmal mit dem Vorstandsvorsitzen-den der Volkswagen Aktiengesellschaft und fragen ihn,was die Pauschalbesteuerung für dieses Unternehmen,Friedrich Merz
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das an ausländischen Tochtergesellschaften beteiligt ist,bedeutet.In Belgien und in Italien – das sind bislang die einzi-gen europäischen Länder, die eine solche Pauschalbe-steuerung kennen – gilt nicht ein Steuersatz von 15 Pro-zent, sondern von 5 Prozent,
und zwar bei voller Abziehbarkeit aller Finanzierungs-und Verwaltungsaufwendungen, die im Inland entste-hen. Das ist der Unterschied. Da können Sie nicht be-haupten, daß Sie Steuerpolitik nach internationalenStandards machen. Herr Lafontaine, Sie machen einesteuerpolitische Geisterfahrt gegen den Standort Bun-desrepublik Deutschland.
Ich nenne einen weiteren Punkt. Sie haben hier – völ-lig zu Recht – gesagt, daß Sie sich bei der Teilwertab-schreibung korrigieren mußten. Wenn Sie eine ord-nungsgemäße Beratung mit dem notwendigen zeitlichenVorlauf ermöglicht hätten, dann hätten Sie sich diesePanne im Gesetzgebungsverfahren ersparen können;
denn dann wäre Ihnen das schon bei der Anhörung imFinanzministerium gesagt worden. Die ist in der Ge-schäftsordnung der Bundesregierung vorgesehen, bevorSie mit einem Gesetz in die gesetzgebenden Körper-schaften gehen. Aber diese Anhörung haben Sie nichtgemacht, weil Sie sich selbst unter diesen „absurdenZeitdruck“ gesetzt haben.Daß Sie diese Korrektur vornehmen mußten, wärevermeidbar gewesen. Was kommt jetzt dabei heraus?Die Teilwertabschreibung bleibt bei sogenannten dau-ernden Wertminderungen bestehen. Herr Lafontaine,welcher Betriebsprüfer soll eigentlich beurteilen, waseine dauernde Wertminderung ist? Haben die Be-triebsprüfer in Zukunft hellseherische Fähigkeiten?Streiten die sich jetzt ständig über die Frage, ob das dau-ernde Wertminderungen in die Zukunft sind? Das kanndoch keiner wissen, wenn eine solche Bilanzpositionfestgelegt wird. Herr Lafontaine, was Sie hier machen,ist abwegig. Das hat mit steuerrechtlicher Praktikabilitätnichts zu tun. Das ist die Gesetzessprache der Bürokra-ten.
Herr Kollege Merz,
gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Poß?
Nein, ich möchte imZusammenhang vortragen.
Ich nenne einen nächsten Punkt. Sie haben eineziemlich kurvenreiche Fahrt genommen bei der Frage,ob Sie die Verlustverrechnungen zwischen den einzel-nen Einkunftsarten in Zukunft weiter ermöglichen sol-len. Herr Lafontaine, die Vielzahl von Betroffenen, dieSie angeschrieben haben, tun Sie mit leichter Hand alsInteressenvertreter, als Lobbygruppen ab: Ich will dazusagen: Auch wir haben Erfahrungen damit gemacht, wases bedeutet, wenn man als Parlament, insbesondere inder Steuergesetzgebung, unter einen ziemlichen Druckvon außen gesetzt wird. Dennoch: Es ist politisch klug,zwischen einseitiger Interessenwahrnehmung und derAnnahme der tatsächlichen Sorgen der Betroffenen, diegeäußert werden, zu unterscheiden. Hätten Sie sich et-was mehr Zeit genommen, hätten Sie feststellen können,daß beispielsweise im Bereich des Wohnungsbaus, imBereich des Schiffbaus bis hin zur Filmwirtschaft – HerrNaumann ist heute nicht da; ich habe ihm das schoneinmal gesagt – eine ganze Reihe von Arbeitsplätzenhoch gefährdet sind, wenn Sie bei dem Vorschlag zurBegrenzung der Verlustverrechnung zwischen den ein-zelnen Einkunftsarten bleiben.
Auch dies ist ein Vorschlag, der mit steuerrechtlicherPraktikabilität nichts, aber mit der fiskalischen Gier desFinanzministers sehr, sehr viel zu tun hat.
Nun lassen Sie mich auf das Thema „Abzinsungsge-bot für die Rückstellungen auf Sachleistungsver-pflichtungen“ zu sprechen kommen. Zunächst auch da-zu eine Vorbemerkung: Die Behauptung, Herr Lafontai-ne, diese Steuerpolitik in Deutschland sei nach demVorbild internationaler Standards, ist falsch.
Das Abzinsungsgebot auf Sachleistungsverpflichtungenin der Steuerbilanz gibt es in keinem einzigen Land derEuropäischen Union.
Ich stelle mit großem Vergnügen fest, daß Sie sich inletzter Zeit häufig und gern auf die Vereinigten Staatenvon Amerika berufen. Dann tun wir das auch einmal beidiesem Thema. Wissen Sie, wie das mit dem Abzin-sungsgebot in den USA funktioniert? Sie haben doch ei-nen großen Apparat zur Verfügung: Warum wird Ihnendas nicht gesagt? Als das Abzinsungsgebot in Amerikaeingeführt worden ist, sind die entstandenen Auflö-sungsreserven für alle steuerfrei gewesen. Gleichzeitighat man in den Vereinigten Staaten von Amerika dieMöglichkeit der Aufzinsung für den Fall eingeführt, daßdie Geldentwertungsrate so hoch ist, daß die Rückstel-lungen nicht mehr ausreichen.Das ist der Unterschied zwischen Amerika undDeutschland. Sie greifen auf Rückstellungen jetzt aus-schließlich über die Steuerbilanz zu, weil Sie Geld brau-chen. Das hat mit Steuergerechtigkeit oder dem, wasnotwendig wäre, nichts zu tun. Dieser Finanzministerder Bundesrepublik Deutschland braucht wegen unein-lösbarer Wahlversprechungen sehr viel Geld. Dabei sindFriedrich Merz
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1906 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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Ihnen die Grundsätze unseres Steuerrechts und unseresHandelsrechts völlig gleichgültig.
Herr Lafontaine, wir könnten jetzt lange über dieFrage sprechen, ob das sogenannte Maßgeblichkeit-sprinzip noch seine Bedeutung hat, also die Frage, obdie Handelsbilanz für die Steuerbilanz ausschließlichmaßgeblich sein soll. Auch wir haben an dieser Stelleschon die eine oder andere Korrektur angebracht, diedas Maßgeblichkeitsprinzip in Frage stellt. Sie machenhier, um es mit einfachen Worten zu verdeutlichen, aberfolgendes: Sie höhlen die Steuerbilanz in einer Artund Weise aus, die ein Unternehmen, wenn es in glei-cher Weise in der Handelsbilanz vorgehen würde, anden Rand der Strafbarkeit bringen würde. – Ich leseIhnen übrigens gleich aus dem „Stern“, den Sie geradeuntereinander austauschen, vor. Darin sind hochinte-ressante Zitate. Darauf komme ich gleich noch zu spre-chen.
Ich kann mir vorstellen, daß Sie darüber nicht amüsiertsind, Herr Bundeskanzler. Aber das machen wir gleich.Ich will zunächst etwas über die Handelsbilanz unddie Steuerbilanz sagen. Wenn ein Unternehmen in derHandelsbilanz das macht, was es jetzt nach Ihrer Steuer-gesetzgebung in der Steuerbilanz machen muß, dann be-geht es eine Bilanzfälschung.
Wenn das Unternehmen mit dieser Handelsbilanz zurBank geht und auf deren Grundlage einen Betriebsmit-telkredit beantragt, ist das ein versuchter oder vollende-ter Kreditbetrug. So gehen Sie in der Steuerbilanz vor.Sie höhlen damit nicht nur das Maßgeblichkeitsprinzipaus, sondern Sie höhlen damit die gesamte Vertrauens-basis aus, die die Unternehmen dringend benötigen. Da-bei handelt es sich, Herr Lafontaine, nicht um die großenKonzerne des Neoliberalismus, sondern um die Vielzahlder kleinen und mittleren Unternehmen in der Bun-desrepublik Deutschland. Sie höhlen das Vertrauenin die Zuverlässigkeit des Rechtsstaats BundesrepublikDeutschland aus, wenn Sie Ihre Steuerpolitik in dieserWeise fortsetzen.
Jetzt will ich Ihnen konkret noch etwas zu den beidengroßen Branchen, die in Rede stehen, nämlich Energie-wirtschaft und Versicherungswirtschaft, sagen. Mitder Energiewirtschaft haben Sie ein Gespräch für den9. März, also in wenigen Tagen, über diese ganzen Fra-gen, die wir heute entscheiden sollen, vereinbart. DieBetroffenen stellen sich natürlich zu Recht die Frage:Warum sollen wir eigentlich noch mit der Bundesregie-rung reden, wenn in zweiter und dritter Lesung am heu-tigen Tag Fakten geschaffen werden? Darüber kann manhinweggehen und sagen: Das sind alles nur die blind-wütigen Wahrnehmer der jeweiligen Gruppeninteressen.Aber, Herr Lafontaine, hier ist nicht nur die Atomwirt-schaft betroffen, sondern hier sind die deutsche Braun-kohle und die deutsche Steinkohle betroffen. Dortoben auf der Regierungsbank sitzt tief versunken in dieAkten des Kanzleramtes der Staatsminister Schwanitz.Herr Schwanitz, ich spreche Sie einmal persönlich an.Sie vertreten die Interessen der neuen Bundesländer imBundeskabinett.
Ist Ihnen eigentlich klar, was es für die Braunkohle inden neuen Bundesländern bedeutet, wenn dieses Gesetzheute verabschiedet wird? Ist Ihnen klar, was es bedeu-tet, wenn die Rückstellungen in einem Umfang von etwa1 Milliarde DM, die für die Rekultivierung vorgenom-men werden müssen, in der Steuerbilanz aufzulösen undzu versteuern sind? Was der Bundesfinanzminister die-sen Unternehmen abfordert, ist der mehrfache Jahresge-winn, den die ansonsten subventionsfrei arbeitendeBraunkohle in den neuen Bundesländern erwirtschaftenkann. Wie gehen Sie eigentlich mit diesem Thema um,wenn Sie an diesem Wochenende irgendwo in den neu-en Bundesländern gefragt werden: Was tut diese Bun-desregierung eigentlich für die neuen Bundesländer?Das können Sie doch gar nicht mehr vertreten,
es sei denn, Sie haben es unter dem absurden Zeitdruckselber gar nicht verstanden. Aber eine andere Alternati-ve gibt es nicht.
Jetzt wehren Sie sich, Herr Lafontaine – auch dafürhabe ich viel Verständnis –, gegen den öffentlichenDruck, der mit dem Hinweis darauf, dies führe zur Ver-lagerung von Standorten aus der BundesrepublikDeutschland, erzeugt wird. Die Erfahrung, wie so etwasgeht, haben auch wir gemacht. Herr Lafontaine, habenSie eigentlich einmal gelesen, was in Ihrem eigenenHause dazu aufgeschrieben wird? In den Finanztableaus,die dem Finanzausschuß des Deutschen Bundestagesvorgelegt worden sind, gehen Sie bei der Berechnungdes Steueraufkommens selbst von einem sogenanntenVerhaltensabschlag in einer Größenordnung von 30 Pro-zent aus. Sie tun das offensichtlich, weil Sie selber damitrechnen, daß eine Reihe von Unternehmen in der Bun-desrepublik Deutschland die Tore schließt, ins Auslandgeht und dort neue Standorte aufbaut. Sie gehen von ei-nem 30prozentigen Verhaltensabschlag aus, weil Sieselber damit rechnen, daß es zu Standortverlagerungenkommt.
Herr Lafontaine, so kann man Steuerpolitik nicht ma-chen.Ich sage Ihnen jetzt etwas zur Versicherungswirt-schaft. Dazu wiederum eine Vorbemerkung. Es rührteinen ja zu Tränen an, wenn man Sie sagen hört: Esmüssen alle zum Gemeinwesen beitragen und Steuernzahlen. Wie sollen Kindergärten, Krankenhäuser, Uni-versitäten und Schulen finanziert und Straßen gebautwerden, wenn sich eine immer größer werdende Zahlvon Unternehmen der sozialen Verantwortung in derBundesrepublik Deutschland entzieht?Friedrich Merz
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Darf ich darauf hinweisen, daß wir im Jahr 1999mehr als 900 Milliarden DM Steuereinnahmen habenwerden? Darf ich darauf hinweisen, daß die Steuerein-nahmen in diesem Jahr um rund 38 Milliarden DM hö-her ausfallen als im letzten Jahr? Darf ich darauf hinwei-sen, daß das einzige Problem, das Sie haben, nach wievor darin besteht, daß Sie mehr ausgeben, als Sie ein-nehmen? Das ist das Problem, Herr Lafontaine.
Sie haben die Unternehmen angesprochen. Ich machemich nicht zu ihrem Sprecher, aber die objektiven Zah-len sind auch nicht völlig ohne Bedeutung: Die deutscheVersicherungswirtschaft zahlt 6,4 Milliarden DM Steu-ern auf Einkommen und Ertrag einschließlich der Ge-werbesteuer. Damit trägt die Versicherungswirtschaft inder Bundesrepublik Deutschland, die von Ihnen so be-schimpft wird, allein 12 Prozent des gesamten Körper-schaftsteueraufkommens. Wenn Sie jetzt noch das hin-zunehmen, was dort an Lohn- und Einkommensteuer fürdie Beschäftigten bezahlt werden, dann sind das nocheinmal rund 6 Milliarden DM.Der Versicherungswirtschaft legen Sie jetzt die Auf-lösung von Rückstellungen auf und beziehen sich dabeiwieder auf internationale Standards. Darf ich Ihnen auchin diesem Zusammenhang folgendes sagen: Das Ver-hältnis von Schadenrückstellungen zu erzielten Beiträ-gen ist in der Bundesrepublik Deutschland am unterenEnde dessen, was im internationalen Vergleich erzieltwird. Die Relation von Schadenrückstellungen zu ver-dienten Beiträgen liegt bei 113 Prozent.Die Relation von 113 Prozent in der BundesrepublikDeutschland wird mit 89 Prozent und 102 Prozent nurin den Niederlanden und in Dänemark unterboten. Inallen anderen Ländern der Europäischen Union unddarüber hinaus ist die Relation von Schadenrückstel-lungen zu verdienten Beiträgen höher als in der Bun-desrepublik Deutschland: Sie liegt in Frankreich bei120 Prozent, in Italien bei 124 Prozent, in den USA– ein vielzitiertes Beispiel von Oskar Lafontaine – bei131 Prozent, in der Schweiz bei 147 Prozent, in Bel-gien bei 156 Prozent und in Großbritannien sogar bei170 Prozent. Das sind die Relationen, und Sie behauptenallen Ernstes, Sie machten eine Steuerpolitik nach inter-nationalen Standards. Das, was Sie hier machen, istrambohaft und gegen den deutschen Standort gerichtet,Herr Lafontaine. Das hat mit internationalen Standardsnichts zu tun.
Ich möchte auch an dieser Stelle ganz deutlich sagen:Man kann darüber sprechen, ob die Rückstellungen fürdie Finanzierung zukünftiger Schäden in den Bilan-zen der deutschen Versicherungsunternehmen zu hochsind.
Auch ich habe meine Zweifel, Herr Poß, ob eine Relati-on von über 100 Prozent dauerhaft richtig ist. Wenn Sieaber an dieses Problem herangehen, dann können Siedas nicht im Wege der Steuerbilanz, sondern dann müs-sen Sie die Grundsätze der ordnungsgemäßen Buchfüh-rung überprüfen. Im Zusammenhang mit öffentlich be-aufsichtigten Unternehmen – darum handelt es sich beider Versicherungswirtschaft – ist beispielsweise dieFrage zu beantworten, ob die Bestimmungen des Versi-cherungsaufsichtsgesetzes noch zeitgemäß sind. Das istübrigens ein Gesetz – vielleicht wissen Sie das nochnicht –, das in der Zuständigkeit des Bundesfinanzmini-sters liegt.
Wenn Sie etwas an dieser Fragestellung ändern, HerrLafontaine, dann müssen Sie doch die grundlegendenFragen beantworten und nicht einfach einen fiskalischenZugriff nehmen, der seine spiegelbildliche Geltung inder Handelsbilanz überhaupt nicht findet. Aber auchdas ist Ihre Politik, die auf kurzatmige Einnahmeer-zielung und nicht auf eine langfristige Strategie ausge-richtet ist.Jetzt komme ich zum letzten Thema: langfristigeStrategie. Die Bundesrepublik Deutschland braucht –darüber sind wir uns offensichtlich zumindest im Grun-de einig, wenn ich das richtig verstanden habe, was Sieheute morgen noch einmal betont haben – eine langfri-stige Steuerkonzeption.Wenn Ihnen in einem Brief von 22 Unternehmerper-sönlichkeiten der Bundesrepublik Deutschland mit gro-ßem Nachdruck ans Herz gelegt wird, die Entscheidungzu einer kurzatmigen und kurzfristigen Steuergesetzge-bung, die Sie heute erzwingen wollen, noch einmal zuüberdenken, weil wir eine langfristige Konzeption brau-chen – bei denjenigen, die den Brief unterschrieben ha-ben, handelt es sich um Persönlichkeiten des öffentli-chen Lebens, um Unternehmensführer in der Bundesre-publik Deutschland, also um reputierliche Unternehmer-persönlichkeiten unseres Landes, die allesamt von denAnteilseigenern und den Arbeitnehmervertretern in denGremien der Unternehmen ernannt worden sind, undnicht um irgendwelche Leute, die man mit leichter Handabtun kann –, dann muß uns das, Herr Lafontaine, tiefbesorgt machen. Ich lese Ihnen das vor:Die Neugestaltung– die heute verabschiedet werden soll –darf ... nicht durch Weichenstellungen des Steuer-entlastungsgesetzes 1999/2000/2002, das noch indiesem Jahr in Kraft treten soll, konterkariert wer-den.Herr Lafontaine, was wir heute beschließen sollen, istkein Schritt hin zu einer steuerlichen Gesamtkonzeption.Vielmehr wird dieser Schritt eine solche steuerliche Ge-samtkonzeption verhindern. Wir werden es nicht schaf-fen, eine solche Konzeption gemeinsam zu entwickeln,wenn Sie dem Deutschen Bundestag eine solche Steuer-gesetzgebung abverlangen, wie Sie es heute – ich wie-derhole: unter einem „absurden Zeitdruck“ – tun.
Jetzt lassen Sie mich noch kurz zitieren – das möchteich mir nun wirklich nicht entgehen lassen –, was in Ih-ren eigenen Reihen zu diesem Thema gesagt wird. DieVorsitzende der Jusos, eine Kollegin im DeutschenFriedrich Merz
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1908 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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Bundestag, gibt, wie heute im „Stern“ nachzulesen ist,wörtlich zum besten:Da wollten diese Willy-Brandt-Enkel an die Macht,und jetzt können sie nicht regieren.
Nun muß man die Juso-Vorsitzende auch nicht über-bewerten. Aber vielleicht nehmen Sie eine andere Per-sönlichkeit ernst, die zumindest parteipolitisch aus IhrenReihen kommt und im selben Artikel wie folgt zitiertwird: „eine kurzsichtige und naive Politik, die von we-nig Kenntnis der Märkte zeugt“. Das ist ein Zitat deslangjährigen Bundesbankpräsidenten Karl Otto Pöhl.Herr Lafontaine, dieses SPD-Mitglied sagt: „eine kurz-sichtige und naive Politik, die von wenig Kenntnis derMärkte zeugt“!Nun habe ich in Erinnerung, gestern oder vorgesternIhren schon fast verzweifelten Ausruf auf dem Kongreßder europäischen Sozialdemokraten und Sozialisten inMailand gelesen zu haben: Wir dürfen es nicht zulassen,daß in diesem Jahr die Konjunktur kaputtgeht. – HerrLafontaine, was Sie heute dem Deutschen Bundestagvorlegen, ist ein maßgeblicher Beitrag dazu, daß dieKonjunktur in der Bundesrepublik Deutschland im Jahr1999 geradezu abgewürgt wird.
Wenn Sie wirklich Interesse daran haben, daß wir indiesem Jahr einen anhaltenden wirtschaftlichen Auf-schwung zurückgewinnen – er ist bereits nachhaltig ge-fährdet –, dann besitzen Sie die Größe, darauf zu ver-zichten, dieses Steuergesetz durch den Deutschen Bun-destag zu bringen.
Meine Damen und Herren von der SPD-Bundestagsfraktion – ich spreche jetzt insbesondere diejüngeren Kolleginnen und Kollegen an, und zwar nichtnur die, die den Brief geschrieben haben –, wenn Sie ei-nen Rest an Selbstachtung bewahren,
wenn Sie noch das Rückgrat besitzen, insbesondere inder Steuerpolitik verantwortlich Politik zu machen,
wenn Sie bereit sind, zuzugeben, daß die wenigsten vonIhnen wirklich wissen, was heute hier verabschiedetwerden soll, dann können Sie diesem Gesetzentwurf un-seres Bundesfinanzministers nicht zustimmen.
Das Wort für die
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Kollegin Christine
Scheel.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! HerrMerz, Sie können ganz beruhigt sein: Wir als Regie-rungsfraktionen wissen, was wir heute verabschieden.Wenn die Opposition den Überblick verloren hat, dannist das ihr Problem.
Herr Merz, wenn Sie davon sprechen, daß diese Re-gierung mehr ausgibt, als sie einnimmt, dann möchte ichSie fragen, wie es dazu kommt, daß wir in der Bundes-republik Deutschland insgesamt, also über alle Ebenen,von den Kommunen über die Länder bis hin zum Bund,eine Verschuldung in Höhe von 2,2 Billionen DM ha-ben, daß jede vierte Mark, die an Steuern eingenommenwird, dafür ausgegeben wird, daß überhaupt Zinsen undTilgung geleistet werden können, und daß die Nettoneu-verschuldung der alten Regierung nur knapp unter derVerfassungsgrenze lag. Das war Ihre Politik und IhreVerantwortung.
Wir haben – das meine ich sehr ernst – folgende Aus-gangslage vorgefunden: Der Widerstand der Bevölke-rung auf Grund der ungerechten Verteilung der steuerli-chen Lasten hat zu einer immer stärker erodierendenSteuermoral geführt. Die Folge ist, daß eine in derSteuerbelastung zweigeteilte Gesellschaft existiert: zumeinen diejenigen, die alle Chancen genutzt haben, umihre Steuern gegen Null zu drücken, und zum ande-ren diejenigen, die ohne Abschreibungsmöglichkeitendie sogenannte Dummensteuer – wie das in der Presseimmer genannt wurde – entrichten mußten. Eine der-art verfallene Steuerkultur trifft die Steuermoral an derWurzel und hat letztlich eine sehr entdemokratisie-rende Wirkung. Als Partei mit politischer Verantwor-tung – ich meine SPD und Grüne – muß man das an-gehen.Daher ist es die Aufgabe des Staates, nicht nur Steu-erkriminalität zu verhindern – selbstverständlich müssenwir auch diese bekämpfen –, sondern auch eine effizi-ente und eine gerechte Steuerpolitik zu gestalten, damitdas Vertrauen der Bevölkerung in die Politik wieder ge-stärkt wird.
Wir haben mit diesem Gesetz und seinen VorläufernFamilien mit Kindern bereits entlastet; die nächste Stufewird im Sommer beraten. Wir haben kleine und mittlereEinkommen entlastet. Das sind Schritte in die richtigeRichtung.An dieser Stelle möchte ich ehrlicherweise sagen, daßdas heute zu verabschiedende Steuerentlastungsgesetzeine sehr schwere Geburt gewesen ist. Man muß auchzugeben, daß es nicht der absolute Wurf ist; unter „ab-solutem“ Wurf verstehe ich sehr geringe Steuersätze unddie völlige Abschaffung von Steuertatbeständen, die ent-sprechende Steuerminderungen zur Folge haben. AberFriedrich Merz
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wir haben uns mit dieser umfangreichen Reform auf denWeg begeben, endlich eine Bereinigung des Steuer-rechtes zu schaffen und die Wiederherstellung der steu-erlichen Gerechtigkeit in Angriff zu nehmen.Es wurde in den Ausschüssen selten – wir als Grünehaben das in den letzten vier Jahren in der Oppositionerlebt – so intensiv über ein Gesetzespaket diskutiert.
Es wurde selten, meine Damen und Herren von der Op-position, vor allem von der CDU/CSU, so ausführlichmit Verbänden und Sachverständigen in öffentlichenAnhörungen – wir hatten mehrtägige öffentliche Anhö-rungen – diskutiert, und es haben selten so viele Gesprä-che stattgefunden.
Wir haben dieses Gesetz in den Ausschüssen gegenden erbitterten Widerstand der Opposition, der sich al-lerdings weitgehend auf formale Fallstricke bezogen hat,und auch gegen den Widerstand der Lobbyisten ab-schließend beraten können. Man muß auch einmal zurKenntnis nehmen, daß von seiten der Opposition in denFachausschüssen mit Geschäftsordnungsgeschichtenagiert und daß inhaltlich sehr wenig vorgetragen wurde.Es gab in den Fachausschüssen keinen einzigen inhalts-bezogenen Antrag, der von der Opposition zu diesemGesetz eingebracht worden ist.
Kollegin Scheel, ge-
statten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Michel-
bach?
Ich weiß, was der Herr Michelbach sagen will; es istimmer das gleiche, das mag ich jetzt nicht noch einmalhören.
Wir haben die Politik der alten Regierung, die mehrund mehr steuerliche Lasten auf die durchschnittlichenEinkommensbezieher verlagert hat und bis an dieGrenze der Belastbarkeit gegangen ist, endlich umge-kehrt. Es ist ein großer Erfolg, was diese Regierungs-koalition auf den Weg gebracht hat. Man muß sehen,daß bisher Industrie und Großverdiener – ich führe keineNeiddebatte –
durch immer neue Ausnahmen und Sonderregelungensteuerlich entlastet wurden, ohne daß – das gilt vor al-lem für die Wirtschaft – neue Arbeitsplätze entstandensind.Herausgekommen sind – wenn Sie den Wirtschafts-und Börsenteil lesen, werden Sie das erkennen – immerhöhere Unternehmensgewinne statt mehr Beschäftigung.So geht es nicht. Das war der falsche Weg; er ging zuLasten der Bevölkerung.
Wir müssen uns immer wieder in Erinnerung rufen,daß jede Vergünstigung, die in bestimmten Bereichengegeben wird, von der Allgemeinheit der Steuerzahlerund Steuerzahlerinnen zu bezahlen ist; denn man kanndie Steuersätze eben nicht so weit senken, wenn dieVergünstigungen dementsprechend genutzt werden.Nun sehen die Wirtschaftslobbyisten diese Gewinneals gefährdet an. Man ist als Regierung mittlerweile da-mit konfrontiert, daß es Aufschreie und massenweiseBriefe gibt. Aber man muß auch fragen: Wer gibt dennschon freiwillig seine Pfründe preis? Allerdings hat derhierbei entstandene Druck gerade in den letzten Tageneine ganz neue Qualität erreicht. Man drohte mit Inve-stitionsstopp, mit Entlassungen, mit dem Verfassungs-gericht, mit Abwanderung ins Ausland und hat in derBevölkerung, in der Öffentlichkeit den Eindruck zuerwecken versucht, daß man zukünftig regelrecht amBettelstab gehen werde. Es kann doch wohl nicht sein,daß von bestimmten großen Unternehmen auf diese Artund Weise versucht wird, auf die Politik Einfluß zunehmen.
Auch die steuerliche Mehrbelastung wurde mit völligüberhöhten Zahlen dargestellt. So bezifferte zum Bei-spiel die Versicherungswirtschaft ihre Mehrbelastungmit 40 Milliarden DM.Auch Herr Merz, der als Sprecher der CDU/CSU-Fraktion vor mir gesprochen hat, hat darauf hingewie-sen, daß es wohl in einem Umfang zu Rückstellungengekommen ist, über den man reden muß, daß man dasdurchaus kritisch sehen muß. Ich bin froh, daß Sie dasgesagt haben; denn das bestärkt uns darin, daß wir mitunseren Überlegungen auf dem richtigen Weg sind.Wenn das von seiten der Opposition noch unterstütztwürde, so daß wir das als gemeinsames Projekt auf denWeg bekommen, dann wäre es um so schöner.
Die Lobby der Wirtschaft, speziell der Versiche-rungs- und der Energiewirtschaft, hat sich mit ihremVorgehen nicht nur unglaubwürdig gemacht, sondern sieist uns, der von ihr Ungeliebten – man kann ja wohl sa-gen, daß wir nicht gerade die große Liebe der Lobby-isten in diesen beiden Bereichen sind –, regelrecht mitNötigungs- und Erpressungsversuchen begegnet. Manmuß an einer solchen Stelle auch einmal klar sagen, wiein diesem Land Lobbypolitik gemacht wird. Wir sindleider immer noch ein Land der Lobbyisten. Ihnen wol-len wir uns als Regierung nicht aussetzen.Die Unternehmen schüren damit die Angst in der Be-völkerung vor weiteren Arbeitsplatzverlusten. Sie ent-ziehen sich einmal mehr der gesellschaftlichen Solida-rität, indem sie nicht nur die gebotenen Steuern zum Er-Christine Scheel
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1910 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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halt des Gemeinwesens verweigern, sondern auch nochandrohen, ihre Unternehmen ins Ausland verlagern zuwollen.
Ich möchte an dieser Stelle dem Finanzminister aus-drücklich die Stange halten, daß er bei den Beratungenzum Steuerentlastungsgesetz diesen übertriebenen Droh-gebärden der beiden Branchen standgehalten hat unddaß wir eine vernünftige Übergangslösung für beide Be-reiche gefunden haben. Vielen Dank!
Gleichzeitig appelliere ich an die Großindustrie, ihreErpressungsversuche gegenüber der Politik zu unterlas-sen; denn wir lassen uns dies im Rahmen der politi-schen, demokratischen Entscheidungsprozesse, die hieranstehen, schlicht nicht bieten.Das bedeutet nicht, daß wir unser Steuerkonzept ohneBerücksichtigung der Belange der Wirtschaft, wie esvon seiten der Opposition immer wieder dargestelltworden ist, blind durchpeitschen wollen. Wir haben dieberechtigten Interessen der Wirtschaft, insbesondere desMittelstands, aufgenommen. Wir sind ihnen – zur gro-ßen Zufriedenheit vieler kleiner und mittelständischerUnternehmer; auch das muß man hier einmal sagen – eingutes Stück entgegengekommen.
Die Teilwertabschreibung sichert den steuerlichenAbzug von Lagerware, die nur noch mit erheblichen Ab-schlägen verkäuflich ist. Bei der Teilwertabschreibunghaben wir uns – das haben Sie in der Vergangenheitimmer wieder eingefordert; jetzt wollen Sie davon abernichts mehr wissen – für ein Wertaufholungsgebot starkgemacht, damit Firmen bei einer dauerhaften Wertmin-derung zwar auf den niedrigeren Teilwert abschreiben,diesen bei Wegfall des Hindernisses aber nicht mehr wiein der Vergangenheit beibehalten können. Das ist dergroße Unterschied zu den von Ihnen unterbreiteten Vor-schlägen. Diese Regelung dient der Steuergerechtigkeitund einer realitätsnäheren Bewertung von Wirtschafts-gütern.Wir haben auch die Ansparabschreibung für denMittelstand beibehalten. Damit wollen wir die Existenz-gründer und Existenzgründerinnen weiter fördern. Auchder Verlustabzug bleibt bis zum Jahre 2001 in Höhevon 2 Millionen DM erhalten. Danach erfolgt eineReduzierung auf 1 Million DM; das halte ich für richtig.Damit bleibt die Liquidität von kleinen und mittelstän-dischen Unternehmen erhalten, was wichtig ist.
Diese Begrenzung bedeutet gleichzeitig, daß Groß-unternehmen ihre Verluste nur noch in einem gewissenUmfang geltend machen können. Ziel ist hierbei, daßUnternehmen nicht mehr jahrelang Gewinne machenkönnen und diese Gewinne ohne Einschränkung mitVerlusten verrechnen können, ohne daß Steuern abge-führt werden. Verluste sollen zwar in Zukunft noch ver-rechnet werden können, aber nur noch begrenzt.Wir haben uns als Regierungsparteien erfolgreich da-für eingesetzt, daß die Besteuerung von Veräußerungs-gewinnen nach einer Einfünftel-Regelung vorgenom-men wird. Das heißt, daß für kleine und mittlere Unter-nehmen der Freibetrag in Höhe von 60 000 DM erhaltenbleibt. Dadurch bleibt die Altersvorsorge für diese Kli-entel unberührt. Dies ist wichtig, weil wir mit unsererPolitik die Altersvorsorge in der Zukunft unterstützenwollen.Der gesamte Unternehmenssektor profitiert zusätzlichvon der Steuersatzsenkung, die auch internationale Im-pulse gibt. Man darf auch die anstehende Unter-nehmensteuerreform nicht vergessen, über die wir imSommer diskutieren. Darauf muß man Sie immer wie-der hinweisen. Sie wissen, daß wir die Steuersätzesenken werden. 35 Prozent sind als Zielmarge vorgege-ben.Es darf auch nicht vergessen werden, mit welcherSteuerentlastung Sie damals hausieren gegangen sind.Der Minister hat dies schon angesprochen. In diesemZusammenhang muß man die Frage stellen, wie Sie mitden indirekten Steuern umgegangen wären. Sie hättennämlich die Mehrwertsteuer und die Mineralölsteuer er-höht. Mit der von Ihnen versprochenen Nettoentlastungin Höhe von 30 Milliarden DM hätte die Bevölkerungeinen großen Teil des Gesamtvolumens in Höhe von57 Milliarden DM über zusätzliche Belastungen aufGrund der Anhebung der indirekten Steuern finanzierenmüssen. Der andere Teil wäre eine sehr hohe Belastungfür die Kommunen und Länder gewesen, die sie in derjetzigen Haushaltssituation nicht hätten tragen können.Ihre Politik war unsolide und wäre hinsichtlich derHaushaltslage voll an den Belangen der Kommunen undLänder vorbeigegangen.
Frau Kollegin, ge-
statten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Rössel?
Ja, bitte schön.
Sehr geehrte KolleginScheel, Sie haben die voraussichtlichen Auswirkungendes Entwurfs eines Steuerentlastungsgesetzes der frühe-ren Koalition angesprochen. Dazu muß ich Ihnen natür-lich sagen, daß Sie entgegen den eigenen Absichtserklä-rungen bei Verabschiedung Ihres Steuergesetzes Steuer-ausfälle der öffentlichen Haushalte von über 20 Milliar-den DM produzieren. Mit dem Steuerentlastungsgesetzwerden nämlich im Jahre 2002 Steuerausfälle für denBund in Höhe von 10,1 Milliarden DM sowie für dieLänder und Gemeinden in Höhe von 10,4 MilliardenDM eintreten.Ich frage Sie angesichts der Gesamtschulden der öf-fentlichen Haushalte in Höhe von 2 218 Milliarden DM,Christine Scheel
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wie Sie diese Steuerausfälle von über 20 Milliarden DMfür Bund, Länder, aber vor allem auch für die ohnehinsehr hoch verschuldeten Gemeinden ausgleichen wollen.Ich frage Sie weiter, ob Sie wirklich davon ausgehen,daß der sogenannte Selbstfinanzierungseffekt eintritt,wenn die entsprechenden Kontrollmaßnahmen wirken.Wenn diese Steuerausfälle bestehen bleiben, werdenBund, Länder und Gemeinden in ihrer Handlungsfähig-keit beeinträchtigt.
Das war eine lange Frage, Herr Rössel. Aber ich ant-
worte sehr gerne. – Selbstverständlich rechnen wir durch
die Senkung der Steuersätze für die kleinen und mit-
telständischen Betriebe sowie durch die Entlastung
der Familien mit einem gewissen Selbstfinanzierungs-
effekt. Unser Ziel ist es gewesen – das haben wir heute
mit unserem Gesetzentwurf deutlich gemacht –, daß
zwar die Steuersätze gesenkt werden. Aber gleichzei-
tig sollte es nicht eine Belastung der kleinen und mit-
telständischen Betriebe geben, die diese nicht verkraf-
ten können. Aus diesem Grunde gab es Gespräche mit
den Vertretern der kommunalen Spitzenverbände, die
auch im Finanzausschuß angehört worden sind. Es gab
immer wieder Kontakte zu den einzelnen Ländern. Es
wurden nicht nur in Arbeitskreisen Gespräche mit
den Vertretern der Länder über die Nettoentlastung von
20 Milliarden DM geführt, die von Bund, Ländern und
Kommunen gemeinsam getragen werden muß. Sie ha-
ben dieses Verfahren und die Zahlen in Ihrer Frage rich-
tig dargestellt.
Wir wollen auf der einen Seite eine Nettoentlastung.
Diese wollen wir alle hier in diesem Haus – vielleicht
bis auf die PDS –, weil wir einen Selbstfinanzierungsef-
fekt brauchen. Auf der anderen Seite wollen wir auch
eine solide Finanzpolitik betreiben. Deshalb sind im
Haushalt Einsparungen vorgesehen. Es wird auch not-
wendig sein, daß die Länder einsparen. Das haben die
Länder zugesichert; dementsprechend müssen Sie das
auch tun. Es ist überhaupt keine Frage, daß es dann,
wenn man eine Nettoentlastung vorsieht, erst einmal ei-
ne positive Wirkung gibt. Ich gebe zu, die Nettoentla-
stung ist um ein Viertel höher ausgefallen, als wir sie ur-
sprünglich geplant haben. Aber die Tatsache, daß die
Nettoentlastung nun um ein Viertel höher als ursprüng-
lich geplant ausgefallen ist, hängt damit zusammen, daß
wir uns in den letzten Tagen sehr viele Gedanken dar-
über gemacht haben, wie kleine und mittelständische
Betriebe sowie das Handwerk entlastet werden können.
Eine Entlastung dieser Betriebe ist gut; denn sie schaf-
fen Arbeitsplätze.
Kollegin Scheel, ge-
statten Sie eine weitere Zwischenfrage des Kollegen
Fromme?
Gerne. Das verlängert meine Redezeit. Danke schön.
Frau Kolle-
gin Scheel, Sie haben soeben den Vorwurf erhoben, die
Union hätte eine Mehrwertsteuererhöhung beabsichtigt.
Schließen Sie eine solche Erhöhung durch Ihre Koalition
aus?
Herr Fromme, ich muß an dieser Stelle wirklich grinsen.Man hat mir einmal gesagt: Lächeln macht stark. Das istwunderbar. – Die Frage nach der Mehrwertsteuerer-höhung taucht täglich mehrere Male auf. Sie wird im-mer von Ihren Kollegen der CDU/CSU oder der F.D.P.gestellt. Es wird immer so dargestellt, als ob die Regie-rungsparteien die Mehrwertsteuer erhöhen wollten, umSteuerlöcher, die auf Grund fehlender Einnahmen bishernicht geschlossen werden konnten, über eine höhereMehrwertsteuer zu stopfen. Das ist falsch. Wir habengestern hier die Ökosteuer verabschiedet. Sie ist saubergegenfinanziert, so daß die Lohnnebenkosten gesenktwerden können. Das war ein Ziel der jetzigen Regie-rung. Dafür brauchen wir keine Mehrwertsteuererhö-hung. Heute werden wir die zweite und dritte Stufe derEinkommensteuerreform verabschieden. Auch hier ha-ben wir klar gesagt: Es gibt eine Nettoentlastung, für de-ren Gegenfinanzierung wir im Gegensatz zu Ihrem altenKonzept – wohl gemerkt – keine Mehrwertsteuererhö-hung brauchen.
Wir wollen auch im Zusammenhang mit der Entlastungder Familien ab dem Sommer 1999 keine Mehrwertsteu-ererhöhung in Erwägung ziehen. Das haben wir zwi-schen den Koalitionspartnern klar vereinbart. Das solltenSie endlich einmal zur Kenntnis nehmen. Diese blödsin-nigen Einwände – das war nicht persönlich gemeint;verstehen Sie mich bitte nicht falsch –, die von Vertre-tern der Opposition immer wieder vorgetragen werdenund mit denen uns eine Mehrwertsteuererhöhung zumjetzigen Zeitpunkt untergejubelt wird, sind falsch.
Es wird keine Mehrwertsteuererhöhung geben, auchwenn Sie es gerne hören möchten.Auf der anderen Seite haben wir uns erfolgreich dafüreingesetzt, daß es Einkommensmillionären nicht mehrmöglich sein wird, ihr zu versteuerndes Einkommen aufNull herunterzurechnen. Es ging nicht nur darum, daßmanche Leute ihre Steuerschuld im laufenden Jahr aufNull rechnen konnten; vielmehr war es in der Vergan-genheit sogar so, daß man sich rückwirkend seine Steu-ern, die man beispielsweise über die letzten ein oderzwei Jahre gezahlt hatte, über bestimmte Berechnungs-modelle, die Herr Finanzminister Lafontaine vorhin an-gesprochen hatte, vom Finanzamt erstatten lassen konn-te. So geht es nicht. Es muß jeder in diesem Land lei-Dr. Uwe-Jens Rössel
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stungsgerecht seinen Anteil für das Gemeinwohl ein-bringen. Darum geht es uns allen.
Kollegin Scheel, ge-
statten Sie eine weitere Zwischenfrage des Kollegen
Schütze?
Bitte, Herr Schütze.
Frau Kol-
legin Scheel, obwohl ich Sie im Ausschuß bereits
vergeblich danach gefragt habe, wiederhole ich hier
meine Frage: Treffen Meldungen der „Welt“ vom
1. März zu, wonach Sie sich gegen die Neueinführung
des § 2 b des Einkommensteuergesetzes, den Sie eben
erwähnt haben, ausgesprochen haben? Sie sollen wört-
lich erklärt haben:
Der Halbsatz muß unter allen Umständen
gestrichen werden. Erstens ist er völlig überflüssig,
da die angestrebten Ziele ohne diesen Satz voll-
ständig erreicht werden, und zweitens hat er kata-
strophale volkswirtschaftliche Auswirkungen ...
Wenn Sie das tatsächlich gesagt haben: Können Sie
uns erklären, warum sich dieser zweite Halbsatz genau
in dem Gesetz wiederfindet, das wir heute beraten? Da-
mit wären die „katastrophalen volkswirtschaftlichen
Auswirkungen“ – ich zitiere Christine Scheel – die logi-
sche Konsequenz.
Herr Schütze, Sie haben vollkommen richtig zitiert. WasSie vorgelesen haben, stand so in der „Welt“ am Montagdieser Woche. Wir haben Gespräche geführt und unsdarauf verständigt, daß die geschlossenen Kapitalfondsgesichert werden müssen. Aus diesem Grunde ist in derBegründung des Gesetzes klar verankert worden, daß esÜbergangsregelungen geben wird und daß es auch wei-terhin möglich sein wird, Windenergiefonds, Kapital-Venture-Fonds, das heißt auch die Existenzgründungs-fonds, die sogenannten Chancenkapitalfonds, alles das,was bis hin zu den Medienfonds damit zusammenhängt,aufzulegen. Das war uns ein großes Anliegen. Das istrichtig. Hier ist ein Kompromiß gefunden worden, mitdem wir gut leben können.Herr Schütze, es war uns wichtig, die Möglichkeiteinzuschränken, daß Leute, die sich an Gesellschaftenbeteiligen, die nur mit steuerlichen Verlustzuweisungenarbeiten, sich arm rechnen können. Deswegen ist imSteuergesetz eine Passage enthalten, in der die Verlust-verrechnung begrenzt ist; es handelt sich um den § 2 b,den Sie angesprochen haben. Dadurch wird es in Zu-kunft ermöglicht werden, die Fonds, von denen ich ge-sprochen habe, aufzulegen und die bereits auf den Weggebrachten Projekte – ich denke vor allem an die Bau-wirtschaft – dementsprechend in Bestand und Entwick-lung zu sichern. Deswegen haben wir uns auf eineÜbergangsfrist verständigt. Das ist politisch sinnvoll.
Wir haben auch im Bereich der Rückstellungen fürmehr Steuergerechtigkeit gesorgt. Herr Merz, Sie habenes angesprochen: Rückstellungen dürfen nicht mehr un-begrenzt gebildet werden.
Das ist sehr vernünftig, weil Kosten oftmals steuerlichgeltend gemacht wurden, obwohl sie im Jahr des An-satzes keinen Geldabfluß verursacht haben. Des wei-teren dürfen Rückstellungen für die Verpflichtung zurschadlosen Verwertung radioaktiver Reststoffe sowieausgebauter oder abgebauter radioaktiver Anlagenteilenicht mehr in dieser Form gebildet werden. Jedoch stelltdie Änderung des Gesetzes sicher, daß sich das Rück-stellungsgebot nicht auf die schadlose Verwertungradioaktiver Abfälle bezieht. Dies haben wir noch inden letzten Tagen in das Gesetz mit hineingenommen,damit auf diesem Gebiet Klarheit besteht; denn wirwollen erreichen, daß auch die Atomindustrie einer rea-litätsnäheren Besteuerung zugeführt wird, wie dies üb-rigens bei jedem kleinen Unternehmen schon lange derFall ist.Die Kritik der Energie- und der Versicherungs-wirtschaft halten wir nicht für berechtigt. Ich habe dasvorhin an Beispielen ausgeführt. Man muß sich fragen,ob die Energie- und die Versicherungsbranche, die dengrößten Aufstand gemacht haben, in den vergangenenJahren von seiten der Fraktionen von CDU/CSU undF.D.P., was die Steuer betrifft, nicht zu gut behandeltwurden. Es war nämlich durchaus Usus, daß bei Versi-cherungen Rückstellungen auch dann in der Bilanz ge-halten wurden, wenn der entsprechende Schadensfalllängst abgewickelt war. So konnten die Versicherungenüber Jahre hinweg stille Reserven bilden. Mit dieserSteuerersparnis hatten die Unternehmen die Möglich-keit, sich andere gewinnträchtige Wirtschaftszweige zuerschließen. Das geschah sehr oft im Ausland, was fürunseren Arbeitsmarkt nicht immer sehr sinnvoll gewe-sen ist.Es dürfte auch bekannt sein, daß gerade die Energie-versorger im Entsorgungsbereich, in den sie im letztenJahrzehnt massiv eingestiegen sind, viele kleine undmittelständische Unternehmen vom Markt verdrängt ha-ben. Wenn wir kleine und mittlere Unternehmen schüt-zen wollen, dann müssen wir das auch in der Steuerpo-litik tun. Wir dürfen nicht immer nur davon reden, daßkleine und mittlere Unternehmen wichtig sind, sondernwir müssen handeln, wenn wir sehen, daß auf Grund vonGestaltungsmöglichkeiten bei den Steuern die kleinenvom Markt verdrängt werden, weil die großen gestaltenund die kleinen es nicht können. Alles andere wäre einefalsche Politik.
Christine Scheel
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Wir sind auf dem Weg, wieder Glaubhaftigkeit undGlaubwürdigkeit im Steuersystem herzustellen.
So sind Vorschläge zur Steuerentlastung unglaubwürdig,wenn auf der einen Seite Entlastungen versprochen undauf der anderen Seite Erhöhungen kommen würden. Ichhabe mich damit klar zur Mehrwertsteuererhöhung ge-äußert. Es wäre unglaubwürdig, wenn man einerseitsden Leuten sagt, sie würden entlastet, und auf der ande-ren Seite die Steuern erhöht, so wie es die alte Koalitionvorgehabt hat.
So etwas löst Verdruß in der Bevölkerung aus. Manmüßte dann den Leuten, die sich veräppelt fühlen, rechtgeben. Aber diese Regierung hat den Anspruch, eineehrlichere Steuerpolitik zu betreiben. Dies ist auch rich-tig so.
Zukunftsfähigkeit im Steuersystem bedeutet, daßwir die bestehende verteilungspolitische Schieflage kor-rigieren, die für die Zukunft notwendige ökologischeKomponente – das haben wir ja gestern beschlossen –nicht vergessen und das Prinzip der Nachhaltigkeit inder Steuer- und in der Finanzpolitik, also im ganzen Fi-nanzwesen, einführen müssen. Eine zukunftsfähige Re-form muß finanzpolitisch solide, sozial ausgewogen undnatürlich auch wirtschaftspolitisch sinnvoll sein. Es darfnicht angehen, daß die nächsten Generationen die finan-ziellen Risiken in Form von weiteren Löchern in denHaushalten von Bund, Ländern und Kommunen erben.Das wollen wir nicht, sondern wir wollen auch hier einesolide und verantwortungsvolle Politik für die nächstenGenerationen gestalten.
Kollegin Scheel, ge-
statten Sie noch eine Zwischenfrage des Kollegen
Willsch, wenn ich ihn richtig identifiziert habe?
Ja, er heißt so. Er ist mit mir im Finanzausschuß, es ist
ein netter Kollege. – Bitte schön.
Vielen Dank,
Frau Vorsitzende. Ich fühle mich geehrt und geschmei-
chelt zugleich.
Sie betonen in Ihren Erwiderungen auf die vermutete
Mehrwertsteuererhöhung immer wieder, daß sie jetzt
nicht komme. Könnte das im Zusammenhang mit Mel-
dungen der „Welt“ von heute stehen? Dem Vernehmen
nach soll der Kanzler der Versicherungswirtschaft zuge-
sagt haben, den Finanzierungsbeitrag nach oben zu li-
mitieren, so daß am Jahresende vielleicht neu über eine
Mehrwertsteuererhöhung nachgedacht werden müßte,
um dieses Versprechen einzulösen?
Herr Willsch, vielen Dank für die Frage. Sie habendie gleiche Kenntnis wie wir. Wir wissen es daher,weil wir uns miteinander unterhalten. Sie lesen es lo-gischerweise in der Zeitung, wenn Gespräche zwi-schen dem Kanzler und der Versicherungswirtschaftgeführt werden. Selbstverständlich hat es diese Ge-spräche gegeben. Es gibt ja genügend Pressemeldungendazu.Bei diesen Gesprächen wurde klar, daß die ursprüng-lich von der Versicherungswirtschaft vorgelegten Zah-len, die auf Vermutungen darüber basierten, was im Ge-setz enthalten sei, so nicht haltbar waren. Man hat einge-standen, daß einzelne Passagen im Gesetzestext dochetwas anders formuliert wurden, wodurch das, was dieVersicherungswirtschaft auf den Tisch gelegt hat, starkreduziert wurde. Mittlerweile ist es in bezug auf dieZahlen und Einschätzungen zu einer Annäherung ge-kommen. Ich bin sehr froh, daß diese stattgefunden hat.Der Kanzler kann daher ganz ruhig mit den Vertreternder Versicherungsbranche reden und ihnen sagen: War-ten wir einmal das Ende des Jahres ab, und lassen Sieuns dann schauen, ob unsere Vermutungen eingetroffensind. – Die prognostizierten Zahlen liegen jetzt ganz na-he beieinander, es bestehen nur noch minimale Diffe-renzen. Wir können dem wirklich sehr gelassen entge-gensehen. Ich halte es für einen guten Zug des Kanzlers,zu sagen: Wir schauen einmal, wie es sich im Laufe desJahres auswirkt. – Wir gehen davon aus, daß wir voll-kommen korrekt handeln und die Datenbasis stimmt.Die Frage einer möglichen Mehrwertsteuererhöhung, dieSie hiermit in Verbindung gebracht haben, hat damitüberhaupt nichts zu tun.
Ich möchte abschließend noch sagen, daß ver-antwortlich für die nächste Generation zu handelnheißt, das gesamte Steuersystem im Auge zu behalten,die Kraft und den Mut zu haben, mit Tabus zu brechen,und Privilegien auch gegen den Widerstand der Lob-byisten im Interesse des ganzen Volkes zu prüfen undabzubauen. Mit den Konzepten der Vergangenheit – dasmöchte ich Ihnen klipp und klar noch einmal sagen,liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition,von CDU/CSU und F.D.P. – können wir auch in derSteuerpolitik keine zukunftsfähige Politik gestalten.Deswegen ist diese neue Regierung auf dem richtigenWeg.Danke schön.
Christine Scheel
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1914 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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Das Wort zu einer
Kurzintervention hat der Kollege Hans Michelbach,
CDU/CSU-Fraktion.
Frau Kollegin
Scheel, Sie haben keine Zwischenfrage von mir zugelas-
sen; wahrscheinlich teile ich bezüglich Ihrer Begriffser-
klärung zuwenig Nettigkeiten aus.
Aber ich möchte zur Sache kommen. Es ist doch,
Frau Kollegin Scheel, die Unwahrheit, daß Sie als Vor-
sitzende des Finanzausschusses die Gesetzesberatung
sorgfältig und ordnungsgemäß durchgeführt haben.
Warum haben Sie denn unseren Antrag zur Anhörung
der neuen Sachgegenstände zurückgewiesen und als
Vorsitzende im Finanzausschuß Wortmeldungen derje-
nigen, die dazu Informationen haben wollten, unter-
drückt? Ich habe den Eindruck, Frau Kollegin Scheel,
Sie wollten als Vorsitzende Ihr Arbeitsplatzvernich-
tungsprogramm nicht ruchbar werden lassen. Heute
qualifizieren Sie wiederum Sachverständigenanhörun-
gen gewissermaßen als Erpressungsversuch und Erpres-
sungstatbestand ab.
Ich kann Ihnen nur sagen: Es ist nicht korrekt, was
Sie machen. Haben Sie schon einmal etwas von echter,
praxisnaher Erfahrung und Sorge für Arbeitsplätze in
der Wirtschaft gehört?
Auch in der Sache liegen Sie, Frau Kollegin Scheel,
doch überhaupt nicht richtig, was den Mittelstand be-
trifft. Sie sind dem Mittelstand und seinen Arbeitneh-
mern nicht entgegengekommen. Ihre Gegenfinanzierung
fällt mit einer Belastung von über 20 Milliarden DM bis
zum Jahr 2002 gegen den Mittelstand aus. Der bisherige
Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die
Steuerbilanz, die ordnungsgemäße Steuerpolitik, die
bisher noch gegolten hat, wird aufgegeben. Sie brechen
das System auf breiter Front auf. Sie schränken zum
Beispiel auch die Teilwertabschreibung ein. Das ist
hier ganz deutlich geworden. 2,3 Milliarden DM Steuer-
erhöhung aus den Änderungen bei der Teilwertabschrei-
bung führen beim Mittelstand zur Besteuerung von
Scheingewinnen und kosten Arbeitsplätze. Sie streichen
den halben Steuersatz für Veräußerung und Aufgabe un-
serer Mittelstandsbetriebe. Das wird den Generations-
wechsel im Mittelstand erschweren. Sie führen die Ein-
schränkung des Verlustausgleichs ein. Diese Verschär-
fung bedeutet für den Mittelstand Investitionsverhinde-
rung.
Ich kann Ihnen nur sagen: Alles, was Sie machen, hat
für den Mittelstand volkswirtschaftliche Konsequenzen
in Form von Arbeitsplatzvernichtung und unter dem
Strich weniger Steuereinnahmen, weil die Investitionen
durch dieses Gesetz um über 50 Milliarden DM sinken.
Dadurch haben Sie weniger Umsatzsteuer und weniger
Gewerbesteuer. Das ist dann das Ergebnis Ihrer Politik.
Rotgrüne Steuerpolitik bedeutet letzten Endes:
Bruchpilot, dann kommt das ganze Land in Not.
Kollegin Scheel, Sie
haben die Gelegenheit zur Antwort.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Michelbach, ich binIhnen für diese Intervention fast dankbar. Ich bin über-rascht, daß Sie das diesmal sogar schriftlich vorbereitethaben. Aber gut.Ich möchte zu Ihren Ausführungen sehr ernst Stel-lung nehmen. Wenn das, was Sie ausgeführt haben, wasalles für den Mittelstand schädlich sein soll, nichtdurchgesetzt würde, würde das doch in der Konsequenzdazu führen, daß im Steuerrecht, was Abschreibungs-möglichkeiten und Steuerminderungstatbestände be-trifft, alles so bleibt, wie es ist. Die Bevölkerung weiß,daß hier Mißbrauch betrieben wird. Es war Aufgabedieser Regierung, diesen Mißbrauch einzudämmen, undzwar nicht so, daß es zum Schaden der Wirtschaft ist,sondern so, daß diejenigen, die diesen Mißbrauch aufKosten der gesamten Bevölkerung betrieben haben,endlich einen auf den Deckel bekommen, wie ich andieser Stelle einmal flapsig sagen will.Sie haben die Anhörungen angesprochen. Sie habenmich vorhin vielleicht falsch verstanden; ich will Ihnenda nichts Böses unterstellen. Aber wenn Sie ausführen,ich hätte die Sachverständigenanhörungen als Erpres-sungstatbestand gewertet, dann muß ich Ihnen sagen,daß ich das nicht getan habe. Das kann man auch nach-lesen. Ich denke, daß die Zuhörer und Zuhörerinnen so-wie die Kollegen und Kolleginnen es in der Mehrheitsehr wohl verstanden haben, daß ich mich auf dieseBriefe bezogen habe, und zwar auf die in den letztenTagen von seiten der Energiewirtschaft und von seitender Versicherungswirtschaft an die Regierung gerich-teten Androhungen dahin gehend, aus der Republikwegzuziehen, also ins Ausland zu gehen, und dement-sprechend Arbeitsplätze aufzukündigen, und darauf, daßeine steuerliche Belastung in den Raum gestellt wordenist, die jenseits jeder realistischen Vorstellung liegt, alsoauf die Art und Weise, wie seitens verschiedener Bran-chen versucht wurde, auf das Gesetzgebungsverfahrenund auf die politisch Verantwortlichen einzuwirken.Zur Anhörung: Wir haben drei Tage lang zum Steuer-entlastungsgesetz 1999/2000/2002 eine Anhörungdurchgeführt. Diese Anhörung, diese drei Tage warensehr intensiv. Wir haben sehr viele Anregungen undVorschläge, die von seiten der Sachverständigen vorge-bracht worden sind, mit in den Prozeß der Formulierungdieses Gesetzentwurfes aufgenommen.Herr Michelbach, endlich ist es einmal so, daß dieRegierung das, was in der Anhörung vorgebracht wurde,ernst nahm und daß man das, was gut ist und was dieseRepublik nach vorne bringt, in das laufende Verfahrenbzw. in die Verhandlungen in den Ausschüssen überdiesen Gesetzentwurf eingebaut hat.
Deswegen gab es natürlich Änderungsanträge. Das warkein Chaos. Wir haben vielmehr das aufgenommen, was
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uns in den Anhörungen von den Sachverständigen vor-geschlagen wurde.Wenn Sie feststellen, die Wirtschaft mache sich Sor-gen und man solle diese ernst nehmen, dann kann ichnur antworten: Wir nehmen die Sorgen der kleinen undmittelständischen Unternehmen sehr ernst.
– Herr Hauser, auch Sie können sich gerne noch zu einerKurzintervention melden. Ich bin da flexibel. Sie könnengerne noch etwas sagen. Das dürfen Sie. Der Präsidentmuß dem allerdings zustimmen. Sie müssen sich dazunur melden. Wenn Sie jetzt Zwischenrufe machen, dannsind die für die Kollegen möglicherweise nicht ver-ständlich. Deswegen wäre es wahrscheinlich für alleBeteiligten angebrachter, Sie melden sich zu Wort undversuchen nicht, mich hier zu unterbrechen.
Frau Kollegin,
kommen Sie bitte zum Ende.
Ich bin sofort am Ende meiner Antwort. – Ich möchte
nur noch einen Punkt hinsichtlich der Sorge der Wirt-
schaft sagen: Natürlich machen wir uns um die Wirt-
schaft Sorgen. Wir haben festgestellt, daß es auf Grund
der Politik der früheren Regierung in den letzten Jah-
ren für die kleinen und mittelständischen Unterneh-
men sehr schwer war und daß sich der Mittelstand von
der früheren Regierung nicht mehr unterstützt gefühlt
hat. Jetzt sind wir dabei, das Vertrauen wieder aufzu-
bauen und für den Mittelstand eine gute Politik zu be-
treiben.
Danke.
Ich erteile das Wort
dem Kollegen Hermann Otto Solms, F.D.P.
Herr Präsident!Meine sehr verehrten Damen und Herren! Heike Göbelbeginnt ihren vorzüglichen Leitartikel im Wirtschaftsteilder „FAZ“ von heute, den ich Ihnen zur Lektüre emp-fehle, mit den folgenden Sätzen:Erfolg hat viele Väter, Mißerfolg keinen. Daherdürfte das große „Steuerentlastungsgesetz“, das derBundestag heute verabschiedet, schnell zum Wai-senkind werden. Längst gilt es auch seinen eigenenErzeugern in der SPD und unter den Grünen alsMißgeburt.Dem ist eigentlich kaum etwas hinzuzufügen.
Wenn Sie, Frau Scheel, diesen Gesetzentwurf so hef-tig verteidigen, der Ihren steuerpolitischen Aussagen inIhrer Wahlplattform völlig widerspricht,
dann kann ich nur feststellen, daß dies ein erneuter Be-weis für die Aufgabe aller Prinzipien und Grundsätzeder Grünen um den Preis der Machtbeteiligung ist. Dar-über sollten Sie sich auf Ihrem Parteitag unterhalten.
Meine Damen und Herren, in den über 25 Jahren in-tensiver Beteiligung an der Steuer- und Finanzpolitik derBundesrepublik Deutschland habe ich noch nie etwas soChaotisches bzw. ein so gewaltiges Durcheinander er-lebt.
Niemand durchschaut es mehr. Die Bundesregierungund ihre Vertreter können überhaupt keine Auskunft ge-ben, wie das alles zusammenwirken soll. Das ist nicht zuverantworten. Dies steht im Zusammenhang mit denwirklich absurden Äußerungen des Bundesfinanzmini-sters bezüglich seiner Kritik an der Deutschen Bundes-bank und der Europäischen Zentralbank sowie mit derunklaren Haltung der Bundesregierung zur Europapoli-tik.Das Ergebnis ist: Der Euro fällt, und die Zinsen be-ginnen wieder zu steigen. Herr Lafontaine, genau dasGegenteil haben Sie gewollt.
Dies setzt sich fort in Ihren unverantwortlichen Aus-sagen zum Ende der Bescheidenheit. Sie haben die Ge-werkschaften geradezu gezwungen, überhöhte Tariffor-derungen zu stellen,
die dann zu übermäßig hohen Tarifergebnissen geführthaben, die weit über dem Produktivitätsfortschritt lie-gen.
Ich sage Ihnen voraus – hören Sie einmal zu! –: Dasmuß mit mathematischer Sicherheit zu weiteren Entlas-sungen führen, weil ein entsprechender Rationalisie-rungsdruck ausgelöst wird. Das hat die Vergangenheitgezeigt, und das wird jetzt wieder eintreten. Dafür sindSie verantwortlich, Herr Lafontaine.
Schließlich zu Ihren immer wiederholten Betonungeneiner nachfrageorientierten Politik. Ihre Vorstellungenentsprechen einem vulgären Keynesianismus. JohnMaynard Keynes würde sich im Grabe umdrehen, wenner sähe, wie sehr er mißverstanden wird.
Christine Scheel
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Wir befinden uns nicht mehr in einer geschlossenenVolkswirtschaft, sondern in einer weltweit offenenVolkswirtschaft. Wir stehen im internationalen Wettbe-werb. Wenn Sie die Konsumkraft der Arbeitnehmer för-dern, dann kommt es doch auch darauf an, auf welcheProdukte sie sich richtet. Schauen Sie sich doch einmaldie Versandhauskataloge von Otto, Quelle und Ikea an,oder gehen Sie zu den großen Verbrauchermärkten!Achten Sie einmal darauf, welcher Teil dieser Produkteimportiert wird! Es nutzt doch keinem deutschen Ar-beitnehmer, wenn mehr importierte Konsumgüter ge-kauft werden. Es nutzt ihnen auch nichts, wenn mehrFernreisen gebucht werden.
Notwendig ist auch eine Verbesserung der Kosten-struktur der deutschen Wirtschaft, damit sie preis-werter anbieten kann. Dann werden auch mehr deutscheProdukte gekauft. Nur so wird ein Schuh daraus.
Die alleinige Betonung der Nachfrageseite führt völligin die Irre.
Sie machen bei dieser Diskussion einen zweitenFehler. Indem Sie nur die Konsumnachfrage betrachten,vernachlässigen Sie die Investitionsgüternachfrage.Bei den Investitionsgütern ist der Lieferanteil der deut-schen Hersteller wesentlich größer. Sie aber schädigendie deutsche Wirtschaft. Sie nehmen ihr Geld weg, sodaß sie die Investitionsmittel kürzt, was zu einem Nach-frageeinbruch auf den Investitionsgütermärkten führt.All das ist ein Beweis dafür, daß es bei dieser Steuer-und Finanzpolitik eine ordnungspolitische Orientierungnicht gibt. Das ist der eigentliche Kritikpunkt an dieserPolitik.
Ergebnis ist – Sie können es in der aktuellen Presse le-sen –, daß beispielsweise der DIHT voraussagt, das So-zialprodukt werde nur noch um 1,5 Prozent steigen. Daswird nicht ausreichen, den Rationalisierungseffekt aufdem Arbeitsmarkt auszugleichen.Im übrigen ist die Zahl der Auftragseingänge bei denMaschinenbauern dramatisch eingebrochen. Das ist fürdie Wirtschaft ein Tiefschlag. Das aber ist eine Reaktionauf die Verunsicherung, die Sie ausgelöst haben.
Hinzu kommt die völlig unklare Steuerpolitik.
Ich will Ihnen einmal aufzählen, welche steuerpoliti-schen Vorhaben anstehen: das Steuerentlastungsgesetz,über das wir heute bedauerlicherweise befinden müssen,die Ökosteuer, die zum Entsetzen vieler gestern verab-schiedet worden ist – das ist doch keine Ökosteuer, son-dern nichts anderes als eine Energiesteuererhöhung –,
und die katastrophalen Vorschläge hinsichtlich der 630-Mark-Jobs, über die heute nachmittag zu befinden ist,einschließlich des Steueranteils für diesen Bereich.
Da ist auch die Ankündigung einer Unternehmen-steuerreform. Zuerst wird abkassiert, und dann wird denUnternehmen ein Köder vor die Nase gehalten, indemgesagt wird: Es wird aber vielleicht besser; wir wollenmal schauen.Frau Scheel verteidigt diese Steuerpolitik nach derMethode „Versuch und Irrtum“, dieser neuen Strategieder Steuerpolitik: Wir versuchen es, und dann schauenwir mal; wenn wieder Tausende von Arbeitsplätzen ver-schwunden sind, korrigieren wir es eben wieder. – Sokann man Steuerpolitik nicht ernstzunehmend betreiben.
Hinzu kommt das Verfassungsgerichtsurteil zumSteuerrecht hinsichtlich der Familie. Wir erwarten einweiteres Verfassungsgerichtsurteil zur Besteuerung derRenten. Was ist eigentlich mit dem Soli? Soll er ewigerhalten bleiben? Von Steuersenkungen kann keine Re-de sein. Der Soli wird immer vernachlässigt, und dieÖkosteuer wird natürlich auch nicht eingerechnet.Schließlich bleibt das offene Thema Mehrwertsteuer, aufdas wir sicher noch zurückkommen werden.Meine Damen und Herren, dieses Chaos hat einenNamen: Oskar Lafontaine mit seinen beiden Staatsse-kretären Flassbeck und Noé. Das ist das „Trio Infernale“der deutschen Steuer- und Finanzpolitik.
Warum diese Hektik, Herr Lafontaine? – Weil Sie inHessen verloren haben,
weil die rotgrüne Koalition in Hessen verloren hat.
Sie, Herr Lafontaine, muten nun dem Ministerpräsiden-ten Hans Eichel zu, obwohl er abgewählt ist, diesechaotische Steuerpolitik im Bundesrat noch zu verteidi-gen.
Das ist nicht nur schäbig, das ist viel schlimmer: Es istundemokratisch.
Das ist nicht legitim. Eine abgewählte Regierung sollsich aus der Politik heraushalten und die Aufgaben undDr. Hermann Otto Solms
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die Verantwortung an die nachfolgende Regierung über-geben
und soll sich nicht in dieser Form in die aktuelle Politikeinmischen. Das ist unakzeptabel, und die Wähler wer-den es sich merken.
Herr Kollege Solms,
gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen von Lar-
cher?
Bitte schön.
Herr Solms, würden Sie
bitte zur Kenntnis nehmen, daß der Terminplan für die
Beratungen in einem Obleutegespräch interfraktionell
abgesprochen wurde, und zwar längst vor der Hessen-
wahl?
Aber, HerrKollege von Larcher, Sie wissen, es gilt:
Nun mach mal einen Plan und sei ein kluges Licht, dannmachste noch ´nen Plan, doch gehen tun sie beide nicht.
Sie wissen doch, daß, wenn ein Terminplan nicht ein-gehalten werden kann – weil es Beratungsbedarf gibt –,ein neuer Plan gemacht werden muß. Man hält sich dochnicht an einen Terminplan, ohne sich um die Inhalte zukümmern. Das ist doch absurd.
Auf dem Deckblatt dieses Gesetzentwurfs stehen vierZiele. Erstens soll er „einer Verbesserung von Wachstumund Beschäftigung durch Stärkung der Investitionskraftder Unternehmen und nachhaltige Belebung der Binnen-nachfrage“ dienen, zweitens „einer spürbaren Entlastungvon Arbeitnehmern und Familien“, drittens „der Schaf-fung von mehr Steuergerechtigkeit“ und viertens „einerVereinfachung des deutschen Steuerrechts“.Genau das Gegenteil dessen wird eintreten. In bezugauf die Steuergerechtigkeit wird es eine Verschlechte-rung geben, weil unterschiedlich entlastet und belastetwird; das gilt schon für die Arbeitnehmer. Sie entlastenunten, aber die Leistungsträger, die Facharbeiter, die In-genieure, werden so gut wie nicht entlastet. Das giltauch für einen Vergleich zwischen Wirtschaft, Arbeit-nehmern und Leuten, die aus anderen EinkommensartenEinkünfte erzielen. Die einen werden sehr viel höher be-steuert; die unternehmerischen Gewinne werden imVergleich dazu niedriger besteuert. Das wird und mußzu Manipulationen führen.Damit ist auch gleichzeitig die Frage nach der Steu-ervereinfachung beantwortet: Das Steuerrecht wirdkomplizierter, es wird manipulationsanfälliger, es wirdinterpretationsbedürftiger. Die Steuerverwaltung wirdzunächst gar nicht wissen, wie sie damit umgehen soll.Sie haben es ja selbst noch nicht verstanden. Wie sollendie es denn wissen?
Schließlich ist festzuhalten, daß die Entlastung derArbeitnehmer unterschiedlich hoch ausfällt, wie ich Ih-nen gesagt habe. Sie haben gesagt: „Sie werden entla-stet“; das ist aber nicht der Fall. Insbesondere die Ar-beitnehmer, die keine Kinder haben, aber gleichwohlÖkosteuer zahlen müssen, haben von dieser Entlastungso gut wie gar nichts.
Wenn Sie schließlich eine Verbesserung von Wachs-tum und Beschäftigung versprechen: Das ist doch ein-fach ein Witz. Die Wirtschaft – Mittelstand, kleine Un-ternehmen, Selbständige, freie Berufe und Großunter-nehmen – wird erheblich mehr belastet. Wenn Sie, HerrLafontaine, vorhin gesagt haben, die mittelständischenUnternehmen würden um 3 Milliarden DM entlastet,dann entgegne ich: Das mag ja stimmen; gegenüberdem, was Sie in Ihrem ursprünglichen Entwurf vorgese-hen haben, werden sie um 3 Milliarden DM wenigerbelastet. In Wirklichkeit werden sie höher belastet, undzwar bis zum Jahr 2002 ganz sicher. In dieser Zeit gehenviele Tausende und Zehntausende von Arbeitsplätzenverloren, weil sich die Voraussetzungen für sie ver-schlechtert haben. Da nützen Entlastungsankündigungenfür die Zeit danach überhaupt nichts, weil Sie die Ar-beitsplätze, die weg sind, nicht zurückholen.Ich will auf die vielen Einzelheiten nicht eingehen. Esgibt so viele Beispiele, mit denen man das belegen kann.Ich denke nur an das Problem des Teilwertes und anden Begriff des dauerhaften Wertverlustes. Wer soll dasdenn definieren? Wer hat die Beweislast? Es gibt über-haupt keine Erfahrung damit. Natürlich wird den Unter-nehmen die Möglichkeit der Teilwertabschreibung ent-zogen, es sei denn, sie könnten nachweisen, daß eindauerhafter Wertverlust vorliegt, wobei ihnen nicht ge-sagt wird, wie sie das nachweisen sollen. Das ist absurd,schafft nur Irritationen und bewirkt einen Einbruch beiden betroffenen Betrieben.Ich kann auch noch das Abzinsungsgebot nennen.Das führt allein bei der Energiewirtschaft zu Belastun-gen von 25 bis 30 Milliarden DM, bei den Versicherun-gen zu Belastungen von rund 14 Milliarden DM. Beianderen Unternehmen gibt es ebenfalls Belastungen. Siewerden es ja sehen.
Dr. Hermann Otto Solms
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1918 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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Dann kann doch der Bundeskanzler den Versicherungs-unternehmen nicht sagen: Das mag ja so sein; wenn esdann eingetreten sein wird, werden wir es überprüfen;dann schauen wir, was wir machen können. – So kannman verantwortungsvolle Politik in Deutschland nichtbetreiben, und das muß den Menschen gesagt werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Bilanz nach 100Tagen rotgrüner Steuerpolitik ist mehr als ernüchternd;sie ist erschütternd. Der Dilettantismus, mit dem zuWerke gegangen wird, macht deutlich, daß ein schlüssi-ges Konzept fehlt. Ohne ordnungspolitische Orientie-rung hangelt sich die Koalition von einer Fehlentschei-dung zur nächsten.Ich will ein Beispiel zeigen. Wissen Sie, was das ist?
– Das ist nicht der Steuergesetzentwurf. Das ist auchkein Kommentar dazu. Das sind die Korrekturvorschlä-ge der Bundesregierung zu ihrem eigenen Gesetzent-wurf, und zwar teilweise in mehrfacher Form. Ich neh-me einmal den, den ich obenauf gelegt habe: „Umdruck-Nr. 01 neu 4“. Was heißt das? Das ist die fünfte Kor-rektur desselben Sachverhalts innerhalb weniger Wo-chen. Dies ist noch am Dienstag in einer zusätzlichenFinanzausschußsitzung vorgelegt worden.
Das ist nicht zu fassen! Kein Mensch durchschaut dasnoch. Das ist für alle, die daran beteiligt sind, kaumnoch zu verstehen.
Uns sind insgesamt über 300 Seiten vorgelegt worden,wenn man die ausgetauschten Seiten mitrechnet. Das istwirklich eine Katastrophe.Offenkundig hat die Bundesregierung den Überblickdarüber verloren, wie sich die einzelnen Maßnahmenauswirken, wie sie sich im Zusammenhang auf die Steu-erpflichtigen auswirken, wie sie sich auf die öffentlichenHaushalte auswirken. Die Berechnungen über die Aus-fallwirkungen oder Belastungswirkungen sind reineSpekulationen. Es sind einfach Annahmen getroffenworden, auf Grund derer man dann gerechnet hat. Manhätte genausogut völlig andere Annahmen treffen kön-nen. Die vorgelegten Berechnungen sind sicher falsch;die Belastungen für die Wirtschaft sind jedenfalls höher.Das beweisen die Berechnungen der Betroffenen. Diesewissen in ihren Bilanzen besser Bescheid als der Bun-desfinanzminister.
Die Finanzplanung verliert jegliche Aussagekraft.Die durch die rotgrüne Koalition geschaffene Verun-sicherung führt zu Attentismus. Investitionsvorhabenwerden zurückgestellt, Arbeitsplätze gehen verloren –wir erleben es täglich –, und Betriebsstätten werden insAusland verlegt.
Es wird ein Schaden angerichtet, der in vielen Jahrennicht wiedergutzumachen ist. Es ist wirklich unverant-wortlich, was hier geschieht.
Meine Damen und Herren, zum Schluß: Art. 65 desGrundgesetzes sagt im ersten Satz:Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien derPolitik und trägt dafür die Verantwortung.
– Er mag sicher wichtigen Aufgaben nachgehen. Dasentschuldige ich; dafür habe ich Verständnis.
Aber wo bleiben die Richtlinien? Wenn offenkundig ist,daß kein klares Konzept besteht, muß doch einer in die-sem Verein da sein, der sagt, wo es langgeht. Das ist dieAufgabe des Bundeskanzlers. Wo bleibt er da?
Da nützt noch so geschicktes, mediengerechtes Auftre-ten in vielen Talk-Shows nichts. Ich muß anerkennendsagen: Er kann das gut; ich wäre froh, wenn ich es so gutkönnte.
Aber seine Hauptverantwortung liegt woanders. SeineHauptverantwortung liegt in seinem Amt als deutscherBundeskanzler, für das er vereidigt worden ist. Er hatdie Richtlinien der deutschen Politik zur Wahrung derInteressen der deutschen Bürger zu bestimmen und hatdas zu verantworten. Er hat sich nicht nur in den vielenTalk-Shows herumzutummeln.Deswegen darf ich abschließend in der Sprache derMedienanstalten fragen: Was nun, Herr Bundeskanzler?
Das Wort hat nun
Kollegin Barbara Höll, PDS-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kol-leginnen und Kollegen! Ein verständliches, transparen-tes Steuerrecht – so lautete der Anspruch aller Steuerre-formversuche, die wir hier in den letzten Jahren verhan-delt haben. Das war auch der Ihrige, meine Damen undHerren von der Regierung, und dies, so denke ich, ausgutem Grund. Bürgerinnen und Bürger haben ein Rechtdarauf, daß Gesetze nachvollziehbar sind.Sie haben insbesondere auf dem Gebiet der wirt-schaftlichen Gestaltung ihrer Lebensführung das Recht,in eigener Regie agieren zu können. Langfristige Pla-nungen, Risikolebensversicherungen, einen Hauskaufoder einen Bausparvertrag möchte man realisieren kön-nen, ohne jeweils Geld für Beratung in steuerlichen Fra-gen ausgeben zu müssen. Dies ist nicht nur ein Gebotder Rechtsstaatlichkeit, sondern auch ein wesentlichesDr. Hermann Otto Solms
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 1919
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Element sozialer Gerechtigkeit, nicht zuletzt und geradeauch in der Steuergesetzgebung. Aber die Umsetzungdieses hehren Anspruchs ist leider wieder einmal ge-platzt.
Dies konnte bei dem chaotischen Gesetzgebungspro-zeß, den wir hier seit November vergangenen Jahres er-lebt haben, auch nicht anders sein.Nicht einmal zwei Monate nach der Wahl legte dieRegierung einen neuen, umfassenden Entwurf einesSteuerentlastungsgesetzes vor. Das schnelle Handeln er-staunte und erfreute die Öffentlichkeit. Scheinbare Ent-schlossenheit eines neuen Kanzlers kommt immer gutan. Der Finanzminister stand ihm zur Seite. In jahrelan-ger Opposition hatten sie ihre Konzepte ja entwickelt.Aber weit gefehlt: Die Abgeordneten des federführen-den Ausschusses wurden seit Januar mit 68 Umdruckentraktiert. Frau Scheel, wenn Sie als Ausschußvorsitzendebehaupten, es sei das Problem der Opposition, wenn siein diesem chaotischen Prozeß mit der Arbeit nicht nach-kommt, so stellen Sie Ihr eigenes Selbstverständnis alsParlamentarierin unter den Scheffel.Man muß sich das vorstellen: Beamte des Finanzmi-nisteriums diktierten uns noch während der Ausschuß-sitzung Änderungen in die Feder. Wie diese Änderungenkonkret aussahen, wußten auch Sie nicht. Sie haben sienicht einmal vorberaten; Sie haben sie auch im Aus-schuß nicht beraten. Das ist die Realität. Ich meine, hierist die Kritik der gesamten Opposition sehr wohl be-rechtigt gewesen.
Insbesondere wenn Sie neue Paragraphen einführen,wie bei § 2b, es aber ablehnen, dazu ein weiteres Ex-pertengespräch anzuberaumen, ist man erstaunt, nochdazu nach dem Debakel mit den aktiven und passivenEinkünften, von denen auch die von Ihnen eingeladenenSachverständigen nicht sagten, das sei eine gute Rege-lung. Sie nahmen sie zurück und legten einen neuenVorschlag vor. Den hätte man aber diskutieren müssen.Die Abstimmung war eigentlich schon am Montagdieser Woche abgeschlossen. Am Dienstag mußten wiraber noch einmal beraten. Dieses Gesetzgebungsverfah-ren verdient wahrlich nicht die Bewertung, geordnet undsachgerecht zu sein. Es war weder für uns Abgeordnetenoch für die Steuerpflichtigen transparent.Das Vorgehen der Regierung wirft aber noch einzweites nicht zu unterschätzendes Problem auf: Es istdie Frage des Zeitpunkts, zu dem das Gesetz in Krafttreten soll; denn im Gegensatz zum Ökosteuergesetz,welches zum 1. April in Kraft tritt, wird dieses Gesetzrückwirkend in Kraft treten. Das ist zwar verfassungs-konform – das will ich nicht in Abrede stellen –, aber fürdie Planungssicherheit der Bürger und Bürgerinnen undauch für die Planungssicherheit der Unternehmen hatdas natürlich maßgebliche Probleme aufgeworfen.Es stand zur Debatte, die Sanierungsaufwendungenzu streichen, den Steuerfreibetrag bei der Unterneh-mensveräußerung zu streichen. So kam es natürlich zuübereilten Entscheidungen von Bürgerinnen und Bür-gern und von Unternehmern. Vieles von dem, was zurDebatte stand, ist nicht umgesetzt worden. Wer also imVertrauen auf die Ankündigungen der Regierung gehan-delt hat, hat Pech gehabt, hat übereilt gehandelt – derenProblem, nicht Ihres. So kann man keine Steuerpolitikmachen. So werden Sie nicht das notwendige Vertrauenaufbauen. Es ist eine erhebliche Beeinträchtigung derPlanungssicherheit gewesen, daß die Bürger nach Ge-setzen handeln mußten, die noch nicht verabschiedetund veröffentlicht sind.Meine Damen und Herren von der Regierungskoaliti-on, der Bundesfinanzminister hat in seiner Rede nocheinmal betont: Sie sind angetreten, um die notwendigeKorrektur der Steuergesetzgebung – das Ergebnis16jähriger Politik der CDU/CSU-F.D.P.-Regierung –vorzunehmen. Sie wollten – das haben Sie heute nocheinmal betont – wieder eine Umverteilung von obennach unten. Sie wollten eine gerechte Lastenverteilungvon Steuern und Abgaben. Sie wollten die Rückkehrzum Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichenLeistungsfähigkeit. Darin haben Sie unsere volle Unter-stützung. Die Entlastung kleiner und mittlerer Einkom-men von Familien mit Kindern tut mehr denn je not.
Sie haben mit Ihren Vorschlägen reale Entlastungen be-wirkt. Für Ledige mit einem jährlichen Einkommen von20 000 DM wird es schon in diesem Jahr eine Entla-stung um 50 Prozent geben, für Verheiratete mit einemJahreseinkommen von 30 000 DM sogar eine Entlastungum 100 Prozent.Herr Solms, Ihren Einwand, daß die Leistungsträgernicht betroffen seien, finde ich schon ein bißchen ko-misch. Wer ein niedriges Einkommen hat, bringt keineLeistung? Darüber sollten Sie wirklich einmal nachden-ken.
Trotzdem, Herr Finanzminister, kann ich Sie und dieRegierungskoalition nicht daraus entlassen, daß Sie mitIhren Vorschlägen natürlich hinter den Erfordernissen,die Sie selbst noch in der 13. Legislaturperiode be-schrieben haben, und hinter den realen Erfordernissenzurückbleiben. Meine Damen und Herren von der SPD –in der 13. Legislaturperiode war der jetzige Herr Fi-nanzminister nicht Mitglied des Bundestages –, Sie for-derten noch für 1998 ein steuerfreies Existenzminimumvon 14 000 DM.
Bündnis 90/Die Grünen forderten 15 000 DM steuerfrei-es Existenzminimum. Sie forderten ein Kindergeld von300 DM. Jetzt wollen Sie für das Jahr 2002 gerade ein-mal eine Anhebung auf 14 000 DM vornehmen. Die alteBundesregierung hatte bereits für 1992 gesagt, 12 000bis 14 000 DM seien das steuerfreie Existenzminimum.Rechnet man das fort, müßten wir hier über 17 000 DMund nicht über eine Summe von 14 000 DM reden.
Dr. Barbara Höll
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1920 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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Sie bleiben mit Ihrem Vorschlag hinter dem verfas-sungsmäßigen Gebot zurück. Das ist für mich einfachwieder einmal sozialdemokratisch; es ist zwar sozial ge-rechter als das, was die CDU/CSU und die F.D.P. ge-macht haben, aber bei weitem noch nicht sozial gerecht.Weder das steuerfreie Existenzminimum noch dasKindergeld sind Sozialleistungen. Das möchte ich nocheinmal betonen; denn auch der Bundeskanzler hat diesin den letzten Diskussionen hier wieder eingebracht.Dieses Geld ist keine Manövriermasse, welches demStaat je nach Haushaltslage zur Verfügung steht, son-dern es bestehen verfassungsmäßige Rechte auf diesesGeld, es sind Teile des Einkommens, deren Schutz vordem Staat den Bürgern und Bürgerinnen verfassungs-mäßig zusteht.Wir, wie auch zahlreiche Verbände bestärken Sie inIhrem Willen, die Verhinderungspolitik der alten kon-servativen Regierung zu beenden. Herr Finanzminister,ich habe in Ihrer Rede das Aufzeigen einer wesentlichenQuelle zur Finanzierung der neuen Familienförderungeigentlich vermißt. Packen Sie endlich die Individualbe-steuerung an! Begrenzen Sie das Ehegattensplitting!Dann haben Sie viel Geld zur Verfügung. Wir fordernSie auf: Unternehmen Sie konsequente Schritte der Un-terstützung des Lebens mit Kindern!
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, so positiv dieseMaßnahmen sind – diese Maßnahmen begründen auchunsere Enthaltung heute bei der Abstimmung über die-sen Gesetzentwurf –, so muß ich doch sagen: Sie sindsehr teuer erkauft.
Herr Finanzminister, ich habe sehr wohl gehört, daß Siegesagt haben, in den letzten Jahren hätten die Unter-nehmen eine Entlastung von 50 Milliarden DM erhalten.Das ist völlig richtig; das wurde immer verschwiegen.Aber warum senken Sie dann nach Ihrem Gesetzentwurfdie Körperschaftsteuersätze auf einbehaltene Gewinne um5 Prozent, von 45 auf 40 Prozent? Das ist doch wider-sprüchlich. Vorhin haben Sie etwas anderes begründet.
Im Jahr 2000 wollen Sie eine rechtsformunabhängigeUnternehmensbesteuerung mit einem einheitlichenSteuersatz von 35 Prozent einführen, also insgesamt eineSenkung um 10 Prozent.Ursprünglich haben Sie vorgeschlagen, zur Gegenfi-nanzierung sollten die Unternehmen herangezogenwerden. Das ist richtig. 78 Einzelmaßnahmen waren imGespräch. Aber bereits dieser Ansatz der Aufkommens-neutralität, den Sie ja nicht durchhalten, widersprichtden Aussagen, die Sie vorhin getroffen haben, daß sichertragsstarke Unternehmen in Zukunft wieder stärker ander Finanzierung des Gemeinwesens beteiligen müssen.1970 haben diese noch 24 Prozent zum Steueraufkom-men beigetragen, inzwischen sind es nur noch 7 Prozent.Das Prinzip der Aufkommensneutralität kann da nichtfunktionieren.Sie haben vorhin richtig gesagt: Das, was bisher anSteuersenkungen für Unternehmen erfolgte, hat nichtdazu geführt, daß automatisch Arbeitsplätze geschaffenwurden. Gerade kleine Unternehmen wurden zusätzlichbetroffen, weil sie von den anvisierten Steuersenkungennichts hatten und nach Ihren Vorschlägen auch nichtshaben, denn sie zahlen oftmals keine Steuern. Wie ist esdenn in den neuen Bundesländern? Da wäre eine Stär-kung der Eigenkapitaldecke notwendig. Die brauchenhier andere Maßnahmen. Um beim Steuerrecht zu blei-ben: Wir schlagen Ihnen eine massive Erhöhung desGrundfreibetrages und die sofortige Senkung des Ein-gangssteuersatzes vor. Das würde tatsächlich kleinenund mittelständischen Unternehmen helfen.
Hinzu kommt – das muß man in aller Deutlichkeitsagen –, daß die vorgesehenen Streichungen bei derBemessungsgrundlage willkürlich waren und sind.Auch hier müssen Sie sich dem Vorwurf stellen, daß dieUndifferenziertheit wieder kleine und mittelständischeUnternehmen sehr stark trifft. Zwei Beispiele. Sie habenjetzt den Vorsteuerabzug für betrieblich und privat ge-nutzte Pkw bei Selbständigen pauschal auf 50 Prozentbegrenzt. Das heißt, Sie nehmen den Selbständigen, dieMöglichkeit mit einem Fahrtenbuch nachzuweisen, daßsie betrieblich mehr als 50 Prozent mit ihrem Fahrzeugunterwegs sind. Die scheinbare Regelung, daß man ei-nen Vorteil begrenzt, ist so undifferenziert, daß Freibe-rufler und Selbständige wieder unverhältnismäßig starkbetroffen werden.Das zweite Beispiel, das man unbedingt erwähnenmuß, ist die Mindestbesteuerung. Herr Lafontaine,nachdem aktive und passive Einkünfte vom Tisch sind –das begrüße ich sehr –, hatten Sie das Ziel, die über-schäumende Ausnutzung von steuerlichen Subventionenzu begrenzen. Dazu muß ich ganz klar sagen, meineDamen und Herren von der Regierungskoaltion: DieSPD hat doch genau diese legalen Steuersparmodellejahrelang im Bundestag mitgetragen. Bei der Diskussionim Jahre 1997 über die Werften waren Sie es, die gegendie CDU/CSU dafür gekämpft haben, daß die Steuer-sparmodelle erhalten bleiben. Vorher trugen Sie die pau-schalen Modelle mit, und jetzt wollen Sie sie pauschalqualifizieren. Beides kann nicht funktionieren.Wir haben von Anfang an im Bundestag gesagt: In-strumente wie die steuerliche Subvention können etwasbringen. Man kann sich dafür entscheiden, aber nur un-ter klaren Rahmenbedingungen, also Schaffung von Ar-beitsplätzen und nicht die Förderung des Luxuswoh-nungsbaus und des Büroleerstands in den neuen Bun-desländern, den wir überhaupt nicht brauchen. Man mußmit den Instrumenten zielgenau arbeiten.Mit der Mindestbesteuerung, Herr Lafontaine, habenSie das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Im Ergebniseines äußerst komplizierten Konstruktes haben Sie esgeschafft, daß die Gefahr besteht, daß Verluste aus rea-ler Wertminderung, die die Leistungsfähigkeit der Steu-erpflichtigen tatsächlich beeinträchtigen, nicht mehrgeltend gemacht werden können. Das kann doch nichtZielstellung einer sinnvollen Steuerpolitik sein. DieDr. Barbara Höll
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 1921
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Verliebtheit in die Mindestbesteuerung, Herr Lafontaine,hat Sie davon abgehalten, das Urteil der Sachverständi-gen zur Kenntnis zu nehmen.Man muß auch sagen: Sie haben das Steuerrecht da-mit komplizierter gemacht. Sie konnten keine Antwortdarauf geben, inwieweit dadurch Arbeitsplätze vernich-tet werden. Das ist noch nicht absehbar. Wir wissennicht, ob die Lobbyverbände in vollem Umfang rechthaben oder nicht. Dabei veranschlagen Sie lediglich eineSteuermehreinnahme in Höhe von nicht einmal 1 Milli-arde DM pro Jahr. In diesem Zusammenhang versteheich nicht, daß Sie dafür so viele Risiken in Kauf neh-men.Wir schlagen Ihnen vor: Seien Sie konsequent, schaf-fen Sie die Steuersparmodelle richtig ab! Das wäre derkonsequente und einfache Weg. Die Sachverständigen,darunter Professor Bareis, haben Ihnen das vorgeschla-gen. Streichen Sie zum Beispiel die degressive Ab-schreibung, die vor allem ertragsstarken Unternehmendient. Wandeln Sie die steuerliche Förderung in eine di-rekte Förderung um! Das wäre nämlich im Sinne derExistenzgründer sowie der kleinen und mittelständi-schen Unternehmen. Die PDS hat ihre Vorschläge dazuvorgelegt. Überlegen Sie sich für spezielle Bereiche wiezum Beispiel die Filmindustrie auch spezielle Regelun-gen. Ich halte das für sehr notwendig.Im Verlauf der parlamentarischen Behandlung desGesetzentwurfes wurden auf Druck von Wirtschafts-und Lobbyverbänden bis heute zahlreiche – darunterauch gerechtfertigte – Streichungen und Begrenzungensteuerlicher Subventionen wieder zurückgenommen.Hier erhalten Sie scharfe Kritik. Im Klartext heißt das:Bei den Unternehmen gibt es jetzt nicht mehr die vonIhnen angestrebte Aufkommensneutralität, sondern siewerden überproportional entlastet. Frau Scheel hat ge-sagt: Die Nettoentlastung ist um ein Drittel höher als ge-plant. Die höhere Nettoentlastung ist aber nichts anderesals das Nachgeben gegenüber dem großen Druck derWirtschafts- und Lobbyverbände. Dem hätten Sie stand-halten müssen.Auf die öffentlichen Haushalte hat all das verheeren-de Auswirkungen. Das wurde vorhin bereits angespro-chen; die Antwort von Frau Scheel war unbefriedigend.Auch wenn Sie Ihr Gesetz am 19. März durch den Bun-desrat bringen werden, vermisse ich die Phalanx IhrerLandesfinanzminister, die in voller Stärke hinter IhremGesetzentwurf stehen.
Es werden weitere Löcher in den Haushalt gerissen.Die Kommunen und die Länder werden belastet werden.Herr Lafontaine, dazu muß ich Sie wirklich etwas fra-gen. Sie haben vorhin ebenso wie in der letzten Wochegesagt, Sie wollen die Umverteilung. Warum ist Ihnen indieser Situation die Senkung des Spitzensteuersatzes 4Milliarden DM wert? Die Frage sollten Sie hier beant-worten. Solange Sie diese Frage nicht beantwortet ha-ben, sind Ihre anderen Äußerungen nicht glaubwürdig.Solange Sie hier kein klares Bekenntnis zu einerwirklichen Umverteilung abgeben, wird es natürlichweitere Spekulationen über die Mehrwertsteuererhöhunggeben. Eine solche Steuererhöhung aber würde bedeu-ten, daß doch nicht nach der wirtschaftlichen Leistungs-fähigkeit, sondern nach dem Verbrauch besteuert wird,und stellte im Endeffekt wiederum eine Belastung derFamilien und der Bezieher kleiner und mittlerer Ein-kommen dar.
Frau Kollegin,
denken Sie bitte daran, daß Ihre Redezeit abgelaufen ist.
Frau Präsidentin, ein letzter
Satz.
Über Haushaltseinsparungen werden Sie Ihr Ziel auch
nicht erreichen können, denn sie bedeuten zumeist auch
Einschränkungen von Dienstleistungen der öffentlichen
Hand für diejenigen Bürgerinnen und Bürger, die darauf
angewiesen sind.
In diesem Sinne enthält sich die PDS zu diesem wi-
dersprüchlichen Gesetz der Stimme, um zu dokumentie-
ren, daß Sie an bestimmten Punkten in die richtige
Richtung gehen, an anderen aber leider nicht.
Ich bedanke mich.
Zu einer Kurz-
intervention erhält jetzt der Abgeordnete Haupt das
Wort.
Frau Dr. Höll, ich war schonerstaunt, daß Sie als Vertreterin einer Partei, die dochangetreten ist, ostdeutsche Interessen zu vertreten, keinWort zu den Arbeitsplätzen in der ostdeutschenBraunkohleindustrie gesagt haben.Meine Damen und Herren, was sich so harmlos undtechnokratisch „Abzinsungsgebot für Rückstellungen fürSachleistungsverpflichtungen“ nennt, wäre im realenLeben, wenn es heute so beschlossen würde, verheerend.Darauf hat Herr Merz heute schon zu Recht hingewie-sen. Manches wird klarer, wenn man es mit einem kon-kreten Beispiel belegt.Ich komme aus einer Region, die durch Braunkohle-bergbau geprägt ist, der Lausitz. Hier sind nach derWende im Fließbandverfahren Arbeitsplätze abgeschafftworden. Von früher 70 000 Arbeitnehmern sind heutenur noch 7 000 beschäftigt. Ich komme aus der damalsso genannten Energie- und Bergarbeiterstadt Hoyers-werda. Heute gibt es dort mit 28 Prozent die höchste Ar-beitslosigkeit in Deutschland. Mit Blick darauf, daß dieBürger jetzt erst richtig begreifen, was auf sie zukommtund wie hier Arbeitsplätze vernichtet werden, bin ichschon sehr verwundert darüber, daß der Staatsministerfür ostdeutsche Belange nicht vehement die Alarmglok-ken schrillen ließ.
Dr. Barbara Höll
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1922 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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Die Braunkohle hat als subventionsfreier Energieträ-ger nach der Wende mühsam den Wettbewerb geschafft;ich erinnere nur an die Stichworte Privatisierung undLiberalisierung der Energiemärkte. Jetzt kommt ein An-schlag auf diese Industrie, der nichts anderes bedeutet,als daß Arbeitsplätze verlorengehen werden. Ich sageIhnen, meine Damen und Herren: Rekultivierung imOsten bedeutet nicht, daß nur die Landschaft schönerwird. Vielmehr ist Rekultivierung die Voraussetzung da-für, daß überhaupt Strukturwandel stattfinden kann, undder ist jetzt gefährdet. Das hat nichts mit Wirtschafts-lobbyismus zu tun. Ich bin bekennender Lobbyist fürmeine Region und für ostdeutsche Interessen.
Wenn die Wettbewerbsfähigkeit der ostdeutschenBraunkohle in strukturschwachen Regionen so gefährdetwird, dann werden weiterhin Arbeitsplätze vernichtet.Als negativer Synergieeffekt stellt sich dann auch eineBedrohung des Mittelstandes ein. Diese Verrücktheitgehört gebremst.Wenn Sie schon dieses Steuerentlastungspaket nichtablehnen wollen, weil Sie nicht über Ihren Schattenspringen können, dann bitte ich Sie, vor allen Dingen dieKolleginnen und Kollegen aus den neuen Ländern, ganzherzlich, unserem Entschließungsantrag zuzustimmen,der die Kohle aus diesem Abzinsungsgebot herausnimmtund damit das Problem wenigstens entschärfen würde.So lange darf keine Ruhe sein.Danke.
Herr Kollege, man nimmt
in einer Kurzintervention ja auf etwas Bezug, was auch
gesagt wurde. Ich habe davon in der Tat nicht gespro-
chen, weil meine Redezeit begrenzt war. Ich versichere,
daß wir uns hinsichtlich Ihrer Ausführungen zur Braun-
kohle in Übereinstimmung befinden. Ich bedanke mich,
daß Sie mich hier ergänzt haben. Auch wird vielleicht
noch der Finanzminister aus Sachsen zu diesem Problem
etwas anmerken. Es wird Ihnen auch nicht entgangen
sein, daß ich in meiner Rede darzulegen versucht habe,
daß ich viele Maßnahmen, die im Steuerentlastungsge-
setz enthalten sind, begrüße, aber auch sehr viele kriti-
siere. Allerdings konnte ich nicht das gesamte Spektrum
bedienen.
Das Wort hat
jetzt der Abgeordnete Detlev von Larcher.
Frau Präsidentin! Meinesehr geehrten Damen und Herren! Auch dieses Ge-setz steht unter unserem Motto „Versprochen und ge-halten“.
Ein Plebiszit über die Steuerreform sollte die Bundes-tagswahl werden. So wollte es Herr Dr. Helmut Kohl.Bei diesem Plebiszit haben sich die Menschen für unsereSteuerreform entschieden,
die Arbeitnehmer und Familien entlastet. Die SPD hat dasversprochen, jetzt lösen wir unser Versprechen ein. EineArbeitnehmerfamilie mit zwei Kindern und einem durch-schnittlichen Einkommen hat deshalb bereits in diesemJahr 1 200 DM mehr zur Verfügung; im Jahr 2002 wirddie Entlastung auf 2 700 DM ansteigen – versprochen undgehalten!Herr Merz, für Sie als Vertreter der CDU ist es ty-pisch, daß Sie zwar immer über Großkonzerne und überdie Versicherungswirtschaft geredet haben, aber keinWort zu Familien, kein Wort zu Arbeitnehmern und keinWort zu Normalverdienern gesagt haben.
In den 16 Jahren der Regierung Kohl gab es immerneue Steuergeschenke an Großunternehmen und Spit-zenverdiener. Die mittelständische Wirtschaft, ganz be-sonders aber die Arbeitnehmer und die Familien mußtendafür bluten. Die Steuerbelastung der Einkommen ausUnternehmertätigkeit und Vermögen hat sich seit 1982von 30 Prozent auf heute noch etwa 15 Prozent halbiert,während die Steuer- und Abgabenbelastung der Arbeit-nehmereinkommen im gleichen Zeitraum von 30 Pro-zent auf 37 Prozent gestiegen ist.Wir haben den Entwurf für ein Steuerentlastungsgesetzunmittelbar nach der Konstituierung des 14. DeutschenBundestages eingebracht und eingehend beraten. Er warin 13 der bisher 21 Sitzungen des Finanzausschusses Be-ratungsgegenstand. Allein über den § 2 b EStG wurde inzwei Sitzungen insgesamt fünf Stunden lang beraten. Wirhaben uns für die vielen komplizierten Einzelfragen beider Verbreiterung der Bemessungsgrundlage ausreichendZeit genommen. Die ursprünglich für zwei Tage geplanteSachverständigenanhörung im Dezember wurde noch umeinen dritten Tag im Januar ergänzt, um alle Fragen an-gemessen behandeln zu können. Die Forderung der Op-positionsfraktionen nach einer weiteren Anhörung zumSteuerentlastungsgesetz war deshalb unbegründet.Aus gutem Grund gewährt unsere Geschäftsordnungauch Minderheiten umfassende Rechte, wie zum Bei-spiel das Recht, eine Anhörung zu verlangen. Wir neh-men es aber nicht hin, wenn diese Minderheitenrechteaus rein taktischen Gründen überstrapaziert werden sol-len.
Anhörungen dienen der Einbeziehung von Sachverstandvon außen. Sie sind kein Mittel zur Verzögerung derparlamentarischen Beratungen.
Klaus Haupt
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 1923
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Sie, meine Damen und Herren von den C-Parteienund der F.D.P., müssen Opposition noch lernen. Wieschön wäre es, eine ernstzunehmende Opposition im Fi-nanzausschuß zu haben.
Kein einziger inhaltlicher Änderungsantrag im Aus-schuß, also dort, wo die Arbeit des Parlaments stattfin-det! Dafür Geschäftsordnungsdebatten, Filibustern, Zeitschinden, mit Obstruktion über die Zeit kommen, umuns das Zeitfenster zuzumachen! Die PDS hat Ihnen da-bei nach Kräften geholfen. Aber Sie sehen: Ihre Ob-struktionsversuche sind erfolglos; beide Gesetze – Öko-steuer gestern und Steuerentlastungsgesetz heute – pas-sieren pünktlich den Bundestag.
Anhörung heißt, Sachverstand von außen zu hören.Wir haben uns in einigen Punkten davon überzeugenlassen, daß der ursprüngliche Gesetzentwurf noch ver-bessert werden konnte. Wir nehmen begründete Ein-wände gerne auf.
Ich wundere mich ein bißchen, daß Sie dann mit einemhämischen Unterton über Nachbesserungen reden. Wür-den wir nichts verändern, könnte man uns mit Rechtvorwerfen, wir wären beratungsresistent.
Also haben wir Konsequenzen aus der Anhörung dortgezogen, wo es geboten war. Die Bereitschaft, etwas da-zuzulernen, habe ich in der vergangenen Wahlperiodebei Ihnen allerdings oft vermißt.
Wenn Sie jetzt über Änderungen reden, bei denen Sienicht durchsteigen, dann darf ich Sie vielleicht daranerinnern, daß Sie 1994 das Einkommensteuergesetzzwölfmal verändert haben. Zwölfmal in einem Jahr!
Zwei der Konsequenzen, die wir gezogen haben, willich ansprechen. Ein Ergebnis der Anhörung ist dieNeuformulierung zur Teilwertabschreibung. Mit derjetzt gefundenen Regelung ist sichergestellt, daß dauer-hafte Wertminderungen auch weiterhin steuerlich be-rücksichtigt werden können. Abschläge für saisonab-hängige Waren im Einzelhandel sind damit weiterhinmöglich. Auch Buchhändler und Verlage können schwerverkäufliche Bestände weiterhin niedriger bewerten.
Gleichzeitig wird mit der Beschränkung auf dauerhafteWertminderung und mit dem Wertaufholungsgebot aberausgeschlossen, daß völlig irreale Wertansätze in denSteuerbilanzen auftauchen, beispielsweise daß das ge-genwärtige niedrige Ölpreisniveau faktisch unbegrenztin die Zukunft fortgeschrieben werden kann.Im übrigen, Herr Merz, Sie haben versucht, sichScheinkompetenz anzueignen.
Sie haben über das Wertaufholungsgebot gesprochenund behauptet, Sie hätten das damals begrenzt. Siemüßten nur auf Seite 33 der Vorschläge der Steuerre-formkommission nachgucken; denn da steht: „Wert-aufholung nach Teilwertabschreibung auf den höhe-ren Teilwert ... ohne jede Begrenzung.“ In Ihrem Ge-setzentwurf war ebenfalls keine zeitliche Begren-zung enthalten. Aber hier spielen Sie den großen Fach-mann.
Eine weitere Änderung betrifft die Mindestbesteue-rung. Sie war der Schwerpunkt der Angriffe vor allemder Steuersparkünstler. Es gibt ab heute zwei Rege-lungen, die einander ergänzen und verhindern werden,daß sich die Spitzenverdiener durch die Nutzung vonSteuerschlupflöchern weiterhin arm rechnen und ihreSteuerlast auf Null senken.Die in der vergangenen Woche im „Handelsblatt“und anderen Blättern geschaltete ganzseitige Anzeigegegen den neuen § 2 b verdeutlicht, wie richtig wir lie-gen. Die Branche hat erkannt, welche Vorteile für siekünftig wegfallen, die der durchschnittliche Steuerzahlerbisher finanzieren mußte.
Dabei hatte der Initiator der Anzeige, der hinlänglichbekannte „Markt-Intern“-Verlag, zwecks Vortäuschungvon – nicht vorhandener – Seriosität keine Skrupel, auchFirmenlogos von Unternehmen zu verwenden, die vonder Anzeige nichts wußten. Der Vorstand der Westdeut-schen Immobilienbank, dessen Fondsgesellschaft auchals Unterzeichner genannt wird, hat sich in einemSchreiben an alle Mitglieder des Finanzausschusses aus-drücklich von der Anzeigenaktion distanziert. Er hätteweder vom äußeren Erscheinungsbild noch vom Inhalther eine Zustimmung erteilt. Das verdeutlicht um somehr, wie unglaubhaft diese Kampagne und wie richtigunsere heutige Entscheidung ist.
Wie ist jetzt die Reaktion des „Markt-Intern“-Verlags? Ich zitiere:Der massive und konzentrierte Einsatz hat sich be-reits jetzt gelohnt. Weihnachten ist zwar nicht inden Sommer gefallen, aber Silvester auf den 4.März. Bis zu diesem Tag ist jetzt Jahresendge-schäft. Flotte Initiatoren haben jetzt noch die Chan-ce, bereits aufgelegte Fonds zu plazieren. Finanz-dienstleister müssen die verbleibenden Tage unbe-dingt nutzen und ihren Kunden die letzten Steuer-sparmöglichkeiten eröffnen.Detlev von Larcher
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1924 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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Wenn ich mir die Pressionsversuche der Steuerspar-künstler vergegenwärtige, vor allem auch die Prospekte,mit denen sie auf Kundenfang gehen – ich wollte ei-gentlich ein bißchen daraus vortragen; das lasse ich jetztaber –,
vor Augen halte, dann muß ich sagen: Es ist für vieleDeutsche offenbar wichtiger, Steuern zu sparen, als ei-nen Orgasmus zu haben.
Der Sexualtrieb muß dem Steuerspartrieb den Platz einsüberlassen.
Aber ab morgen ist Schluß mit der Errichtung weitererInvestitionsruinen, die vorrangig aus steuerlichen Grün-den entstehen.
Ab morgen wird es in Deutschland eine neue Finanzie-rungskultur geben. Investitionen werden sich zukünftigdaran orientieren, ob sie wirtschaftlich sinnvoll sind, undnicht an den erzielbaren Steuerersparnissen.
Die insgesamt günstigen Abschreibungen und damit diegünstigen Investitionsbedingungen des deutschen Steu-errechts bleiben allerdings erhalten.Mit den Regelungen zum Verlustausgleich wird essteuerlich unattraktiv, systematische Verluste in großemUmfang zu erwirtschaften. Der Steuerzahler, über dendas „Handelsblatt“ vom 19. August 1997 berichtet, hättewomöglich 76 Jahre gebraucht, um alle seine Verlusteauszugleichen. Dieser Steuerzahler, der – ich zitiere ausdem „Handelsblatt“ – 1994 4,3 Millionen DM verdiente,investierte 13,6 Millionen DM in eine Mietwohnanlagein den neuen Bundesländern. Der daraus zugerechneteVerlust von 6,1 Millionen DM senkte seine Einkom-mensteuer für dieses Jahr auf Null. Zudem erhielt er in-folge eines Verlustrücktrages die für 1992 und 1993 ge-zahlten Steuern in vollem Umfang zurück. Da der Mannim Veranlagungsjahr 1994 auch noch negative Ein-künfte aus einer Schiffahrtsbeteiligung und von einerVerlustzuweisungsgesellschaft von 1,5 Millionen DMerzielte, kann er für die Folgejahre noch einen Verlust-vortrag geltend machen, der seine Steuern entscheidendmindern wird.Ich finde, es ist eine gute Nachricht für Arbeitnehmer,die ihre Lohnsteuer zwangsabgeführt bekommen, undfür alle ehrlichen Steuerzahler, daß wir diese schreiendeUngerechtigkeit unseres Steuersystems beseitigen; denndie Arbeitnehmer waren es doch, die die Gestaltungs-künstler aushalten mußten.Wir haben Ernst gemacht mit dem Prinzip Verbrei-terung der Bemessungsgrundlage und Senkung derSteuersätze. Dieses Prinzip war ja schon in den letztenJahren ein Leitmotiv der Diskussion über die Steuerre-form. Jetzt aber zeigt sich: Viele, die von diesem Prinzipgeredet haben, haben es ganz anders gemeint. Sie habennämlich gemeint: Tarifsenkung für mich, Verbreiterungder Bemessungsgrundlage allenfalls für die anderen.
Nahezu jede einzelne Maßnahme zur Verbreiterungder Bemessungsgrundlage in unserem Entwurf für einSteuerentlastungsgesetz ist jeweils von anderen Interes-senten heftig angegriffen worden. Nahezu jede einzelneMaßnahme wurde zum Dolchstoß hochstilisiert, der denUntergang der gesamten deutschen Wirtschaft zur Folgehaben würde. Wenn ich hochrechne, was verschiedeneUnternehmen und Verbände angeblich an zusätzlichenBelastungen zu erwarten haben – das will ich zu denInteressenten sagen, Herr Solms –, dann komme ichleicht auf mehrere hundert Milliarden DM. Herr Fi-nanzminister, Sie könnten glücklich sein, denn dannhätten Sie nie mehr Sorgen mit dem Haushalt.
Tatsächlich geht es hier aber um ein Gegenfinanzie-rungsvolumen von rund 30 Milliarden DM. Das sind3,5 Prozent der empirisch feststellbaren Einkommen ausUnternehmertätigkeit und –vermögen. Durch die deutli-che Senkung des Körperschaftsteuersatzes und des Spit-zensteuersatzes auf gewerbliche Einkünfte wird dergrößte Teil an die Unternehmen zurückgegeben.Ich kann gut verstehen, daß sich die Unternehmens-verbände für ihre spezifischen Interessen einsetzen. Daßwir im Verlauf der Beratungen ein Feedback aus derWirtschaft und der Bevölkerung erhalten, ist notwendigfür eine erfolgreiche Gesetzgebungsarbeit. Aber einigeschießen dabei doch weit über das Ziel hinaus. Deshalberwarte ich, daß diese Interessenvertreter verstehen, daßwir nicht jedem Wehklagen nachgeben können.
Wenn man zweimal hinschaut und ein bißchen nach-denkt, stellt man fest: So dramatisch, wie es dargestelltwird, wirken sich die Änderungen nicht aus. Die Versi-cherungsunternehmen wollen uns beispielsweise weis-machen, durch einige Neuregelungen im Bereich derRückstellungsbildung müßten sie zukünftig mehr Steu-ern zahlen, als sie Gewinne erwirtschaften. Wer ein biß-chen nachdenkt, weiß, daß dies bei einer Ertragsteuerabsurd ist.Die Opposition behauptet wider besseres Wissen un-ter anderem auch, der Mittelstand sei Leidtragender.
Der Herr Finanzminister hat schon mit Blick auf dasGutachten des Ifo-Instituts darauf hingewiesen, daß 3,5Milliarden DM Mittelstandsentlastung in unserem Ge-setzpaket enthalten sind. Sie können doch lesen!Ich fasse zusammen: Mit dem Steuerentlastungsge-setz kommt endlich die längst überfällige Trendwende inder Steuerpolitik.
Detlev von Larcher
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 1925
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Nachdem 16 Jahre lang Arbeitnehmer und Familienimmer stärker belastet wurden, werden sie jetzt deutlichentlastet. Auch mittelständische Unternehmen könnensich freuen. Sie werden ebenfalls deutlich um über3,5 Milliarden DM entlastet.
Großunternehmen und Spitzenverdiener werden endlichwieder einen angemessen Beitrag zur Finanzierung öf-fentlicher Aufgaben leisten müssen.Das Gesetz ist ein wichtiger Beitrag zu mehr Steuer-gerechtigkeit und zur Besteuerung nach Leistungsfähig-keit.
Es verdient eine breite parlamentarische Mehrheit.
Daß die vereinigte Opposition aus CDU/CSU, F.D.P.und PDS keinen konstruktiven Beitrag zu diesem wich-tigen Gesetz geleistet hat
und ihm heute ihre Zustimmung verweigert, wird ihrnoch leid tun.Die Koalition wird diesem Gesetz in zweiter unddritter Lesung einmütig ihre Zustimmung geben.
Das Wort hat
jetzt der Abgeordnete Hansgeorg Hauser.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Her-
ren! Der heute abschließend zu beratende Gesetzentwurf
entspricht in seiner Entstehungsgeschichte und in der
nachfolgenden Behandlung voll den chaotischen und
dilettantischen Vorgehensweisen dieser rotgrünen Re-
gierungstruppe.
Es begann, lieber Herr Minister, mit einer geheimen
Kommandosache bei Ihnen in der Baracke, wo eine
kleine Gruppe eine Reihe von Veränderungen ausgear-
beitet hat. Ich habe den Eindruck, daß dort Ärgernisse
aus den Betriebsprüfungen der Finanzverwaltung aufge-
listet wurden. Danach trat ein Verschönerungsverein
auf, der die Änderungen mit wohlklingenden Zielvor-
stellungen verpackte, die aber mit dem Inhalt des Ge-
setzentwurfs überhaupt nichts zu tun hatten. Anschlie-
ßend traten die Strategen auf den Plan, die das Gesetz in
Vorschaltgesetze und Hauptteil gliederten, um be-
stimmte Wohltaten noch als Weihnachtsgeschenk ver-
teilen zu können. Als nächstes mußte die Reparaturab-
teilung antreten, die zu einem Runderneuerungsschlag
ausholte, weil der Entwurf in den Anhörungen verrissen
wurde.
Sie legte mehrere Pakete Änderungsumdrucke mit meh-
reren hundert Seiten vor, die durch Tischvorlagen mit
neuen Änderungen der geänderten Änderungen ergänzt
wurden.
Zwischendurch hielten verschiedene Beschwichtigungs-
künstler, angefangen beim Kanzler über den Finanzmi-
nister bis hin zur Vorsitzenden des Finanzausschusses
und zu anderen Kollegen, die aufgebrachte Wirtschaft
und das staunende Volk mit großzügigen Beteuerungen
bei Laune, daß doch alles nachgebessert werde und sie
im übrigen nur das Beste wollten.
Das letzte Beispiel dafür haben wir gestern erlebt, als
man der Versicherungsbranche zugesichert hat, daß
man möglicherweise Korrekturen anbringen werde und
sich auf die Belastungen beschränken werde, die das
Ministerium ausgewiesen hat. Was ist das für eine Ge-
setzgebung, in deren Rahmen einzelne Branchen Entla-
stungen noch mit dem Ministerium aushandeln und ver-
sprochen bekommen? – Jeder muß sich offensichtlich
seine ihn betreffenden gesetzlichen Bestimmungen sel-
ber abholen. Im Gesetz steht davon nichts. Deswegen
bringen wir dazu einen Änderungsantrag ein, im dem es
klipp und klar heißt:
Rückstellungen für Geldleistungsverpflichtungen
sind nach der Maßgabe des § 12 Abs. 3 des Be-
wertungsgesetzes abzuzinsen.
Das ist eine gesetzliche Grundlage und kein leeres
Versprechen des Kanzlers.
Der Kollege Müller von den Grünen spricht von
einem lernenden Gesetzgeber. Ich stelle fest: Trotz
„learning by doing“ war alles vergebens.
Herr Kollege,
gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Scheel?
Ja, bitte.
Herr Hauser, ich habe eine ganz kurze Frage. Auch Siehaben jetzt wieder die Versicherungswirtschaft ange-sprochen. Ich erinnere mich gut an den Gesetzentwurfder alten Regierung, den Sie damals als Staatssekretärmitgetragen haben. Auch damals ging es darum, daßman die Rückstellungen in der Versicherungswirtschaftrealitätsnäher bewerten wollte. Es war damals ein Fi-Detlev von Larcher
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1926 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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nanzvolumen von 2,8 Milliarden DM angesetzt. Wir ha-ben jetzt ein Finanzvolumen von insgesamt 3 MilliardenDM vorgesehen. Haben Sie nicht den Eindruck, daß esetwas eigenartig ist, daß die Versicherungsbranche da-mals geschwiegen hat und heute, wenn es im Prinzip umdas gleiche Ziel geht, bei der rotgrünen Regierung auf-schreit?
Liebe Frau Kollegin Scheel, ich bin Ihnen sehr dankbar,daß Sie danch fragen. Das gibt mir nämlich die Gele-genheit dazu, darzustellen, daß auch wir mit den Ver-tretern der Versicherungswirtschaft diskutiert haben.Das ist durchaus richtig. Es gab auch bei uns Vorstel-lungen darüber, wie die Rückstellungen eingeschränktwerden sollten. Sie haben die Größenordnungen er-wähnt: Laut Ihrer jetzigen Aussage beträgt die Höhe derRückstellungen 8,75 Milliarden DM. Die Versiche-rungswirtschaft ist bei ihren Berechnungen von 14 Mil-liarden DM ausgegangen, nachdem ein Teil herausge-nommen worden war. Die Versicherungswirtschaft hattedamals eine Anzeige geschaltet. Aber wir hatten nachGesprächen und v o r Verabschiedung des Gesetzent-wurfes verschiedene Korrekturen angebracht. Deswegengab es nur noch eine geringfügige Belastung der Versi-cherungswirtschaft. Wenn Sie sich erinnern: Die Versi-cherungswirtschaft hat dem Finanzminister zugebilligt,daß sie eine Größenordnung von 6 bis 7 Milliarden DMmittragen würde.
– Lieber Herr Schösser, die Versicherungswirtschaft haterklärt, daß sie diese Größenordnung mittragen werde.Sie sollten sich Ihre Zwischenrufe sparen. Sie sollten Ih-re Kraft lieber im Finanzausschuß einsetzen. Dort kön-nen Sie etwas dazu sagen. Sie geben sonst den Verbän-den nur leere Versprechungen und Zusicherungen undtun im Finanzausschuß nichts, aber auch gar nichts.Frau Scheel, Tatsache bleibt, daß die Versicherungs-wirtschaft in einem erheblichen Ausmaß weiterhin bela-stet wird. Jetzt hat der Kanzler zugesichert, daß es eineÜberprüfung geben wird und daß möglicherweise eineKorrektur vorgenommen wird. Das ist kein Gesetzge-bungsverfahren. Deshalb werden wir diesen Antrag ein-bringen. Das, wovon ich gesprochen habe, muß im Ge-setz enthalten sein, damit entsprechende Planungssi-cherheit entsteht.Das – ich zitiere – „schaurige Kabinettsstück“ istnicht nur „peinlich“, wie es die „Hannoversche Allge-meine“ bezeichnet, sondern ein katastrophales Armuts-zeugnis der Gesetzgebung. Im Finanzausschuß herrsch-ten streckenweise Ratlosigkeit und fehlender Durch-blick. Ich habe volles Verständnis für junge Kollegenaus der SPD-Fraktion, die sich bitter über die Arbeit derRegierung beklagten. Ich zitiere:Die Fraktion durfte in den letzten Wochen vieleEntscheidungen nur noch absegnen. Diskussionensind nicht in Gesetzentwürfe eingeflossen. Mit desKanzlers Worten war alles entschieden.Des weiteren wird der Kollege Schneider im „Express“zitiert:Ich bin nicht dazu gewählt worden, in der Fraktionalles abzunicken.Im Ausschuß hatte man auf seiten der Koalitions-fraktionen offenbar Höllenangst, nochmals Experten zuden Änderungen und Neuerungen des Entwurfs zu hö-ren. Der umfassende Totalverriß der ersten Anhörungsteckte ihnen noch zu tief in den Knochen. Während derBeratungen – auch das ist bezeichnend – beteiligten sichdie Kolleginnen und Kollegen von der SPD und denGrünen kaum an Diskussionen und Nachfragen. Erläute-rungen waren offensichtlich nicht erwünscht, so daß nurnoch eines blieb: Augen zu und durch;
Zustimmung zu dem traurigsten Kapitel der deutschenSteuergesetzgebung.
Das Durchpeitschen im Finanzausschuß hat einenwesentlichen Grund:
Der Bundesratstermin am 19. März muß mit aller Ge-walt erreicht werden, damit die Stimmen Hessens nichtverlorengehen.
Eine abgehalfterte rotgrüne Landesregierung mit einemwortbrüchigen abgewählten Ministerpräsidenten ent-scheidet über dramatische Belastungen für die Wirt-schaft. Das ist ein miserabler, skandalöser Stil.
Das, was wir heute beschließen, müßten die Steuer-pflichtigen eigentlich schon seit dem 1. Januar diesesJahres anwenden. Daraus wird ersichtlich, daß Unter-nehmer und private Investoren seit Monaten im unklarensind. Eine besonders unrühmliche Attacke gegen diePlanungssicherheit nennt dies der Bonner SteuerrechtlerProfessor Seer. Er sagt:Es entspricht elementaren Geboten der Rechts-staatlichkeit, daß Gesetze für Normadressatennachvollziehbar, voraussehbar und berechenbarsein müßten.Er stellt fest, daß die technische Verkomplizierung undder Verlust des Rechtsgedankens in diesem „Werk“ ei-nen neuen Höhepunkt erreiche. Er hofft, daß das Steue-rentlastungsgesetz dem Bundesverfassungsgericht dieGelegenheit gebe, seine Rechtsprechung zur Rückwir-kung von Steuergesetzen erneut zu reflektieren und zupräzisieren.Insbesondere da die Gesetzentwürfe permanent geän-dert wurden und auch die Ankündigungen der Bundes-regierung, eine wichtige Voraussetzung für den Vertrau-ensschutz, nicht verläßlich waren, ist dieser Vertrau-Christine Scheel
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 1927
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ensschutz nicht mehr gewährt. Es ist zu erwarten, daßnicht nur diese Rückwirkung verfassungsrechtlich pro-blematisiert wird, sondern daß dieses Gesetz auch insge-samt, wie Seer sagt, „ein Fall für das Bundesverfas-sungsgericht“ wird.
Die Ziele sind eklatant verfehlt worden. Sie verspre-chen mehr Arbeitsplätze, mehr Vereinfachungen, mehrEntlastungen und mehr Gerechtigkeit. Das erste Ziel istschon im Ansatz verkehrt formuliert. Nicht die Bele-bung der Nachfrage und die Stärkung der Massenkauf-kraft, sondern die Verbesserung der Investitionskraft derUnternehmen schafft mehr Wachstum und Beschäfti-gung und damit neue Arbeitsplätze. Durch die Bela-stungen der Wirtschaft, wie sie von diesem Gesetzausgehen, wird jedoch nach übereinstimmender Aussageder Experten kein neuer Arbeitsplatz geschaffen werden;
vielmehr werden die düsteren Prognosen über den Ver-lust von Hunderttausenden von Arbeitsplätzen sehrschnell Realität werden.
Die Frühjahrsumfrage des DIHT hat bestätigt, daßnicht nur die Wachstumsschwächen auf Exportmärktendas Konjunkturklima eintrüben, sondern daß insbeson-dere die rotgrüne Finanz- und Wirtschaftspolitik zu dra-stischen Wachstumseinbrüchen führt.Besonders negativ werden sich die veränderten Vor-schriften bei der Teilwertabschreibung und bei denRückstellungen auswirken. Auch wenn die Teilwertab-schreibung, wie schon ausgeführt worden ist, nichtkomplett abgeschafft wird, so wird doch der Nachweiseiner dauernden Wertminderung, insbesondere im Um-laufvermögen, das nicht auf Dauer dem Betriebsvermö-gen dienen soll, erheblich erschwert. Deswegen wird esneue Streitereien mit den Betriebsprüfern geben.
Im übrigen darf ich noch einmal darauf hinweisen,daß hier Scheingewinne besteuert werden. Das wirdneue Schwierigkeiten bei der Kreditvergabe geben. Da-mit zahlen die kleinen und mittleren Unternehmen dieZeche dieser Maßnahmen.Es ist hier gesagt worden, daß auch in unserem Steu-eränderungsgesetz das Wertaufholungsgebot gestandenhätte.
– Das ist richtig; das haben Sie vollkommen richtig vor-gelesen. Der kluge Rechtsfreund liest aber auch Abs. 2.Da steht klipp und klar, daß wir es nicht rückwärts ge-richtet, sondern vorwärts gerichtet einführen wollten.Das war der entscheidende Punkt dabei.
– Natürlich ist das so gemacht worden. – Wir haben dar-über lange Diskussionen geführt. Aus den dabei gewon-nenen Erkenntnissen wollten wir es nur nach vorne ge-richtet angewendet wissen.Meine Damen und Herren, über die Probleme derVersicherungs- und Energiewirtschaft ist genügend ge-redet worden, auch über die Probleme im Bereich derBraunkohle. Es ist mir unverständlich, daß angesichtsder drohenden Schwächung der Unternehmen und desdamit einhergehenden Arbeitsplatzabbaus unsere War-nungen im Finanzausschuß von den Kollegen aus derRegierungskoalition mit Gelächter zur Kenntnis ge-nommen wurden. Sie rufen ja auch jetzt wieder: „Kas-sandra, Kassandra!“ Auch hier zeigt es sich, daß Sienicht das nötige Verantwortungsbewußtsein haben,wenn es um die Sicherheit der Arbeitsplätze geht.
Den Arbeitslosen in diesem Land wird mit diesemGesetz die Hoffnung genommen, daß sie bald wiedereinen Arbeitsplatz finden.
Die kostspieligen Tariferhöhungen tun hier leider einübriges. Auch das muß man hier am Rande einmal er-wähnen.Sie, Herr Minister, sprachen von Fondsbeteiligun-gen. Die Einfügung des § 2b ist das besondere Glanz-stück Ihrer Arbeit. In der Hoffnung, die Abschreibungs-branche zu treffen, wird mit diesem neuen Paragraphenein Kahlschlag im Bereich der bisher steuerbegünstigtenInvestitionen beispielsweise bei Immobilienfonds, beider Finanzierung von Filmen – Herr Naumann hört dageflissentlich weg –, bei alternativen Energieanlagenoder auch bei venture-capital vorgenommen. DieserMonsterparagraph 2b ist ein Musterbeispiel für eine mi-serable Formulierungsarbeit und für eine unglaublicheVerkomplizierung. In Verbindung mit der neu einge-führten Verlustverrechnung ist er kaum administrabel.Wenn mir mehr als zwei Leute aus Ihrer Fraktion erklä-ren können, wie diese Verlustverrechnung funktioniert,gebe ich gerne einen aus. Das werden Sie mit Sicherheitnicht können.
Meine Damen und Herren, mit den Zuschriften, indenen die vielen unbestimmten Rechtsbegriffe in diesenneuen Paragraphen und das vollkommene Fehlen derRechtsbestimmtheit, die für jedes Gesetz erforderlich ist,kritisiert werden, kann ich nur sagen: Hier werden zwardie Möglichkeiten für Abschreibungskünstler abge-schafft, aber durch Ihre verklausulierten Bestimmungensind jetzt die Beschreibungskünstler gefordert. MeinSpruch, daß ein Geschäft nur dann ein Geschäft ist,wenn man dem Finanzamt beigebracht hat, daß es keinGeschäft war, muß jetzt dahin gehend abgewandelt wer-den, daß es nur dann ein Geschäft ist, wenn man demFinanzamt beigebracht hat, daß es möglicherweise keinGeschäft war. Ganz zum Schluß muß dann im Prospektstehen: Es könnten auch irgendwo Verluste entstehen. –Hansgeorg Hauser
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1928 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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Wenn ich diese Kunst des Neuformulierens so be-herrsche, bin ich wieder der König.Das Thema Schachteldividende ist hier angespro-chen worden. Auch hier wird es mit Sicherheit Klagengeben. Die jetzigen Formulierungen entsprechen nichtder EG-Mutter-/Tochter-Richtlinie. Hier steht klipp undklar nur etwas von einem wahlweise anzusetzenden Pau-schalbetrag von 5 Prozent für typischerweise anfallendeVerwaltungskosten; von Finanzierungskosten ist keineRede. Wenn Sie jetzt 15 Prozent ansetzen, heißt das, daßein Unternehmen, das beispielsweise keine Finanzie-rungskosten hat, zu hoch besteuert wird. Das ist verfas-sungswidrig und entspricht nicht der EG-Richtlinie. Esgibt nur drei Länder, die dieses Wahlrecht anwenden.Sie bestrafen die deutschen Unternehmen, indem Sie mitdieser Formulierung ein wettbewerbsverzerrendes Ele-ment einführen.Es könnte natürlich auch sein, daß Sie den Großkon-zernen damit den Kampf angekündigt haben. Das wäredann ein Geschenk an Ihre neuen Freunde von der PDS,an die Sie sich anbiedern wollen.
Im großen und ganzen werden Sie daran keine Freudehaben.
Es gäbe noch vieles zu sagen, zum Beispiel zu denVeräußerungsgewinnen, bei denen Sie die kleinenHandwerker, Freiberufler oder Versicherungsvertreter –von denen haben wir sehr viele Briefe bekommen – be-strafen, indem der halbe Steuersatz wegfällt.
Außerdem fallen eine ganze Reihe anderer Dinge weg.Lieber Herr Finanzminister, die Familien und dieArbeitnehmer müssen verdammt viel Geduld aufbrin-gen, um die Entlastungen zu bekommen, die Sie immerversprechen. Sie werden es erleben: Bis zum Jahr 2002wird – gestern haben Sie mit der Einführung der Öko-steuer schon damit begonnen – längst an anderen Stellenalles wieder einkassiert sein. Ihre halbherzigen Dementisbei den Diskussionen um die Mehrwertsteuererhö-hung sprechen doch eigentlich Bände. Es ist längst vor-gesehen und geplant, daß Sie hier neue Belastungenschaffen werden. Damit bezahlen die Arbeitnehmer unddie Familien das, was Sie mit diesem Gesetz hier an-richten.
Das Wort hatjetzt der Abgeordnete Klaus Müller.Klaus Wolfgang Müller (BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolle-ginnen und Kollegen! Herr Solms hat vorhin zu Beginnseines Beitrages die „FAZ“ zitiert. Ich würde gerneHerrn Michelbach auf seine doch sehr harten Vorwürfewie „Arbeitsplatzvernichtungsprogramm“ etc. mit dem„Handelsblatt“ antworten.
Das „Handelsblatt“ – unverdächtig, von Rotgrün besto-chen zu sein – schreibt heute in der Überschrift: „Mittel-stand ist der Gewinner des Steuerreform-Hickhacks“.
Weiter heißt es:Die Sieger des Hickhacks der letzten Wochen überdie Gegenfinanzierung des Steuerentlastungsgeset-zes ... sind die mittleren und kleinen Unternehmen.
Ich finde, wenn man hier mit dem Stakkato auf eineSteuerreform einprügelt, wie es Herr Michelbach getanhat, sollte man noch einmal genau nachlesen, was ande-re Berufene sagen.Auch in dem Artikel in der „FAZ“, den Herr Solmszitiert hat, kann man, wenn man ihn weiterliest, fest-stellen, daß es dort, in etwas verhaltenem, „FAZ“-typischem Stil, heißt:Hoffnung machen kann sich – allerdings mit gro-ßen Fragezeichen –– die haben wir heute, glaube ich, ausgeräumt –auch der Mittelstand.Das heißt, selbst von der „FAZ“ und vom „Handels-blatt“, zwei doch nicht ganz unwichtigen Publikationen,wird der rotgrünen Koalition beschieden, daß zumindestder Mittelstand nicht das Opfer ist, sondern eher zu denProfiteuren dieser Steuerreform gehört.
Wie heißt es so schön: Tue Gutes und rede darüber.Der Grundfreibetrag steigt auf 14 000 DM. Wir senkenden Eingangssteuersatz auf unter 20 Prozent. Wir sen-ken den Spitzensteuersatz auf 48,5 Prozent. Wir senkenden Körperschaftsteuersatz auf 40 Prozent, sogar rück-wirkend zum 1. Januar dieses Jahres. Wir senken denSteuersatz auf gewerbliche Einkünfte auf 43 Prozent.Gestern haben wir die Senkung der Lohnnebenkostenum 0,8 Prozentpunkte beschlossen. Am Ende der Le-gislaturperiode – zum nächsten Wahlkampf mit Ihnen –werden die Lohnnebenkosten unter 40 Prozent liegen.Wir haben eine Unternehmensteuerbelastung von 35Prozent angekündigt. Auch dies werden wir halten, ge-nauso, wie wir auch unsere Versprechen bezüglich derÖkosteuer und des vorliegenden Steuerentlastungsgeset-zes halten werden.Unser Konzept mit einer Nettoentlastung von 20,5Milliarden DM ist sicherlich hart an der Grenze dessen,was die öffentlichen Haushalte vertragen können. IchHansgeorg Hauser
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 1929
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sehe auch, daß wir in den Haushaltsberatungen in dennächsten Jahren schwer daran zu arbeiten haben werden.Trotzdem ist dieses Konzept immer noch wesentlichrealistischer als das, was Sie uns als Alternative präsen-tieren: eine Nettoentlastung von 30 Milliarden DM, inWirklichkeit von 45 Milliarden DM, verschämt ver-steckt durch eine Mehrwertsteuererhöhung.Herr Hauser und alle anderen, die heute immer wie-der versucht haben, uns mit der Mehrwertsteuer vorzu-führen: Die einzigen, die schwarz auf weiß etwas zu in-direkten Steuern geschrieben haben, waren Sie in IhremSteuergesetz der Petersberger Beschlüsse in der letztenLegislaturperiode. Ansonsten finden Sie nirgendwo, we-der bei den Grünen noch bei der SPD, noch beim Bun-desfinanzminister, irgend etwas zum Thema Mehrwert-steuererhöhung.Wir haben in unserem Gesetzentwurf die Ziele Ver-besserung von Wachstum und Beschäftigung, Entla-stung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowieder Familien, Steuergerechtigkeit und -vereinfachungniedergeschrieben.
Dazu ist heute schon viel gesagt worden. Es ist Ihr gutesRecht, uns zu kritisieren und zu behaupten, daß dieseZiele nicht umgesetzt werden.Trotzdem, so glaube ich, erreichen wir durch die vor-gesehene Senkung der Steuersätze einen Impuls, auchwenn wir uns eine stärkere Absenkung gewünscht hät-ten. Das ist gar keine Frage. Wir erreichen damit eineEntlastung der Familien, und zwar konkret durch dieErhöhung des Kindergeldes, die Sie immer belächelt ha-ben. Wir erreichen eine höhere Steuergerechtigkeit da-durch, daß wir nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip be-steuern.
Dadurch, daß wir zahlreiche Vergünstigungen streichenund so eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage er-zielen, gehen wir einen Schritt in Richtung Steuerge-rechtigkeit und -vereinfachung.Ich bin mit Ihnen einig, daß wir uns da mehr ge-wünscht hätten. Ich glaube, das hätten sich alle Abge-ordneten im Finanzausschuß gewünscht. Aber es istfestzustellen: Von Ihnen ist während der Ausschußbe-ratungen kein einziger Änderungsantrag eingebrachtworden. An keinem einzigen Punkt haben Sie gesagt: Dakönnten Sie im Bereich der Gegenfinanzierung und zurSenkung der Steuersätze weitergehen. – Ich muß michjetzt allerdings ein Stück weit korrigieren – seit eben giltmeine Bemerkung nicht mehr –: Ich habe um 11.25 Uhrden ersten Änderungsantrag der Opposition erhalten.
Das ist Ihre „konstruktive Mitarbeit“ an den laufendenBeratungen des Bundestages. Immerhin war das derletztmögliche Zeitpunkt; das sei Ihnen eingestanden. Ichfinde, ein einziger Änderungsantrag ist für eine ernst-hafte Beratung angesichts eines so wichtigen Themasetwas wenig.
Jetzt können Sie natürlich sagen: Es gibt ja nochmehr von uns. Das ist richtig. Es liegen mehrere Ent-schließungsanträge der CDU/CSU-Fraktion und derF.D.P.-Fraktion vor, die letztendlich extrem rückwärts-gewandt sind. Denn der Gehalt dieser Entschließungs-anträge besagt nichts anderes als das: Wir verweisennoch einmal auf das, was wir in der letzten Legislaturpe-riode eingebracht haben. Das haben Sie ja im Wahl-kampf verschämt relativiert, als Ihre Kollegin Nolte ver-sehentlich ausgeplaudert hat, was die Fußnote in IhremGesetzentwurf tatsächlich bedeutete. Ich stelle nur fest:Mehrwertsteuererhöhung.Auch die PDS macht in ihrem Entschließungsantrag– immerhin haben Sie einen etwas ausführlicheren An-trag zustande gebracht – keine konkreten Vorschläge,was wir zur weiteren Senkung von Steuersätzen und zurVerbreiterung der Bemessungsgrundlage tun können.
Herr Hauser, Sie haben vom „lernenden Gesetzgeber“gesprochen. Sie haben das ein Stück weit hämisch ge-meint. Ich gebe zu: Ich bin sehr stolz darauf, daß sichdie Koalitionsfraktionen in diesem Beratungsverfahrenviele Expertisen zu eigen gemacht haben. Ich dankeausdrücklich all den Vertreterinnen und Vertretern derVerbände, der Wirtschaft, der Institute und der Wissen-schaft, die uns in den Verfahren beraten und uns Briefegeschrieben haben. Ich glaube, die deutschen Telefonge-sellschaften haben an den zahlreichen Faxen, die uns inden vergangenen Monaten geschickt wurden, viel ver-dient.Es ist richtig, daß es notwendig ist, Gesetzentwürfeim Laufe des Beratungsverfahrens zu korrigieren. Nur,Herr Solms, uns an dieser Stelle „Versuch und Irrtum“zu unterstellen, dazu kann ich nur sagen: In der letztenLegislaturperiode hat es zahlreiche Jahressteuergesetzegegeben. Für mich klingt das, was Sie uns jetzt vorwer-fen, eindeutig nach dem Prinzip Versuch und Irrtum.
– Das, was Sie hier immer wieder hochhalten, sind jedeMenge sehr dünn beschriebene Seiten. Also wedeln Sienicht mit viel Papier. Das ist etwas billig.
Ich will zum Schluß versuchen, auf den Vorwurf ein-zugehen, die Steuergesetze der neuen Mehrheit hättenkeine Leitidee und seien nicht miteinander verknüpft. Esist sicherlich richtig: Man könnte sich wünschen, daßalle großen Reformvorhaben dieses Jahres – die Ein-Klaus Wolfgang Müller
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1930 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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kommensteuerreform, die Einführung der Ökosteuer, dieEntlastung der Familien und die Reform der Unterneh-mensteuern – in einem großen Wurf durchgeführt wür-den. Wir tun das nacheinander, Schritt für Schritt, weilwir sagen: Wir wollen den Finanzausschuß nicht über-fordern. Wir wollen hier im Bundestag jeden Schrittsorgfältig und einzeln beraten.
Trotzdem gibt es zwei Leitideen in bezug auf dieseSteuerreform. Es gibt einmal die Leitidee, daß sich dasNetto dem Brutto annähern muß. Wir wollen, daß dieversteckte Belastung der Arbeitseinkommen durch dieLohnnebenkosten
gesenkt wird, und wollen zu einer ehrlichen Finanzie-rung, einer Finanzierung durch Steuern, kommen. Diegestrige Verabschiedung der Ökosteuer war der ersteSchritt dahin; die zweite und die dritte Stufe folgen imLaufe des Jahres. Das, was die Menschen verdienen, sollihnen tatsächlich ausgezahlt werden. Wir wollen keineFinanzierung, die sehr regressiv wirkt, zum Beispiel eineFinanzierung durch hohe Lohnnebenkosten. – Wichtigalso ist: Das Netto muß dem Brutto angenähert werden.
Die zweite Leitidee, die dahinter steckt, ist, die realeSteuerbelastung der nominalen anzunähern. Wir wollenkeine Scheindebatten mehr führen müssen über zu hoheSteuersätze; denn dies hat nichts mit der Realität zu tun,zum Beispiel weil es Bilanzierungsvorschriften gibt.– Wir wollen die reale Steuerbelastung der nominalenannähern. Das ist wichtig für die Steuermoral, für dieSteuergerechtigkeit und für die Transparenz.Abschließend möchte ich sagen: Die Oppositions-fraktionen haben viel geredet, im Finanzausschuß undheute im Bundestag. Gehandelt und etwas gebacken be-kommen haben sie nicht. Das tut heute Rotgrün. Ich fin-de, das ist eine gute Leistung.Vielen Dank.
Das Wort hat
jetzt der Abgeordnete Carl-Ludwig Thiele.
Sehr geehrte Frau Prä-sidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kolle-gen! Ich glaube, selten hat eine neue Bundesregierungnach gut vier Monaten Amtszeit den Vertrauensvor-schuß, den sie vom Wähler erhalten hat, so verspielt wiediese Regierung, geführt vom nicht anwesenden Bun-deskanzler und vom Finanzminister.
Das Vertrauen in die Zukunft – das sollte das Entschei-dende sein – ist mit diesen Gesetzentwürfen überhauptnicht zu erreichen. Ich bin auch erstaunt darüber, wie de-fensiv, wie müde und mühsam die Koalition dieses Ge-setz verteidigt. Sie selbst wissen nämlich, daß mit die-sem Gesetz keine guten Effekte zu erzielen sind, da derGrundansatz Ihrer steuerpolitischen Konzeption falschist.
Sie haben sich immerhin etwas Schönes einfallen las-sen, nämlich den Titel „Steuerentlastungsgesetz“. Damitverbrämen Sie, daß es in Wirklichkeit ein reines Steuer-belastungsgesetz für die Steuerpflichtigen und dieWirtschaft in unserem Land ist.
Wer sich das Finanztableau anschaut – wir diskutierenund stimmen heute nämlich nicht über die gesamteSteuerreform ab; den ersten und zweiten Beschluß imZuge der Atomisierung dieses Steuergesetzes haben wirschon erlebt – und feststellt, daß mit diesem Gesetz, dasheute beschlossen werden soll, Bürger und Wirtschaft indiesem Jahr mit 8,5 Milliarden DM, im nächsten Jahrmit 6,6 Milliarden DM und im Jahr 2001 mit 13 Milliar-den DM mehr belastet werden, der kann doch nicht imErnst behaupten, dadurch würden Wachstum und neueBeschäftigungsverhältnisse in Deutschland entstehen,dadurch werde der Aufschwung kommen, den wir alledringend erwarten.
Die Frühjahrsprognose des Deutschen Industrie- undHandelstages, daß das Wachstum in diesem Jahr auf1,5 Prozent zurückgehe, ist doch schon Folge dieserPolitik. Das Vertrauen schwindet. Die Leute wissenauch nach der heutigen Bundestagssitzung nicht, ob dasGesetz, das heute vom Bundestag beschlossen wird, tat-sächlich Bestand hat. Einige haben nämlich den Glaubennoch nicht aufgegeben, daß der eine oder andere Mini-sterpräsident – vielleicht aus den neuen Ländern – dieAuswirkungen dieses Gesetzes auf die Arbeitsplätze inden neuen Bundesländern überprüft und erkennt, daß erdiesem Gesetz im Bundesrat nicht zustimmen kann,wenn er nicht in seinem Land die Verantwortung für zu-sätzliche Arbeitslose, die es dann geben wird, überneh-men will.
Wir wissen, daß Sie Ihre Mehrheit durch Ministerpräsi-dent Eichel noch nutzen wollen. Ein Minimum an Sach-verstand und an Verantwortung der Ministerpräsidentenaber sollte in diesem Verfahren noch erwartet werdenkönnen.Klaus Wolfgang Müller
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 1931
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Meine sehr verehrten Damen und Herren, Zielgruppeder SPD im Bundestagswahlkampf war die Neue Mitte.Jetzt machen Sie die Neue Mitte zur Zielscheibe.
Alle Versuche, die Sie unternehmen, um die Gegenfi-nanzierung zu erläutern, sind Angriffe gegen die Wirt-schaft. Ich nenne jetzt einmal – ganz grob – die Entla-stungen: Da ist einmal das Kindergeld mit einer Entla-stung von 7 Milliarden DM pro Jahr. Ferner – das wardie zweite Beschlußempfehlung – gibt es Entlastungen,weil die Unternehmen die Alterserwartung der Bevölke-rung dadurch stärker berücksichtigen, daß sie verstärktRückstellungen bilden; das ist eine Größenordnung von8,8 Milliarden DM. Das alles wird gegenfinanziert. Ichglaube, das Wort „Gegenfinanzierung“ wird das Unwortdes Jahres. Die Bürger wollen keine Gegenfinanzierung.Sie wollen endlich eine Entlastung.
Es gibt eine jährliche Steigerung der Steuerein-nahmen um 5 Prozent, in diesem Jahr knapp 40 Milliar-den DM, in den Folgejahren auch etwa 40 MilliardenDM. Dieses Geld will der Staat alles kassieren – auchdas Geld, das durch die heimliche Steuererhöhung durchden Progressionseffekt hereinkommt –, um es für dieEinlösung von Wahlversprechen auszugeben. Das kannnicht der richtige Weg sein. Wir sind der Auffassung:Weniger Staat bewirkt mehr bei den Bürgern, bewirktmehr für die Wirtschaft. Ein Senken der Staatsquotebringt zusätzliche Arbeitsplätze. Eine Erhöhung derStaatsquote, wie das die neue Regierung unter Umver-teilungsgesichtspunkten betreibt, bringt keine zusätzli-chen Arbeitsplätze.
Ich möchte auch einen weiteren Punkt hier deutlichdarstellen. Sie feiern es immer als soziale Gerechtigkeit,daß das Kindergeld von 220 DM auf 250 DM erhöhtworden ist. Wir begrüßen das; wir begrüßen allerdingsnicht die von Ihnen gewählte Gegenfinanzierung. Des-halb haben wir dagegen gestimmt. Sie haben die Kin-dergelderhöhung zu einem Teil dieses Gesetzes ge-macht, was dazu führt, daß die Wirtschaft dieses zu be-zahlen hat.Herr Finanzminister, an folgendes darf ich Sie viel-leicht auch noch erinnern – Frau StaatssekretärinHendricks hat mir das in einer Antwort auf eine Anfragevon mir auch bestätigt –: 1996 ist der Familienleistungs-ausgleich von der CDU/CSU-F.D.P.-Koalition nach demvon der F.D.P. vorgelegten Modell geändert worden.Das Kindergeld ist 1996 von 70 auf 200 DM erhöhtworden; 1998 ist es auf 220 DM angehoben worden. Ichglaube, das war die richtige Politik. Wenn Sie sagen, dassei soziale Kälte, dann möchte ich Sie bitten, die ein-schlägigen Stellen Ihres Textes einmal umzuschreiben.
Diese Maßnahmen, Herr Finanzminister, haben dazugeführt – das sind die Zahlen, die mir Frau Staatssekre-tärin Hendricks zur Verfügung gestellt hat –, daß durchdie Freistellung des Existenzminimums, durch die Frei-stellung des Kinderexistenzminimums und die Erhöhungdes Kindergeldes, die Steuerpflichtigen und Familien indiesem Jahr um mehr als 28 Milliarden DM entlastetwerden – wie gesagt: unsere Maßnahmen, die der altenKoalition. Das war eine Nettoentlastung. Das war et-was anderes als das, was Sie betreiben. Wir sind derAuffassung: Die Bürger haben eine Nettoentlastung ver-dient.Es ist doch auch Augenwischerei, wenn Sie hier miteiner Unternehmenssteuerreform kommen, die keinergenau kennt und über die der Bundeskanzler und derFinanzminister unterschiedliche Auffassungen zu habenscheinen.
Auch diese Unternehmenssteuerreform, die von Ihnenkonzipiert ist, hat den Grundmakel, daß keine Nettoent-lastung vorgesehen ist. Sie ändern das Steuerrecht, ohneeine Nettoentlastung vorzusehen. Das führt bei der Un-ternehmenssteuerreform dazu, daß die Unternehmen dieSteuersatzsenkung, die erfolgen soll, selbst zu finanzie-ren haben. Damit wird kein Impuls für Wachstum, fürInvestitionen und für Arbeitsplätze in unserem Land ge-geben.Deshalb kann ich Ihnen nur sagen: Rotgrün hat zwarauf Grund der Bundestagswahl noch die Mehrheit hier,im Deutschen Bundestag; in der Bevölkerung haben Siedie schon lange nicht mehr. Sie haben sich von ernst-hafter Politik verabschiedet.
Politik muß eben ein bißchen mehr sein als nur die Dar-stellung von Nichtdarstellbarem, und Gesetzentwürfesollten auch eine längere Halbwertszeit als Lutschbon-bons haben. Sie dürfen nicht permanent geändert wer-den. Mal gibt es ein Kanzlerwort; dann kommt wiederder Finanzminister. Das ist ein absolutes Chaos, unddieses Chaos führt zu schlechten Gesetzen. Das Gesetz,das wir heute verabschieden sollen, ist ein schlechtesGesetz; es ist ein Gesetz gegen Beschäftigung, gegenWachstum. Deshalb werden wir diesem Gesetz heuteauch nicht zustimmen.
Das Wort hat
jetzt der Abgeordnete Jörg-Otto Spiller.
Frau Präsidentin! MeineDamen und Herren! Es ist Zeit für Steuerentlastungen.Denn CDU/CSU und F.D.P. haben über Steuersenkun-gen immer nur geredet.
In Wirklichkeit hat Ihre Politik in den letzten zehn Jah-ren eine Kette von Steuererhöhungen gebracht.
Carl-Ludwig Thiele
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1932 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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Sie haben zugleich hingenommen oder bewußt herbeige-führt, daß die Steuerungerechtigkeit in Deutschlandwährend Ihrer Regierungszeit ständig zugenommen hat,daß der Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungs-fähigkeit – starke Schultern sollen mehr tragen alsschwache –
ins Gegenteil verkehrt worden ist.
Herr Kollege Thiele, Sie haben gerade von Gegen-finanzierung gesprochen.
Ihre Gegenfinanzierung bestand aus zwei Methoden; dieeine war so schlecht wie die andere. Erste Methode:Schulden machen. Zweite Methode: Otto Normalverdie-ner immer tiefer in die Tasche greifen. Das war Ihre Ge-genfinanzierung.
Es ist doch in Ihrer Zeit dazu gekommen, daß dieSpitzenbelastung bei Steuern und Abgaben nicht etwabei den Spitzenverdienern war, sondern bei den Arbeit-nehmern, deren Verdienst in der Nähe der Bemessungs-grenze für die Sozialversicherung lag. Es ist doch durchIhre Politik dazu gekommen, daß ein Familienvater, derbrutto 100 DM mehr verdiente, glücklich sein konnte,wenn er davon einen Fünfzigmarkschein sah. Ein jungerIngenieur, ledig, konnte sich freuen, wenn ihm von denzusätzlichen 100 DM brutto etwas mehr als 30 DM blie-ben. Das war Ihre Politik.
Meine Damen und Herren, hinzu kommt: Die Durch-brechung des Prinzips der Besteuerung nach der Lei-stungsfähigkeit galt auch für den Unternehmenssektor.Es trifft überhaupt nicht zu, was Sie so gerne sagen: daßSie eine mittelstandsfreundliche Politik betrieben hätten.Das Gegenteil war der Fall. Sie haben in erster Linie da-für gesorgt, daß große, international tätige Unternehmeneine Vielzahl von Möglichkeiten hatten, ihre Steuerlastzu mindern, während der normale Mittelständler von Ih-nen regelrecht gemolken wurde. Wir haben erlebt, daßselbst bis in die leuchtendsten Sterne der deutschen In-dustrie hinauf Vorstandsvorsitzende sich rühmten, inDeutschland überhaupt keine Steuern mehr zu zahlen.Seien Sie also vorsichtig mit Behauptungen, Sie hätteneine mittelstandsfreundliche Politik betrieben.
Das Gesetz, das die Koalition Ihnen jetzt vorlegt,bringt die richtigen Korrekturen. Wir bringen nicht nureine Entlastung der breiten Mehrheit der Bevölkerung,wir bringen auch mehr Steuergerechtigkeit im Bereichder Unternehmen.
Wir haben – das hat der Kollege Müller schon gesagt;ich sage es trotzdem noch einmal – bereits seit dem1. Januar 1999 die Senkung des Spitzensteuersatzes fürgewerbliche Einkünfte von 47 auf 45 Prozent. Das be-trifft insbesondere die mittelständischen Unternehmen.Wir werden, wenn wir dieses Gesetz verabschiedet ha-ben, eine weitere Senkung beim Spitzensteuersatz fürgewerbliche Einkünfte auf 43 Prozent ab nächstem Jahrhaben. Der Körperschaftsteuersatz – das betrifft insbe-sondere die GmbHs – wird auf 40 Prozent sinken, wenndie Gewinne im Unternehmen bleiben und dort wiederverwandt werden. Tarife senken, Bemessungsgrundlageverbreitern – das ist unser Prinzip. Wir reden nicht bloßdarüber, wir setzen das um.
Ich will einen Hinweis geben, weil das der breitenÖffentlichkeit vielleicht nicht bewußt ist: Das Prinzipder Unternehmensbesteuerung ist ein anderes als bei denprivaten Haushalten. Es wird durch den Vergleich desVermögensstandes am Ende des Geschäftsjahres mitdem Vermögensstand am Ende des vorangegangenenGeschäftsjahres der Gewinn ermittelt. Da gibt es natür-lich Bewertungsprobleme. Das ist nicht immer ganzleicht und ganz objektiv zu machen. Wie wird das je-weilige Vermögen, wie werden seine einzelnen Be-standteile bewertet? Wie werden Verbindlichkeiten be-wertet? Werden beispielsweise, Herr Kollege Solms,Verbindlichkeiten, die vielleicht erst in 20 Jahren begli-chen werden müssen, genauso bewertet wie Verbind-lichkeiten, die jederzeit fällig werden können? Das istdoch ein Unterschied. Das bietet sich für eine Abzinsungdoch geradezu an.
Natürlich ist es angemessen, ein Wertaufholungsge-bot für den Fall in das Gesetz hineinzuschreiben, daß esWertveränderungen im positiven Sinne gibt.
Das stand doch auch in Ihrem Gesetzentwurf.
Herr Hauser, Sie tun jetzt so, als hätten Sie Ihr Gesetznicht gelesen. Damals hat Ihre Finanzverwaltung sogarnoch höhere Steuermehreinnahmen vorausgeschätzt alsjetzt. Das kann man doch nicht einfach beiseite wischen.Ich komme zu den Rückstellungen für Versicherun-gen und den Rückstellungen für Energieversorger: Ichkann mir vorstellen, daß es fast ein Kulturschock ist,wenn man als Energieversorger jetzt mit einer zweifa-chen Änderung konfrontiert wird. Erstens gibt es jetztWettbewerb; den gab es vorher nicht.
Zweitens soll man auch noch normal besteuert werden.
Das ist natürlich etwas unangenehm; das kann ich schonverstehen.Jörg-Otto Spiller
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 1933
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Ich will noch auf einen Punkt eingehen, der michwirklich bewegt. Herr Kollege Solms, Sie waren so un-vorsichtig, von Ordnungspolitik zu reden. Bisher hatteich immer die Hoffnung, daß es wenigstens in der F.D.P.noch ein paar überzeugte Marktwirtschaftler gibt.
Während der Beratungen im Finanzausschuß habe ichdiesen Eindruck leider nicht bestätigt gefunden. DasVerblüffende war nämlich, daß sich Ihre Kollegen – Siewaren selten da, Herr Solms – und die Kollegen aus derCDU/CSU wärmstens für die Belange der Abschrei-bungskünstler einsetzten.
Meine Damen und Herren, in einer funktionierendenMarktwirtschaft werden private Investitionsentschei-dungen nach Gewinnerwartungen getroffen. Das ist ver-nünftig. Wenn private Investitionsentscheidungen nachVerlustzuweisungen getroffen werden, ist das die Um-kehr der marktwirtschaftlichen Ordnung.
Es bedarf des engagierten Einsatzes von SPD und Grü-nen, damit die Marktwirtschaft in Deutschland nach 16Jahren Koalition von Union und F.D.P. wieder hochge-halten wird.
Herr Kollege,
gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Thiele?
Sehr gern.
„Sehr gern“,
das hört man gern.
Herr Kollege Spiller,
ich glaube, wir stimmen überein, daß Verlustzuwei-
sungsgesellschaften in sich keinen Sinn haben. Deshalb
hatten wir vorgesehen, die Steuersätze so zu senken, daß
keiner mehr aus steuerlichen Gründen Mittel in Verlust-
gesellschaften einbringt.
– Verzeihung! Unser Spitzensteuersatz betrug 35 Pro-
zent. Wenn Sie den vorgesehen hätten, hätte sich das
ganze Problem der Verlustgesellschaften ohne § 2b Ein-
kommensteuergesetz von selbst gelöst.
An Ihrem Vorschlag stören uns zwei Punkte.
Zum einen verhunzen Sie den Einkommensbegriff, weil
er nicht mehr gilt. Zum anderen: Lassen Sie die Arbeit-
nehmer im Stich, die Aufträge im Wohnungsbau und in
der Filmwirtschaft realisieren sollen, die mit diesen Gel-
dern finanziert werden. Hier vernichten Sie Arbeitsplät-
ze. Das ist unser Vorwurf, den wir gegen Ihre Neurege-
lung des § 2b Einkommensteuergesetz erheben.
Herr Kollege Thiele, er-
stens haben Sie das in Ihrem Gesetzentwurf damals so
gar nicht vorgesehen. Zweitens. Sie haben das kaufmän-
nische Rechnungswesen verhunzt. Sie appellieren gera-
dezu an die Gutverdienenden, den ökonomischen Sach-
verstand bei ihren Entscheidungen möglichst außen vor
zu lassen und sich nur noch an der Frage zu orientieren:
Wie kann man Verluste machen? Das ist doch eine Per-
version.
Das haben Sie leider nicht geändert.
Ich möchte noch auf eines hinweisen. Wir müssen
von dieser totalen Verkehrung der Dinge wegkommen
und davon, gar noch zu behaupten, wie Sie es getan ha-
ben, Herr Thiele, man tue etwas für junge Unternehmen
oder für Venture Capital, wenn man mit solchen komi-
schen Fonds arbeite. In den angelsächsischen Ländern
geht das ohne solche verrückten steuerlichen Vorteile,
die aus einem Verlust sozusagen den Honig saugen, daß
eine Anlage, die Verlust verspricht, angeblich attraktiv
ist. Wir sind verliebt in das Gelingen und nicht in den
Verlust!
Wir werden dafür sorgen, daß die Fehlallokation, die
Sie mit Ihren Abschreibungskünstlern, mit der Zerrüt-
tung und Verwüstung des deutschen Steuerrechts in fast
der gleichen Weise erreicht haben wie die Staatliche
Plankommission, aufhört und wir zu einer Orientierung
am wirtschaftlichen Erfolg zurückkehren. Das wird auch
dazu beitragen, daß junge Unternehmen, daß Leistungs-
träger quer durch die Gesellschaft wieder Erfolg haben.
Leistung in Deutschland muß sich wieder lohnen. Stim-
men Sie unserem Gesetzentwurf zu!
Das Wort hat
jetzt der Staatsminister des Freistaats Sachsen, Professor
Dr. Georg Milbradt.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
FrauPräsidentin! Meine Damen und Herren! Die Zeit derSpekulationen über die steuerpolitischen Vorhaben derneuen Bonner Regierung ist vorbei. Das Ergebnis istniederschmetternd. Dieser Regierung fehlt nicht nur derJörg-Otto Spiller
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1934 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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Mut, sondern offensichtlich auch die Fähigkeit zu einervorurteilslosen Analyse und zu wirklichen Reformen.
Da Sinn und Zweck einer Steuerreform angesichtsdes Durcheinanders der vergangenen Wochen aus denAugen zu geraten drohen – die Beiträge der Regierungs-koalition zeigen das –, erinnere ich daran, was die all-gemein anerkannten Erfordernisse einer Steuerreformsein sollten:Erstens. Deutschlands Staatsquote und Abgabenbela-stung sind entschieden zu hoch. Es müssen Maßnahmenzur Ausgaben- und Abgabensenkung getroffen werden.Hierzu ist eine Überprüfung aller staatlichen Aufgabenunerläßlich. Staatsausgaben und öffentliche Kreditauf-nahme müssen gesenkt werden. Mehr Investitionen fürneue Arbeitsplätze sind notwendig. Dazu bedarf es einerReform der Unternehmenssteuern, die diesen Namenauch verdient. Eine faire Lastenverteilung zwischenBund, Ländern und Gemeinden ist zu gewährleisten.Zweitens. Das deutsche Steuerrecht muß einfacherund transparenter werden. Es muß ein klarer und durch-gängiger Maßstab der Besteuerung, insbesondere dasLeistungsfähigkeitsprinzip angewandt werden.Leider ist festzustellen: Fast nichts von diesen Grund-sätzen findet sich in den heute zur Beratung stehendenEntwürfen wieder. Die von dieser Bundesregierung vor-gesehenen Senkungen des Eingangs- und des Spitzen-steuersatzes sind mutlos und unzureichend.
Zwar kündigen Sie an, die Unternehmenssteuern auf 35Prozent senken zu wollen, lassen aber den allgemeinenSpitzensteuersatz nahezu unverändert bei 48,5 Prozentstehen.Mit solch unterschiedlich hohen Steuersätzen bereitenSie den Nährboden für neue Steuerschlupflöcher, die zubeseitigen Sie gerade angetreten sind.
Steuerpflichtige mit hohen Vermögen beispielsweisebrauchen ihr Vermögen nur neu zu ordnen und könnenauf einfache Weise aus privaten Vermögenseinkünftengewerbliche Einkünfte machen und so ihre Steuer sen-ken. – Die Familie Quandt läßt grüßen. – Sie beherzigenweder die Erfahrung aus der Praxis noch die Ratschlägeaus der Wissenschaft. Hohe Steuersätze auf der einenSeite, Ausnahmetatbestände und eine ungleiche Be-handlung von Einkünften auf der anderen Seite sind eineAufforderung an die Steuerzahler, sich diese Unge-reimtheiten zunutze zu machen. Wirtschaftliches Ver-halten wird durch steuerliche Optimierungen zu Lastender Gesamtwirtschaft verzerrt. Statt unser Steuersystemwieder in Richtung auf mehr Neutralität zu verbessern,„verschlimmbessern“ Sie es weiter, weil Sie erfahrungs-und beratungsresistent sind.
Sie lehnen eine deutliche und gleichmäßige Senkung derSteuersätze ab. Statt zu reformieren, betreiben Sie einArbeitsbeschaffungsprogramm für kreative Steuer-künstler und Verfassungsjuristen. Das sind aber nichtdie Arbeitsplätze, die nach unseren Vorstellungen ge-schaffen werden müßten.Die von der rotgrünen Koalition versprocheneSteuervereinfachung ist ausgeblieben. Im Gegenteil:Das Steueränderungsgesetz enthält weitere Verkompli-zierungen. Beispiele hierfür sind die Mindestbesteue-rung und die daran angelehnte Einschränkung von Ver-lustzuweisungsgesellschaften, die Regelung zum Aus-schluß des Abzugs privater Schuldzinsen und die Neu-fassung des bisher relativ einfach zu handhabendenVerlustabzugs. Die Verworrenheit dieser Regelungen istAusdruck einer intransparenten und komplizierten Ge-setzgebung, die keine Rücksicht auf den Gesetzesvoll-zug nimmt. – Das betrifft insbesondere die Länder. –Rechtsstreitigkeiten in großem Umfang sind vorpro-grammiert, unnützer Verwaltungsaufwand wird die Fol-ge sein.Bei dem Gesetzeswerk bleibt auch die Steuerge-rechtigkeit auf der Strecke. Es ist kein durchgängi-ges Konzept hierfür zu erkennen, sondern nur un-systematische Eingriffe mit neuen Ausnahmetatbe-ständen. Von einer Besteuerung der Bürger nach derwirtschaftlichen Leistungsfähigkeit kann keine Redesein.
Sie, meine Damen und Herren von der Regierung, habensich vor der Definition und konsequenten Anwendungdieses Prinzips gedrückt und Nebelgranaten verschos-sen. Sie verwechseln Neid mit Gerechtigkeit!
Sie müssen zunächst einmal definieren, an welchemMaßstab Sie das messen wollen. Davor haben Sie sichgedrückt.
Der Umbau der Kilometerpauschale in eine ver-kehrsmittelunabhängige Entfernungspauschale ist erstgar nicht thematisiert worden. Dabei hätte gerade diesden Koalitionsparteien, die bei jeder Gelegenheit ihreökologische Verbundenheit zu Schau stellen, gut ange-standen.
Die von allen Steuerexperten geforderte Durchfor-stung der Liste der in § 3 EStG befreiten Tatbestände istauch nicht erfolgt.
Die neue Regierung möchte den Problemen unsererZeit mit einer Rezeptur zu Leibe rücken, die sich bereitsin den 70er Jahren in Westdeutschland als völlig un-Staatsminister Dr. Georg Milbradt
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 1935
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tauglich erwiesen hat. Niemand bestreitet, daß von derNachfrageseite Impulse für die wirtschaftliche Ent-wicklung ausgelöst werden.
In einer offenen und globalen Welt kommt es jedochzunehmend auf die Angebotsseite an. Nur ideologischeTraumtänzer werden glauben, daß ein Mehr in den Kas-sen bestimmter Bevölkerungsschichten zu einer gleichhohen Stärkung der Nachfrage nach hier produziertenWaren und Dienstleistungen führt und Arbeitsplätzeschafft. Deswegen sind die steuerlichen Entlastungenvon Sparen und Investieren und die Beseitigung vonVerkrustungen in unserem Wirtschafts- und Sozialsy-stem der Schlüssel zu mehr Arbeitsplätzen und wirt-schaftlicher Dynamik.Sie glauben, unsere strukturellen Wirtschaftsproble-me mit Umverteilung, insbesondere durch die Entla-stung von Arbeitnehmern und Familien, lösen und denArbeitsmarkt beleben zu können. Diese Entlastung istsicherlich gesellschafts- und familienpolitisch sinnvoll– keine Frage –, nur wird sie bei Ihrem „policy mix“ dasBeschäftigungsziel verfehlen.Sie werfen der alten Bundesregierung das Scheiternder Angebotspolitik vor, deren Wirksamkeit Sie jaständig über den Bundesrat behindert haben. Sie überse-hen dabei, daß das größte Keynesianische Nachfrage-programm der Geschichte, nämlich die zum großen Teildefizitfinanzierten Transfers für Ostdeutschland, die zuNachfrage in Westdeutschland führten, unsere struktu-rellen Arbeitsmarktprobleme nicht gelöst hat. Wohernehmen Sie eigentlich die Hoffnung, daß die von IhrenSteuergesetzen ausgehenden Wirkungen, die weitgehenddurch die Gegenfinanzierung und die Investitionsver-schlechterung kompensiert werden, weiter reichen alsdas 1,3-Billionen-DM-Programm der vorigen Bundesre-gierung?
Die Folgen der Steuerpolitik dieser Bundesregierungfür das Investitionsklima sind schwerwiegend. Die Bun-desregierung verschlechtert es mutwillig und fortlaufenddurch ihre chaotische Politik. Glauben Sie denn imErnst, daß dieses Steuergesetz nur einen einzigen zu-sätzlichen Investor veranlaßt, bei uns zu investieren undArbeitsplätze zu schaffen?
Attentismus bei den Investitionen ist das Schlimmste,was einer Regierung, die sich am Abbau der Arbeitslo-sigkeit messen lassen will, passieren kann.Ihr Steuergesetz genügt nicht einmal einfachen öko-nomischen Grundwahrheiten, höchstens Ihrer selbstge-bastelten Wirtschaftsideologie, die durch Neid undStaatsdirigismus geprägt ist.
Über diese Wirtschaftsideologie, meine Damen undHerren von den Koalitionsfraktionen, hat der bekannteAutor eines Standardlehrbuchs für Makroökonomie,Professor Dornbusch, kürzlich gesagt:
Überall in der Welt wird eine solche Politik populi-stisch genannt, überall in der Welt hat sie versagt,und sie wird auch in Deutschland versagen.
Ich bitte um
Ruhe auf der Regierungsbank, Herr Minister.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
DieFolgen Ihrer steuerpolitischen Gesetzesvorschläge tref-fen die neuen Bundesländer besonders. Mögen die zu-sätzlichen Belastungen für die westdeutsche Wirtschaftschon schwer verdaulich sein, so werden viele Unter-nehmen in den neuen Ländern, von denen nicht einmaldie Hälfte mit Gewinn wirtschaftet, in existentielleSchwierigkeiten getrieben. Zum Abbau der hohen Ar-beitslosigkeit im Osten trägt das Gesetz in keiner Weisebei; eher ist das Gegenteil zu befürchten. Die Innen-stadtsanierung, die Existenzförderung und die Mieter-privatisierung werden durch Ihr Gesetz entscheidendbehindert.
Von einer sozialen Ausgewogenheit kann in Ost-deutschland nicht die Rede sein.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Pro-bleme der ostdeutschen Braunkohle sind schon erörtertworden. Es ist schon bemerkenswert, wenn bei jedersich bietenden Gelegenheit auf die Probleme der west-deutschen Steinkohle hingewiesen wird, weil der Bun-desfinanzminister aus dem Saarland stammt, auf die ost-deutsche Braunkohle aber keinerlei Rücksicht genom-men wird.
Jeder weiß, welche Arbeitsplatzwirkungen dieses Gesetzin der Lausitz und im Raum südlich von Leipzig habenwird. – Eine Bemerkung an die PDS: Wenn Sie das ge-nauso sehen, haben Sie die Möglichkeit, durch Ihre Ein-flußnahme in Schwerin und Magdeburg das Gesetz imBundesrat zu kippen.
Meine Damen und Herren, als Ergebnis läßt sich fest-stellen, daß dieses Steuergesetz alle für eine Steuer-reform erforderlichen Zielvorstellungen verfehlt. DasSteuersystem wird weder einfacher noch gerechter. DasVorhaben der rotgrünen Regierung nimmt keine Rück-sicht auf die wirtschaftlichen Erfordernisse und stelltkeine Lösung für das innenpolitische Problem Nummereins dar: die Arbeitslosigkeit. Statt Vernunft herrschtChaos; zurück bleiben Enttäuschung und Frustration.Staatsminister Dr. Georg Milbradt
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1936 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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Meine sehr verehrten Damen und Herren, diesenSteuermurks hat Deutschland nicht verdient.
Der Preis dieses Gesetzes, nämlich ein weiterer Verlustvon Beschäftigung, ist uns zu hoch.
Das Wort hat
jetzt der Abgeordnete Mathias Schubert.
Frau Präsidentin!Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unser Steuerentla-stungsgesetz folgt, ob Ihnen das nun gefällt oder nicht,dem Prinzip der Steuergerechtigkeit.
Herr Kollege Milbradt, Sie haben das zwar eben kriti-siert, aber Sie haben natürlich die Antwort darauf, war-um Sie das kritisiert haben, nicht gegeben. Wenn Sie unsschon kritisieren, sollten Sie auch sagen, warum.Wir machen die Steuerreform auch nicht im ge-schichtslosen Raum, wie manche von Ihnen offensicht-lich noch glauben. Auslöser unserer Steuerreform ist,daß die Kohl-Regierung in den letzten 16 Jahren dasPrinzip der Steuergerechtigkeit hat verkommen lassen.Damit räumen wir jetzt auf.
– Ist ja gut, Herr Michelbach.In den neuen Ländern wurde uns seit 1990 immerwieder versprochen, daß der Aufbau Ost aus der Porto-kasse bezahlt werden könne.
Später hieß es: Na gut, nicht ganz aus der Portokasse, al-so erhöhen wir hier und da ein paar Steuern. DieserVorgang wiederholte sich ungefähr 20mal, und dasGanze wurde völlig unberechenbar und zum totalenChaos. Außerdem wurde es auf dem Rücken der nor-malen Einkommensbezieher in Ost wie in West ausge-tragen.
Dieses Prinzip von Versprechen und Nichthalten hatbei den Menschen in den neuen Ländern zu einer Ero-sion der Glaubwürdigkeit von Politik in einem Maße ge-führt, wie Sie es sich vermutlich überhaupt noch nichtklargemacht haben.Herr Milbradt, wenn Sie davon sprechen, es gebe inden neuen Ländern keine soziale Ausgewogenheit, dannsage ich Ihnen ganz klipp und klar: Das ist nicht dieFolge unserer Politik, sondern die Folge der Politik deralten Bundesregierung und der Koalition, die die alteBundesregierung mitgetragen hat.
Dagegen ist unser Steuerentlastungsgesetz der ersteund deshalb entscheidende Schritt, mit der Hinterlassen-schaft eines durch die alte Bundesregierung verwüstetenSteuerrechts aufzuräumen.
Ab jetzt werden die Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-mer nachhaltig steuerlich entlastet.
Ab jetzt bekommt der Mittelstand den Rücken frei fürStabilität, Investitionssicherheit und Innovationsförde-rung.
– Was denn sonst? Lesen Sie doch einmal die Zeitung,und rezipieren Sie nicht Ihre Ideologie, Herr KollegeThiele!Ab jetzt wird – das ist genauso wichtig; wir haben esbereits gesagt – nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeitgesteuert. Nichts anderes übrigens haben wir gesagt undgewollt. Deshalb gilt auch hier – Herr Kollege von Lar-cher, Sie haben völlig recht –: Versprochen – gehalten.
Was das nun für die neuen Bundesländer bedeutet,will ich Ihnen an Hand von einigen Beispielen versu-chen zu verdeutlichen. Die Senkung des Eingangssteu-ersatzes in Verbindung mit der Erhöhung des steuerfrei-en Existenzminimums entlastet natürlich wirksam dieohnehin relativ niedrigen Einkommen der meisten Men-schen in den neuen Ländern. Ob das nun Angebots- oderNachfrageideologie ist: Natürlich wird die Kaufkraft ge-stärkt, natürlich hat das positive Folgen für Wirtschaftund Arbeitsmarkt in den neuen Ländern. Was dennsonst?
Nächster Punkt. Außer vielleicht der Opposition – dashaben wir heute früh wunderbar und oft gehört – be-streitet kaum noch jemand ernsthaft, daß unser Steuer-entlastungsgesetz den Mittelstand um wenigstens4 Milliarden DM entlastet. Der große Teil dieser Entla-stungen wird im Handwerk und im Mittelstand auchOstdeutschlands realisiert; das ist selbstverständlich.Dabei handelt es sich immerhin um unsere volkswirt-schaftliche Grundlage. Wenn wir also zum Beispiel denKörperschaftsteuertarif senken, Ansparabschreibungenfestschreiben, Existenzgründer über fünf Jahre von derSteuer freistellen, Verlustrückträge mit einer eindeutigmittelstandsfreundlichen Komponente versehen habenund Chancenkapital ausdrücklich zur Gewinnorientie-rung ermuntern, dann wirkt sich das auf die Wirtschaftin den neuen Ländern in besonderer Weise positiv aus.Staatsminister Dr. Georg Milbradt
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 1937
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Nun will ich einmal ein schönes Beispiel aus denneuen Ländern zu dem berühmt-berüchtigten geplanten§ 2 b des Einkommensteuergesetzes sagen. Es gibt eineFilmförderung Studio Babelsberg, für die ein Fonds zurFilmförderung in Höhe von 800 Millionen DM aufgelegtworden ist. Jetzt dürfen Sie dreimal raten, wieviel vonden 800 Millionen DM – es ist ein Abschreibungspro-jekt – in Brandenburg bleiben. Die brandenburgischeFinanzministerin ist froh, wenn 20 Prozent davon dortbleiben. Die restlichen 80 Prozent gehen nach Holly-wood und sonstwohin. Wir sind aber nicht dazu da, Ab-schreibungen zu ermöglichen, damit anderswo Filmeproduziert werden.
Darum geht es bei dieser Geschichte. Darüber müssenSie einmal nachdenken, wenn Sie über solche Dinge re-den.Ich mache auf eine weitere positive Auswirkung un-seres Steuerentlastungsgesetzes für den Aufbau Ostaufmerksam. Die abgewählte Bundesregierung wollteeine Steuerreform, die die öffentlichen Haushalte umungefähr 50 bis 55 Milliarden DM belastet hätte. DieHöherverschuldung bei Bund und Ländern wäre über-haupt nicht mehr beherrschbar gewesen.
Das hätte bedeutet, daß die neuen Bundesländer dieInvestitionsprogramme des Bundes kaum noch hät-ten gegenfinanzieren können. Ich will ja nicht schwär-zer malen, als Ihre Politik ab und zu ist; aber Ihr Steuer-reformkonzept hätte dem Aufbau Ost vor allem im in-vestiven Bereich nachhaltig schweren Schaden zuge-fügt.
Wir haben unser Steuerentlastungsgesetz dagegen auffinanziell solide Füße gestellt. Deshalb wird es, in Ab-stimmung mit den neuen Ländern, den Aufbau Ost ebennicht blockieren, sondern gerade fördern.Jetzt komme ich zu dem schönen Thema Braunkohlein der Lausitz und in Mitteldeutschland. Ist Herr KollegeHaupt noch da? – Anscheinend nicht; vielleicht könnenSie ihm übermitteln, was ich dazu zu sagen habe. HerrKollege Haupt hat gefordert – die F.D.P.-Fraktion hateinen Antrag dazu vorgelegt –, die Braunkohle sollebundesweit aus dem geplanten § 2 b herausgenommenwerden. Ich habe herauszubekommen versucht, ob dieLaubag und die Mibrag Gewinne oder Verluste machen.Das kriegt man aber nicht heraus. Wenn sie Verlustemachen, haben sie ohnehin das Problem des § 2 b nicht.Wenn sie Gewinne machen, dann, so meine ich, solltensie diese – so wie jeder andere auch – versteuern. Dasist ein Beitrag zur inneren Einheit Deutschlands. Wir alsOstdeutsche wollen doch gar nicht anders behandeltwerden.Schade, daß der Kollege Haupt nicht da ist; das tutmir wirklich leid. – Er kommt aus Hoyerswerda. DieArbeitsgruppe „Neue Länder“ der SPD-Bundestagsfrak-tion war vor ein paar Wochen in Hoyerswerda.
Dabei handelt es sich um eine strukturschwache Regionmit 28 Prozent Arbeitslosigkeit. Was haben uns dieKommunalpolitiker dort gesagt? Sie haben uns gesagt:Die Landesregierung hat kein Konzept zur Strukturför-derung der Lausitz. Das ist der Punkt. Es geht doch nichtnur um die Braunkohle, sondern es geht um die Zu-kunftsfähigkeit solcher Regionen. Da hat die Landesre-gierung von Sachsen versagt. Dort sollte einmal ange-setzt werden und nicht immer nur bei irgendwelchenSonderabschreibungsmodellen des Bundes für einzelneBranchen.
Herr Kollege,
gestatten Sie eine Zwischenfrage Ihres Kollegen Klin-
kert?
Herr Klinkert, bitte
schön.
Herr Kollege, auch ich
komme aus Hoyerswerda.
Ich weiß.
Ich weiß, daß Tausen-
de von Arbeitsplätzen nach wie vor von der Braunkohle-
förderung abhängig sind. Sehen Sie es als Ihr Konzept
der Strukturförderung in dieser Region an, wenn Sie die
Braunkohlenförderung allein bei der Laubag mit
500 Millionen DM belasten, und wie bewerten Sie die
Äußerung eines SPD-Landtagsabgeordneten aus Bran-
denburg, der Sie, die SPD-Abgeordneten aus den neuen
Bundesländern, davor warnt, in die Doppelfalle Grüner
Politik zu tappen?
Wenn ich das vielleicht
erläutern darf: –
Ja, bitte.
– daß Sie sowohl den
Ausstieg aus der Kernenergie anstreben, aber nicht voll-
ziehen werden, als auch die Braunkohle in hohem Maße
steuerlich bestrafen.
Sehr geehrter HerrKollege Klinkert, zunächst einmal bleibe ich dabei – ichhalte das für eine richtige Konzeption –: Erstens. Wirkönnen es uns auf Dauer nicht leisten, Branchen von derBesteuerung auszunehmen.Dr. Mathias Schubert
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1938 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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Zweitens. Durch den § 2 b wird weder die Braun-kohlenförderung in der Lausitz noch in Mitteldeutsch-land in irgendeiner Form beeinträchtigt werden.
– Davon rede ich ja.
Drittens. Die genannten beiden großen Firmen habenin der letzten Zeit so viel investiert, daß sie vermutlichauf lange Zeit de facto Gewinne machen werden, die insteuerlicher Hinsicht völlig irrelevant sind.
Viertens sage ich Ihnen noch etwas zu diesem The-ma. Wenn der Lausitz der Strukturwandel weg von derMonostruktur Braunkohle langfristig gesehen nicht ge-lingt – ich rede jetzt über einen Zeitraum von 20, 25 Jah-ren –, dann gehen dort die Lichter aus. Das Problem, daswir haben, sind eben nicht nur die Braunkohle und dieEnergie, sondern das Problem ist, inwieweit es jetztschon möglich ist, alternative Konzepte dazu zu entwik-keln. Da haben wir das große Problem – das wissen Siegenausogut wie ich –, daß es von sächsischer Seite bis-her nur relativ deutliche Abblockungsversuche dagegengibt, mit Brandenburg an dieser Stelle zusammenzuar-beiten. Sie haben im südlichen Raum, im LausitzerRaum angefangen, innovativ tätigen Mittelstand aufzu-bauen und zu fördern. Das fehlt bei den anderen. Auchdarum muß es gehen. Genau da greift unser Steuerkon-zept in positiver Weise.
Der Kollege
Klinkert möchte eine Zusatzfrage stellen. Gleichzeitig
muß ich Sie ein bißchen an die Redezeit erinnern. Aber
die Zusatzfrage können Sie noch zulassen.
Ja, ich lasse sie zu.
Wenn sich das Haus mit den Problemen der Lausitz be-
fassen will, dann soll es mir recht sein. Bitte schön.
Wie bewerten Sie,
Herr Kollege, dann die Aussage des Betriebsrats der
Laubag und die der IG BCE, daß die Lichter in der Lau-
sitz möglicherweise nicht erst, wie Sie sagen, in 25 Jah-
ren ausgehen, sondern daß Ihre Politik zu einer akuten
Gefährdung von Arbeitsplätzen – ich betone: zu einer
akuten Gefährdung – in der Lausitz führt?
Unsere Politik wird
zwei Ziele konsequent verfolgen. Auf der einen Seite
wird die Braunkohlesanierung über den vorgesehen
Zeitrahmen hinaus fortgesetzt. Auf der anderen Seite
werden die entsprechenden Maßnahmen getroffen, um
einen Strukturwandel einzuleiten. Dies ist zum großen
Teil Ländersache. Es tut mir leid, Herr Klinkert, ich
kann Ihnen die Tatsache nicht ersparen – in Hoyerswer-
da haben wir ein Beispiel dafür –, daß Brandenburg
Sachsen in diesem Punkt ein paar Schritte voraus ist. Ich
habe etwas dagegen, die Länder gegeneinander auszu-
spielen. Trotzdem muß ich sagen, daß Brandenburg
weiter ist. Sie behaupten aber in der Öffentlichkeit, dem
sei nicht so.
Ich komme zum Schluß und will kurz auf folgendes
hinweisen. Meine Damen und Herren von der Oppositi-
on, weder im Finanzausschuß noch im Ausschuß für die
Angelegenheiten der neuen Länder – auch dort taucht
das Thema Braunkohle auf – kam von Ihnen irgendein
inhaltlich substantieller Antrag zur Steuerreform – noch
nicht einmal ein destruktiver, abgesehen vom Antrag der
PDS.
Anderes war von der PDS nicht zu erwarten. In der
DDR gab es damals einen Spitzensteuersatz von 90 Pro-
zent. Aber daß sich die Rolle der Opposition auf der
rechten Seite des Hauses auf die Anwendung der Ge-
schäftsordnung beschränkt, zeigt mir als ostdeutschem
Abgeordneten, daß Ihre Politik nicht nur kaum Inhalte
hat, sondern daß Sie auch noch unfähig sind, sie auszu-
drücken. Es zeigt mir außerdem, daß Sie sich vom Auf-
bau Ost längst verabschiedet haben.
Vielen Dank.
Das Wort hat
jetzt der Abgeordnete Peter Rauen.
Frau Präsidentin! Meinesehr verehrten Damen und Herren! Es gehört schon einegute Portion Frechheit dazu, das Gesetz, das wir heutebeschließen sollen, „Steuerentlastungsgesetz“ zu nen-nen.
In Wahrheit ist dieses Gesetz eine Belastung für dieSteuerzahler und daher ein Steuerbelastungsgesetz.Drei grobe Unwahrheiten, die immer wieder behaup-tet werden – auch heute wieder –, müssen aus unsererSicht besonders klargestellt werden:Erstens. Es wird immer wieder behauptet, die Gegen-finanzierungsmaßnahmen seien ja auch im Entwurfder alten Regierung vorgesehen gewesen.
Dr. Mathias Schubert
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 1939
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Das ist im wesentlichen falsch. Zum Beispiel waren dieMindestbesteuerung durch die Begrenzung der Verre-chenbarkeit von Verlusten aus passiver Tätigkeit, dieStreichung der Teilwertabschreibung, der Ansatz vonRückstellungen mit notwendigen Teilkosten, das Abzin-sungsgebot bei Rückstellungen für Geldleistungsver-pflichtungen, die Aufdeckung stiller Reserven beimTausch von Wirtschaftsgütern und die Abschaffung desVerlustrücktrages bei dem unter der alten Regierung be-schlossenen Gesetz überhaupt nicht vorgesehen.
Das sind exakt die Gegenfinanzierung und die Gewinn-ermittlungsvorschriften, die bei diesem Gesetz diegrößte Kritik aus der Fachwelt erfahren haben.Selbst die Abschreibungsveränderungen, die auch wirvorgesehen hatten, sind deshalb völlig anders zu bewer-ten, weil wir die Steuersätze drastisch senken wollten,während dies in dem vorliegenden Entwurf überhauptnicht der Fall ist.
Zweitens. Die Behauptung der Regierung, mit diesemGesetz werde der Mittelstand entlastet, ist grob wahr-heitswidrig. Dieses Gesetz ist ein einziges Abkassie-rungsmodell zu Lasten des Mittelstandes
und damit für diejenigen, die in den letzten Jahren inDeutschland zusätzlich Arbeitsplätze geschaffen haben.
Der Kollege Müller hat das „Handelsblatt“ zitiert. Ichhabe nachgelesen. Dort steht in der Tat die Überschrift„Mittelstand ist der Gewinner des Steuerreform-Hickhacks“. Ich dachte, jetzt verliert auch schon das„Handelsblatt“ die Übersicht. Dann habe ich aber her-ausgefunden, daß diese Überschrift überhaupt nichtdurch den Text gedeckt wird. Dort heißt es nämlich:. . . aber im Vergleich zum ursprünglichen Regie-rungsentwurf erhält der Mittelstand nun Erleichte-rungen.Weiter heißt es:Auch Verluste können weiterhin zurückgetragenwerden. Und zwar ab 2001 für jeweils ein Jahr biszu höchstens 1 Million DM. 1999 und 2000 gelten1 Jahr und 2 Millionen DM. Bisher konnte derVerlustrücktrag freilich jeweils 2 Jahre lang bis zuinsgesamt 10 Millionen DM in Anspruch genom-men werden.Die von der Regierung aufgestellte Behauptung decktsich mit dem, was heute morgen Minister Lafontaine ge-sagt hat, nämlich daß der Mittelstand bei Verlustvortragund Verlustrücktrag deutlich besser gestellt sei und daßdie CDU sich das alte Gesetz anschauen solle. Ich habemich gefragt: Mein Gott, wie kann dieser Mann die Na-tion so belügen?
Umgekehrt wird ein Schuh daraus. Wir hatten denZeitraum für den Verlustrücktrag bis zu einer Grenzevon 10 Millionen DM von zwei Jahren auf ein Jahr re-duziert. Die Verlustvorträge haben wir auf eine50prozentige Verrechenbarkeit mit Gewinnen reduziert.Allerdings lag die Grenze des Verlustrücktrags für denMittelstand bei 2 Millionen DM, weil wir die gewaltigenVerlustvorträge der ganz großen Konzerne aus Mantel-käufen damit eindämmen wollten. Es wird also umge-kehrt ein Schuh daraus: Sie sind vor den Interessen dererin die Knie gegangen, die Milliardenverluste durchMantelkäufe angehäuft hatten.Mit Ihrem Steuerentlastungsgesetz und der Ökosteu-erreform treten Sie dem Mittelstand kräftig in die Knie-kehlen und erwarten dafür jetzt auch noch Beifall, weilder Schmerz etwas nachläßt, nachdem in den letzten Ta-gen ein paar Marterwerkzeuge auf Druck der Oppositionund der Fachwelt im Sinne des Mittelstandes zurückge-nommen wurden.
Auch die dritte Behauptung, daß mit der ersten Stufeder Steuerreform 1999 die unteren Einkommensgruppenentlastet würden, stimmt nur bedingt. Der ledige Fach-arbeiter mit einem Bruttojahreseinkommen von 70 000DM wird durch die erste Stufe der Reform um 3,50 DMim Monat entlastet. Das reicht gerade aus, um die Mehr-kosten durch die Erhöhung der Mineralölsteuer um6 Pfennig bei einer Tankfüllung von 60 Litern Benzin zufinanzieren.
Der Kollege Solms hat heute morgen hier darauf hin-gewiesen, daß die Facharbeiter bereits belastet werden.Dazu hat der Finanzminister gesagt: Aber der Grund-freibetrag gilt für alle. – Daraufhin habe ich dazwi-schengerufen: Keine Ahnung, Herr Minister. – Ich neh-me das zurück. Auch Sie können nicht alles wissen.Aber ich bitte Sie, sich bei den Tariffachleuten in IhremHaus zu erkundigen, was wirklich vorgeht; denn aufGrund des Grundfreibetrages, der um rund 700 DM er-höht wurde, müßten die unteren Einkommensgruppenum 168 DM pro Monat entlastet werden. Aber demFacharbeiter gönnen Sie diese Entlastung nicht. Sie ha-ben im Progressionsbereich derartige Veränderungenvorgenommen, daß der Facharbeiter gar keine Entla-stung hat. Wenn es so weitergeht, wird aus dem ur-sprünglichen Mittelstandsbauch, der von Gerhard Stol-tenberg abgeschafft wurde, unter der SPD ein Fachar-beiterbauch.
In diesem Zusammenhang von einer Entlastung der un-teren Einkommensgruppen zu sprechen, ist irreführend;es sei denn, daß aus Ihrer Sicht der Facharbeiter zu denPeter Rauen
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1940 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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Besserverdienenden gehört, die weiterhin abgezocktwerden müssen.Das Finanztableau zu diesem Gesetz einschließlichder beiden Vorläufergesetze beweist, daß die Steuer-zahler als Ganzes gesehen nicht entlastet, sondern bela-stet werden.
In den Jahren 1999, 2000 und 2001 findet praktischüberhaupt keine Entlastung statt. Für das Jahr 2002 isteine Entlastung von 20,512 Milliarden DM ausgewie-sen. Aber das heißt im Klartext, daß vier Jahre langdurch das Zusammenwirken von Lohn- und Gehaltser-höhungen sowie Steuerprogression, also durch Steuer-technik, heimliche Steuererhöhungen entstehen, die imFinanztableau nicht ausgewiesen sind. Das ist durchausdrückliches Nachfragen bei den Anhörungen bestä-tigt worden. Die Mehreinnahmen betragen in diesen vierJahren, je nach Lohnsteigerungen, zwischen 40 und60 Milliarden DM. Das heißt im Klartext: Wir habenausweislich der Zahlen im Gesetzentwurf keine Steuer-entlastung, sondern eine Steuerbelastung.
Belastung und nicht Entlastung der arbeitenden Men-schen, mehr Staat und nicht weniger Staat, mehr staatli-cher Dirigismus und weniger persönlicher Entschei-dungsspielraum – das ist Ihre Politik. Mit all den Re-formen, die Sie bisher durchgesetzt haben, sind Sie ein-deutig auf dem Weg zu einer höheren Steuer- und Ab-gabenbelastung der arbeitenden Menschen. Die Staats-quote wird steigen, die Beschäftigung abnehmen und dieArbeitslosigkeit steigen. Die ersten Anzeichen dafürsind deutlich erkennbar. Die Konjunktur schwächt sichab. Die Industrie erwartet einen drastischen Abschwungder Wirtschaftsentwicklung. Die deutschen Aktien be-kommen Schlagseite.Friedrich Merz hat heute morgen die 22 Topmanagererwähnt, die dem Bundeskanzler geschrieben haben unddie wachstums- und arbeitsplatzfeindliche Reform gei-ßeln. Heute morgen hat der Arbeitgeberpräsident nocheinmal gebeten, diese Reform nicht zu verwirklichen,weil sie investitionsvernichtend wirkt. Eines will ich Ih-nen noch sagen: Viel schlimmer ist, daß hunderttausen-de Inhaber kleiner und mittelständischer Betriebe inner-halb der letzten Wochen durch Rotgrün und Ihre Regie-rung die Zuversicht in ihre Geschäftsentwicklung verlo-ren haben.
Das sind nicht diejenigen, die schreiben. Sie resignierenstill und verlieren auf Grund nicht vorkommender Entla-stungen ihre Fähigkeit, zu investieren, und so Arbeits-plätze zu sichern.Es ist bezeichnend, daß die neue Regierung von ih-rem ursprünglich verkündeten Ziel, mehr Arbeitsplätzezu schaffen, im Rahmen dieser Steuergesetze überhauptnicht mehr spricht. Die Gewerkschaften haben offenbarklar erkannt, daß von dieser Regierung keine Reformenzu erwarten sind, die zu mehr Nettoeinkommen der Ar-beitnehmer führen. Deshalb das Ende der Bescheiden-heit und die Durchsetzung kräftiger Lohnerhöhungenunter Inkaufnahme von steigenden Arbeitskosten, dieteilweise nicht mehr gedeckt werden können und des-halb wiederum zum Verlust von Arbeitsplätzen führen.Vor dem Hintergrund der Steuertarife, die nicht ge-ändert werden, und der hohen Sozialversicherungsbei-träge, die nicht reduziert werden, ist doch folgendes einIrrsinn, der nach den Tarifvereinbarungen für Arbeit-nehmer und Arbeitgeber jetzt wieder deutlich wird: EinArbeitnehmer der Baubranche, der bei einem Bruttoein-kommen von 5 000 DM eine Lohnerhöhung von 4 Pro-zent hat – das sind 200 DM brutto im Monat mehr – ,behält nach den gültigen Steuertarifen netto monatlich80,37 DM mehr in der Tasche, während das entspre-chende Unternehmen als Ergebnis dieser Lohnerhöhung294,98 DM mehr an Kosten hat. Der eigentliche Gewin-ner dieser Lohnerhöhungen ist nicht mehr der arbeitendeMensch, sondern der Staat, der Fiskus, und die sozialenSicherungssysteme. In dem genannten Beispiel bleibenrund 80 DM beim Arbeitnehmer, während 215 DM instaatliche Kassen fließen, also mehr als das Zweiein-halbfache dessen, was bei dem Arbeitnehmer verbleibt.Herr Lafontaine, es ist kein Wunder, daß Sie hier für dasEnde der Bescheidenheit eingetreten sind.Die Reformgesetze ändern an dem Irrsinn der unge-rechten Verteilung des Mehreinkommens zwischen Ar-beitnehmer und Staat überhaupt nichts. So werden Ar-beitsplätze in Deutschland systematisch weiter vernich-tet.
Es bleibt dabei: Die Arbeitnehmer verdienen netto zuwenig, und die Arbeitskosten sind gleichzeitig zu hoch.Ich frage mich allen Ernstes, was die Gespräche zum„Bündnis für Arbeit“ überhaupt noch sollen. Von derUnternehmensteuerreform weiß man noch immer nicht,wie sie aussehen soll. Man weiß nur soviel, daß sie auf-kommensneutral, also ohne Entlastung für die Unter-nehmen, sein soll.Hinsichtlich der nach dem Karlsruher Urteil notwen-digen Reform der Familienbesteuerung kann man offenvermuten, daß dazu die Mehrwertsteuer erhöht wird.Egal, wo man hinschaut: Nirgendwo kann man auch nurim Ansatz erkennen, daß die Menschen netto entlastetwerden.
Es ist nicht der Hauch des Bemühens dieser Regierungzu spüren, bei den Ausgaben des Staates oder bei denAusgaben der Sozialversicherungsträger zu sparen.
Herr Kollege,
denken Sie an die Redezeit.
Ich komme zum Ende. –Wenn diese Regierung auf ihrem Weg nicht umkehrt,dann wird sie ihr oberstes Ziel, mehr Beschäftigung inDeutschland zu schaffen, mit Sicherheit nicht erreichen.Ihre Ankündigungen im Wahlkampf, nicht alles anders,Peter Rauen
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 1941
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aber vieles besser zu machen, stimmen nicht. Sie ma-chen zwar vieles anders, aber alles schlechter.
Schönen Dank.
Das Wort hat
jetzt die Abgeordnete Lydia Westrich.
Frau Präsidentin! Meine sehrgeehrten Damen und Herren! Die Diskussion über dasSteuerentlastungsgesetz ist in den vergangenen Tagennoch hitziger geworden. Von der Drohkulisse der Wirt-schaft haben wir schon heute einiges gehört. Zu dieserDiskussion schreibt die „Frankfurter Rundschau“ heute:Die Maßlosigkeit der Sprache entspricht der Maß-losigkeit der Gewinnansprüche.
Getroffene Hunde bellen.Plötzlich scheint man vergessen zu haben, daß zu-mindest vor einiger Zeit politische Einigkeit, nicht nurim Parlament, darüber bestand, daß Abschreibungsmög-lichkeiten und Steuerschlupflöchern künftig der Kampfangesagt wird. Wir wollten gemeinsam den Verfall derSteuerbasis aufhalten. Diesen Konsens haben Sie, meineDamen und Herren von der Opposition, aufgekündigt.Sie betreiben zur Zeit eine reine Klientelpolitik.Viel gravierender aber ist es noch, daß Sie aufgehörthaben, an die Menschen zu denken, die keine Möglich-keiten haben, durch Abschreibungen ihre Steuerschuldzu mindern, und die deshalb in der Vergangenheit dieAbschreibungsmöglichkeiten der Großunternehmen mit-finanziert haben.
Das sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, aberauch die kleinen Handwerker, von denen Herr Rauen ge-rade gesprochen hat.
Deren Steuer- und Abgabenlast hat unter Ihrer Regie-rung ein historisches Rekordniveau erreicht, wie es bis-her noch nie dagewesen war.
Der Bund der Steuerzahler hat einmal errechnet, daßein Arbeitnehmer im Durchschnitt bis etwa Mitte Juniarbeiten muß, bis er anfängt, Geld zu verdienen, das ernicht an den Staat abführen muß. Jahrelang hat unter Ih-rer Regierung der kleine Mann die Zeche bezahlt. Jah-relang haben Sie, verehrte Damen und Herren von derOpposition, Politik zu Lasten von Arbeitnehmerinnenund Arbeitnehmern und ihren Familien, Politik auf de-ren Rücken betrieben sowie eine Umverteilung von un-ten nach oben vorangetrieben. Das ändern wir.
Wir ändern die soziale Schieflage und schließen dieGerechtigkeitslücke in unserem Steuerrecht. Eine drin-gende Aufgabe der Steuerreform in Deutschland ist esnämlich, wieder für ein Stück mehr Steuergerechtigkeitzu sorgen. Die heutige Debatte hat gezeigt, daß das sehrnotwendig ist. Dazu gehört eine gerechte Lastenvertei-lung, die sich an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeiteines jeden einzelnen zu orientieren hat.Um es Ihnen, Herr Rauen, noch einmal deutlich zusagen: Unser Gesetzentwurf sieht deshalb vor, ganz be-sonders geringe und mittlere Einkommen deutlich zuentlasten. Nachdem der Eingangssteuersatz bei derEinkommensteuer bereits zum 1. Januar 1999 von 25,9auf 23,9 Prozent gesenkt wurde, wird er in der zweitenund dritten Stufe bis zum Jahre 2002 auf 19,9 Prozentgesenkt werden. Den Grundfreibetrag von rund 12 000bzw. 24 000 DM werden wir bis 2002 auf 14 000 bzw.28 000 DM angehoben haben. Ab Januar dieses Jahreswurde schließlich das Kindergeld für das erste undzweite Kind von 220 auf 250 DM erhöht.Diese Veränderungen durch unser Steuerentlastungs-gesetz machen bereits im Jahre 1999 bei einer Familiemit zwei Kindern bis zu 1 200 DM pro Jahr aus. Im Jah-re 2002 werden Familien mit zwei Kindern sogar bis zu2 700 DM und mehr im Geldbeutel haben. In diesemRechenbeispiel sind, um es gleich vorwegzunehmen, diedurch die ökologische Steuerreform anfallenden Mehr-ausgaben bereits berücksichtigt. Mich freut es, daß wires mit der Steuerreform nach knapp fünf Monaten ge-schafft haben, unsere im Wahlkampf gemachten Ver-sprechungen einzulösen, auch wenn uns das Herr Thielevorhin vorgeworfen hat.
Ein wichtiges Ziel sozialdemokratischer Politik warund ist die steuerliche Entlastung von Familien, weil füruns die Familien zu den Leistungsträgern in der Gesell-schaft gehören und deshalb einen Anspruch auf eine lei-stungsgerechte Besteuerung haben.
Der alten Regierung waren Familien solange wichtig,wie sie über deren wertvolle Bedeutung reden konnte,aber nichts zu ihrer Unterstützung tun mußte.
Sie hat den wohlklingenden Worten keine Taten folgenlassen, die für eine Entlastung der Familien gesorgt hät-ten. Im Gegenteil: 16 Jahre konservative Regierungführten zu einer stetigen und schleichenden Ver-schlechterung der Lebensverhältnisse von Familien undvon Kindern in unserem Land.
Ich möchte, weil es gerade so schön paßt, kurz an densehr peinlichen und von der Regierung unter Verschlußgehaltenen 10. Kinder- und Jugendbericht vom letztenJahr erinnern; zeigten seine Ergebnisse und die nieder-schmetternden Fakten doch mehr als deutlich, wohin dieFamilienpolitik der konservativen Regierung geführthat, nämlich in die Ausgrenzung von Familien, zu einerenorm gewachsenen Zahl armer Familien und zu einerVielzahl von Kindern, die in ihrer Kindheit einen Man-Peter Rauen
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1942 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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gel an Teilnahme am normalen sozialen Leben erfahrenmußten.
Diese absolut verfehlte Familienpolitik wollen wir än-dern. Das haben wir mit der schrittweisen Erhöhung desKindergeldes und der Anhebung des Grundfreibetragesin Angriff genommen.
Eine Rechnung der katastrophalen Familienpolitikder alten Regierung haben wir im Januar präsentiert be-kommen: das Bundesverfassungsgerichtsurteil zu denBetreuungskosten von Kindern. Herr Thiele, Sie ha-ben keineswegs aus purer Weisheit 1996 das Kindergeldauf 200 DM angehoben, sondern das Bundesverfas-sungsgericht hat Ihnen das ans Herz gelegt. Sie habenbis auf den letzten Drücker gewartet, um das umzuset-zen.
Wir werden die neuen Forderungen des Bundesver-fassungsgerichts zur steuerlichen Entlastung der Famili-en zügig umsetzen. Wir arbeiten jetzt an einem Fami-lienentlastungsgesetz, in dem die verschiedenen Mög-lichkeiten, die uns zur Verfügung stehen, um Familienkünftig besserzustellen, zusammengeführt werden sol-len. Schon im Sommer wollen und werden wir mit die-sem Gesetz nicht nur das Bundesverfassungsgerichtsur-teil umsetzen, sondern auch und zuerst den Familien einStück Gerechtigkeit zukommen lassen. Sie sollen nochweitgehender steuerlich entlastet werden und so nachlangen Jahren am Rande der Gesellschaft wieder in dieMitte der Gesellschaft rücken.
Wir machen ernst mit einer familien- und kinder-freundlichen Politik, weil wir eine familien- und kinder-freundliche Gesellschaft wollen. Dieses Gesetz heute istder erste Schritt dazu. Sie können eigentlich nur zu-stimmen.
Das Wort hat jetzt
der Kollege Joachim Poß.
Frau Präsidentin! Meine Da-men und Herren! Wir erleben derzeit einen Höhepunktder jahrelangen irrationalen und quälenden Standortde-batte. Herr Rauen hat vorhin bewiesen, wie man in die-ser Standortdebatte Opfer seiner eigenen Propagandawerden kann.
Dabei haben die Proteste von Einzelpersonen undWirtschaftsbranchen wenig mit Zahlen und Fakten, aberviel mit Besitzstandsdenken und Privilegien zu tun.
Jetzt rächt sich, daß sich die wirtschaftspolitische De-batte, auch gefördert von CDU/CSU und F.D.P., aus-schließlich auf das Thema Steuern reduziert hat. KeinWort über Know-how, kein Wort über andere Standort-stärken, über Infrastruktur, über Forschung und Ent-wicklung – nur über Steuern haben Sie geredet. Jetztwerden Sie Opfer dieser verengten Diskussion.
Demgegenüber gilt – da wird Ihre Propaganda unddie einiger Wirtschaftsführer nicht lange vorhalten –:Die neue Koalition hat Wort gehalten. Wir machenSteuerpolitik für Millionen deutscher Steuerzahler undnicht für einige wenige. Das unterscheidet uns von ih-nen.
Dafür sind wir auch gewählt worden.
Wir nehmen unseren Wählerauftrag ernst.
Wir werden diesen Wählerauftrag erfüllen. Ab heute ha-ben wir Klarheit über die Rahmenbedingungen für Steu-erbürger und die Wirtschaft geschaffen.
Das wird jetzt verbreitet werden, ich hoffe, mit Unter-stützung des Regierungsapparats, damit endlich klarwird, was hier beschlossen wird.
Unter Ihrer Verantwortung wurden Arbeitnehmer undFamilien sowie Teile des Mittelstandes Jahr für Jahrstärker belastet. Das sind Tatsachen und nicht Ideologie.
Wir korrigieren diese Entwicklung Schritt für Schritt.Das geht nicht über Nacht. Das Bundesverfassungsge-richt hat jetzt in mehreren Entscheidungen klargestellt,wie Ihre Politik zu bewerten ist. Wir sind dabei, die Ge-rechtigkeitslücken zu schließen, die Sie während IhrerRegierungszeit haben entstehen lassen. Das ist dieWahrheit.
Meine Damen und Herren von CDU/CSU und F.D.P.,Sie sind Spezialisten für Steuer- und Abgabenerhöhun-gen und haben keine Veranlassung, sich so aufzuführen,wie das heute morgen hier der Fall war.
Lydia Westrich
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 1943
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Trotz Ihrer Tricksereien gilt: Schon fünf Monate nachAmtsantritt verabschieden wir diesen Gesetzentwurf, derfür Arbeitnehmer und Familien sowie für die mittelstän-dische Wirtschaft einen wichtigen Schritt zu einer ge-rechteren Verteilung der Steuerlast darstellt. Herr Rau-en, Sie haben das Hohelied des benachteiligten Mittel-standes gesungen. Sie hätten in Ihrer Verantwortung alsCDU-Bundestagsabgeordneter viele Jahre Gelegenheitgehabt, diese Benachteiligung im Deutschen Bundestagzu korrigieren.
Herr Kollege, ge-
statten Sie noch eine Zwischenfrage der Kollegin Wül-
fing?
Ja, natürlich gerne.
Bitte sehr, Frau
Kollegin.
Herr Kollege Poß, Sie
sind doch Ihrer Meinung nach deswegen gewählt wor-
den, um die Belastung der Bürger, speziell der Arbeit-
nehmer, zu reduzieren. Ich habe hier ein an den Finanz-
ausschuß des Deutschen Bundestages gerichtetes
Schreiben einer Arbeitnehmerin mit Steuerklasse V. Sie
schreibt uns allen – Sie nehmen das gar nicht wahr –,
daß sich bei ihr ausweislich der Januarabrechnung 1999,
die sie beigelegt hat, die Lohnsteuerbelastung nicht ge-
senkt, sondern erhöht hat. Sie schreibt, daß diese Tatsa-
che Frauen in sehr großer Zahl betrifft. Hat sie nach Ih-
rer Ansicht – sie verdient 2 157 DM – ein geringes, ein
mittleres, ein normales oder ein hohes Einkommen?
Frau Kollegin Wülfing, wennSie eine verantwortungsbewußte Parlamentarierin sindoder sein wollen, dann werden Sie der Dame, die dasgeschrieben hat, wohl mitteilen, daß die vorübergehendesteuerliche Belastung, die sich aus der LohnsteuerklasseV ergibt, spätestens mit dem Lohnsteuerjahresausgleichausgeglichen wird. Ich hoffe, Sie werden ihr das in die-sem Sinne mitteilen.
– Klar, der Mann hat Steuerklasse III und sie Steuerklas-se V. – Das werden Sie sicherlich klarstellen. Sie habenja im Finanzausschuß schon einige Zeit Gelegenheit ge-habt, sich die dafür notwendigen Fachkenntnisse anzu-eignen.
Ich war gerade bei dem Thema der unterschiedlichenBelastungen der exportierenden Großindustrie einerseitsund der mittelständischen Wirtschaft andererseits. Diesist eine schwere Erblast der Regierung Kohl, die wir hierabtragen müssen. Auch das geht nur schrittweise. Dennwir senken mit diesem Gesetzespaket die Steuersätzeund erhalten trotzdem günstige Abschreibungsregelun-gen für den Mittelstand, und zwar viel günstigere, als esbei Ihnen vorgesehen war.
Unsere steuerpolitische Konzeption
ist auf eine mutige Steuerreform gerichtet.
Wir bereinigen das Steuerrecht und erreichen dies durchdie Streichung von Steuersubventionen im Umfangevon knapp 37 Milliarden DM. Das ist die größte Neu-ordnung des deutschen Steuerrechtes seit dem zweitenWeltkrieg. Das setzen wir in Gang, nicht Sie.
Der Umfang der Nettoentlastung ist sehr groß. Daswird die öffentlichen Haushalte, und zwar die des Bun-des, der Länder und der Kommunen, schmerzen. Nur,der Unterschied zu Ihnen ist: Wir setzen zugleich eineGegenfinanzierung in Gang, so daß es verkraftbar ist.
Wenn wir Ihrer Konzeption gefolgt wären, dann hättenwir den Ruin der öffentlichen Haushalte beschlossen.Das ist der Unterschied.
– Das glaube ich schon.
Die sachkundigen Kolleginnen und Kollegen unterIhnen wissen doch, daß Herr Waigel aus genau diesemGrunde in seiner Broschüre „Symmetrische Finanz-politik 2010“ festgestellt hat, daß erst nach Einpassungder Defizite aus den Steuerreformplänen von CDU/CSUund F.D.P. in die Finanzplanung entschieden werdenkönne, in welchem Zeitraum, in welchen Stufen und inwelchem Ausmaß die Steuerreformvorstellungen vonCDU/CSU und F.D.P. verwirklicht werden können. Ichfüge hinzu: weil keine Vorsorge getroffen worden war.Dies müsse nach der Wahl bestimmt werden, so steht esin dem Waigel-Papier. Das ist die Wahrheit.Sie haben den Wählern eine Entlastung vorgegaukelt,die nie mit der Realität des Haushaltes in Übereinstim-mung stand.
Das tun wir nicht. Der Bundesfinanzminister hat heutemorgen ausgeführt, was uns unterscheidet: Wir sagenJoachim Poß
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1944 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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den Menschen die Wahrheit, während Sie, wie Sie dasjahrelang getan haben, die Wahrheit vernebeln.
In Waigels Konzept – damit auch in Ihrem Konzept –war keine umfassende Entlastung der Familien vorgese-hen. Herr Waigel wollte das Kindergeld für das zweiteKind um 20 DM erhöhen. Welch ein Jammer für diedeutschen Familien, wenn er sich durchgesetzt hätte! Esgab auch kein neues Konzept für ein modernes Unter-nehmensteuerrecht.
Das heißt: Ihre Entwürfe waren unvollständig, offen-sichtlich nicht finanzierbar und ungerecht, meine Damenund Herren. Deswegen haben Sie keine konkreten Al-ternativen eingebracht.Sie sind sich längst nicht mehr einig. Sie von derF.D.P. haben doch im Bundestagswahlkampf ein ganzanderes Konzept vorgelegt.
– Natürlich. – Sie haben Ihrer Klientel eine Entlastungvon bis zu 200 Milliarden DM versprochen.
Gegenüber dem Versprechen, das Sie gegeben haben,war der Lügenbaron von Münchhausen ja seriös, HerrThiele.
Wir stehen jetzt vor dem Scherbenhaufen Ihrer Poli-tik, vor der hohen Verschuldung. Aber wir werden ihnabtragen – Schritt für Schritt, berechenbar, solide undwahrheitsgemäß. Wir werden dem deutschen Volk nichtdas zumuten, was Sie ihm zugemutet haben, nämlich dieUnwahrheit zu sagen.Dazu gehört – Herr Thiele, da müßten Sie uns eigent-lich unterstützen –, daß wir –
Herr Kollege, den-
ken Sie bitte an Ihre Redezeit!
– dies ist der Schluß meiner
Rede – auch wichtigen Unternehmensführern in der
Bundesrepublik Deutschland widersprechen, wenn sie
den deutschen oder auch den ausländischen Arbeitneh-
mern an Hand falscher Fakten androhen Arbeitsplätze
hier zu vernichten. Das deutsche Parlament müßte solch
unzulässigen Drohungen geschlossen entgegentreten.
Liebe Kolleginnenund Kollegen, ich schließe die Aussprache.Wir kommen jetzt zu zahlreichen Abstimmungen;acht davon sind namentlich. Aus gegebenem Anlaß bitteich alle Kolleginnen und Kollegen, bei den namentli-chen Abstimmungen sorgfältig darauf zu achten, daß dieStimmkarten, die Sie verwenden, Ihren Namen tra-gen. Bitte verwenden Sie keine Stimmkarten aus der13. Wahlperiode!
Wir kommen zur Abstimmung über den von denFraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen einge-brachten Entwurf eines Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002, Drucksachen 14/23 und 14/442.Es liegt ein Änderungsantrag der Fraktion derCDU/CSU vor, über den wir mit Einverständnis desAntragstellers zunächst abstimmen. Wer stimmt für denÄnderungsantrag auf Drucksache 14/469? – Wer stimmtdagegen? – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag abge-lehnt.Wir kommen zum Gesetzentwurf in der Ausschußfas-sung. Die Fraktion der CDU/CSU hat Einzelabstimmun-gen über eine Reihe von Vorschriften verlangt.Ich rufe Art. 1 Nr. 1 in der Ausschußfassung auf. DieFraktion der CDU/CSU verlangt hierzu namentliche Ab-stimmung. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schrift-führer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen.Sind alle Urnen besetzt? – Das ist der Fall. Ich eröff-ne die Abstimmung.Ist noch ein Mitglied anwesend, das seine Stimmkartenicht abgegeben hat?
Nur damit Sie es wissen: Ich passe auf, damit es zügiggeht.Zweiter Versuch: Ist noch ein Mitglied des Hausesanwesend, das seine Stimme nicht abgegeben hat? – Dasist nicht der Fall. Ich schließe die Abstimmung. Ich bittedie Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Aus-zählung zu beginnen. Das Ergebnis der Abstimmungwird Ihnen später bekanntgegeben.*)Wir setzen die Abstimmungen fort. Sie können sichwieder hinsetzen, meine Damen und Herren, weil soschnell keine weitere namentliche Abstimmung folgt.Jetzt kommen einfache Abstimmungen. Es wäre gut,wenn klar ist, wer wie abstimmt.Ich rufe Art. 1 Nr. 2 in der Ausschußfassung auf. Ichbitte diejenigen, die zustimmen wollen, um das Hand-zeichen. – Die Gegenprobe! – Enthaltungen? – Damit istdiese Vorschrift angenommen.Ich rufe Art. 1 Nr. 3 in der Ausschußfassung auf. Ichbitte diejenigen, die zustimmen wollen, um das Hand-zeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? –*) Seite 1945 BJoachim Poß
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Diese Vorschrift ist bei Stimmenthaltung der PDS undgegen die Stimmen der CDU/CSU und F.D.P. ange-nommen worden.Ich rufe Art. 1 Nr. 4 bis Art. 1 Nr. 6 Buchstabe a inder Ausschußfassung auf. Ich bitte diejenigen, die zu-stimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmtdagegen? – Wer enthält sich? – Art. 1 Nr. 4 bis Art. 1Nr. 6 Buchstabe a sind angenommen.Ich rufe Art. 1 Nr. 6 Buchstabe b in der Ausschußfas-sung auf. Ich bitte diejenigen, die zustimmen wollen, umdas Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthältsich? – Art. 1 Nr. 6 Buchstabe b ist angenommen.Ich rufe Art. 1 Nr. 7 bis Art. 1 Nr. 8 Buchstabe aDoppelbuchstabe aa Dreifachbuchstabe aaa Satz 1 in derAusschußfassung auf. Ich bitte diejenigen, die zustim-men wollen, um das Handzeichen. Wer stimmt dagegen?– Wer enthält sich? – Die aufgerufene Vorschrift ist an-genommen.Ich rufe Art. 1 Nr. 8 Buchstabe a Doppelbuchstabe aaDreifachbuchstabe aaa Satz 2 in der Ausschußfassungauf. Die Fraktion der CDU/CSU verlangt hierzu na-mentliche Abstimmung. Dies ist die zweite namentlicheAbstimmung. Ich bitte die Schriftführerinnen undSchriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. –Ich eröffne die Abstimmung. –Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das nichtabgestimmt hat? – Das ist nicht der Fall. Ich schließe dieAbstimmung. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schrift-führer, mit der Auszählung zu beginnen. Das Ergebnisder Abstimmung wird Ihnen später bekanntgegeben.*)*) Seite 1948 DWir setzen die Abstimmungen fort. Ich rufe Art. 1Nr. 8 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa Dreifachbuchsta-be bbb bis Art. 1 Nr. 8 Buchstabe a Doppelbuchstabe ddin der Ausschußfassung auf. Ich bitte diejenigen, die zu-stimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmtdagegen? – Wer enthält sich? – Die aufgerufenen Vor-schriften sind angenommen.Ich rufe Art. 1 Nr. 8 Buchstabe a Doppelbuchstabe eein der Ausschußfassung auf. Auch hier hat dieCDU/CSU namentliche Abstimmung verlangt. Dies istdie dritte namentliche Abstimmung. Ich bitte die Schrift-führerinnen und Schriftführer, die vorgesehenen Plätzeeinzunehmen. – Sind alle Urnen besetzt? – Das ist derFall. Ich eröffne die Abstimmung. –Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das sei-ne Stimme nicht abgegeben hat? – Das ist nicht derFall. Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schrift-führerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zubeginnen. Das Ergebnis wird Ihnen später bekanntgege-ben.*)Ich gebe das von den Schriftführerinnen und Schrift-führern ermittelte Ergebnis der namentlichen Ab-stimmung bekannt: Zweite Beratung eines Entwurfseines Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002, Art. 1Nr. 1. Abgegebene Stimmen 590. Mit Ja haben ge-stimmt 313, mit Nein haben gestimmt 277, Enthaltungenkeine. Die entsprechende Vorschrift ist damit ange-nommen.*) Seite 1951 AEndgültiges ErgebnisAbgegebene Stimmen: 590;davonja: 313nein: 277JaSPDBrigitte AdlerGerd AndresRainer ArnoldHermann BachmaierErnst BahrDoris BarnettDr. Hans-Peter BartelsEckhardt Barthel
Klaus Barthel
Wolfgang BehrendtDr. Axel BergHans-Werner BertlFriedhelm Julius BeucherPetra BierwirthRudolf BindigLothar Binding
Kurt BodewigKlaus BrandnerAnni Brandt-ElsweierWilli BraseDr. Eberhard BrechtRainer Brinkmann
Bernhard Brinkmann
Hans-Günter BruckmannUrsula BurchardtDr. Michael BürschHans Martin BuryHans Büttner
Marion Caspers-MerkWolf-Michael CatenhusenDr. Peter Wilhelm DanckertDr. Herta Däubler-GmelinChristel DeichmannKarl DillerPeter DreßenRudolf DreßlerDetlef DzembritzkiDieter DzewasDr. Peter EckardtSebastian EdathyLudwig EichMarga ElserPeter EndersGernot ErlerPetra ErnstbergerAnnette FaßeLothar Fischer
Gabriele FograscherIris FollakNorbert FormanskiRainer FornahlHans ForsterDagmar FreitagPeter Friedrich
Lilo Friedrich
Harald FrieseAnke Fuchs
Arne FuhrmannMonika GanseforthKonrad GilgesIris GleickeGünter GloserUwe GöllnerRenate GradistanacGünter Graf
Angelika Graf
Dieter GrasedieckMonika GriefahnAchim GroßmannKarl-Hermann Haack
Hans-Joachim HackerChristel HanewinckelAlfred HartenbachAnke HartnagelNina HauerHubertus HeilReinhold HemkerFrank HempelRolf HempelmannDr. Barbara HendricksGustav HerzogMonika HeubaumUwe HikschReinhold Hiller
Stephan HilsbergGerd HöferJelena Hoffmann
Walter Hoffmann
Frank Hofmann
Ingrid HolzhüterEike HovermannChristel HummeLothar IbrüggerBarbara ImhofBrunhilde IrberGabriele IwersenRenate JägerJann-Peter JanssenIlse JanzDr. Uwe JensVolker Jung
Johannes KahrsVizepräsidentin Anke Fuchs
Metadaten/Kopzeile:
1946 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
(C)
Ulrich KasparickSabine KaspereitSusanne KastnerHans-Peter KemperKlaus KirschnerMarianne KlappertHans-Ulrich KloseWalter KolbowFritz Rudolf KörperKarin KortmannAnette KrammeNicolette KresslAngelika Krüger-LeißnerHorst KubatschkaErnst KüchlerHelga Kühn-MengelUte KumpfKonrad KunickDr. Uwe KüsterWerner LabschOskar LafontaineChristine LambrechtBrigitte LangeChristian Lange
Detlev von LarcherChristine LehderRobert LeidingerKlaus LennartzEckhart LeweringGötz-Peter Lohmann
Erika LotzDr. Christine LucygaDieter Maaß
Winfried ManteDirk ManzewskiTobias MarholdUlrike MascherChristoph MatschieIngrid Matthäus-MaierHeide MattischeckMarkus MeckelUlrike MehlUlrike MertenAngelika MertensDr. Jürgen Meyer
Ursula MoggChristoph MoosbauerSiegmar MosdorfMichael Müller
Jutta Müller
Christian Müller
Franz MünteferingAndrea NahlesVolker Neumann
Gerhard Neumann
Dr. Edith NiehuisDietmar NietanGünter OesinghausEckhard OhlLeyla OnurManfred OpelHolger OrtelAdolf OstertagKurt PalisAlbrecht PapenrothDr. Willfried PennerDr. Martin PfaffGeorg PfannensteinJohannes PflugDr. Eckhart PickJoachim PoßKarin Rehbock-ZureichMargot von RenesseRenate RennebachBernd ReuterDr. Edelbert RichterReinhold RobbeRené RöspelDr. Ernst Dieter RossmannMichael Roth
Birgit Roth
Thomas SauerDr. Hansjörg SchäferGudrun Schaich-WalchRudolf ScharpingBernd ScheelenDr. Hermann ScheerHorst SchildOtto SchilyDieter SchlotenHorst Schmidbauer
Ulla Schmidt
Silvia Schmidt
Dagmar Schmidt
Wilhelm Schmidt
Regina Schmidt-ZadelHeinz Schmitt
Olaf ScholzKarsten SchönfeldFritz SchösserOttmar SchreinerGerhard SchröderGisela SchröterDr. Mathias SchubertRichard Schuhmann
Brigitte Schulte
Reinhard Schultz
Volkmar Schultz
Ilse SchumannDr. R. Werner SchusterDr. Angelica Schwall-DürenErnst SchwanholdRolf SchwanitzBodo SeidenthalErika SimmDr. Sigrid Skarpelis-SperkDr. Cornelie Sonntag-WolgastWieland SorgeWolfgang SpanierDr. Margrit SpielmannJörg-Otto SpillerDr. Ditmar StaffeltLudwig StieglerRolf StöckelRita Streb-HesseDr. Peter StruckJoachim StünkerJoachim TappeJörg TaussJella TeuchnerDr. Gerald ThalheimWolfgang ThierseFranz ThönnesAdelheid TröscherRüdiger VeitGünter VerheugenSimone ViolkaUte Vogt
Hedi WegenerWolfgang WeiermannReinhard Weis
Matthias WeisheitGert Weisskirchen
Dr. Ernst Ulrich vonWeizsäckerHans-Joachim WeltDr. Rainer WendHildegard WesterLydia WestrichInge Wettig-DanielmeierDr. Margrit WetzelDr. Norbert WieczorekHelmut Wieczorek
Jürgen Wieczorek
Heidemarie Wieczorek-ZeulDieter WiefelspützHeino Wiese
Klaus WiesehügelBrigitte Wimmer
Engelbert Clemens WistubaBarbara WittigDr. Wolfgang WodargVerena WohllebenHanna Wolf
Waltraud Wolff
Heidemarie WrightUta ZapfDr. Christoph ZöpelPeter ZumkleyBÜNDNIS 90/DIE GRÜNENGila Altmann
Marieluise Beck
Volker Beck
Angelika BeerAnnelie BuntenbachEkin DeligözDr. Thea DückertFranziska Eichstädt-BohligDr. Uschi EidHans-Josef FellAndrea Fischer
Joseph Fischer
Katrin Göring-EckardtRita GrießhaberWinfried HermannKristin HeyneUlrike HöfkenMichaele HustedtMonika KnocheDr. Angelika Köster-LoßackSteffi LemkeDr. Helmut LippeltDr. Reinhard LoskeKlaus Wolfgang Müller
Kerstin Müller
Winfried NachtweiChrista NickelsCem ÖzdemirSimone ProbstClaudia Roth
Christine ScheelIrmingard Schewe-GerigkRezzo SchlauchAlbert Schmidt
Werner Schulz
Christian SimmertChristian SterzingHans-Christian StröbeleJürgen TrittinDr. Antje VollmerSylvia VoßHelmut Wilhelm
Margareta Wolf
NeinCDU/CSUUlrich AdamIlse AignerPeter AltmaierNorbert BarthleDr. Wolf BauerGünter BaumannBrigitte BaumeisterMeinrad BelleDr. Sabine Bergmann-PohlOtto BernhardtHans-Dirk BierlingDr. Joseph-Theodor BlankRenate BlankDr. Heribert BlensPeter BleserDr. Norbert BlümFriedrich BohlDr. Maria BöhmerSylvia BonitzWolfgang Börnsen
Wolfgang BosbachDr. Wolfgang BötschKlaus BrähmigDr. Ralf BrauksiepePaul BreuerMonika BrudlewskyGeorg BrunnhuberKlaus Bühler
Hartmut Büttner
Cajus CaesarPeter H. Carstensen
Leo DautzenbergWolfgang DehnelHubert DeittertAlbert DeßThomas DörflingerHansjürgen DossMarie-Luise DöttRainer EppelmannAnke EymerIlse FalkDr. Hans Georg FaustUlf FinkIngrid FischbachDirk Fischer
Vizepräsidentin Anke Fuchs
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 1947
(C)
(D)
Dr. Gerhard Friedrich
Dr. Hans-Peter Friedrich
Erich G. FritzJochen-Konrad FrommeDr. Jürgen GehbNorbert GeisDr. Heiner GeißlerGeorg GirischDr. Reinhard GöhnerDr. Wolfgang GötzerKurt-Dieter GrillHermann GröheManfred GrundGottfried Haschke
Gerda HasselfeldtNorbert Hauser
Hansgeorg Hauser
Klaus-Jürgen HedrichUrsula HeinenManfred HeiseSiegfried HeliasErnst HinskenPeter HintzeKlaus HofbauerMartin HohmannKlaus HoletschekJosef HollerithDr. Karl-Heinz HornhuesSiegfried HornungJoachim HörsterHubert HüppeGeorg JanovskyDr.-Ing. Rainer JorkDr. Harald KahlDr. Dietmar KansyManfred KantherIrmgard KarwatzkiVolker KauderEckart von KlaedenUlrich KlinkertDr. Helmut KohlNorbert KönigshofenEva-Maria KorsHartmut KoschykRudolf KrausDr. Paul KrügerDr. Hermann KuesKarl LamersDr. Karl A. Lamers
Dr. Norbert LammertDr. Paul LaufsKarl-Josef LaumannVera LengsfeldWerner LensingPeter LetzgusUrsula LietzWalter Link
Eduard LintnerDr. Klaus Lippold
Dr. Manfred LischewskiWolfgang Lohmann
Julius LouvenDr. Michael LutherErich Maaß
Erwin MarschewskiDr. Martin Mayer
Wolfgang MeckelburgDr. Michael MeisterFriedrich MerzHans MichelbachMeinolf MichelsDr. Gerd MüllerBernward Müller
Elmar Müller
Bernd Neumann
Claudia NolteGünter NookeFranz ObermeierFriedhelm OstEduard OswaldNorbert Otto
Dr. Peter PaziorekAnton PfeiferDr. Friedbert PflügerBeatrix PhilippRonald PofallaRuprecht PolenzMarlies PretzlaffDr. Bernd ProtznerThomas RachelHans RaidelDr. Peter RamsauerPeter RauenChrista Reichard
Katherina ReicheErika ReinhardtHans-Peter RepnikKlaus RiegertDr. Heinz RiesenhuberFranz RomerHannelore Rönsch
Heinrich-Wilhelm RonsöhrDr. Klaus RoseKurt RossmanithNorbert RöttgenDr. Christian RuckDr. Jürgen RüttgersAnita SchäferDr. Wolfgang SchäubleHartmut SchauerteHeinz SchemkenKarl-Heinz ScherhagGerhard ScheuNorbert SchindlerDietmar SchleeChristian Schmidt
Dr.-Ing. Joachim Schmidt
Andreas Schmidt
Hans Peter Schmitz
Birgit Schnieber-JastramDr. Andreas SchockenhoffDr. Rupert ScholzDr. Erika SchuchardtWolfgang SchulhoffDiethard W. Schütze
Clemens SchwalbeDr. Christian Schwarz-SchillingWilhelm-Josef SebastianHorst SeehoferHeinz SeiffertRudolf SeitersBernd SiebertWerner SiemannBärbel SothmannMargarete SpäteCarl-Dieter SprangerErika SteinbachAndreas StormDorothea Störr-RitterMax StraubingerMatthäus StreblThomas StroblMichael StübgenDr. Rita SüssmuthDr. Susanne TiemannEdeltraut TöpferDr. Hans-Peter UhlGunnar UldallArnold VaatzAndrea VoßhoffPeter Weiß
Gerald Weiß
Annette Widmann-MauzHeinz Wiese
Hans-Otto Wilhelm
Klaus-Peter WillschWilly Wimmer
Matthias WissmannWerner WittlichDagmar WöhrlElke WülfingPeter Kurt WürzbachWolfgang ZeitlmannBenno ZiererWolfgang ZöllerF.D.P.Hildebrecht Braun
Rainer BrüderleErnst BurgbacherJörg van EssenUlrike FlachGisela FrickPaul K. FriedhoffHorst Friedrich
Rainer FunkeDr. Wolfgang GerhardtHans-Michael GoldmannJoachim Günther
Dr. Karlheinz GuttmacherKlaus HauptDr. Helmut HaussmannUlrich HeinrichWalter HircheDr. Klaus KinkelDr. Heinrich Leonhard KolbGudrun KoppIna LenkeSabine Leutheusser-SchnarrenbergerJürgen W. MöllemannDirk NiebelGünter Friedrich NoltingHans-Joachim Otto
Detlef ParrCornelia PieperDr. Edzard Schmidt-JortzigGerhard SchüßlerDr. Irmgard SchwaetzerMarita SehnDr. Hermann Otto SolmsDr. Max StadlerCarl-Ludwig ThieleDr. Dieter ThomaeJürgen TürkPDSMonika BaltPetra BlässMaritta BöttcherEva Bulling-SchröterRoland ClausHeidemarie EhlertDr. Heinrich FinkDr. Ruth FuchsFred GebhardtWolfgang Gehrcke-ReymannDr. Klaus GrehnDr. Gregor GysiDr. Barbara HöllCarsten HübnerSabine JüngerDr. Evelyn KenzlerDr. Heidi Knake-WernerRolf KutzmutzUrsula LötzerHeidemarie LüthAngela MarquardtManfred Müller
Kersten NaumannRosel NeuhäuserPetra PauDr. Uwe-Jens RösselChristina SchenkGustav-Adolf SchurDr. Ilja SeifertEntschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen Versammlungendes Europarates und der WEU, der NAV, der OSZE oder der IPUAbgeordnete(r)Lörcher, Christa, SPD von Schmude, Michael, CDU/CSUVizepräsidentin Anke Fuchs
Metadaten/Kopzeile:
1948 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
(C)
Wir setzen die Abstimmungen fort. Ich rufe Art. 1Nr. 8 Buchstabe b bis Art. 1 Nr. 11 Buchstabe a Dop-pelbuchstabe bb erster Halbsatz in der Ausschußfassungauf. Ich bitte diejenigen, die zustimmen wollen, um dasHandzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sichder Stimme? – Die aufgerufenen Vorschriften sind an-genommen.Ich rufe Art. 1 Nr. 11 Buchstabe a Doppelbuch-stabe bb zweiter Halbsatz in der Ausschußfassung auf.Ich bitte diejenigen, die zustimmen wollen, um dasHandzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer ent-hält sich? – Die aufgerufene Vorschrift ist angenom-men.Ich rufe Art. 1 Nr. 11 Buchstabe b bis Art. 1 Nr. 17 inder Ausschußfassung auf. Ich bitte diejenigen, die zu-stimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmtdagegen? – Wer enthält sich? – Die aufgerufenen Vor-schriften sind angenommen.Ich rufe Art. 1 Nr. 18 in der Ausschußfassung auf. Ichbitte diejenigen, die zustimmen wollen, um das Hand-zeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? –Art. 1 Nr. 18 ist angenommen.Ich rufe Art. 1 Nr. 19 bis Art. 4 in der Ausschußfas-sung auf. Ich bitte diejenigen, die zustimmen wollen, umdas Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthältsich? – Die aufgerufenen Vorschriften sind angenom-men.Ich rufe Art. 5 Nr. 1 in der Ausschußfassung auf. DieFraktion der CDU/CSU verlangt namentliche Abstim-mung. Es ist die vierte namentliche Abstimmung. Ichbitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorge-sehenen Plätze einzunehmen. – Sind alle Urnen besetzt?– Das ist der Fall. Ich eröffne die Abstimmung.Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, sichnoch einmal zu vergewissern, daß Sie die Karte mit Ih-rem Namen abgeben. Das ist offensichtlich höchst kom-pliziert.Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seineStimme nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Fall.Ich schließe die Abstimmung. Ich bitte die Schriftführe-rinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu begin-nen. Das Ergebnis wird Ihnen später bekanntgegeben.*)Wir setzen die Abstimmung fort.Ich rufe Art. 5 Nr. 2 bis Art. 18 sowie Einleitung undÜberschrift in der Ausschußfassung auf. Ich bitte dieje-nigen, die zustimmen wollen, um das Handzeichen. –Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die aufge-rufenen Vorschriften sind angenommen.Bis zum Vorliegen der Ergebnisse der namentlichenAbstimmungen unterbreche ich die Sitzung.
Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.Ich gebe die von den Schriftführerinnen und Schrift-führern ermittelten Ergebnisse der namentlichen Ab-stimmungen bekannt.Die zweite namentliche Abstimmung betraf Art. 1 Nr.8 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa Dreifachbuchsta-be aaa Satz 2,
Drucksachen 14/23 und 14/442. Abgegebene Stimmen588. Mit Ja haben gestimmt 342, mit Nein haben ge-stimmt 246, Enthaltungen keine. Die entsprechendeVorschrift ist angenommen.*) Seite 1953 BEndgültiges ErgebnisAbgegebene Stimmen: 588;davonja: 342nein: 246JaSPDBrigitte AdlerGerd AndresRainer ArnoldHermann BachmaierErnst BahrDoris BarnettDr. Hans-Peter BartelsEckhardt Barthel
Klaus Barthel
Wolfgang BehrendtDr. Axel BergHans-Werner BertlFriedhelm Julius BeucherPetra BierwirthRudolf BindigLothar Binding
Kurt BodewigKlaus BrandnerAnni Brandt-ElsweierWilli BraseDr. Eberhard BrechtRainer Brinkmann
Bernhard Brinkmann
Hans-Günter BruckmannDr. Michael BürschUrsula BurchardtHans Martin BuryHans Büttner
Marion Caspers-MerkWolf-Michael CatenhusenDr. Peter Wilhelm DanckertDr. Herta Däubler-GmelinChristel DeichmannKarl DillerPeter DreßenRudolf DreßlerDetlef DzembritzkiDieter DzewasDr. Peter EckardtSebastian EdathyLudwig EichMarga ElserPeter EndersGernot ErlerPetra ErnstbergerAnnette FaßeLothar Fischer
Gabriele FograscherIris FollakNorbert FormanskiRainer FornahlHans ForsterDagmar FreitagPeter Friedrich
Lilo Friedrich
Harald FrieseAnke Fuchs
Arne FuhrmannMonika GanseforthKonrad GilgesIris GleickeGünter GloserUwe GöllnerRenate GradistanacGünter Graf
Angelika Graf
Dieter GrasedieckMonika GriefahnAchim GroßmannKarl-Hermann Haack
Hans-Joachim HackerChristel HanewinckelAlfred HartenbachAnke HartnagelNina HauerHubertus HeilReinhold HemkerFrank HempelRolf HempelmannDr. Barbara HendricksGustav HerzogMonika HeubaumUwe HikschReinhold Hiller
Stephan HilsbergGerd HöferJelena Hoffmann
Walter Hoffmann
Frank Hofmann
Ingrid HolzhüterEike HovermannChristel HummeLothar IbrüggerVizepräsidentin Anke Fuchs
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 1949
(C)
(D)
Barbara ImhofBrunhilde IrberGabriele IwersenRenate JägerJann-Peter JanssenIlse JanzDr. Uwe JensVolker Jung
Johannes KahrsUlrich KasparickSabine KaspereitSusanne KastnerHans-Peter KemperKlaus KirschnerMarianne KlappertHans-Ulrich KloseWalter KolbowFritz Rudolf KörperKarin KortmannAnette KrammeNicolette KresslAngelika Krüger-LeißnerHorst KubatschkaErnst KüchlerHelga Kühn-MengelUte KumpfKonrad KunickDr. Uwe KüsterWerner LabschOskar LafontaineChristine LambrechtBrigitte LangeChristian Lange
Detlev von LarcherChristine LehderRobert LeidingerKlaus LennartzEckhart LeweringGötz-Peter Lohmann
Erika LotzDr. Christine LucygaDieter Maaß
Winfried ManteDirk ManzewskiTobias MarholdUlrike MascherChristoph MatschieIngrid Matthäus-MaierHeide MattischeckMarkus MeckelUlrike MehlUlrike MertenAngelika MertensDr. Jürgen Meyer
Ursula MoggChristoph MoosbauerSiegmar MosdorfMichael Müller
Jutta Müller
Christian Müller
Franz MünteferingAndrea NahlesVolker Neumann
Gerhard Neumann
Dr. Edith NiehuisDietmar NietanGünter OesinghausEckhard OhlLeyla OnurManfred OpelHolger OrtelAdolf OstertagKurt PalisAlbrecht PapenrothDr. Willfried PennerDr. Martin PfaffGeorg PfannensteinJohannes PflugDr. Eckhart PickJoachim PoßKarin Rehbock-ZureichMargot von RenesseRenate RennebachBernd ReuterDr. Edelbert RichterReinhold RobbeRené RöspelDr. Ernst Dieter RossmannMichael Roth
Birgit Roth
Thomas SauerDr. Hansjörg SchäferGudrun Schaich-WalchRudolf ScharpingBernd ScheelenDr. Hermann ScheerHorst SchildOtto SchilyDieter SchlotenHorst Schmidbauer
Ulla Schmidt
Silvia Schmidt
Dagmar Schmidt
Wilhelm Schmidt
Regina Schmidt-ZadelHeinz Schmitt
Olaf ScholzKarsten SchönfeldFritz SchösserOttmar SchreinerGerhard SchröderGisela SchröterDr. Mathias SchubertRichard Schuhmann
Brigitte Schulte
Reinhard Schultz
Volkmar Schultz
Ilse SchumannDr. R. Werner SchusterDr. Angelica Schwall-DürenErnst SchwanholdRolf SchwanitzBodo SeidenthalErika SimmDr. Sigrid Skarpelis-SperkDr. Cornelie Sonntag-WolgastWieland SorgeWolfgang SpanierDr. Margrit SpielmannJörg-Otto SpillerDr. Ditmar StaffeltLudwig StieglerRolf StöckelRita Streb-HesseDr. Peter StruckJoachim StünkerJoachim TappeJörg TaussJella TeuchnerDr. Gerald ThalheimWolfgang ThierseFranz ThönnesAdelheid TröscherRüdiger VeitGünter VerheugenSimone ViolkaUte Vogt
Hedi WegenerWolfgang WeiermannReinhard Weis
Matthias WeisheitGert Weisskirchen
Dr. Ernst Ulrich vonWeizsäckerHans-Joachim WeltDr. Rainer WendHildegard WesterLydia WestrichInge Wettig-DanielmeierDr. Margrit WetzelDr. Norbert WieczorekHelmut Wieczorek
Jürgen Wieczorek
Heidemarie Wieczorek-ZeulDieter WiefelspützHeino Wiese
Klaus WiesehügelBrigitte Wimmer
Engelbert Clemens WistubaBarbara WittigDr. Wolfgang WodargVerena WohllebenHanna Wolf
Waltraud Wolff
Heidemarie WrightUta ZapfDr. Christoph ZöpelPeter ZumkleyBÜNDNIS 90/DIE GRÜNENGila Altmann
Marieluise Beck
Volker Beck
Angelika BeerAnnelie BuntenbachEkin DeligözDr. Thea DückertFranziska Eichstädt-BohligDr. Uschi EidHans-Josef FellAndrea Fischer
Joseph Fischer
Katrin Göring-EckardtRita GrießhaberWinfried HermannKristin HeyneUlrike HöfkenMichaele HustedtMonika KnocheDr. Angelika Köster-LoßackSteffi LemkeDr. Helmut LippeltDr. Reinhard LoskeKlaus Wolfgang Müller
Kerstin Müller
Winfried NachtweiChrista NickelsCem ÖzdemirSimone ProbstClaudia Roth
Christine ScheelIrmingard Schewe-GerigkRezzo SchlauchAlbert Schmidt
Werner Schulz
Christian SimmertChristian SterzingHans-Christian StröbeleJürgen TrittinDr. Antje VollmerSylvia VoßHelmut Wilhelm
Margareta Wolf
PDSMonika BaltPetra BlässMaritta BöttcherEva Bulling-SchröterRoland ClausHeidemarie EhlertDr. Heinrich FinkDr. Ruth FuchsFred GebhardtWolfgang Gehrcke-ReymannDr. Klaus GrehnDr. Gregor GysiDr. Barbara HöllCarsten HübnerSabine JüngerDr. Evelyn KenzlerDr. Heidi Knake-WernerRolf KutzmutzUrsula LötzerHeidemarie LüthAngela MarquardtManfred Müller
Kersten NaumannRosel NeuhäuserPetra PauDr. Uwe-Jens RösselChristina SchenkGustav-Adolf SchurDr. Ilja SeifertNeinCDU/CSUUlrich AdamIlse AignerPeter AltmaierNorbert BarthleDr. Wolf BauerGünter BaumannBrigitte BaumeisterMeinrad BelleDr. Sabine Bergmann-PohlOtto BernhardtHans-Dirk BierlingDr. Joseph-Theodor BlankRenate BlankVizepräsidentin Anke Fuchs
Metadaten/Kopzeile:
1950 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
(C)
Dr. Heribert BlensPeter BleserDr. Norbert BlümFriedrich BohlDr. Maria BöhmerSylvia BonitzWolfgang Börnsen
Wolfgang BosbachDr. Wolfgang BötschKlaus BrähmigDr. Ralf BrauksiepePaul BreuerMonika BrudlewskyGeorg BrunnhuberKlaus Bühler
Hartmut Büttner
Cajus CaesarPeter H. Carstensen
Leo DautzenbergWolfgang DehnelHubert DeittertAlbert DeßThomas DörflingerHansjürgen DossMarie-Luise DöttRainer EppelmannAnke EymerIlse FalkDr. Hans Georg FaustUlf FinkIngrid FischbachDirk Fischer
Dr. Gerhard Friedrich
Dr. Hans-Peter Friedrich
Erich G. FritzJochen-Konrad FrommeDr. Jürgen GehbNorbert GeisGeorg GirischDr. Reinhard GöhnerDr. Wolfgang GötzerKurt-Dieter GrillHermann GröheManfred GrundGottfried Haschke
Gerda HasselfeldtNorbert Hauser
Hansgeorg Hauser
Klaus-Jürgen HedrichUrsula HeinenManfred HeiseSiegfried HeliasErnst HinskenPeter HintzeKlaus HofbauerMartin HohmannKlaus HoletschekJosef HollerithDr. Karl-Heinz HornhuesSiegfried HornungJoachim HörsterHubert HüppeGeorg JanovskyDr.-Ing. Rainer JorkDr. Harald KahlDr. Dietmar KansyManfred KantherIrmgard KarwatzkiVolker KauderEckart von KlaedenUlrich KlinkertDr. Helmut KohlNorbert KönigshofenEva-Maria KorsHartmut KoschykRudolf KrausDr. Paul KrügerDr. Hermann KuesKarl LamersDr. Karl A. Lamers
Dr. Norbert LammertDr. Paul LaufsKarl-Josef LaumannVera LengsfeldWerner LensingPeter LetzgusUrsula LietzWalter Link
Eduard LintnerDr. Klaus Lippold
Dr. Manfred LischewskiWolfgang Lohmann
Julius LouvenDr. Michael LutherErich Maaß
Erwin MarschewskiDr. Martin Mayer
Wolfgang MeckelburgDr. Michael MeisterFriedrich MerzHans MichelbachMeinolf MichelsDr. Gerd MüllerBernward Müller
Elmar Müller
Bernd Neumann
Claudia NolteGünter NookeFranz ObermeierFriedhelm OstEduard OswaldNorbert Otto
Dr. Peter PaziorekAnton PfeiferBeatrix PhilippRonald PofallaRuprecht PolenzMarlies PretzlaffDr. Bernd ProtznerThomas RachelHans RaidelDr. Peter RamsauerPeter RauenChrista Reichard
Katherina ReicheErika ReinhardtHans-Peter RepnikKlaus RiegertDr. Heinz RiesenhuberFranz RomerHannelore Rönsch
Heinrich-Wilhelm RonsöhrDr. Klaus RoseKurt RossmanithNorbert RöttgenDr. Christian RuckDr. Jürgen RüttgersAnita SchäferDr. Wolfgang SchäubleHartmut SchauerteHeinz SchemkenKarl-Heinz ScherhagGerhard ScheuNorbert SchindlerDietmar SchleeChristian Schmidt
Dr.-Ing. Joachim Schmidt
Andreas Schmidt
Hans Peter Schmitz
Birgit Schnieber-JastramDr. Andreas SchockenhoffDr. Rupert ScholzDr. Erika SchuchardtWolfgang SchulhoffDiethard W. Schütze
Clemens SchwalbeDr. Christian Schwarz-SchillingWilhelm-Josef SebastianHorst SeehoferHeinz SeiffertRudolf SeitersBernd SiebertWerner SiemannBärbel SothmannMargarete SpäteCarl-Dieter SprangerErika SteinbachAndreas StormDorothea Störr-RitterMax StraubingerMatthäus StreblThomas StroblMichael StübgenDr. Rita SüssmuthDr. Susanne TiemannEdeltraut TöpferDr. Hans-Peter UhlGunnar UldallArnold VaatzAndrea VoßhoffPeter Weiß
Gerald Weiß
Annette Widmann-MauzHeinz Wiese
Hans-Otto Wilhelm
Klaus-Peter WillschWilly Wimmer
Matthias WissmannWerner WittlichDagmar WöhrlElke WülfingPeter Kurt WürzbachWolfgang ZeitlmannBenno ZiererWolfgang ZöllerF.D.P.Hildebrecht Braun
Rainer BrüderleErnst BurgbacherJörg van EssenUlrike FlachGisela FrickPaul K. FriedhoffHorst Friedrich
Rainer FunkeDr. Wolfgang GerhardtHans-Michael GoldmannJoachim Günther
Dr. Karlheinz GuttmacherKlaus HauptDr. Helmut HaussmannUlrich HeinrichWalter HircheDr. Klaus KinkelDr. Heinrich L. KolbGudrun KoppIna LenkeSabine Leutheusser-SchnarrenbergerJürgen W. MöllemannDirk NiebelGünter Friedrich NoltingHans-Joachim Otto
Detlef ParrCornelia PieperDr. Edzard Schmidt-JortzigGerhard SchüßlerDr. Irmgard SchwaetzerMarita SehnDr. Hermann Otto SolmsDr. Max StadlerCarl-Ludwig ThieleDr. Dieter ThomaeJürgen TürkEntschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen Versammlungendes Europarates und der WEU, der NAV, der OSZE oder der IPUAbgeordnete(r)Lörcher, Christa, SPD von Schmude, Michael, CDU/CSUVizepräsidentin Anke Fuchs
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 1951
(C)
(D)
Die dritte namentliche Abstimmung betraf Art. 1Nr. 8 Buchstabe a Doppelbuchstabe ee, Drucksachen14/23 und 14/442. Abgegebene Stimmen 583. Mit Jahaben gestimmt 309, mit Nein haben gestimmt 271,Enthaltungen drei. Die entsprechende Vorschrift ist an-genommen.Endgültiges ErgebnisAbgegebene Stimmen: 582;davonja: 308nein: 271enthalten: 3JaSPDBrigitte AdlerGerd AndresRainer ArnoldHermann BachmaierErnst BahrDoris BarnettDr. Hans-Peter BartelsEckhardt Barthel
Klaus Barthel
Wolfgang BehrendtDr. Axel BergHans-Werner BertlFriedhelm Julius BeucherPetra BierwirthRudolf BindigLothar Binding
Klaus BrandnerAnni Brandt-ElsweierWilli BraseDr. Eberhard BrechtRainer Brinkmann
Bernhard Brinkmann
Hans-Günter BruckmannUrsula BurchardtDr. Michael BürschHans Martin BuryHans Büttner
Marion Caspers-MerkWolf-Michael CatenhusenDr. Peter Wilhelm DanckertDr. Herta Däubler-GmelinChristel DeichmannKarl DillerPeter DreßenRudolf DreßlerDetlef DzembritzkiDieter DzewasDr. Peter EckardtSebastian EdathyLudwig EichMarga ElserPeter EndersGernot ErlerPetra ErnstbergerAnnette FaßeLothar Fischer
Gabriele FograscherIris FollakNorbert FormanskiRainer FornahlHans ForsterDagmar FreitagPeter Friedrich
Lilo Friedrich
Harald FrieseAnke Fuchs
Arne FuhrmannMonika GanseforthKonrad GilgesIris GleickeGünter GloserUwe GöllnerRenate GradistanacGünter Graf
Angelika Graf
Dieter GrasedieckMonika GriefahnAchim GroßmannKarl-Hermann Haack
Hans-Joachim HackerChristel HanewinckelAlfred HartenbachAnke HartnagelNina HauerReinhold HemkerFrank HempelRolf HempelmannDr. Barbara HendricksGustav HerzogMonika HeubaumUwe HikschReinhold Hiller
Stephan HilsbergGerd HöferJelena Hoffmann
Walter Hoffmann
Frank Hofmann
Ingrid HolzhüterEike HovermannChristel HummeLothar IbrüggerBarbara ImhofBrunhilde IrberGabriele IwersenRenate JägerJann-Peter JanssenIlse JanzDr. Uwe JensVolker Jung
Johannes KahrsUlrich KasparickSabine KaspereitSusanne KastnerHans-Peter KemperKlaus KirschnerMarianne KlappertHans-Ulrich KloseWalter KolbowFritz Rudolf KörperKarin KortmannAnette KrammeNicolette KresslAngelika Krüger-LeißnerHorst KubatschkaErnst KüchlerHelga Kühn-MengelUte KumpfKonrad KunickDr. Uwe KüsterWerner LabschOskar LafontaineChristine LambrechtBrigitte LangeChristian Lange
Detlev von LarcherChristine LehderRobert LeidingerKlaus LennartzEckhart LeweringGötz-Peter Lohmann
Erika LotzDr. Christine LucygaDieter Maaß
Winfried ManteDirk ManzewskiTobias MarholdUlrike MascherChristoph MatschieIngrid Matthäus-MaierHeide MattischeckMarkus MeckelUlrike MehlUlrike MertenAngelika MertensDr. Jürgen Meyer
Ursula MoggChristoph MoosbauerSiegmar MosdorfMichael Müller
Jutta Müller
Christian Müller
Franz MünteferingAndrea NahlesVolker Neumann
Gerhard Neumann
Dr. Edith NiehuisDietmar NietanGünter OesinghausEckhard OhlLeyla OnurManfred OpelHolger OrtelAdolf OstertagKurt PalisAlbrecht PapenrothDr. Willfried PennerDr. Martin PfaffGeorg PfannensteinJohannes PflugDr. Eckhart PickJoachim PoßKarin Rehbock-ZureichMargot von RenesseRenate RennebachBernd ReuterDr. Edelbert RichterReinhold RobbeRené RöspelDr. Ernst Dieter RossmannMichael Roth
Thomas SauerDr. Hansjörg SchäferGudrun Schaich-WalchRudolf ScharpingBernd ScheelenDr. Hermann ScheerHorst SchildOtto SchilyDieter SchlotenHorst Schmidbauer
Ulla Schmidt
Silvia Schmidt
Dagmar Schmidt
Wilhelm Schmidt
Regina Schmidt-ZadelHeinz Schmitt
Olaf ScholzKarsten SchönfeldFritz SchösserOttmar SchreinerGerhard SchröderGisela SchröterDr. Mathias SchubertRichard Schuhmann
Brigitte Schulte
Reinhard Schultz
Volkmar Schultz
Ilse SchumannDr. R. Werner SchusterDr. Angelica Schwall-DürenErnst SchwanholdRolf SchwanitzBodo SeidenthalErika SimmDr. Sigrid Skarpelis-SperkDr. Cornelie Sonntag-WolgastWieland SorgeWolfgang SpanierDr. Margrit SpielmannJörg-Otto SpillerDr. Ditmar StaffeltLudwig StieglerRolf StöckelRita Streb-HesseDr. Peter StruckJoachim StünkerJoachim TappeJörg TaussJella TeuchnerDr. Gerald ThalheimWolfgang ThierseFranz ThönnesAdelheid TröscherRüdiger VeitGünter VerheugenSimone ViolkaUte Vogt
Hedi WegenerWolfgang WeiermannReinhard Weis
Vizepräsidentin Anke Fuchs
Metadaten/Kopzeile:
1952 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
(C)
Matthias WeisheitGert Weisskirchen
Dr. Ernst Ulrich vonWeizsäckerHans-Joachim WeltDr. Rainer WendHildegard WesterLydia WestrichInge Wettig-DanielmeierDr. Margrit WetzelDr. Norbert WieczorekJürgen Wieczorek
Heidemarie Wieczorek-ZeulDieter WiefelspützHeino Wiese
Klaus WiesehügelBrigitte Wimmer
Engelbert Clemens WistubaBarbara WittigDr. Wolfgang WodargVerena WohllebenHanna Wolf
Waltraud Wolff
Heidemarie WrightUta ZapfDr. Christoph ZöpelPeter ZumkleyBÜNDNIS 90/DIE GRÜNENGila Altmann
Marieluise Beck
Volker Beck
Angelika BeerAnnelie BuntenbachEkin DeligözDr. Thea DückertFranziska Eichstädt-BohligDr. Uschi EidHans-Josef FellAndrea Fischer
Katrin Göring-EckardtRita GrießhaberWinfried HermannKristin HeyneUlrike HöfkenMichaele HustedtMonika KnocheDr. Angelika Köster-LoßackSteffi LemkeDr. Helmut LippeltDr. Reinhard LoskeKlaus Wolfgang Müller
Kerstin Müller
Winfried NachtweiChrista NickelsCem ÖzdemirSimone ProbstClaudia Roth
Christine ScheelIrmingard Schewe-GerigkRezzo SchlauchAlbert Schmidt
Werner Schulz
Christian SimmertChristian SterzingHans-Christian StröbeleJürgen TrittinDr. Antje VollmerSylvia VoßHelmut Wilhelm
Margareta Wolf
NeinCDU/CSUUlrich AdamIlse AignerPeter AltmaierNorbert BarthleDr. Wolf BauerGünter BaumannBrigitte BaumeisterMeinrad BelleDr. Sabine Bergmann-PohlOtto BernhardtHans-Dirk BierlingDr. Joseph-Theodor BlankRenate BlankDr. Heribert BlensPeter BleserDr. Norbert BlümFriedrich BohlDr. Maria BöhmerSylvia BonitzWolfgang Börnsen
Wolfgang BosbachDr. Wolfgang BötschKlaus BrähmigDr. Ralf BrauksiepePaul BreuerMonika BrudlewskyGeorg BrunnhuberKlaus Bühler
Hartmut Büttner
Cajus CaesarPeter H. Carstensen
Leo DautzenbergWolfgang DehnelHubert DeittertAlbert DeßThomas DörflingerHansjürgen DossMarie-Luise DöttRainer EppelmannAnke EymerIlse FalkDr. Hans Georg FaustUlf FinkIngrid FischbachDirk Fischer
Dr. Gerhard Friedrich
Dr. Hans-Peter Friedrich
Erich G. FritzJochen-Konrad FrommeDr. Jürgen GehbNorbert GeisDr. Heiner GeißlerGeorg GirischDr. Reinhard GöhnerDr. Wolfgang GötzerKurt-Dieter GrillHermann GröheManfred GrundGottfried Haschke
Gerda HasselfeldtNorbert Hauser
Hansgeorg Hauser
Klaus-Jürgen HedrichUrsula HeinenManfred HeiseSiegfried HeliasErnst HinskenPeter HintzeKlaus HofbauerMartin HohmannKlaus HoletschekJosef HollerithDr. Karl-Heinz HornhuesSiegfried HornungJoachim HörsterHubert HüppeGeorg JanovskyDr.-Ing. Rainer JorkDr. Harald KahlDr. Dietmar KansyManfred KantherIrmgard KarwatzkiVolker KauderEckart von KlaedenUlrich KlinkertDr. Helmut KohlNorbert KönigshofenEva-Maria KorsHartmut KoschykRudolf KrausDr. Paul KrügerDr. Hermann KuesKarl LamersDr. Karl A. Lamers
Dr. Norbert LammertDr. Paul LaufsKarl-Josef LaumannVera LengsfeldWerner LensingPeter LetzgusUrsula LietzWalter Link
Eduard LintnerDr. Klaus Lippold
Dr. Manfred LischewskiWolfgang Lohmann
Julius LouvenDr. Michael LutherErich Maaß
Erwin MarschewskiDr. Martin Mayer
Wolfgang MeckelburgDr. Michael MeisterFriedrich MerzHans MichelbachMeinolf MichelsDr. Gerd MüllerBernward Müller
Elmar Müller
Bernd Neumann
Claudia NolteGünter NookeFranz ObermeierFriedhelm OstEduard OswaldNorbert Otto
Dr. Peter PaziorekAnton PfeiferDr. Friedbert PflügerBeatrix PhilippRonald PofallaRuprecht PolenzMarlies PretzlaffDr. Bernd ProtznerThomas RachelHans RaidelPeter RauenChrista Reichard
Katherina ReicheErika ReinhardtHans-Peter RepnikKlaus RiegertDr. Heinz RiesenhuberFranz RomerHeinrich-Wilhelm RonsöhrDr. Klaus RoseKurt RossmanithNorbert RöttgenDr. Christian RuckDr. Jürgen RüttgersAnita SchäferDr. Wolfgang SchäubleHartmut SchauerteHeinz SchemkenKarl-Heinz ScherhagGerhard ScheuNorbert SchindlerDietmar SchleeChristian Schmidt
Dr.-Ing. Joachim Schmidt
Andreas Schmidt
Hans Peter Schmitz
Birgit Schnieber-JastramDr. Andreas SchockenhoffDr. Rupert ScholzDr. Erika SchuchardtWolfgang SchulhoffDiethard W. Schütze
Clemens SchwalbeDr. Christian Schwarz-SchillingWilhelm-Josef SebastianHorst SeehoferHeinz SeiffertRudolf SeitersBernd SiebertWerner SiemannBärbel SothmannMargarete SpäteCarl-Dieter SprangerErika SteinbachAndreas StormDorothea Störr-RitterVizepräsidentin Anke Fuchs
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 1953
(C)
(D)
Max StraubingerMatthäus StreblThomas StroblMichael StübgenDr. Rita SüssmuthDr. Susanne TiemannEdeltraut TöpferDr. Hans-Peter UhlGunnar UldallArnold VaatzAndrea VoßhoffPeter Weiß
Gerald Weiß
Annette Widmann-MauzHeinz Wiese
Hans-Otto Wilhelm
Klaus-Peter WillschWilly Wimmer
Matthias WissmannWerner WittlichDagmar WöhrlElke WülfingPeter Kurt WürzbachWolfgang ZeitlmannWolfgang ZöllerF.D.P.Hildebrecht Braun
Rainer BrüderleErnst BurgbacherJörg van EssenUlrike FlachGisela FrickPaul K. FriedhoffHorst Friedrich
Rainer FunkeDr. Wolfgang GerhardtHans-Michael GoldmannJoachim Günther
Dr. Karlheinz GuttmacherKlaus HauptDr. Helmut HaussmannUlrich HeinrichWalter HircheDr. Klaus KinkelDr. Heinrich Leonhard KolbGudrun KoppIna LenkeSabine Leutheusser-SchnarrenbergerJürgen W. MöllemannDirk NiebelGünter Friedrich NoltingHans-Joachim Otto
Detlef ParrCornelia PieperDr. Edzard Schmidt-JortzigGerhard SchüßlerDr. Irmgard SchwaetzerMarita SehnDr. Hermann Otto SolmsDr. Max StadlerCarl-Ludwig ThieleDr. Dieter ThomaeJürgen TürkPDSMonika BaltPetra BlässMaritta BöttcherEva Bulling-SchröterRoland ClausHeidemarie EhlertDr. Heinrich FinkDr. Ruth FuchsFred GebhardtWolfgang Gehrcke-ReymannDr. Klaus GrehnDr. Gregor GysiDr. Barbara HöllCarsten HübnerDr. Evelyn KenzlerDr. Heidi Knake-WernerRolf KutzmutzUrsula LötzerHeidemarie LüthAngela MarquardtKersten NaumannRosel NeuhäuserPetra PauDr. Uwe-Jens RösselGustav-Adolf SchurDr. Ilja SeifertEnthaltenPDSSabine JüngerManfred Müller
Christina SchenkEntschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen Versammlungendes Europarates und der WEU, der NAV, der OSZE oder der IPUAbgeordnete(r)Lörcher, Christa, SPD von Schmude, Michael, CDU/CSUDie vierte namentliche Abstimmung betraf Art. 5Nr. 1, Drucksachen 14/23 und 14/442. AbgegebeneStimmen 592. Mit Ja haben gestimmt 342, mit Nein ha-ben gestimmt 249, Enthaltungen eine. Die entsprechen-de Vorschrift ist angenommen.Endgültiges ErgebnisAbgegebene Stimmen: 590;davonja: 341nein: 248enthalten: 1JaSPDBrigitte AdlerGerd AndresRainer ArnoldHermann BachmaierErnst BahrDoris BarnettDr. Hans-Peter BartelsEckhardt Barthel
Klaus Barthel
Wolfgang BehrendtDr. Axel BergHans-Werner BertlFriedhelm Julius BeucherPetra BierwirthRudolf BindigLothar Binding
Kurt BodewigKlaus BrandnerAnni Brandt-ElsweierWilli BraseDr. Eberhard BrechtRainer Brinkmann
Bernhard Brinkmann
Hans-Günter BruckmannUrsula BurchardtDr. Michael BürschHans Martin BuryHans Büttner
Marion Caspers-MerkWolf-Michael CatenhusenDr. Peter Wilhelm DanckertDr. Herta Däubler-GmelinChristel DeichmannKarl DillerPeter DreßenRudolf DreßlerDetlef DzembritzkiDieter DzewasDr. Peter EckardtSebastian EdathyLudwig EichMarga ElserPeter EndersGernot ErlerPetra ErnstbergerAnnette FaßeLothar Fischer
Gabriele FograscherIris FollakNorbert FormanskiRainer FornahlHans ForsterDagmar FreitagPeter Friedrich
Lilo Friedrich
Harald FrieseAnke Fuchs
Arne FuhrmannMonika GanseforthKonrad GilgesIris GleickeGünter GloserUwe GöllnerRenate GradistanacGünter Graf
Angelika Graf
Dieter GrasedieckMonika GriefahnAchim GroßmannKarl-Hermann Haack
Hans-Joachim HackerChristel HanewinckelAlfred HartenbachAnke HartnagelNina HauerHubertus HeilReinhold HemkerFrank HempelRolf HempelmannDr. Barbara HendricksGustav HerzogMonika HeubaumUwe HikschReinhold Hiller
Stephan HilsbergGerd HöferJelena Hoffmann
Walter Hoffmann
Frank Hofmann
Ingrid HolzhüterEike HovermannChristel HummeLothar IbrüggerBarbara ImhofBrunhilde IrberGabriele IwersenRenate JägerJann-Peter JanssenIlse JanzDr. Uwe JensVolker Jung
Johannes KahrsUlrich KasparickSabine KaspereitSusanne KastnerVizepräsidentin Anke Fuchs
Metadaten/Kopzeile:
1954 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
(C)
Hans-Peter KemperKlaus KirschnerMarianne KlappertHans-Ulrich KloseWalter KolbowFritz Rudolf KörperKarin KortmannAnette KrammeNicolette KresslAngelika Krüger-LeißnerHorst KubatschkaErnst KüchlerHelga Kühn-MengelUte KumpfKonrad KunickDr. Uwe KüsterWerner LabschOskar LafontaineChristine LambrechtBrigitte LangeChristian Lange
Detlev von LarcherChristine LehderRobert LeidingerKlaus LennartzEckhart LeweringGötz-Peter Lohmann
Erika LotzDr. Christine LucygaDieter Maaß
Winfried ManteDirk ManzewskiTobias MarholdUlrike MascherChristoph MatschieIngrid Matthäus-MaierHeide MattischeckMarkus MeckelUlrike MehlUlrike MertenAngelika MertensDr. Jürgen Meyer
Ursula MoggChristoph MoosbauerSiegmar MosdorfMichael Müller
Jutta Müller
Christian Müller
Franz MünteferingAndrea NahlesVolker Neumann
Gerhard Neumann
Dr. Edith NiehuisDietmar NietanGünter OesinghausEckhard OhlLeyla OnurManfred OpelHolger OrtelAdolf OstertagKurt PalisAlbrecht PapenrothDr. Willfried PennerDr. Martin PfaffGeorg PfannensteinJohannes PflugDr. Eckhart PickJoachim PoßKarin Rehbock-ZureichMargot von RenesseRenate RennebachBernd ReuterDr. Edelbert RichterReinhold RobbeRené RöspelDr. Ernst Dieter RossmannMichael Roth
Birgit Roth
Thomas SauerDr. Hansjörg SchäferGudrun Schaich-WalchRudolf ScharpingBernd ScheelenDr. Hermann ScheerHorst SchildOtto SchilyDieter SchlotenHorst Schmidbauer
Ulla Schmidt
Silvia Schmidt
Dagmar Schmidt
Wilhelm Schmidt
Regina Schmidt-ZadelHeinz Schmitt
Olaf ScholzKarsten SchönfeldFritz SchösserOttmar SchreinerGerhard SchröderGisela SchröterDr. Mathias SchubertRichard Schuhmann
Brigitte Schulte
Reinhard Schultz
Volkmar Schultz
Ilse SchumannDr. R. Werner SchusterDr. Angelica Schwall-DürenErnst SchwanholdRolf SchwanitzBodo SeidenthalErika SimmDr. Sigrid Skarpelis-SperkDr. Cornelie Sonntag-WolgastWieland SorgeWolfgang SpanierDr. Margrit SpielmannJörg-Otto SpillerDr. Ditmar StaffeltLudwig StieglerRolf StöckelRita Streb-HesseDr. Peter StruckJoachim StünkerJoachim TappeJörg TaussJella TeuchnerDr. Gerald ThalheimWolfgang ThierseFranz ThönnesAdelheid TröscherRüdiger VeitGünter VerheugenSimone ViolkaUte Vogt
Hedi WegenerWolfgang WeiermannReinhard Weis
Matthias WeisheitGert Weisskirchen
Dr. Ernst Ulrich vonWeizsäckerHans-Joachim WeltDr. Rainer WendHildegard WesterLydia WestrichInge Wettig-DanielmeierDr. Margrit WetzelDr. Norbert WieczorekHelmut Wieczorek
Jürgen Wieczorek
Heidemarie Wieczorek-ZeulDieter WiefelspützHeino Wiese
Klaus WiesehügelBrigitte Wimmer
Engelbert Clemens WistubaBarbara WittigDr. Wolfgang WodargVerena WohllebenHanna Wolf
Waltraud Wolff
Heidemarie WrightUta ZapfDr. Christoph ZöpelPeter ZumkleyBÜNDNIS 90/DIE GRÜNENGila Altmann
Marieluise Beck
Volker Beck
Angelika BeerAnnelie BuntenbachEkin DeligözDr. Thea DückertFranziska Eichstädt-BohligDr. Uschi EidHans-Josef FellAndrea Fischer
Joseph Fischer
Katrin Göring-EckardtRita GrießhaberWinfried HermannKristin HeyneUlrike HöfkenMichaele HustedtMonika KnocheDr. Angelika Köster-LoßackSteffi LemkeDr. Helmut LippeltDr. Reinhard LoskeKlaus Wolfgang Müller
Kerstin Müller
Winfried NachtweiChrista NickelsCem ÖzdemirSimone ProbstClaudia Roth
Christine ScheelIrmingard Schewe-GerigkRezzo SchlauchAlbert Schmidt
Werner Schulz
Christian SimmertChristian SterzingHans-Christian StröbeleJürgen TrittinDr. Antje VollmerSylvia VoßHelmut Wilhelm
Margareta Wolf
PDSMonika BaltPetra BlässMaritta BöttcherEva Bulling-SchröterRoland ClausHeidemarie EhlertDr. Heinrich FinkDr. Ruth FuchsFred GebhardtWolfgang Gehrcke-ReymannDr. Klaus GrehnDr. Gregor GysiDr. Barbara HöllCarsten HübnerSabine JüngerDr. Evelyn KenzlerDr. Heidi Knake-WernerRolf KutzmutzUrsula LötzerHeidemarie LüthAngela MarquardtManfred Müller
Kersten NaumannRosel NeuhäuserPetra PauChristina SchenkGustav-Adolf SchurDr. Ilja SeifertNeinCDU/CSUUlrich AdamIlse AignerPeter AltmaierNorbert BarthleDr. Wolf BauerGünter BaumannBrigitte BaumeisterMeinrad BelleDr. Sabine Bergmann-PohlOtto BernhardtHans-Dirk BierlingDr. Joseph-Theodor BlankRenate BlankDr. Heribert BlensPeter BleserDr. Norbert BlümFriedrich BohlDr. Maria BöhmerSylvia BonitzWolfgang BosbachDr. Wolfgang BötschKlaus BrähmigDr. Ralf BrauksiepeVizepräsidentin Anke Fuchs
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 1955
(C)
(D)
Paul BreuerMonika BrudlewskyGeorg BrunnhuberKlaus Bühler
Hartmut Büttner
Cajus CaesarPeter H. Carstensen
Leo DautzenbergWolfgang DehnelHubert DeittertAlbert DeßThomas DörflingerHansjürgen DossMarie-Luise DöttRainer EppelmannAnke EymerIlse FalkDr. Hans Georg FaustUlf FinkIngrid FischbachDirk Fischer
Dr. Gerhard Friedrich
Dr. Hans-Peter Friedrich
Erich G. FritzJochen-Konrad FrommeDr. Jürgen GehbNorbert GeisDr. Heiner GeißlerGeorg GirischDr. Reinhard GöhnerDr. Wolfgang GötzerKurt-Dieter GrillHermann GröheManfred GrundGottfried Haschke
Gerda HasselfeldtNorbert Hauser
Hansgeorg Hauser
Klaus-Jürgen HedrichUrsula HeinenManfred HeiseSiegfried HeliasErnst HinskenPeter HintzeKlaus HofbauerMartin HohmannKlaus HoletschekJosef HollerithDr. Karl-Heinz HornhuesSiegfried HornungJoachim HörsterHubert HüppeGeorg JanovskyDr.-Ing. Rainer JorkDr. Harald KahlDr. Dietmar KansyManfred KantherIrmgard KarwatzkiVolker KauderEckart von KlaedenUlrich KlinkertDr. Helmut KohlNorbert KönigshofenEva-Maria KorsHartmut KoschykRudolf KrausDr. Paul KrügerDr. Hermann KuesKarl LamersDr. Karl A. Lamers
Dr. Norbert LammertDr. Paul LaufsKarl-Josef LaumannVera LengsfeldWerner LensingPeter LetzgusUrsula LietzWalter Link
Eduard LintnerDr. Klaus Lippold
Dr. Manfred LischewskiWolfgang Lohmann
Julius LouvenDr. Michael LutherErich Maaß
Erwin MarschewskiDr. Martin Mayer
Wolfgang MeckelburgDr. Michael MeisterFriedrich MerzHans MichelbachMeinolf MichelsDr. Gerd MüllerBernward Müller
Elmar Müller
Bernd Neumann
Claudia NolteGünter NookeFranz ObermeierFriedhelm OstEduard OswaldNorbert Otto
Dr. Peter PaziorekAnton PfeiferDr. Friedbert PflügerBeatrix PhilippRonald PofallaRuprecht PolenzMarlies PretzlaffDr. Bernd ProtznerDieter PützhofenThomas RachelHans RaidelDr. Peter RamsauerPeter RauenChrista Reichard
Katherina ReicheErika ReinhardtHans-Peter RepnikKlaus RiegertDr. Heinz RiesenhuberFranz RomerHannelore Rönsch
Heinrich-Wilhelm RonsöhrDr. Klaus RoseKurt RossmanithNorbert RöttgenDr. Christian RuckDr. Jürgen RüttgersAnita SchäferDr. Wolfgang SchäubleHartmut SchauerteHeinz SchemkenKarl-Heinz ScherhagGerhard ScheuNorbert SchindlerDietmar SchleeChristian Schmidt
Dr.-Ing. Joachim Schmidt
Andreas Schmidt
Hans Peter Schmitz
Birgit Schnieber-JastramDr. Andreas SchockenhoffDr. Rupert ScholzDr. Erika SchuchardtWolfgang SchulhoffDiethard W. Schütze
Clemens SchwalbeDr. Christian Schwarz-SchillingWilhelm-Josef SebastianHorst SeehoferHeinz SeiffertRudolf SeitersBernd SiebertWerner SiemannBärbel SothmannMargarete SpäteCarl-Dieter SprangerErika SteinbachAndreas StormDorothea Störr-RitterMax StraubingerMatthäus StreblThomas StroblMichael StübgenDr. Rita SüssmuthDr. Susanne TiemannEdeltraut TöpferDr. Hans-Peter UhlGunnar UldallArnold Eugen Hugo VaatzAndrea VoßhoffPeter Weiß
Gerald Weiß
Annette Widmann-MauzHeinz Wiese
Hans-Otto Wilhelm
Klaus-Peter WillschWilly Wimmer
Matthias WissmannWerner WittlichDagmar WöhrlElke WülfingPeter Kurt WürzbachWolfgang ZeitlmannBenno ZiererWolfgang ZöllerF.D.P.Hildebrecht Braun
Rainer BrüderleErnst BurgbacherJörg van EssenUlrike FlachGisela FrickPaul K. FriedhoffHorst Friedrich
Rainer FunkeDr. Wolfgang GerhardtHans-Michael GoldmannJoachim Günther
Dr. Karlheinz GuttmacherKlaus HauptDr. Helmut HaussmannUlrich HeinrichWalter HircheDr. Klaus KinkelDr. Heinrich L. KolbGudrun KoppIna LenkeSabine Leutheusser-SchnarrenbergerJürgen W. MöllemannDirk NiebelGünter Friedrich NoltingHans-Joachim Otto
Detlef ParrCornelia PieperDr. Edzard Schmidt-JortzigGerhard SchüßlerDr. Irmgard SchwaetzerMarita SehnDr. Hermann Otto SolmsDr. Max StadlerCarl-Ludwig ThieleDr. Dieter ThomaeJürgen TürkEnthaltenPDSDr. Uwe-Jens RösselEntschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen Versammlungendes Europarates und der WEU, der NAV, der OSZE oder der IPUAbgeordnete(r)Lörcher, Christa, SPD von Schmude, Michael, CDU/CSUVizepräsidentin Anke Fuchs
Metadaten/Kopzeile:
1956 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
(C)
Ich rufe diedritte Beratungund Schlußabstimmung auf. Die Fraktionen der SPDund des Bündnisses 90/Die Grünen verlangen nament-liche Abstimmung. Das ist die fünfte namentliche Ab-stimmung.Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, dievorgesehenen Plätze einzunehmen. – Sind alle Urnenbesetzt? – Das ist der Fall. Ich eröffne die Abstimmung.Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seineStimme nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Fall.Ich schließe die Abstimmung. Ich bitte die Schriftführe-rinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu begin-nen. Das Ergebnis wird Ihnen später bekanntgegeben.*)Bevor wir die Abstimmungen fortsetzen, möchte ichdarauf hinweisen, daß nach diesen Abstimmungen die De-batte über den Internationalen Frauentag stattfindet. Ichbitte alle – vor allen Dingen die Männer, aber auch dieKolleginnen –, an dieser wichtigen Debatte teilzunehmen.
Wir kommen nun zur Abstimmung über den Ent-schließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU aufDrucksache 14/467. Die Fraktion der CDU/CSU ver-langt namentliche Abstimmung; es ist die sechste na-mentliche Abstimmung.Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, dievorgesehenen Plätze einzunehmen. – Sind alle Urnenbesetzt? – Das ist der Fall. Ich eröffne die Abstimmung.Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seineStimme nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Fall. Ichschließe die Abstimmung. Ich bitte die Schriftführerinnenund Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. DasErgebnis wird Ihnen später bekanntgegeben.**)Wir kommen nun zur Abstimmung über den Ent-schließungsantrag der Fraktion der F.D.P. auf Drucksa-che 14/465. Die Fraktion der F.D.P. verlangt namentli-che Abstimmung. Ich bitte die Schriftführerinnen undSchriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. –Sind die Urnen besetzt? – Das ist der Fall. Ich eröffnedie Abstimmung.**) Seite 1956 D**) Seite 1959 AIst noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seineStimme nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Fall.Dann schließe ich die Abstimmung. Ich bitte die Schrift-führerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zubeginnen. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnenspäter bekanntgegeben.*)Wir setzen die Beratungen fort und kommen zurachten und letzten namentlichen Abstimmung, nämlichzur Abstimmung über den Entschließungsantrag derFraktion der PDS auf Drucksache 14/451. Die Fraktionder PDS verlangt namentliche Abstimmung. Ich bitte dieSchriftführerinnen und Schriftführer, die vorgesehenenPlätze einzunehmen. Sind alle Urnen besetzt? – Das istder Fall. Ich eröffne die Abstimmung.Gibt es noch ein Mitglied des Hauses, das seineStimme nicht abgegeben habt? – Das ist nicht der Fall. –Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schriftführe-rinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu begin-nen. Das Ergebnis wird Ihnen später bekanntgege-ben.**)Wir kommen zur Abstimmung über den Entschlie-ßungsantrag der Fraktion der F.D.P. auf Drucksache14/459. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? –Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Ent-schließungsantrag ist abgelehnt.Bevor ich Ihnen das Ergebnis der namentlichen Ab-stimmung mitteile, darf ich noch bekanntgeben, daßErklärungen zur Abstimmung zu Protokoll gegebenwerden, und zwar von den Kollegen Klaus Bräh-mig***), Gert Weisskirchen****) und Dr. Uwe-JensRössel*****).Ich gebe das von den Schriftführerinnen Schriftfüh-rern und ermittelte Ergebnis der namentlichenSchlußabstimmung über den Entwurf eines Steuerentla-stungsgesetzes 1999/2000/2002 der Fraktionen der SPDund des Bündnisses 90/Die Grünen auf Drucksachen14/23 und 14/442 bekannt. Abgegebene Stimmen 590. MitJa haben gestimmt 312, mit Nein haben gestimmt 251,Enthaltungen 27. Das Gesetz ist damit angenommen.*****) Seite 1975 B*****) Seite 1978 A*****) Anlage 3*****) Anlage 4*****) Anlage 5Endgültiges ErgebnisAbgegebene Stimmen: 589;davonja: 311nein: 251enthalten: 27JaSPDBrigitte AdlerGerd AndresRainer ArnoldHermann BachmaierErnst BahrDoris BarnettDr. Hans-Peter BartelsEckhardt Barthel
Klaus Barthel
Wolfgang BehrendtDr. Axel BergHans-Werner BertlFriedhelm Julius BeucherPetra BierwirthRudolf BindigLothar Binding
Kurt BodewigKlaus BrandnerAnni Brandt-ElsweierWilli BraseDr. Eberhard BrechtRainer Brinkmann
Bernhard Brinkmann
Hans-Günter BruckmannUrsula BurchardtDr. Michael BürschHans Martin BuryHans Büttner
Marion Caspers-MerkWolf-Michael CatenhusenDr. Peter Wilhelm DanckertDr. Herta Däubler-GmelinChristel DeichmannKarl DillerPeter DreßenRudolf DreßlerDetlef DzembritzkiDieter DzewasDr. Peter EckardtSebastian EdathyMarga ElserPeter EndersGernot ErlerPetra ErnstbergerAnnette FaßeLothar Fischer
Gabriele FograscherVizepräsidentin Anke Fuchs
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 1957
(C)
(D)
Iris FollakNorbert FormanskiRainer FornahlHans ForsterDagmar FreitagPeter Friedrich
Lilo Friedrich
Harald FrieseAnke Fuchs
Arne FuhrmannMonika GanseforthKonrad GilgesIris GleickeGünter GloserUwe GöllnerRenate GradistanacGünter Graf
Angelika Graf
Dieter GrasedieckMonika GriefahnAchim GroßmannKarl-Hermann Haack
Hans-Joachim HackerChristel HanewinckelAlfred HartenbachAnke HartnagelNina HauerHubertus HeilReinhold HemkerFrank HempelRolf HempelmannDr. Barbara HendricksGustav HerzogMonika HeubaumUwe HikschReinhold Hiller
Stephan HilsbergGerd HöferJelena Hoffmann
Walter Hoffmann
Frank Hofmann
Ingrid HolzhüterEike HovermannChristel HummeLothar IbrüggerBarbara ImhofBrunhilde IrberGabriele IwersenRenate JägerJann-Peter JanssenIlse JanzDr. Uwe JensVolker Jung
Johannes KahrsUlrich KasparickSabine KaspereitSusanne KastnerHans-Peter KemperKlaus KirschnerMarianne KlappertHans-Ulrich KloseWalter KolbowFritz Rudolf KörperKarin KortmannAnette KrammeNicolette KresslAngelika Krüger-LeißnerHorst KubatschkaErnst KüchlerHelga Kühn-MengelUte KumpfKonrad KunickDr. Uwe KüsterWerner LabschOskar LafontaineChristine LambrechtBrigitte LangeChristian Lange
Detlev von LarcherChristine LehderRobert LeidingerKlaus LennartzEckhart LeweringGötz-Peter Lohmann
Erika LotzDr. Christine LucygaDieter Maaß
Winfried ManteDirk ManzewskiTobias MarholdUlrike MascherChristoph MatschieIngrid Matthäus-MaierHeide MattischeckMarkus MeckelUlrike MehlUlrike MertenAngelika MertensDr. Jürgen Meyer
Ursula MoggChristoph MoosbauerSiegmar MosdorfMichael Müller
Jutta Müller
Christian Müller
Franz MünteferingAndrea NahlesVolker Neumann
Gerhard Neumann
Dr. Edith NiehuisDietmar NietanGünter OesinghausEckhard OhlLeyla OnurManfred OpelHolger OrtelAdolf OstertagKurt PalisAlbrecht PapenrothDr. Willfried PennerDr. Martin PfaffGeorg PfannensteinJohannes PflugDr. Eckhart PickJoachim PoßKarin Rehbock-ZureichMargot von RenesseRenate RennebachBernd ReuterDr. Edelbert RichterReinhold RobbeRené RöspelDr. Ernst Dieter RossmannMichael Roth
Birgit Roth
Thomas SauerDr. Hansjörg SchäferGudrun Schaich-WalchRudolf ScharpingBernd ScheelenDr. Hermann ScheerHorst SchildOtto SchilyDieter SchlotenHorst Schmidbauer
Ulla Schmidt
Silvia Schmidt
Dagmar Schmidt
Wilhelm Schmidt
Regina Schmidt-ZadelHeinz Schmitt
Olaf ScholzKarsten SchönfeldFritz SchösserGerhard SchröderGisela SchröterDr. Mathias SchubertRichard Schuhmann
Brigitte Schulte
Reinhard Schultz
Volkmar Schultz
Ilse SchumannDr. R. Werner SchusterDr. Angelica Schwall-DürenErnst SchwanholdRolf SchwanitzBodo SeidenthalErika SimmDr. Sigrid Skarpelis-SperkDr. Cornelie Sonntag-WolgastWieland SorgeWolfgang SpanierDr. Margrit SpielmannJörg-Otto SpillerDr. Ditmar StaffeltLudwig StieglerRolf StöckelRita Streb-HesseDr. Peter StruckJoachim StünkerJoachim TappeJörg TaussJella TeuchnerDr. Gerald ThalheimWolfgang ThierseFranz ThönnesAdelheid TröscherRüdiger VeitGünter VerheugenSimone ViolkaUte Vogt
Hedi WegenerWolfgang WeiermannReinhard Weis
Matthias WeisheitGert Weisskirchen
Dr. Ernst Ulrich vonWeizsäckerHans-Joachim WeltDr. Rainer WendHildegard WesterLydia WestrichInge Wettig-DanielmeierDr. Margrit WetzelDr. Norbert WieczorekHelmut Wieczorek
Jürgen Wieczorek
Heidemarie Wieczorek-ZeulDieter WiefelspützHeino Wiese
Klaus WiesehügelBrigitte Wimmer
Engelbert Clemens WistubaBarbara WittigDr. Wolfgang WodargVerena WohllebenHanna Wolf
Waltraud Wolff
Heidemarie WrightUta ZapfDr. Christoph ZöpelPeter ZumkleyBÜNDNIS 90/DIE GRÜNENGila Altmann
Marieluise Beck
Volker Beck
Angelika BeerAnnelie BuntenbachEkin DeligözDr. Thea DückertFranziska Eichstädt-BohligDr. Uschi EidHans-Josef FellAndrea Fischer
Joseph Fischer
Katrin Göring-EckardtRita GrießhaberWinfried HermannKristin HeyneUlrike HöfkenMichaele HustedtMonika KnocheDr. Angelika Köster-LoßackSteffi LemkeDr. Helmut LippeltDr. Reinhard LoskeKlaus Wolfgang Müller
Kerstin Müller
Winfried NachtweiChrista NickelsCem ÖzdemirSimone ProbstClaudia Roth
Christine ScheelIrmingard Schewe-GerigkRezzo SchlauchAlbert Schmidt
Werner Schulz
Christian SimmertChristian SterzingHans-Christian StröbeleJürgen TrittinDr. Antje VollmerSylvia VoßHelmut Wilhelm
Margareta Wolf
Vizepräsidentin Anke Fuchs
Metadaten/Kopzeile:
1958 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
(C)
NeinCDU/CSUUlrich AdamIlse AignerPeter AltmaierNorbert BarthleDr. Wolf BauerGünter BaumannBrigitte BaumeisterMeinrad BelleDr. Sabine Bergmann-PohlOtto BernhardtHans-Dirk BierlingDr. Joseph-Theodor BlankRenate BlankDr. Heribert BlensPeter BleserDr. Norbert BlümFriedrich BohlDr. Maria BöhmerSylvia BonitzWolfgang Börnsen
Wolfgang BosbachDr. Wolfgang BötschKlaus BrähmigDr. Ralf BrauksiepePaul BreuerMonika BrudlewskyGeorg BrunnhuberKlaus Bühler
Hartmut Büttner
Cajus CaesarPeter H. Carstensen
Leo DautzenbergWolfgang DehnelHubert DeittertAlbert DeßThomas DörflingerHansjürgen DossMarie-Luise DöttRainer EppelmannAnke EymerIlse FalkDr. Hans Georg FaustUlf FinkIngrid FischbachDirk Fischer
Dr. Gerhard Friedrich
Dr. Hans-Peter Friedrich
Erich G. FritzJochen-Konrad FrommeDr. Jürgen GehbNorbert GeisDr. Heiner GeißlerGeorg GirischDr. Reinhard GöhnerDr. Wolfgang GötzerKurt-Dieter GrillHermann GröheManfred GrundGottfried Haschke
Gerda HasselfeldtNorbert Hauser
Hansgeorg Hauser
Klaus-Jürgen HedrichUrsula HeinenManfred HeiseSiegfried HeliasErnst HinskenPeter HintzeKlaus HofbauerMartin HohmannKlaus HoletschekJosef HollerithDr. Karl-Heinz HornhuesSiegfried HornungJoachim HörsterHubert HüppeGeorg JanovskyDr.-Ing. Rainer JorkDr. Harald KahlDr. Dietmar KansyManfred KantherIrmgard KarwatzkiVolker KauderEckart von KlaedenUlrich KlinkertDr. Helmut KohlNorbert KönigshofenEva-Maria KorsHartmut KoschykRudolf KrausDr. Paul KrügerDr. Hermann KuesKarl LamersDr. Karl A. Lamers
Dr. Norbert LammertDr. Paul LaufsKarl-Josef LaumannVera LengsfeldWerner LensingPeter LetzgusUrsula LietzWalter Link
Eduard LintnerDr. Klaus Lippold
Dr. Manfred LischewskiWolfgang Lohmann
Julius LouvenDr. Michael LutherErich Maaß
Erwin MarschewskiDr. Martin Mayer
Wolfgang MeckelburgDr. Michael MeisterFriedrich MerzHans MichelbachMeinolf MichelsDr. Gerd MüllerBernward Müller
Elmar Müller
Bernd Neumann
Claudia NolteGünter NookeFranz ObermeierFriedhelm OstEduard OswaldNorbert Otto
Dr. Peter PaziorekAnton PfeiferDr. Friedbert PflügerBeatrix PhilippRonald PofallaRuprecht PolenzMarlies PretzlaffDr. Bernd ProtznerDieter PützhofenThomas RachelHans RaidelDr. Peter RamsauerPeter RauenChrista Reichard
Katherina ReicheErika ReinhardtHans-Peter RepnikKlaus RiegertDr. Heinz RiesenhuberFranz RomerHannelore Rönsch
Heinrich-Wilhelm RonsöhrDr. Klaus RoseKurt RossmanithNorbert RöttgenDr. Christian RuckDr. Jürgen RüttgersAnita SchäferDr. Wolfgang SchäubleHartmut SchauerteHeinz SchemkenKarl-Heinz ScherhagGerhard ScheuNorbert SchindlerDietmar SchleeChristian Schmidt
Dr.-Ing. Joachim Schmidt
Andreas Schmidt
Hans Peter Schmitz
Birgit Schnieber-JastramDr. Andreas SchockenhoffDr. Rupert ScholzDr. Erika SchuchardtWolfgang SchulhoffDiethard W. Schütze
Clemens SchwalbeDr. Christian Schwarz-SchillingWilhelm-Josef SebastianHorst SeehoferHeinz SeiffertRudolf SeitersBernd SiebertWerner SiemannBärbel SothmannMargarete SpäteCarl-Dieter SprangerErika SteinbachAndreas StormDorothea Störr-RitterMax StraubingerMatthäus StreblThomas StroblMichael StübgenDr. Rita SüssmuthDr. Susanne TiemannEdeltraut TöpferDr. Hans-Peter UhlGunnar UldallArnold VaatzAndrea VoßhoffPeter Weiß
Gerald Weiß
Annette Widmann-MauzHeinz Wiese
Hans-Otto Wilhelm
Klaus-Peter WillschWilly Wimmer
Matthias WissmannWerner WittlichDagmar WöhrlElke WülfingPeter Kurt WürzbachWolfgang ZeitlmannBenno ZiererWolfgang ZöllerF.D.P.Hildebrecht Braun
Rainer BrüderleErnst BurgbacherJörg van EssenUlrike FlachGisela FrickPaul K. FriedhoffHorst Friedrich
Rainer FunkeDr. Wolfgang GerhardtHans-Michael GoldmannJoachim Günther
Dr. Karlheinz GuttmacherKlaus HauptDr. Helmut HaussmannUlrich HeinrichWalter HircheDr. Klaus KinkelDr. Heinrich L. KolbGudrun KoppIna LenkeSabine Leutheusser-SchnarrenbergerJürgen W. MöllemannDirk NiebelGünter Friedrich NoltingHans-Joachim Otto
Detlef ParrCornelia PieperDr. Edzard Schmidt-JortzigGerhard SchüßlerDr. Irmgard SchwaetzerMarita SehnDr. Hermann Otto SolmsDr. Max StadlerCarl-Ludwig ThieleDr. Dieter ThomaeJürgen TürkPDSSabine JüngerDr. Uwe-Jens RösselEnthaltenPDSMonika BaltPetra BlässMaritta BöttcherVizepräsidentin Anke Fuchs
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 1959
(C)
(D)
Eva Bulling-SchröterRoland ClausHeidemarie EhlertDr. Heinrich FinkDr. Ruth FuchsFred GebhardtWolfgang Gehrcke-ReymannDr. Klaus GrehnDr. Gregor GysiDr. Barbara HöllCarsten HübnerDr. Evelyn KenzlerDr. Heidi Knake-WernerRolf KutzmutzUrsula LötzerHeidemarie LüthAngela MarquardtManfred Müller
Kersten NaumannRosel NeuhäuserPetra PauChristina SchenkGustav-Adolf SchurDr. Ilja SeifertEntschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen Versammlungendes Europarates und der WEU, der NAV, der OSZE oder der IPUAbgeordnete(r)Lörcher, Christa, SPD von Schmude, Michael, CDU/CSU
Ich gebe das von den Schriftführerinnen und Schrift-führern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstim-mung über den Antrag der CDU/CSU, Drucksache14/467, bekannt: Abgegebene Stimmen 587. Mit Ja ha-ben gestimmt 248, mit Nein haben gestimmt 339, Ent-haltungen keine. Der Entschließungsantrag ist damit ab-gelehnt.Endgültiges ErgebnisAbgegebene Stimmen: 582;davonja: 248nein: 335JaCDU/CSUUlrich AdamIlse AignerPeter AltmaierNorbert BarthleDr. Wolf BauerGünter BaumannBrigitte BaumeisterMeinrad BelleDr. Sabine Bergmann-PohlOtto BernhardtHans-Dirk BierlingDr. Joseph-Theodor BlankRenate BlankDr. Heribert BlensPeter BleserDr. Norbert BlümFriedrich BohlDr. Maria BöhmerSylvia BonitzWolfgang Börnsen
Wolfgang BosbachDr. Wolfgang BötschKlaus BrähmigDr. Ralf BrauksiepePaul BreuerMonika BrudlewskyGeorg BrunnhuberKlaus Bühler
Hartmut Büttner
Cajus CaesarPeter H. Carstensen
Leo DautzenbergWolfgang DehnelHubert DeittertAlbert DeßThomas DörflingerHansjürgen DossMarie-Luise DöttRainer EppelmannAnke EymerIlse FalkDr. Hans Georg FaustUlf FinkIngrid FischbachDirk Fischer
Dr. Gerhard Friedrich
Dr. Hans-Peter Friedrich
Erich G. FritzJochen-Konrad FrommeDr. Jürgen GehbNorbert GeisDr. Heiner GeißlerGeorg GirischDr. Reinhard GöhnerDr. Wolfgang GötzerKurt-Dieter GrillHermann GröheManfred GrundGottfried Haschke
Gerda HasselfeldtNorbert Hauser
Hansgeorg Hauser
Klaus-Jürgen HedrichUrsula HeinenManfred HeiseSiegfried HeliasErnst HinskenPeter HintzeKlaus HofbauerMartin HohmannKlaus HoletschekJosef HollerithDr. Karl-Heinz HornhuesSiegfried HornungJoachim HörsterHubert HüppeGeorg JanovskyDr.-Ing. Rainer JorkDr. Harald KahlDr. Dietmar KansyManfred KantherIrmgard KarwatzkiVolker KauderEckart von KlaedenUlrich KlinkertDr. Helmut KohlNorbert KönigshofenEva-Maria KorsHartmut KoschykRudolf KrausDr. Paul KrügerDr. Hermann KuesKarl LamersDr. Karl A. Lamers
Dr. Norbert LammertDr. Paul LaufsKarl-Josef LaumannVera LengsfeldWerner LensingPeter LetzgusUrsula LietzWalter Link
Eduard LintnerDr. Klaus Lippold
Dr. Manfred LischewskiWolfgang Lohmann
Julius LouvenDr. Michael LutherErich Maaß
Erwin MarschewskiDr. Martin Mayer
Wolfgang MeckelburgDr. Michael MeisterFriedrich MerzHans MichelbachMeinolf MichelsDr. Gerd MüllerBernward Müller
Elmar Müller
Bernd Neumann
Claudia NolteGünter NookeFranz ObermeierFriedhelm OstEduard OswaldNorbert Otto
Dr. Peter PaziorekAnton PfeiferDr. Friedbert PflügerBeatrix PhilippRonald PofallaRuprecht PolenzMarlies PretzlaffDr. Bernd ProtznerDieter PützhofenThomas RachelHans RaidelDr. Peter RamsauerPeter RauenChrista Reichard
Katherina ReicheErika ReinhardtHans-Peter RepnikKlaus RiegertDr. Heinz RiesenhuberFranz RomerHannelore Rönsch
Heinrich-Wilhelm RonsöhrDr. Klaus RoseKurt RossmanithNorbert RöttgenDr. Christian RuckDr. Jürgen RüttgersAnita SchäferDr. Wolfgang SchäubleHartmut SchauerteHeinz SchemkenKarl-Heinz ScherhagGerhard ScheuNorbert SchindlerDietmar SchleeChristian Schmidt
Vizepräsidentin Anke Fuchs
Metadaten/Kopzeile:
1960 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
(C)
Dr.-Ing. Joachim Schmidt
Andreas Schmidt
Hans Peter Schmitz
Birgit Schnieber-JastramDr. Andreas SchockenhoffDr. Rupert ScholzDr. Erika SchuchardtWolfgang SchulhoffDiethard W. Schütze
Clemens SchwalbeDr. Christian Schwarz-SchillingWilhelm-Josef SebastianHorst SeehoferHeinz SeiffertRudolf SeitersBernd SiebertWerner SiemannBärbel SothmannMargarete SpäteCarl-Dieter SprangerErika SteinbachAndreas StormDorothea Störr-RitterMax StraubingerMatthäus StreblThomas StroblMichael StübgenDr. Rita SüssmuthDr. Susanne TiemannEdeltraut TöpferDr. Hans-Peter UhlGunnar UldallArnold VaatzAndrea VoßhoffPeter Weiß
Gerald Weiß
Annette Widmann-MauzHeinz Wiese
Hans-Otto Wilhelm
Klaus-Peter WillschWilly Wimmer
Matthias WissmannWerner WittlichDagmar WöhrlElke WülfingPeter Kurt WürzbachWolfgang ZeitlmannWolfgang ZöllerF.D.P.Hildebrecht Braun
Rainer BrüderleErnst BurgbacherJörg van EssenUlrike FlachGisela FrickPaul K. FriedhoffHorst Friedrich
Rainer FunkeDr. Wolfgang GerhardtHans-Michael GoldmannJoachim Günther
Dr. Karlheinz GuttmacherKlaus HauptDr. Helmut HaussmannUlrich HeinrichWalter HircheDr. Klaus KinkelDr. Heinrich L. KolbGudrun KoppIna LenkeSabine Leutheusser-SchnarrenbergerJürgen W. MöllemannDirk NiebelGünter Friedrich NoltingHans-Joachim Otto
Detlef ParrCornelia PieperDr. Edzard Schmidt-JortzigGerhard SchüßlerDr. Irmgard SchwaetzerMarita SehnDr. Hermann Otto SolmsDr. Max StadlerCarl-Ludwig ThieleDr. Dieter ThomaeJürgen TürkNeinSPDBrigitte AdlerGerd AndresRainer ArnoldHermann BachmaierErnst BahrDoris BarnettDr. Hans-Peter BartelsEckhardt Barthel
Klaus Barthel
Wolfgang BehrendtDr. Axel BergHans-Werner BertlFriedhelm Julius BeucherPetra BierwirthRudolf BindigLothar Binding
Kurt BodewigKlaus BrandnerAnni Brandt-ElsweierWilli BraseDr. Eberhard BrechtRainer Brinkmann
Bernhard Brinkmann
Hans-Günter BruckmannUrsula BurchardtDr. Michael BürschHans Martin BuryHans Büttner
Marion Caspers-MerkWolf-Michael CatenhusenDr. Peter Wilhelm DanckertDr. Herta Däubler-GmelinChristel DeichmannKarl DillerPeter DreßenRudolf DreßlerDetlef DzembritzkiDieter DzewasDr. Peter EckardtSebastian EdathyLudwig EichMarga ElserPeter EndersGernot ErlerPetra ErnstbergerAnnette FaßeLothar Fischer
Gabriele FograscherIris FollakNorbert FormanskiRainer FornahlHans ForsterDagmar FreitagLilo Friedrich
Harald FrieseAnke Fuchs
Arne FuhrmannMonika GanseforthKonrad GilgesIris GleickeGünter GloserUwe GöllnerRenate GradistanacGünter Graf
Angelika Graf
Dieter GrasedieckMonika GriefahnAchim GroßmannKarl Hermann Haack
Hans-Joachim HackerChristel HanewinckelAlfred HartenbachAnke HartnagelNina HauerHubertus HeilReinhold HemkerFrank HempelRolf HempelmannDr. Barbara HendricksGustav HerzogMonika HeubaumUwe HikschReinhold Hiller
Stephan HilsbergGerd HöferJelena Hoffmann
Walter Hoffmann
Frank Hofmann
Ingrid HolzhüterEike HovermannChristel HummeLothar IbrüggerBarbara ImhofBrunhilde IrberGabriele IwersenRenate JägerJann-Peter JanssenIlse JanzDr. Uwe JensVolker Jung
Johannes KahrsUlrich KasparickSabine KaspereitSusanne KastnerHans-Peter KemperKlaus KirschnerMarianne KlappertHans-Ulrich KloseWalter KolbowFritz Rudolf KörperKarin KortmannAnette KrammeNicolette KresslAngelika Krüger-LeißnerHorst KubatschkaErnst KüchlerHelga Kühn-MengelUte KumpfKonrad KunickDr. Uwe KüsterWerner LabschOskar LafontaineChristine LambrechtBrigitte LangeChristian Lange
Detlev von LarcherChristine LehderRobert LeidingerKlaus LennartzEckhart LeweringGötz-Peter Lohmann
Erika LotzDr. Christine LucygaDieter Maaß
Winfried ManteDirk ManzewskiTobias MarholdUlrike MascherChristoph MatschieIngrid Matthäus-MaierHeide MattischeckMarkus MeckelUlrike MehlUlrike MertenAngelika MertensDr. Jürgen Meyer
Ursula MoggChristoph MoosbauerSiegmar MosdorfMichael Müller
Jutta Müller
Christian Müller
Franz MünteferingAndrea NahlesVolker Neumann
Gerhard Neumann
Dr. Edith NiehuisDietmar NietanGünter OesinghausEckhard OhlManfred OpelHolger OrtelAdolf OstertagKurt PalisAlbrecht PapenrothDr. Willfried PennerDr. Martin PfaffGeorg PfannensteinJohannes PflugDr. Eckhart PickJoachim PoßKarin Rehbock-ZureichMargot von RenesseRenate RennebachBernd ReuterDr. Edelbert RichterVizepräsidentin Anke Fuchs
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 1961
(C)
(D)
Reinhold RobbeRené RöspelDr. Ernst Dieter RossmannMichael Roth
Birgit Roth
Thomas SauerDr. Hansjörg SchäferGudrun Schaich-WalchRudolf ScharpingBernd ScheelenDr. Hermann ScheerHorst SchildOtto SchilyDieter SchlotenHorst Schmidbauer
Ulla Schmidt
Silvia Schmidt
Dagmar Schmidt
Wilhelm Schmidt
Regina Schmidt-ZadelHeinz Schmitt
Olaf ScholzKarsten SchönfeldFritz SchösserOttmar SchreinerGerhard SchröderGisela SchröterDr. Mathias SchubertRichard Schuhmann
Brigitte Schulte
Reinhard Schultz
Volkmar Schultz
Ilse SchumannDr. R. Werner SchusterDr. Angelica Schwall-DürenErnst SchwanholdRolf SchwanitzBodo SeidenthalErika SimmDr. Sigrid Skarpelis-SperkDr. Cornelie Sonntag-WolgastWieland SorgeWolfgang SpanierDr. Margrit SpielmannJörg-Otto SpillerDr. Ditmar StaffeltLudwig StieglerRolf StöckelRita Streb-HesseDr. Peter StruckJoachim StünkerJoachim TappeJörg TaussJella TeuchnerDr. Gerald ThalheimWolfgang ThierseFranz ThönnesAdelheid TröscherRüdiger VeitGünter VerheugenSimone ViolkaUte Vogt
Wolfgang WeiermannReinhard Weis
Matthias WeisheitGert Weisskirchen
Dr. Ernst Ulrich vonWeizsäckerHans-Joachim WeltDr. Rainer WendHildegard WesterLydia WestrichInge Wettig-DanielmeierDr. Margrit WetzelDr. Norbert WieczorekHelmut Wieczorek
Jürgen Wieczorek
Heidemarie Wieczorek-ZeulDieter WiefelspützHeino Wiese
Klaus WiesehügelBrigitte Wimmer
Engelbert Clemens WistubaBarbara WittigDr. Wolfgang WodargVerena WohllebenHanna Wolf
Waltraud Wolff
Heidemarie WrightUta ZapfDr. Christoph ZöpelPeter ZumkleyBÜNDNIS 90/DIE GRÜNENGila Altmann
Marieluise Beck
Volker Beck
Angelika BeerAnnelie BuntenbachEkin DeligözFranziska Eichstädt-BohligDr. Uschi EidHans-Josef FellAndrea Fischer
Joseph Fischer
Katrin Göring-EckardtRita GrießhaberWinfried HermannKristin HeyneUlrike HöfkenMichaele HustedtMonika KnocheDr. Angelika Köster-LoßackSteffi LemkeDr. Reinhard LoskeKlaus Wolfgang Müller
Kerstin Müller
Winfried NachtweiChrista NickelsCem ÖzdemirSimone ProbstClaudia Roth
Christine ScheelIrmingard Schewe-GerigkRezzo SchlauchAlbert Schmidt
Werner Schulz
Christian SimmertChristian SterzingHans-Christian StröbeleJürgen TrittinDr. Antje VollmerSylvia VoßHelmut Wilhelm
PDSMonika BaltPetra BlässMaritta BöttcherEva Bulling-SchröterRoland ClausHeidemarie EhlertDr. Heinrich FinkDr. Ruth FuchsFred GebhardtWolfgang Gehrcke-ReymannDr. Klaus GrehnDr. Gregor GysiDr. Barbara HöllCarsten HübnerSabine JüngerDr. Evelyn KenzlerDr. Heidi Knake-WernerRolf KutzmutzUrsula LötzerHeidemarie LüthAngela MarquardtManfred Müller
Kersten NaumannRosel NeuhäuserPetra PauDr. Uwe-Jens RösselChristina SchenkDr. Ilja SeifertEntschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen Versammlungendes Europarates und der WEU, der NAV, der OSZE oder der IPUAbgeordnete(r)Lörcher, Christa, SPD von Schmude, Michael, CDU/CSUWir warten noch einen Augenblick auf die Ergebnis-se der Auszählung der anderen beiden namentlichen Ab-stimmungen. Die Sitzung ist unterbrochen.
Die Sitzung ist wie-
der eröffnet. Ich gebe das Ergebnis der beiden letzten
namentlichen Abstimmungen am Ende der Debatte
über den Internationalen Frauentag bekannt.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:
Debatte anläßlich des Internationalen Frauen-
tages
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache über den Internationalen Frauentag eine
Stunde vorgesehen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die
Parlamentarische Staatssekretärin Frau Dr. Edith Nie-
huis.
Dr
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen undHerren! Vor 80 Jahren erhielten Frauen in Deutsch-land erstmalig das volle Wahlrecht. Erlauben Sie mir,daß ich mit Stolz feststelle, daß es die SPD war, die die-Vizepräsidentin Anke Fuchs
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1962 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
(C)
ses wichtige demokratische Recht für Frauen durch-setzte.
Vor 80 Jahren, am 19. Februar 1919, ergriff eine Frauerstmalig in einem deutschen Parlament das Wort. Eswar die sozialdemokratische Abgeordnete MarieJuchacz. Sie stellte damals zu Recht fest, daß ohne dieFrauen eine deutsche Demokratie nicht möglich gewe-sen wäre, und meinte, in Deutschland sei die Frauenfra-ge damit gelöst.Für die Rechte der Frauen stritten dann viele bisheute, so auch die Mütter des Grundgesetzes, die fürdie Aufnahme des Art. 3 Abs. 2 in die Verfassung sorg-ten: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“ DieserGrundgesetzartikel führte schon im November 1949 zueinem Antrag im Deutschen Bundestag, der lautete:Die Bundesregierung wird ersucht, im Bundestagbaldigst die Gesetzesvorlagen einzubringen, dienotwendig sind, um die Gleichberechtigung derFrau … zu verwirklichen.Wir wissen, seit dieser Zeit ist so manche Reform aufden Weg gebracht worden, die in unseren Gesetzen dieGleichberechtigung der Frauen herstellte.Dennoch: Als wir nach der deutschen Vereinigung inder Gemeinsamen Verfassungskommission prüfenwollten, ob Änderungen in unserem Grundgesetz not-wendig sind, haben wir sehr schnell gemerkt, daß dieGleichberechtigung auf dem Papier keine tatsächlicheGleichberechtigung in der Gesellschaft bedeutet. Darumhaben wir 1994 Art. 3 Abs. 2 unseres Grundgesetzesum ein wichtiges Staatsziel ergänzt. Jetzt heißt es in un-serer Verfassung:Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung derGleichberechtigung von Frauen und Männern undwirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteilehin.
Ein paar Jahre später wurden durch den Vertrag vonAmsterdam für Europa ähnliche Ziele formuliert. DerVertrag nennt die Gleichstellung ausdrücklich als Auf-gabe der EU und verlangt, daß die EU auf die Beseiti-gung der Ungleichheit und die Förderung der Gleich-stellung hinwirkt. Diese auf die tatsächliche Durchset-zung der Gleichberechtigung ausgerichteten Ziele sindein Fortschritt. Sie erfordern auch in der Politik qualita-tiv neue Schritte.
Ich habe in den letzten Jahren sehr bedauert, daß dieehemalige Bundesregierung, die Kohl-Regierung, nichtbereit war, diese neue Verfassungslage für eine wirksa-mere Gleichstellungspolitik zu nutzen.
Allen Staatszielen zum Trotz hat die Kohl-Regierung inder Gleichstellungspolitik keine Fortschritte erzielt, son-dern viel eher einen Rückwärtsgang eingelegt.Das läßt sich an einem aktuellen Beispiel sehr gutverdeutlichen. Im Moment tagt die Frauenrechtskom-mission in New York. Es geht auf UN-Ebene zum wie-derholten Male um das Zusatzprotokoll zum „Überein-kommen zur Beseitigung jeder Form der Diskriminie-rung der Frau“. Es geht darum, daß diese Antidiskrimi-nierungskonvention, die es seit 20 Jahren gibt, über dasStadium der reinen Absichtserklärung hinauskommt unddaß Frauen zum Beispiel über ein Beschwerderecht dieRespektierung ihrer Menschenrechte anmahnen können.Im letzten Jahr noch spielte Deutschland eine un-rühmliche Rolle und stellte sich als Gegner der Stärkungder Frauenrechte im internationalen Rahmen dar. Aufdiese Weise isolierte es sich von den übrigen EU-Staaten. Dies hat sich mit dem Regierungswechselgrundlegend geändert.
Ministerin Bergmann ist im Moment in New York, umzusammen mit den EU-Staaten für die Verabschiedungdes Zusatzprotokolls einzutreten und so die Durchset-zung von Frauenrechten international zu stärken.Am Internationalen Frauentag sollte man betonen,daß Frauenrechte Menschenrechte sind. Das bedeutet,Gleichstellungspolitik wird nicht gebraucht, weil Frauenhilfsbedürftige Wesen sind, die gefördert werden müß-ten. Wer Gleichstellungspolitik so versteht, der geht amKern der Sache vorbei.
Frauen von heute erwarten von politischen Entschei-dungen keine Sonderförderung; aber sie erwarten voll-kommen zu Recht, daß Rahmenbedingungen geschaffenwerden, die es ihnen ermöglichen, ihr geistiges Potentialund ihre Kreativität in Wirtschaft und Gesellschaft vollzu entfalten.
Leider hat sich die Politik der letzten Jahre von die-sem Ziel entfernt. Wer den Kündigungsschutz für Be-schäftigte in Klein- und Mittelbetrieben abbaut, wie un-ter der Kohl-Regierung geschehen, der mußte wissen,daß hiervon Frauen überdurchschnittlich betroffen wa-ren. Darum haben wir in den ersten 100 Tagen unsererRegierungszeit diese Fehlentscheidung sofort korrigiert.
Wer im Arbeitsförderungsrecht eine Arbeit auchdann für zumutbar hält, wenn die täglichen Pendelzeitenverlängert werden, der mußte wissen, daß eine Verlän-gerung der Zeit des Pendelns zur Arbeit insbesondereParl. Staatssekretärin Dr. Edith Niehuis
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 1963
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(D)
für Frauen mit Kindern, gerade wenn sie eine Teilzeitar-beit suchen, nicht zumutbar ist. Wir werden diesefrauendiskriminierende Fehlentscheidung der Kohl-Re-gierung zurücknehmen.
Wer die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall kürzt,wie unter der Kohl-Regierung geschehen, mußte wissen,daß hiervon insbesondere Geringverdienende besondershart betroffen werden. Leider sind es die Frauen, die inder Regel weniger als die Männer verdienen. Darum ha-ben wir diese Fehlentscheidung in den ersten 100 Tagenunserer Regierungszeit sofort korrigiert.
Wer eine Senkung des Rentenniveaus einleitet, wieunter der Kohl-Regierung geschehen, der mußte wissen,daß hiervon Frauen mit ihren im Durchschnitt viel ge-ringeren Rentenansprüchen besonders hart betroffensind. Wir haben diese politische Fehlentscheidung korri-giert und werden mit unserer Rentenreform ein Konzeptzur eigenständigen Alterssicherung für Frauen vorlegen.
Kurzum: Es bleibt festzuhalten, in den letzten Jahrenhat der Staat seinen Verfassungsauftrag, auf die Beseiti-gung bestehender Nachteile hinzuwirken, nicht ernst ge-nommen, sondern den schon bestehenden Nachteilenweitere Nachteile für Frauen hinzugefügt. Dieser Politikwurde durch den Regierungswechsel ein Ende gesetzt.
Das hat auch Bundeskanzler Schröder am 14. Januardeutlich gemacht, als er das Arbeitsprogramm der Bun-desregierung für 1999 vorstellte. Er nannte zwei Zieleder Bundesregierung, die ich in diesem Zusammenhangnoch einmal hervorheben möchte, nämlich aus der Bun-desrepublik ein kinder- und familienfreundliches Landzu machen und die Gleichstellung von Frau und Manngesellschaftliche Realität werden zu lassen.Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteilvom 10. November 1998, mit dem es das Versagen derFamilienpolitik der Kohl-Regierung dokumentierte, fol-genden Satz formuliert:Der Staat hat dementsprechend dafür Sorge zu tra-gen, daß es Eltern gleichermaßen möglich ist, teil-weise und zeitweise auf eine eigene Erwerbstätig-keit zugunsten der persönlichen Betreuung ihrerKinder zu verzichten wie auch Familientätigkeitund Erwerbsarbeit miteinander zu verbinden.Mit diesem Satz bestärkt das Bundesverfassungsgerichtdie Bundesregierung in ihrem Vorhaben, das Bundeser-ziehungsgeldgesetz von 1986 zu reformieren. Das alteBundeserziehungsgeldgesetz war von Anfang an zu starrangelegt und hat es Eltern unmöglich gemacht, Famili-en- und Erwerbstätigkeit zu kombinieren. So haben Sie,meine Damen und Herren, Müttern Anreize gegeben,zugunsten der Familienarbeit auf Erwerbstätigkeit ganzzu verzichten, und Vätern das ruhige Gewissen, die Fa-milienarbeit getrost den Frauen überlassen zu können.Denn nach wie vor sind es nur 2 Prozent der Väter, dieErziehungsurlaub nehmen.Wir werden den Erziehungsurlaub flexibler gestal-ten sowie Vätern und Müttern eine Reduzierung ihrerArbeitszeit während der ersten Erziehungsjahre ermögli-chen, so daß aus dem Erziehungsurlaub wirklich ein El-ternurlaub werden kann.
Junge Frauen und zunehmend auch junge Männerwollen beides, Familie und Beruf. Unsere Reform wirdes ihnen ermöglichen, ihren Lebensentwurf auch wirk-lich leben zu können.Zunehmend wissen die Frauen, daß sie sich am be-sten sozial absichern, wenn sie finanziell auf eigenenFüßen stehen. Die erwerbstätige Frau als Ausnahme,wie viele es im Westen gewohnt waren, wird der Ver-gangenheit angehören, ebenso jene Männer wie KurtBiedenkopf, die davon träumen, „die übersteigerte Er-werbsneigung der Frauen auf ein normales Maß zurück-führen zu können“.Die Zeiten, in denen Frauen auf ihren Prinzen war-teten, der ihr Leben bestimmt, gehören endgültigder Vergangenheit an.
Dieses ist kein Zitat von mir, sondern so heißt es in einerim Februar veröffentlichten Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung. Weil es sich so entwickeln wird,wird die Regierung dem Bereich „Frau und Beruf“ mehrAufmerksamkeit widmen.Dieser Bereich bedarf in der Tat größerer Aufmerk-samkeit. Nach wie vor verdienen Frauen im Beruf einViertel weniger als die Männer, trotz einer eindeutigenEU-Richtlinie, die gleichen Lohn für gleichwertigeArbeit fordert. Darum nehme ich den InternationalenFrauentag gerne zum Anlaß, die Tarifparteien daran zuerinnern, daß sie bei aller Tarifautonomie auch an Art. 3Abs. 2 unseres Grundgesetzes gebunden sind, der sieauffordert, die Gleichberechtigung von Männern undFrauen tatsächlich durchzusetzen und bestehende Nach-teile zu beseitigen.
Im letzten Jahr wurde von der Gleichstellungsmi-nisterin in Nordrhein-Westfalen eine Studie veröffent-licht, in der 3 275 Stellenanzeigen ausgewertet wurden.Vor allem für Führungsjobs wurden Männer bevorzugt.So richteten sich zwei Drittel aller Anzeigen für Positio-nen im oberen Management ausschließlich an Männer.Der DGB stellte im letzten Jahr fest, daß Frauen trotznachweislich besserer Schulabschlüsse bei der Lehrstel-Parl. Staatssekretärin Dr. Edith Niehuis
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1964 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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lensuche häufiger leer ausgingen als Männer. Nicht zu-letzt sind es die Frauen, die immer stärker in die gering-fügigen Beschäftigungsverhältnisse gedrängt wurden.Das sind nur einige Daten, die zeigen, daß die Gleich-stellung der Frauen auf dem Arbeitsmarkt bisher nichterfolgt ist.Unsere Vorgängerregierung hat es, wie auch die Re-gierungsparteien der letzten Legislaturperioden, ver-säumt, in all diesen Feldern tätig zu werden.
Der Regierungswechsel hat auch hier eine Wende ge-bracht.
Wir haben das Problem der 630-DM-Verträge ange-packt, wozu Sie nie in der Lage waren
– wenn man jahrelang nichts macht, würde ich wirklichnicht so schreien wie Sie –,
und sorgen dafür, daß auch diese geringfügigen Be-schäftigungsverhältnisse die Rentenansprüche der Frau-en mehren.
– Dann wissen Sie nichts von Rentenbiographien, FrauLenke, wenn Sie das so definieren.Bei der Vorstellung seines Arbeitsprogramms 1999hat Bundeskanzler Schröder daher vollkommen zuRecht gesagt, daß diese Bundesregierung ein effektivesGleichstellungsgesetz auf den Weg bringen wird, dasauch verbindliche Regeln für die Privatwirtschaft ent-hält.
Im Petitionsausschuß des Bundestages machte einePetentin geltend, daß eine Gleichstellung von Frauen inder Arbeitswelt bisher nicht erfolgt sei. Einstimmig be-schloß der Petitionsausschuß im letzten Monat, daß die-se Eingabe als Anregung für gesetzgeberische Initiativengeeignet sein könnte. Meine Damen und Herren von derOpposition, auch Ihre Einsicht scheint allmählich zuwachsen, was ich sehr begrüße.
Die Aufforderung unseres Grundgesetzes, die tat-sächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung vonFrauen und Männern zu fördern, ist ein sehr ernstzu-nehmendes Staatsziel. Schließlich wissen wir, daß auchdie Ausübung von Gewalt in einer Gesellschaft mitMachtverhältnissen zu tun hat. Die vermeintlich Schwä-cheren sind es, die überdurchschnittlich von Gewalt be-droht werden. Auch darum sind wir gehalten, die Stel-lung der Frauen in der Gesellschaft zu stärken.Danke schön.
Nun erteile ich das
Wort der Kollegin Bärbel Sothmann, CDU/CSU-
Fraktion.
Frau Präsidentin!Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 8. März, dem In-ternationalen Frauentag, haben die Frauen das Wort. Ih-re Themen stehen im Blickpunkt der Öffentlichkeit,Mann hört ihnen zu. Eigentlich sollte dies nicht nur aneinem Tag im Jahr so sein, sondern an 365 Tagen. Da-von sind wir allerdings noch weit entfernt. Die Gleich-berechtigung steht zwar auf dem Papier, und es ist aucheine Menge erreicht worden, doch die Zahlen sprecheneine andere Sprache.Machen Sie sich bitte klar: Die Mehrheit unserer Be-völkerung ist weiblich. Frauen stellen jedoch nur rund5 Prozent der Top-Führungskräfte in der Wirtschaft. InEntscheidungsgremien sind sie nur zu rund 12 Prozentvertreten. Auch in hohen Staatsämtern ist es um diePräsenz von Frauen schlecht bestellt.
Das ist beschämend, und das müssen wir ändern.
– Jawohl. – Frauen müssen überall sichtbarer werden.Doch ein großer Wurf zur Verbesserung der Gleich-berechtigung ist zur Zeit nicht in Sicht. Die neue Bun-desregierung, die die Frauenpolitik zu ihrem Hauptthe-ma gemacht hat, muß sich heute fragen lassen, wie ernstsie es denn mit ihren Ankündigungen meint. Den Wor-ten müssen Taten folgen.
Die Union jedenfalls setzt hier Zeichen. Mit RitaSüssmuth hatten wir lange Jahre eine über Parteigrenzenhinweg geachtete Frauenpolitikerin als Bundestagsprä-sidentin.
Mit Claire Marienfeld haben wir zum erstenmal eineFrau als Wehrbeauftragte.
Angela Merkel ist die erste CDU-Generalsekretärin.
Parl. Staatssekretärin Dr. Edith Niehuis
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 1965
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(D)
Jetzt, 80 Jahre nachdem die erste Frau in den Reichs-tag einzog, schlägt Ihnen die Union eine Frau auch fürdie Bundespräsidentschaft vor:
Frau Professor Dr. Dagmar Schipanski. Sie verkörpertwie kaum eine andere Persönlichkeit die Lebenserfah-rungen der Menschen in den neuen Bundesländern. AlsPhysikerin hat sie es in einer Männerdomäne zu großemberuflichen Ansehen gebracht. Mit großer Kompetenzund Erfahrung kann sie im Zeitalter der Globalisierungdie Entwicklung Deutschlands zu einer leistungsstarkenWissens- und Informationsgesellschaft vorantreiben.
Sie will die innere Einheit fortentwickeln, das heißt, dieMenschen zusammenbringen. Das ist sehr wichtig.
Wir brauchen jemanden wie sie an der Spitze unseresLandes. Meine Damen und Herren, die Zeit ist reif füreine Frau im höchsten Staatsamt.
An alle Frauen und natürlich auch an alle emanzipiertenMänner appelliere ich deshalb: Zeigen Sie sich partei-übergreifend mit einer Frau solidarisch, und unterstützenSie unsere Kampagne „Schipanski for President“!
Dagmar Schipanski hat es geschafft, Beruf und Fa-milie erfolgreich unter einen Hut zu bringen. Damit istsie immer noch eine Ausnahmeerscheinung. Insgesamtstehen die Chancen für Frauen, nach höchsten Ämternzu greifen oder auch nur im Kleinen Karriere zu ma-chen, in Deutschland alles andere als gut.
Frau Kollegin, ge-
statten Sie eine Zwischenfrage?
Nein.
Frauen haben mit vielen Nachteilen zu kämpfen: Siehaben auf dem Arbeitsmarkt schlechtere Chancen alsMänner, sind häufiger von der Arbeitslosigkeit betroffenund verdienen weniger.
Sie haben schlechtere Aufstiegs- und Karrierechancen.Kindererziehung und Hausarbeit sind nach wie vorFrauensache, auch wenn beide Partner berufstätig sind.Ausnahmen gibt es sicherlich immer.Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist daszentrale Thema im Leben von Frauen. Die Verantwor-tung für Kinder und Familie liegt heute oft allein bei derFrau. Unsere Gesellschaft wird aber nur dann zukunfts-fähig sein, wenn Mann und Frau partnerschaftlich in al-len Bereichen des Lebens Verantwortung übernehmen.Das heißt, auch Väter müssen aktive Familienarbeit lei-sten.
Die Politik kann und darf den Menschen nicht vor-schreiben, wie ihr Lebensentwurf auszusehen hat. Siekann und muß aber die Rahmenbedingungen bereitstel-len, um eine echte Wahlmöglichkeit für Familieund/oder Beruf zu eröffnen. Wir brauchen deshalb –auch in Führungspositionen – flexible, familienfreundli-che Arbeitszeiten und Arbeitsformen für Frauen undMänner. Das Angebot an Mobilzeit- und Telearbeits-plätzen muß erhöht werden. Wir brauchen flexible, be-darfsgerechte Kinderbetreuungsmöglichkeiten, dasheißt längere Öffnungszeiten in den Kindertagesstätten,Betreuungsangebote auch für Kinder unter drei Jahren,mehr Hortplätze für die älteren Kinder oder auch Ganz-tagsschulen.Wir brauchen die Gleichstellung von Familien- undErwerbsarbeit. Unter anderem müssen wir den Erzie-hungsurlaub flexibler gestalten und die Hilfen für Al-leinerziehende verbessern.Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zurfinanziellen Entlastung von Familien muß so schnell wiemöglich umgesetzt werden.
Dazu gibt es zum Beispiel aus meiner Fraktion den Vor-schlag, ein Familiengeld einzuführen. Dies muß selbst-verständlich geprüft werden. Abgesehen davon muß dieFamilienförderung nicht immer nur mit Geld verbundensein.Meine Damen und Herren, um die Chancen vonFrauen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern, müssen wirzuallererst die hohe Arbeitslosigkeit bekämpfen; dennFrauen werden in Krisenzeiten als erste arbeitslos.Leider hat die neue Bundesregierung die Maßnahmender Union zur Förderung von Wachstum und Be-schäftigung zum großen Teil rückgängig gemacht undeine durchschlagende große Steuerreform verhindert.Das Steuerentlastungsgesetz, das verabschiedet wurde,zeigt all dies. Das Ergebnis sehen wir jetzt: Die Ar-beitslosenzahlen steigen, und das Wirtschaftswachstumverflacht. Korrekturen der geplanten Steuerreform sinddeshalb unbedingt erforderlich. Das heute verabschie-dete Steuerentlastungsgesetz – ich habe es soeben ge-sagt – löst die Probleme nicht. Im Gegenteil, all dieseProbleme werden noch verschärft.Wichtig ist auch die Neuregelung der geringfügigenBeschäftigungsverhältnisse; Frau Staatssekretärin Nie-huis, Sie haben es vorhin angeschnitten. Das Gesetz, dasdie Regierung auf den Tisch gelegt hat, ist eine einzigeEnttäuschung. Es wird den Mißbrauch nicht eindämmen.Es schafft keine neuen Arbeitsplätze, sondern nur mehrBürokratie. Es wird auch der Altersarmut von Frauennicht entgegenwirken. Um die soziale Sicherung vonFrauen im Alter zu verbessern, müssen viel weiterge-hende Maßnahmen ergriffen werden.
Bärbel Sothmann
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1966 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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An die Wirtschaftsunternehmen appelliere ich: Ver-stehen Sie die Frauenförderung nicht länger als Schmu-sekurs! Frauenförderung in Unternehmen dient handfe-sten wirtschaftlichen Interessen. Die Initiative „Total-E-Quality“ müssen wir weiter unterstützen, damit derFrauenanteil auch in den Chefetagen weiter wächst.Meine sehr geehrten Damen und Herren, im eigenenBetrieb können sich Frauen ihren Arbeitsplatz und ihreFührungsposition selbst schaffen. Wir müssen Exi-stenzgründungen von Frauen stärker als bisher fördernund dabei das spezifische Gründungsverhalten vonFrauen besonders berücksichtigen.Das A und O für gute Berufs- und Karrierechancenvon Frauen ist und bleibt eine qualifizierte Ausbildung.Trotz guter Schulabschlüsse konzentrieren sich Mäd-chen bei der Berufswahl zu stark auf wenige klassischeFrauenberufe. Auch an den Universitäten sind die tech-nischen Studiengänge leider noch immer Männerdomä-nen. Mädchen und Frauen müssen ihre Möglichkeitenim technischen Bereich und in den zukunftsweisendenMultimedia-Berufen besser nutzen. Dabei müssen wirsie stärker als bisher unterstützen. Frauen dürfen denAnschluß an die Wissens- und Informationsgesellschaftdes 21. Jahrhunderts nicht verpassen.Insgesamt stellen Frauen heute rund die Hälfte derStudierenden. Ihre Studienabschlüsse sind oft besser alsdie von Männern. Schwierig wird die Situation für jungeFrauen an den Hochschulen dann, wenn sie eine wissen-schaftliche Karriere anstreben. Rund ein Drittel allerAbsolventinnen promovieren noch. Doch in den Hoch-schulgremien und an der Spitze der Karriereleiter sindFrauen unterrepräsentiert: Der Frauenanteil bei den Ha-bilitationen beträgt nur 13,8 Prozent. Darum sind nur sowenig Professuren in Frauenhand. Diese Benachteili-gung hochqualifizierter Frauen muß dringend abgebautwerden. Wir fordern, daß bis zum Jahre 2005 minde-stens jeder fünfte Lehrstuhl in Deutschland mit einerFrau besetzt ist.Mit der 4. Novelle des Hochschulrahmengesetzes ha-ben wir im letzten Jahr einen Durchbruch für die Frauenan den Hochschulen erreicht und zahlreiche Maßnahmenzur Verbesserung der Frauenförderung durchgesetzt.Diesen Weg müssen wir fortsetzen.Fast noch wichtiger als alle Förderprogramme ist es,Frauenförderung nicht länger als etwas zu begreifen, dasMann den Frauen freundlich gewährt. Es geht nicht dar-um, was Mann abgeben muß, sondern darum, was Fraueinbringen kann.Unsere Gesellschaft ist nur dann zukunftsfähig, wennsich die weibliche und die männliche Sicht der Dinge zueinem Gesamtbild ergänzen. Gerade im Zeitalter derGlobalisierung können wir es uns nicht länger leisten,auf die kreativen Beiträge von Frauen in allen gesell-schaftlichen Bereichen zu verzichten. Frauenpolitik darfdeshalb nicht länger ausschließlich als Familien- undSozialpolitik begriffen werden. Frauenpolitik ist eineQuerschnittsaufgabe.Meine Damen und Herren, die Macht der Männer istdie Geduld der Frauen. Liebe Männer hier im Hause, ichhoffe, Sie haben nicht nur gehört, sondern auch gespürt,wie unsere Ungeduld wächst. Die weibliche Sicht derDinge muß Bestandteil jedweder Politik werden, denn:Ohne Frauen ist kein Staat zu machen! Lassen Sie unsnach vorne schauen!
Ich erteile der Kol-legin Irmingard Schewe-Gerigk, Bündnis 90/Die Grü-nen, das Wort.
Kolleginnen! Eine Debatte im Deutschen Bundestagzum Internationalen Frauentag sei doch ein Anachro-nismus, sagte mir vor einigen Tagen eine junge Frau.Damals, so sagte sie, vor 140 Jahren, als die Textilar-beiterinnen in New York streikten, weil sie für dieselbeArbeit nur einen Bruchteil des Männerlohns erhielten,habe das einen Sinn gehabt. Auch vor 88 Jahren, alszum erstenmal im Deutschen Reich über eine MillionFrauen auf die Straße gegangen seien, um für das Frau-enwahlrecht zu kämpfen, habe das eine Berechtigunggehabt. Aber heute, wo die Mädchen bessere Schulab-schlüsse machten als die Jungen, wo die Studentinnen anden Universitäten insgesamt in der Mehrzahl seien, damache das doch keinen Sinn. Eines stimmt: Mädchensind mit Abstand die Spitzenreiterinnen bei den Gymna-sialabschlüssen, während die Jungen häufiger die Haupt-oder Sonderschulen abschließen. Aber was folgt daraus?Den Rückschluß der jungen Frau, die Gleichberechti-gung sei doch erreicht und es sei nichts mehr zu tun, läßtdas nicht zu.Richten wir einen Blick auf den Arbeitsmarkt. Spä-testens bei der Berufswahl dreht sich die Abwärtsspiralefür die Frauen. 80 Prozent entscheiden sich für eineAusbildung in einem von zehn frauentypischen Berufen.Diese Berufe zeichnen sich nicht nur dadurch aus, daßsie schlecht bezahlt sind, sondern sie bieten auch so gutwie keine Karrierechancen. Ein Vergleich: Die beidenBerufe, in denen jeweils die meisten Männer und diemeisten Frauen ausgebildet werden, sind Friseurin undKfz-Mechaniker. Schon während der Ausbildung ver-dient der Kfz-Mechaniker ein Drittel mehr; im erstenBerufsjahr verfügt er gar über 1 000 DM mehr als dieFriseurin. Hier findet sich bereits die erste Erklärung da-für, daß Frauen im Durchschnitt immer noch zirka einViertel weniger verdienen als Männer. Bei Arbeiterin-nen sind es nur 73 Prozent des Männerlohnes, bei Ange-stellten sogar nur 69 Prozent – und das, obwohl schon inden Römischen Verträgen vor über 40 Jahren derGrundsatz „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ verankertwurde. Später hieß es: gleicher Lohn für gleichwertigeArbeit.Für die Frauen aus dem Osten kommt noch eine bitte-re Pille hinzu. Der ehemals geringe Abstand zwischenFrauen- und Männerlöhnen hat sich in den letzten zehnJahren dem Westniveau angenähert.Bärbel Sothmann
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 1967
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Die Abwertung der weiblichen Arbeit macht auch vorden Hochschulabsolventinnen nicht halt. So hat das In-stitut der deutschen Wirtschaft 1997 ermittelt, daß Män-ner mit Universitätsabschluß durchschnittlich netto5 000 DM verdienen, Frauen mit einem entsprechendenAbschluß dagegen nur 3 200 DM. In den Hochschulen –Frau Sothmann hat es gerade gesagt – steht es mit derwissenschaftlichen Karriere auch nicht gerade zum be-sten. Gerade einmal 5 Prozent Professorinnen lehren undforschen in der Bundesrepublik. Das ist kein mutma-chender Tatbestand für die vielen Studentinnen.Da wundert es eigentlich auch nicht mehr, daß in denFührungspositionen der Wirtschaft nur 3 Prozent Frauentätig sind. Dies ist zudem teuer erkauft: Während60 Prozent der männlichen Führungskräfte Kinder ha-ben, sind es nur 17 Prozent der Führungsfrauen. Um dasBild abzurunden: Von den 1 000 Bundesgremien sindnoch immer fast 300 als frauenfreie Zone anzusehen,sind also ausschließlich mit Männern besetzt. Ich finde,wir sollten hier, wo wir Einfluß haben, direkt ansetzenund sofort etwas ändern.
Ist die Gleichberechtigung nun erreicht? Die Zahlensprechen eine eindeutige Sprache. Bleiben wir bei die-sem Tempo, so wird im Jahre 2312 die tatsächlicheGleichberechtigung durchgesetzt sein, hat eine Wissen-schaftlerin ausgerechnet. So lange, meine lieben Kolle-ginnen, sollten wir nicht warten.
Also nutzen wir den Internationalen Frauentag 1999,nicht um zu jammern, um uns etwa in einer Opferrollewohl zu fühlen, wie landläufig gesagt wird, sondern nut-zen wir ihn für einen neuen Aufbruch! Machen wirdeutlich, daß eine Gesellschaft nur dann als demokra-tisch zu bezeichnen ist, wenn sie auch Gerechtigkeitzwischen den Geschlechtern herstellt.Ein Instrument, mit dem wir das Demokratiedefizitbeseitigen können, ist und bleibt die Quote. Sie stelltkeine ungerechte Bevorzugung dar, wie gern behauptetwird; sie ist lediglich ein Mittel zur Herstellung von Ge-rechtigkeit. Es ist ja kein Zufall, daß gerade jetzt sovielüber Quoten gesprochen wird. Sie entfalten nämlich ihreWirkung. Frauen sind durch sie nach vorn gekommen.Ich habe keine Sorge, daß durch die Quote die ver-meintlich unqualifizierten Frauen in Spitzenpositionenkommen. Die Realität zeigt, daß Frauen in den meistenFällen qualifizierter sind als ihre männlichen Mitbewer-ber.
Nun ist die Quote nicht alles, und sie ist erst recht keinAllheilmittel, aber ohne sie – jetzt zitiere ich die zwölfRichter des Europäischen Gerichtshofs – würden wei-terhin auch bei gleicher Qualifikation nur Männer einge-stellt.Die alte Bundesregierung, insbesondere Frau Ministe-rin Nolte – obwohl ihr diese Zahlen sicherlich alle be-kannt waren –, hat nichts unternommen, um den Frauenwirksam zu ihren Rechten zu verhelfen. Sie hat in Kaufgenommen, daß durch eine ideologisch geführte Famili-endiskussion die Rollenzuweisung für den Mann alsFamilienernährer und die Ehefrau als Hausfrau undZuverdienerin gefestigt wurde. Ich finde, es ist einSkandal, daß zu Beginn des 21. Jahrhunderts vieleFrauen noch immer nur einen Ehemann weit von derArmut entfernt sind, daß viele Frauen trotz Erwerbs-arbeit kein existenzsicherndes Einkommen haben undüber keine eigenständige Alterssicherung verfügen. Dasist kein Modell, mit dem sich Frauen identifizieren wol-len.Dem setzen wir ein anderes Frauen- und auch ein an-deres Familienbild entgegen. Wir werden die gesell-schaftlichen Strukturen verändern, die sich noch immereinseitig an männlichen Werten orientieren. Wir werdendafür sorgen, daß der Veränderung der Frauen- auch einWandel der traditionellen Männerrolle folgen wird. Ge-rechte Verteilung von Haus- und Erwerbsarbeit zwi-schen Männern und Frauen und eine Arbeitswelt, die dasLeben mit Kindern ermöglicht – das ist unsere Devise.Dazu werden wir Ihnen in den nächsten Monaten Initia-tiven vorlegen.Ich bin sehr froh, daß das erste frauenpolitische Pro-jekt der rotgrünen Regierung das Aktionsprogramm„Frau und Beruf“ ist. Viele Frauen sind schon ungedul-dig, weil noch keine konkreten Vorschläge auf demTisch liegen. Auch Frau Sothmann hat eben schon ge-fragt, warum nichts komme. Aber ein so umfassendesWerk wie das Gleichberechtigungsgesetz für den öf-fentlichen Dienst und für die Privatwirtschaft will wohl-überlegt sein. Hier sind, glaube ich, Schnellschüsse nichtgeeignet.
Beim Gleichberechtigungsgesetz für den öffentli-chen Dienst kann der Gesetzgeber seine Vorbildfunktionfür eine Arbeitswelt, die Frauen nicht ausgrenzt, relativleicht unter Beweis stellen. Den Frauen mindestens dieHälfte aller Ausbildungs- und aller Arbeitsplätze – dasist kein Gnadenakt, sondern ein Beitrag zur Gerech-tigkeit. Damit das Gleichberechtigungsgesetz für dieprivate Wirtschaft seine volle Wirkung entfalten kann,wird es mit größter Sorgfalt und Zielgenauigkeit zuformulieren sein. Die Bindung der Vergabe öffentlicherAufträge an Frauenförderung, also eine positive Sank-tionierung, ist bei vielen Firmen weitgehend unstrittig.Sie haben erkannt: Frauenförderung ist Wirtschaftsför-derung.Aber der Bund hat auch weitergehende Regelungs-kompetenz und einen entsprechenden Verfassungsauf-trag. Trotzdem regen sich schon vorsorglich Widerstän-de wegen vermeintlich zu starker Reglementierung. Ichverstehe das, ehrlich gesagt, nicht. Es regt sich niemandauf, wenn beim Hausbau der Winkel der Dachneigungvorgeschrieben wird, wohl aber, wenn der Staat die Um-Irmingard Schewe-Gerigk
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1968 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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setzung des Grundgesetzes vorsieht. Ich frage mich:Was soll das?
Auch an den Hochschulen wollen wir das Demokra-tiedefizit beseitigen. Bis zum Jahre 2005 wird die Hälftealler Professuren neu zu besetzen sein. Wir werden die-sen Generationenwechsel nutzen, damit die Hochschulenicht länger eine Männerdomäne bleibt. Dem Old boys'network, das Stellen nach Gutsherrenart vergibt, setzenwir das Leitbild einer Geschlechterdemokratie entgegen,das der Staat durch entsprechende Programme und Ge-setze und die Vergabe von Mitteln nach dem Grad derFrauenförderung unterstützt.Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, es istdeutlich geworden, wie sehr sich die neue von der altenPolitik unterscheidet. Wir werden mit Gesetzen, aberauch mit finanziellen Anreizen für Unternehmen und fürInstitutionen einen neuen Weg zu mehr Gerechtigkeitzwischen den Geschlechtern einschlagen. Wir betrach-ten Frauenpolitik als Gesellschaftspolitik.Das hat zur Folge, daß es endlich an der Zeit ist,auch die Männerfrage zu stellen. Während sich dieFrauen in den letzten Jahren ständig verändert ha-ben, verharren die meisten Männer in alten Rollen-mustern. Ich nehme jetzt ausdrücklich meinen KollegenChristian Simmert und einen Kollegen von der F.D.P.,der sich neulich geoutet hat, aus; das sind zwei Männer,die ihren Erziehungsurlaub genommen haben. Ich glau-be, das ist ein positives Beispiel in diesem Hause. Siegehören zu der seltenen Spezies von Vätern – es sindnämlich 1,8 Prozent –, die den Erziehungsurlaub neh-men.
– Ist auch jemand von der PDS dabei?
– Ja.Es ist an der Zeit, daß die Männer sich verändern.Das kann die Gesetzgebung unterstützen, zum Beispieldurch einen individuellen Anspruch auf Erziehungsur-laub oder einen Rechtsanspruch für Väter auf Teilzeitar-beit mit Option auf die Rückkehr auf den Vollzeitar-beitsplatz. Die Welt der Männer muß endlich auch alsWelt von Vätern konzipiert werden. Darum wäre eskonsequent, daß auf das Programm „Frau und Beruf“ einProgramm „Mann und Familie“ folgte.
Wäre das nicht ein erstrebenswertes Signal, das von die-sem Internationalen Frauentag ausgehen könnte?Brot und Rosen wollten die Frauen im Jahre 1911,von allem die Hälfte wollen sie 1999. Lassen Sie unsin eine gerechtere Zukunft für die Frauen aufbrechen!Ich danke Ihnen.
Das Wort hat nun
die Kollegin Ina Lenke, F.D.P.-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolle-gen und Kolleginnen! Der 8. März ist der Tag der Soli-darität von Frauen für Frauen, die für ein besseres Lebenund für bessere Arbeitsbedingungen kämpfen. Seit Jahr-zehnten setzen sich Frauen international für Rechte vonFrauen ein. Dennoch, meine ich, können wir mit derEntwicklung nicht zufrieden sein; denn das Ausmaß derGewalt gegen Frauen ist in vielen Lebensbereichen er-schreckend hoch.Für mich ist nachhaltig erschreckend, daß in Gebie-ten, in denen Krieg herrscht, oft Frauen die Leidtragen-den sind. Sie haben traumatische Erlebnisse durch Fol-ter, Vergewaltigung und ethnische Gewalt. All dieszeigt: Beim Menschenrechtsschutz für Frauen bestehtweiter enormer Handlungsbedarf.
– Ich merke an diesem Beifall: Unser Engagement fürden Schutz der Menschenrechte muß in dieser Legisla-turperiode wie in den anderen vorher ein Anliegen desBundestages sein.Meine Damen und Herren, wir müssen uns auch indieser Legislaturperiode wieder mit dem Ausländerge-setz befassen, mit dem Aufenthaltsrecht ausländischerEhepartnerinnen in der Bundesrepublik.
Es geht um ein eigenständiges Aufenthaltsrecht auslän-discher Ehefrauen, wenn die Ehe zum Beispiel wegenGewalttätigkeit des Mannes geschieden wird. Es hat sichnämlich herausgestellt, daß die Änderungen, die derBundestag 1997 vorgenommen hat, in der Praxis nichtumgesetzt werden und daher der Wille des Bundestagesnicht widergespiegelt wird. Hier besteht nach wie vorRegelungsbedarf.
Ein immer größer werdendes Problem – wir Frauenkümmern uns darum; sicher tun das auch Männer – istder internationale Frauenhandel. Wenn Politik nur unzu-reichend in der Lage ist, auf dieses verwerfliche Gebieteinzuwirken, so müssen wir ausländischen Frauen, wennsie in der Bundesrepublik in einer Notlage sind, helfenund sie unterstützen.Irmingard Schewe-Gerigk
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 1969
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Ich meine, dazu gehört auch, zu überprüfen, ob dasälteste Gewerbe der Welt mit Blick auf das Sozialver-sicherungssystem Nachteile dadurch hat, daß es als sit-tenwidrig gilt. Ich denke, das ist nicht mehr zeitgemäß.Wir werden sicher auch in unserem Ausschuß darübersprechen.
Liebe Kolleginnen, Frau Niehuis, die aus Niedersach-sen kommt, hat eben die Rede der ersten weiblichenAbgeordneten in einem deutschen Parlament angespro-chen. Auch ich hatte mich damit zu befassen. Es war diedamalige Abgeordnete Marie Juchacz in der BerlinerNationalversammlung. Die Themen, die sie in ihrer Re-de ansprach, sind nach wie vor aktuelle Frauenthemen:Altersversorgung, Schulwesen, Sozial- und Wirtschafts-politik. Ich meine, diese Politikerin hat ihre Aufgabe inder Politik sehr umfassend gesehen, als Querschnittsauf-gabe, was ich als Liberale – das gilt auch für andere li-berale Frauen – als ungemein sympathisch ansehe. Frau-enpolitik ist Querschnittspolitik. Vielleicht ist es deshalbauch für die F.D.P., die oftmals wenig Ideologie in ihrerPolitik hat,
sehr schwer, Frauenpolitik in der Öffentlichkeit darzu-stellen.Wir Frauen müssen uns in alle Politikfelder einmi-schen. Ich denke, die Repräsentanz von Frauen in Par-lamenten und in kommunalen Selbstverwaltungsgremienmuß weiter erhöht werden. Ich kann Ihnen bestätigen,daß Sie mit Ihrer Quote Erfolg haben. Nichtsdestotrotz:Wir Liberale werden diese Quote nicht einführen. Wirwerden weiter versuchen, das Problem auf anderemWege zu lösen.
Meine Damen und Herren, zum 8. März gehört auchArt. 3 des Grundgesetzes. Ich möchte hier nur zweiThemen nennen: Frauen im Berufsleben und Frauen inder Politik. Frau Niehuis und auch Frau Schewe-Gerigkhaben das Aktionsprogramm „Frau und Beruf“ ange-kündigt. Ich muß sagen: Das, was an Ankündigung ge-kommen ist, werden wir jedenfalls nicht gutheißen. Siewollen Quotenregelungen in Betrieben
– ich habe Ihre Unterlagen gelesen –, Sie wollen für dieWirtschaft ein zwingendes Gleichstellungsgesetz mitverpflichtenden Frauenförderplänen, und Sie wollenAuftragsvergabe. Als Kommunalpolitikerin stehen mirda alle Haare zu Berge. Durch Auftragsvergabe der öf-fentlichen Hand nach Gutsherrinnenart wird in den Be-trieben keine Handbreit mehr Frauenpolitik stattfinden.Es wird vielmehr Umgehungstatbestände geben. Siewerden das Ergebnis, das wir uns alle wünschen, sonicht erreichen.
Deshalb ist die F.D.P. der Meinung, daß Wunsch undWirklichkeit der politischen Beschlüsse, die Sie imBundestag gefaßt und angekündigt haben, meilenweitvoneinander entfernt sind. Wir als F.D.P. wissen, daßdie Benachteiligung gerade von Frauen in der Arbeits-welt ein sehr schwieriges Thema ist. Es ist heute jaschon so, daß allein die Möglichkeit, ein Kind zu krie-gen, ein Einstellungs- und Aufstiegshindernis ist. DieGesellschaft muß endlich die Lebensleistung von Frauenmit Kindern anerkennen. Das kann wirklich nicht zu ih-rem eigenen Nachteil ausgehen.
Noch ein Wort zu Frauen in der Politik. Dazu habeich heute von den Rednerinnen wenig gehört. Wir müs-sen uns als Frauen ganz besonders dafür einsetzen, daßFrauen, die noch nicht Politik machen, mehr Interesseund Lust bekommen, hier mitzuwirken. Wir wissen alsFrauen aber auch, daß die alten, überkommenen Struktu-ren in der Politik auf Männer und auf den öffentlichenDienst zugeschnitten sind. Das jedenfalls habe ich seit1981 während meiner Zeit in der Politik erlebt. Hiermüssen wir, so denke ich, selber etwas tun. Ich glaube,die Männer haben gar nicht soviel dagegen, daß wirfrauen- und familienspezifische Belange überprüfen unddann versuchen, Tageszeiten der Beratungen usw. zuändern.
– Das ist richtig. Wenn wir sie aber darauf aufmerksammachen, dann klappt es meistens. Das habe ich festge-stellt.Ich habe leider keine Redezeit mehr, sonst würde ichnoch auf Frau Niehuis und Frau Schewe-Gerigk bezüg-lich des 630-Mark-Gesetzes eingehen. Frau Niehuis hatgesagt, diese Regierung habe das Rentenniveau beibe-halten. Wenn ich aber Herrn Riester höre, Frau Niehuis,der vor ungefähr 14 Tagen gesagt hat, daß dann, wennvon der neuen Regierungskoalition ein neues Renten-recht kommt, auch die demographische Entwicklung be-rücksichtigt werden muß, kann ich Ihnen nur sagen: AmAltersaufbau unserer Gesellschaft werden auch Sie nichtvorbeikommen. Wir wollen einmal sehen, was Sie fürLösungsmöglichkeiten haben.Meine Herren, mehr denn je wird im neuen Jahrtau-send die weibliche Perspektive gefragt sein, wenn es umeine humane Gesellschaft, wenn es um Antwort auf glo-bale Fragen und um die Bildung und die Demokratisie-rung unserer Gesellschaft geht. Darin sollten klugeMänner eine Chance für uns alle sehen.Vielen Dank.
Nun hat das Wortdie Kollegin Petra Bläss, PDS-Fraktion.Ina Lenke
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1970 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
Frau Präsidentin! Liebe Kolle-
ginnen und Kollegen! Sosehr ich es auch bedauere, daß
unser Parlament meist nur anläßlich des Internationalen
Frauentages eine grundsätzliche frauenpolitische De-
batte auf der Tagesordnung hat, so sehr begrüße ich
ebendiese, weil ich sie für hochaktuell und notwendig
halte.
Das Desinteresse vor allem vieler Kollegen in diesem
Haus an einer Verständigung zur Gleichstellung der Ge-
schlechter holt mich allerdings einmal mehr knallhart
auf den Boden der Tatsachen zurück.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in vielen Punkten
kann ich den Zustandsbeschreibungen meiner Vorredne-
rinnen tatsächlich zustimmen und ich will noch eins
draufsetzen:
Millionen Frauen, die im gesellschaftlichen Pro-
duktionsprozeß tätig sind, Millionen Frauen, die als
Mütter Gesundheit und Leben aufs Spiel setzen, die
als Hausfrauen die schwersten Pflichten überneh-
men, erheben mit allem Nachdruck Anspruch auf
soziale und politische Gleichberechtigung.
Sie werden es nicht glauben, aber dieses Zitat ist stolze
88 Jahre alt. Es stammt aus der Resolution, die Frauen
1911 anläßlich des ersten Internationalen Frauentages
verabschiedeten. Daß diese Worte heute noch so zutref-
fend sind, zeigt, wo wir bei der Durchsetzung der
Gleichberechtigung in der Welt, aber auch in unserem
Land stehen.
Ich sage an dieser Stelle noch einmal in aller Deut-
lichkeit: Wenn es keinen wirklichen Bruch mit den pa-
triarchalen Strukturen gibt, wird sich daran auch nichts
ändern, nirgendwo in der Welt, auch nicht bei uns.
Alles, was wir zu Fördermaßnahmen zur Gleichstel-
lung von Frauen und Männern gesagt haben, muß nun
endlich umgesetzt werden. Es reicht aber trotzdem nicht;
es ändert die Strukturen und daraus resultierend die
konkreten Diskriminierungstatbestände für Frauen im
Alltag nicht grundlegend. Wir, die Mitglieder des Bun-
destages, sollten nicht länger zulassen, daß hier begei-
stert über die fortschreitende Globalisierung diskutiert
wird und dabei die Rechte von Frauen schlicht und ein-
fach hinten herunterfallen.
Es darf nicht länger angehen, daß über Wirtschaft ge-
redet wird, ohne die Mitbestimmung von Frauen im Au-
ge zu haben; daß über Arbeitslosigkeit debattiert und
nicht vorrangig über wirksame Maßnahmen zur Ein-
dämmung der Frauenarbeitslosigkeit beraten wird; daß
über die Europäische Währungsunion gestritten wird,
ohne den sozialen Status von Frauen in Europa im
Blick zu haben; daß über Menschenrechte gesprochen
wird, ohne über wirkungsvolle Schritte zur Zurückdrän-
gung der männlichen Gewalt gegen Frauen zu entschei-
den.
Der Frauentag ist und bleibt ein Kampftag. Auch am
Internationalen Frauentag 1999, also unmittelbar an der
Schwelle zum 21. Jahrhundert, hat der Kampf für die
ökonomische Eigenständigkeit und das Selbstbestim-
mungsrecht der Frau gegen die Zurückdrängung männli-
cher Gewalt gegen Frauen und für die Aufbrechung pa-
triarchaler Machtverhältnisse höchste Priorität.
Wir werden keine wirkliche menschliche Emanzipation
ohne die tatsächliche Befreiung der Frau erreichen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir begehen in die-
sem Jahr den 50. Jahrestag des Deutschen Bundesta-
ges. Zu Recht wird in diesem Zusammenhang die Lei-
stung der Parlamentarierinnen gewürdigt. Aber wir
Frauen, die wir hier und heute im Parlament sitzen, müs-
sen darüber hinaus dafür Sorge tragen, daß von dieser
notwendigen Würdigung Impulse ausgehen, die endlich
eine neue Etappe der Gleichstellung der Geschlechter
einleiten.
Die Zeit ist reif – auch in unserer Verantwortung auf
dem Wege nach Europa und in Solidarität zu allen Frau-
en der Welt.
Nun hat das Wort
die Kollegin Ulla Schmidt, SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin!Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin zum Redner-pult gegangen, weil ich noch einmal auf das eingehenwollte, was die Kollegin Lenke gesagt hat. Sie haben zuRecht ausgeführt, daß das, was Marie Juchacz gesagthat, heute noch aktuelle Themen sind. Sie haben zuRecht darauf hingewiesen, daß wir uns deswegen auchmit der Realität auseinandersetzen müssen. Ich glaube,wenn wir aus Anlaß des Internationalen Frauentagesheute diskutieren, dann sollten doch zumindest wirFrauen in diesem Parlament ehrlich miteinander umge-hen.Kollegin Sothmann, wir können über vieles reden.Wir alle wissen, daß es für jede Frau schwierig ist, patri-archalische Strukturen aufzubrechen, tatsächliche Ein-brüche in die Männerwelt vorzunehmen und eine Be-wußtseinsveränderung zu bewirken. Sie könnten hierstehen und sagen: Es gibt eine Bilanz, und diese hat et-was damit zu tun, daß wir nie eine Mehrheit in diesemParlament hatten, um wirklich frauenpolitische Initiati-ven durchzusetzen. Aber so zu tun, als sei die Wirklich-keit gut und alles, was nicht gut sei, müsse eine neueBundesregierung innerhalb von 100 Tagen verbessernund dabei die Gesellschaft umkrempeln, ist nicht mehrehrlich. Auf diese Art und Weise kommen wir überhauptnicht weiter.
Ehrlich ist es, wenn die Kollegin Lenke sagt, daß dieF.D.P. die Förderung von Frauen in der Privatwirt-
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 1971
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schaft, die wir vorhaben, ablehnt. Sie will keine gesetz-liche Reglementierung. Darüber können wir streiten.Wir glauben auf Grund der gesellschaftlichen Erfahrun-gen, daß wir die gesetzlichen Reglementierungen brau-chen; denn diese Gesellschaft hatte jahrelang Zeit, Frau-en freiwillig eine gleichberechtigte Position innerhalbder Wirtschaft einnehmen zu lassen. Wir sind hochquali-fiziert. Ich bin fest davon überzeugt: Der Mangel anFrauen in politischen Führungsämtern, in Spitzenämterndes öffentlichen Dienstes und der privaten Wirtschafthat doch damit zu tun, daß wir im öffentlichen und imwirtschaftlichen Leben noch nicht die Chancen haben,die uns auf Grund unserer Ausbildung und unserer Qua-lifikationen zustehen.Deshalb sage ich: Bei dieser Bundesregierung ändertsich doch das Bild. Seien Sie doch einmal ehrlich: Werhat denn schon einmal gesehen, daß bei einer Frauende-batte so viele auf der Regierungsbank sitzen? Ich nicht,solange ich hier bin.
Welche Regierung hat denn erstmals fünf Ministe-rinnen gestellt? In den fast 50 Jahren BundesrepublikDeutschland hat es insgesamt 16 Ministerinnen gegeben,in der neuen Bundesregierung sind es fünf. Nun kannman zwar sagen, daß es uns immer noch zuwenig ist.Mir ist es auch zuwenig; ich hätte gern die Hälfte. Aberein Drittel ist besser als überhaupt nichts, und zusätzlichsind es noch sieben Parlamentarische Staatssekretärin-nen, erstmals zwei beamtete Staatssekretärinnen undeine stellvertretende Regierungssprecherin.Es bringt uns Frauen aber nicht weiter, uns wechsel-seitig Vorwürfe zu machen. Vielmehr sollten wir hierdeutlich machen, wo wir etwas ändern und etwas in die-ser Gesellschaft aufbrechen müssen. Lassen Sie uns we-nigstens an diesem Tag ehrlich miteinander umgehen.Das, was wir heute bilanzieren, ist auch ein ErgebnisKohlscher Politik, der die Frauen weiterhin vor allenDingen auf die Familie reduzieren und nicht als selb-ständige Personen ansehen wollte, die in der Lage sind,ihre Existenz zu sichern.
Nun hat Frau Pro-
fessor Dr. Rita Süssmuth, CDU/CSU-Fraktion, das
Wort.
Frau Präsidentin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe gerade ge-
dacht: Inzwischen laufen auch zwischen uns die Rituale
ab, die wir als Frauen immer bekämpft haben. Ich glau-
be nicht, daß uns das in der Gesellschaft, aber auch hin-
sichtlich der Kultur, die wir im Parlament pflegen soll-
ten, weiterbringt.
Es geht nicht an, daß jetzt die einen erklären, Helmut
Kohl und seine Regierung seien an allem Schuld, sie
selbst seien aber die allerbesten.
Ich wäre an Ihrer Stelle eben auch ein bißchen vorsichti-
ger gewesen, Frau Niehuis; denn auch Sie haben, bevor
die Regierung gebildet wurde, andere Vorstellungen ge-
habt, als jetzt verwirklicht werden, da die Regierung ge-
bildet worden ist.
Das enthebt uns alle nicht der Selbstkritik. Wir soll-
ten aber aufpassen, daß der Frauentag nicht von uns
selbst zum Ritual gemacht wird.
Gestatten Sie eine
Zwischenfrage der Kollegin Ulla Schmidt, Frau Süss-
muth?
Ja.
Bitte sehr, Frau
Schmidt.
Frau Kollegin Süss-
muth, würden Sie mir zugestehen, daß ich das, was Sie
eben gesagt haben, nicht vorgetragen habe? Ich habe ge-
sagt, es sei ein Anfang gemacht worden, und er sei inso-
fern besser als das, was vorher war. Ich bin damit nicht
zufrieden, und wir Frauen können damit nicht zufrieden
sein, weil wir die Hälfte haben wollen. Aber dann lassen
Sie uns eine ehrliche Bilanz ziehen, statt so zu tun, als
wäre vorher alles gut gewesen. In 100 Tagen kann die
Gesellschaft nicht verändert werden. Das ist ein Unter-
schied zu dem, was Sie jetzt ansprechen.
Liebe Frau Kolle-gin Schmidt, Sie können davon ausgehen, daß CDU-Kolleginnen und CSU-Kolleginnen genauso selbstkri-tisch wie Sie sind
und daß uns nicht im Traum einfällt, zu sagen, es sei al-les gut, wir brauchten nichts mehr zu verändern. An-dernfalls würden wir hier wahrscheinlich auch nicht ste-hen und unsere Forderungen erheben.Trotzdem bleibt richtig, daß wir, obwohl es noch nieso viele Parlamentarierinnen in diesem Deutschen Bun-destag und eine so hohe Zahl von Frauen in der Regie-rung gab wie heute, nicht im Machtzentrum angekom-men sind. Wir haben lediglich mehr Beteiligung er-reicht. Ich glaube, das wird niemand bestreiten.
1910 wurde der Internationale Frauentag ausgerufen.Damals ging es um die Frage Revolution oder Reform.Ulla Schmidt
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1972 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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Damals wurde von Geburtenstreik geredet. Aus denTexten von Clara Zetkin geht hervor, daß sie meilenweitvon jeder bürgerlichen Reform entfernt war. Sie quältesich durch einen Zwanzigstundentag und war davonüberzeugt, daß eine Veränderung nur durch eine Revo-lution erfolgen könne. Gegangen wurde in diesem Jahr-hundert hingegen der Weg der Reformen, wobei ich be-tonen möchte, daß nur wenige Reformen uns Frauenfreiwillig zugestanden wurden. Wenn wir nicht über denKampf zu Regelungen kamen, haben wir weitgehend aufder Stelle gestanden.Dies ist die letzte Debatte zum Frauentag in diesemJahrhundert. Wir sollten uns davor hüten, in Ge-schichtslosigkeit zu verfallen.
Wenn unsere jungen Frauen sagen, der Feminismusliegt hinter uns, wir brauchen ihn nicht mehr, dannmöchte ich das Zitat der Amerikanerin Groult, wie esdiese Woche im „Spiegel“ steht, hier aufnehmen: Wartetab, bis sie in das Arbeitsleben kommen, und sie werdenerfahren, wie sehr nach wie vor Diskriminierungen ge-geben sind.
Deswegen gehört es auch in diese letzte Debatte, de-nen zu danken, die schon Jahre vor uns lange gestrittenhaben.
Man darf nicht sagen, man könne die Generation der„Damaligen“ – viele von uns gehören dazu – vergessen,die hinderten uns nur auf unserem Weg. Ich wünschtemir, daß Demokratie und Beteiligung von Frauennicht dazu führt, daß man immer unpolitischer wird undes einigen wenigen überläßt, sich dafür einzusetzen,sondern daß sich alle Frauen – bei all den Mühen, diezur Demokratie und zur Veränderung gehören – daranbeteiligen. Ich erlebe von heutigen Frauen weit wenigerkämpferisches Engagement, als es diejenigen aufzuwei-sen hatten, die die Frauenfrage wirklich vorangebrachthaben. Das gilt für die erste wie auch für die zweiteFrauenbewegung.Mir ist wichtig – darauf möchte ich in diesen wenigenMinuten noch hinweisen –, daß wir uns auch einmal fra-gen: Warum ist es beispielsweise in einigen nordischenLändern auch ohne Regelverfahren gegangen und beiuns nicht? Warum gibt es eine Reihe von Ländern, dietrotz höherer Erwerbsbeteiligung weniger Geburten-schwund und weniger Probleme damit haben, daß auchKinder zu ihrem Recht kommen und daß auch Berufstä-tige Kinder haben können? Das hat schon eine Mengemit Prioritäten zu tun, die wir in unserem Land gesetzthaben. Ich bin im Unterschied zu einigen anderen derAuffassung – ich sage das auch für meine eigene Frak-tion –: Ohne Quote wären wir noch weniger weit, alswir es jetzt sind. Deswegen bedarf es bei uns der Regel-verfahren.
Warum? – Weil wir in der deutschen Gesellschaft sehrlange gebraucht haben, uns von einem sehr überkomme-nen Frauenbild zu lösen. Dabei haben uns auch die Kir-chen – eigentlich die Hauptförderer der menschlichenPerson – nicht weitergeholfen; vielmehr haben sie vielesbehindert.
Es hat lange gedauert, bis sie Standpunkte von heuteeingenommen haben.Deswegen sind die Hauptfrauenfragen heute nicht dieFragen, die nur die Frauen selbst betreffen. In Problemegeraten die Frauen in aller Regel, wenn sich die Frauen-frage mit der Kinderfrage verbindet. Da wir diesen Kon-flikt nicht gelöst haben, haben wir auch entscheidendeBeteiligungs- und Strategieprobleme nicht gelöst. Des-wegen ist die Vereinbarkeit ein zentrales Problem. Ichsage in diesem Zusammenhang allerdings auch einmal:Der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz mag zuwenig sein – er ist in Deutschland trotzdem sehr spätdurchgesetzt worden.
Das gilt auch für alle Formen der familienfreundli-chen Arbeitszeitregelung. Was den Betrieben alles ein-fällt, wenn sie Führungskräfte benötigen, ist beachtlich.Deswegen würde ich nicht ganz so zögerlich sein. BeiAuszubildenden binden wir das an Auflagen. Bei Frauenist das gleich immer ein gravierendes Problem. So ist esin der Alterssicherung, so ist es in der gerechten Be-wertung der Familienarbeit. Wenn es um Frauen geht,kommt sofort der Einwand: Das ist nicht bezahlbar. – Indieser Gesellschaft ist aber vieles bezahlbar, und wennman Interesse daran hat, geht es auch sehr schnell.Wir mögen die GEW kritisieren, daß sie sagt, wieauch in anderen Ländern sollte die Kinderbetreuunggenauso kostenfrei sein wie die Grundschule und dieweitere Schulausbildung. Aber ist das denn eigentlich soabwegig?
Es ist zur Zeit nicht durchsetzbar; aber wenn wir alleForderungen nur dann stellen würden, wenn sie durch-setzbar sind, dann verändert sich überhaupt nichts.
Dr. Rita Süssmuth
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 1973
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Deswegen sage ich noch einmal: Wir haben es mitzwei zentralen Problemen zu tun; eines davon ist dasVereinbarkeitsproblem. Wir sollten bitte zur Kenntnisnehmen – Frau Niehuis hat schon die Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung thematisiert -: Es geht nicht mehrdarum, daß wir ein Modell für alle schaffen. Es gibt un-terschiedliche Lebensoptionen. Wir brauchen mehr Fle-xibilität beim Erziehungsgeld, wir brauchen eine Auf-wertung der Familienarbeit, und wir brauchen eine bes-sere Vereinbarkeit auch und gerade hinsichtlich derKinderbetreuung. Das kann nicht nur eine Aufgabe desStaates sein, sondern das ist eine Aufgabe der Ge-samtgesellschaft. Dazu gehören die Unternehmen. Eskann nicht sein, daß alle Sozialaufgaben Aufgabe desStaates sind und das Wirtschaften die einzige Frage ist,die die Unternehmen interessiert; vielmehr gehören diebeiden zusammen.
Ich wünsche mir darüber hinaus, daß wir – das isteben zu Recht von der Kollegin aus der F.D.P. genanntworden – das Internationale nicht aus dem Blick verlie-ren. Frauenrechte und Menschenrechte gehören zu-sammen. Ich bin sehr froh, daß wir gerade in den Berei-chen Gewalt, Pornographie, sexuelle Mißhandlung undFrauenhandel fraktionsübergreifend gearbeitet haben.Kulturen können sich nicht darauf zurückziehen, daß eseine kulturelle Eigenart sei, wenn Menschenrechte mas-siv verletzt werden. Ich nenne das Beispiel der Be-schneidung.
Ich wünsche mir, daß aus dem Gleichstellungspro-gramm nicht nur so etwas wie ein Verordnungspro-gramm für Männer wird, sondern daß die Männer ange-sichts der Veränderungen, die sich bei Frauen in hohemMaße vollzogen haben, endlich begreifen, daß darin eineChance liegt; denn wenn sie es nicht für sich selbst an-nehmen, dann stehen sie ihrer eigenen Entwicklung imWeg.
Ich glaube, daß es nur einen einzigen Weg gibt: Wir dür-fen in der Sozial- und Familienpolitik nicht länger Frau-enlösungen schaffen, sondern müssen nach Lösungensuchen, die für Männer und Frauen akzeptabel sind. An-ders werden wir es nicht schaffen.Ich danke Ihnen.
Das Wort hat die
Kollegin Hanna Wolf von der SPD-Fraktion.
Herr Präsident!Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Süss-muth, Sie haben gefragt, warum es in Deutschland nichtso wie in den skandinavischen Ländern ist. Die Antworthaben die Wählerinnen und Wähler beim letztenmal ge-geben:
weil die alte Bundesregierung nur Forderungen gestellthat und keine Taten hat folgen lassen. Das hat sich dannim Wahlergebnis ausgedrückt. Die Kohl-Regierungwurde abgewählt.
Wir haben heute auch die Aufgabe, in dieser Debattezu sagen, was die neue Bundesregierung will. Dazuwerde ich einige Ausführungen machen.Frauen wollen keine Frauenecke reserviert bekom-men. Sie wollen, daß Gesellschaftspolitik gemacht wird.Das wollen wir heute in der Debatte unterstreichen. Ichwill gleich mit dem für die Union heißesten Eisen be-ginnen, mit dem, was Sie Schutz von Ehe und Familienennen. Frau Eichhorn und Frau Rönsch – Frau Rönschist da; Frau Eichhorn sehe ich nicht; aber ich wendemich auch an sie;
– ich will es gar nicht kritisieren; ich sage nur, daß ichsie jetzt beide anspreche –, Sie haben familienpolitischeLeitlinien erstellt. Dazu kann ich nur sagen: Wenn daskeine Ideologie ist, dann weiß ich nicht mehr, wasIdeologie ist.
Mit Ihren Vorstellungen zementieren Sie Ungleichheit;letztendlich zerstören Sie auch Familien. Sie erwähnenEhe und Familie immer in einem Atemzug. Daraus ent-stehen viele Ihrer Denkfehler; denn nicht alle Ehepaarehaben Kinder. Selbstverständlich werden wir sowohl dieEhe als auch die Familie schützen. Die Frage aber ist:Welcher Schutz ist notwendig? Was gewährt Schutz?Welche vermeintlich schützenden Maßnahmen verkeh-ren sich ins Gegenteil?Wo steht in der Verfassung geschrieben, daß sich al-lein der Trauschein in massiven fiskalischen Privilegien,also in Mark und Pfennig der Steuerzahler, ausdrückenmuß?
Diese Privilegien sind um so höher, je größer die Un-gleichheit der Ehepartner ist. Das heißt, das Allein-verdienerehepaar wird staatlich am höchsten subven-tioniert. Ein Spitzenverdiener kann da mehr als20 000 DM sparen. Man kann sich ausrechnen, daß derMann – er ist es ja meistens – dann kein Interesse da-ran hat, daß seine Frau, die ihm auch noch den Rückenfreihält, erwerbstätig wird. Das sind Abhängigkeits-strukturen in einer Ehe, die auch der Ehe nicht guttunkönnen.Dr. Rita Süssmuth
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1974 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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Insoweit widersprechen sich zwei Verfassungsgebote:das Gleichberechtigungsgebot nach Art. 3 und derSchutz der Ehe nach Art. 6 des Grundgesetzes. EinSteuerrecht, das auf Abhängigkeitsstrukturen baut, ver-festigt persönliche und gesellschaftliche Ungleichheit.Das Steuerrecht kann zwar nicht alles heilen, aber essollte zumindest nicht alles verderben. Deshalb müssenwir beim Steuerrecht ansetzen, um die gesellschaftlicheUngleichheit von Männern und Frauen endlich zu korri-gieren.
Nun behauptet die Union, wir wollten das Ehegat-tensplitting ersatzlos streichen. Anders sind die Vor-würfe, wir würden damit Familien und Kinder benach-teiligen, nicht zu verstehen. Wir wollen aber genau dasGegenteil: Wir wollen nämlich eine Umschichtung zu-gunsten der Familien. Familie definieren wir bekann-termaßen als das Zusammenleben von Erwachsenen mitKindern, egal ob mit oder ohne Trauschein. Es geht ein-fach um die Kinder.
Ihre Politik war es doch, die die Quittung des Bun-desverfassungsgerichtes bekommen hat. AusgerechnetSie haben verheiratete Eltern im Steuerrecht benach-teiligt. Weder der Betreuungsbedarf noch der Er-ziehungsbedarf der Kinder wurde für verheirateteEltern angemessen berücksichtigt. Wir wollen dieVorgaben des Bundesverfassungsgerichtes umset-zen.Die Union behauptet, wir würden Frauen keineWahlfreiheit lassen. Wie sieht denn diese Wahlfreiheitaus? Für Männer ist es selbstverständlich, daß sie be-rufstätig sind. Bei Frauen wird dies nur hingenommen,wenn sie keine Familie haben. Die Wahlfreiheit ist fürFrauen also sehr eingeschränkt. Daneben drückt sichdiese Benachteiligung noch in der unterschiedlichen Be-zahlung aus.Das Verfassungsgericht spricht eine andere Sprache.Die Frau Staatssekretärin hat den entsprechenden Satzschon zitiert. Aber auch ich möchte ihn erwähnen, weiler für mich eine Aufforderung an dieses Parlament ist,etwas zu ändern:Der Staat hat ... dafür Sorge zu tragen, daß es Elterngleichermaßen möglich ist, teilweise und zeitweiseauf eine eigene Erwerbsarbeit zugunsten der per-sönlichen Betreuung ihrer Kinder zu verzichten wieauch Familientätigkeit und Erwerbsarbeit miteinan-der zu verbinden.Dieser Punkt führt zur Wahlfreiheit, wenn er im Steuer-recht berücksichtigt wird.
Beide Elternteile sind also beim Betreuungs- und Erzie-hungsbedarf gemeint.Welche Möglichkeiten der Betreuung hat denn dieletzte Regierung den Eltern geboten? Wo ist die päd-agogisch attraktive und ausreichende öffentliche Infra-struktur für die Kinderbetreuung?
– Ich wußte, daß jetzt der Hinweis auf die Länderkommt. So einfach kann es sich das Parlament abernicht machen. Wir waren ehrlicher und haben in denKoalitionsvertrag geschrieben, daß wir uns verpflichtetfühlen, die öffentlichen Einrichtungen für Kinderbetreu-ung mit zu stützen. Bis jetzt hat noch keine Bundesre-gierung zugegeben, daß sie etwas für die Versorgungund damit für die Erfüllung dieses Verfassungsauftragestun muß.
Man kann wirklich sagen, daß die Union und dieF.D.P. die Kinderbetreuung und -erziehung privatisierthaben. Sie haben gerade die Mütter allein gelassen. Wirwollen, daß Frauen genauso selbstverständlich am Er-werbsleben teilhaben wie Männer. Frau Süssmuth, wirwollen wenigstens den Standard erreichen, den die übri-gen Industrieländer schon erreicht haben. Deshalb müs-sen wir in diesem Bereich tätig werden.Wir wollen ein Steuerrecht, das die Familien stärktund die Berufstätigkeit von Frauen unterstützt, einGleichstellungsgesetz auch für die Privatwirtschaft, dasseinen Namen verdient. Gerade dort muß die Gleich-stellung unterstützt werden. Wir werden ein Gesetz mitder Wirtschaft, nicht gegen die Wirtschaft machen. Siewerden sich noch wundern.
Wir wollen Elternurlaub und Elterngeld und auch denRechtsanspruch auf Teilzeitarbeit endlich umsetzen.Dies ist nicht nur für die Frauen, sondern auch für dieMänner attraktiv.Zum Schluß muß ich noch ein Thema ansprechen,das wir alle gemeinsam aufgegriffen und wofür wir unseingesetzt haben. Wir wollen Gewalt überall bekämp-fen, nicht nur dort, wo sie sichtbar ist. Frau Eichhornund Frau Rönsch, in diesem Zusammenhang muß ichSie leider ansprechen. Wir haben mit großer Mehrheit,also mit Stimmen aus allen Fraktionen, in diesem Par-lament endlich ein Gesetz verabschiedet, das die Ver-gewaltigung in der Ehe genauso bestraft wie die Verge-waltigung außerhalb der Ehe.
Sie, Frau Rönsch und Frau Eichhorn, haben mit Neingestimmt. Daher frage ich mich: Ist Ihre AuffassungHanna Wolf
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noch glaubwürdig, daß Sie die Opfer und nicht die Täterschützen wollen?
Ehrlicherweise muß man im Rahmen einer Debatte überGewalt auch dieses Abstimmungsverhalten erwähnen.Bei der Bekämpfung der Gewalt werden die Justiz-ministerin und die Frauenministerin sehr eng zusam-menarbeiten. Wir brauchen einen nationalen Aktions-plan, der sich gegen Gewalt gegen Frauen richtet. Frau-enhäuser bleiben zwar unverzichtbar; allerdings dürfenSchutzwohnungen und Frauenhäuser nicht Langzeit-aufenthaltsräume für Frauen sein.Wir wollen endlich ein Gesetz schaffen, mit dem er-reicht werden kann, daß Frauen mit Kindern, die Gewaltausgesetzt waren, die gemeinsame Wohnung zugewie-sen bekommen. Der Täter soll die gemeinsame Woh-nung verlassen, nicht mehr die Opfer, nicht mehr dieFrauen mit den Kindern.
Das haben wir lange in diesem Parlament eingefordert.Sie haben es nicht durchgesetzt. Wir werden es durch-setzen.Wir werden den Frauen- und Kinderhandel verstärktbekämpfen. Hierin waren wir uns immer einig. Aber wirmüssen dafür auch die Mehrheiten haben. Jetzt habenwir endlich die Mehrheit, um das Problem angehen zukönnen.
Wir wollen auch das Zeugenschutzprogramm ange-hen, um damit den Menschenhandel endlich auch ge-richtlich verfolgen zu können. Dazu gehört, daß wir dieAbschiebung von Frauen, die Opfer des Menschenhan-dels geworden sind, aussetzen, damit sie als Zeugenüberhaupt zur Verfügung stehen. Wenn wir das nichtmachen, schützen wir wieder die Täter.Wir werden – ich freue mich, daß die F.D.P. hiermitmacht – endlich die rechtliche und soziale Situationvon Prostituierten verbessern. Die in diesem Bereichherrschende Doppelmoral ist schon lange unerträglich.Alle Fraktionen haben zu diesem Thema immer sehrengagiert geredet. Nur zur Abstimmung ist es nicht ge-kommen. Auch das hat die alte Regierung nicht ge-schafft. Wir werden das machen.
Sie machen lieber Unterschriftsaktionen, damit Sie sa-gen können, daß Sie sich mehr um dieses Thema als umandere kümmern wollen. Das ist Ihr altes Strickmuster:Hier so reden und draußen Unterschriften sammeln.Wir werden die Härtefallklausel im Ausländerrecht sogestalten, daß die Opfer durch den entsprechenden Para-graphen geschützt werden und nicht die Täter. Deshalbwerden wir die allgemeine Wartefrist von vier auf zweiJahre herabsetzen und die Ausführungsführungsbestim-mungen der Härtefallklausel so gestalten, daß die Opfertatsächlich hierbleiben können.Zum Schluß noch ein Wort zur Abtreibungsproble-matik. Wir haben auch hier nach vielen Jahrzehnten desRingens eine abschließende Regelung getroffen. Nun hatauch die Mehrheit der deutschen katholischen Bischöfebeschlossen, in der Beratung zu bleiben. Das begrüßenwir. Ob der Papst dies akzeptieren wird, wissen wirnicht. Fest steht jedoch, daß nicht Rom der deutsche Ge-setzgeber ist. Wir werden also die Frauen nicht im Stichlassen und Gesetze erlassen, mit denen der Anspruch derFrauen auf Gleichberechtigung in diesem Land auchverwirklicht werden kann.Vielen Dank.
Ich schließe dieAussprache und danke insbesondere den Männern, diean dieser Debatte teilgenommen haben.Bevor wir in der Tagesordnung fortfahren, darf ichdas von den Schriftführerinnen und Schriftführern er-mittelte Ergebnis zweier namentlicher Abstimmun-gen bekanntgeben. Namentliche Abstimmung Nr. 7. Eshandelt sich hier um den F.D.P.- Entschließungsantrag,Drucksache 14/465. Abgegebene Stimmen 589. Mit Jahaben gestimmt 276, mit Nein haben gestimmt 313,Enthaltungen keine. Der Entschließungsantrag ist abge-lehnt.Endgültiges ErgebnisAbgegebene Stimmen: 587;davonja: 276nein: 311JaCDU/CSUUlrich AdamIlse AignerPeter AltmaierNorbert BarthleDr. Wolf BauerGünter BaumannBrigitte BaumeisterMeinrad BelleDr. Sabine Bergmann-PohlOtto BernhardtHans-Dirk BierlingDr. Joseph-Theodor BlankRenate BlankDr. Heribert BlensPeter BleserDr. Norbert BlümFriedrich BohlDr. Maria BöhmerSylvia BonitzWolfgang Börnsen
Wolfgang BosbachDr. Wolfgang BötschKlaus BrähmigDr. Ralf BrauksiepePaul BreuerMonika BrudlewskyGeorg BrunnhuberKlaus Bühler
Hartmut Büttner
Peter H. Carstensen
Leo DautzenbergWolfgang DehnelHubert DeittertAlbert DeßThomas DörflingerHansjürgen DossMarie-Luise DöttRainer EppelmannAnke EymerIlse FalkDr. Hans Georg FaustUlf FinkHanna Wolf
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1976 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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Ingrid FischbachDirk Fischer
Dr. Gerhard Friedrich
Dr. Hans-Peter Friedrich
Erich G. FritzJochen-Konrad FrommeDr. Jürgen GehbNorbert GeisDr. Heiner GeißlerGeorg GirischDr. Reinhard GöhnerDr. Wolfgang GötzerKurt-Dieter GrillHermann GröheManfred GrundGottfried Haschke
Gerda HasselfeldtNorbert Hauser
Hansgeorg Hauser
Klaus-Jürgen HedrichUrsula HeinenManfred HeiseSiegfried HeliasErnst HinskenPeter HintzeKlaus HofbauerMartin HohmannKlaus HoletschekJosef HollerithDr. Karl-Heinz HornhuesSiegfried HornungJoachim HörsterHubert HüppeGeorg JanovskyDr.-Ing. Rainer JorkDr. Harald KahlDr. Dietmar KansyManfred KantherIrmgard KarwatzkiVolker KauderEckart von KlaedenUlrich KlinkertDr. Helmut KohlNorbert KönigshofenEva-Maria KorsHartmut KoschykRudolf KrausDr. Paul KrügerDr. Hermann KuesKarl LamersDr. Karl A. Lamers
Dr. Norbert LammertDr. Paul LaufsKarl-Josef LaumannVera LengsfeldWerner LensingPeter LetzgusUrsula LietzWalter Link
Eduard LintnerDr. Klaus Lippold
Dr. Manfred LischewskiWolfgang Lohmann
Julius LouvenDr. Michael LutherErich Maaß
Erwin MarschewskiDr. Martin Mayer
Wolfgang MeckelburgDr. Michael MeisterFriedrich MerzHans MichelbachMeinolf MichelsDr. Gerd MüllerBernward Müller
Elmar Müller
Bernd Neumann
Claudia NolteGünter NookeFranz ObermeierFriedhelm OstEduard OswaldNorbert Otto
Dr. Peter PaziorekAnton PfeiferDr. Friedbert PflügerBeatrix PhilippRonald PofallaRuprecht PolenzMarlies PretzlaffDr. Bernd ProtznerDieter PützhofenThomas RachelHans RaidelDr. Peter RamsauerPeter RauenChrista Reichard
Katherina ReicheErika ReinhardtHans-Peter RepnikKlaus RiegertDr. Heinz RiesenhuberFranz RomerHannelore Rönsch
Heinrich-Wilhelm RonsöhrDr. Klaus RoseKurt RossmanithNorbert RöttgenDr. Christian RuckDr. Jürgen RüttgersAnita SchäferDr. Wolfgang SchäubleHartmut SchauerteHeinz SchemkenKarl-Heinz ScherhagGerhard ScheuNorbert SchindlerDietmar SchleeChristian Schmidt
Dr.-Ing. Joachim Schmidt
Andreas Schmidt
Hans Peter Schmitz
Birgit Schnieber-JastramDr. Andreas SchockenhoffDr. Rupert ScholzDr. Erika SchuchardtWolfgang SchulhoffDiethard W. Schütze
Clemens SchwalbeDr. Christian Schwarz-SchillingWilhelm-Josef SebastianHorst SeehoferHeinz SeiffertRudolf SeitersBernd SiebertWerner SiemannBärbel SothmannMargarete SpäteCarl-Dieter SprangerErika SteinbachAndreas StormDorothea Störr-RitterMax StraubingerMatthäus StreblThomas StroblMichael StübgenDr. Rita SüssmuthDr. Susanne TiemannEdeltraut TöpferDr. Hans-Peter UhlGunnar UldallArnold VaatzAndrea VoßhoffPeter Weiß
Gerald Weiß
Annette Widmann-MauzHeinz Wiese
Hans-Otto Wilhelm
Klaus-Peter WillschWilly Wimmer
Matthias WissmannWerner WittlichDagmar WöhrlElke WülfingPeter Kurt WürzbachWolfgang ZeitlmannBenno ZiererWolfgang ZöllerF.D.P.Hildebrecht Braun
Rainer BrüderleErnst BurgbacherJörg van EssenUlrike FlachGisela FrickPaul K. FriedhoffHorst Friedrich
Rainer FunkeDr. Wolfgang GerhardtHans-Michael GoldmannJoachim Günther
Dr. Karlheinz GuttmacherKlaus HauptUlrich HeinrichWalter HircheDr. Klaus KinkelDr. Heinrich L. KolbGudrun KoppIna LenkeSabine Leutheusser-SchnarrenbergerJürgen W. MöllemannDirk NiebelGünter Friedrich NoltingHans-Joachim Otto
Detlef ParrCornelia PieperDr. Edzard Schmidt-JortzigGerhard SchüßlerDr. Irmgard SchwaetzerMarita SehnDr. Hermann Otto SolmsDr. Max StadlerCarl-Ludwig ThieleDr. Dieter ThomaeJürgen TürkPDSMonika BaltPetra BlässMaritta BöttcherEva Bulling-SchröterRoland ClausHeidemarie EhlertDr. Heinrich FinkDr. Ruth FuchsFred GebhardtWolfgang Gehrcke-ReymannDr. Klaus GrehnDr. Gregor GysiDr. Barbara HöllCarsten HübnerSabine JüngerDr. Evelyn KenzlerDr. Heidi Knake-WernerRolf KutzmutzUrsula LötzerHeidemarie LüthAngela MarquardtManfred Müller
Kersten NaumannRosel NeuhäuserPetra PauDr. Uwe-Jens RösselChristina SchenkGustav-Adolf SchurDr. Ilja SeifertNeinSPDBrigitte AdlerRainer ArnoldHermann BachmaierErnst BahrDoris BarnettDr. Hans-Peter BartelsEckhardt Barthel
Klaus Barthel
Wolfgang BehrendtDr. Axel BergHans-Werner BertlFriedhelm Julius BeucherPetra BierwirthRudolf BindigLothar Binding
Kurt BodewigKlaus BrandnerAnni Brandt-ElsweierWilli BraseVizepräsident Rudolf Seiters
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 1977
(C)
(D)
Dr. Eberhard BrechtRainer Brinkmann
Bernhard Brinkmann
Hans-Günter BruckmannUrsula BurchardtDr. Michael BürschHans Martin BuryHans Büttner
Marion Caspers-MerkWolf-Michael CatenhusenDr. Peter Wilhelm DanckertDr. Herta Däubler-GmelinChristel DeichmannKarl DillerPeter DreßenRudolf DreßlerDetlef DzembritzkiDieter DzewasDr. Peter EckardtSebastian EdathyLudwig EichMarga ElserPeter EndersGernot ErlerPetra ErnstbergerAnnette FaßeLothar Fischer
Gabriele FograscherIris FollakNorbert FormanskiRainer FornahlHans ForsterDagmar FreitagPeter Friedrich
Lilo Friedrich
Harald FrieseAnke Fuchs
Arne FuhrmannMonika GanseforthKonrad GilgesIris GleickeGünter GloserUwe GöllnerRenate GradistanacGünter Graf
Angelika Graf
Dieter GrasedieckMonika GriefahnAchim GroßmannKarl-Hermann Haack
Hans-Joachim HackerChristel HanewinckelAlfred HartenbachAnke HartnagelNina HauerHubertus HeilReinhold HemkerFrank HempelRolf HempelmannDr. Barbara HendricksGustav HerzogMonika HeubaumUwe HikschReinhold Hiller
Stephan HilsbergGerd HöferJelena Hoffmann
Walter Hoffmann
Frank Hofmann
Ingrid HolzhüterEike HovermannChristel HummeLothar IbrüggerBarbara ImhofBrunhilde IrberGabriele IwersenRenate JägerJann-Peter JanssenIlse JanzDr. Uwe JensVolker Jung
Johannes KahrsUlrich KasparickSabine KaspereitSusanne KastnerHans-Peter KemperKlaus KirschnerMarianne KlappertHans-Ulrich KloseWalter KolbowFritz Rudolf KörperKarin KortmannAnette KrammeNicolette KresslAngelika Krüger-LeißnerHorst KubatschkaErnst KüchlerHelga Kühn-MengelUte KumpfKonrad KunickDr. Uwe KüsterWerner LabschOskar LafontaineChristine LambrechtBrigitte LangeChristian Lange
Detlev von LarcherChristine LehderRobert LeidingerKlaus LennartzEckhart LeweringGötz-Peter Lohmann
Erika LotzDr. Christine LucygaDieter Maaß
Winfried ManteDirk ManzewskiTobias MarholdUlrike MascherChristoph MatschieIngrid Matthäus-MaierHeide MattischeckMarkus MeckelUlrike MehlUlrike MertenAngelika MertensDr. Jürgen Meyer
Ursula MoggChristoph MoosbauerSiegmar MosdorfMichael Müller
Jutta Müller
Christian Müller
Franz MünteferingAndrea NahlesVolker Neumann
Gerhard Neumann
Dr. Edith NiehuisDietmar NietanGünter OesinghausEckhard OhlLeyla OnurManfred OpelHolger OrtelAdolf OstertagKurt PalisAlbrecht PapenrothDr. Willfried PennerDr. Martin PfaffGeorg PfannensteinJohannes PflugDr. Eckhart PickJoachim PoßKarin Rehbock-ZureichMargot von RenesseRenate RennebachBernd ReuterDr. Edelbert RichterReinhold RobbeRené RöspelDr. Ernst Dieter RossmannMichael Roth
Birgit Roth
Thomas SauerDr. Hansjörg SchäferGudrun Schaich-WalchRudolf ScharpingBernd ScheelenDr. Hermann ScheerHorst SchildOtto SchilyDieter SchlotenHorst Schmidbauer
Ulla Schmidt
Silvia Schmidt
Dagmar Schmidt
Wilhelm Schmidt
Regina Schmidt-ZadelHeinz Schmitt
Olaf ScholzKarsten SchönfeldOttmar SchreinerGerhard SchröderGisela SchröterDr. Mathias SchubertRichard Schuhmann
Brigitte Schulte
Reinhard Schultz
Volkmar Schultz
Ilse SchumannDr. R. Werner SchusterDr. Angelica Schwall-DürenErnst SchwanholdRolf SchwanitzBodo SeidenthalErika SimmDr. Sigrid Skarpelis-SperkDr. Cornelie Sonntag-WolgastWieland SorgeWolfgang SpanierDr. Margrit SpielmannJörg-Otto SpillerDr. Ditmar StaffeltLudwig StieglerRolf StöckelRita Streb-HesseDr. Peter StruckJoachim StünkerJoachim TappeJörg TaussJella TeuchnerDr. Gerald ThalheimWolfgang ThierseFranz ThönnesAdelheid TröscherRüdiger VeitGünter VerheugenSimone ViolkaUte Vogt
Hedi WegenerWolfgang WeiermannReinhard Weis
Matthias WeisheitGert Weisskirchen
Dr. Ernst Ulrich vonWeizsäckerHans-Joachim WeltDr. Rainer WendHildegard WesterLydia WestrichInge Wettig-DanielmeierDr. Margrit WetzelDr. Norbert WieczorekHelmut Wieczorek
Jürgen Wieczorek
Heidemarie Wieczorek-ZeulDieter WiefelspützHeino Wiese
Klaus WiesehügelBrigitte Wimmer
Engelbert WistubaBarbara WittigDr. Wolfgang WodargVerena WohllebenHanna Wolf
Waltraud Wolff
Heidemarie WrightUta ZapfDr. Christoph ZöpelPeter ZumkleyBÜNDNIS 90/DIE GRÜNENGila Altmann
Marieluise Beck
Volker Beck
Angelika BeerAnnelie BuntenbachEkin DeligözDr. Thea DückertFranziska Eichstädt-BohligDr. Uschi EidHans-Josef FellAndrea Fischer
Joseph Fischer
Vizepräsident Rudolf Seiters
Metadaten/Kopzeile:
1978 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
(C)
Katrin Göring-EckardtRita GrießhaberWinfried HermannKristin HeyneUlrike HöfkenMichaele HustedtMonika KnocheDr. Angelika Köster-LoßackSteffi LemkeDr. Helmut LippeltDr. Reinhard LoskeKlaus Wolfgang Müller
Kerstin Müller
Winfried NachtweiChrista NickelsCem ÖzdemirSimone ProbstClaudia Roth
Christine ScheelIrmingard Schewe-GerigkRezzo SchlauchAlbert Schmidt
Werner Schulz
Christian SimmertChristian SterzingHans-Christian StröbeleJürgen TrittinDr. Antje VollmerSylvia VoßHelmut Wilhelm
Margareta Wolf
Entschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen Versammlungendes Europarates und der WEU, der NAV, der OSZE oder der IPUAbgeordnete(r)Lörcher, Christa, SPD von Schmude, Michael, CDU/CSUNamentliche Abstimmung Nr. 8. Es handelt sich hierum den Entschließungsantrag der PDS, Drucksachen14/442 und 14/451. Abgegebene Stimmen 587. Mit Jahaben gestimmt 30,
mit Nein haben gestimmt 557, Enthaltungen keine. DerEntschließungsantrag ist ebenfalls abgelehnt.Endgültiges ErgebnisAbgegebene Stimmen: 585;davonja: 30nein: 555JaF.D.P.Dr. Helmut HaussmannPDSMonika BaltPetra BlässMaritta BöttcherEva Bulling-SchröterRoland ClausHeidemarie EhlertDr. Heinrich FinkDr. Ruth FuchsFred GebhardtWolfgang Gehrcke-ReymannDr. Klaus GrehnDr. Gregor GysiDr. Barbara HöllCarsten HübnerSabine JüngerDr. Evelyn KenzlerDr. Heidi Knake-WernerRolf KutzmutzUrsula LötzerHeidemarie LüthAngela MarquardtManfred Müller
Kersten NaumannRosel NeuhäuserPetra PauDr. Uwe-Jens RösselChristina SchenkGustav-Adolf SchurDr. Ilja SeifertNeinSPDBrigitte AdlerGerd AndresRainer ArnoldHermann BachmaierErnst BahrDoris BarnettDr. Hans-Peter BartelsEckhardt Barthel
Klaus Barthel
Wolfgang BehrendtDr. Axel BergHans-Werner BertlFriedhelm Julius BeucherPetra BierwirthRudolf BindigLothar Binding
Kurt BodewigKlaus BrandnerAnni Brandt-ElsweierWilli BraseDr. Eberhard BrechtRainer Brinkmann
Bernhard Brinkmann
Hans-Günter BruckmannUrsula BurchardtDr. Michael BürschHans Martin BuryHans Büttner
Marion Caspers-MerkWolf-Michael CatenhusenDr. Peter Wilhelm DanckertDr. Herta Däubler-GmelinChristel DeichmannKarl DillerPeter DreßenRudolf DreßlerDetlef DzembritzkiDieter DzewasDr. Peter EckardtSebastian EdathyLudwig EichMarga ElserPeter EndersGernot ErlerPetra ErnstbergerAnnette FaßeLothar Fischer
Gabriele FograscherIris FollakNorbert FormanskiRainer FornahlHans ForsterDagmar FreitagPeter Friedrich
Lilo Friedrich
Harald FrieseAnke Fuchs
Arne FuhrmannMonika GanseforthKonrad GilgesIris GleickeGünter GloserUwe GöllnerRenate GradistanacGünter Graf
Angelika Graf
Dieter GrasedieckMonika GriefahnAchim GroßmannKarl-Hermann Haack
Hans-Joachim HackerChristel HanewinckelAlfred HartenbachAnke HartnagelNina HauerHubertus HeilReinhold HemkerFrank HempelRolf HempelmannGustav HerzogMonika HeubaumUwe HikschReinhold Hiller
Stephan HilsbergGerd HöferJelena Hoffmann
Walter Hoffmann
Frank Hofmann
Ingrid HolzhüterEike HovermannChristel HummeLothar IbrüggerBarbara ImhofBrunhilde IrberGabriele IwersenRenate JägerJann-Peter JanssenIlse JanzDr. Uwe JensVolker Jung
Johannes KahrsUlrich KasparickSabine KaspereitSusanne KastnerHans-Peter KemperKlaus KirschnerMarianne KlappertHans-Ulrich KloseWalter KolbowFritz Rudolf KörperKarin KortmannAnette KrammeNicolette KresslAngelika Krüger-LeißnerHorst KubatschkaErnst KüchlerHelga Kühn-MengelUte KumpfKonrad KunickDr. Uwe KüsterWerner LabschOskar LafontaineChristine LambrechtBrigitte LangeChristian Lange
Vizepräsident Rufolf Seiters
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 1979
(C)
(D)
Detlev von LarcherChristine LehderRobert LeidingerKlaus LennartzEckhart LeweringGötz-Peter Lohmann
Erika LotzDr. Christine LucygaDieter Maaß
Winfried ManteDirk ManzewskiTobias MarholdUlrike MascherChristoph MatschieIngrid Matthäus-MaierHeide MattischeckMarkus MeckelUlrike MehlUlrike MertenAngelika MertensDr. Jürgen Meyer
Ursula MoggChristoph MoosbauerSiegmar MosdorfMichael Müller
Jutta Müller
Christian Müller
Franz MünteferingAndrea NahlesVolker Neumann
Gerhard Neumann
Dr. Edith NiehuisDietmar NietanGünter OesinghausEckhard OhlLeyla OnurManfred OpelHolger OrtelAdolf OstertagKurt PalisAlbrecht PapenrothDr. Willfried PennerDr. Martin PfaffGeorg PfannensteinJohannes PflugDr. Eckhart PickJoachim PoßKarin Rehbock-ZureichMargot von RenesseRenate RennebachBernd ReuterDr. Edelbert RichterReinhold RobbeRené RöspelDr. Ernst Dieter RossmannMichael Roth
Birgit Roth
Thomas SauerDr. Hansjörg SchäferGudrun Schaich-WalchRudolf ScharpingBernd ScheelenDr. Hermann ScheerHorst SchildOtto SchilyDieter SchlotenHorst Schmidbauer
Ulla Schmidt
Silvia Schmidt
Dagmar Schmidt
Wilhelm Schmidt
Regina Schmidt-ZadelHeinz Schmitt
Olaf ScholzKarsten SchönfeldFritz SchösserGerhard SchröderGisela SchröterDr. Mathias SchubertRichard Schuhmann
Brigitte Schulte
Reinhard Schultz
Volkmar Schultz
Ilse SchumannDr. R. Werner SchusterDr. Angelica Schwall-DürenErnst SchwanholdBodo SeidenthalErika SimmDr. Sigrid Skarpelis-SperkDr. Cornelie Sonntag-WolgastWieland SorgeWolfgang SpanierDr. Margrit SpielmannJörg-Otto SpillerDr. Ditmar StaffeltLudwig StieglerRolf StöckelRita Streb-HesseDr. Peter StruckJoachim StünkerJoachim TappeJörg TaussJella TeuchnerDr. Gerald ThalheimWolfgang ThierseFranz ThönnesAdelheid TröscherRüdiger VeitGünter VerheugenSimone ViolkaUte Vogt
Hedi WegenerWolfgang WeiermannReinhard Weis
Matthias WeisheitGert Weisskirchen
Dr. Ernst Ulrich vonWeizsäckerHans-Joachim WeltDr. Rainer WendHildegard WesterLydia WestrichInge Wettig-DanielmeierDr. Margrit WetzelDr. Norbert WieczorekHelmut Wieczorek
Jürgen Wieczorek
Heidemarie Wieczorek-ZeulDieter WiefelspützHeino Wiese
Klaus WiesehügelBrigitte Wimmer
Engelbert WistubaBarbara WittigDr. Wolfgang WodargVerena WohllebenHanna Wolf
Waltraud Wolff
Heidemarie WrightUta ZapfDr. Christoph ZöpelPeter ZumkleyCDU/CSUUlrich AdamIlse AignerPeter AltmaierNorbert BarthleDr. Wolf BauerGünter BaumannBrigitte BaumeisterMeinrad BelleDr. Sabine Bergmann-PohlOtto BernhardtHans-Dirk BierlingDr. Joseph-Theodor BlankRenate BlankDr. Heribert BlensPeter BleserDr. Norbert BlümFriedrich BohlDr. Maria BöhmerSylvia BonitzWolfgang Börnsen
Wolfgang BosbachDr. Wolfgang BötschKlaus BrähmigDr. Ralf BrauksiepePaul BreuerMonika BrudlewskyGeorg BrunnhuberKlaus Bühler
Hartmut Büttner
Cajus CaesarPeter H. Carstensen
Leo DautzenbergWolfgang DehnelHubert DeittertAlbert DeßThomas DörflingerHansjürgen DossMarie-Luise DöttRainer EppelmannAnke EymerIlse FalkDr. Hans Georg FaustUlf FinkIngrid FischbachDirk Fischer
Dr. Gerhard Friedrich
Dr. Hans-Peter Friedrich
Erich G. FritzJochen-Konrad FrommeDr. Jürgen GehbNorbert GeisDr. Heiner GeißlerGeorg GirischDr. Reinhard GöhnerDr. Wolfgang GötzerKurt-Dieter GrillHermann GröheManfred GrundGottfried Haschke
Gerda HasselfeldtNorbert Hauser
Hansgeorg Hauser
Klaus-Jürgen HedrichUrsula HeinenManfred HeiseSiegfried HeliasErnst HinskenPeter HintzeKlaus HofbauerMartin HohmannKlaus HoletschekJosef HollerithDr. Karl-Heinz HornhuesSiegfried HornungJoachim HörsterHubert HüppeGeorg JanovskyDr.-Ing. Rainer JorkDr. Harald KahlDr. Dietmar KansyManfred KantherIrmgard KarwatzkiVolker KauderEckart von KlaedenUlrich KlinkertDr. Helmut KohlNorbert KönigshofenEva-Maria KorsHartmut KoschykRudolf KrausDr. Paul KrügerDr. Hermann KuesKarl LamersDr. Karl A. Lamers
Dr. Norbert LammertDr. Paul LaufsKarl-Josef LaumannVera LengsfeldWerner LensingPeter LetzgusUrsula LietzWalter Link
Eduard LintnerDr. Klaus Lippold
Dr. Manfred LischewskiWolfgang Lohmann
Julius LouvenDr. Michael LutherErich Maaß
Erwin MarschewskiDr. Martin Mayer
Wolfgang MeckelburgDr. Michael MeisterFriedrich MerzVizepräsident Rudolf Seiters
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1980 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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Hans MichelbachMeinolf MichelsDr. Gerd MüllerBernward Müller
Elmar Müller
Bernd Neumann
Claudia NolteGünter NookeFranz ObermeierFriedhelm OstEduard OswaldNorbert Otto
Dr. Peter PaziorekAnton PfeiferDr. Friedbert PflügerBeatrix PhilippRonald PofallaRuprecht PolenzMarlies PretzlaffDr. Bernd ProtznerDieter PützhofenThomas RachelHans RaidelDr. Peter RamsauerPeter RauenChrista Reichard
Katherina ReicheErika ReinhardtHans-Peter RepnikKlaus RiegertDr. Heinz RiesenhuberFranz RomerHannelore Rönsch
Heinrich-Wilhelm RonsöhrDr. Klaus RoseKurt RossmanithNorbert RöttgenDr. Christian RuckDr. Jürgen RüttgersAnita SchäferDr. Wolfgang SchäubleHartmut SchauerteHeinz SchemkenKarl-Heinz ScherhagGerhard ScheuNorbert SchindlerDietmar SchleeChristian Schmidt
Dr.-Ing. Joachim Schmidt
Andreas Schmidt
Hans Peter Schmitz
Michael von SchmudeBirgit Schnieber-JastramDr. Andreas SchockenhoffDr. Rupert ScholzDr. Erika SchuchardtWolfgang SchulhoffDiethard W. Schütze
Clemens SchwalbeDr. Christian Schwarz-SchillingWilhelm-Josef SebastianHorst SeehoferHeinz SeiffertRudolf SeitersBernd SiebertWerner SiemannBärbel SothmannMargarete SpäteCarl-Dieter SprangerErika SteinbachAndreas StormDorothea Störr-RitterMax StraubingerMatthäus StreblThomas StroblMichael StübgenDr. Susanne TiemannEdeltraut TöpferDr. Hans-Peter UhlGunnar UldallArnold VaatzAndrea VoßhoffPeter Weiß
Gerald Weiß
Annette Widmann-MauzHeinz Wiese
Hans-Otto Wilhelm
Klaus-Peter WillschWilly Wimmer
Matthias WissmannWerner WittlichDagmar WöhrlElke WülfingPeter Kurt WürzbachWolfgang ZeitlmannBenno ZiererWolfgang ZöllerBÜNDNIS 90/DIE GRÜNENGila Altmann
Marieluise Beck
Volker Beck
Angelika BeerAnnelie BuntenbachEkin DeligözDr. Thea DückertFranziska Eichstädt-BohligDr. Uschi EidHans-Josef FellAndrea Fischer
Katrin Göring-EckardtRita GrießhaberWinfried HermannKristin HeyneUlrike HöfkenMichaele HustedtMonika KnocheDr. Angelika Köster-LoßackSteffi LemkeDr. Helmut LippeltDr. Reinhard LoskeKlaus Wolfgang Müller
Kerstin Müller
Winfried NachtweiCem ÖzdemirSimone ProbstClaudia Roth
Christine ScheelIrmingard Schewe-GerigkRezzo SchlauchAlbert Schmidt
Werner Schulz
Christian SimmertChristian SterzingHans-Christian StröbeleJürgen TrittinDr. Antje VollmerSylvia VoßHelmut Wilhelm
Margareta Wolf
F.D.P.Hildebrecht Braun
Rainer BrüderleErnst BurgbacherJörg van EssenUlrike FlachGisela FrickPaul K. FriedhoffHorst Friedrich
Rainer FunkeDr. Wolfgang GerhardtHans-Michael GoldmannJoachim Günther
Dr. Karlheinz GuttmacherKlaus HauptUlrich HeinrichWalter HircheDr. Klaus KinkelDr. Heinrich L. KolbGudrun KoppIna LenkeSabine Leutheusser-SchnarrenbergerJürgen W. MöllemannDirk NiebelGünter Friedrich NoltingHans-Joachim Otto
Detlef ParrCornelia PieperDr. Edzard Schmidt-JortzigGerhard SchüßlerDr. Irmgard SchwaetzerMarita SehnDr. Hermann Otto SolmsDr. Max StadlerCarl-Ludwig ThieleDr. Dieter ThomaeEntschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen Versammlungendes Europarates und der WEU, der NAV, der OSZE oder der IPUAbgeordnete(r)Lörcher, Christa, SPD von Schmude, Michael, CDU/CSUWir kommen zu den Überweisungen in vereinfach-tem Verfahren ohne Debatte.Ich rufe die Tagesordnungspunkte 12 a und 12 b so-wie die Zusatzpunkte 3a und 3b auf: 12. a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-gebrachten Entwurfs eines Siebten Gesetzes zurÄnderung des Bundessozialhilfegesetzes– Drucksache 14/389 –Überweisungsvorschlag:
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zudem Abkommen vom 17. Oktober 1997 zwi-schen der Regierung der Bundesrepu-blik Deutschland und der Regierung derTunesischen Republik über die Seeschif-fahrt– Drucksache 14/390 –Überweisungsvorschlag:Ausschuß für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen(federführend)FinanzausschußVizepräsident Rudolf Seiters
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 1981
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ZP 3a)Erste Beratung des von den Fraktionen SPD undBÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachtenEntwurfs eines Gesetzes zur Änderung desDNA-Identitätsfeststellungsgesetzes– Drucksache 14/445 –Überweisungsvorschlag:
Pretzlaff, Klaus-Jürgen Hedrich, Dr. NorbertBlüm, weiterer Abgeordneter und der Fraktionder CDU/CSU5 Jahre nach Kairo: Umsetzung der Beschlüs-se der Konferenz der Vereinten Nationen zuWeltbevölkerung und Entwicklung 1994– Drucksache 14/446 –Überweisungsvorschlag:
– Drucksache 14/18 –
Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzaus-schusses
– Drucksache 14/359 –Berichterstattung:Abgeordnete Wolfgang GrotthausJochen-Konrad FrommeDer Finanzausschuß empfiehlt auf Drucksache14/359, den Gesetzentwurf abzulehnen. Ich lasse überdiesen Gesetzentwurf abstimmen. Ich bitte diejenigen,die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um dasHandzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen?– Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung bei Enthal-tung der PDS mit den Stimmen des ganzen Hauses ab-gelehnt. Damit entfällt nach unserer Geschäftsordnungdie weitere Beratung.Tagesordnungspunkt 13b:Beratung des Antrags der BundesregierungAusnahme von dem Verbot der Zugehörigkeitzu einem Aufsichtsrat für ein Mitglied derBundesregierung– Drucksache 14/357 –Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dage-gen? – Enthaltungen? – Der Antrag ist einstimmig ange-nommen.Tagesordnungspunkt 13c:Beratung der Beschlußempfehlung und des Be-richts des Ausschusses für Arbeit und Sozialord-nung zu der Unterrichtung durchdie BundesregierungZwischenbericht über das Gemeinschaftspro-gramm für Sicherheit, Arbeitshygiene und
– Drucksachen 14/74 Nr. 2.82, 14/393 –Berichterstattung:Abgeordnete Leyla OnurWer stimmt für diese Beschlußempfehlung? – Ge-genprobe! – Enthaltungen? – Die Beschlußempfehlungist einstimmig angenommen.Tagesordnungspunkt 13d:Beratung der Beschlußempfehlung des Petitions-ausschusses
Sammelübersicht 18 zu Petitionen– Drucksache 14/410 –Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Ent-haltungen? – Bei Enthaltung der PDS ist die Sammel-übersicht 18 mit den Stimmen des Hauses im übrigenangenommen.Tagesordnungspunkt 13e:Beratung der Beschlußempfehlung des Petitions-ausschusses
Sammelübersicht 19 zu Petitionen– Drucksache 14/411 –Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Ent-haltungen? – Bei gleichem Stimmenverhältnis wie zuvorist die Sammelübersicht 19 angenommen.Tagesordnungspunkt 13f:Beratung der Beschlußempfehlung des Petitions-ausschusses
Sammelübersicht 20 zu Petitionen– Drucksache 14/412 –Vizepräsident Rudolf Seiters
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1982 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Ent-haltungen? – Die Sammelübersicht 20 ist mit den Stim-men der Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen,F.D.P. und PDS gegen die Stimmen der CDU/CSU an-genommen.Tagesordnungspunkt 13 g:Beratung der Beschlußempfehlung des Petitions-ausschusses
Sammelübersicht 21 zu Petitionen– Drucksache 14/413 –Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Ent-haltungen? – Die Sammelübersicht 21 ist mit den Stim-men des Hauses gegen die Stimmen der CDU/CSU an-genommen.Interfraktionell ist vereinbart, die heutige Tagesord-nung um die Zweite Beratung und Schlußabstimmungdes von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzent-wurfs zu dem Abkommen mit dem Sekretariat desÜbereinkommens der Vereinten Nationen zur Bekämp-fung der Wüstenbildung zu erweitern. Über den Gesetz-entwurf soll jetzt gleich ohne Aussprache abgestimmtwerden.Sind Sie mit der Erweiterung der Tagesordnung ein-verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist so beschlossen.Damit rufe ich den soeben aufgesetzten Zusatzpunkt5 auf:Zweite Beratung und Schlußabstimmung des vonder Bundesregierung eingebrachten Entwurfs ei-nes Gesetzes zu dem Abkommen vom 18. Au-gust 1998 zwischen der Regierung der Bun-desrepublik Deutschland, den Vereinten Na-tionen und dem Sekretariat des Übereinkom-mens der Vereinten Nationen zur Bekämpfungder Wüstenbildung über den Sitz des Ständi-gen Sekretariats des Übereinkommens– Drucksache 14/228 –
Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschus-ses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent-wicklung
– Drucksache 14/468–Berichterstattung:Abgeordnete Adelheid TröscherKlaus-Jürgen HedrichDr. Angelika Köster-LoßackJoachim Günther
Carsten HübnerDer Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeitund Entwicklung empfiehlt auf Drucksache 14/468, denGesetzentwurf unverändert anzunehmen. Ich bitte dieje-nigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sichzu erheben. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen?– Der Gesetzentwurf ist mit den Stimmen des Hausesbei Enthaltung der PDS angenommen.Ich rufe nunmehr die Tagesordnungspunkte 6a und6b auf: a) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio-nen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ein-gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neure-gelung der geringfügigen Beschäftigungsver-hältnisse– Drucksache 14/280 –
aa) Beschlußempfehlung und Bericht des Aus-
– Drucksache 14/441 –Berichterstattung:Abgeordnete Birgit Schnieber-Jastram
– Drucksache 14/458 –Berichterstattung:Abgeordnete Dietrich AustermannJürgen KoppelinDr. Christa LuftDr. Konstanze WegnerDr. Antje Hermenau b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Be-richts des Ausschusses für Arbeit und Sozialord-nung zu dem Antrag der Fraktionder CDU/CSUBeschäftigung fördern – soziale Sicherungverbessern – Flexibilisierung erhalten– Drucksachen 14/290, 14/441 –Berichterstattung:Abgeordnete Birgit Schnieber-JastramIch weise darauf hin, daß wir nach der Ausspracheüber den Gesetzentwurf namentlich abstimmen werden.Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für dieAussprache anderthalb Stunden vorgesehen. – Ich hörekeinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.Ich eröffne die Aussprache. Ich gebe das Wort derKollegin Leyla Onur, SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr ver-ehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kol-legen, obwohl mich eine Grippe kalt erwischt hat, sageich: Heute ist ein wundervoller Tag, weil wir nämlichein weiteres Wahlversprechen
mit der Beschlußfassung zur Neuregelung der geringfü-gigen Beschäftigungsverhältnisse einlösen werden.
Wir haben im Wahlprogramm und konsequenterweiseauch in der Koalitionsvereinbarung festgeschrieben, daßVizepräsident Rudolf Seiters
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 1983
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wir den Mißbrauch der geringfügigen Beschäfti-gungsverhältnisse stoppen werden.
Genau das tun wir mit unserem Gesetz, das wir heute indiesem Hause beschließen werden.
Wir haben sehr wohl die Schwierigkeiten erkannt.Aber wir haben nicht wie Sie vor den Schwierigkeitenkapituliert, sondern sind mutig und kraftvoll an dieSchwierigkeiten herangegangen. Mut haben wir auch inder Feststellung bewiesen, daß wir nicht alle Problemeauf einmal konsequent und optimal lösen können.
Dieser Mut ist notwendig. Das sind wir unseren Wähle-rinnen und Wählern schuldig, und wir haben es ihnenversprochen. Deshalb werden wir heute dieses Gesetzbeschließen.
Wir haben nämlich Probleme zu lösen, die auch vonIhnen eigentlich nie bestritten worden sind. Sie hattenaber nicht das Rückgrat, die Probleme anzugehen.
Wir müssen nämlich endlich den dramatischen Auf-wuchs von geringfügiger Beschäftigung stoppen.
Diese Entwicklung kann man nur noch als dramatischbezeichnen, da im Jahre 1997 fast 6 Millionen geringfü-gige Beschäftigungsverhältnisse festgestellt wurden unddiese Zahl von Tag zu Tag weiter wächst.
– Ganz ruhig, liebe Frau Kollegin, dazu komme ichnoch.Es sind ja systematisch Vollzeit- und Teilzeitarbeits-verhältnisse zerstückelt worden. Zunehmend sind vonArbeitgeberseite nur noch geringfügige Beschäftigungs-verhältnisse angeboten worden, weil auf diesem WegeKosten gespart werden konnten. Schließlich haben dieArbeitgeber auch noch die Pauschalsteuern auf die Ar-beitnehmer abgedrückt,
sich den Kontrollen entzogen und den Arbeitnehmernverbriefte Arbeitnehmerrechte vorenthalten.
Genau das war der Anreiz, geringfügige Beschäfti-gungsverhältnisse anzubieten. Wir werden mit unseremGesetz dieser verheerenden Entwicklung einen Riegelvorschieben.
Frau Kollegin Onur,
gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Schwaet-
zer?
Herr Präsident, in Anbetracht derfortgeschrittenen Zeit und der Tatsache, daß wir überdieses Gesetz im Ausschuß in allen Richtungen debat-tiert haben und die Ausschußberatungen hier nicht wie-derholen wollen,
werde ich mit meinen Ausführungen fortfahren.Wir werden der verheerenden Entwicklung einenRiegel vorschieben, indem wir die geringfügigen Be-schäftigungsverhältnisse als Regelarbeitsverhältnisse fürArbeitgeber unattraktiv machen.
Das geschieht dadurch, daß wir die 630-Mark-Grenzefestschreiben, einen Sozialversicherungsbeitrag derArbeitgeber in Höhe von 22 Prozent einführen, eineordnungsgemäße An- und Abmeldung von Beschäf-tigten vorschreiben und endlich dafür sorgen, daß dieArbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ordnungsgemäßeArbeitsverträge und damit die ihnen zustehendenRechte von den Arbeitgebern eingeräumt bekommen.
Welche Konsequenzen haben diese Neuregelungenund warum wird es dadurch für die Arbeitgeber un-attraktiv, diese Beschäftigungsverhältnisse in großerZahl anzubieten?
Ein Arbeitgeber, der einmal genau hinschaut und genaunachrechnet, stellt sehr schnell fest, daß die Kosten fürdas Arbeitsverhältnis nicht steigen, da er an Stelle derPauschalsteuer, wenn er sie denn vorher bezahlt hat,jetzt einen Sozialversicherungsbeitrag in Höhe von 22Prozent bezahlt. Aber viele haben sie ja nicht gezahlt.Viel interessanter ist aber, daß man, wenn man spitzrechnet, feststellt, daß ein sozialversicherungspflichtigesTeilzeitarbeitsverhältnis oder gar ein Vollzeitarbeitsver-hältnis für den Arbeitgeber schlicht und einfach kosten-günstiger ist.Hinzu kommt, daß es sowohl bezüglich des Verwal-tungsaufwandes als auch hinsichtlich der Arbeitsorgani-sation attraktiver ist, mit Teilzeitarbeitskräften oderVollzeitarbeitskräften zu arbeiten. Das weiß ich, da ichaus einem Arbeitgeberhaushalt stamme, aus dem ichmeine Erfahrungen ableiten kann. Gemerkt haben dasauch schon die Arbeitgeber, denn ein Unternehmen – soLeyla Onur
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1984 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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hat man mir berichtet – ist schon dabei, geringfügigeBeschäftigungsverhältnisse in sozialversicherungspflich-tige Teilzeitarbeitsverhältnisse umzuwandeln, weil esnicht mehr interessant ist, mit geringfügigen Beschäfti-gungsverhältnissen zu arbeiten. Ich bin davon überzeugt,daß diese Entwicklung zunehmen wird.
Ich garantiere Ihnen: Die Arbeitgeber werden wenigergeringfügige Beschäftigungsverhältnise anbieten unddeswegen wird die Zahl auf diesem Sektor rückläufigsein; sie wird sinken.
Genau das wollen wir ja. Wir wollen, daß es hier wiedereine normale, vernünftige Relation gibt.
In diesem Zusammenhang muß auch gesehen werden,daß mit diesem Gesetz das Ausbluten der Sozialkassengestoppt wird.
Norbert Blüm hat in diesem Hause mehrfach darauf hin-gewiesen, daß die Flucht aus der Sozialversicherungs-pflicht gestoppt werden müsse – nur, getan hat er nichts.Wir handeln nun, indem wir Arbeitgeber dazu ver-pflichten, 22 Prozent in die Rentenkasse bzw. in die ge-setzliche Krankenversicherung zu zahlen, um erstensWettbewerbsverzerrungen und zweitens die Flucht ausder Sozialversicherungspflicht zu beenden.
Dies führt nicht zwingend zu erhöhten Leistungen. Aberauf jeden Fall können wir hier schon zahlenmäßig bele-gen, daß damit die Rentenkasse und auch die Kassen dergesetzlichen Krankenversicherung aufgefüllt werden,und zwar bei gleichzeitig zusätzlichen Angeboten für dieArbeitnehmer.Ein weiterer Punkt, den wir immer im Auge hattenund der in diesem Gesetzentwurf angegangen wird, istdie soziale Absicherung der Arbeitnehmer. Ich gebezu: Ich hätte mir mehr gewünscht, viele hätten sich mehrgewünscht.
Aber mit diesem Gesetz schaffen wir einen Einstieg indie soziale Absicherung der geringfügig Beschäftigten.Das ist ein ganz wichtiger Schritt.
Die Leistungen der gesetzlichen Krankenkasse blei-ben für die Familienversicherten unverändert. Es kommtnichts hinzu, es wird aber auch nichts abgespeckt.
Für die 12 Prozent Arbeitgeberbeitrag in die Rentenkas-se erwirbt eine Arbeitnehmerin bzw. ein Arbeitnehmerauf jeden Fall Ansprüche, wenn auch geringe.
Entgeltpunkte können manchmal lebenswichtig sein,wenn es um die Rente geht, wenn man bestimmte Vor-aussetzungen erfüllen muß. Entgeltpunkte sind beson-ders wichtig, wenn sie in Wartezeiten umgerechnet wer-den können. Das ist ein wichtiger Fortschritt.Aber das genügt uns nicht! Deswegen haben wir eineOption für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein-gebaut. Mit maximal 7,5 Prozent freiwilligem Beitragerwerben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dievolle Berücksichtigung bei Wartezeit, Entgeltpunkt-berechnung, Reha, Rente nach Mindesteinkommen,BU- und EU-Rente und vorgezogener Altersgrenze. Dasist wirklich ein Fortschritt, wie wir ihn uns gewünschthaben und den wir jetzt im vorliegenden Gesetz veran-kern.
Das führt zu einer Verbesserung der Alterssicherung vonFrauen, wobei wir nicht aus den Augen verlieren, daß esuns letztendlich darum geht, daß die Frauen – und auchdie Männer, wohlgemerkt – zukünftig verstärkt in sozi-alversicherungspflichtigen Teilzeit- oder Vollzeitar-beitsverhältnissen arbeiten
und nicht mit geringfügigen Beschäftigungsverhältnis-sen abgespeist werden. Wir verstehen die vorübergehen-de Tätigkeit in einem geringfügigen Beschäftigungsver-hältnis als Brücke in ein sozialversicherungspflichtigesTeilzeit- oder Vollzeitarbeitsverhältnis.Ich habe hier nicht alle Details unseres Gesetzentwur-fes vortragen können. Ich würde das jederzeit gerne tun,denn ich bin sehr zufrieden mit diesem Gesetz. Dasmöchte ich an dieser Stelle einmal deutlich sagen.
Es sind nicht alle Wünsche in Erfüllung gegangen, aberwir haben wenigstens den Mut und die Kraft gezeigt, andiese notwendigen Regelungen heranzugehen, und diesewerden wir heute auch mehrheitlich beschließen.Danke schön.
Das Wort für dieCDU/CSU-Fraktion hat der Kollege Dr. Peter Ramsauer.Leyla Onur
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 1985
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Sehr geehrterHerr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! FrauKollegin Onur, ich glaube, Sie sind heute auf der fal-schen Veranstaltung.
Sie sprechen davon, daß dies heute ein wunderschönerTag sei. Ich kann Ihnen nur sagen: Der gestrige und derheutige Tag sind rabenschwarze Tage für unser Land,
und zwar für die Menschen, vor allen Dingen für die„kleinen Leute“, für die Gerechtigkeit, die Wirtschaft,die Investitionen und die Arbeitsplätze. Gestern kam eszur Beschlußfassung bei der Ökosteuer. Heute früh hatdie Rede von Finanzminister Lafontaine über die soge-nannte Steuerreform dem Begriff des Morgengrauenseine vollkommen andere, neue Bedeutung verliehen.
Heute nachmittag soll eine Änderung der geringfügigenBeschäftigungsverhältnisse beschlossen werden. Dasvon gestern und heute ist – ich sage das einmal so – eineTrilogie des Grauens.
– Ich prophezeie Ihnen – auch Ihnen, Herr Kollege And-res –: Das Lachen wird Ihnen noch vergehen.
Sie wollten, als Sie nach der Bundestagswahl angetretensind, vieles anders und einiges besser machen.
Aber was Sie mit der Neuregelung der geringfügigenBeschäftigung anrichten, kann man nur noch als verhee-renden Pfusch bezeichnen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe mir einmalherausgesucht, was vor Weihnachten, also Ende No-vember bzw. Anfang Dezember letzten Jahres, in derPresse, und zwar auch in der linken, über Sie zu lesenwar. Dazu einige Beispiele. Es ist ja ganz gut, wenn mansich diese noch einmal ins Gedächtnis ruft.
– Hören Sie ruhig zu, auch wenn es Ihnen nicht guttunwird, sich diese Dinge anzuhören. – Ich zitiere aus ei-nem Artikel mit der Überschrift „Wie im Tollhaus“:Hurtig eilend von Unfug zu Unfug, schieben sieden Karren krachend an die Wand. Das ist – leider– kein Zitat aus einem alten Heldenepos, sonderndas sich aufdrängende Urteil über die Arbeit derneuen Regierung. Was die rot-grüne Koalition derÖffentlichkeit unter den Stichworten „Steuern, So-ziales, Arbeitsmarkt“ an Ungereimtheiten und inne-ren Widersprüchen zumutet, hat es in dieser Mas-sierung bislang nicht gegeben.Ein weiteres Zitat, aus der „Süddeutschen Zeitung“:Seit der Kanzlerwahl versucht Schröder hastig undoft ohne die nötige Sorgfalt zu beweisen, daß nunalles anders wird. ... Er rennt los und verfehlt, wennauch in beeindruckender Geschwindigkeit, dieEtappenziele.Das jüngste Beispiel für diese Sprints ins Nirgend-wo ist die Farce um die 620-Mark-Jobs.
Und weiter:Sie – gemeint ist die Regierung –erweckt den Eindruck, mit unzureichender Vorbe-reitung in zu kurzer Zeit auf der Basis mangelnderErfahrung zu agieren. Dafür – schreibt die „Süddeutsche Zeitung“ –gibt es einen Begriff: Dilettantismus.Das möchte ich Ihnen ins Gedächtnis rufen.
In der gleichen Zeitung steht unter der Überschrift„Bonner Chaostage“ – das ist sehr interessant; das istfast eine Bibelexegese –:
So muß es gewesen: Nicht im entferntesten habenSozialdemokraten und Grüne damit gerechnet, daßsie die Wahl am 27. September gewinnen würden.... Anders ist das Chaos nicht zu erklären, das siederzeit in Bonn verbreiten. Die 620-DM-Regelungist der vorläufige Höhepunkt der Geisterfahrt.Die Münchener „Abendzeitung“ schrieb unter derDachüberschrift „Kanzler Schröder ein Abstiegskandi-dat?“ bezüglich der 620-Mark-Jobs: „Aufgepaßt Schrö-der! Die Fans pfeifen schon.“ Wiederum die gleicheZeitung veröffentlichte die Prophezeiung:Nun immerhin hat die Chaos-Truppe um Schröder,Lafontaine und Clement gespürt, daß es so nichtweitergehen kann.Die deutsche Öffentlichkeit hat gehofft, es werde imLaufe der Zeit besser. Ich muß leider feststellen: Nichtshat geholfen. Die Menschen haben vergeblich auf eineBesserung gehofft. Alles war vergebens, und es istschlimmer denn je geworden.Bemerkenswert ist allerdings, wie sehr sich der Bun-deskanzler selbst in die Neuregelung der 620- bzw. jetzt630-DM-Arbeitsverhältnisse eingeschaltet hat. Erselbst hat in der Aktuellen Stunde vom 19. November1998 das Wort ergriffen und die wesentlichen Punkteder Neuregelung verkündet. – All die Verrücktheiten,
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die jetzt entstanden sind, sind also nicht nur rotgrüneVerrücktheiten, sondern Schröder-Verrücktheiten.
Der Kanzler soll – er ist nicht anwesend – ja nicht sotun, als könne er sich verstecken.
Ich habe mir seine Rede vom 19. November 1998noch einmal herausgesucht. In dieser Rede sagte er zumBeispiel:Diese Arbeitsverhältnisse bleiben steuerfrei, undzwar unabhängig von weiteren Einkünften.Es ist aber in dem vorliegenden Gesetzentwurf etwasganz anderes herausgekommen.An einer anderen Stelle in seiner Rede führte er aus:Aus diesen Leistungen heraus – gemeint sind die Kranken- und Rentenversicherungs-beiträge in Höhe von 10 bzw. 12 Prozent –entstehen keine zusätzlichen Ansprüche.Auch dies war nicht haltbar. Ich habe schon damals inmeinem Zwischenruf gesagt: „Das ist verfassungswid-rig!“ – Man könnte noch weitere Punkte nennen. Esfragt sich wirklich: Was ist das Wort des Bundeskanz-lers eigentlich wert? Zusammenfassend kann man sagen:Diese rotgrüne Politik ist eine Karikatur ihrer selbst, umnicht zu sagen: eine wahre Realsatire. Damit kann derBundeskanzler ohne weiteres in jede Talk-Show und injede Unterhaltungssendung gehen.
Noch ein Blick zurück:
– Lieber Herr Kollege Gilges, ich habe noch acht Mi-nuten Redezeit. Sie müssen sich also schon noch einigesanhören.
Dieses Gesetz hat in seiner parlamentarischen Be-handlung eine Kette von gebrochenen Versprechen er-lebt. Noch in der letzten Legislaturperiode haben Sievorgeschlagen, die geringfügigen Beschäftigungsver-hältnisse ab einem Arbeitsentgelt von zirka 90 DM imWesten und zirka 77 DM im Osten in die Sozialversi-cherung einzubeziehen. In der Regierungserklärung desBundeskanzlers hieß es dann, die Grenze für geringfü-gige Beschäftigung werde auf 300 DM gesenkt; diePauschalsteuer solle aufgehoben werden. Am 9. No-vember 1998 legten Sie dann einen Gesetzentwurf vor,der aber weiterhin die Pauschalsteuer vorsah. Einen Tagspäter nahmen Sie diesen wieder zurück.Am 19. November 1998 unterbreitete BundeskanzlerSchröder in der Aktuellen Stunde das besagte Konzept.Entgegen der Regierungserklärung sollte die Geringfü-gigkeitsgrenze nicht mehr auf 300 DM gesenkt werden.Im Gegenteil, die Geringfügigkeitsgrenze in den westli-chen Bundesländern sollte auf ganz Deutschland ausge-dehnt werden. Die Pauschalsteuer sollte entfallen, unddie 630-Mark-Jobs sollten steuerfrei sein, unabhängigvon weiteren Einkünften. Aus den Arbeitgeberbeiträgenin Höhe von 10 Prozent zur gesetzlichen Krankenversi-cherung und 12 Prozent zur gesetzlichen Rentenversi-cherung sollten keinerlei Leistungsansprüche für die Ar-beitnehmer entstehen. Der vorgelegte Gesetzentwurf sahaber keine Steuerfreiheit unabhängig von weiteren Ein-künften vor. Ein 630-Mark-Job ohne Steuerabzug warnur vorgesehen, wenn kein weiteres Einkommen erzieltwurde.Eine neue „Erfindung“ sollte nun das Abkassierenerleichtern,
nämlich „Beiträge ohne Gegenleistungen“, FrauKastner. In der Anhörung zu Ihrem Gesetzentwurf wur-de Ihnen von fast allen Seiten die Verfassungswidrigkeiteiner solchen Regelung vorgehalten. Am 23. Februar1999 mußte Bundesminister Riester schließlich nocheinmal nachbessern. – Zusammengefaßt: ein heillosesDurcheinander bei der Gesetzesentstehung.
Nun zu dem, was Sie da anrichten. Sie müssen gutaufpassen, weil man fast nicht mehr durchblickt. Ich ha-be heute einmal den Versuch unternommen, mir die Va-rianten vom Arbeitsministerium bis ins Detail erklärenzu lassen. Das aber schaffen nicht einmal die Fachleuteim Bundessozialministerium; denn sie sind überfordert,wenn es um die Details aller Varianten geht.Sehen wir uns ruhig einmal einige Zahlen an! Neh-men wir zunächst die Ehefrau eines freiberuflich Täti-gen, die nicht Mitglied in der gesetzlichen Krankenver-sicherung ist. Das ist zwar ein äußerst seltener, aber,wenn man sich die Kosten des Arbeitgebers ansieht,noch ein verhältnismäßig günstiger Fall. Für den Arbeit-geber kommen zu den Kosten in Höhe von 630 DM nur75,60 DM für die Rentenversicherung – 12 Prozent –hinzu. Er zahlt also insgesamt 705,60 DM.Nehmen wir jetzt einen anderen Fall, der schon we-sentlich häufiger vorkommt: Nehmen wir jemanden, derMitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung ist,der aber ausschließlich Einkünfte aus einer solchen ge-ringfügigen Beschäftigung hat. Er verursacht dem Ar-beitgeber durch die entsprechenden Beiträge zur Renten-und Krankenversicherung schon Kosten in Höhe von768 DM. Diese Beschäftigung ist damit schon teurer alsein 630-Mark-Arbeitsverhältnis nach der bisherigen Re-gelung, das 756 DM gekostet hat.
– Augenblick, warten Sie einmal meine Schlußfolgerungab!Dr. Peter Ramsauer
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 1987
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Jetzt wird es immer komplizierter. Nehmen Sie nunden Fall, daß jemand neben seiner hauptberuflichen Tä-tigkeit hinzuverdient und die Variante der pauschalenBesteuerung wählt. Er verursacht seinem ArbeitgeberKosten in einer Höhe von insgesamt 894 DM. Bei dem-jenigen, der sich für die andere Variante entscheidet, fürdie individuelle Besteuerung und für ein Splitting derSozialversicherungsbeiträge, sind es nur 737 DM. Wirsehen schon, wie die Dinge auseinanderlaufen. Es lohntsich auch der Blick darauf, was denn beim Arbeitnehmerankommt. Ich nehme jetzt denjenigen, den ich geradebeschrieben habe, der den Arbeitgeber 737 DM kostet,der sich also für das hälftige Splitten der Sozialversiche-rungsbeiträge – Rentenversicherung, Krankenversiche-rung und Pflegeversicherung – entscheidet und der indi-viduell versteuert. Er bekommt von seinen 630 DM,wenn er in der Lohnsteuerklasse VI versteuert, 150 DMabgezogen.
– Ich möchte ganz bewußt einmal aufzeigen, wohin IhrePolitik führt.
Für den Sozialversicherungsbeitrag sind 107 DM zunennen. Er bekommt 373 DM ausbezahlt – und das beieinem Aufwand für den Arbeitgeber in Höhe von737 DM. Das heißt, durch Ihr Gesetz wird das geringfü-gige Beschäftigungsverhältnis für den Arbeitgeber ten-denziell sehr viel teurer, und beim Arbeitnehmer kommtinsgesamt weniger an. Da frage ich mich und vor allenDingen die Damen und Herren von der rotgrünen Koali-tion: Wo bleiben da eigentlich Ihre Grundsätze und IhrePrinzipien im Hinblick auf Gerechtigkeit?
Wo bleibt hier die Politik für den kleinen Mann, mit derSie bei der Bundestagswahl versucht haben, sich dasVertrauen der Menschen in unserem Land zu erschlei-chen?
Ist denn eine solche Politik arbeitsplatzfördernd? Ichglaube, die Kommentare und Anzeigen waren richtig,besonders eine große Anzeige, die man in Zeitungen se-hen konnte und in der es hieß: Diese Regierung schafftArbeitsplätze, aber sie schafft Arbeitsplätze im Auslandund nicht in Deutschland.
Aber eines bewirken Sie mit dieser Politik ganz be-stimmt: Sie fördern die Schwarzarbeit. Das ist dochgenau unser Problem, nämlich im Bereich von Nebentä-tigkeiten, dort, wo es darum geht, Arbeitsspitzen oderSaisonarbeitsspitzen aufzufangen, die Schwarzarbeiteinzudämmen und die Menschen in reguläre Beschäfti-gungsverhältnisse zu bringen. Genau das vereiteln Sie.Sie treiben die Menschen da in die Schwarzarbeit hin-ein; Sie kriminalisieren die Menschen, um sie dann hin-terher rechtlich zu verfolgen.
– Ja, in der Tat. Sie treiben die Menschen in dieSchwarzarbeit und wollen sie hinterher rechtlich verfol-gen.
Auch das gehört zu dem „Spaß“, den Sie damit noch ha-ben werden.Sie schlagen geradezu hinein bei der Beschäftigungin Privathaushalten, einem Bereich, bei dem wir ohne-hin froh sein müssen, wenn wir aus den Grauzonen her-auskommen und die Menschen wenigstens in reguläregeringfügige Beschäftigungsverhältnisse bringen kön-nen. Wenn Sie sich die Diskrepanz zwischen dem, wasein solches Arbeitsverhältnis den Arbeitgeber kostet,und dem, was der Arbeitnehmer nach Hause bringt, an-schauen, dann werden auch Sie einsehen, daß es in vie-len Fällen so sein wird – das prophezeie ich Ihnen vonRotgrün –,
daß sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer tief in die Au-gen schauen und die ganze Sache anders regeln.
Das Gastgewerbe ist heute die Branche mit demhöchsten Anteil an nebenberuflich Tätigen. Sie bereitenhier dem Gastgewerbe, der Gastronomie, dem Touris-mus, der ohnehin in Deutschland schwer zu leiden hat,große zusätzliche Probleme – und das kurz vor dem1. April, an dem die Saison beginnt. Das ist unverant-wortlich. Ich sage nochmals: Sie werden Ihr blauesWunder erleben.
Herr Kollege Ram-
sauer, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen
Andres?
Ja, weil ich ihn
so gut kenne. Bitte sehr.
Herr Kollege Ramsauer, kön-
nen Sie der Öffentlichkeit sagen, wie gegenwärtig die
Schätzungen hinsichtlich der Zahl der Beschäftigten in
Privathaushalten aussehen, wie viele dieser Beschäfti-
gungsverhältnisse ordentlich versteuert werden? Können
Sie weiter sagen, welche Vermutungen es dahin gehend
gibt, wieviel Schwarzarbeit da gegenwärtig stattfindet?
Herr KollegeAndres, wir haben, als ich Sozialpolitiker war, sehr oftüber diese Dinge im Ausschuß gesprochen. Die Ver-mutungen und Aussagen darüber gehen genauso weitauseinander wie die offiziellen Zahlen über die gering-fügige Beschäftigung insgesamt. Es gibt die Zahl5,6 Millionen aus der IWS-Studie; es gibt die Zahl6 Millionen, die die Kollegin Onur genannt hat. Der Mi-krozensus des Statistischen Bundesamtes spricht von1 Million. Das können Sie also so oder so sehen. Nur,eines ist richtig – darüber sind wir uns hoffentlich alleDr. Peter Ramsauer
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1988 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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miteinander einig –, nämlich daß wir gerade für den Be-reich der Privathaushalte dafür sorgen müssen, daß wirdort zu regulären, am besten voll sozialversicherungs-pflichtigen Beschäftigungsverhältnissen kommen. Dar-um geht es.
– Herr Präsident, ich möchte jetzt in meinem Manuskriptfortfahren, weil meine Zeit ohnehin zu Ende geht.
Dann darf ich die
Kollegin bitten, wieder Platz zu nehmen.
Ich wollte noch
etwas zu den Zeitungsverlegern sagen. Was soll ei-
gentlich eine Frau sagen, die um 4 Uhr früh aufsteht und
Zeitungen austrägt, wenn sie in den nächsten Tagen zu
ihrem Arbeitgeber gerufen wird und ihr mitgeteilt wird:
„Du hast jetzt soundso viel Abzüge“?
Ihre Politik ist in vielen Bereichen ein Schlag ins Ge-
sicht der kleinen Leute, deren Vertrauen Sie sich er-
schlichen haben.
Das Stakkato der Ablehnungen von allen Fachleuten in-
klusive den Gewerkschaften, das Sie in den Anhörungen
erlebt haben, hätte Ihnen eigentlich viel früher zu den-
ken geben sollen.
Meine Damen und Herren, Bundeskanzler Schröder
hat in der Aktuellen Stunde im November gesagt: „Das
Bessere ist des Guten Feind.“ Es wäre besser gewesen,
etwas nicht ganz so Gutes – das ist wahr – zu belassen,
anstatt einen so verheerenden Pfusch anzurichten, mit
dem ich Ihnen von der rotgrünen Koalition noch viel
Spaß wünsche.
Ich gebe der Kolle-
gin Dr. Thea Dückert für die Fraktion Bündnis 90/
Die Grünen das Wort.
Wenn Sie Ihre Diskussion beendet haben, kann ichvielleicht mit meinem Beitrag beginnen.Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir wis-sen alle – das zeigt sich auch hier an Ihren Aufgeregt-heiten –: Dieses Gesetz war tatsächlich eine schwereGeburt.
Es kann in der Tat nicht alle Probleme im Bereich dergeringfügig Beschäftigten lösen.
Insbesondere kann es – das sage ich am heutigen Inter-nationalen Frauentag – die arbeitsmarktpolitischen Pro-bleme von Frauen natürlich nicht lösen.
Das haben wir auch nicht versprochen.
– Das haben wir nicht versprochen, weil es sich hier umein sehr differenziertes Problem handelt, zum Beispielim Hinblick auf Teilzeitarbeit, zum Beispiel im Hinblickauf die Sozialversicherung. Es gibt in diesem Bereichkeine einfachen Lösungen. –
Dennoch haben wir uns an dieses Gesetz gemacht, undwir haben, verglichen mit dem, was Sie von CDU/CSUund F.D.P. uns im Bereich dieser prekären Beschäfti-gung hinterlassen haben, eine erhebliche Verbesserungerreicht.
– Ich will Ihnen gerne sagen, welche, wenn Sie mich re-den lassen.
Erstens. Wir haben die Stabilisierung der Sozialkas-sen erreicht,
wogegen natürlich die F.D.P. polemisiert, weil sie genaudies nicht will.
Zweitens werden wir – davon bin ich fest überzeugt –dem Mißbrauch und dem weiteren Aufwuchs bei dengeringfügigen Beschäftigungsverhältnissen entgegen-wirken,
und zwar durch mehrere Elemente, zum einen durch dieBegrenzung dieser Beschäftigungsverhältnisse auf630 DM. Sie haben die Grenze doch wirklich floatenlassen; innerhalb von zehn Jahren ist sie von 400 DMauf über 600 DM gestiegen. Dadurch haben wir bis zu6 Millionen geringfügige Beschäftigungsverhältnissebekommen. Das ist Ihre Frucht. Wir deckeln diese Ent-Dr. Peter Ramsauer
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 1989
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wicklung. Ich denke, das wird dazu führen, daß dieserAufwuchs gestoppt wird.
Zum anderen führen wir Kontrollmöglichkeiten in die-sem Bereich ein.
Wir bringen ihn endlich aus der Grauzone heraus. HerrRamsauer hat gerade Beispiele genannt: Das Zahlen-material in diesem Bereich gibt wirklich nur zu Speku-lationen Anlaß. Des weiteren machen wir in der Tat dieNebenjobs von Menschen, die sonst Hauptjobs ausüben,durch die Besteuerung unattraktiver, und das auch istrichtig. Ich glaube, daß wir auf diese Weise mittelfristigdiese Jobs eindämmen werden.Die dritte Verbesserung ist, daß wir allen von der er-sten Mark an den Zugang zur Rentenversicherung er-öffnen. Da können Sie klagen, wie Sie wollen, daß derRentenanspruch zu gering sei: Es ist das erste Mal, daßden geringfügig Beschäftigten überhaupt die Möglich-keit gegeben wird, von der ersten Mark an in die Ren-tenversicherung hineinzukommen.
Die Stabilisierung der Sozialkassen, die Eindämmungder geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse, die Er-öffnung des Zugangs zur Rentenversicherung und dieMeldepflicht, die Licht in die Grauzonen bringt – dassind die Punkte, wegen derer wir diesem Gesetz zu-stimmen.Ich weiß ganz genau, daß wir uns mit dieser Debattenatürlich in ein gesellschaftspolitisches Wespennest ge-setzt haben. Hier treffen sehr unterschiedliche Interessenaufeinander. Selbst auf seiten der Unternehmen gibt esunterschiedlichste Interessen. Viele von ihnen verlangenseit Jahren die Sozialversicherungspflicht für ihre ge-ringfügig Beschäftigten, können sie aber nicht in diePraxis umsetzen, weil andere Unternehmen beispiels-weise die Pauschalsteuer auf ihre Beschäftigten abwäl-zen. Das führt zu Billigkonkurrenz; dadurch werdenWettbewerbsvorteile erschlichen.
Es gibt auch andere Unternehmer, die den unkontrol-lierten Aufwuchs dieser Beschäftigungsverhältnissewollen. Das unterstützen Sie von der CDU/CSU, aberinsbesondere natürlich auch Sie von der F.D.P.Darüber hinaus gibt es die Interessen der Gewerk-schaften und der Frauenpolitikerinnen, die eine opti-male sozialversicherungspflichtige Absicherung fürFrauen anstreben. Die sind unruhig und wollen Druckmachen. Damit haben sie auch recht; denn mit dieserRegelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisseerreichen wir nicht für alle Frauen eine zukunftsfesteAlterssicherung. Das müssen wir im Zusammenhang mitder Rentenreform systematisch angehen.
Da tun die Gewerkschaften recht daran, uns Druck zumachen. Da tun die Frauenpolitikerinnen recht daran,uns Druck zu machen.
Wir werden dem nachgehen. Aber wir haben im Bereichder geringfügigen Beschäftigung alles getan,
um den Frauen erstmals überhaupt einen Zugang zurRentenversicherung zu eröffnen.
Natürlich ist dies ein ganz schwieriger politischer Kom-plex. Natürlich ist viel Kritik geübt worden, natürlichsind viele Änderungswünsche an uns herangetragenworden, auch ein Kanzlerwort. Wir haben versucht, insachlicher Weise und mit kühlem Kopf
– übrigens auch in den Anhörungen – die Änderungswün-sche und die Kritiken aufzunehmen und umzusetzen.
Darüber ärgern Sie sich.Eine der Anregungen war für uns besonders schmerz-lich: Das ist der Punkt, daß wir die Erweiterung derMitbestimmungsregelung für die Betriebsräte habenzurücknehmen müssen.
– Wir haben Kritik von seiten der Gewerkschaften undvon seiten der Unternehmen bekommen, daß diese Re-gelung in dieser Form nicht praxisgerecht sei.
Frau Kollegin Dük-
kert, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen
Meckelburg?
Sie können Ihre Zwischenfrage stellen, Herr Kollege,wenn ich mit diesem Komplex fertig bin. – Die Erweite-rung der Mitbestimmungsregelung für Betriebsräte istaufgeschoben aber nicht aufgehoben.
Wir haben in den Anhörungen von den Gewerkschaftenden Anstoß bekommen, die Ausweitung der Mitbestim-mungsregelung in der Novelle zum Betriebsverfas-sungsgesetz umfassend umzusetzen. –
Herr Kollege, Sie können jetzt gern Ihre Zwischenfragestellen.Dr. Thea Dückert
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1990 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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Frau Kollegin,
Sie haben eben behauptet, daß Sie diese Gesetzesrege-
lung mit kühlem Kopf gemacht hätten. Wollen Sie
wirklich sagen, daß Sie all das, was Sie uns zugemutet
haben, mit kühlem Kopf gemacht haben: mehrere Vari-
anten eines Gesetzentwurfs; einen Gesetzentwurf, der
völlig anders aussah als der, den Schröder versprochen
hatte; Änderungsanträge, die erst zu Beginn der Aus-
schußsitzung auf dem Tisch lagen, mit denen gravieren-
de Dinge geändert werden sollten und die man gar nicht
richtig beraten konnte; ein Verfahren, das in einer Haus-
haltswoche Sondersitzungen, Nachtsitzungen erforderte;
Ihre Weigerung, mit kühlem Kopf eine zweite Anhörung
zu machen?
Herr Kollege, ich komme aus einem Landtag. Vielleichtist die Praxis im Bundestag anders. Ich verstehe Anhö-rungen und Diskussionen im Gesetzgebungsprozeß in-nerhalb des Parlaments als diskursive Prozesse, als Pro-zesse, in denen man Anregungen von Fachleuten auf-nimmt.
Meine Damen und Herren, ich sprach gerade zumThema Anhörungen. Wir haben dort auch zu anderenBereichen Anregungen bekommen, zum Beispiel zumVerhältnis zwischen Beiträgen und Leistungen. Auchhier haben wir die Regelungen verändert. Sie bekämpfendas, ich denke aber, es war eine sinnvolle Veränderung.Zur Krankenversicherung. Es werden nunmehrBeiträge in die Krankenversicherung für diejenigen Per-sonen gezahlt, die auch über die gesetzliche Kranken-versicherung Leistungen bekommen. Das sind allerdings99 Prozent der Beschäftigten. Hier stehen Beiträge undLeistungen also einander gegenüber.Der andere Bereich ist die gesetzliche Rentenversi-cherung. Hier haben wir eine Erweiterung vorgenom-men, die ich sehr positiv finde. Nunmehr ist hinzuge-kommen, daß für den Arbeitgeberbeitrag von 12 Prozentalle von der ersten Mark an anteilig dieser EinzahlungAnrechte auf Entgeltpunkte und natürlich auch aufWartezeiten bekommen. Das ist eine gerechte und guteLösung. Sie ergänzt das, was wir speziell den Frauenanbieten, daß sie, wenn sie ihren eigenen Arbeitnehme-rinnenanteil bezahlen wie alle anderen in dieser Gesell-schaft, die in der Rentenversicherung sind, dann einenvollen Rentenanspruch mit Reha-Leistungen, mit Lei-stungen bei Erwerbsunfähigkeit und Berufsunfähigkeiterwerben. Das ist ein wirkliches Angebot. Wer hier be-hauptet, es hätte sich für Frauen in diesem Bereichnichts verändert, bei dem weiß ich nicht, wohin derguckt und in welcher Welt der lebt.
Ich denke, daß wir mit diesen Veränderungen die ver-fassungsrechtlichen Probleme, die in der Tat vorhandenwaren – das ist in den Anhörungen deutlich geworden –,ausgeräumt haben, und zwar gut ausgeräumt haben.Geringfügige Beschäftigungsverhältnisse bleibenaber erhalten, das ist wahr. Das ist oft ein Kritikpunkt inunseren eigenen Reihen. Die Situation der Frauen selberhat sich aber gerade durch diesen Rentenanteil verbes-sert. Auch die Sozialkassen werden stabilisiert. Das sindfür uns wichtige Punkte, gerade in einer Zeit, in der dieSozialkassen immer weiter ausgehöhlt werden.Sie formulieren natürlich vielfältige Kritik. Sie wer-fen uns beispielsweise vor, daß die Ausdehnung der ge-ringfügigen Beschäftigungsverhältnisse erschwert wird.Meine Damen und Herren, haben Sie denn noch immernicht begriffen, daß wir genau dies wollen? Das ist eineberechtigte Kritik. Wir wollen die Ausweitung der ge-ringfügigen Beschäftigungsverhältnisse erschweren.
Ihr Widerstand und der der Wirtschaft zeigt mir gerade,daß wir auf dem richtigen Weg sind.
Wir haben mehrere Elemente in dieses Gesetz einge-führt. Zum Beispiel die Meldepflicht, die nicht nur füreinen besseren Überblick sorgt, sondern auch dafür, daßbestimmte Formen des Mißbrauchs und, wenn Sie sowollen, bestimmte Formen der Schwarzarbeit unmöglichgemacht werden. Sie wissen ganz genau, daß es Unter-nehmen gibt, die auf dem Papier mehrere fiktive Perso-nen führen und eine Arbeitskraft einstellen. Das ist eineForm von Stellensplitting, eine Form von Schwarzarbeit,die mit diesem Gesetz nicht mehr möglich sein wird.
Sie haben sich eben darüber erregt, daß Nebenjobsbesteuert werden. Wo kommen wir denn hin, wenn wireine Steuerungerechtigkeit, die es über Jahre hinweg ge-geben hat, immer weiter fortschreiben würden? Wiekann es denn angehen, daß Menschen mit gleichen Ein-kommen – nehmen wir einmal ein Einkommen von3 000 DM – unterschiedlich hohe Steuern zahlen müs-sen? Das verteidigen Sie auch noch. Die einen, die dasmit einem Job verdienen, und die anderen, die früher ih-ren Job in geringfügige Beschäftigungsverhältnisse auf-gespalten haben, haben unterschiedlich hohe Steuernabgeführt. Es war falsch, daß das so war, und es ist rich-tig, daß wir das hier verändert haben.
Meine Damen und Herren, genau dieser Komplexwirkt sich natürlich auch auf Arbeitgeber aus, die bisherdie Pauschalsteuer abgewälzt haben. Die Arbeitskostenwerden höher. Das betrifft aber nur etwa ein Fünftel derBeschäftigungsverhältnisse oder aber diejenigen, bei de-
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 1991
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nen die Nebenjobs versteuert und sozialversicherungs-pflichtig werden.
Genau dieser Komplex führt dazu, daß es mittlerweileReaktionen gibt – sie wurden bereits angesprochen –,geringfügige Beschäftigungsverhältnisse wieder in Voll-zeit-, in vernünftige Beschäftigungsverhältnisse umzu-wandeln. Diese Tendenz kündigt sich an, und ich bindarüber wider all Ihren Unkenrufen sehr froh.
Die Minijobs bleiben erhalten – das ist wahr –, umAuftragsspitzen und Schwankungen aufzufangen. Eineinzelnes Arbeitsverhältnis bleibt auch für die Ar-beitgeber billiger. Es ist auch so, daß in diesem Ge-setz Ausnahmeregelungen erhalten bleiben, beispiels-weise die Zweimonatsfrist oder die 50-Tage-Rege-lung. Alles, was darunterliegt, ist nicht sozialabgaben-pflichtig.Das ist auch der Grund, warum die Aufregung, dieSie von seiten der Zeitungsverleger transportieren, voll-ständig an der Sache vorbeigeht. Das Jahr in der Bun-desrepublik Deutschland hat 52 Wochen, und jemand,der einmal in der Woche eine Zeitung austrägt und dasvielleicht zweimal im Jahr nicht macht,
kann das weiterhin tun, ohne unter die Abgabenpflichtzu fallen.
Was die Tageszeitungsausträger anbelangt, so erlaubtdas Gesetz Aushilfstätigkeiten und zeitlich begrenzteTätigkeiten für Studenten und Rentner. Das ist dieGruppe der Beschäftigten, die diese Beschäftigungsver-hältnisse eingeht. Wir haben versucht, den Zeitungsver-legern entgegenzukommen. Das ist eine gerechte Lö-sung, und mehr geht nicht.
Meine Damen und Herren, die F.D.P. regt sich überunser Gesetz jetzt besonders auf, weil
Sie nichts anderes wünschen, als die geringfügigenBeschäftigungsverhältnisse auszudehnen, weil Sie dieSozialversicherungspflicht nicht wollen. Ich sage Ihnennur: Ihre Kritik ist gerade an der Stelle, an der es umdie Renten geht, unglaubwürdig. Sie werfen uns vor, sieseien zu niedrig; Sie wollen aber überhaupt gar keineSozialversicherungspflicht. Sie werfen uns ebenfalls vor,daß die Beiträge, die bezahlt werden, um Rentenansprü-che zu erwerben, zu hoch sind. Wie wollen Sie es denn?Ich finde, Sie sitzen im Glashaus und werfen mit Stei-nen.
Wir haben mit diesem Gesetz vieles aufgegriffen undmanches noch nicht gelöst. Wir haben noch einiges voruns. Wir haben – davon sprach ich anfänglich – das gro-ße Projekt der eigenständigen Absicherung von Frauenim Alter noch nicht zum Abschluß gebracht. DiesesProblem konnte noch nicht gelöst werden. Auch dasProblem der Teilzeitmauer ist noch nicht gelöst. Ich sageIhnen: Wir werden das durch eine Steuer- und Sozialre-form in Angriff nehmen.
– Man kann das in vier Monaten nicht ordentlich ma-chen. Wir werden diese Probleme durch eine Steuer-und Sozialreform in Angriff nehmen, um im Bereichder Teilzeitarbeit eine bessere soziale Absicherung derFrauen zu erreichen.Meine Damen und Herren, Sie tragen viele Argu-mente vor, die vorgeschoben und falsch sind. Sie wissendas auch sehr genau. Sie haben diese Argumente, diebeispielsweise Rentnerinnen und Rentner verunsichern,auch in die Öffentlichkeit gebracht. Sie haben behauptet,daß Kleinrentner mit diesem Gesetz zur Kasse gebetenwerden. Das ist nachweislich falsch, und das wissenauch Sie.
Ein Rentner mit einem Rentenanspruch von 60 000 DMim Jahr wird einen 630-Mark-Job nicht versteuern müs-sen. Das ist die Realität. Es ist wirklich an der Zeit, daßSie sich hier hinstellen und der Bevölkerung, der Sieüber die Zeitungen falsche Informationen geben, endlicheine Aufklärung zukommen lassen.
Frau Kollegin Dr.
Dückert, Sie haben Ihre Redezeit inzwischen um zwei
Minuten überschritten. Ich muß Sie jetzt doch bitten,
zum Schluß zu kommen.
Ich danke Ihnen, Herr Präsident. Ich komme zumSchluß.Wir haben noch viel zu tun. Diesem Gesetz aber wer-den wir zustimmen, weil es Verbesserungen bringt, weiles Licht in den Dschungel der geringfügig Beschäftigtenbringt, weil es die 630-DM-Grenze festschreibt, die So-Dr. Thea Dückert
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1992 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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zialkassen stabilisiert und endlich allen einen Zugangzur Rentenversicherung eröffnet.
Ich gebe der Abge-
ordneten Irmgard Schwaetzer, F.D.P.-Fraktion, das
Wort.
Herr Präsident!Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute befassen wiruns mit einem weiteren Höhepunkt rotgrüner Regie-rungskunst.
Dieses Wahlversprechen entpuppte sich mehr und mehrals ein „Qualversprechen“. Ihr 630-Mark-Gesetz ist einFlop oder, wie Sie wollen, ein Trauerspiel in fünf Akten.Erster Akt: Die Wahlsieger teilen ihre Geschenke aus,zum Beispiel die Erhöhung des Kindergeldes. DieEmpfänger müssen sie allerdings selbst bezahlen; denndie unselige Ökosteuer, die erst einmal eingeführt wird,reicht leider nicht aus, um die in der Rentenversicherungdurch das Wahlversprechen, den Beitragssatz auf 19,5Prozent zu reduzieren, aufgerissenen Löcher zu stopfen.Also müssen die 630-Mark-Verträge in die Sozialversi-cherungspflicht einbezogen werden.
Diese zunächst von der Koalition geplante Verteuerungder geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse paßt wie-derum weder dem Bundeskanzler noch dem SPD-Vorsitzenden und Nachfrageapostel Lafontaine. Beidebremsen das Projekt aus. Rotgrün legt eine Denkpauseein.Zweiter Akt: Der Bundeskanzler nutzt die Denkpau-se, um zu großer Form aufzulaufen. Das sah am 19. No-vember wie folgt aus: Von den 630 DM haben die Ar-beitgeber sogenannte Pauschalbeiträge an die Renten-und Krankenkassen zu zahlen, aber es soll keine Ge-genleistung für die Versicherten geben. Alle 630-Mark-Verträge sollten steuerfrei sein.
Es sollte keine neuen Belastungen zum Beispiel fürZeitungsverleger, Gastronomie und Handel geben.
– Das hat er versprochen. – Später sollten die Betriebs-räte ein Vetorecht erhalten.
Dritter Akt: Von allen Seiten hageln die Proteste.Diesmal kann die SPD die Verantwortung nicht auf densonst so geliebten kleinen Koalitionspartner abwälzen,weil alles von den SPD-Promis ausgedacht und in dieWelt gesetzt worden ist. Das allerdings hindert die Grü-nen nicht, den ganzen Unfug lauthals zu verteidigen.
In der ersten Lesung teilt uns die Koalition mit festerStimme mit, das alles sei verfassungsrechtlich geprüft.Im übrigen sei es für unsere Sozialversicherung typisch,daß Beiträge ohne Gegenleistungen erhoben würden.
– Das haben sie gesagt.Vierter Akt: Der ersten Lesung folgt der schwarzeSonntag, die Hessen-Wahl. Mit beachtlicher Geschwin-digkeit steigt die rotgrüne Koalition von ihrem hohenRoß herunter. Dann geht es los: ändern, ändern, ändern.„Nachbesserung“ wird zum Wort des Jahres. Dabei be-haupten sie immer noch, sie hätten alle Neuregelungenverfassungsrechtlich genau geprüft. Aber dann kam dieAnhörung. Keiner der Sachverständigen hat auch nurein gutes Haar an ihren Regelungen gelassen. Kein wis-senschaftlicher Sachverständiger – nicht einmal die Ge-werkschaftler – hat ihnen bescheinigt, daß dieses Gesetzpraktikabel sei;
auch hat niemand gesagt, daß es verfassungsrechtlichunbedenklich sei.
Als erstes bleiben die Vetorechte des Betriebsrats aufder Strecke. Dann gibt es für den Pauschalbeitrag dochEntgeltpunkte im Rentenrecht. Auch versucht man, sichbei der Krankenversicherung aus den selbstgestricktenFangnetzen zu befreien. Die Bemühungen der rotgrünenReparaturkolonne stellen allerdings die Sinnhaftigkeitdes Vorhabens erst recht in Frage. Sie glauben, ein Pro-blem zu lösen, und haben drei neue am Hals.
Fünfter Akt: Jetzt will Rotgrün mit dem Kopf durchdie Wand, obwohl sie mit dem neuen Gesetz keines dervon ihnen propagierten Ziele erreichen.
Erstens wollen sie die Finanzgrundlagen der Sozialver-sicherung stabilisieren, ohne die Flexibilität des Ar-beitsmarkts zu beeinträchtigen.
– Darauf komme ich gleich, Herr Kollege. – In Wahrheitfördern sie mit diesem Gesetz ausschließlich dieSchwarzarbeit.
Dr. Thea Dückert
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 1993
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– Darüber werden wir uns in drei Monaten unterhalten.Sie werden es schon sehen.Zweitens. Sie wollten den Schutz der beteiligten Ar-beitnehmer verbessern. Tatsache ist: In der Krankenver-sicherung: null Verbesserung; in der Pflegeversicherung:null Verbesserung; in der Arbeitslosenversicherung: nullVerbesserung; und in der Rentenversicherung bescherenIhre neuen Entgeltpunkte dem Arbeitnehmer pro Bei-tragsjahr eine Monatsrente von maximal 4,17 DM,
aber erst, wenn sie die Wartezeit erfüllt haben, und diebeträgt 42 Jahre.
Meine Damen und Herren von der Opposition, das istwirklich ein Punkt, bei dem man auf die Art der Bera-tung im Ausschuß nur noch wütend sein kann.
Ich habe dem Arbeitsministerium exakt diese Frage ge-stellt. Das Arbeitsministerium hatte einen Tag Zeit, eineAntwort darauf zusammenzubekommen. Als wir kurzvor Mitternacht diese Frage wiederum mit dem Ar-beitsministerium besprochen haben,
war ein Artikel in der „Welt“, in dem der VDR dieseZahlen genannt hat, bereits gedruckt. Das Arbeitsmini-sterium behauptete allerdings, man könne das nicht be-rechnen.
– Das ist nicht nur Schlamperei; meines Erachtens stecktda Absicht hinter.
Sie wollten überhaupt nicht wissen, was für einen UnfugSie beschließen, damit die Kritiker in Ihren Reihen nichtnoch weiter Zubrot bekommen.Drittens. Der Kanzler hatte den Zeitungsverlegernund anderen Wirtschaftsverbänden versprochen, bei den630-Mark-Verträgen gebe es keine neuen Belastungen.
Dazu kann man wirklich nur sagen: Wie versprochen, sogebrochen.
In Wahrheit ist die Ablösung der Lohnsteuerpau-schale durch die Pauschalbeiträge natürlich eine Mehr-belastung. Die Lohnsteuerpauschale war lediglich eineOption für den Arbeitgeber, die Pauschalbeiträge sindkeine Option mehr, also eine zusätzliche Belastung.
– Das war nie ein Problem; das haben wir nie geleugnet.
– Die Arbeitnehmer haben das in vielen Fällen sogargewünscht, weil das auch für sie auf der Steuerkartegünstig war.
Jetzt komme ich zu den famosen Zeitungsausträgern,Frau Dückert. Ich möchte gerne einmal sehen, wo einZeitungsausträger das tägliche Austragen unserer„FAZ“ oder Ihrer „taz“ zu einer Vollbeschäftigung ma-chen kann. Der wird doch nicht die ganze Nacht her-umlaufen, um 8 Stunden auf den Buckel zu bekommen.
Nach der Konstruktion dieser Arbeitsverhältnisse wäredas auch gar nicht möglich. Das wird auch weiterhin inNebenbeschäftigung gemacht.
Das Versprechen Ihres Kanzlers war also schon an demTag Makulatur, an dem er es den Zeitungsverlegern alsZusage gegeben hat.
So viel zu den Zusagen von Herrn Schröder.Bei Ihnen stehen das Abkassieren und die Ideologieim Vordergrund, und zwar – so sage ich einmal – beidesgleichgewichtig. Aber beides hilft dem Arbeitsmarktnicht auf, sondern beides führt nur – das werden Sieauch bei Ihrem sogenannten Steuerentlastungsgesetz se-hen; dieses Gesetz ist ein „Arbeitsplatzvernichtungsge-setz“ – zum Rückgang der Beschäftigung in Deutsch-land führen. Ich finde das schädlich.
Viertens. Sie wollten Haushaltslöcher in den Sozial-kassen wenigstens teilweise stopfen. Geblieben sind1,3 Milliarden DM an Mehreinnahmen für die Kran-kenversicherung, falls Ihre laufend geänderten Rech-nungen denn heute überhaupt noch stimmen. Mit diesenMehreinnahmen kann es Ihnen allerdings nicht schnellgenug gehen. Am 1. April soll das Gesetz in Kraft tre-ten, ohne Übergangsfrist und ohne daß Vertragspartnerauch nur den Hauch einer Chance haben, sich auf dieneuen Gegebenheiten einzustellen. Das allerdings ist neuin der Sozialgesetzgebung Deutschlands, und es ist keinFortschritt.
In der Rentenversicherung geraten Sie bereits mittel-fristig ins Minus; denn die Entgeltpunkte für Ihre Pau-Dr. Irmgard Schwaetzer
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1994 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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schalbeiträge sind dynamisiert. Mit dem Festhalten derGrenze bei 630 DM, also keiner Dynamisierung, wird – –
– Herr Dreßen, darüber könnten wir uns im Ausschußunterhalten, wenn Sie nicht immer dann Schluß der De-batte beantragen würden, wenn es für Sie unangenehmwird.
Die von Ihnen angegebenen Mehreinnahmen in derRentenversicherung sind also eine schlichte Falschbu-chung. Dazu kommen die Finanzrisiken aus der Option.Für 58,80 DM bekommt ein Arbeitnehmer vollenSchutz, für den eine Krankenschwester lange arbeitenund viel Dienst leisten muß.
Alle Sachverständigen haben gesagt, daß dies eineschwerwiegende Ungleichbehandlung ist. Ich bin einmalgespannt darauf, ob das vor dem Verfassungsgericht Be-stand haben wird.
Darüber hinaus belasten Sie die Gebietskörperschaften,die bekanntlich im Geld schwimmen, mit Steuerausfäl-len von insgesamt 2,1 Milliarden DM jährlich. Der Sal-do ist also deutlich negativ.Daß Rotgrün nicht rechnen kann, ist eine alte Er-kenntnis.
Aber daß Sie in den Ausschußberatungen offensichtlichnicht einmal daran interessiert waren, die Konsequenzenaus den Regelungen Ihres Gesetzes wirklich zu begrei-fen, das verstört mich in der Tat fast; das muß ich Ihnenschon sagen.
Frau Kollegin
Schwaetzer, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abge-
ordneten Seifert?
Ja, gern.
Frau Kollegin Schwaetzer, Sie
haben sich gerade darüber aufgeregt, daß für die gering-
fügig Beschäftigten die gleichen Leistungen gewährt
würden wie für eine Krankenschwester, die sehr schwer
arbeiten muß. Wollen Sie allen Ernstes, daß jemand, der
nur einen solchen geringfügigen Job hat, keine Reha-
Leistungen, keine Erwerbsunfähigkeitsrente oder Ar-
beitslosenunterstützung bekommt, wenn es denn erfor-
derlich ist?
Herr Kollege, die
F.D.P. möchte eine nahtlose Regelung in bezug auf den
gesamten Sektor Niedriglohn, in den auch geringfügige
Beschäftigung und Teilzeitarbeit fällt. Wir haben dafür
einen Vorschlag gemacht, das Bürgergeld. Wir hätten
dieses alles gern konkreter mit Ihnen diskutiert.
– Darüber werden wir uns noch unterhalten. Es ist be-
zahlbar, und es wird bezahlbar sein. Zudem hat es ge-
genüber dem Stückwerk, das Sie hier vorlegen, wirklich
den Vorzug, eine Regelung aus einem Guß zu sein. Aber
Sie scheuen die Diskussion über den gesamten Niedrig-
lohnsektor, wenn Sie denn christlich wären, könnte ich
sagen: wie der Teufel das Weihwasser.
– Das war die Antwort auf Ihre Frage. Ich möchte, daß
die abgesichert sind, aber in einem nahtlosen System.
Wir haben dafür einen Vorschlag gemacht.
Ich komme zum Schluß. Wie wir hören, macht Ihnen
das Regieren nach wie vor viel Freude.
Das Publikum lacht über Ihre Scherzartikel allerdings
immer gequälter. Vielleicht sollten Sie sich in Zukunft
in der Tat etwas einfachere Aufgaben vornehmen. Bei
Kindergelderhöhungen können nicht einmal Sie viel
falsch machen. Dadurch würden Sie hilflose Ruder-
übungen vermeiden – hin und wieder zurück –, die Sie
jetzt in der Krankenversicherung und bei den Renten
veranstalten, die nur zu Verunsicherung und keineswegs
– dies bedaure ich – zu mehr Beschäftigung führen.
Ich gebe das Wort
Frau Dr. Knake-Werner, PDS-Fraktion.
Herr Präsident!Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum Glück ist amSchluß der Rede von Frau Schwaetzer doch noch einbißchen neoliberale Soße gekommen; sonst hätte ich fastdie Befürchtung gehabt, daß wir uns, was die Einschät-zung des vorliegenden Gesetzentwurfs angeht, ungeheuernahe sind.
Liebe Kollegin Onur, Sie haben, als Sie hier vorhingesprochen haben, gesagt, Sie hätten Mut gezeigt, weilSie sich endlich mit der Neuregelung der geringfügigenBeschäftigungsverhältnisse befassen. Da kann ich IhnenDr. Irmgard Schwaetzer
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 1995
(C)
(D)
nur ausdrücklich zustimmen. Aber ich sage auch: Mutallein reicht nicht. Ein Konzept muß her, und zwar einesund nicht fünf verschiedene, wie das bei Ihrem Gesetz-entwurf der Fall ist.
Die Einbeziehung der 630-Mark-Jobs in die Sozial-versicherung – das wissen wir alle, die wir in der letztenLegislaturperiode dafür gekämpft haben – und vor allenDingen das Stoppen des Mißbrauchs damit sind seit Jah-ren überfällig. Insbesondere Frauenorganisationen undGewerkschaften haben das nachdrücklich unterstrichen.Wir wissen auch, daß durch das Gezerre insbesonderezwischen CDU/CSU und F.D.P. dieses Problem auf dielange Bank geschoben wurde.
Tatenlos – das muß man Ihnen einfach vorhalten –hat die Vorgängerregierung zugesehen, wie immer mehrversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse in ungesi-cherte Beschäftigung umgewandelt wurden. Vor allemdie explosionsartige Zunahme der 630-Mark-Jobs istdabei die negativste Entwicklung. Sie geht eindeutig aufIhr Konto. Um an die vorangegangene Debatte anzu-knüpfen: Es ist doch genau die Entwicklung, die zu La-sten der Frauen geht.Die Frauen sind es doch vor allem, denen überwie-gend solche versicherungsfreien Jobs angeboten werdenund denen oft nichts anderes übrigbleibt, als sie anzu-nehmen, wenn sie Kindererziehung und Erwerbstätigkeitunter einen Hut bringen wollen. Allein im Handel, un-strittig ein Frauenbereich, gibt es gegenwärtig – soschätzt die HBV – 700 000 geringfügige Beschäfti-gungsverhältnisse. Bei manchen Handelsketten machendiese Jobs mehr als ein Drittel aus. Ich denke, dieserEntwicklung muß unbedingt Einhalt geboten werden.Ich sage Ihnen auf der rechten Seite dieses Hauses auch,daß die Ausweitung der Ladenöffnungszeiten dabeieinen höchst unrühmlichen Beitrag geleistet hat. Auchdas geht auf Ihr Konto.
Nun nimmt sich die Schröder-Regierung vor, dieweitere Zersplitterung des Normalarbeitsverhältnisses in630-Mark-Jobs endlich zu stoppen und mehr sozialenSchutz für die dort Beschäftigten zu schaffen. Jede be-zahlte Erwerbsarbeitsstunde, so sagen Sie, soll nun end-lich versicherungspflichtig werden. Vor allen Dingenden Frauen versprechen Sie eine bessere Alterssiche-rung, ohne sie zusätzlich zu belasten.Das sind fürwahr ehrgeizige Ziele, die Sie verfolgen.Sie hätten bei ihrer Durchsetzung mit unserer vollenUnterstützung rechnen können. Aber damit kein Zweifelaufkommt, sage ich Ihnen auch: Sie werden Ihre Zielemit dem vorgelegten Gesetzentwurf nicht erreichen. Ichwill ausdrücklich sagen: Niemand erwartet von Ihnen,daß Sie alle Probleme gleichzeitig lösen. Aber man darfdoch wenigstens Schritte in die richtige Richtung er-warten, wenn ein entsprechender Gesetzentwurf vorge-legt wird. Auch in diesem Bereich nehmen Sie eher diefalschen Weichenstellungen vor. Ein solches Vorgehenverdient jedenfalls unsere Unterstützung nicht.Liebe Kolleginnen und Kollegen, es muß doch auchIhnen in der Anhörung aufgefallen sein, daß es einen er-heblichen Zweifel daran gibt, ob Sie mit der Festschrei-bung der Geringfügigkeitsgrenze auf dem hohen Ni-veau von 630 DM wirklich zur Eindämmung dieser Jobsbeitragen können. So sehr wir natürlich die Angleichungder Niveaus in Ost und West begrüßen, so deutlich müs-sen wir aber sagen, daß die von Ihnen geplante Anglei-chung auf dem Niveau von 630 DM gerade für Ost-deutschland das völlig falsche Signal ist.
Wir befürchten, daß insbesondere dort eine neue Dy-namik zur Umwandlung von Teilzeit- und Vollzeitar-beitsplätzen in geringfügige Beschäftigungsverhältnisseeinsetzt. Sie müssen mir einmal erklären, was einen Ar-beitgeber, der nun statt der Pauschalsteuer Pauschalab-gaben in die Sozialkassen zu zahlen hat, von dieserUmwandlung abhalten soll. Diese Belastung ist für ihnimmer noch geringer als die Belastung durch einen Teil-zeitjob. Ich will aber auch hier ausdrücklich sagen, daßich es für richtig und gut halte, daß Sie endlich verhin-dern, daß Arbeitgeber die Steuern auf die Beschäftigtenabwälzen können.Mit der Beibehaltung der Geringfügigkeitsgrenze aufdiesem von Ihnen vorgesehenen Niveau – das ist unsereBefürchtung – wird auf Dauer ein Niedriglohnsektoretabliert, der auch in der nächsten Zeit weiter expandie-ren wird und der Druck auf das Lohnniveau und auchauf die Normalarbeitsverhältnisse ausüben wird. MeineBefürchtung ist einfach, daß sich in der SPD die Hom-bach-Linie durchgesetzt hat. Diese Linie kann man inseinem Buch sehr gut nachlesen.Wenn man sich nun schon für die Beibehaltung derGeringfügigkeitsgrenze entscheidet, dann muß man we-nigstens die Einbeziehung der unter ihr Beschäftigten indie Sozialversicherung konsequent und nicht halbherzig,wie Sie es tun, anpacken.Wenn Sie sich an dem Grundsatz orientieren, daß je-de bezahlte Arbeitsstunde versicherungspflichtig seinsoll, dann heißt das doch: Beiträge in alle vier Säulendes sozialen Sicherungssystems, aber wenigstens eineverbesserte Alterssicherung für Frauen. Genau daswollten Sie doch regeln. Aber auch hier bleiben Siehalbherzig.Nach unserer Einschätzung schaffen Sie mit der vor-gesehenen Regelung ein Rentenrecht zweiter Klasse,weil dem 12prozentigen Anteil der Arbeitgeber zurRentenversicherung nur Teilansprüche gegenüberstehenund die Frauen erst dann, wenn sie zuzahlen, einen vol-len Anspruch an die Rentenversicherung haben. GeradeFrauen, für die die 630-Mark-Jobs oft die einzige Ein-nahmequelle sind, werden sich häufig aus finanziellenGründen diese Option nicht leisten können.
Genau das werfe ich Ihnen vor: Ich werfe Ihnen einfachvor, daß Sie faktisch für diejenigen keine Regelung tref-Dr. Heidi Knake-Werner
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1996 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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fen, die den Schutz der Rentenversicherung am aller-meisten brauchen. Ihnen freizustellen, sich voll oderzum Teil zu versichern, verstößt nun fürwahr gegen denSchutzgedanken unseres sozialen Sicherungssystems.Das können wir einfach nicht mittragen.Wenn Sie schon die paritätische Finanzierung derRentenversicherung durchbrechen, dann hätten Sie denArbeitgebern bis zur Geringfügigkeitsgrenze beide Bei-tragsanteile, also 19,5 Prozent, auferlegen können. Da-mit hätten Sie wirklich einen Schritt für mehr sozialeGerechtigkeit getan.
Die Beiträge für die Krankenkassen dienen – das sagenauch Sie sehr eindeutig – allein zur Schaffung neuer Fi-nanzressourcen für die Krankenversicherung. Wir ha-ben eine Menge anderer Vorschläge, wie Sie die Finanz-ressourcen der Krankenversicherung verbessern können.Heben Sie doch die Beitragsbemessungsgrenze an –,oder verbreitern Sie die Basis der Beitragszahlungen zurgesetzlichen Krankenversicherung, anstatt auch diesesProblem noch auf dem Rücken der Geringstverdienen-den zu lösen! Das können wir nicht mittragen. Zusätz-lich vergessen Sie auch noch die Pflegeversicherung.Deren Einbeziehung hätte nun wirklich geholfen.
– Die Arbeitslosenversicherung ist der nächste Punkt,den ich für äußerst kritikwürdig halte. Warum werdendie geringfügig Beschäftigten nicht in die Arbeitslosen-versicherung einbezogen? – Sie wissen ganz genau, daßdas eine wirkliche Brücke für eine zukunftsfähige Per-spektive dieser Beschäftigten gewesen wäre.Ich sage Ihnen sehr deutlich: Die Regelung, die Siejetzt vorlegen, bedeutet keinen Schritt in die richtigeRichtung. Sie werden es nicht schaffen, die Zahl derversicherungsfreien Beschäftigungsverhältnisse einzu-dämmen. Sie werden es auch nicht schaffen, daß Frauenmehr sozialen Schutz haben.Noch ein Wort zur Besteuerung. Ich finde es richtig,daß die Nebenverdienste besteuert werden. Aber erklä-ren Sie mir einmal, warum Sie die Ehefrauen aus derRegelung herauslassen, obwohl Sie ansonsten am Ehe-gattensplitting festhalten! Wenn Sie die Ehefrauen indieser Situation steuerlich begünstigen, dann sorgen Siedafür, daß ebendiese Frauen in der 630-Mark-Job-Fallefestgehalten werden. Sie zementieren die Rolle dieserFrauen als traditionelle Zuverdienerinnen. Das ist wedersozial noch emanzipatorisch.
Frau Kollegin, ich
muß auch Sie bitten, jetzt Ihre Rede zum Abschluß zu
bringen.
Ich bin sofort fer-
tig. – Ich hätte mir genauso wie viele Frauen, die uns
heute zuschauen, gewünscht, heute das unsägliche Ka-
pitel der 630-Mark-Jobs durch beschäftigungspolitisch
sinnvolle Regelungen und durch mehr soziale Sicherheit
für Frauen schließen zu können. Das wäre das geeignete
Signal zum Internationalen Frauentag gewesen. Diese
Chance haben Sie vertan. Deshalb stimmen wir gegen
Ihren Gesetzentwurf.
Ich gebe das Wort
der Abgeordneten Ingrid Fischbach von der CDU/CSU-
Fraktion.
Herr Präsident!Meine Damen und Herren! Ich höre heute noch dievollmundigen Wahlversprechungen der SPD. Die Kol-legin Onur hat gerade die Auffassung vertreten, sie seieneingelöst. Ich sage Ihnen gleich, daß und warum Sie sienicht eingelöst haben.Mir klingt allerdings noch in den Ohren: Wir werdennicht alles anders – das war schon klug, aber dann kamein Zusatz –, aber vieles besser machen. – Meine Damenund Herren von der SPD-Fraktion: Der Gesetzentwurf,den Sie heute vorlegen, ist kein Beleg für „besser ma-chen“. Deshalb sage ich Ihnen: Lassen Sie es sein; Siekönnen es nicht.
Diese Vorlage ist nicht besser, sondern ein Armutszeug-nis.
– Wenn Sie mir jetzt bitte einmal zuhören, Herr Gilges,dann sage ich Ihnen, was wir gemacht haben. – KeinGesetzentwurf wurde so oft mit unterschiedlichen In-halten vorgetragen wie dieser. Der wievielte Entwurf istdas eigentlich? Der vierte? Oder kommt gleich noch derKanzler und bringt uns den fünften? Ich weiß es nicht.
Kein Gesetzentwurf ist in einer Anhörung so nieder-gemacht und abqualifiziert worden wie dieser. Hat über-haupt ein Sachverständiger ein gutes Haar an dieserVorlage gelassen? Ich kann mich nicht erinnern.
Kein Gesetzentwurf hat das Chaos und das Unvermögeneiner Regierung so deutlich gemacht wie dieser, obwohldiese Vorlage durchaus große Konkurrenz bekommenkönnte: Ich denke an das Steuerentlastungsgesetz, überdas wir heute morgen debattiert haben, und an die Öko-steuer, über die wir gestern diskutiert haben. – Chaoshoch drei.An das Chaos im Familienausschuß gestern will ichgar nicht mehr erinnert werden. Wir sollten über Ände-rungen an dieser Vorlage entscheiden, von denen dieKolleginnen der Regierungskoalition sagten: Wir wissenDr. Heidi Knake-Werner
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 1997
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nicht genau, wie die Änderungen aussehen; aber das istauch noch nicht so wichtig, die Änderungen kommenheute nachmittag; wir entscheiden schon einmal. Dannwurde flugs ein Änderungsantrag auf den Tisch gelegt.Dieser Änderungsantrag wurde wieder geändert. – Die-ses Chaos ist nicht mehr zu überbieten.
Ich möchte Ihr Unvermögen auch noch an anderenStellen deutlich machen.
Sie, meine Damen und Herren der Regierungskoalition,werden die Ausweitung der geringfügigen Beschäfti-gungsverhältnisse nicht eindämmen. Sie werden auchden Mißbrauch durch Ihre Kontrollmaßnahmen nichtausschalten. Sie werden genauso die Ausweichreaktio-nen in den Bereich der Schwarzarbeit nicht verhindern.Sie werden auch nicht ein weiteres Aufsplitten der Ar-beitsverhältnisse verhindern. Vor allem geben Sie Frau-en – gerade heute haben wir Berichte und Wortmeldun-gen zum Internationalen Frauentag gehört –, die vorran-gig in diesen Beschäftigungsverhältnissen arbeiten, mitdieser Vorlage keine Option auf eine verbesserte Al-terssicherung.
Durch die Anhebung der Geringfügigkeitsgrenzein den neuen Bundesländern von 530 DM auf 630 DMwird meines Erachtens der Anreiz zu Minijobs noch er-höht. Ich bin sicher, daß es in den neuen Bundesländernzu einer deutlichen Ausdehnung von geringfügigen Be-schäftigungsverhältnissen kommen wird.
Sie haben das Problem der Frauen, die in diesen ge-ringfügigen Beschäftigungsverhältnissen arbeiten, ganzkorrekt dargestellt. Ich muß Sie insofern loben, als Sieerkannt haben, daß vorrangig Frauen betroffen sind.Aber, meine Damen von der SPD und von den Grünen,wo sind eigentlich Ihre Forderungen der letzten Jahregeblieben?
– Frau Kollegin, ich war noch nicht Mitglied in diesemHause; deswegen konnte ich nicht dabeisein. – Wer hatIhnen eigentlich den Mund verboten? Durften Sie sichnicht mehr äußern und einbringen? Meine Damen derSPD-Fraktion, hat Ihnen der Fraktionschef wie damalsin der entsprechenden Sitzung wieder einen Maulkorbverhängt? – Ich muß es fast annehmen; denn dieser Ge-setzentwurf ist eine Ohrfeige für die Frauen.
Gerade Sie, meine Damen und Herren der Regie-rungskoalition, die Sie sich immer als d ie Frauenpoliti-kerinnen und Frauenpolitiker darstellen, lassen die Frau-en nun im Regen stehen. Diese merken das.
Ich zitiere – hören Sie bitte einmal zu –:... mit großer Empörung mußten wir zur Kenntnisnehmen, daß die Bundesregierung beabsichtigt, aneinem geteilten Beschäftigungssystem mit Arbeit-nehmerinnen erster und zweiter Klasse festzuhal-ten.Und weiter:Mit der jetzigen Regelung besteht der allseits be-klagte graue Arbeitsmarkt fort, der illegalen undnicht existenzsichernden Arbeitsverhältnissen Türund Tor öffnet.Und zu guter Letzt:Die derzeit von Ihnen– damit sind Sie gemeint, meine Damen und Herren vonder Regierungskoalition –geplanten Maßnahmen– man höre und staune –werden nicht zum sozialen Frieden beitragen undmüssen – gemessen an den Ankündigungen im Ko-alitionsvertrag –
– warten Sie, das kommt; seien Sie nicht so neugierig;ich bin gleich fertig –als gewaltige Mogelpackungen bezeichnet werden.Diese Worte – jetzt komme ich darauf, Herr Kollege –stammen aus der Feder der Geschäftsführerin der Lan-desarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros undGleichstellungsstellen Nordrhein-Westfalen.
Das war eine Ihrer Mitstreiterinnen. Ich muß sagen, daßdiese Worte für Sie vernichtend sind.Meine Damen und Herren, wenn Sie schon der Oppo-sition nicht glauben und unsere Vorschläge nicht ernstnehmen – auf viele Teile, die Sie jetzt geändert haben,sind wir bereits in den Ausschüssen zu sprechen ge-kommen und haben Sie darauf hingewiesen –, glaubenSie doch wenigstens Ihren Vertrauten. Glauben Sie die-ser Geschäftsführerin! Glauben Sie dem DeutschenFrauenrat, der Ihren Gesetzentwurf ebenso verwirft!Glauben Sie doch Ihrer Ministerpräsidentin Simonis!Tun Sie mir den Frauen zuliebe den Gefallen!Ihre Neuregelung stellt keine Brücke in reguläre so-zialversicherungspflichtige Beschäftigung dar; siewird genau das Gegenteil bewirken.
– Ich kann warten. – Ihr Gesetzentwurf fördert die so-ziale und wirtschaftliche Eigenständigkeit der Frauennicht. Er wirkt dem völlig entgegen.Meine Damen und Herren von den Regierungspartei-en, diese Regelung wird nicht zum sozialen Frieden bei-tragen. Wie soll man der alleinerziehenden Mutter, dieIngrid Fischbach
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1998 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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einen 630-Mark-Job angenommen hat, um für sich undihr Kind etwas dazuzuverdienen, denn erklären, daß sienun Steuern zahlen muß, während die Ehegattin einesgutverdienenden Mannes keine zahlen muß? Ich greifejetzt einmal das Frauenbild unseres Kanzlers auf: Ichkönnte mir vorstellen, daß Frau Schröder-Köpf alsselbstbewußte Frau auch ein paar Mark zum Urlaub da-zuverdienen will. Wenn sie aber eine 630-Mark-Beschäftigung dazu annähme, bräuchte sie dafür keineSteuern bezahlen.
Wie können Sie, die Sie uns ständig vorwerfen, wir hät-ten die soziale Gerechtigkeit aus den Augen verloren, sounsozial handeln?
Frau Kollegin
Fischbach, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kolle-
gin Dr. Dückert?
Ich möchte auf die
Zwischenfrage verzichten, weil das meine erste Rede ist.
Ich bin davon überzeugt, daß Sie hier nicht nur unso-
zial, sondern auch verfassungswidrig handeln. Sie wer-
den, wie schon beim Verstoß gegen das Äquivalenzprin-
zip, die Verfassungswidrigkeit früher oder später erken-
nen.
Meine Damen und Herren, der von der Koalition vor-
gelegte Gesetzentwurf zur Neuregelung der geringfügi-
gen Beschäftigungsverhältnisse ist ein Schritt in die fal-
sche Richtung. Das Ziel, mehr versicherungspflichtige
Beschäftigung zu schaffen, wird damit nicht erreicht.
Der „Tagesspiegel“ schrieb – auch das kommt nicht
von ungefähr – am 26. Februar 1999:
Das Projekt „Reform der Mini-Jobs“ ist gut ge-
meint, führt aber ins sozialpolitische Nichts. Das
Beste für alle wäre
– jetzt hören Sie gut zu, Herr Kollege –,
die Regierung zöge den ganzen Schlamassel zurück
...
Der „Tagesspiegel“ hat recht: Ziehen Sie den ganzen
Schlamassel zurück, und stimmen Sie unserem Antrag
zu!
Danke schön.
Das war, wie bereits
gesagt, die erste Rede der Kollegin Fischbach. Ich darf
ihr im Namen des Hauses dazu gratulieren.
Nun gebe ich das Wort dem Kollegen Peter Dreßen
von der SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damenund Herren! Sie von der Opposition haben sich ja unsereGesetzesvorlage sehr kritisch und scharf vorgenommen.Das ist auch Ihr gutes Recht.
Ich möchte aber doch einmal feststellen, daß gerade Sieder Auslöser dafür waren, weshalb das Gesetz jetzt inder Form zur Beratung ansteht.
Jeder, der ein wenig Ahnung von unserem Sozialver-sicherungswesen hat, weiß, daß zur Finanzierung des-selben allein der Faktor Arbeit zählt.
Ihre Partei hat in den letzten 16 Jahren die Bemessungs-grundlagen permanent verengt, gnädige Frau; so ist es,auch wenn Sie noch so schreien. Sie hat zugelassen, daß1 Million Menschen, die eigentlich sozialversicherungs-pflichtig arbeiten, zur Scheinselbständigkeit gezwungenwurden, nur um das eine Ziel zu erreichen: Sozialversi-cherungsbeiträge zu sparen. Sie haben zugelassen, daßnormale Arbeitsverhältnisse in sogenannte 630-Mark-Jobs aufgestückelt wurden. Auch hier war das einzigeZiel, Sozialversicherungsbeiträge zu sparen.Das bedeutete, daß Sie mit der Zeit ein Einnahme-problem bekamen, das die jetzige Koalition lösen muß.An die 4 Millionen Arbeitslosen will ich in diesem Zu-sammenhang gar nicht denken. Sie begegneten diesemProblem, indem Sie schlicht das Arbeitslosengeld unddie Arbeitslosenhilfe gekürzt haben. In der Krankenver-sicherung haben Sie die Mehrkosten auf die Patientenverlagert; Stichworte: Lohnfortzahlung und Zuzahlungbei den Medikamenten. In der Rentenversicherungwollten Sie das Rentenniveau von 70 auf 64 Prozentsenken. Weil das alles noch nicht ausgereicht hat, muß-ten Sie zusätzlich die ordentlichen Arbeitsverhältnisse,die noch bestanden haben, mit höheren Beiträgen bele-gen.
Sie werden verstehen, daß die Koalition von SPD undGrünen diesen Weg nicht gehen wird.
Wir versuchen mit dem Gesetz, das wir Ihnen nun vor-legen, die Bemessungsgrundlage dadurch zu erweitern,so daß wieder alle, die arbeiten, entsprechende Beiträgein die Sozialversicherung zahlen.Ingrid Fischbach
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 1999
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Es mag sein, daß dies noch immer nicht ausreicht, umdie Finanzen der Sozialversicherung wieder zu ordnen.
Aber Sie wissen auch, daß wir angekündigt haben, inden drei großen Bereichen – Rente, Krankenversiche-rung und Arbeitslosenversicherung – Strukturreformendurchzuführen, in aller Ruhe und Gelassenheit und nachGesprächen mit allen Bevölkerungsgruppen. Im Gegen-satz zu Ihnen werden wir die Probleme nicht nur aufdem Rücken der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmeraustragen. Das ist der große Unterschied zwischen Ihnenund uns.
Nun darf ich einmal zu dem Antrag kommen, denSie uns vorgelegt haben. Da lese ich:Die geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse ha-ben sich bewährt und müssen erhalten bleiben.Diesen Satz liest man im ersten Teil Ihres Antrages. Imzweiten Teil, wo es heißt: „Der Bundestag wolle be-schließen“, steht dann:Eine Reform der geringfügigen Beschäftigungsver-hältnisse ist notwendig.Was trifft nun zu? Sind die geringfügigen Beschäfti-gungsverhältnisse in Ordnung, oder müssen sie refor-miert werden?
Und wenn, dann sagen Sie doch einmal, wie. Wenn sichdie 630-Mark-Jobs so großartig bewährt haben, meineDamen und Herren von der CDU/CSU, wozu wollen Siedann eine Reform? Sie widersprechen sich in Ihrem ei-genen Antrag.Uns nun wegen einiger Änderungen vorzuwerfen, wirwüßten nicht, was wir wollen, finde ich schon merkwür-dig.
Sie müssen sich doch erst einmal entscheiden, was Siewollen. Wir haben uns entschieden.
Unter Punkt 2 Ihres Antrages schreiben Sie, daß eineLösung des Problems nur im Rahmen eines Gesamtkon-zepts erfolgen könne.
– Das finde ich nun wirklich lustig, Frau Schnieber-Jastram. 16 Jahre waren Sie an der Regierung und hättenein Gesamtkonzept erstellen können, 16 Jahre hätten SieZeit gehabt, um den Betroffenen zu helfen! Doch dazuwaren Sie nicht in der Lage. Daraus, daß Sie uns nunvorwerfen, das sei alles nichts, spricht, so empfinde ich,einfach nur der pure Neid darüber, daß diese Koalitionjetzt zügig umsetzt, was sie im Wahlkampf versprochenhat.
Es ist wahr: Dieses Gesetz hat in der parlamentari-schen Beratung einige Veränderungen erfahren. Aber –das ist auch heute morgen bei der Steuerdebatte schondeutlich geworden – dies ist auch ein neuer politischerStil, den wir verwirklichen wollen.
Wenn uns Sachverständige während der Beratung sagen,daß es da oder dort verfassungsrechtliche Bedenkengibt, oder Vorschläge machen, die schlicht besser sind,dann nehmen wir das ernst.
Es ist uns zum Beispiel – ich sage Ihnen das ganz offen– nicht leichtgefallen, den ursprünglichen Art. 10, mitdem wir die Betriebsräte stärker beteiligen wollten, er-satzlos zu streichen. Aber wenn uns Gewerkschaftenund Arbeitgeber signalisieren, daß wir diesen Artikelstreichen sollten, ist es für uns eine Verpflichtung, dar-über nachzudenken und entsprechend zu handeln.
Ähnlich erging es uns bei der Steuerfrage. Das warvorhin auch das Thema von Frau Schwaetzer. Auch hierhaben Wissenschaftler und Fachverbände geraten, dasGanze etwas anders zu gestalten. Auch hier haben wirmeines Erachtens richtig gehandelt. Uns nun vorzuwer-fen, das Gesetz werde alle fünf Minuten geändert, istgrotesk.
Im Interesse der Sache haben wir versucht, bei den An-hörungen hinzuhören und entsprechend zu handeln.
Wenn ich da an die Anhörungen in Ihrer Zeit denke,dann wird mir wirklich schwarz vor Augen, weil IhnenSachverständige, Wissenschaftler sowie Vertreter derGewerkschaften und der Arbeitgeber sagen konnten,was sie wollten – Sie haben nicht einen Punkt, nicht einKomma geändert. Also auch hier entsteht ein neuer po-litischer Stil, und das ist auch so in Ordnung.
Wir haben nicht den Anspruch, allwissend zu sein.Wenn das so wäre, bräuchten wir ja keine Anhörungen.Seien Sie doch froh, wenn Anhörungen in der ZukunftPeter Dreßen
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2000 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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wieder als Beratung des Parlamentes ernst genommenwerden.
Dennoch: Dieser Gesetzentwurf führt dazu, daß aufdem Arbeitsmarkt wieder mehr Ordnung herrscht. Da-bei hatten wir – zugegeben – von Anfang an einen Spa-gat machen müssen: Wir wollten die Arbeitgeber nichtzusätzlich belasten. Der Arbeitgeber, der in der Vergan-genheit die 20prozentige Lohnpauschale einschließlichder Kirchensteuer gezahlt hat, wird in Zukunft keinegroßen Mehrbelastungen haben. Derjenige allerdings,der sich bisher meines Erachtens unsozial verhalten hat,den werden wir mit diesem Gesetz treffen. Aber der an-dere hat, wie gesagt, keinerlei Probleme.
Ich weise darauf hin: Auch im Bereich der Zeitungs-verlage gibt es solche, deren Zeitungen am Morgen vonArbeitnehmern in ordentlichen Beschäftigungsverhält-nissen ausgetragen werden.
Die Kreativität mancher Zeitungsverleger ist so groß,daß sie dies schaffen. Ich finde, die anderen Verlagesollten überlegen, ob sie das nicht auch tun können.Deswegen sollte man diesbezüglich nicht allzu vieleKrokodilstränen vergießen.
Im übrigen muß ich eines feststellen: Wir haben am27. September letzten Jahres die Wahl gewonnen, weilviele Menschen gesagt haben: Ihr in Bonn müßt etwasbewegen. Da muß sich etwas verändern. Der Reformstaumuß aufgelöst werden.
Nun tun wir das, und natürlich sagt jeder, den wir einbißchen bewegen: Laßt mich stehen, bewegt den ande-ren.
Das ist verständlich. Aber wir werden ein paar bewegen;da habe ich überhaupt keine Bedenken.
Zurück zu den Arbeitnehmerrechten. Auch diesbe-züglich haben wir eine Verbesserung erreicht, und zwarbei all den geringfügig Beschäftigten, die keine weiterenEinnahmen haben. Hier werden zusätzliche Rentenan-wartschaften ermöglicht.Frau Schwaetzer, was Sie vorhin zum Thema Rentegesagt haben, stimmt natürlich in dieser Form nicht. DerArbeitnehmer muß, wenn er den vom Arbeitgeber zuzahlenden Rentenversicherungsbeitrag nicht um 7,5 Pro-zentpunkte aufstockt, rund 25 Jahre warten. Wenn eraber den Beitrag um 7,5 Prozentpunkte aufstockt – ichrufe dazu auf, dies zu tun –, dann hat er nach fünf Jahrendie Pflichtzeiten erfüllt und hat zusammen mit den ande-ren Ansprüchen, die er schon erworben hat, eine Rentezu erwarten.
Deswegen waren Ihre Ausführungen nicht richtig. Siesollten sich einmal über das Rentenrecht informieren.
Ich kann also nur alle auffordern, daß sie diese 7,5 Pro-zentpunkte zahlen.Sie haben, wie gesagt, in den letzten 16 Jahren nichtsdazu getan, daß auf dem Arbeitsmarkt wieder Ordnunggeschaffen wird. Die Einbringung dieses Gesetzentwur-fes war notwendig und richtig.
Sie waren dazu nicht imstande. Meine Kollegin Onur hataufgezeigt, daß gerade die größere Oppositionsparteizwar willig, aber leider nicht handlungsfähig war.Ein großer Fortschritt ist, daß nun von der erstenD-Mark an Beiträge in die Sozialversicherung fließen.Der Faktor Arbeit ist die einzige Bemessungsgrundlagezur Finanzierung der Sozialversicherung. Wer es wie Siezuläßt, daß immer mehr Arbeit nicht der Sozialversiche-rung unterliegt, macht dieses System auf Dauer kaputtund ist der Totengräber der Sozialversicherung. Diesunterstelle ich zwar nicht dem Arbeitnehmerflügel derCDU/CSU, aber dem Wirtschaftsrat und insbesondereder F.D.P.
Zu einer Kurzinter-
vention gebe ich dem Abgeordneten Niebel das Wort.
Meine sehr verehrten Damenund Herren, Kollege Dreßen hat soeben behauptet, wir,die Opposition, seien verantwortlich für die Art undWeise der Beratung dieses Gesetzentwurfes. Diese Be-hauptung weise ich mit aller Entschiedenheit zurück.Für diesen Murks sind wir nicht verantwortlich.
Peter Dreßen
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 2001
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Diese Verantwortung, Herr Kollege Dreßen, liegt einzigbei der Regierungskoalition. Damit müssen Sie auch inZukunft leben; denn die jetzt mittlerweile, so glaube ich,sechste Fassung dieses katastrophalen Gesetzentwurfeswird mit Sicherheit nicht die letzte sein. Sie sind Meisterin der Nachbesserung. Das Problem ist bloß, daß„nachbessern“ als Wort grundsätzlich impliziert, daßetwas eigentlich Gutes noch besser gemacht wird. Wirhaben in dieser Debatte ständig erfahren, daß Murksnoch mehr verhunzt worden ist. Ich möchte Ihnen das aneinigen Beispielen erläutern. Ich sage sogar überspitzt,warum wir nicht dafür verantwortlich sind:Ich bin nicht dafür verantwortlich, daß Sie Millio-närsgattinnen von der Steuer freistellen, daß Sie aber diealleinerziehende Mutter, die nebenher Unterhalt bezieht,in die Steuerpflicht nehmen.
Ich bin nicht dafür verantwortlich, daß die Nebenbe-schäftigung von Beamten und privat Krankenversicher-ten den Arbeitgeber zehn Prozent weniger Lohnleistun-gen kostet, als das bei Sozialversicherungspflichtigen inNebenjobs der Fall ist. Das ist Ihre Verantwortung.
Ich bin nicht dafür verantwortlich – das gilt auch fürmeine Kolleginnen und Kollegen –, daß Sie, Herr Kol-lege Dreßen, mit Ihrer Verfahrensmehrheit die parla-mentarischen Rechte der Opposition ständig sträflichmißachtet haben, daß Sie trotz substantieller Änderun-gen in der Gesetzesvorlage – die der Kollege Ostertagim Ausschuß bestätigt hat – gesagt haben, es gebe keineVeranlassung zu einer erneuten Anhörung, daß Sie sichgeweigert haben, exakte Finanzdaten abzugeben, undstatt dessen mit der Beendigung der Debatte reagiert ha-ben – was dazu geführt hat, daß wichtige Fragen derOpposition nicht geklärt werden konnten.
Ich bin auch nicht dafür verantwortlich, Herr KollegeDreßen, daß dieser Murks an Gesetz, der heute wahr-scheinlich mit der Mehrheit der Koalition beschlossenwird, dazu führt, daß Privathaushalte, die beispielsweiseeine Reinigungskraft für zwei Stunden in der Woche be-schäftigen, mit dem exakt gleichen Verwaltungsauf-wand überzogen werden wie Großbetriebe, die eine ei-gene Personalabteilung haben, die eine eigene Buchprü-fung haben.
Die kleinen Leute, die zu Hause eine Hilfe beschäftigen,werden von Ihnen ohne Übergangsfrist quasi gezwun-gen, in die Schwarzarbeit und in die Illegalität abzudrif-ten.Für all das sind wir nicht verantwortlich. Deswegensage ich auch heute noch einmal: Die F.D.P. ist die Par-tei der sozialen Verantwortung
– das gefällt Ihnen immer noch nicht; aber das lebt jaauch von der Kunst der Wiederholung –, weil wir denMenschen die Möglichkeit geben wollen, ihren Lebens-unterhalt zumindest teilweise aus eigener Arbeit zu er-wirtschaften, während Ihre Politik unsozial ist.Vielen Dank.
Auf diese Kurzin-
tervention kann der Kollege Peter Dreßen antworten.
Bitte schön.
Herr Kollege Niebel, wenn diePartei der Besserverdienenden in der Zukunft die Parteider sozial Schwachen sein will, habe ich nichts dagegen.Dann treten wir eben miteinander in einen Wettstreit ein.Nur, wir haben in den letzten 16 Jahren erfahren, daßSie permanent Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe gekürzthaben und daß Sie bei allen Schweinereien, bei denen esdarum ging, Rechte der Arbeitnehmer abzubauen, da-bei waren.
Deswegen war von sozialer Verantwortung zumindest inden letzten 16 Jahren nichts zu sehen. Ich bin aber ge-spannt, wie es in der Zukunft sein wird.Ihr Vorgänger als wirtschaftspolitischer Sprecher hatoffen dafür plädiert, daß wir die Sozialversicherung ambesten abschaffen und alles privatisieren sollten. Das istdie These, die Sie in den letzten 16 Jahren vertreten ha-ben.
Deswegen wurde in diesem Bereich auch nichts geän-dert; denn es kam Ihnen natürlich entgegen, daß immerweniger Geld in die Sozialversicherung hereinkam. Jemehr Probleme die Sozialversicherung hatte, um somehr konnte Herr Lambsdorff mit seiner Privatisierereinach vorne treten. Weil Sie dieses Problem in den letz-ten 16 Jahren nicht gelöst haben, sind Sie natürlich mitverantwortlich, daß wir jetzt schnell handeln müssen.Wir haben dieses Gesetz daher schon jetzt vorgelegt; dassind wir den betroffenen Arbeitnehmerinnen und Ar-beitnehmern einfach schuldig.Wenn ich diese Debatte um die Millionärsgattin höre,
dann muß ich Ihnen sagen: Auch die Frau des durch-schnittlich verdienenden Arbeitnehmers, die nur 630DM verdient, arbeitet natürlich steuerfrei. Wir wollenaber einmal sehen, wie viele Millionärsgattinnen dannfür 630 DM im Kaufhaus putzen oder hier den Saal inOrdnung bringen.
Dirk Niebel
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2002 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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Vielleicht macht das Ihre Frau oder der Mann von FrauSchwaetzer, ich weiß es nicht.Ich will damit nur sagen: In den letzten 16 Jahren istsehr vieles in der Sozialversicherung ausgeblutet. Dafürtragen Sie die Verantwortung.
Bevor ich das Wort
weitergebe, will ich darauf hinweisen, daß mit der na-
mentlichen Abstimmung gegen 17.25 Uhr zu rechnen
ist. Ich bitte die Kolleginnen und Kollegen, sich darüber
hinaus auf eine weitere namentliche Abstimmung im
Laufe des Abends einzustellen.
Nun hat das Wort der Kollege Wolfgang Meckelburg
von der CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsi-dent! Meine Damen und Herren! Zumindest eines dürfteim Gesetzgebungsverfahren bei der Neuregelung der630-Mark-Jobs klar geworden sein: Regieren ist keinegeringfügige Beschäftigung.
– Ob das noch Spaß macht – Sie sagen das –, weiß ichnicht.Zumindest sollten Sie die oben genannte Erkenntnislangsam verinnerlichen. Was ich auf Grund des Verfah-rens der letzten Wochen und Monate, auf Grund dervielen Vorschläge, die gemacht wurden, überhaupt nichtverstehen kann, ist, daß Sie hier in Lobhudelei ausbre-chen, wenn man sich das Ergebnis dieser Beratungenanschaut.Ich sage es von vornherein: Wir werden diesen Ge-setzentwurf ablehnen, weil die Regelung, die Sie jetztvorgelegt haben, zu mehr Bürokratie, zu sozialen Unge-rechtigkeiten führt und ein Durcheinander bei der steu-erlichen Behandlung bringt. Der Kollege Ramsauer hateben eine Reihe von Beispielen genannt. Sie haben keinKonzept für den Niedriglohnsektor vorgelegt. Es wärewichtig gewesen, da einmal die Schallmauer der 630-Mark-Jobs zu durchbrechen.
Da hätten wir Ihnen gern ein wenig mehr Zeit gegönnt.Sie hätten nur den Mut haben müssen, dies einmal rich-tig anzupacken.
Das eigentliche Ziel, Herr Kollege Gilges, Eindäm-mung des Mißbrauchs bei den Billig-Jobs, wird si-cherlich nicht erreicht.Mit der heutigen Verabschiedung findet ein konzep-tionsloser Prozeß seinen wenig ruhmreichen Abschluß.Schon vor der Formulierung des Gesetzentwurfs gab esein Verwirrspiel der Vorschläge. Die Frage: „Wie vieleVorschläge gab es eigentlich?“ ist heute häufig gestelltworden. Während des Verfahrens gab es einen wirkli-chen Zickzackkurs. Bei uns zu Hause sagt man: Rin inneKartoffeln, raus ausse Kartoffeln.
Es war kaum nachvollziehbar, in welchem Tempo Siedie Vorschläge geändert haben.
Die Anhörung hat ein niederschmetterndes Urteilgebracht. Ich habe noch nie erlebt, daß es eine Anhörunggab, bei der alle Beteiligten durchweg deutlich gesagthaben: So geht es nicht. – Wir haben gesehen, wie diestellvertretende Vorsitzende des DGB, Frau Engelen-Kiefer, bei den Antworten herumeierte, bis sie schließ-lich den Satz äußerte: Es ist ja wenigstens erwähnens-wert, daß Sie sich bemühen, in der Frage weiterzukom-men. So recht zufrieden war sie, glaube ich, an der Stelleauch nicht.
Diese Anhörung war höchst peinlich. Sie hätten den Ratdes Kollegen Louven bei der Einbringung ernst nehmensollen: Nehmen Sie diesen Murks zurück! Sie hätten denMut haben müssen, sich mehr Zeit zu nehmen.Meine Damen und Herren, es ist noch nicht zu spät.Ziehen Sie diesen Maxi-Flop zurück! Er wird Ihnen inden nächsten Monaten und Jahren Ärger bereiten. Dar-auf müssen Sie sich gefaßt machen.
Sie haben sich zumindest bemüht, in aller Hektik ver-fassungsrechtliche Grobschnitzer zu beseitigen. Dashätte man auch vorher merken können, wenn mangründlich vorberaten hätte. Dazu brauchten Sie die An-hörung und den Druck durch das verfassungsrechtlicheGutachten des Landes Baden-Württemberg. Das ist kei-ne Konzeptionsstrategie, die Sie in dieser Frage verfol-gen; das ist eine Pannenvermeidungsstrategie, die hiervorgelegt wird. Am Ende hat man den Eindruck, daß Siebei der Frage der geringfügigen Beschäftigung etwasneu regeln wollen und daß Sie nicht genau wissen, was.Es ist Ihnen egal, was; Hauptsache, es wird etwas getan.Diesen Eindruck hat man inzwischen, weil Sie mitten imGesetzgebungsverfahren die Pferde wechseln. Sie habendas in Hektik getan.Ursprüngliche Varianten wurden umgestoßen: Erstkeine Rentenansprüche; dann doch; erst Mitbestim-mungsregelungen, dann doch nicht. Für Mini-Jobber, dienicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versichertsind, werden Arbeitgeberbeiträge zur Krankenversiche-rung dann auch nicht mehr gefordert. Sie haben Ände-rungen im Verfahren innerhalb von zwei Wochen ge-macht, und dann wollen Sie auch noch weismachen, daßjemand draußen in der Lage sein muß, das, was Sie inHektik fabrizieren und was daher unüberschaubar ist,in allerschnellster Weise nachzuvollziehen. Ab 1. Aprilmuß das umgesetzt werden. Es gibt verzweifelte Fragen:Was wird denn da wirklich wie geregelt? – Ich habe diePeter Dreßen
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 2003
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Bitte an den Arbeitsminister, daß er, wenn er den Muthat, diesen Murks durchzusetzen, dann auch wenigstensden Mut hat, schleunigst eine Broschüre herauszugeben,damit die Leute vor Ort mit den Regelungen umgehenkönnen.
Wir haben zumindest versucht, die Phase der Vorbe-reitung zu verlängern, und wir haben gesagt: Laßt dasdann wenigstens am 1. Januar 2000 beginnen, damit et-was Zeit zur Vorbereitung bleibt. Nein, Sie befrachtendas Ganze mit Bürokratie in einem Rutsch.
Meine Damen und Herren, in einer ganzen Reihe vonBranchen herrschen Betroffenheit und Unverständnis,zum Teil auch Verzweiflung. Wie soll dieses 630-Mark-Ungetüm umgesetzt werden – praktisch von heute aufmorgen? Die Zeitungsverleger sind eben angesprochenworden. Die Frage, ob Sie da ein paar Jobs beseitigen,interessiert mich nicht. Jedenfalls sind diejenigen, die dabetroffen sind, nicht diejenigen, die wir weghaben wol-len. Ich sage es Ihnen einmal ganz deutlich, Frau Dük-kert: Es geht nicht um die Frage, ob jemand die Zeitungwöchentlich austrägt. Ich bin nicht der Leser von Perio-dicals. Ich möchte jeden Morgen meine Tageszeitunghaben und nicht eine Wochenlieferung am Samstag.
Das Hotel- und Gaststättengewerbe ist besondersbetroffen, weil hier der Anteil der nebenberuflich Täti-gen überproportional ist und fast die Hälfte beträgt. Dawird es Kostensteigerungen geben. Diese Regelung führtin einer Phase, in der es für das Hotel- und Gaststätten-gewerbe gerade in die Sommerzeit geht, zu katastro-phalen Veränderungen. Das alles haben Sie zu verant-worten.
Es ist völlig richtig, daß Sie wegfallende Jobs in derSchwarzarbeit wiederfinden werden. Dies ist das größteProgramm für Schwarzarbeit, das ich je erlebt habe, so-lange ich hier im Bundestag bin.
Meine Damen und Herren, ich will nicht versäumen,einen Punkt anzusprechen, in dem ich mich wirklichwundere. Sie wollen mit diesem Gesetz unter allen Um-ständen am 19. März den Bundesrat erreichen. Damitist der Druck zu erklären: Wir haben Nachtsitzungengemacht, Sondersitzungen in Haushaltswochen; einezweite Anhörung, die dringend notwendig gewesen wä-re, ist uns verwehrt worden.
Sie wollen ganz einfach am 19. März den Bundesrat er-reichen. Da wird es wirklich politisch unanständig. Siewollen nämlich mit Hilfe einer Landesregierung, die ge-rade abgewählt worden ist, diesen Murks noch zum Ge-setz erheben.
Wieviel politischen Anstand haben Sie eigentlich noch?
Ich kann nachvollziehen, daß es inzwischen in Ihreneigenen Reihen, meine Damen und Herren von der SPD,junge Abgeordnete gibt, denen der Kragen platzt: „Ab-geordnete sauer über des Kanzlers Alleingänge“.Das muß sich inzwischen bei Ihnen verbreitet haben.Man spürt ja, mit welcher Liebe Sie in die Ausschußsit-zungen gehen. Da wird gesagt – so ein junger Kollegeder SPD, veröffentlicht im „Expreß“ vom 2. März –,„daß die Arbeitsorganisation der neuen Regierung selbstwenig mit dem Management einer modernen Industrie-gesellschaft zu tun hat.“Recht hat er! Das ist nicht nur handwerklich schwie-rig; ich habe inzwischen den Eindruck, daß Sie dasHandwerk einfach nicht verstehen. Da wird gesagt –diese Gefühle müssen Sie alle nachvollzogen haben,meine Damen und Herren von der SPD –:Die Fraktion durfte in den letzten Wochen vieleEntscheidungen nur noch absegnen.Der junge Kollege Schneider von der SPD sagt:Ich bin nicht dazu gewählt worden, in der Fraktionalles abzunicken.Er erwähnt nach fünf Monaten Regierungszeit unterKanzler Schröder die Bezeichnung „Kanzlerwahlver-ein“. Meine Damen und Herren von der SPD, wie weitsind Sie als diskutierende Partei eigentlich in fünf Mo-naten Regierungszeit gekommen?
Meine Damen und Herren,
lassen Sie mich zum Schluß kommen.
– Wenn Sie beim Hereinkommen des Fraktionsvorsit-zenden Schäuble so applaudieren, merke ich, daß derFrust darüber, daß Sie ein Kanzlerwahlverein für Schrö-der sind, so tief sitzt, daß Sie schon Freude haben, wennSchäuble hier auftritt. Das war toll.
Meine Damen und Herren, ich spreche Rotgrün nichtden Willen zu reformieren ab. Aber was wir bisher ge-rade im Sozialbereich erlebt haben, ist folgendes: Siebringen einen Gesetzentwurf ein; Sie deformieren damiteinen Sachverhalt.
Wolfgang Meckelburg
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2004 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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Im Gesetzgebungsverfahren reparieren Sie das Ganzedann. Am Ende, bei der Verabschiedung, nämlich heute,blamieren Sie sich mit der ganzen Geschichte.Das Motto der Regierungserklärung von KanzlerSchröder vom 10. November habe ich jetzt wirklich ver-standen. Sie war überschrieben: „Weil wir DeutschlandsKraft vertrauen ...“. Seit heute weiß ich, was die dreiverheißungsvollen Pünktchen heißen: Deutschlandbraucht viel Kraft und Mut und Selbstvertrauen, um daszu verkraften, was Sie uns zumuten.
Alsletzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat nunBundesminister Riester das Wort.
Walter Riester, Bundesminister für Arbeit und So-zialordnung: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Da-men und Herren! Meine Damen und Herren von der Op-position, es gab so viel Aufregung. Deshalb möchte ichIhnen zu Beginn meiner Rede ein Zitat eines Mitgliedsder alten Regierung anbieten:... mir paßt es nicht, wenn Arbeitgeber versiche-rungspflichtige Arbeitsplätze in mehrere sozialver-sicherungsfreie geringfügige Beschäftigungsver-hältnisse aufspalten. Das ist ... eine Kampfansagean unseren Sozialstaat. ... Die Dummen sind bei ei-ner solchen Entwicklung die treuen und ehrlichenArbeitgeber und Arbeitnehmer; sie müssen um sohöhere Beiträge zahlen. Hier sind die Arbeitgeberaufgefordert, Solidarität und Verantwortung gegen-über den Arbeitnehmern und der Sozialversiche-rung zu zeigen.
Das hat Horst Günther, der frühere ParlamentarischeStaatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und So-zialordnung, vor elf Monaten hier im Parlament erklärt.Herr Günther hat das Problem erkannt. Deshalb vertrater in letzter Zeit auch immer Norbert Blüm in Fragender geringfügigen Beschäftigung.Am 1. Oktober 1997 stellte Herr Günther im Deut-schen Bundestag fest, daß die Ungleichbehandlung vondenen, die eine Hauptbeschäftigung mit 630-DM-Jobsverbinden, und denen, die Überstunden fahren, nur – ichzitiere – „schwer vermittelbar“ ist.
Am 29. Oktober sagte Norbert Blüms Mann für das„Geringfügige“ zum gleichen Thema – ich zitiere eindrittes und letztes Mal –:Man kann es auch „Flucht aus der Sozialverant-wortungspflicht“ nennen. Das beeinträchtigt selbst-verständlich die Wettbewerbsfähigkeit und auch dieChancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt. ... Es be-steht ... Handlungsbedarf. Das ist völlig klar.Meine sehr verehrten Damen und Herren, diesenrichtigen Erkenntnissen und diesen klaren Worten folg-ten leider keine Taten.
Die alte Bundesregierung hat sich der Herausforderung,das Problem zu lösen, was in der Tat nicht leicht ist –nämlich ordentliche Voraussetzungen bei der geringfü-gigen Beschäftigung herzustellen –, nicht gestellt. Wirstellen uns der Herausforderung. Deshalb sind wir dieReform der 630-Mark-Arbeitsverhältnisse angegan-gen. Wir schließen die Gerechtigkeitslücke, die die alteRegelung mit sich bringt.
Diese Gerechtigkeitslücke klafft tief und breit, wie dasnach Jahren der Untätigkeit zwangsläufig ist.Die Diskussion der letzten Wochen ist teilweise sehraufgeregt geführt worden. Deshalb will ich noch einmalin aller Ruhe die Ziele nennen, die wir mit der Neure-gelung verfolgen.Erstens. Wir wollen die Kontrollmöglichkeiten beigeringfügiger Beschäftigung verbessern und für mehrTransparenz auf diesem Gebiet sorgen.
Zweitens. Wir wollen die Erosion der Beitragsbasisder Sozialversicherung stoppen. Geringfügige Beschäf-tigung soll von der ersten Mark an sozialversichert sein.
Drittens wollen wir den vielen Frauen, die in solchenBeschäftigungsverhältnissen arbeiten, eine verbesserteAlterssicherung ermöglichen.Viertens wollen wir mittelfristig die Ausweitung die-ser Beschäftigungsverhältnisse eindämmen.Fünftens wollen wir die Menschen, die auf solcheJobs wirklich angewiesen sind, nicht zusätzlich belasten.Sechstens wollen wir eine weitere Aufteilung vonArbeitsverhältnissen in mehrere 630-Mark-Jobs verhin-dern.Meine sehr verehrten Damen und Herren, unser Ge-setzentwurf erreicht alle diese Ziele.
Mit unserem neuen Gesetzentwurf stoppen wir erstensdie Erosion der Sozialversicherung. Alle 630-Mark-Jobssind in Zukunft beitragspflichtig.
Wolfgang Meckelburg
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 2005
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Der Arbeitgeber muß in Zukunft für geringfügig Be-schäftigte 12 Prozent an die Rentenversicherung und 10Prozent an die Krankenversicherung abführen, und zwarvon der ersten Mark an, so wie es im übrigen auch inden USA der Fall ist.Wenn der oder die geringfügig Beschäftigte nicht ge-setzlich krankenversichert ist, muß der Arbeitgeber nurden Rentenbeitrag zahlen. Mit dieser Ausnahme habenwir unseren ursprünglichen Entwurf korrigiert und aufBedenken reagiert, die unter anderem in der Anhörunggeäußert worden sind. Ja, wir lassen uns eines Besserenbelehren; unsere Korrekturen beweisen das.
Ich bin der Auffassung, daß es kaum etwas Schlimmeresals unbelehrbare Politiker gibt.
Im übrigen empfehle ich Ihnen, sehr geehrte Kollegin-nen und Kollegen von der Opposition, nach dem Karls-ruher Familienurteil und angesichts der anderen Urteile,die uns noch ins Haus stehen, mehr Zurückhaltung inder Frage der Verfassungswidrigkeit zu üben.
Herr
Bundesminister Riester, erlauben Sie eine Zwischenfra-
ge des Abgeordneten Niebel?
Walter Riester, Bundesminister für Arbeit und So-
zialordnung: Ja.
Herr
Niebel, bitte schön.
Herr Minister, Sie haben gera-de festgestellt, daß für Personen, die nicht in der gesetz-lichen Krankenversicherung sind, kein Beitrag des Ar-beitgebers geleistet werden muß. Dies trifft, wie wirwissen, insbesondere für viele nebenbeschäftigte Beamtezu, da sie nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung,sondern in der Regel in der privaten Krankenversicherungsind. Befürchten Sie nicht auch wie ich, daß bei mehrerenBewerbern für eine Nebenbeschäftigung der beamteteBewerber gegenüber dem nichtbeamteten Bewerber be-vorzugt wird, da er 10 Prozent billiger ist?Walter Riester, Bundesminister für Arbeit und So-zialordnung: Ich befürchte das nicht, Herr Niebel,möchte das aber auch nicht ganz ausschließen. Man be-findet sich in einem Zielkonflikt. Ein Zielkonflikt ist,daß wir nicht wollen, daß die- oder derjenige bevorzugtwird, für den keine Krankenversicherungsbeiträge ge-zahlt werden müssen. Wir wollen andererseits aber demEinwand begegnen, daß in diesem Fall dem Beitrag kei-ne Leistungsverpflichtung gegenübersteht. Außerdemmöchten wir nicht, daß für ein paar Mark ein vollesKrankenversicherungsverhältnis erbracht wird. Das wärezu Lasten der Solidargemeinschaft der Krankenversi-cherten. In diesem Zielkonflikt haben wir uns für dievorliegende Regelung entschlossen und halten sie fürrichtig.
Wir haben unsere Neuregelung der geringfügigen Be-schäftigungsverhältnisse in einem weiteren Punkt ver-bessert. Alle geringfügig Beschäftigten erhalten aus denBeiträgen ihres Arbeitgebers von der ersten Mark anAnspruch auf Altersrente. Damit wird die Alterssiche-rung dieser Menschen deutlich verbessert. Unsere Neu-regelung ist flexibel. Geringfügig Beschäftigte, die denBeitrag des Arbeitgebers auf den vollen Rentenbeitragaufstocken, erhalten das volle Leistungsspektrum dergesamten Rentenversicherung. Das bedeutet: Über denAnspruch auf Altersrente hinaus bekommen sie bei Be-darf auch Rehaleistungen und den Schutz bei Berufs-und Erwerbsunfähigkeit.
– Frau Schwaetzer, mich wundert insbesondere die Kri-tik der F.D.P. Wollen Sie nun Flexibilität, wollen Sie dieMöglichkeit der Option, oder wollen Sie sie nicht? Michwundert außerdem – das muß ich Ihnen sagen – derHinweis auf die geringen Rentenansprüche. Wenn ge-ringe Beiträge eingezahlt werden, liegt es in der Syste-matik dieser Kasse, daß man nur geringe Ansprüchestellen kann.
Die laufenden Zitate gerade von Ihrer Seite halte ich fürziemlich albern.Wir wissen, daß überdurchschnittlich viele Frauen in630-Mark-Jobs arbeiten. Für diese Frauen bedeutet dieneue Rentenregelung eine substantielle Verbesserung ih-rer Alterssicherung. Dabei geht es nicht darum, daß einRentenanspruch aus einem 630-Mark-Job aufgebautwerden soll. Es geht vielmehr darum, Frauen die Mög-lichkeit zu geben, Beitragslücken zu schließen.
Mit der Neuregelung eröffnen wir für Frauen und natür-lich auch für Männer in ähnlicher Situation diese Mög-lichkeiten.Wir haben immer gesagt, daß wir diejenigen, die aufdie 630-Mark-Jobs angewiesen sind, nicht zusätzlichbelasten wollen. Deshalb sind geringfügige Beschäfti-gungsverhältnisse grundsätzlich steuerfrei. Allerdingsgibt es hiervon Ausnahmen. Aber diese Ausnahmen sindgut begründet; denn sie sind systematisch. Wer einen630-Mark-Job als Nebenbeschäftigung hat, muß daraufSteuern und Sozialversicherungsbeiträge zahlen.
Bundesminister Walter Riester
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2006 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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– Wollen Sie etwa einen Handwerksgesellen, der einBruttogehalt von 4 000 DM bezieht und außerhalb sei-nes Betriebes 630 DM hinzuverdient, netto besserstellenals denjenigen, der Überstunden macht und dadurch die-sen Betrag hinzuverdient? Die beiden müssen dochgleichgestellt werden.
Um zu empfinden, daß dies ungerecht ist, muß mannicht einmal Sozialdemokrat sein. Das müßten auch Sieempfinden.
Wer in mehreren geringfügigen Beschäftigungsver-hältnissen mehr als 630 DM verdient, mußte schon bis-her auf sein gesamtes Einkommen wie jeder andere Ar-beitnehmer Steuern und Sozialabgaben zahlen.
Daran ändert sich gar nichts. Das ist auch so in Ord-nung. Mit der Neuregelung belasten wir Menschen, dieauf diese Jobs wirklich angewiesen sind, nicht zusätz-lich. Ich sage das sehr deutlich. Wer aber reguläre Be-schäftigungsverhältnisse in mehrere geringfügige Be-schäftigungsverhältnisse aufteilen will, wird sich das inZukunft sehr genau überlegen müssen, und das ist gutso.
– Das war bisher schon verboten, Sie haben völlig recht.Bisher war aber über die Pauschalierung und die An-onymisierung dieser Arbeitsverhältnisse der GrauzoneTür und Tor geöffnet. Diese haben wir jetzt verbaut.
Mit der Steuerfreiheit für 630-Mark-Jobs bauen wirden geringfügig Beschäftigten außerdem eine Brücke inden ersten Arbeitsmarkt. Gerade Frauen finden nachder Kindererziehung auf diesem Weg wieder eine Be-schäftigung, aus der sich oft ein normales Arbeitsver-hältnis entwickelt. Ich hoffe sehr, daß diese Brücke inZukunft von möglichst vielen überschritten wird, diedamit in ein normales Arbeitsverhältnis auf dem erstenArbeitsmarkt hineinkommen.Wir haben uns auch zum Ziel gesetzt, die Kontroll-möglichkeiten bei geringfügigen Beschäftigungsver-hältnissen zu verbessern und für mehr Transparenz aufdiesem Gebiet zu sorgen. Dieses Ziel erreichen wir da-durch, daß geringfügige Beschäftigungsverhältnisse absofort genauso wie alle anderen Beschäftigungsverhält-nisse bei den Sozialversicherungsträgern anzumeldensind. Damit wird dem Mißbrauch auf diesem Gebietwirksam vorgebeugt.Um die Ausweitung geringfügiger Beschäftigungs-verhältnisse mittelfristig einzudämmen, haben wir be-schlossen, daß die 630-Mark-Grenze in Zukunft nichtmehr erhöht wird. Wir finden auch: Die Angleichungder Lebensverhältnisse in Ost- und Westdeutschland hatmehr verdient als nur ein paar warme Worte. Deshalbwird es in Zukunft bei den geringfügigen Beschäfti-gungsverhältnissen keinen Unterschied mehr zwischenWest- und Ostdeutschland geben. Die 630-Mark-Grenzegilt deshalb in Zukunft auch in Ostdeutschland.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, unsere Neu-regelung der 630-Mark-Jobs hat wichtige Ziele erreichtund verdient daher auch die volle Zustimmung diesesHauses. Deshalb fordere ich Sie auf, diesem Gesetzent-wurf zuzustimmen.
An die Adresse der Wirtschaft sage ich: Wer bisherdie Pauschalsteuer für die geringfügig Beschäftigten ge-zahlt hat, wird durch die Neuregelung nicht zusätzlichbelastet. Zusätzlich belastet werden nur diejenigen, diedie Pauschalsteuer auf die Beschäftigten abgewälzt ha-ben. Deren Belastung ist auch richtig.
Es ist mir sehr wichtig, noch auf einen Punkt einzu-gehen. Nirgendwo erscheint mir die Kritik der Oppositi-on so unsachlich wie beim Thema Schwarzarbeit.
HerrBundesminister Riester, einen Moment bitte. LiebeKolleginnen und Kollegen, ich weiß, es folgt eine na-mentliche Abstimmung. Trotzdem bitte ich darum, Ruhezu bewahren, damit man den Ausführungen des Bun-desministers folgen kann. Das gilt insbesondere für dieRegierungsbank, damit die Mitglieder der Regierung ih-rem Kollegen zuhören können.
Walter Riester, Bundesminister für Arbeit und So-zialordnung: Ich sage Ihnen: Unsere Neuregelung wirddie Schwarzarbeit nicht ausweiten; denn wer in Zu-kunft einen 630-Mark-Job annimmt und diesen Job auchregistrieren läßt, hat automatisch Rentenansprüche. Diegeringfügig Beschäftigten wären schlecht beraten, wennsie auf diese Möglichkeit verzichteten.
Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Wer heute nochschwarzarbeitet, hat in Zukunft einen Anreiz, legal zuarbeiten; denn nur so kommt er in den Genuß von Lei-stungen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wollendie geringfügige Beschäftigung nicht abschaffen. Uns istsehr wohl bewußt, daß sie in manchen Wirtschaftszwei-Bundesminister Walter Riester
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 2007
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gen gebraucht wird, weil sie einen flexiblen Arbeitsein-satz ermöglicht. Wir wissen auch, daß viele Menschensie brauchen und sie auch wollen. Deswegen wollen wirsie nicht verhindern.Aber wir wollen nicht, daß geringfügige Beschäfti-gungsverhältnisse mißbraucht werden. Wie lange nochsollen Arbeitgeber benachteiligt werden, die sich nichtauf Kosten anderer Wettbewerbsvorteile verschaffen,indem sie Sozialversicherungsbeiträge nicht zahlen?Wie lange noch soll der Erwerb von Rentenansprüchenein Privileg derjenigen bleiben, die mit ihrem Einkom-men über der Geringfügigkeitsgrenze liegen? Wie langenoch sollen wir hinnehmen, daß Arbeitnehmerinnen undArbeitnehmer kraß ungleichbehandelt werden?Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich fordereSie auf: Stimmen Sie einem Gesetz zu, das Ordnung aufdem Arbeitsmarkt schafft und im besten Sinne ord-nungspolitisch sinnvoll ist!
Stimmen Sie einem Gesetz zu, das die Alterssicherungfür viele Menschen spürbar verbessert! Stimmen Sie ei-nem Gesetz zu, das Wahlfreiheit und Flexibilität ermög-licht! Stimmen Sie einem Gesetz zu, das die Solidarge-meinschaft stärkt!Danke schön.
Bevorwir zur Abstimmung kommen, teile ich Ihnen mit, daßdrei Erklärungen nach § 31 der Geschäftsordnung zurAbstimmung zu Protokoll gegeben worden sind, näm-lich von der Kollegin Annelie Buntenbach*) von derFraktion Bündnis 90/Die Grünen, vom Kollegen HansBüttner**) von der SPD-Fraktion und vom KollegenKlaus Brähmig***) von der CDU/CSU-Fraktion.Nach der namentlichen Abstimmung zu diesem Ta-gesordnungspunkt werden wir den Tagesordnungspunkt8 vorziehen, für den ebenfalls eine namentliche Ab-stimmung beantragt worden ist. Deswegen bitte ich Sie,den Plenarsaal nach der namentlichen Abstimmungnicht zu verlassen. Zu Tagesordnungspunkt 8 ist verein-bart worden, daß alle Erklärungen zu Protokoll gegebenwerden,
so daß wir unmittelbar anschließend die nächste na-mentliche Abstimmung vornehmen können. Gibt es da-gegen Widerspruch? – Das ist nicht der Fall.Wir kommen jetzt zur Abstimmung – Tagesord-nungspunkt 6 – über den von den Fraktionen von SPDund Bündnis 90/Die Grünen eingebrachten Gesetzent-***) Anlage 7***) Anlage 8***) Anlage 9wurf zur Neuregelung der geringfügigen Beschäfti-gungsverhältnisse, Drucksachen 14/280 und 14/441. Ichbitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Aus-schußfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen.– Gegenprobe! – Enthaltungen? – In zweiter Beratungist der Gesetzentwurf mit den Stimmen von SPD undBündnis 90/Die Grünen bei Gegenstimmen vonCDU/CSU, F.D.P. und PDS beschlossen.Wir kommen jetzt zurdritten Beratungund Schlußabstimmung. Die Fraktionen der SPD,CDU/CSU und F.D.P. verlangen namentliche Abstim-mung. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer,die vorgesehenen Plätze einzunehmen. – Das ist erfolgt.Dann eröffne ich die Abstimmung.Sind alle Stimmkarten abgegeben? – Das ist der Fall.Dann schließe ich die Abstimmung. Ich bitte die Schrift-führerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zubeginnen. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnenspäter bekanntgegeben.*)Wir setzen die Beratungen fort und kommen zur Ab-stimmung über die Beschlußempfehlung des Ausschus-ses für Arbeit und Sozialordnung zu dem Antrag derFraktion der CDU/CSU zur Förderung der Beschäfti-gung, zur Verbesserung der sozialen Sicherung und zurErhaltung der Flexibilisierung, Drucksache 14/441Buchstabe b. Der Ausschuß empfiehlt, den Antrag aufDrucksache 14/290 abzulehnen. Wer stimmt für dieseBeschlußempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Werenthält sich? – Damit ist diese Beschlußempfehlung mitden Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen undPDS gegen die Stimmen von CDU/CSU und F.D.P. an-genommen.Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 8 auf:Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio-nen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ein-gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-rung der Berücksichtigung von Entlassungsent-
– Drucksache 14/394 –
Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschus-ses für Arbeit und Sozialordnung
– Drucksache 14/444 –Berichterstattung:Abg. Franz ThönnesEs ist vereinbart, daß die Reden zu Protokoll gegebenwerden.**) – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist dasso beschlossen. *) Seite 2010 C**) Anlage 10Bundesminister Walter Riester
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2008 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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Wir kommen deshalb gleich zur Abstimmung überden von den Fraktionen der SPD und Bündnis 90/DieGrünen eingebrachten Gesetzentwurf zur Änderung derBerücksichtigung von Entlassungsentschädigungen imArbeitsförderungsrecht, Drucksache 14/394. Der Aus-schuß für Arbeit und Sozialordnung empfiehlt aufDrucksache 14/444, den Gesetzentwurf unverändert an-zunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurfzustimmen wollen, um das Handzeichen. – Gegenstim-men? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit inzweiter Beratung mit den Stimmen von SPD, Bündnis90/Die Grünen und PDS gegen die Stimmen vonCDU/CSU und F.D.P. angenommen.Dritte Beratungund Schlußabstimmung. Die Fraktionen der SPD unddes Bündnisses 90/Die Grünen verlangen namentlicheAbstimmung. Ich bitte die Schriftführerinnen undSchriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. –Das ist bereits geschehen. Ich eröffne die Abstim-mung. –Sind alle Stimmkarten abgegeben? – Dann schließeich die Abstimmung. Ich bitte die Schriftführerinnenund Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. DasErgebnis der Abstimmung wird Ihnen später bekanntge-geben.*)Wir setzen die Beratungen fort. Ich rufe Tagesord-nungspunkt 7 auf:Beratung des Antrags der Abgeordneten JürgenW. Möllemann, Hildebrecht Braun ,Rainer Brüderle, weiterer Abgeordneter und derFraktion der F.D.P.9-Punkte-Konzept zur Schaffung von zusätzli-chen Ausbildungsplätzen– Drucksache 14/335 –Überweisungsvorschlag:
Wenn die Kolleginnen undKollegen dem Thema Bildung als Zukunftsthema Auf-merksamkeit entgegenbringen wollen, dann bitte ich Sieherzlich, hierzubleiben und nicht wegzulaufen.Herr Präsident! Meine Damen und Herren! DieseWoche war geprägt von heißen und hitzigen Steuer-debatten. Ich will die Argumente hier nicht wiederho-len. Aber ein Ergebnis ist klar: Die Steuern werden nichteinfacher. Die Steuern werden nicht gerechter. Vorallem aber werden die Gesamtbelastungen für die Wirt-schaft nicht niedriger. – Es besteht überhaupt keinZweifel, daß die Folgen auch auf den Ausbildungsmarktdurchschlagen werden, weil sich die Rahmenbedin-gungen für die Unternehmen, für die Wirtschaft ver-schlechtern.Nach unserer Überzeugung sind strukturelle Entla-stungen auch auf dem Ausbildungsmarkt nur durch mehrWachstum und Beschäftigung möglich. Die Fortsetzungder Ausbildungsmisere wird also durch die Entschei-dungen dieser Tage vorprogrammiert; denn unter diesenRahmenbedingungen kann es keine Fülle von neuenAusbildungsplätzen geben. Dies muß ich feststellen,auch wenn die Absicht der Bundesregierung zu begrü-ßen ist, etwas für die Auszubildenden zu tun.Statt neu aufgelegter staatlicher Programme sind an-dere Wege nötig. An die erste Stelle gehört, daß wir einesicherere Grundlage für den Berufsbildungsweg unsererjungen Menschen schaffen. In diesem Bereich stellenwir fest, daß die Schulbildung in Deutschland nicht aus-reichend ist. Dies wird durch zahlreiche nationale undinternationale Studien belegt. Ich erinnere an dieTIMMS-Studie, die Rückstände im deutschen Bildungs-system im Hinblick auf die Naturwissenschaften atte-stiert. Ich erinnere ferner an die Studie des Max-Planck-Instituts über die Bildungsverläufe im Jugendalter, diedie negative Entwicklung auf nationaler Ebene belegt.All diese Studien stellen unserem Schulsystem einschlechtes Zeugnis aus. Solange wir diese Mißständenicht beheben, dürfen wir uns nicht wundern, daß Un-ternehmen zögern, Auszubildende in ihre Betriebe auf-zunehmen. ´Wir haben deswegen Verständnis für die Klagen derausbildenden Betriebe. Sie klagen über mangelndeGrundkenntnisse ihrer Auszubildenden, zum Beispiel inRechnen, Schreiben und Lesen. Sie klagen über zuwenigPersönlichkeitsbildung bezüglich der Sekundärtugendenwie Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit, Pflichtbewußtseinund Verantwortungsbewußtsein. Weiterhin klagen sieüber mangelnde Schlüsselqualifikationen wie Teamfä-higkeit und praktische Anwendungsorientierung.Typisch für die SPD-geführten Landesregierungenist, daß die aktuelle Diskussion, ob man wieder Kopfno-ten in die Zeugnisse einführen soll, rigoros abgelehntwird. Ich weiß, daß Kopfnoten nach altem Muster na-türlich ein alter Hut sind. Das ist keine Frage. Aber wirmüssen doch darüber nachdenken, ob nicht zu jedemZeugnis ein Beiblatt mit ungeschminkten Beurteilungendes Verhaltens oder der Arbeitshaltung der einzelnenjungen Menschen gehört. Das wäre äußerst hilfreich fürVizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 2009
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den individuellen Lernerfolg der jungen Menschen undfür ihre persönliche Weiterentwicklung.
Schmuse- und Kuscheleckenpädagogik in allen Ehren,aber der Grundsatz „Wer fördern will, muß fordern“ ge-hört wieder ganz nach vorne gerückt.Weitgehend überflüssig werden dann die Maßnah-men, die im Entwurf der Bundesregierung enthaltensind, nämlich junge Menschen durch Streetworker zustabilisieren und für die Arbeitswelt zu motivieren. Manmuß sich einmal vorstellen, daß junge Menschen überStreetworker stabilisiert und für die Arbeitswelt moti-viert werden sollen. Es müßte doch eigentlich Motivati-on genug sein, für seinen eigenen Lebensunterhalt durchArbeit, Einsatz und intensives Lernen zu sorgen. Beientsprechender Motivation blieben weniger junge Men-schen ohne schulischen Abschluß – sie sind nämlichnicht dümmer geworden –, und wir bräuchten keine teu-ren Nachholprogramme oder sogenannte Brückenkurse.Wie stellen wir uns die Verbesserungen auf demAusbildungsmarkt vor? Ganz nach vorne gehört eineintensivere Zusammenarbeit zwischen Schule und Be-trieb. Um bessere Erkenntnisse der Ausbildungsmög-lichkeiten zu erhalten, ist es wichtig, daß eine Verzah-nung zwischen Schule und Betrieb stattfinden muß unddaß die jungen Menschen über die Anforderungen inden Ausbildungsbetrieben etwas konkreter informiertwerden. Es gibt immerhin über 150 Ausbildungsberufe,unter denen junge Menschen auswählen können. Mankann sich heute eben nicht mehr auf einzelne Berufs-zweige, auf sogenannte Zuckerberufe, konzentrieren.Man muß auch auf andere Berufsbereiche schauen,wenn der Erstwunsch nicht erfüllt werden kann.Die Beratung muß frühzeitiger ansetzen. Es ist ein-fach zu spät, wenn man sich erst zum Zeitpunkt der an-stehenden Entscheidung fragt: Mache ich ein Studiumoder eine Ausbildung? Wir müssen unsere jungen Leutefrüher über das informieren, was auf dem Arbeitsmarktgeschieht. Dabei sollten wir – wir haben heute über denInternationalen Frauentag diskutiert – auch die Chancender jungen Frauen berücksichtigen, Vorurteile abbauenund das Spektrum der in den Blick genommenen Aus-bildungsmöglichkeiten für Frauen erweitern. Es gibtnämlich nur ganz wenige frauen- oder männerspezifi-sche Berufe.
Es ist sinnvoll, das erfolgreiche Konzept der Ausbil-dungsbörsen fortzuführen, die man aus den neuen Bun-desländern kennt. Für prominente Unterstützung kannman hier nur werben und Beispiele für erfolgreiche Be-rufslaufbahnen geben, die durch das duale System er-möglicht wurden. Ich denke, daß die Herren Gottschalk,Becker und Westernhagen besser investiert hätten, wennsie in diesem Bereich und nicht im Bereich des Doppel-passes tätig geworden wären.
Neue spannende Berufsbilder müssen zügiger ent-wickelt werden, zum Beispiel in den Bereichen Kom-munikation, Multimedia und Dienstleistungen. Hier gibtes riesige Zukunftschancen.
Ich möchte in diesem Zusammenhang ein Beispiel nen-nen: Ich habe am Freitag ein Kölner Telekommunikati-onsunternehmen besucht. Dieses Unternehmen beschäf-tigt sich mit der Entwicklung von Abrechnungssyste-men, mit Low-cost-routing, also mit Wegweisern für dasgünstige Telefonieren. Die Zahl der Arbeitsplätze in die-sem Unternehmen ist innerhalb eines Jahres von 18 auf220 explodiert. Dies ist ein Beweis für die Bedeutungkleiner und mittlerer Unternehmen.In diesem Zusammenhang müssen wir auf die gestri-ge und heutige Debatte zurückkommen. Solche kleinenund mittleren Betriebe bieten den Auszubildenden diemeisten Plätze an. Wenn wir an die Debatte über dieSteuerreform und die damit verbundenen Beschlüsse,die wir getroffen haben, zurückdenken, dann muß manfeststellen, daß diese Beschlüsse fatale Auswirkungenauf den Mittelstand haben, gegen Wachstum, gegenmehr Beschäftigung und damit konsequenterweise auchgegen mehr Ausbildungsplätze, gerichtet sind.
Stichwort „Teilung der Verantwortung der Betrie-be“: Warum sollen nicht zwei Betriebe einen Auszubil-denden ausbilden? – Wenn das gemacht wird, hättenauch kleinere Unternehmen einen Anreiz, Ausbildungs-plätze zu schaffen. Warum sollen sich nicht zwei Aus-zubildende freiwillig einen Ausbildungsplatz und damitihre Vergütung teilen? – Auch die Höhe der Vergütungfür die Ausbildung ist für manchen Betrieb ein Hinde-rungsgrund, überhaupt oder vermehrt auszubilden.
– Das sind keine alten Kamellen. Unsere Vorschlägemögen zwar nicht üblich sein, aber wir wollen versu-chen, sie durchsetzen. Es wären gute Beispiele für Fle-xibilisierung. Auch auf dem Ausbildungsmarkt ist Fle-xibilisierung ein ganz wichtiges Zauberwort.Zudem brauchen wir modulare Ausbildungsgängeund regionale Ausbilderkonferenzen. Auch das ist nichtbrandneu. Aber diese Angebote können ausgeweitetwerden.Starre Vorschriften über die Ausbildungszeiten in derBerufsschule müssen abgeschafft werden, damit die jun-gen Leute dann in den Betrieben anwesend sind, wennsie gebraucht werden.
In einigen Regionen herrscht ein Mangel an Ausbil-dungsplätzen, in anderen an qualifizierten Auszubilden-den. Deshalb ist die Mobilität wichtig. Wir müssen be-reits in der Schule den jungen Leuten vermitteln, daß siemobiler werden müssen. Sie dürfen nicht nur an derDetlef Parr
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2010 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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Scholle hängen, sondern müssen bereit sein, ins Landhinauszugehen. Das ist ein Plädoyer für ein Mobilitäts-programm, in dessen Rahmen ein Austauschprogrammmit Familienanbindung steht und Wohnheime nicht nurfür Studierende, sondern auch für Auszubildende ange-boten werden können. Vielleicht könnten wir auch übereinen Informationspool dafür sorgen, daß die freienAusbildungsplätze schneller besetzt werden können.
– Das ist kein sehr qualifizierter Zwischenruf. Ich würdemich mit Ihnen inhaltlich gerne auseinandersetzen. Dasgeht aber auf diese Weise nicht.
Meine letzte Bemerkung. Mit diesem Programm derBundesregierung, das Sie vorgelegt haben, sind Sie weitdavon entfernt, tatsächlich hunderttausend Jugendlichein Arbeit zu bringen. Es erweist sich bei näherem Hin-sehen als Propagandaluftschloß, in dem mehr als400 000 Jugendliche ohne Ausbildung und Beschäfti-gung bleiben. Selbst der kleine Teil der Ausbildungs-platzsuchenden, der von diesem Programm erfaßt wird,wird nicht in Arbeit und Ausbildung gebracht, sondernhauptsächlich auf die lange Versorgungsbank gescho-ben. Unmittelbar auf Beschäftigung zielen lediglich dieLohnkostenzuschüsse zur Beschäftigung von arbeitslo-sen Jugendlichen. Es gibt gute Ansätze in diesem Pro-gramm. Aber es gibt bessere Ideen, die wir hier vorge-schlagen haben. Ich freue mich auf die Debatten imAusschuß
und hoffe, daß wir dann zu einer vernünftigen Lösungkommen, die unseren jungen Leuten eine Zukunft in denBetrieben bietet und Unternehmen ermuntert und nicht –wie Sie es mit Ihren Beschlüssen zur Steuerreform getanhaben – abschreckt, auszubilden.Danke.
Bevorwir in der Debatte fortfahren, möchte ich Ihnen die vonden Schriftführerinnen und Schriftführern ermitteltenErgebnisse der namentlichen Abstimmungen bekannt-geben.Ich gebe zunächst das Ergebnis der namentlichenAbstimmung über den von der SPD und dem Bündnis90/Die Grünen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzeszur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsver-hältnisse bekannt. Abgebene Stimmen 567. Mit Ja habengestimmt 310 Kolleginnen und Kollegen, mit Nein 257,Enthaltungen keine. Der Gesetzentwurf ist damit ange-nommen.
Endgültiges ErgebnisAbgegebene Stimmen: 564;davonja: 308nein: 256JaSPDBrigitte AdlerGerd AndresRainer ArnoldHermann BachmaierErnst BahrDoris BarnettDr. Hans-Peter BartelsEckhardt Barthel
Klaus Barthel
Wolfgang BehrendtDr. Axel BergHans-Werner BertlFriedhelm Julius BeucherPetra BierwirthRudolf BindigLothar Binding
Kurt BodewigKlaus BrandnerAnni Brandt-ElsweierWilli BraseDr. Eberhard BrechtRainer Brinkmann
Bernhard Brinkmann
Hans-Günter BruckmannEdelgard BulmahnUrsula BurchardtDr. Michael BürschHans Martin BuryHans Büttner
Marion Caspers-MerkWolf-Michael CatenhusenDr. Peter Wilhelm DanckertDr. Herta Däubler-GmelinChristel DeichmannKarl DillerPeter DreßenRudolf DreßlerDetlef DzembritzkiDieter DzewasDr. Peter EckardtSebastian EdathyLudwig EichMarga ElserPeter EndersGernot ErlerPetra ErnstbergerAnnette FaßeLothar Fischer
Gabriele FograscherIris FollakNorbert FormanskiHans ForsterDagmar FreitagLilo Friedrich
Harald FrieseArne FuhrmannMonika GanseforthKonrad GilgesIris GleickeGünter GloserUwe GöllnerRenate GradistanacGünter Graf
Angelika Graf
Dieter GrasedieckMonika GriefahnAchim GroßmannKarl-Hermann Haack
Hans-Joachim HackerChristel HanewinckelAlfred HartenbachNina HauerHubertus HeilReinhold HemkerFrank HempelRolf HempelmannDr. Barbara HendricksGustav HerzogMonika HeubaumUwe HikschReinhold Hiller
Stephan HilsbergGerd HöferJelena Hoffmann
Walter Hoffmann
Frank Hofmann
Ingrid HolzhüterEike HovermannChristel HummeLothar IbrüggerBarbara ImhofBrunhilde IrberGabriele IwersenRenate JägerJann-Peter JanssenIlse JanzDr. Uwe JensVolker Jung
Johannes KahrsUlrich KasparickSabine KaspereitSusanne KastnerHans-Peter KemperKlaus KirschnerMarianne KlappertHans-Ulrich KloseWalter KolbowFritz Rudolf KörperKarin KortmannAnette KrammeNicolette KresslAngelika Krüger-LeißnerHorst KubatschkaErnst KüchlerDetlef Parr
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Helga Kühn-MengelUte KumpfKonrad KunickDr. Uwe KüsterWerner LabschOskar LafontaineChristine LambrechtBrigitte LangeChristian Lange
Detlev von LarcherChristine LehderRobert LeidingerKlaus LennartzEckhart LeweringGötz-Peter Lohmann
Erika LotzDr. Christine LucygaDieter Maaß
Winfried ManteDirk ManzewskiTobias MarholdUlrike MascherChristoph MatschieIngrid Matthäus-MaierHeide MattischeckMarkus MeckelUlrike MehlUlrike MertenAngelika MertensDr. Jürgen Meyer
Ursula MoggChristoph MoosbauerSiegmar MosdorfMichael Müller
Jutta Müller
Christian Müller
Franz MünteferingAndrea NahlesVolker Neumann
Gerhard Neumann
Dr. Edith NiehuisDietmar NietanGünter OesinghausEckhard OhlLeyla OnurManfred OpelHolger OrtelAdolf OstertagKurt PalisAlbrecht PapenrothDr. Willfried PennerDr. Martin PfaffGeorg PfannensteinJohannes PflugDr. Eckhart PickJoachim PoßKarin Rehbock-ZureichMargot von RenesseRenate RennebachBernd ReuterDr. Edelbert RichterReinhold RobbeRené RöspelDr. Ernst Dieter RossmannMichael Roth
Birgit Roth
Thomas SauerDr. Hansjörg SchäferGudrun Schaich-WalchRudolf ScharpingBernd ScheelenDr. Hermann ScheerHorst SchildOtto SchilyDieter SchlotenHorst Schmidbauer
Ulla Schmidt
Silvia Schmidt
Dagmar Schmidt
Wilhelm Schmidt
Regina Schmidt-ZadelHeinz Schmitt
Olaf ScholzKarsten SchönfeldFritz SchösserOttmar SchreinerGerhard SchröderGisela SchröterDr. Mathias SchubertRichard Schuhmann
Brigitte Schulte
Reinhard Schultz
Volkmar Schultz
Ilse SchumannDr. R. Werner SchusterDr. Angelica Schwall-DürenErnst SchwanholdRolf SchwanitzBodo SeidenthalErika SimmDr. Sigrid Skarpelis-SperkDr. Cornelie Sonntag-WolgastWieland SorgeWolfgang SpanierDr. Margrit SpielmannJörg-Otto SpillerDr. Ditmar Lothar StaffeltLudwig StieglerRolf StöckelRita Streb-HesseDr. Peter StruckJoachim StünkerJoachim TappeJörg TaussJella TeuchnerDr. Gerald ThalheimWolfgang ThierseFranz ThönnesAdelheid TröscherGünter VerheugenSimone ViolkaUte Vogt
Hedi WegenerWolfgang WeiermannReinhard Weis
Matthias WeisheitGert Weisskirchen
Dr. Ernst Ulrich vonWeizsäckerHans-Joachim WeltDr. Rainer WendHildegard WesterLydia WestrichInge Wettig-DanielmeierDr. Margrit WetzelDr. Norbert WieczorekHelmut Wieczorek
Jürgen Wieczorek
Heidemarie Wieczorek-ZeulDieter WiefelspützHeino Wiese
Klaus WiesehügelBrigitte Wimmer
Engelbert Clemens WistubaBarbara WittigDr. Wolfgang WodargVerena WohllebenHanna Wolf
Waltraud Wolff
Heidemarie WrightUta ZapfDr. Christoph ZöpelPeter ZumkleyBÜNDNIS 90/DIE GRÜNENGila Altmann
Marieluise Beck
Volker Beck
Angelika BeerAnnelie BuntenbachEkin DeligözDr. Thea DückertFranziska Eichstädt-BohligDr. Uschi EidHans-Josef FellAndrea Fischer
Joseph Fischer
Katrin Dagmar Göring-EckardtRita GrießhaberWinfried HermannKristin HeyneUlrike HöfkenMichaele HustedtDr. Angelika Köster-LoßackSteffi LemkeDr. Helmut LippeltDr. Reinhard LoskeKlaus Wolfgang Müller
Kerstin Müller
Winfried NachtweiChrista NickelsCem ÖzdemirSimone ProbstClaudia Roth
Christine ScheelIrmingard Schewe-GerigkRezzo SchlauchAlbert Schmidt
Werner Schulz
Christian SimmertChristian SterzingHans-Christian StröbeleJürgen TrittinDr. Antje VollmerSylvia Ingeborg VoßHelmut Wilhelm
Margareta Wolf
NeinCDU/CSUUlrich AdamIlse AignerPeter AltmaierNorbert BarthleDr. Wolf BauerGünter BaumannBrigitte BaumeisterMeinrad BelleDr. Sabine Bergmann-PohlOtto BernhardtHans-Dirk BierlingDr. Joseph-Theodor BlankRenate BlankDr. Heribert BlensPeter BleserDr. Norbert BlümFriedrich BohlDr. Maria BöhmerSylvia BonitzWolfgang Börnsen
Wolfgang BosbachDr. Wolfgang BötschKlaus BrähmigDr. Ralf BrauksiepePaul BreuerMonika BrudlewskyGeorg BrunnhuberKlaus Bühler
Hartmut Büttner
Leo DautzenbergWolfgang DehnelHubert DeittertAlbert DeßThomas DörflingerHansjürgen DossMarie-Luise DöttRainer EppelmannAnke EymerIlse FalkDr. Hans Georg FaustUlf FinkIngrid FischbachDirk Fischer
Dr. Gerhard Friedrich
Dr. Hans-Peter Friedrich
Erich G. FritzJochen-Konrad FrommeDr. Jürgen GehbNorbert GeisDr. Heiner GeißlerGeorg GirischDr. Reinhard GöhnerDr. Wolfgang GötzerKurt-Dieter GrillHermann GröheManfred GrundGottfried Haschke
Gerda HasselfeldtNorbert Hauser
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
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2012 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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Hansgeorg Hauser
Klaus-Jürgen HedrichUrsula HeinenSiegfried HeliasErnst HinskenPeter HintzeKlaus HofbauerMartin HohmannKlaus HoletschekJosef HollerithDr. Karl-Heinz HornhuesSiegfried HornungHubert HüppeGeorg JanovskyDr.-Ing. Rainer JorkDr. Harald KahlDr. Dietmar KansyManfred KantherIrmgard KarwatzkiVolker KauderEckart von KlaedenUlrich KlinkertNorbert KönigshofenEva-Maria KorsHartmut KoschykRudolf KrausDr. Paul KrügerDr. Hermann KuesKarl LamersDr. Karl A. Lamers
Dr. Norbert LammertDr. Paul LaufsKarl-Josef LaumannVera LengsfeldWerner LensingPeter LetzgusUrsula LietzWalter Link
Eduard LintnerDr. Klaus Lippold
Dr. Manfred LischewskiWolfgang Lohmann
Julius LouvenDr. Michael LutherErich Maaß
Erwin MarschewskiDr. Martin Mayer
Wolfgang MeckelburgDr. Michael MeisterDr. Angela MerkelHans MichelbachMeinolf MichelsBernward Müller
Elmar Müller
Bernd Neumann
Claudia NolteGünter NookeFranz ObermeierFriedhelm OstEduard OswaldDr. Peter PaziorekAnton PfeiferDr. Friedbert PflügerBeatrix PhilippRonald PofallaRuprecht PolenzMarlies PretzlaffDr. Bernd ProtznerDieter PützhofenThomas RachelDr. Peter RamsauerPeter RauenChrista Reichard
Katherina ReicheErika ReinhardtHans-Peter RepnikKlaus RiegertFranz RomerHannelore Rönsch
Heinrich-Wilhelm RonsöhrDr. Klaus RoseNorbert RöttgenDr. Christian RuckDr. Jürgen RüttgersAnita SchäferDr. Wolfgang SchäubleHartmut SchauerteHeinz SchemkenKarl-Heinz ScherhagGerhard ScheuNorbert SchindlerDietmar SchleeChristian Schmidt
Dr.-Ing. Joachim Schmidt
Andreas Schmidt
Hans Peter Schmitz
Birgit Schnieber-JastramDr. Andreas SchockenhoffDr. Rupert ScholzDr. Erika SchuchardtWolfgang SchulhoffDiethard W. Schütze
Clemens SchwalbeDr. Christian Schwarz-SchillingWilhelm-Josef SebastianHorst SeehoferHeinz SeiffertRudolf SeitersBernd SiebertWerner SiemannBärbel SothmannMargarete SpäteErika SteinbachAndreas StormDorothea Störr-RitterMax StraubingerMatthäus StreblThomas StroblMichael StübgenEdeltraut TöpferDr. Hans-Peter UhlGunnar UldallArnold VaatzAndrea VoßhoffPeter Weiß
Gerald Weiß
Annette Widmann-MauzHeinz Wiese
Hans-Otto Wilhelm
Klaus-Peter WillschMatthias WissmannWerner WittlichDagmar WöhrlElke WülfingWolfgang ZeitlmannBenno ZiererWolfgang ZöllerF.D.P.Hildebrecht Braun
Rainer BrüderleErnst BurgbacherJörg van EssenUlrike FlachPaul K. FriedhoffHorst Friedrich
Rainer FunkeDr. Wolfgang GerhardtHans-Michael GoldmannJoachim Günther
Dr. Karlheinz GuttmacherKlaus HauptDr. Helmut HaussmannUlrich HeinrichDr. Klaus KinkelDr. Heinrich L. KolbGudrun KoppIna LenkeSabine Leutheusser-SchnarrenbergerDirk NiebelGünter Friedrich NoltingHans-Joachim Otto
Detlef ParrCornelia PieperDr. Edzard Schmidt-JortzigGerhard SchüßlerDr. Irmgard SchwaetzerMarita SehnDr. Hermann Otto SolmsDr. Max StadlerDr. Dieter ThomaeJürgen TürkPDSPetra BlässMaritta BöttcherEva Bulling-SchröterRoland ClausHeidemarie EhlertDr. Heinrich FinkDr. Ruth FuchsFred GebhardtDr. Klaus GrehnDr. Gregor GysiDr. Barbara HöllCarsten HübnerSabine JüngerDr. Evelyn KenzlerDr. Heidi Knake-WernerRolf KutzmutzUrsula LötzerHeidemarie LüthAngela MarquardtManfred Müller
Kersten NaumannRosel NeuhäuserDr. Uwe-Jens RösselChristina SchenkGustav-Adolf SchurDr. Ilja SeifertEntschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen Versammlungendes Europarates und der WEU, der NAV, der OSZE oder der IPUAbgeordnete(r)Lörcher, Christa, SPD von Schmude, Michael, CDU/CSUIch gebe das Ergebnis der namentlichen Abstim-mung über den Gesetzentwurf der Fraktionen von SPDund Bündnis 90/Die Grünen zur Änderung der Berück-sichtigung von Entlassungsentschädigungen im Arbeits-förderungsrecht, Drucksachen 14/394 und 14/444 be-kannt. Abgegebene Stimmen 567. Mit Ja haben ge-stimmt 337, mit Nein 230, Enthaltungen keine. Auchdieser Gesetzentwurf ist damit angenommen.Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
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Endgültiges ErgebnisAbgegebene Stimmen: 567;davonja: 337nein: 230JaSPDBrigitte AdlerGerd AndresRainer ArnoldHermann BachmaierErnst BahrDoris BarnettDr. Hans-Peter BartelsEckhardt Barthel
Klaus Barthel
Wolfgang BehrendtDr. Axel BergHans-Werner BertlFriedhelm Julius BeucherPetra BierwirthRudolf BindigLothar Binding
Kurt BodewigAnni Brandt-ElsweierWilli BraseDr. Eberhard BrechtRainer Brinkmann
Bernhard Brinkmann
Hans-Günter BruckmannEdelgard BulmahnUrsula BurchardtDr. Michael BürschHans Martin BuryHans Büttner
Marion Caspers-MerkWolf-Michael CatenhusenDr. Peter Wilhelm DanckertDr. Herta Däubler-GmelinChristel DeichmannKarl DillerPeter DreßenRudolf DreßlerDetlef DzembritzkiDieter DzewasDr. Peter EckardtSebastian EdathyLudwig EichMarga ElserPeter EndersGernot ErlerPetra ErnstbergerAnnette FaßeLothar Fischer
Gabriele FograscherIris FollakNorbert FormanskiRainer FornahlHans ForsterDagmar FreitagLilo Friedrich
Harald FrieseArne FuhrmannMonika GanseforthKonrad GilgesIris GleickeGünter GloserUwe GöllnerRenate GradistanacGünter Graf
Angelika Graf
Dieter GrasedieckMonika GriefahnAchim GroßmannKarl-Hermann Haack
Hans-Joachim HackerChristel HanewinckelAlfred HartenbachAnke HartnagelNina HauerHubertus HeilReinhold HemkerFrank HempelRolf HempelmannDr. Barbara HendricksGustav HerzogMonika HeubaumUwe HikschReinhold Hiller
Stephan HilsbergGerd HöferJelena Hoffmann
Walter Hoffmann
Frank Hofmann
Ingrid HolzhüterEike HovermannChristel HummeLothar IbrüggerBarbara ImhofBrunhilde IrberGabriele IwersenRenate JägerJann-Peter JanssenIlse JanzDr. Uwe JensVolker Jung
Johannes KahrsUlrich KasparickSabine KaspereitSusanne KastnerHans-Peter KemperKlaus KirschnerMarianne KlappertHans-Ulrich KloseWalter KolbowFritz Rudolf KörperKarin KortmannAnette KrammeNicolette KresslAngelika Krüger-LeißnerHorst KubatschkaErnst KüchlerHelga Kühn-MengelUte KumpfKonrad KunickDr. Uwe KüsterWerner LabschOskar LafontaineChristine LambrechtBrigitte LangeChristian Lange
Detlev von LarcherChristine LehderRobert LeidingerKlaus LennartzEckhart LeweringGötz-Peter Lohmann
Erika LotzDr. Christine LucygaDieter Maaß
Winfried ManteDirk ManzewskiTobias MarholdUlrike MascherChristoph MatschieIngrid Matthäus-MaierHeide MattischeckMarkus MeckelUlrike MehlUlrike MertenAngelika MertensDr. Jürgen Meyer
Ursula MoggChristoph MoosbauerSiegmar MosdorfMichael Müller
Jutta Müller
Christian Müller
Franz MünteferingAndrea Maria NahlesVolker Neumann
Gerhard Neumann
Dr. Edith NiehuisDietmar NietanGünter OesinghausEckhard OhlLeyla OnurManfred OpelHolger OrtelAdolf OstertagKurt PalisAlbrecht PapenrothDr. Willfried PennerDr. Martin PfaffGeorg PfannensteinJohannes PflugDr. Eckhart PickJoachim PoßKarin Rehbock-ZureichMargot von RenesseRenate RennebachBernd ReuterDr. Edelbert RichterReinhold RobbeRené RöspelDr. Ernst Dieter RossmannMichael Roth
Birgit Roth
Thomas SauerDr. Hansjörg SchäferGudrun Schaich-WalchRudolf ScharpingBernd ScheelenDr. Hermann ScheerHorst SchildOtto SchilyDieter SchlotenHorst Schmidbauer
Ulla Schmidt
Silvia Schmidt
Dagmar Schmidt
Wilhelm Schmidt
Regina Schmidt-ZadelHeinz Schmitt
Olaf ScholzKarsten SchönfeldFritz SchösserOttmar SchreinerGerhard SchröderGisela SchröterDr. Mathias SchubertRichard Schuhmann
Brigitte Schulte
Reinhard Schultz
Volkmar Schultz
Ilse SchumannDr. R. Werner SchusterDr. Angelica Schwall-DürenErnst SchwanholdRolf SchwanitzBodo SeidenthalErika SimmDr. Sigrid Skarpelis-SperkDr. Cornelie Sonntag-WolgastWieland SorgeWolfgang SpanierDr. Margrit SpielmannJörg-Otto SpillerDr. Ditmar StaffeltLudwig StieglerRolf StöckelRita Streb-HesseDr. Peter StruckJoachim StünkerJoachim TappeJörg TaussJella TeuchnerDr. Gerald ThalheimWolfgang ThierseFranz ThönnesAdelheid TröscherRüdiger VeitGünter VerheugenSimone ViolkaUte Vogt
Hedi WegenerWolfgang WeiermannReinhard Weis
Matthias WeisheitGert Weisskirchen
Dr. Ernst Ulrich vonWeizsäckerHans-Joachim WeltDr. Rainer WendHildegard WesterLydia WestrichInge Wettig-DanielmeierDr. Margrit WetzelDr. Norbert WieczorekHelmut Wieczorek
Jürgen Wieczorek
Heidemarie Wieczorek-ZeulDieter WiefelspützHeino Wiese
Klaus WiesehügelBrigitte Wimmer
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
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Engelbert Clemens WistubaBarbara WittigDr. Wolfgang WodargVerena WohllebenHanna Wolf
Waltraud Wolff
Heidemarie WrightUta ZapfDr. Christoph ZöpelPeter ZumkleyBÜNDNIS 90/DIE GRÜNENGila Altmann
Marieluise Beck
Volker Beck
Angelika BeerAnnelie BuntenbachEkin DeligözDr. Thea DückertFranziska Eichstädt-BohligDr. Uschi EidHans-Josef FellAndrea Fischer
Joseph Fischer
Katrin Göring-EckardtRita GrießhaberWinfried HermannKristin HeyneUlrike HöfkenMichaele HustedtDr. Angelika Köster-LoßackSteffi LemkeDr. Helmut LippeltDr. Reinhard LoskeKlaus Wolfgang Müller
Kerstin Müller
Winfried NachtweiChrista NickelsCem ÖzdemirSimone ProbstClaudia Roth
Christine ScheelIrmingard Schewe-GerigkRezzo SchlauchAlbert Schmidt
Werner Schulz
Christian SimmertChristian SterzingHans-Christian StröbeleJürgen TrittinDr. Antje VollmerSylvia VoßHelmut Wilhelm
Margareta Wolf
PDSPetra BlässMaritta BöttcherEva Bulling-SchröterRoland ClausHeidemarie EhlertDr. Heinrich FinkDr. Ruth FuchsFred GebhardtDr. Klaus GrehnDr. Gregor GysiDr. Barbara HöllCarsten HübnerSabine JüngerGerhard JüttemannDr. Evelyn KenzlerDr. Heidi Knake-WernerRolf KutzmutzUrsula LötzerHeidemarie LüthAngela MarquardtManfred Müller
Kersten NaumannRosel NeuhäuserDr. Uwe-Jens RösselChristina SchenkGustav-Adolf SchurDr. Ilja SeifertNeinCDU/CSUUlrich AdamIlse AignerPeter AltmaierNorbert BarthleDr. Wolf BauerGünter BaumannBrigitte BaumeisterMeinrad BelleDr. Sabine Bergmann-PohlOtto BernhardtHans-Dirk BierlingDr. Joseph-Theodor BlankRenate BlankDr. Heribert BlensPeter BleserDr. Norbert BlümFriedrich BohlDr. Maria BöhmerSylvia BonitzWolfgang Börnsen
Wolfgang BosbachDr. Wolfgang BötschKlaus BrähmigDr. Ralf BrauksiepePaul BreuerMonika BrudlewskyKlaus Bühler
Hartmut Büttner
Cajus CaesarLeo DautzenbergWolfgang DehnelHubert DeittertAlbert DeßThomas DörflingerHansjürgen DossMarie-Luise DöttRainer EppelmannAnke EymerIlse FalkDr. Hans Georg FaustUlf FinkIngrid FischbachDirk Fischer
Dr. Gerhard Friedrich
Dr. Hans-Peter Friedrich
Erich G. FritzJochen-Konrad FrommeDr. Jürgen GehbNorbert GeisDr. Heiner GeißlerGeorg GirischDr. Reinhard GöhnerDr. Wolfgang GötzerKurt-Dieter GrillHermann GröheManfred GrundGottfried Haschke
Gerda HasselfeldtNorbert Hauser
Hansgeorg Hauser
Klaus-Jürgen HedrichUrsula HeinenSiegfried HeliasErnst HinskenPeter HintzeKlaus HofbauerMartin HohmannKlaus HoletschekJosef HollerithDr. Karl-Heinz HornhuesSiegfried HornungHubert HüppeGeorg JanovskyDr.-Ing. Rainer JorkDr. Harald KahlDr. Dietmar KansyManfred KantherIrmgard KarwatzkiVolker KauderEckart von KlaedenUlrich KlinkertNorbert KönigshofenEva-Maria KorsHartmut KoschykRudolf KrausDr. Paul KrügerDr. Hermann KuesKarl LamersDr. Karl A. Lamers
Dr. Norbert LammertDr. Paul LaufsKarl-Josef LaumannVera LengsfeldWerner LensingPeter LetzgusUrsula LietzWalter Link
Dr. Klaus Lippold
Dr. Manfred LischewskiWolfgang Lohmann
Julius LouvenDr. Michael LutherErich Maaß
Erwin MarschewskiDr. Martin Mayer
Wolfgang MeckelburgDr. Michael MeisterDr. Angela MerkelFriedrich MerzHans MichelbachMeinolf MichelsBernward Müller
Elmar Müller
Bernd Neumann
Claudia NolteGünter NookeFranz ObermeierFriedhelm OstEduard OswaldDr. Peter PaziorekAnton PfeiferDr. Friedbert PflügerBeatrix PhilippRonald PofallaRuprecht PolenzMarlies PretzlaffDr. Bernd ProtznerDieter PützhofenThomas RachelHans RaidelDr. Peter RamsauerPeter RauenChrista Reichard
Katherina ReicheHans-Peter RepnikKlaus RiegertFranz RomerHannelore Rönsch
Heinrich-Wilhelm RonsöhrDr. Klaus RoseNorbert RöttgenDr. Christian RuckDr. Jürgen RüttgersAnita SchäferDr. Wolfgang SchäubleHartmut SchauerteHeinz SchemkenKarl-Heinz ScherhagGerhard ScheuNorbert SchindlerDietmar SchleeChristian Schmidt
Dr.-Ing. Joachim Schmidt
Andreas Schmidt
Hans Peter Schmitz
Birgit Schnieber-JastramDr. Andreas SchockenhoffDr. Rupert ScholzDr. Erika SchuchardtWolfgang SchulhoffDiethard W. Schütze
Clemens SchwalbeDr. Christian Schwarz-SchillingWilhelm-Josef SebastianHorst SeehoferHeinz SeiffertRudolf SeitersBernd SiebertWerner SiemannBärbel SothmannMargarete SpäteVizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
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Erika SteinbachAndreas StormDorothea Störr-RitterMax StraubingerMatthäus StreblThomas StroblMichael StübgenEdeltraut TöpferDr. Hans-Peter UhlGunnar UldallArnold VaatzAndrea VoßhoffPeter Weiß
Gerald Weiß
Annette Widmann-MauzHeinz Wiese
Hans-Otto Wilhelm
Klaus-Peter WillschMatthias WissmannWerner WittlichDagmar WöhrlElke WülfingWolfgang ZeitlmannBenno ZiererWolfgang ZöllerF.D.P.Hildebrecht Braun
Rainer BrüderleErnst BurgbacherJörg van EssenUlrike FlachPaul K. FriedhoffHorst Friedrich
Rainer FunkeDr. Wolfgang GerhardtHans-Michael GoldmannJoachim Günther
Dr. Karlheinz GuttmacherKlaus HauptDr. Helmut HaussmannUlrich HeinrichDr. Klaus KinkelDr. Heinrich Leonhard KolbGudrun KoppIna LenkeSabine Leutheusser-SchnarrenbergerDirk NiebelGünter Friedrich NoltingHans-Joachim Otto
Detlef ParrCornelia PieperDr. Edzard Schmidt-JortzigGerhard SchüßlerDr. Irmgard SchwaetzerMarita SehnDr. Hermann Otto SolmsDr. Max StadlerDr. Dieter ThomaeJürgen TürkEntschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen Versammlungendes Europarates und der WEU, der NAV, der OSZE oder der IPUAbgeordnete(r)Lörcher, Christa, SPD von Schmude, Michael, CDU/CSUWir fahren jetzt in der Aussprache zum Tagesord-nungspunkt 7 fort. Das Wort hat der Kollege WalterHoffmann von der SPD-Fraktion.
Herr Präsi-dent! Meine sehr verehrten Damen und Herren! LiebeKolleginnen und Kollegen! Als ich den Antrag derF.D.P.-Fraktion las, mußte ich zunächst einmal schmun-zeln, anschließend den Kopf schütteln, und dann spürteich es: Mich laust die F.D.P.
Völlig verunsichert durch manchmal sehr qualifi-zierte Äußerungen Ihres bildungspolitischen SprechersMöllemann, versuchte ich beim Weiterlesen dieses An-trages, zu ergründen, ob Sie das Sofortprogramm über-haupt gelesen haben.
Am Ende angekommen, war ich zu der Überzeugunggelangt: Sie haben es in der Tat nicht gelesen. Ich meineaber, daß die Probleme von 500 000 jungen Men-schen, die in unserem Land keinen Ausbildungs- undArbeitsplatz haben, viel zu ernst sind, als daß manso fahrlässig und oberflächlich mit ihnen umgehendürfte.
Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der F.D.P.,beklagen in diesem Antrag, daß das Programm für400 000 junge Menschen keine Arbeit und keine Aus-bildung schaffe und Augenwischerei sei. Wir sagen:100 000 Plätze durch dieses Programm sind ein ehrgei-ziges Ziel bei einer Gruppe, die aus unterschiedlichenGründen die Perspektive Zukunft verloren hat.
Sie sagen: Streetworker, Beratung bei Entschuldungund Wohnungsproblemen, die Vermittlung von Zu-satzqualifikationen sowie des Hauptschulabschlussesschaffen keine Arbeits- und Ausbildungsplätze. Welcheine Erkenntnis! Viele junge Menschen haben aber ge-rade Schulden und Wohnungsprobleme. Ihnen fehlenQualifikationen und oft auch der Hauptschulabschluß.Gerade deshalb bietet dieses Programm für 36 000 jungeMenschen Hilfen zur Behebung dieser Defizite an.
Völlig erstaunt aber war ich bei Ihrem 9-Punkte-Konzept. Ich fühlte mich in die arbeitsmarkt- und bil-dungspolitische Diskussion der 80er Jahre zurückver-setzt.
Sie fordern Ausbilderkonferenzen mit Betrieben, Be-rufsschulen und Werkstätten. Sie müßten eigentlich wis-sen, daß es dies seit Jahren in vielen Teilen der Republikgibt.
Sie verlangen mehr Flexibilität in den Berufsschulen.Diese Flexibilität gibt es bereits heute in vielfältigerForm, zum Beispiel durch Blockunterricht.
Was hat es aber gebracht?Sie fordern neue Berufe und die schnellere Schaffungund Erneuerung von Ausbildungsordnungen. TatsacheVizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
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2016 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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ist aber: Seit 1996 wurden 30 Berufe vollständig neu ge-schaffen, über 100 Ausbildungsordnungen modernisiert,so daß eine ganze Reihe weiterer neuer Berufe entstan-den ist,
und zwar binnen kürzester Zeit, in der Regel binnenzwei Jahren. Ich sage Ihnen: Eine noch schnellere Ent-wicklung von Ausbildungsordnungen ist fachlich fahr-lässig.
Sie fordern den Einsatz von Ausbildungsplatzent-wicklern. Wir stellen im Einzelplan 30 des Bundeshaus-haltes 19 Millionen DM exakt hierfür zur Verfügung.
Sie verlangen die direkte Ansprache der Betriebedurch Gebietskörperschaften. Ich weiß, daß viele Städteund Gemeinden, Kreise, aber auch Landesregierungendies bereits seit Jahren tun.
Ich denke, auch Sie wissen das. Im Rahmen unseres So-fortprogramms führen gerade auch in dieser Woche dieArbeitsämter eine Aktion mit Betriebsbesuchen durch,um wirklich alle Möglichkeiten auszuschöpfen.
Sie fordern die Übernahme der Verantwortung für dieAusbildung eines Jugendlichen durch mehrere Betriebe.In unserem Sofortprogramm ist die Förderung solcherAusbildungsverbünde explizit in Art. 2 § 4 der Richtli-nien vorgesehen.
Ausbildungsbörsen – um noch einen Punkt zu nen-nen, der von Ihnen angesprochen wurde – gibt es, wieSie selber vorhin Gott sei Dank zugestanden haben, be-reits seit den 80er Jahren. Sie sind in der Tat wirklichnichts originell Neues.Die Verbesserung der Beratung von Jugendlichen unddie Optimierung der Kooperation mit den Schulen wer-den an vielen Stellen durch dieses Programm unterstütztund gefördert.
Ihre Forderung nach einem Mobilitätsprogrammgeht allerdings völlig an der Realität vorbei. Nach einerStatistik der Bundesanstalt für Arbeit vom Januar diesesJahres gibt es nur in drei Bundesländern einen Überhangvon nicht besetzten Stellen gegenüber noch nicht ver-mittelten Bewerbern.
Das ist das eine. Zum anderen wird vor Ort – das müß-ten Sie eigentlich wissen – die Mobilität von Jugendli-chen schon lange finanziell und organisatorisch unter-stützt. Ich sage hier aber ganz deutlich: Es kann keinordnungspolitisches Ziel sein, Nomadenzüge durch dasgesamte Gebiet der Republik zu organisieren.
Weiterhin verlangen Sie einen bundesweiten Infor-mationspool, durch den Auskunft über freie Plätze ge-geben wird. Sie müßten eigentlich wissen, daß es das be-reits gibt.Ganz betroffen war ich über Ihren letzten Punkt, indem wir alle aufgefordert werden, persönlich in denWahlkreisen dafür einzutreten, daß zusätzliche Plätzegeschaffen werden. Ich bin sehr enttäuscht, daß Sie dasbis jetzt noch nicht gemacht haben.
Fast alles, was Sie fordern – ich konzentriere michjetzt wirklich auf Ihren Antrag –, ist bereits in vielenRegionen der Republik tägliche Praxis. Unser Sofort-programm hingegen ist eine zusätzliche – das möchteich betonen – Initiative zur Bekämpfung der Jugendar-beitslosigkeit. Es ersetzt nicht – da haben Sie recht – ei-ne Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingun-gen, die Verantwortung der Tarifvertragsparteien undeine gute Bildungspolitik. Daran arbeiten wir im Mo-ment ganz eifrig und engagiert.Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Her-ren, liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses Programmist ein Angebot von zehn verschiedenen Maßnahmen aninsgesamt 100 000 junge Menschen mit einem Gesamt-volumen von 2 Milliarden DM. Den Akteuren vor Ort,und niemand anderem, eröffnet es die Möglichkeit,kreativ und mit viel Spielraum neue Wege zur Bekämp-fung der Ausbildungsmisere zu suchen und auszuprobie-ren. Es ist, so meinen wir, ein Schritt in die richtigeRichtung.
Entscheidend für den Erfolg dieses Programmes – dassage ich hier ganz deutlich –, ist allerdings die Um-setzung vor Ort, nicht allein durch die Arbeitsverwal-tung, sondern durch alle, die ernsthaft mehr Ausbil-dungs- und Arbeitsstellen wollen. Dieses Programm isteine Aufforderung zum Handeln.Es ist richtig: Natürlich gibt es Schwierigkeiten undProbleme bei der Umsetzung. Ich bin auch der Auffas-sung, daß wir diese Schwierigkeiten und Probleme inden nächsten Monaten kritisch aufarbeiten müssen, umKorrekturen vor allen Dingen für das zweite Halbjahrvornehmen zu können. Wenn aber Spitzenpolitiker imWalter Hoffmann
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 2017
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Deutschen Bundestag feststellen, daß dieses Programmdarauf abzielt, junge Menschen ruhigzustellen,
dann ist die Wirkung verheerend, nicht nur weil die Be-troffenen diskreditiert werden,
sondern weil nach außen der Eindruck entsteht, daß diezynische Hoffnung gehegt wird, daß das Programmscheitert.
Ich habe bis heute immer noch geglaubt, daß HerrSchäuble sich für seine Äußerung vor diesem Hause undgegenüber den Betroffenen entschuldigen oder sie zu-mindest klarstellen würde.
Allein eine Korrektur im Protokoll – ich habe das janachgelesen – genügt bei einer solchen Äußerung in derTat nicht.Liebe Kolleginnen und Kollegen von der F.D.P., ichempfehle Ihnen: Ab mit diesem Antrag ins Archiv! Ar-beiten Sie lieber konstruktiv und kritisch an der Umset-zung dieses Sofortprogrammes mit, wenn schon nicht imInteresse der sozialdemokratisch-grünen Regierung,dann wenigstens im Interesse der Betroffenen.
Herr
Kollege Hoffmann, ich beglückwünsche Sie zu Ihrer er-
sten Rede im Deutschen Bundestag.
Als nächster Redner hat das Wort der Kollege
Dr. Rainer Jork von der CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident!Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Siemich eingangs mit Genugtuung feststellen, daß wirschon heute, Anfang März, darüber nachdenken, wie wirdie Ausbildungsplatzsituation wirksam verbessern kön-nen. Die Opposition hat früher um diese Jahreszeit Lehr-stelleninteressenten mit Katastrophenprognosen zusätz-lich verunsichert. Wir haben also eine neue Situation –auch in der Opposition, Kollege Tauss.Die F.D.P. stellt in ihrem Antrag fest, daß das Sofort-programm der Regierung der Zielstellung einer wirksa-men und nachhaltigen Verbesserung der Lehrstellensi-tuation wohl nicht gerecht werden kann. Es wird Sienicht wundern, daß auch wir von der CDU/CSU-Fraktion das befürchten. Ich freue mich aber, daß nunauch die neue Koalition, also die frühere Opposition,versucht, konkret an die Probleme des Lehrstellenmark-tes heranzugehen.
Lassen Sie mich allerdings gleich sagen: Ich habeeher den Eindruck, daß es an wirklich neuen Ideen fehltund daß hier vor allem mit Geld und Reklame imponiertwird. Mittels staatlicher Zuschüsse sollen 100 000 Ju-gendliche in Ausbildung und Qualifizierung Beschäfti-gung finden. Hoffentlich funktioniert das. Wir alle wol-len das; davon können wir ausgehen. Ich habe erst heutevom Arbeitsamt in Annaberg erfahren, daß das Geld beiden eigentlichen Trägern der dualen Ausbildung, denBetrieben, nicht ankommt. Wenn wir kritisch darübernachdenken wollen, Kollege Hoffmann, was zu tun ist:An der Stelle müssen wir prüfen – ich bin Ihrer Mei-nung, daß das ein normaler Ablauf ist, wenn etwas Neu-es gemacht wird, wo etwas zu verbessern ist.Sosehr ich den Antrag der F.D.P. in wesentlichenPunkten – unabhängig davon, ob sie neu sind oder nicht– unterstütze, finde ich doch, daß er einen ganz erhebli-chen Mangel aufweist.
Es geht nach wie vor um die kritische Situation in denneuen Bundesländern. Diese kommt in dem Antragnicht vor.
Wir müssen wissen, daß das allgemeine Problem vonStrukturveränderungen, von Globalisierung und vonInnovationsdruck in den neuen Bundesländern von denSchwierigkeiten beim Neuaufbau der Wirtschaft überla-gert wird. Gleiche Verteilung der Mittel bei allen Pro-grammen nützt nichts. Die besonderen Umstände in denneuen Bundesländern verlangen nach besonderen Me-thoden und Instrumenten und insbesondere nach einerspezifischen Abstimmung von Bundes- und Landespro-grammen.Ich möchte noch einmal, wie früher schon, auf dieHauptpunkte bei allen Maßnahmen hinweisen. JedeMaßnahme zur Förderung von Lehrstellen muß sich andrei Kriterien messen lassen: erstens an der Qualität derAusbildung. Damit hängt die Frage zusammen, welcheLehrkräfte wie aktuell unterrichten können. Zweitens istder Praxiskontakt der Ausbildung wichtig. Nur dann isteine duale Berufsausbildung wirklich dual, wenn derbetriebliche Anteil repräsentiert wird. Drittens geht esum die Eröffnung der Möglichkeit für die Lehrlinge,nach der Lehrzeit eine dauerhafte Beschäftigung zu be-kommen.An diesen Kriterien müssen wir auch die Programmeder neuen Bundesregierung messen. Ich empfehle Ihnen,das auch zu tun.Die Förderung praxisnaher beruflicher Ausbildungist alleine mit Finanzierung nicht getan. Es besteht dieGefahr der Theorielastigkeit. Erlerntes Wissen muß inder Praxis und bei der späteren Arbeit anwendbar sein.Die Maßnahmen der Bundesregierung mögen vielen Ju-gendlichen Zusatzqualifizierungen verschaffen. IhnenWalter Hoffmann
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2018 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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das Nachholen des Hauptschulabschlusses zu ermögli-chen bringt sie aber eben nicht in eine praxisnahe Aus-bildung und zukunftssichere Beschäftigung.
Die Auffassung, daß sich die Gesamtsituation aufdem Lehrstellenmarkt vor allem durch staatlich finan-zierte Förderprogramme verbessern läßt, ist ein Trug-schluß. In Wirklichkeit ist eine strukturelle Entlastungauf dem Ausbildungsmarkt nur dann zu erreichen, wenn– das wurde eben gesagt – die Rahmenbedingungender Wirtschaft deutlich verbessert werden. FlorierendeUnternehmen bilden schon im eigenen Interesse aus.Kränkelnde können sich dies dagegen oft nicht leisten.Es gilt also, eine gute Lehrstellenpolitik an die Arbeits-marktpolitik zu koppeln. Mit anderen Worten: Mit Me-thoden, die zur Vermehrung von Arbeit führen, erreichtman auch eine Vermehrung der Lehrstellenzahl.
Was ist also zu tun? Vor allem Handwerker und mit-telständische Unternehmen, die das Gros der Ausbil-dungsleistungen erbringen, müssen steuerlich entlastetwerden. Die Zahlungsbereitschaft von Schuldnern, ins-besondere in den neuen Ländern – das ist ein wichtigerPunkt –, muß dringend verbessert werden. ÖffentlicheAufträge dürfen nicht nur nach den geringsten Kosten,sondern müssen auch nach gesamtwirtschaftlichen Ge-sichtspunkten vergeben werden. Oft steht hier die Zu-kunft von regionalen Betrieben auf dem Spiel. Das istein besonderes Ostspezifikum.Die Signale, die die rotgrüne Regierung mit ihrer ver-fehlten Steuer- und Abgabenpolitik setzt, sind verhee-rend.
Herr Tauss, ich zitiere einmal, was heute in einer Zei-tung stand:Immer mehr Unternehmen, auch solche, die derrotgrünen Regierung bisher neutral und abwartendgegenüberstanden, wenden sich mit Grausen ab,verweigern neue Investitionen im Lande und verla-gern Unternehmensanteile ins Ausland – mit ent-sprechenden Folgen für den Standort Deutschland.Das führt auch zu Folgen im Lehrstellenbereich.Ich wünsche mir, daß die neue Koalition ihre ideolo-gischen Fesseln ablegt
und sich noch einmal mit den Maßnahmen der früherenBundesregierung zur Verbesserung der Lehrstellensi-tuation befaßt. Ich beziehe mich auf die von Ihnen, HerrKollege Hoffmann, soeben gemachte Bemerkung, daßwir nicht fahrlässig und oberflächlich umgehen sollenmit dem, was erarbeitet worden ist. Sie haben ja gernezur Kenntnis genommen, wie die Methoden der früherenBundesregierung heute greifen.Es geht vor allem – dazu möchte ich einige Punkteaufzählen, die teilweise erledigt sind; aber noch nichtalle; da besteht noch Handlungsbedarf –
– auch Ihrerseits, Herr Hilsberg – um das zügige Schaf-fen neuer Berufsbilder und darum, neue Berufe voran-zutreiben.
Es geht darum, die Überarbeitung von Ausbildungsord-nungen zu sichern.Es geht um die Verbesserung der Situation an Schu-len. Darüber wurde soeben gesprochen.
– Genau, das ist Ländersache. – Es geht um eine Koor-dination von Bundes- und Länderprogrammen. Es gehtum eine rechtzeitige Beratung der Jugendlichen bei derWahl ihrer Ausbildungsplätze und um die Erhöhung derFlexibilität der Angebote.Mit der Aussage „Ländersache“ werden Sie nie einProblem lösen. Wenn eine Partei auf Landes- und Bun-desebene Verantwortung hat, muß sie sich auf allenEbenen abstimmen und gemeinsam im Interesse der Ju-gendlichen ein Ziel verfolgen. Ich habe den Eindruck,daß das vergessen wird. Mit sektoralem Denken undFragen nach der Zuständigkeit werden die bestehendenProbleme nicht gelöst.
Ich empehle Ihnen sehr, daß Sie dort Ihre größere Ver-antwortung wahrnehmen. Das wollten Ihre Wähler.Heute habe ich wiederholt gehört, was die Wähler vonIhnen wollten, nämlich genau das.Das „9-Punkte-Konzept“ der F.D.P. kann also schondeshalb begrüßt werden, weil vernünftige Anregungenaufgegriffen werden. Ich möchte auf einen Punkt einge-hen, den ich zuletzt erwähnt habe: Es wird immer vonder modularen bzw. gestuften Ausbildung gesprochen.Ich glaube, dieser Begriff ist nicht klar. Man sollte ein-mal sagen, was man darunter versteht. Ich habe mir dazuetwas aufgeschrieben, auch um von Ihnen bei Gelegen-heit, zum Beispiel im Ausschuß, kritisiert zu werdenoder um gemeinsam zu überlegen, ob dies so richtig ist.Ich lese es einmal vor:
Ein Modul im dualen Ausbildungssystem ist eineLerneinheit, ein in sich abgeschlossener Qualifikations-baustein, der zur Ausführung bestimmter praktischerArbeitsleistungen befähigt. Module können in allen Pha-sen der beruflichen Qualifizierung, von der Grundaus-bildung bis zur Weiterbildung, von Bedeutung sein undbestimmte Zielgruppen besonders fördern. Sie sollen dieKompatibilität zu bestimmten Berufsbildern sichern,aber auch – entsprechend der modernen Produktionspra-xis – effektiv nutzbare Teilqualifikationen sichern.Dr.-Ing. Rainer Jork
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 2019
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Mir ist klar, daß das Vorlesen einer Definiton pro-blematisch ist. Daher denke ich, wir sollten später, zumBeispiel im Ausschuß, darüber sprechen.
– Von mir. Es ist für Sie vielleicht ungewöhnlich, HerrTauss; aber auch als Politiker kann man sich Gedankenmachen. Auch in der Gewerkschaftszeitung des DGBstehen dazu einige Gedanken. Aber hier habe ich mirtatsächlich einmal eigene Gedanken gemacht.Die Qualifikationspotentiale der Jugendlichen könnenausgeschöpft werden, wenn man mit diesen Modulenarbeitet. Ihre Qualifikationsbedürfnisse sind zu berück-sichtigen. Gleichzeitig wird den neuen Anforderungender Wirtschaft entsprochen. Die individuelle Leistungs-fähigkeit der Lehrer und der in Weiterbildung befindli-chen Facharbeiter wird dadurch besser berücksichtigt.Auch praktisch Veranlagten bietet sich eine neue Mög-lichkeit.Wir ostdeutschen CDU-Abgeordneten haben vor et-wa zwei Jahren einen Maßnahmenkatalog im Ergebniseiner Anhörung erarbeitet. Den Katalog habe ich schoneinmal vorgestellt.
– Wenn Sie jetzt fragen, Herr Hilsberg, ob es so etwasgibt, dann muß ich sagen: Da wird einfach nicht zuge-hört. Es wäre ganz gut, wenn man im Parlament außerdem Senden auch einmal den Empfang üben würde undüber das Gesagte nachdenkt. So etwas sollte es im Par-lament geben.
Wir haben verschiedene Maßnahmen aufgeführt, die– das sagte ich vorhin schon – teilweise in Angriff ge-nommen worden sind oder noch angegangen werdensollen. Ich nehme Ihre Anregungen und Ihre Verwirrunggerne auf.
– Ich gebe Ihnen gerne einmal die Unterlagen, die wirdazu erarbeitet haben und die ich überhaupt nicht lach-haft finde; denn es geht um junge Leute. Ich will einmalzitieren, was Sie früher gesagt haben: Wenn man überArbeitsplätze für junge Leute und über deren Zukunftredet, darf man nicht lachen. Dann darf man auch einmalzuhören. Vielleicht denken Sie einmal darüber nach.
Es ist kein Epochenwechsel, den Sie uns angebotenhaben, wenn man nicht zuhört und nicht gemeinsamüberlegt, was eigentlich zu tun ist.
Ich ersuche also die neue Bundesregierung, sich dieVorschläge – ich erlaube mir, sie im Anschluß demKollegen Catenhusen zu geben – einmal anzusehen, da-mit die Modernisierung der Berufsbildung vorange-bracht wird.
Herr
Kollege Jork, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Kol-
legen Hilsberg?
Ja, klar.
Bitte
schön, Herr Kollege.
Herr Kollege Jork, jen-
seits aller Polemik: Können Sie mir bestätigen, daß wir
mit unserem Programm gegen die Jugendarbeitslosigkeit
einen Betrag in Höhe von 2 Milliarden DM auf den Weg
gebracht haben und daß es die vorherige CDU/CSU-
Regierung nicht ein einziges Mal geschafft hat, so etwas
auf den Weg zu bringen?
Ich freue mich
mit Ihnen, daß man eine solche Summe für die jungen
Leute bereitstellen kann.
In meiner Rede – vielleicht haben Sie zugehört – habe
ich das auch zum Ausdruck gebracht. Ich habe Sie näm-
lich am Anfang meiner Rede gelobt. Jetzt ist die Frage,
wie das Geld an welcher Stelle ankommt. Deshalb habe
ich – ich wiederhole mich – gesagt: Es muß an die Basis
kommen. Es muß dort ankommen, wo das duale System
tatsächlich funktioniert
und wo die jungen Leute nach den drei von mir ge-
nannten Kriterien auch in der Zukunft eine Chance ha-
ben, Arbeit zu finden. Allein mit Geld ist das nicht ge-
macht. Auch jetzt wiederhole ich mich: Es darf nicht nur
theorielastige betriebsferne Lehrgänge geben. Es muß
gesichert werden, daß kleine Betriebe und der Mittel-
stand – besonders in den neuen Bundesländern – das
Geld zur Verfügung gestellt bekommen, damit wir an
den Kern der Sache kommen.
Ich freue mich, wenn das klappt. Ich bin nämlich der
Meinung, daß wir die Probleme an vielen Stellen mit-
einander lösen können.
Herr
Kollege Jork, erlauben Sie eine weitere Zwischenfrage
der Kollegin Aigner?
Aber bitte.
Bitteschön, Frau Aigner.Dr.-Ing. Rainer Jork
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2020 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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Herr Dr. Jork, können Sie
bestätigen, daß von diesen 2 Milliarden DM 600 Millio-
nen aus dem Europäischen Sozialfonds kommt, die
normalerweise für Langzeitarbeitslose und besonders für
Frauen gedacht waren?
Frau Kollegin
Aigner, ich bin mir natürlich klar, daß die vom Kollegen
Hilsberg genannte Summe nicht ausschließlich von der
Bundesregierung kommt. Partner hat auch die frühere
Regierung gesucht. Sie sollten bloß nicht Leistungen für
sich in Anspruch nehmen, die andere erbringen.
Frau Kollegin Aigner, Herr Hoffmann hätte natürlich
erwähnen können, daß bereits funktionierende Metho-
den, die aus dem Reformprojekt „Berufliche Bildung“
der vorherigen Bundesregierung stammen übernommen
worden sind. Sie hätten einmal sagen können: Wir haben
etwas übernommen, das funktioniert. Für die betroffe-
nen Lehrlinge – das auch zu Ihrer Frage, Frau Kollegin
Aigner – ist es schon ganz gut, wenn sie einmal sehen:
In der Politik wird sachlich miteinander umgegangen,
und es werden auch sinnvolle Maßnahmen gemeinsam
in Gang gesetzt.
Herr
Kollege Jork, erlauben Sie eine dritte Zwischenfrage der
Kollegin Gleicke?
Ja, wir können
jetzt gerne eine Fragestunde machen. Irgendwie muß ich
dann nur noch den Schluß finden. Es hängt alles an
Ihnen.
Bitte
schön, Frau Kollegin.
Herr Kollege Jork, das Pro-
gramm für die 100 000 Jugendlichen sieht für 1999
2 Milliarden DM vor. Es wird im nächsten Haushaltsjahr
mit 1,1 Milliarden DM und auch danach noch teilweise
fortgesetzt werden. Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu
nehmen, daß es in bezug auf alle Programme zu begrü-
ßen ist, die Ansätze, auch zum Beispiel die der Europäi-
schen Union, zusammenzuführen, um eine sinnvolle
Ausgestaltung der Programme zu erreichen und in dem
Sinne, wie Sie auf die Frage von Herrn Kollegen Hils-
berg geantwortet haben, praxisorientiert Ausbildungs-
plätze zu schaffen?
Klar. Ich weiß
jetzt nicht, wo die Frage ist. Darauf zielte ja meine Be-
merkung von vorhin. Ich kann nur darum bitten, daß Sie
mit den Mitteln, die Sie bereitstellen, die richtigen Stellen
erreichen, daß sie wirksam helfen und daß Sie sich über-
legen, ob die drei Kriterien tatsächlich erfüllt werden.
– Ich freue mich, wenn das weiterhin der Fall ist. – Aber
bitte konterkarieren Sie Ihre Bemühungen nicht mit
einer schlimmen Steuerreform, die die Wirtschaft und
den Mittelstand an der Stelle trifft, wo es auch um Aus-
bildungsbereitschaft geht. Das haben wir heute gehört.
Was soll es, das mit viel Geld und wenig zielgerichtet
erreichen zu wollen, wenn man andererseits bewirkt, daß
Betriebe weggehen – ich rede jetzt von Großbetrieben,
die sowieso dazu gebracht werden müssen, mehr auszu-
bilden; in dieser Frage sind wir uns einig –, wenn man
kleine Betriebe, den Mittelstand und das Handwerk so-
zusagen teilweise köpft oder wenn man nicht ausrei-
chend Maßnahmen vorsieht, sie zu fördern. Das ist mein
Problem.
– Herr Tauss gibt mir das Signal, daß ich zum Schluß
kommen muß.
Ich wollte noch sagen – da teile ich Ihren Standpunkt,
Kollege Hoffmann –, daß Bundes- und Länderprogram-
me konform gehen müssen. Für uns in Sachsen ist es
zum Beispiel ganz wichtig, daß die Gemeinschafts-
initiative weiterläuft und daß regionale Spezifika be-
rücksichtigt werden. Mecklenburg-Vorpommern ist eben
anders als Sachsen. Auch in Sachsen selbst gibt es Un-
terschiede. Man muß problem-, wirtschafts-, personen-
bezogen fördern. Das können die Länder sicher am be-
sten. Ich bitte die Bundesregierung, diese Gemein-
schaftsinitiative fortzuführen und mit den Ländern auf
geeignete Weise abzustimmen, wie man die Maßnahme
besonders wirksam einsetzt. Ich erspare es mir aus Zeit-
gründen, zu sagen – bei anderer Gelegenheit habe ich
das schon einmal vorgetragen –, welche Methoden dafür
eingesetzt werden können.
Ich darf vielleicht abschließend sagen: Hauruckpro-
gramme reichen nicht; wir brauchen tiefgreifende Lö-
sungen. Ich glaube, das ist auch Gegenstand der Diskus-
sion gewesen. Wir brauchen eine deutliche Entlastung
der Wirtschaft, und wir brauchen ein konstruktives Mit-
einander zwischen Regierung und Opposition. In dem
Sinne – jetzt beziehe ich mich auf meine Eingangsbe-
merkung – finde ich es schon toll, daß wir heute nicht
nur Katastrophen an die Wand malen, sondern daß wir
überlegen, was wir machen können. Wir sind gern Ihre
Partner.
Ich mache, wie versprochen, dem Kollegen Caten-
husen ein Geschenk, indem ich ihm das Protokoll über-
gebe. Die geschilderten Maßnahmen möchte ich als An-
regung verstehen.
Danke.
Alsnächster Redner hat das Wort der Kollege Hans-JosefFell von Bündnis 90/Die Grünen.
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 2021
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Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!Liebe Kollegen und Kolleginnen von der F.D.P., es istfür uns unverständlich, wieso – ich zitiere aus IhremAntrag – „das Eingreifen der Bundesregierung dasschulpolitische Versagen der rotgrünen Landesregierun-gen deutlich“ macht.
Für die Bereitstellung von ausreichenden Ausbildungs-plätzen ist noch immer die Wirtschaft – bei den entspre-chenden politisch gesetzten Rahmenbedingungen – ver-antwortlich. Dies macht zum Beispiel auch der Gesetz-entwurf der bündnisgrünen Fraktion aus der letzten Le-gislaturperiode deutlich.
Auch das Bundesverfassungsgerichtsurteil von 1980 ist,was die Verantwortung der Wirtschaft für die Bereit-stellung von Ausbildungsplätzen betrifft, schwerlich an-ders zu interpretieren.In dieser Beziehung hat die F.D.P. in den letzten Jah-ren wahrlich keine Lorbeeren erstritten. Wo außer beimständigen Betonen und Einfordern von freiwilligenSelbstverpflichtungen der Wirtschaft ohne größere Fol-gen und vor allem ohne größere Wirkungen waren denndamals die Damen und Herren der F.D.P.?
Manche Kritikpunkte von Ihnen sind, was die Zahlenund den Inhalt anbelangt, allerdings nicht unbedingt vonder Hand zu weisen. Es gibt strukturelle und auch qua-litative Anlaufprobleme zum Beispiel bei der Umset-zung des Sofortprogrammes der jetzigen Bundesregie-rung. Aber nach 16 Jahren relativen Stillstands auf demGebiet der Berufsausbildung kann nicht alles mit einemgroßen Wurf auf einmal gelingen, zumal es auch umstrukturelle Probleme im System der dualen Berufsaus-bildung geht. Das Sofortprogramm kann nur ein Mosa-ikstein in diesem Komplex sein.Eine strukturelle Entlastung auf dem Ausbildungs-markt ist nicht allein durch mehr Wachstum und mehrBeschäftigung, die immer wieder beschworen werden,möglich. Die originär für Ausbildung Zuständigen ver-abschieden sich immer mehr aus ihrer Verantwortung.Mittlerweile wird davon ausgegangen, daß nur noch zir-ka 20 Prozent der Betriebe ausbilden, die eigentlichausbilden könnten. Die Arbeitnehmer- und Arbeitneh-merinnenseite hat hierzu durchaus eigene Vorstellungenin die Tarifverhandlungen eingebracht. Zum Beispiel hatdie ÖTV 1998 den freiwilligen Verzicht auf eine Anhe-bung der Ausbildungsvergütungen im Gegenzug zur Be-reitstellung von mehr Ausbildungsplätzen vorgeschla-gen. Die Arbeitgeber- und Arbeitgeberinnenseite ist esjedoch, die ihre alten Gräben nicht oder nur sehr schwer-fällig verläßt.Meine Damen und Herren von der F.D.P., inwieweitdie Ausbildungsmisere – was für ein Wort – das fast al-leinige Ergebnis der Schulpolitik sein soll, ist unklarund wird sich schwerlich beweisen lassen. Bei allen Un-zulänglichkeiten und Kritikpunkten am Bildungssystemhandelt es sich doch um das strukturelle Problem, daßdie Bereitstellung von Ausbildungsplätzen verweigertwird. Was wäre denn, wenn die auf die Berufsausbil-dung vorbereitenden Bildungsgänge hundertprozentig inOrdnung wären? Gäbe es dann automatisch eine höhereAusbildungsbereitschaft seitens der dafür Zuständigen,sprich: der Wirtschaft? Ist das nicht eher ein beliebigesMäntelchen – die Jugendlichen haben ein schlechtesBildungsniveau, sagt man –, das man anzieht, um voneigenem Versagen ablenken zu können?Was die von Ihnen eingeforderten regionalen Aus-bildungskonferenzen betrifft, so gibt es diese schon.
Sie mögen in einigen Regionen unterschiedliche Namenhaben. Aber sie nur anders nennen zu wollen greift jawohl wirklich zu kurz
und spricht den dort Arbeitenden die Bemühungen undauch die Resultate ab.
Allerdings – insoweit stimme ich Ihnen zu – sollten die-se Ausbildungskonferenzen flächendeckend ausgedehntwerden.
Nun zur ewigen Litanei über angebliche Ausbil-dungshemmnisse. Hat irgendeine Beseitigung solchervorgeblichen Hemmnisse durch die alte Bundesregie-rung, zum Beispiel durch die Änderung des Jugendar-beitsschutzgesetzes, wirklich nachhaltige Wirkung ge-zeigt? Plakativ behauptet wurde dies immer. Die berufs-bildungspolitischen Experten und Expertinnen sehen dasallerdings doch anders.Bei der Forderung nach der Streichung des zweitenBerufsschultages ging es der alten Bundesregierung inErfüllung der Bedingungen der Arbeitgeber und Arbeit-geberinnen für eventuell mehr Ausbildungsplätze weni-ger um mehr Zeit für die betriebliche Qualifizierung alsum mehr Zeit für den produktiven Einsatz von Auszu-bildenden.
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2022 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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In vielen Handwerksbetrieben arbeiten Azubis im drittenLehrjahr bereits voll mit, während die Qualifizierungnebenbei von Gesellen besorgt wird, die selbst zu arbei-ten haben.
Die durchaus konservativ errechneten Angaben desBundesinstituts für Berufsbildung zu den enorm niedri-gen Ausbildungskosten im Handwerk deuten darauf hin,daß bereits heute in vielen Betrieben Azubis profitabelsind.
Schlußfolgernd kann dem DGB-Bundesvorstand nurzugestimmt werden, der schon 1996, zeitgleich mit derVeröffentlichung des Ausbildungskonsenses Nordrhein-Westfalens, zutreffend festgestellt hat, daß die Kampagneder Arbeitgeberseite gegen den zweiten Berufsschultaglediglich darauf abziele, aus der Ausbildung Profit zuschlagen;
es gehe hierbei keinesfalls um eine bessere Ausbildung.Solches Sozialpartnerverhalten ist nicht nur unsozial, esist auch ökonomisch unsinnig.
Meine Damen und Herren von der F.D.P., Sie fordernneue Berufsbilder. Ohne das Bundesinstitut für Berufs-bildung in Bausch und Bogen loben zu wollen, muß ichsagen, daß Berufsbilder statt früher in ungefähr acht Jah-ren jetzt in teilweise zwei bis drei Jahren realisiert wer-den. Das ist der richtige Weg. Er ist bereits jetzt erfolg-reicher als der Weg, der in früheren Zeiten beschrittenwurde. Damit erübrigt sich Ihr Antrag auch in diesemPunkt.
Herr
Kollege Fell, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Kol-
legen Goldmann?
Aber gerne.
Bitte
schön, Herr Goldmann.
Ich komme jetzt
auf den zu sprechen, der das scheinbar richtig macht.
Herr Kollege, ist Ihnen bekannt, daß die von Ihnen
eben scharf kritisierte Regelung der besonderen Stun-
denaufteilung mit dem sogenannten zweiten Berufs-
schultag eine Erfindung des damaligen Ministerpräsi-
denten von Niedersachsen, Herrn Schröder, war? Wis-
sen Sie, daß er für diese Regelung von allen in Nieder-
sachsen an Ausbildung Beteiligten hoch gelobt worden
ist? Ist Ihnen ferner bekannt, daß diese spezielle Rege-
lung nach den Vorstellungen der Sozialdemokraten in
ihrem Bundestagswahlprogramm eigentlich eine bun-
deseinheitliche werden sollte?
Sie sehen, daß diese Forderung offensichtlich nicht mehr
aufrechterhalten wird. Auch die neue rotgrüne Bundes-
regierung kann Fehler der Vergangenheit einsehen und
sich zu neuen Erkenntnissen durchringen.
Herr
Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Kollegen
Jork?
Ja.
Herr Kollege,
können Sie sich vorstellen, daß ein Lehrling, der in
einem Betrieb arbeitet, Selbstbestätigung und Motiva-
tion dadurch findet, daß er nützliche Arbeit leistet und
das Gefühl bekommt, daß das Produkt, das er herstellt,
auch tatsächlich verkauft werden kann? Ich habe Me-
chaniker gelernt und als solcher gearbeitet. Es war für
mich ein tolles Erlebnis, als ich das erste Mal an eine
Maschine gehen konnte und wußte: Das Produkt ist
nützlich und wird verkauft. Das hat mir gefallen.
Da stimme ich Ihnen vollkommen zu. Das habe ich auchüberhaupt nicht kritisiert. Mir ging es um die Frage, obdie Ausbildungsplatzsituation dadurch besser gestaltetwerden kann, daß man die Lehrlinge noch mehr in dieArbeit hineintreibt. Es ging mir nicht um die Tatsache,daß sie die Ausübung ihrer Tätigkeit erlernen müssen.Da gebe ich Ihnen vollkommen recht. Es kommt auf dasMaß und die Forderungen an.
Der „geteilte“ Lehrling wurde in den letzten Jahren– Sie wissen es – mehrfach gefordert. Damals hieß dieDevise der Firmen: Zwei Auszubildende arbeiten zumLohn für einen; drei teilen sich das Lehrgeld von zwei-en. Dieser Vorschlag, bar jeder ordnungspolitischen undinhaltlichen Kenntnis, ist unter dem Begriff „Zweidrit-telazubis“ ganz schnell zu den Akten gelegt worden. Zuheftig waren die Bedenken hinsichtlich des Eingriffs indie Tarifautonomie und eines qualitativen Abbruchs inder beruflichen Ausbildung. Sie müssen zugeben: Daswar damals eine allgemeine Lachnummer.Hans-Josef Fell
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 2023
(C)
(D)
Zu den geforderten Mobilitätsprogrammen: Siewerden teilweise schon aufgelegt, zum Beispiel in Sach-sen, wo das recht gut funktioniert. Allerdings haben sieden Effekt, die Jugendlichen zu veranlassen, eine Regi-on zu verlassen, in die sie dann vielleicht nicht mehr zu-rückkehren. Hier kann man trefflich darüber streiten, obes sinnvoll ist, von seinen sozialen und familiären Bin-dungen weggehen zu müssen, um ausgebildet zu wer-den. Die Verantwortung für die Bereitstellung von aus-reichend vielen Ausbildungsstellen liegt eindeutig beider Wirtschaft; es handelt sich nicht um eine Art Selbst-beschaffungsprogramm der betroffenen Jugendlichen.
Herr
Kollege Fell, erlauben Sie eine weitere Zwischenfrage
des Kollegen Dr. Jork?
Ja.
Ich bitte
die Kolleginnen und Kollegen, an die fortgeschrittene
Zeit zu denken; denn viele wollen heute abend noch
nach Hause fahren.
Bitte schön, Herr Kollege Jork.
Danke, ich mache
es kurz.
Darf ich Sie darauf aufmerksam machen, daß das
sächsische Mobilitätsprogramm so angelegt ist, daß man
das Geld zurückzahlen muß, wenn man nicht nach Hau-
se zurückkommt, und daß das auch innerhalb von Sach-
sen wirkt?
Darauf eine ganz kurze Antwort: Die Problemlösung in
dieser Ausführungsbestimmung kommt dem von mir
kritisierten Punkt recht nahe. Wir müssen darauf achten,
daß dieses Problem des sozialen Herausreißens aus der
Gesellschaft prinzipiell gelöst wird. Das wollte ich an-
mahnen. Je mehr Mobilitätsprogramme man schafft, um
so schwieriger wird es natürlich, dieses Problem zu lö-
sen.
Alles in allem kann man zu dem Antrag der F.D.P.
sagen: Der Berg kreißte und er gebar ein Mäuschen.
Wir vom Bündnis 90/Die Grünen halten an der For-
derung der Verantwortungseinlösung durch die Wirt-
schaft hinsichtlich der Ausbildungsplatzsituation fest,
um die Strukturen wieder vom Kopf auf die Füße zu
stellen. Notfalls, wenn nicht eine umgehende Besserung
durch die Verantwortlichen geschaffen wird, muß die
Reformierung der Finanzen der Ausbildung mittels einer
Rahmengesetzgebung geregelt werden.
Der bündnisgrüne Vorschlag für eine Ausbildungs-
platzumlagenfinanzierung könnte ein Weg zu mehr
Ausbildungsplätzen in der Bundesrepublik sein. Der
F.D.P.-Antrag dagegen würde nach unserem Dafürhal-
ten den zukünftigen Anforderungen an einen Standort-
vorteil „Ausbildung und Qualifikation“ nicht genügen.
Daher bleibt die rotgrüne Bundesregierung bei ihrem
eingeschlagenen Weg. Das Sofortprogramm „100 000
Jobs für Jugendliche“ zeigt bereits Erfolge. Der Löwen-
anteil der Jugendlichen, die dieses Angebot wahrneh-
men, entfällt auf die berufliche Nach- und Zusatzqualifi-
zierung. Wir werden weitere Maßnahmen zur Schaffung
von Ausbildungsplätzen ergreifen.
Ich danke Ihnen.
Als
nächste Rednerin hat das Wort die Kollegin Maritta
Böttcher von der PDS-Fraktion.
Herr Präsident! MeineDamen und Herren! Zunächst möchte ich feststellen,daß jede Überlegung, wie mehr Jugendliche in Ausbil-dung und Beschäftigung gebracht werden könnten, eswert ist, ernst genommen zu werden, egal, von welcherSeite des Hauses sie eingebracht wird. Die Forderungen,neue flexible Berufsbilder zügiger zu entwickeln, ver-stärkt Ausbildungsplatzentwickler einzusetzen sowie dieAusbildung in Module zu gliedern, enthalten durchauswertvolle Gedanken, die dazugehören, wenn wir dasProblem in Gänze lösen wollen. Insofern enthält dervorliegende Antrag der F.D.P. sehr viel Überdenkens-wertes, was, Herr Kollege Hoffmann, nicht einfach vomTisch gefegt werden darf.
– Nicht zu früh klatschen!
Daneben steht in diesem Antrag – Sie werden keineandere Bewertung erwartet haben – eine Reihe von un-verbindlichen Appellen , wodurch es insgesamt mehr alszweifelhaft erscheint, daß dieses Konzept bei der Über-windung der akuten Ausbildungsmisere mehr leistenkann als das Sofortprogramm der Regierungskoalition.Die weitgehende Unverbindlichkeit in diesem Antragist in erster Linie eine Folge davon, daß dieser lediglichein Anhängsel der „alten Leier“ ist, die da lautet: Wirmüssen die Arbeitgeber besserstellen, dann wird sichalles andere, eben auch Ausbildung und Beschäftigungjunger Leute, schon irgendwie einstellen.
Hans-Josef Fell
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2024 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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Die Gewerkschaften haben in den letzten Jahren diegegenteilige Erfahrung gemacht und dies bei den Tarif-verhandlungen, die gerade stattgefunden haben, sehr be-rechtigt zur Geltung gebracht.Am Sofortprogramm der Regierung ist nicht so sehr,wie das im F.D.P.-Antrag zu lesen ist, zu kritisieren, daßes auch Maßnahmen enthält, die darauf abzielen, dieVoraussetzungen für die Aufnahme einer Ausbildungoder einer Beschäftigung beim Jugendlichen selbst zuverbessern. Aus Sicht der PDS resultiert die abzusehen-de nur äußerst begrenzte Wirksamkeit dieses Maßnah-menkatalogs der Regierung aus folgendem:Erstens. Mit dem Programm kann bestenfalls einemFünftel der offiziell registrierten Jugendlichen, die ohneAusbildung und Arbeit sind, meist nur vorübergehendgeholfen werden.Zweitens. Entgegen der bekundeten Absicht der In-itiatoren läuft das Programm in seiner praktischen Um-setzung vorrangig darauf hinaus, einen großen Teil dereinbezogenen Jugendlichen über einen quasi zweitenAusbildungsmarkt oder -sektor auf den Eintritt in denzweiten Arbeitsmarkt mit all seinen Beengtheiten, Be-nachteiligungen und Unsicherheiten vorzubereiten.Drittens. Diese sich bei den Arbeitsämtern abzeich-nende Tendenz ist die Folge des grundsätzlichen Ansat-zes: Mit dem Sofortprogramm versucht die Regierungkeinen prinzipiell neuen Einstieg bei der Lösung des Pro-blems, sondern sie hat – mit einem angesichts der Haus-haltslage durchaus anzuerkennenden und bemerkenswer-ten finanziellen Aufwand – solche Mittel und Methodenin additiver Weise zusammengefaßt, die seit langem,aber leider nur mit mäßigem Erfolg praktiziert werden.Viertens halten wir es für eine Illusion, wenn die Re-gierung hofft, die mit ihrem Programm kurzfristig anvi-sierten Ziele im Rahmen des Bündnisses für Arbeit,Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit auf Dauer zu si-chern. Mit ihrer Erwartung, daß es im Rahmen diesesBündnisses zu entsprechenden Zusagen der Arbeitgeberfür mehr Ausbildung und Beschäftigung junger Leutekommen wird, steht die Regierung allerdings dem An-trag sehr nahe, den die F.D.P. heute vorlegt.Nach allen Erfahrungen der letzten Jahre wird dieAusbildungsmisere nur durch eine Umlagefinanzierungüberwunden werden können.
Diese würde auf der Grundlage einer gerechten Kosten-verteilung die Arbeitgeber verpflichten, jährlich dieMittel zur Verfügung zu stellen, die notwendig sind, umallen Jugendlichen des jeweiligen Jahrgangs einen ent-sprechenden Ausbildungsplatz anzubieten. Wir erwar-ten, daß der dazu von unserer Fraktion eingebrachte Ge-setzentwurf in einer Weise diskutiert wird, bei der alleindie Interessen der betroffenen Jugendlichen im Vorder-grund stehen.
Unser Entwurf läßt – das sage ich der F.D.P. – den klei-nen und mittleren Unternehmen Gerechtigkeit widerfah-ren.In diesem Zusammenhang habe ich mit Interesse zurKenntnis genommen, daß Andrea Nahles für die SPD imApril ebenfalls einen Gesetzentwurf zur Umlagefinan-zierung in den Bundestag einbringen will. Daß sie aller-dings auf aktuellere Zahlen warten will, erstaunt mich;denn diese liegen seit Jahren vor und werden immergrößer.Für die Überwindung der Jugendarbeitslosigkeit isteine abgeschlossene Berufsausbildung eine wichtigeVoraussetzung. Das wird niemand hier im Hause be-streiten. Grundsätzlich kann dieses Problem jedoch nurin dem Maße gelöst werden, wie mit Schritten zur gene-rellen Neuverteilung der gesellschaftlichen Arbeit derRaum geschaffen wird, der auch die jugendlichen Ar-beitslosen aufnehmen kann.Hier möchte ich in aller Kürze unsere Forderungennach Verkürzung der Wochen- und der Lebensarbeits-zeit, nach Abbau der Überstunden, nach Ausdehnung ei-ner existenzsichernden Altersteilzeitbeschäftigung undnach einem öffentlich geförderten Beschäftigungssektormit Dauerarbeitsplätzen vor allem im sozialen und kul-turellen Bereich sowie beim ökologischen Umbau inErinnerung rufen.
Den Antrag der F.D.P. lehnen wir als völlig unzurei-chend ab. Ich freue mich auf die Diskussion im Aus-schuß, und ich hoffe, daß wir in diesem Jahr zu einerLösung des gesamten Problems auf dem Ausbildungs-markt kommen werden.Danke.
Als
nächster Redner hat das Wort der Kollege Ulrich Kaspa-
rick, SPD.
Herr Präsident! Meine sehrverehrten Damen und Herren! Ich fasse mich kurz. DerTag ist fortgeschritten. Eines aber möchte ich doch zuden Kolleginnen und Kollegen von der F.D.P. sagen,bevor wir in die Detaildiskussion im Ausschuß eintreten.Ich stehe vor Ihnen als ein direkt gewählter Abgeord-neter aus Ostdeutschland. Ich gehöre zu denjenigen, de-nen die Bevölkerung ein Mandat gegeben hat, weil siedie Nase von Ihren Sprüchen voll hat.
Wir haben die Nase voll von Ihren Sprüchen nach demMotto „Wer fördern will, muß fordern“ oder „Leistungmuß sich wieder lohnen“. Wissen Sie: Wer sagt, diesesProgramm der Bundesregierung sei ein Propagandaluft-schloß, der versündigt sich an den jungen Leuten imOsten, die dringend auf Unterstützung angewiesen sind.
Ich werde das im Ausschuß noch vertiefen.Maritta Böttcher
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Nehmen Sie zur Kenntnis, daß Sie als F.D.P. imOsten Deutschlands politisch keine Rolle mehr spielen.
Jetzt sitzen Sie hier als abgewählte Fraktion und überle-gen sich, womit man denn die Regierung ärgern könnte,zum Beispiel durch die Kritik an ihrem Sofortpro-gramm. Ich verstehe, daß die Opposition so etwas tut.Ich sage Ihnen aber: Das Thema Jugendarbeitslosigkeitist das denkbar ungeeignetste Thema, um sich zu profi-lieren.
Ich will Ihnen nur ein paar Dinge sagen, die Siewahrscheinlich nicht wissen, weil Sie zu wenig im Ostensind. Wir haben eine Arbeitslosigkeit, die zwischen 20und 30 Prozent liegt. Auf den Dörfern ist die Arbeitslo-sigkeit oft höher.
Wir haben eine Abwanderungsbewegung aus den neuenLändern in die alten Länder, die größer ist als vor derWende. Über 1,5 Millionen Menschen haben die neuenLänder verlassen.
Wir haben etwa 500 000 Pendler, die der Arbeit hinter-herziehen, weil sie keine Arbeitsplätze im Osten finden.Angesichts dessen verlangen Sie ein Mobilitätspaket.Dieser Zynismus ist doch nicht mehr zu übertreffen.
Sie wissen genausogut wie wir: Dieses Projekt derBundesregierung ist ein Sofortprogramm, um die größteNot zu lindern. Wenn Sie mit den Kolleginnen undKollegen von den Arbeitsämtern sprechen, dann werdenSie sehen, daß die Mittel, die dringend benötigt werden,auch tatsächlich abfließen. Wir haben schon am 26. Ja-nuar in der Region, die ich vertrete, mit dem Programmangefangen, und die Mitarbeiter in den Arbeitsämternarbeiten bis spät in die Nacht, weil sie merken, daß esein gutes, weil flexibles Programm ist.
Es ist auch gut, daß die Bundesregierung 40 Prozent die-ser Mittel für den Osten bereitgestellt hat. Sie tut dies,weil sie die Not sieht, die – das wissen Sie – Sie unshinterlassen haben.
Ich danke an dieser Stelle den Kolleginnen und Kol-legen in den Arbeitsämtern ausdrücklich, die im Hinter-grund sehr emsig arbeiten, um dieses Projekt durchzu-setzen.
Ich möchte Sie noch über etwas informieren, was Siewahrscheinlich auch nicht wissen. Ich komme aus einemBundesland, das mittlerweile im zweiten Jahr allen Ju-gendlichen einen Ausbildungsplatz angeboten hat,
obwohl die Kassen knapp sind. Sie aber bieten uns so-genannte innovative Lösungen an, die ich einfach nur alspeinlich bezeichnen kann.Deshalb habe ich einen Vorschlag für die Kollegin-nen und Kollegen von der F.D.P.-Fraktion. Ihre Fraktionist ja durch die Wahl sehr überschaubar geworden, undSie alle passen wohl in einen großen Reisebus. Ich ladeSie ein, einen Bus zu mieten und zusammen mit mirdurch den Osten zu fahren. Dann zeige ich Ihnen einmal,wie die Vorschläge ankommen, die Sie uns hier ernst-haft unterbreiten wollen.
Sie überschreiben Ihr Programm als ein „9-Punkte-Konzept“. Ich war sehr neugierig, zu erfahren, worin dasKonzept bestehen soll. Nachdem sie abgewählt ist, hatdie F.D.P. ein Konzept, man höre!
– Wenn Sie ein Konzept vorlegen wollen, müssen Siesich aber ein bißchen mehr Mühe geben.
Was fordern Sie? Sie fordern Steuersenkungen.
Wissen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von derF.D.P., Sie haben das immer gefordert, aber wir habenes heute beschlossen. Das unterscheidet uns.
Dann fordert die F.D.P., die Abgeordneten sollten inihren Wahlkreisen endlich ihre Arbeit machen, indemsie sich um arbeitslose Jugendliche kümmern.
Das spricht Bände, was die Art angeht, wie Sie IhrMandat ausfüllen. Für mich und für viele meiner Frak-tionskollegen ist das eine Selbstverständlichkeit.
Zu dem Mobilitätsprogramm habe ich das Nötige ge-sagt. Ich halte die Formulierung für den blanken Zynis-Ulrich Kasparick
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2026 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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mus – ich wiederhole es –, weil Sie verkennen, daßgroße Teile der Bevölkerung in Ostdeutschland schonlängst unterwegs sind, um der Arbeit und den Ausbil-dungsplätzen hinterherzuziehen.
Das sogenannte Konzept der F.D.P. ist kein Konzept– meine Kollegen haben das schon gesagt –, weil alles,was in ihm vorgeschlagen wird, schon praktiziert wird.
– Sie müssen einmal in meiner Biographie ein Stück-chen weiter lesen.
Wenn Sie zur Verminderung der Jugendarbeitslosigkeitwirklich etwas vorschlagen wollen, dann müssen Siesich mehr anstrengen; denn Ihr Antrag ist nicht das Pa-pier wert, auf dem er steht.Einen Punkt gibt es allerdings, für den das nicht gilt.Sie schlagen unter Punkt 4 vor, daß die Maßnahmen derBundesregierung fortzusetzen sind. Damit haben Sierecht.
Herr
Kasparick, ich beglückwünsche auch Sie zu Ihrer ersten
Rede im Deutschen Bundestag.
Das Wort hat nun die Kollegin Ilse Aigner von der
CDU/CSU-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsi-dent! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ganz zuAnfang möchte ich klarstellen, daß es unser aller Ziel istund auch sein muß, möglichst allen Jugendlichen, diedas wollen, einen Ausbildungsplatz zu vermitteln.
Ich freue mich für jeden einzelnen Jugendlichen, derdurch dieses Sofortprogramm einen Ausbildungsplatzbekommt,
aber
es wird nichts an den strukturellen Problemen ändern.Weil Ausbildungsplätze im dualen System – wie Sierichtigerweise gesagt haben – ausschließlich von derWirtschaft zur Verfügung gestellt werden, bildet eineflorierende Wirtschaft die Grundlage dazu. Ich möchtejetzt nicht auf die ganzen wirtschaftsfeindlichen Maß-nahmen der neuen Regierung eingehen, da sie bereitsmehrfach diskutiert wurden – wie zum Beispiel gesterndie sogenannte Ökosteuer und heute vormittag das soge-nannte Steuerentlastungsgesetz.Ich will aber auf eines hinweisen. Allein das ständigeGezerre, das Hin und Her, die ständigen Nachbesserun-gen und die täglich wechselnden Erklärungen der neuenRegierungsmitglieder haben die Stimmung in der Wirt-schaft auf einen absoluten Tiefpunkt sinken lassen. Dasist bestimmt nicht im Sinne von mehr Arbeits- und Aus-bildungsplätzen.
Statt zur Stabilisierung der wirtschaftlichen Lage beizu-tragen, führt Ihre Politik zur Verunsicherung bis hin zumSchaden. Fragen Sie doch einmal einen Steuerberater– ich war vor kurzem bei einem –, wie viele Investitio-nen, die unser Land so dringend bräuchte, wegen derdiffusen Lage zurückgestellt worden sind. Das spiegeltsich gerade auch in den Arbeitslosenzahlen wider. Vonder versprochenen Million neuer Arbeitsplätze sehe ichnichts, die halbe Million zusätzlicher Arbeitsloser seitOktober sehe ich sehr wohl.
Wir brauchen vernünftige wirtschaftspolitische Rah-menbedingungen, die eine positive konjunkturelle Ent-wicklung und besonders Investitionen begünstigen.Kurzfristige Sofortprogramme sind reine Augenwische-rei. Die Schaffung neuer und der Erhalt bestehenderAusbildungsplätze hängen direkt mit der gesamtwirt-schaftlichen Lage zusammen. Das kann man auch amStand von Gesamtarbeitslosigkeit und Jugendarbeitslo-sigkeit bzw. an dem Verhältnis von noch nicht vermit-telten Bewerbern zu offenen Stellen deutlich ablesen.Ich möchte einmal auf Bayern hinweisen.
Bayern hat mit 5,3 Prozent bei den unter 20jährigen und5,8 Prozent bei den unter 25jährigen die geringste Ju-gendarbeitslosigkeit. Ich darf Sie daran erinnern, daß derfrühere Ministerpräsident Schröder sein Land mit einerJugendarbeitslosigkeit verlassen hat, die über dem Bun-desdurchschnitt liegt: 9,6 Prozent bei den unter20jährigen und 13 Prozent bei den unter 25jährigen.
Ich frage mich, wo eigentlich der Beschäftigungspakt inNiedersachsen war. Bayern hat das schon vor Jahrengemacht. Vielleicht hat Schröder keine Zeit dazu gehabt.Die wirtschaftliche Lage hat übrigens nicht allein mitden sogenannten makroökonomischen Verhältnissen zuUlrich Kasparick
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tun, die im Wahlkampf immer als Ursachen für die Pro-bleme dargestellt wurden, sondern gerade ganz wesent-lich damit,
welche Wirtschaftspolitik in einem Land betrieben wird.In Niedersachsen scheint die nicht ganz so erfolgreichgewesen zu sein.
Um zu erreichen, daß Betriebe ausbilden wollen undvor allem auch können, sind allerdings auch noch andereRahmenbedingungen wichtig. Dazu gehören geeigneteBerufsbilder, die möglichst schnell an die Realität ange-paßt bzw. neu entwickelt werden müssen. Der besteBeweis dafür sind die neu eingeführten Berufe imInformations- und Kommunikationsbereich. Ich kannIhnen nur die Zahlen von Oberbayern nennen: Dort gabes allein im letzten Jahr 993 neue Ausbildungsverträge.Eine Riesenleistung!
Der Vorschlag der Kultusministerkonferenz vomOktober letzten Jahres, das gesamte Spektrum der Beru-fe auf acht – ich wiederhole: acht – Basisberufe zusam-menzuschrumpfen, geht in die völlig falsche Richtung.Bei uns gibt es derzeit 355 anerkannte Ausbildungsberu-fe. Allein im letzten Jahr wurden 34 neu geschaffen. Siewurden deshalb ins Leben gerufen, weil sie sich an denRealitäten in der Wirtschaft orientieren und somit aucheine Chance auf Weiterbeschäftigung bieten. Ein Kon-zept von acht Basisberufen halte ich für nicht durch-führbar und für die betriebliche Realität völlig ignorie-rend. Mit diesem Konzept würden Sie mit Sicherheitnicht mehr, sondern wesentlich weniger Ausbildungs-plätze haben.Ein weiteres Kriterium für die Bereitschaft von Be-trieben, Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen, istdie Frage: Wie häufig ist der oder die Auszubildende imBetrieb? Hat der Betrieb überhaupt noch ausreichendZeit, die geforderten Lehrinhalte zu vermitteln?Sehr geehrter Herr Fell, Sie sind Gymnasiallehrer.Haben Sie schon einmal einen Betrieb mit einer Ausbil-dung durchlaufen? – Nicht. Ich habe selber eine Lehregemacht und weiß, was Ausbildung heißt.
Ich komme aus einem mittelständischen Handwerksbe-trieb und stehe daher nach wie vor in engem Kontakt mitMittelständlern.Als mit Abstand häufigster Grund wird angegeben,daß die Lehrlinge zuwenig im Betrieb sind. Jetzt möchteich aber sagen: Es liegt nicht, wie immer behauptet wird,an der Schule allein, sondern es liegt auch an anderenKomponenten. Bei genauerem Nachfragen kommt mandahinter.Zum Teil hat es aber schon mit der Schulorganisationvor Ort zu tun. Die Möglichkeit, beim Teilzeitunterrichthalbe Berufsschultage, die meistens zu einem ganzenTag Abwesenheit vom Betrieb führen, durch den halb-jährlichen oder jährlichen Wechsel zwischen zwei undeinem ganzen Berufsschultag zu verhindern und damitdie Anwesenheit im Betrieb wesentlich zu steigern, liegtin der Kompetenz der Länder. Sie hätten das in IhrenLändern schon lange einführen können.
Ein wichtiger Punkt im Zusammenhang mit der Ab-wesenheit vom Betrieb scheint mir immer wieder derUmfang der überbetrieblichen Ausbildung zu sein. Hiermüßten wir an die Wurzel gehen.
Die überbetriebliche Ausbildung wird verpflichtend an-geboten, wenn die in den Ausbildungsordnungen fest-gelegten Lehrinhalte durch die Betriebe allein nichtvermittelt werden können. Also ist doch die Frage, anwelchem Maßstab sich die Ausbildungsordnungen orien-tieren,
an einem durchschnittlichen mittelständischen Betrieboder an einem Großbetrieb mit eigener Lehrwerkstatt.Ich meine, die Ausbildungsordnungen müssen sich mehran der Praxis, das heißt an der tatsächlichen Leistungs-fähigkeit der ausbildenden Betriebe orientieren, die jaauch die Mehrzahl der Ausbildungsplätze zur Verfügungstellen.Wir müssen auch die Frage stellen, ob das rasantwachsende Wissen in der beruflichen Erstausbildungüberhaupt noch vermittelt werden kann.
Frau
Kollegin, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Kollegen
Hoffmann?
Nein.
– Doch. Aber das ist meine erste Rede, und ich nehmedasselbe Recht in Anspruch wie die Redner vorher.
Es ist die Frage, ob die Erstausbildung auch hinsicht-lich der Leistungsfähigkeit der Auszubildenden das Er-forderliche überhaupt noch leisten kann oder ob wirnicht vermehrt zu einem lebenslangen Lernen übergehenmüssen.Wir müssen auch die Frage stellen, ob innerhalb einerBerufsgruppe nicht auch theoriegeminderte Berufsbilderangeboten werden müssen.
Ilse Aigner
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2028 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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Gerade für die Leistungsschwächeren wäre auf dieseWeise ein Einstieg ins Berufsleben zu schaffen. Dies istbisher immer an den Gewerkschaften gescheitert, weildamit natürlich eine unterschiedliche Bezahlung ver-bunden ist.
Aber ich frage Sie: Was nützt es dem Jugendlichen,wenn Sie diese auf dem Arbeitsmarkt benötigten Berufenur aus ideologischen Gründen blocken?
Aufbauend auf die Erstausbildung muß es natürlichein Weiterbildungs- und Qualifizierungsangebot fürFachkräfte geben, und zwar in einem verzahnten Systemzwischen Erstausbildung und Weiterbildung auch unter-halb der Meister- und Technikerebene. In diesem Zu-sammenhang muß ich sagen: Ich finde es absolut skan-dalös, daß Herr Lafontaine gerade das Meister-BAföGim Haushaltsentwurf um 40 Prozent gekürzt hat. Das istwirklich skandalös.
Sicherlich muß den Betrieben, insbesondere denGroßbetrieben, immer wieder klargemacht werden, daßsich eine Investition in den eigenen Facharbeiternach-wuchs von morgen lohnt und daß die Schaffung von re-gulären betrieblichen Ausbildungsplätzen letztlich auchzur Aufgabe der Wirtschaft gehört.Sehr geehrte Damen und Herren, vor allem HerrHoffmann, vielleicht können Sie mich aufklären: MeinesWissens hat der DGB bis heute noch keinen einzigenAusbildungsplatz zur Verfügung gestellt. Ich glaube, daswäre auch einmal eine gute Sache.
Ein wichtiges Kriterium für die Betriebe ist natürlichauch die Ausbildungswilligkeit und Ausbildungsfähig-keit der Jugendlichen. Hier reicht es nicht zu versuchen,mit einem Sofortprogramm Versäumnisse zu mildern,die im mangelnden Schulsystem vor Ort liegen. Hierbeidürfen nicht nur Symptome kuriert, sondern es müssendie Ursachen angegangen werden.
In diesem Zusammenhang stellt sich nicht nur dieFrage nach der Sach- und Personalausstattung derSchulen in den einzelnen Bundesländern, sondern auchdie Zielrichtung des Unterrichts muß hinterfragt werden.
Muß Schule nur Spaß machen, oder muß Schule in derErziehung nicht auch stärker auf die Vermittlung soge-nannter Sekundärtugenden, wie Zuverlässigkeit und Lei-stungsbereitschaft, Fleiß und Belastbarkeit, Beständig-keit und Pünktlichkeit, hin erziehen? Ich meine schon.
Zusammenfassend ist festzustellen, daß ein Stroh-feuer an Programmen und Soforthilfemaßnahmen nichtnotwendig strukturelle Verbesserungen ersetzen kann.Diese Veränderungen müssen von der inhaltlichen Aus-gestaltung der beruflichen Bildung über die verstärkteOrientierung an der betrieblichen Wirklichkeit bis hinzur allgemeinen Wirtschaftspolitik erfolgen. Gerade imletzten Punkt hat die neue Bundesregierung bewiesen,daß es ihr nicht um die Stärkung des Wirtschaftsstand-ortes Deutschland zugunsten von mehr Ausbildungs-und Arbeitsplätzen geht.
Frau
Kollegin Aigner, ich darf auch Sie sehr herzlich zu Ihrer
ersten Rede im Deutschen Bundestag beglückwünschen.
Der Kollege Hoffmann hat sich zu einer Kurzinter-
vention gemeldet. – Bitte schön, Herr Hoffmann, Sie
haben das Wort.
Frau Aigner,
Sie haben mich direkt mit der Frage angesprochen, ob
der DGB entsprechende Ausbildungsplätze zur Verfü-
gung stellt.
Ich bin hauptberuflich beim DGB in Südhessen be-
schäftigt. Ich will Sie darüber aufklären, daß wir in
Form eines Vereines in den letzten Jahren 48 behinderte
Jugendliche in Büroberufen – ich denke: mit großem Er-
folg – ausbildet haben.
Wenn Sie die Entwicklung bundesweit verfolgen,
dann müssen Sie zugeben, daß die Kritik, die vor ein
paar Jahren zu Recht geäußert wurde, dahin gehend po-
sitive Auswirkungen gezeigt hat, daß mittlerweile viele
Hauptvorstände der Gewerkschaften direkt oder in Ver-
einsform intensiv ausbilden.
Als
letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat der
Parlamentarische Staatssekretär Wolf-Michael Caten-
husen das Wort. – Bitte schön, Herr Staatssekretär.
W
HerrPräsident! Meine Damen und Herren! Eines ist in dieserDebatte sehr auffällig: Zum erstenmal sprechen die heu-Ilse Aigner
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 2029
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tigen Oppositionsfraktionen – im Unterschied zu denletzten 16 Jahren – nicht mehr davon, daß die Lage aufdem Ausbildungsmarkt eigentlich in Ordnung sei unddaß die Situation in Spanien und Portugal noch vielschlimmer sei.
Die CDU/CSU-Fraktion, besonders die Kollegin Aigner,beteiligt sich vielmehr – im Unterschied zu der F.D.P. –zum erstenmal in Ansätzen an der Diskussion, welchenNachholbedarf wir in bezug auf die Struktur im Bereichder beruflichen Bildung in Deutschland haben. Das istdie Rückendeckung, die diese Regierung braucht, umdie überfälligen Strukturreformen anzupacken. Wir hof-fen sehr, daß wir mit Ihnen, Frau Kollegin Aigner, undvielleicht auch in Zukunft in anderer Weise mit derF.D.P. in einen Streit um die besten Ideen hinsichtlichder strukturellen Reformen eintreten können.
Es geht aber nicht an, die tatsächliche Situation, inder sich heute junge arbeitslose Menschen befinden, zuverdrängen und
der Bundesregierung zynischerweise, wie es im F.D.P.-Antrag geschieht, wegen ihres Sofortprogramms Au-genwischerei zu unterstellen. Vielleicht sollten Sie docheinmal zur Kenntnis nehmen, daß in unserem Lande450 000 bis 500 000 Menschen unter 25 Jahren, dieSchwierigkeiten bei der Suche nach einem Ausbil-dungsplatz haben oder die arbeitslos sind, einen An-spruch darauf haben, daß wir konkrete Maßnahmen –und zwar jetzt – für die Schaffung von mehr Ausbil-dungsplätzen und vor allem für mehr Beschäftigung die-ser jungen Menschen ergreifen. Ich habe den Eindruck,daß der eine oder andere von Ihnen diese Situation jetztdurchaus begriffen hat.Sie sollten auch nüchtern zur Kenntnis nehmen, daßwir und auch die Betroffenen noch nicht ganz vergessenhaben, daß Sie diese Menschen sehr lange im Regenstehen gelassen haben,
daß Sie durch Tatenlosigkeit in Bonn mutwillig dazubeigetragen haben, daß Jugendarbeitslosigkeit erstmalszu einem drängenden Problem in unserer Gesellschaftgeworden ist.
Sie sollten ferner zur Kenntnis nehmen, daß es 120 000bis 140 000 junge Menschen in diesem Lande gibt, dielänger als ein halbes Jahr arbeitslos sind.Ich will meinen Vorwurf des Zynismus an die F.D.P.verdeutlichen. Können Sie sich eigentlich vorstellen,was Sie den Betroffenen antun, wenn Sie der Regierungvorwerfen, daß wir den jungen Menschen zum Beispieldurch unser Programm helfen wollen, aus Verschuldungund Obdachlosigkeit zu entkommen? Kennen Sie ei-gentlich die Situation nicht, in der die jungen Menschenleben?
Jeder weiß, daß wir jungen Menschen, die längere Zeitarbeitslos waren, aus ihrer Situation heraushelfen undihnen Brücken in Beschäftigung und Qualifikationbauen müssen.
Diese Brücken denunzieren Sie hier mit den Begrif-fen „Unwirksamkeit“ und „Augenwischerei“. Dazu sageich Ihnen ganz deutlich: Diese Art des Verdrängens dersozialen Situation von jungen arbeitslosen Menschenlassen die Regierung und die Koalitionsfraktionen Ihnennicht durchgehen.
Es ist auch bezeichnend, daß Sie in Ihrem Antrag zurLösung der Probleme von arbeitslosen Jugendlichenkein Wort sagen.
Die sind Ihnen völlig egal. Deshalb reduziert sich IhrAntrag nur auf einen – wenn auch wichtigen – Teilbe-reich, nämlich auf die Schaffung von Ausbildungsplät-zen. Das ist in Ordnung. Aber Sie dürfen uns nichtAugenwischerei vorwerfen, wenn wir uns auch um dieJugendlichen kümmern, die heute bereits arbeitslos sind.
Nun zu den ausbildungsfördernden Maßnahmen desSofortprogramms: Hier tun wir das Notwendige, um al-len jungen Menschen, die seit dem Vermittlungsjahr1997/98 noch einen Ausbildungsplatz suchen, neue Per-spektiven zu geben und Zukunftsängste zu nehmen. Wirmachen deutlich, daß wir – im Unterschied zur altenRegierung – handeln und daß es nicht länger bei Sonn-tagsreden bleibt. Bereits im Januar dieses Jahres wurdenim Rahmen des Sofortprogramms 124 000 junge Leutedurch die Arbeitsämter gezielt angesprochen. Hiermußte zum Teil nachgearbeitet werden, weil die an-fängliche Resonanz nicht besonders toll war. Wir wissenalle, daß es nicht einfach ist, junge arbeitslose Menschendazu zu bringen, sich den angebotenen Möglichkeiten zustellen. Immerhin haben schon gut 50 Prozent der ange-sprochenen jungen Menschen, also etwa 64 000, einkonkretes Angebot von den Arbeitsämtern erhalten.Innerhalb eines Monats haben fast 6 000 Jugendliche ei-ne Maßnahme angetreten. Davon sind 42 Prozent Frau-en. Sie wissen alle, daß die Arbeitsverwaltung etwa zweiMonate zur Vorbereitung solcher Maßnahmen braucht.Deshalb warten wir einmal in Ruhe ab, wie sich die Bi-lanz im März, April oder Mai dieses Jahres darstellenwird. Sie wissen auch, daß sich Arbeitsverwalter, Trägervon Ausbildungsmaßnahmen und Unternehmen sehrsorgfältig überlegen, ob sie in einem laufenden Ausbil-dungsjahr noch zusätzlich Ausbildungsplätze zur Verfü-Parl. Staatssekretär Wolf-Michael Catenhusen
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2030 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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gung stellen. Das braucht seine Zeit. Deshalb kann ichSie nur davor warnen, sich nach noch nicht einmal achtWochen nach Vorlage des Sofortprogramms an dem öf-fentlichen Gerede über die notwendige Hilfe für jungeMenschen zu beteiligen. Daß die F.D.P. das tut, wundertuns, ehrlich gesagt, nicht besonders.
Es kommt hinzu, daß wir im Rahmen der ausbil-dungsfördernden Maßnahmen den Schwerpunkt natür-lich auf Trainingsprogramme für Jugendliche legen,die noch kurzfristig eine Ausbildungsstelle suchen. Beiden Maßnahmen, die insbesondere den Jugendlichen zu-gute kommen sollen, die beim Übergang von der Aus-bildung in den Beruf arbeitslos geworden sind – auchdarum geht es in diesem Programm, im F.D.P.-Programm natürlich nicht –, lag der Schwerpunkt bei derNach- und Zusatzqualifizierung. Mittlerweile gibt eshier schon etwa 1 600 Teilnehmer.Daß Sie Lohnkostenzuschüsse grundsätzlich für sinn-voll halten, verbindet uns. Deshalb ist es gut, daß wirhier die Handlungsspielräume auf örtlicher Ebene ver-größern. Es ist auch richtig, daß wir hier Maßnahmender Sozialbetreuung integrieren, mit denen Jugendlicheangesprochen werden sollen, die nicht von sich aus nachAngeboten des Arbeitsamtes suchen. Hiermit wurdeninnerhalb von vier Wochen schon viele Jugendliche er-reicht. Ich gehe davon aus, daß in einem halben Jahrdeutlicher sein wird, was machbar ist. Die Arbeitsver-waltung geht davon aus, daß schon im ersten Quartal20 Prozent der gesamten Mittel abgesetzt sein werden.Wir wissen genau – deshalb brauchen wir, Frau Aig-ner, an der Stelle auch gar nicht kontrovers zu diskutie-ren –, daß mit einem Sofortprogramm weder die struktu-rellen Probleme der Berufsausbildung noch die struktu-rellen Ursachen für den Ausbildungsplatzmangel gelöstwerden können.
Nur, der entscheidende Punkt ist: Wenn wir innerhalbvon hundert Tagen ein Programm auf den Weg bringen,mit dem 20 Prozent der Betroffenen wirksam geholfenwerden kann, dann muß sich die F.D.P. fragen, ob sie ih-ren Vorwurf der Augenwischerei aufrechterhalten will.Die Betroffenen werden sich für Ihren Zynismus bedan-ken, mit dem Sie diese Sache hier behandeln.
Herr Kollege, ge-
statten Sie eine Zwischenfrage?
W
Bitte
schön.
Herr Staatsse-
kretär, Sie haben gerade Maßnahmen angesprochen, in
deren Rahmen sich Menschen für Jugendliche, die
schwer vermittelbar sind, durch persönliche Betreuung
engagieren sollten. Solche Maßnahmen werden bereits
durchgeführt und sollten durch das Programm ausgebaut
werden. Glauben Sie nicht, daß man das nicht auch über
die Länder vorantreiben müßte, so wie es zum Beispiel
gerade in Baden-Württemberg geschieht, wo über eine
neue Maßnahme, die des Jugendberufshelfers, disku-
tiert wird?
Halten Sie über die „Brückenkurse“ hinaus einen Ju-
gendberufshelfer für sinnvoll, der sich, in Verlängerung
der Schulsozialarbeit, im besonderen der Berufsvorbe-
reitungsjahre annimmt und sich in dieser Zeit gezielt um
diejenigen jungen Menschen kümmert, deren Ausbil-
dungswilligkeit und Motivation zu verbessern ist?
W
Ichsage Ihnen ganz deutlich: Ja, wir sollten diesen Wett-streit guter Ideen in den Bundesländern akzeptieren.Sie wissen vielleicht, daß am nächsten Dienstag imRahmen des „Bündnisses für Arbeit“ ein Meinungsaus-tausch zwischen Vertretern der Bundesregierung, denTarifpartnern und auch den Vertretern der Länder genauzu der Frage, was konkret für die betroffenen Jugendli-chen vor Ort getan werden kann, stattfinden wird. DieseBundesregierung ist – im Unterschied zur alten Regie-rung – zu diesem Gedankenaustausch bereit, um vorur-teilslos gute Anregungen, die in einzelnen Ländern ent-wickelt werden, aufzunehmen und dafür zu sorgen, daßauch zwischen den Bundesländern dieser Wettbewerbfortgesetzt wird.Nur, als Bürger des Landes Nordrhein-Westfalen sa-ge ich: Sie wissen, daß der Lehrstellenzuwachs in Nord-rhein-Westfalen besonders groß war. In diesem Sinnehalte ich den Vorgang in Baden-Württemberg für dis-kussionswürdig. Ich weiß genau, daß auf der Län-derebene die Art von Diskussion, wie die F.D.P. sie hieranstößt, in der Regel gar nicht geführt wird, weil dieBetroffenheit von der realen Situation der Jugendlichendie Landespolitiker davon abhält, solche Diskussionenzu führen und solche Anträge zu stellen, wie die F.D.P.es heute tut.
Im übrigen, Herr Parr, als früheres Mitglied der Land-tagsfraktion der F.D.P. in Düsseldorf haben Sie sehr da-zu beigetragen, daß die Popularität der F.D.P. bei Wah-len offenkundig immer weiter gestiegen ist.Ich sage noch einmal ganz deutlich: Vieles von dem,was Sie hier zum Rundfunk vorschlagen, ist okay. Siesagen: Wolfgang Clement macht eine prima Politik. Dasist in Ordnung. Wenn Sie das in einem Jahr auch mitBlick auf die Bundesregierung feststellen, dann sind wiruns sicherlich wieder einig. Ich sehe deshalb Ihrer weite-ren Begleitung unserer guten Aktion gelassen entgegen.Das „Bündnis für Arbeit“ hat in einer eigenen Ar-beitsgruppe Gespräche über die Zukunft der Berufsaus-bildung begonnen. Wir wollen diese Strukturdebatteund diese Strukturreform voranbringen. Es geht uns na-türlich auch um die Modernisierung bestehender und dieParl. Staatssekretär Wolf-Michael Catenhusen
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 2031
(C)
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Schaffung neuer Ausbildungsberufe. Denken Sie nurbitte daran: Die durchschnittliche Dauer beträgt in die-sem Zusammenhang zur Zeit 11 Monate. Wenn derKollege Jork in seinem Antrag fordert, daß das innerhalbvon 12 Monaten erledigt werden soll, dann sage ich Ih-nen: Okay, darin sind wir uns einig. Wir sind schon so-weit, aber wir versuchen, noch weiter voranzukommen.
Es ist auch richtig: Über viele Dinge wie die Schaf-fung neuer Berufsbilder im IT-Bereich besteht unter al-len Beteiligten hier Konsens. Sie brauchen uns nichtvorzuwerfen, daß wir das nicht kapieren. Ich werfe Ih-nen das auch nicht vor. Wenn die F.D.P. diese „Neuig-keit“ noch aufschreibt, dann ist das für eine Pressemit-teilung vielleicht ausreichend, aber für einen Antrag imDeutschen Bundestag etwas dürftig.
Wir sind uns darin einig, daß wir die Ausbildungs-bereitschaft der Existenzgründer stärken müssen.
Das Thema, wie wir die Ausbildungsbereitschaft vonAusländern stärken, die in Deutschland ein Unterneh-men aufgebaut haben, verbindet uns. Wir sind uns auchdarüber im klaren, daß es bei der Modernisierung desSystems der beruflichen Bildung darum geht, in Ost-deutschland das Bund-Länder-Sonderprogramm zu ver-längern. Das machen wir. Die Verhandlungen darüberhaben am vergangenen Freitag begonnen.Wir fördern auch weiterhin den Einsatz von Ausbil-dungsplatzentwicklern. Wir haben das Lehrstellenent-wicklerprogramm deshalb zunächst bis zum Ende desJahres 2001 verlängert. Wir wollen dieses Programmauch im Volumen ausweiten. So werden wir auch denHaushalt für das Jahr 2000 anmelden. Ich sage deutlich:Es bleibt dabei, daß diese Aufgabe in den alten Ländernvon den Kammern aus eigener Kraft wahrgenommenwerden muß. Das ist die originäre Arbeitsverteilung imSystem der dualen beruflichen Bildung.
Ich möchte noch eine letzte Bemerkung machen, mitder ich konstruktiv das aufnehme, was Frau Aigner ge-sagt hat. Ich glaube, es gibt einige Punkte, bei denen Sienoch erstaunt sein werden, wie weit die Tarifpartner, dieLänder und die Bundesregierung auf dem Wege der Ko-operation über das hinauskommen, was Sie in IhremAntrag in etwas dürftiger Art auf den Tisch gelegt ha-ben.Auch wir wissen, daß wir ein Ausbildungssystembrauchen, das sowohl Jugendlichen mit schlechterenStartchancen als auch leistungsbereiteren Jugendlichen –die Bandbreite der Qualifikation reicht vom Jugendli-chen ohne Hauptschulabschluß bis zum Abiturienten –adäquate und differenzierte Förderungs- und Ausbil-dungsangebote im System der dualen beruflichen Bil-dung macht. Dies und weitere Modernisierungsschrittewerden Gegenstand der Gespräche im „Bündnis für Ar-beit“ sein, wenn es um Ausbildung und Wettbewerbsfä-higkeit geht.Meine Damen und Herren, das Wort von der Kara-wane könnte ich jetzt auch auf den Antrag der F.D.P.anwenden. Die Defizite, die in den letzten Jahren im Be-reich der strukturellen Entwicklung des dualen Systemsentstanden sind, werden wir konstruktiv mit allen Betei-ligten angehen. Wenn sich die Opposition daran beteili-gen will, ist sie herzlich dazu eingeladen.
Sind Sie, Herr Kol-
lege Catenhusen, obwohl Sie am Ende Ihrer Rede ange-
langt sind, bereit, noch eine Frage des Kollegen Koppe-
lin zu beantworten?
W
Eine
Frage vom Kollegen Koppelin natürlich ganz besonders
gerne. – Bitte schön.
Danke schön, Herr
Staatssekretär. – Es ist sehr löblich, was Sie, wie Sie an-
gekündigt haben, noch alles in den Haushalt für das Jahr
2000 aufnehmen wollen. Wir hatten hier ja auch schon
eine Debatte über den Etat des Bildungsbereiches für
dieses Jahr. Vor diesem Hintergrund möchte ich Sie fra-
gen: Ist Ihnen bekannt, daß die Politiker Ihrer Koalition
den Bildungsetat heute im Haushaltsausschuß radikal
zusammengestrichen haben? Wären Sie bereit, mit der
F.D.P. zusammen dafür zu kämpfen,
daß zumindest mancher Ansatz, der aus unserer Sicht
positiv zu bewerten ist, doch noch wieder aufgenommen
wird? Wenn Sie das Ergebnis der heutigen Beratungen
im Haushaltsausschuß zu Ihrem Etat sehen würden, wä-
ren Sie entsetzt darüber, was dort alles zusammengestri-
chen worden ist. All das, was Sie hier bei der ersten Le-
sung versprochen haben, findet nun plötzlich nicht mehr
statt, weil die Koalitionspolitiker meinen, sie müßten ei-
nen bestimmten Betrag in Ihrem Etat einsparen. Sind Sie
bereit, das zur Kenntnis zu nehmen und mit uns Gesprä-
che mit dem Ziel zu führen, den einen oder anderen An-
satz doch noch wieder aufzunehmen?
W
HerrKollege, Koordination und Abstimmung innerhalb die-ser Bundesregierung und auch mit den Koalitionsfrak-tionen klappen sehr gut. Deshalb ist mir all das, was Sieals Neuigkeit mitteilen wollen, natürlich bekannt.Interessant ist, was mit dem Begriff „radikal“ um-schrieben wird. Im Rahmen der Durchführung desHaushaltsverfahrens war eine notwendige Operationeine 1,5prozentige Einsparung, die allen Ressorts vorge-geben war. Von dieser ist der Etat des Bundesministeri-Parl. Staatssekretär Wolf-Michael Catenhusen
Metadaten/Kopzeile:
2032 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
(C)
ums für Bildung und Forschung ausgenommen worden.Während der 16 Jahre, die Sie regierten, haben Sie esbei den von Ihnen immer wieder vorgenommenen pau-schalen Kürzungsaktionen nie geschafft, daß dieses Mi-nisterium auch nur ein einziges Mal von pauschalenKürzungen ausgenommen wurde.
Zu dem von Ihnen als radikal bezeichneten Beschluß:Es geht um – das ist schon ein wenig schmerzhaft –75 Millionen DM bei einem Haushaltsvolumen von15 Milliarden DM. Deshalb sollten Sie bei der Wahl Ih-rer Begriffe vielleicht eine Stufe niedriger greifen, sonstwirken Sie bei dieser Debatte etwas lächerlich.Ich sage Ihnen dazu aber auch: Die Kürzung ist zwarsehr bedauerlich, aber das ändert nichts an zwei Tatsa-chen, an deren Umsetzung auch Sie persönlich beteiligtwaren – vielleicht sind Sie ja ein reuiger Umkehrer, derdurch die löbliche Absicht, uns zu helfen, die alten bö-sen Taten schnell vergessen machen will –: Erster Faktist, daß Sie von 1994 bis 1998 den Forschungshaushaltum 300 Millionen DM abgesenkt haben. Zweiter Faktist, daß in der mittelfristigen Finanzplanung für 1999 bis2002, an deren Entstehung Sie Mitverantwortung tragen,ein Nullwachstum vorgesehen war.Dieser Kampfesmut, uns jetzt bei den 75 MillionenDM beizustehen, ist sehr lobenswert. Darüber freuenwir uns natürlich auch. Es handelt sich bei derKürzung zwar um einen bedauerlichen Schritt, aberdie schwierigen finanzpolitischen Rahmenbedingungen– das sage ich ganz deutlich –, die durch das Verfas-sungsgerichtsurteil noch verschärft wurden, erfordernein kluges Vorgehen aller. Ein Erfolg wäre es, bei denHaushaltsberatungen für 2000 ein ähnliches Etatvo-lumen wie 1999 zu erreichen; das ist uns wichtiger alsder Kampf um diese 75 Millionen DM. Ich hoffe aber,daß auch darüber auf Spitzenebene noch Gesprächemöglich sind.Danke schön.
Ich schließe die
Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 14/335 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 9 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Gerda
Hasselfeldt, Klaus Brähmig, Ernst Hinsken, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der
CDU/CSU
Harmonisierung der gastgewerblichen Mehr-
wertsteuersätze in der Europäischen Union
– Drucksache 14/294 –
In meinem Wahlkreis, der Sächsischen Schweiz, sindallein 8 340 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte imTourismus- und Dienstleistungsbereich tätig. Das sindimmerhin 15 Prozent.Das Potential für mehr Arbeit im Bereich Urlaub,Reisen und Freizeit ist noch keineswegs voll ausge-schöpft. Die Voraussetzung für die Schaffung neuer,nicht exportierbarer Arbeitsplätze im Gastgewerbe istaber, daß die stark mittelständisch geprägte Tourismus-branche in Deutschland Rahmenbedingungen vorfindet,die es ihr erlauben, sich im globalen Wettbewerb gegendie Mitbewerber zu behaupten.Einen wichtigen Aspekt bei der Setzung wirtschafts-freundlicher Rahmenbedingungen stellt meines Erach-tens die gravierende Benachteiligung des deutschenGastgewerbes durch stark divergierende Mehrwert-steuersätze in der Europäischen Union dar.
Parl. Staatssekretär Wolf-Michael Catenhusen
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 2033
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(D)
– Ich werde dazu kommen. – Zu den Detailfragen derMehrwertsteuersätze wird nachfolgend mein KollegeKlaus-Peter Willsch Stellung nehmen.
In Anbetracht der Tatsache, daß die deutsche Bundes-regierung zur Zeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat,ist es nur konsequent, die Bundesregierung aufzufor-dern, diesen Wettbewerbsnachteil für deutsche Unter-nehmer durch Verhandlungsgeschick auf europäischerEbene bzw. durch die Anwendung des reduziertenMehrwertsteuersatzes in der Bundesrepublik Deutsch-land zu beseitigen.
– So ist es.Vertreter der rotgrünen Regierungskoalition werdenjetzt bestimmt fragen, warum die CDU/CSU dieses Zielnicht in ihrer Regierungsverantwortung durchgesetzthat,
vor allem vor dem Hintergrund einer Pressemitteilungvon Frau Irber vom 29. Januar 1999. Die Antwort istsehr einfach. Erstens. Die CDU/CSU-geführte Bundes-regierung wollte die Bürgerinnen und Bürger und diedeutschen Unternehmen durch eine große Steuerreformauf einen Schlag um 30 Milliarden DM entlasten.
Zweitens. Die CDU/CSU-geführte Bundesregierunghat durch die Begrenzung der Lohnfortzahlung imKrankheitsfall und durch die Einführung eines demo-graphischen Faktors in die Rentenberechnung die Wirt-schaft um zweistellige Milliardenbeträge entlastet.
Drittens. Die CDU/CSU-geführte Bundesregierungwar es, die durch die Änderung des Kündigungsschutzeseine Flexibilisierung des Arbeitsmarktes vorangetriebenhat. Unter anderem haben die obengenannten Maßnah-men im letzten Jahr zu einer deutlichen Rückführung derArbeitslosigkeit beigetragen.
Dagegen hat die neue, die rotgrüne Bundesregierungtrotz aller Warnungen, auch der Tourismusspitzenver-bände, ein mittelstandsfeindliches Jahressteuergesetzverabschiedet, das zum Beispiel mit der Abschaffungdes Vorsteuerabzugs bei Geschäftsessen und Geschäfts-reisen neue Belastungstatbestände für das Gastgewerbebeinhaltet. Dies schwächt die Nachfrage nach geschäft-licher Bewirtung und geschäftlichen Reisen erheblich.
Die rotgrüne Bundesregierung hat gestern die ökolo-gische Steuerreform abschließend durchgepeitscht, dienach Schätzung der Tourismusbranche eine durch-schnittliche zusätzliche Belastung von zirka 24 000 DMpro Betrieb im Gastgewerbe bedeutet.
Die rotgrüne Bundesregierung hat heute gegen denausdrücklichen Einspruch der Branchenverbände dieNeuregelung der geringfügigen Beschäftigungsver-hältnisse durchgesetzt. Auch hier werden die Unter-nehmen des Gastgewerbes zusätzlich belastet, sowohlfinanziell als auch durch mehr Bürokratie. Der Schwarz-arbeit in der Gastronomie wird damit Tür und Tor ge-öffnet.
Die rotgrüne Bundesregierung hat zusätzlich dieobengenannten Reformen der CDU/CSU/F.D.P.-Bundesregierung rückgängig gemacht bzw. ausgesetztund läßt sich dafür als sozialer Wohltäter feiern. So gehtes nicht! Die Zeche zahlen Mittelstand und die 4,5 Mil-lionen Arbeitslosen in Deutschland.
Festzustellen bleibt, daß die Zahl der Arbeitslosenseit dem Amtsantritt von Gerhard Schröder um zirka490 000 Personen angestiegen ist.
Hier zeigt sich sehr deutlich der fundamentale Unter-schied im Politikansatz: Während die CDU/CSU dasmittelständisch geprägte Gastgewerbe entlastet hat undweiterhin entlasten will,
damit zusätzliche Arbeitsplätze entstehen, bittet die rot-grüne Bundesregierung die Neue Mitte zusätzlich zurKasse und erwartet danach von den Branchenvertreterndie Schaffung zusätzlicher Arbeits- und Ausbildungs-plätze. Dies kann man nur als schlechten Witz auffassen.Genau an dieser Stelle fragen sich interessierte Beob-achter – zu denen ich mich zähle –: Was hat die neueRegierung in 16 Jahren Oppositionszeit gemacht? –Fehlanzeige!
Wo sind die durchdachten Konzepte, die uns vor derWahl versprochen wurden? – Fehlanzeige! Ihre bisheri-ge Regierungspraxis zeigt – sei es am Beispiel der Öko-steuer, sei es am Beispiel der Neuregelung der geringfü-gigen Beschäftigung –, daß es sich hier nicht mehr umhandwerkliche Fehler handelt, sondern um grobeSchnitzer – oder, besser gesagt: um Pleiten, Pech undKlaus Brähmig
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2034 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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Pannen, die unsere Gesellschaft teuer zu stehen kom-men.Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß Sienur 16 Wochen gebraucht haben, um 16 Jahre erfolg-reiche und solide Regierungspolitik der CDU/CSU undF.D.P. zugrunde zu richten.
Abschließend möchte ich ein letztes Argument gegenden vorliegenden Antrag entkräften. Die von derCDU/CSU vorgelegten Zahlen verdeutlichen, daß beider Anwendung eines reduzierten Mehrwertsteuer-satzes nur kurzzeitig mit Steuermindereinnahmen inHöhe von zirka 1,3 Milliarden DM zu rechnen ist. Einedurch die Anwendung eines reduzierten Mehrwertsteuersatzes gesteigerte Nachfrage nach gastgewerb-lichen Dienstleistungen aus dem In- und Ausland führtaber zu einem Ausgleich durch erhöhte Steuereinnah-men.Weiterhin würden die durch die Mehrwertsteuer-ermäßigung verursachten Steuermindereinnahmen be-reits durch das Entstehen von 30 000 neuen Arbeitsplät-zen und die damit verbundenen Mehreinnahmen anSteuern und Sozialversicherungsbeiträgen wieder aus-geglichen. Ich denke, hier ist von uns eine seriöseGegenfinanzierung vorgelegt worden.
Sehr geehrte Kollegen der SPD, liebe Frau Irber,nachdem ich in der Ausgabe 5/1999 der Zeitschrift„Fremdenverkehrswirtschaft International“ mit Freudevernommen habe, daß auch Sie sich als niederbayerischeAbgeordnete – wie unser Kollege Ernst Hinsken –vehement für eine Ermäßigung des Mehrwertsteuersat-zes einsetzen, um Unternehmen aus Ihrem Wahlkreisgegen die bevorteilte Konkurrenz aus Österreich zuschützen, dürfte doch eine Lösung dieser Frage möglichsein. Das Werben für den vorliegenden Antrag wirdIhnen in Ihrer Partei besonders leicht fallen, da Ihr Par-teivorsitzender und Finanzminister ja ein großer Ver-fechter der Nachfragepolitik ist. Jetzt kann Herr Lafon-taine beweisen, wie ernst es ihm mit seinem Bekenntniszur Steigerung der Kaufkraft und zur Steigerung derNachfrage ist.Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns ge-meinsam in den zuständigen Ausschüssen eine Lösungim Sinne der Arbeitslosen und des Mittelstandes imHotelgewerbe finden. Ich freue mich schon heute sehrauf die Beratungen im Ausschuß und möchte mit einemZitat des Bundeswirtschaftsministers, Herrn Müller,meine Rede schließen, der kürzlich sagte: Es gibt keinelinke oder rechte Wirtschaftspolitik, sondern nur einerichtige oder falsche. – Lassen Sie uns richtige Wirt-schaftspolitik betreiben!Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Das Wort für die
Bundesregierung hat die Parlamentarische Staatssekretä-
rin Barbara Hendricks.
D
Herr Präsident! MeineDamen und Herren! Sagen Sie einmal, Herr KollegeBrähmig, all das, was Sie soeben gesagt haben, habenSie doch wohl nicht ernst gemeint. Sie sind ja nun schonin der dritten Wahlperiode hier im Deutschen Bundes-tag. Mir war zunächst gemeldet worden, der KollegeWillsch spreche als erster. Dazu hätte ich dann gesagt,daß man mit ihm jemanden ins Feuer geschickt hätte,der nicht wisse, was diejenigen, die schon länger imBundestag sitzen, vorher getan haben.
Sie, Herr Brähmig, müßten aber eigentlich wissen, wasSie vor unserer Regierungszeit getan haben. Sie sindjetzt in der dritten Wahlperiode hier im Bundestag. Das,was Sie da verbreitet haben, kann wirklich nicht ernstgemeint gewesen sein.
– Herr Kollege Ramsauer, Sie sind für Ihre qualifiziertenZurufe bekannt. Machen Sie ruhig so weiter.
– Herr Kollege Ramsauer, tun Sie das ruhig. Aber haltenSie sich zurück! Ein weiterer Zuruf wie der in der ver-gangenen Woche gegenüber der Kollegin Kristin Heynewürde für einen Aufstand der ehrenwerten Parlamenta-rierinnen und Parlamentarier in diesem Hause sorgen.
– Ich habe Ihren Zuruf gehört.
– Das dürfte nicht so schwer sein, Herr Kollege Ram-sauer. Es gibt wirklich Grenzen.Ich komme auf das zurück, was heute das Thema ist.Herr Kollege Brähmig, Sie haben es gut gemeint. Das istin Ordnung. Ich kann das verstehen. Sie sind gutenWillens.
Aber Sie wissen genau, daß dieser Antrag, den Sie heutevorlegen, nichts anderes ist als Populismus und Oppor-tunismus.
Klaus Brähmig
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 2035
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(D)
Ich halte Ihnen das nicht als Person vor. Ich weiß, daßSie da persönlich sehr engagiert sind. Es ist aber, wie ichgerade schon sagte, nichts anderes als Populismus undOpportunismus. Sie haben nun wirklich jahrelang Zeitgehabt, all Ihre guten Vorsätze umzusetzen.Im übrigen darf ich darauf hinweisen, daß die Zahlen,die im CDU/CSU-Antrag enthalten sind, nicht stimmen.Es würden also, wenn wir den reduzierten Mehrwert-steuersatz auf Beherbergungsumsätze einführen würden,Steuereinnahmeausfälle von rund 1,35 Milliarden DMauftreten. Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzesauf Gaststättenumsätze hätte Steuerausfälle von rund3,15 Milliarden DM zur Folge.
– Ja, klar, das spielt bei uns keine Rolle mehr. – Bei unsstimmen die Zahlen. In Ihrem Antrag sind sie falsch.
Frau Staatssekretä-
rin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen
Hinsken?
D
Bitte, Herr Kollege Hins-
ken. Ich freue mich schon darauf.
Frau Staatssekretärin
Hendricks, würden Sie denn Ihren Kollegen, Herrn
Staatssekretär Mosdorf, auch als Populisten bezeichnen,
der – nur in andere Worte gekleidet – das gleiche gesagt
und gefordert hat – und zwar beim Tourismusgipfel auf
dem Petersberg vor wenigen Wochen –, was heute der
tourismuspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion,
Klaus Brähmig, ausgeführt hat?
D
Ich kann sehr wohl ver-
stehen, daß auch die Wirtschaftspolitiker in unserer
Fraktion durchaus dieser Auffassung sein können. Ich
kann verstehen, daß auch die Tourismuspolitiker in un-
serer Fraktion dieser Auffassung sein können. Das alles
akzeptiere ich aus der jeweiligen fachlichen Sicht. Aus
finanzpolitischer Sicht – nicht nur aus finanzwirtschaft-
licher Sicht, sondern auch aus Gründen der Steuersy-
stematik und der Gleichbehandlung der am Wirt-
schaftsleben Teilhabenden – kann ich das jedoch nicht
unterstützen. Es hat natürlich auch haushaltswirtschaftli-
che Komponenten.
Der Vorwurf des Populismus richtet sich aber gegen
die Union in ihrer Gesamtheit, die in den letzten 16 Jah-
ren nun wirklich genug Zeit hatte, alles Nötige zu tun.
Leider ist es jetzt zu spät. Was die Gaststättenumsätze
anbelangt, ist diese Art der steuerlichen Behandlung
nämlich EU-rechtlich seit 1993 gar nicht mehr möglich.
Sie hätten also schon sieben Jahre früher aufwachen
müssen.
Gestatten Sie eine
weitere Zusatzfrage des Kollegen Brähmig?
D
Bitte schön, Herr Kollege
Brähmig.
Frau Staatssekretärin,
wenn Sie mir zugehört hätten, dann hätten Sie auch mit-
bekommen, daß ich in meiner Rede natürlich einiges an
Selbstkritik geübt habe. Allerdings akzeptiere ich das
Argument des Populismus, zumindest auf meine Person
und meine Arbeitsweise bezogen, weder hier noch im
Ausschuß. Die Kollegen der SPD wissen dies. Mit mir
kann man in der Sache diskutieren.
Sie werden doch letztendlich nicht bestreiten, daß
das, was ich gesagt habe, in der Sache begründet ist. Es
geht darum, daß eine eindeutige Wettbewerbsbenach-
teiligung des deutschen Hotellerie- und Gastrono-
miegewerbes vorhanden ist, und dies natürlich schwer-
punktmäßig in den Grenzregionen Westdeutschlands
und Süddeutschlands. Diese Dinge trägt uns die Bran-
che, diese Dinge tragen uns auch die betroffenen Kolle-
ginnen und Kollegen – egal, welcher politischen Rich-
tung sie angehören – ständig vor.
Ich will noch auf eines hinweisen,
weil Sie mir unterstellt haben, ich hätte hier mit falschen
Zahlen operiert: Ich habe ganz eindeutig von zirka
1,3 Milliarden DM gesprochen. Ich hätte natürlich auch
die 1,35 Milliarden, also die Zahl, die der Deutsche Ho-
tel- und Gaststättenverband sowie das Finanzministeri-
um genannt haben, anziehen können. Ob diese Zahl in
den letzten Wochen nach oben oder nach unten revidiert
worden ist, entzieht sich meiner Kenntnis.
Ich will Ihnen abschließend noch sagen, daß die Tou-
rismuspolitiker der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für
standortwichtige Entscheidungen – ob es nun um „duty
free“, um die Mehrwertsteuerproblematik oder um eines
der vielen weiteren anstehenden Probleme geht – an Ih-
rer Seite stehen. Das habe ich mehrfach erklärt.
Danke schön.
D
Herr Kollege Brähmig,Sie haben es nicht einmal als Frage formuliert, aber dasist auch nicht weiter wichtig. Ich kann mir die Frage jadenken.
Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks
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2036 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
(C)
Es ist nicht von der Hand zu weisen, daß es Wett-bewerbsunterschiede zwischen der BundesrepublikDeutschland und anderen Staaten der EuropäischenUnion gibt. Es ist aber auch nicht von der Hand zu wei-sen, daß es eben doch wichtiger ist, daß die Unterstüt-zung den Unternehmen unmittelbar zugute kommt. WieSie selbst wissen, ist doch klar, daß ein abgesenkterMehrwertsteuersatz natürlich zu einer Preissenkung füh-ren muß und somit den Verbrauchern, in diesem Fall al-so den Gästen zugute kommt. Das kann man den Gästenja wünschen; das ist keine Frage. Aber um die Wettbe-werbsposition der Unternehmen zu stärken, ist diesesMittel nicht so sehr geeignet; da ist es sozusagen einDurchlaufposten. Es geht wohl eher darum, eine ver-nünftige Unternehmenssteuerreform zu machen, so wiewir sie noch in diesem Jahr vorbereiten werden.
Außerdem haben wir den Mittelstand durch unsereSteuergesetzgebung, die wir heute beschlossen haben,schon entlastet. Das nehmen Sie bitte zur Kenntnis, auchwenn Sie eben noch einmal das Gegenteil behauptethaben. Wir sind da auf dem richtigen Weg. Wir wollen,daß die Unternehmen unmittelbar entlastet werden. Daswird auch geschehen.
Einen Punkt darf ich noch anfügen. Es gibt in der Tatnoch vorübergehende Genehmigungen für einzelne Län-der in der Europäischen Union für reduzierte Mehrwert-steuersätze. Wir werden mittelfristig dafür Sorge tragen,daß sie angeglichen werden. Aber bitte erwarten Sieauch nicht zuviel von der deutschen Präsidentschaft inihrem ersten halben Jahr. Wir kümmern uns auch umden anderen Bereich, den Sie gerade noch angesprochenhaben – das ist der Bereich des Tax-free –, und das zu-sätzlich zu den großen Themen, die wir sowieso in derSteuerpolitik in der Europäischen Union zu regeln ha-ben. Wir tun das mit allem Engagement. Dieses Themajetzt, Anfang März, noch auf die Agenda der deutschenPräsidentschaft setzen zu wollen ist einfach von denAbläufen her, die in der Europäischen Union üblich undmöglich sind, ausgeschlossen. Das muß man ehrlicher-weise sagen.Ich will noch eine Zahl zurückweisen, die Sie sozu-sagen nur mitgeteilt haben. Sie haben gesagt, die Unter-nehmen der Tourismusbranche hätten dargelegt, siewürden durch die ökologische Steuerreform im Schnittmit 24 000 DM pro Betrieb und Jahr zusätzlich belastet.
Ich habe es jetzt auf die Schnelle nicht nachgerechnet,weil es in der Tat schwer ist, 2 Pfennig pro Kilowatt-stunde Strom in Relation zu 24 000 DM zu setzen.Vielleicht kann mir jemand schnell helfen und mir sa-gen, wie viele Kilowattstunden Strom das sein müssen,die dann in jedem dieser Betriebe pro Jahr verbrauchtwerden sollen. Aber es muß eine ganz erhebliche Zahlsein, weil 2 Pfennig in 24 000 DM unheimlich vieleMale hineingeht. Das kann ich sagen, auch ohne dasnachgerechnet zu haben. Diese Zahl kann wohl ernsthaftnicht gemeint sein. Überprüfen Sie das einmal!
Zu einer Kurzinter-
vention gebe ich das Wort dem Kollegen Ernst Hinsken.
Herr Präsident, ichmöchte gern das aufgreifen, was soeben Frau Staatsse-kretärin Hendricks zu der Problematik, die jetzt auf derTagesordnung steht, ausgeführt hat, und feststellen:Nicht nur Ihr Kollege Mosdorf, sondern auch der Bun-deswirtschaftsminister Müller steht einer Mehrwert-steuersenkung für das Beherbergungsgewerbe positivgegenüber.
Warum? Sie sind deshalb dafür, weil festgestellt werdenmuß, daß hier das deutsche Gaststättengewerbe benach-teiligt wird.
Es kann und darf doch nicht sein, daß dann, wenn je-mand in Kehl am Rhein Urlaub macht, er pro Nacht mit16 Prozent Mehrwertsteuer belastet wird und daß er,wenn er über den Rhein fährt und auf Straßburger Ge-biet ist, nur noch 5,5 Prozent Mehrwertsteuer zahlt.Oder: Wenn jemand in Freilassing Urlaub macht, dannzahlt er auch wieder 16 Prozent Mehrwertsteuer; fährt er5 Kilometer über die Grenze weiter nach Salzburg, dannzahlt er nur 10 Prozent. In Luxemburg sind es sage undschreibe nur 3 Prozent, die bezahlt werden müssen. Esist doch nicht von der Hand zu weisen, daß das einewettbewerbliche Benachteiligung der deutschen Gastro-nomie ist.
Mir ist klar – Herr Kollege Kubatschka – daß, wenn eszu einer EU-weiten Harmonisierung kommen soll, auchdie anderen Länder bereit sein müssen, hier mitzuma-chen.
Es kann doch nicht sein, daß 12 von den 15 EU-Staatenbereits einen solch niedrigen Mehrwertsteuersatz, aber3 Länder den vollen Mehrwertsteuersatz haben. DieBundesrepublik Deutschland ist mit 16 Prozent in derSpitzengruppe dieser drei.
Das kann und darf nicht weiter hingenommen wer-den. Die Bundesrepublik Deutschland hat momentan dieEU-Ratspräsidentschaft inne, die es zu nutzen gilt.Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 2037
(C)
(D)
Wenn die EU nicht in der Lage ist, Bewegung in dieAngelegenheit zu bringen, dann sind wir gezwungen –damit Arbeitsplätze erhalten und neue geschaffen wer-den können; wir können keine Sonne aus Mallorca im-portieren, aber wir können billiger werden –, einen Be-schluß zu fassen, der in die Richtung geht, daß es wiederinteressanter wird, Urlaub in Deutschland zu machen.Wenn das nicht der Fall sein wird, wird sich gerade diedeutsche Hotellerie und Gastronomie auch weiterhin aufdem Abstellgleis befinden.Eine letzte Bemerkung. Kollege Brähmig hat bereitsdarauf verwiesen – –
Herr Kollege Hins-
ken, Sie haben noch genau sieben Sekunden.
Darum eine letzte Be-
merkung, Herr Präsident.
Kollege Brähmig hat bereits darauf verwiesen: In
Irland hat man den Mehrwertsteuersatz gesenkt, und
siehe da, die Urlauber wurden mehr, das Angebot wurde
verstärkt angenommen, mit dem Ergebnis, daß die Sen-
kung mehr als kompensiert wurde. Bitte tun Sie das
gleiche.
Eine Kurzinterven-
tion sollte eine Kurzintervention bleiben.
Ich verstehe das alles. Aber wir sollten uns jetzt schon
ein bißchen bemühen, auf die Zeit zu achten.
Die Frau Parlamentarische Staatssekretärin hat natür-
lich das Recht, darauf zu antworten. Bitte schön.
D
Herr Kollege Hinsken,
was an Ihnen so sympathisch ist, ist, daß Sie das alles
immer mit richtigem Engagement machen. Was Sie im-
mer bleiben, ist Bäckermeister;
das ist keine Frage. Erst waren Sie mit allem Engage-
ment Sozialpolitiker, dann kurzfristig mit allem Enga-
gement Bauernpolitiker, und jetzt sind Sie Tourismus-
politiker, und Sie machen auch dies mit allem Engage-
ment und mit allem Herzblut. Das ist wirklich sympa-
thisch.
Aber auch, wenn man mit allem Herzblut eine Sache
verfolgt, muß man immer wieder nach rechts und links
gucken, um die Zusammenhänge in der Politik zu sehen.
Außerdem müssen Sie sich sagen lassen: Vielleicht ha-
ben Sie Ihr Herz für den Tourismus zu spät entdeckt.
Vielleicht wäre es Ihnen voriges Jahr noch gelungen,
Ihre Fraktion zu überzeugen.
Ich darf das von
hier oben leider nicht kommentieren. Deswegen gebe
ich sofort das Wort an den Kollegen Ernst Burgbacher
von der F.D.P.
Herr Präsident! Meinesehr verehrten Damen und Herren! Wir haben in dieserWoche einiges erlebt: gestern die Ökosteuer,
heute das Steuerentlastungsgesetz
und die Neuregelung der 630-DM-Jobs.
Meine Damen und Herren, ich fürchte, Sie haben in denletzten beiden Tagen, gestern und heute, die Rechnungim wahrsten Sinne des Wortes ohne den Wirt gemacht.
Denn ich fürchte, manche Gastwirte und Hoteliers wer-den diese Zeche nicht bezahlen können.
Auch zu dieser späten Stunde finde ich das überhauptnicht zum Lachen. Es reicht auch nicht, das mit denWorten „Populismus“ und „Opportunismus“ abzutun,wie Sie das getan haben, Frau Hendricks.Wir sollten vielleicht doch noch einmal ein Stück indie Materie einsteigen. Meine Fraktion, die F.D.P., hatschon 1968, bei der Einführung der Mehrwertsteuer, denreduzierten Steuersatz unter anderem für Hotellerie undGastronomie gefordert.
Wir haben diese Forderung ständig wiederholt. Sie istdamals an der Großen Koalition gescheitert. Sie schei-terte inzwischen an den Finanzministern. Ich werde dazunachher einen ganz konkreten Fall nennen.Wir sollten uns klarmachen, daß die Welt sich wan-delt und daß wir heute in einer anderen Situation sind alsErnst Hinsken
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2038 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
(C)
noch vor ein oder zwei Jahren. Wir haben den Euro. Mitdem Euro ist auf einmal das Wechselkursrisiko entfal-len,
und es gibt Preistransparenz. Die Preistransparenz führtzu verschärftem Wettbewerb. Ich sage ganz klar: Wirwollen diesen Wettbewerb und begreifen ihn als Chan-ce. Nur müssen wir uns klarmachen: Der Geschäftsrei-sende, der Kurzurlauber, der Anbieter von Urlaubsreisenwird jetzt vergleichen. Er wird sehen: Wo ist die Lei-stung? Wo ist der Preis? Dann wird er entscheiden, ob erdas Hotel in Offenburg oder in Straßburg mietet oder ober das Hotel in Maastricht oder in Aachen bucht. Das hatsich mit dem Euro gewaltig gewandelt.
Die F.D.P. hat sich übrigens als einzige Partei immerkonsequent für den Euro ausgesprochen.
Die F.D.P. ist auch die einzige Partei des Wettbewerbs.Wir nehmen ihn an. Deshalb weise ich hier Opportunis-musvorwürfe zurück. Es geht nicht darum, einen Be-reich zu subventionieren.
Vielmehr geht es darum, faire Wettbewerbsbedingungenin Euroland zu schaffen.
Meine Damen und Herren, bei einem Nettopreis von100 Euro zahle ich für das Zimmer in Deutschland116 Euro, in Holland und Belgien 106 Euro, in Frank-reich 105,50 Euro und schließlich in Luxemburg103 Euro. Das muß man doch zur Kenntnis nehmen.Hier besteht politischer Änderungsbedarf. Für die Lei-stungen haben die Unternehmen zu sorgen, und daswerden sie auch tun.Meine Damen und Herren von der rotgrünen Mehr-heit, Sie melken gestern und heute das Hotel- und Gast-stättengewerbe schon gewaltig.
Zur Ökosteuer: Sehr geehrte Frau Hendricks, ich habeim Ausschuß eine Rechnung am Beispiel eines Stutt-garter Hotels mit 100 Betten vorgelegt: jährliche Mehr-belastung durch die Ökosteuer 16 000 DM, jährlicheEntlastung bei der Rentenversicherung etwa 6 500 DM,bleibt unter dem Strich eine zusätzliche Belastung vonetwa 10 000 DM. Mit dem 630-Mark-Gesetz gefährdenSie Betriebe ganz massiv in ihrer Existenz, weil die Be-triebe in der Hotellerie und in der Gastronomie mit Spit-zen zu kämpfen haben. Die werden sie nicht mehr ver-nünftig abdecken können.Sehr geehrte Frau Hendricks, die heute beschlosseneRegelung, daß die Vorsteuer auf Reisekosten für Un-ternehmen und deren Personal nicht mehr abziehbar ist,bedeutet, daß Übernachtung und Essen für diese Perso-nen 16 Prozent mehr kosten. Das wird zu ernsthaftenProblemen in der Gastronomie führen.
Ich will gar nicht auf die Trinkgeldbesteuerung ein-gehen. Vor der Wahl haben Sie noch davon gesprochen,sie abzuschaffen. Damit haben wir nie gerechnet. Ichglaube, der zentrale Denkfehler ist: Sie meinen, durchhöhere Steuersätze mehr Einnahmen zu bekommen. DasGegenteil ist richtig. Ich denke, ein niedrigerer Mehr-wertsteuersatz kann in der Staatskasse mehr Wert be-deuten. Darauf sollten wir hinarbeiten.
Meine Damen und Herren, für die F.D.P.-Fraktion istder Abbau der Arbeitslosigkeit das höchste Ziel; er hatoberste Priorität. Der reduzierte Mehrwertsteuersatz von7 Prozent kann vielleicht etwas dazu beitragen, daß derArbeitsplatzabbau, der mit den von Ihnen gestern undheute beschlossenen Gesetzen verbunden ist, ein Stückweit gebremst wird. Deshalb haben wir in der F.D.P.-Fraktion beschlossen, dem Antrag zuzustimmen.
Daß er von der CDU/CSU kommt, stört uns nicht; dennes geht um die Sache. Wir freuen uns, wenn wir irgend-wo gleicher Meinung sind.Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU,der baden-württembergische Wirtschaftsminister, WalterDöring, hat seit längerem einen Bundesratsvorstoß füreinen reduzierten Mehrwertsteuersatz geplant. Er schei-terte bisher am Finanzminister. Ich fordere Sie auf, zuhelfen, daß die Aktivitäten von dieser Seite erfolgreichsind.
Meine Damen und Herren, ich halte die Situation imHotel- und Gaststättengewerbe wirklich für besorgnis-erregend. Lassen Sie uns in der heutigen Debatte undin dem anschließenden Beratungsprozeß zusammen einZeichen setzen, das uns in der Sache voranbringt!Im Interesse der Beschäftigten in der Hotellerie hof-fe ich, auf meiner Hotelrechnung bald lesen zu kön-nen: „In diesem Betrag sind 7 Prozent Mehrwertsteuerenthalten.“ Vielleicht könnte man für die Abgeordne-ten, die heute zustimmen, einen Zusatzstempel machen:„Sie haben damit Arbeitsplätze erhalten. Wir dankenIhnen.“
Ernst Burgbacher
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 2039
(C)
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Das Wort hat der
Kollege Klaus Müller vom Bündnis 90/Die Grünen.
Klaus Wolfgang Müller (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Herr Präsident! Meine verehrten Damen
und Herren! Nach den vergangenen harten Wochen im
Finanzausschuß habe ich mich gefreut, daß mit diesem
Antrag der CDU/CSU der Urlaub zumindest auf dem
Papier etwas näher rückte.
Ihr Antrag fußt auf zwei Überlegungen. Erstens. Sie
sagen, das deutsche Gastgewerbe leide unter dem inter-
nationalen Wettbewerb. Besonders die Erhebung des
normalen Mehrwertsteuersatzes sei von Nachteil. Zwei-
tens. Sie sagen, die Senkung des Mehrwertsteuersatzes
auf 7 Prozent, zumindest bis zu einer EU-einheitlichen
Regelung, sei das geeignete Instrument, zu einer Lösung
zu kommen.
Warum Ihr Antrag mehr nach einem Geschenk an das
Gastgewerbe riecht als nach einer durchdachten finanz-
politischen Lösung, zeigen folgende Aspekte.
Zur Lage des Gastgewerbes, wobei ich mich auf die
Situation der Beherbergung beschränken will – ich hof-
fe, damit den Kern Ihres Antrages zu treffen –, ist fol-
gendes festzuhalten: Nach Angaben des Statistischen
Bundesamtes ist die Zahl der Gästeübernachtungen in
Deutschland im Sommerhalbjahr 1998 um 3 Prozent im
Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Deshalb konstatieren
Tourismusforscher: Das Problem sind nicht die Gäste-
zahlen, sondern die – auch in Ihrem Antrag erwähnte –
hemmungslose Bauwut. Zwischen 1994 und 1996 wurde
die Zahl der Betten um 10 Prozent erhöht. Da wundert
es natürlich nicht, daß trotz Übernachtungszahlen, die
auf hohem Niveau stagnieren, die Auslastung spürbar
sinkt.
Gleichzeitig wird im „Handelsblatt“ von Dienstag dieser
Woche Herr Gerd Hesselmann, Präsident des Deutschen
Reisebüro- und Reiseveranstalterverbandes, mit den
Worten zitiert:
Die zweistelligen Zuwächse . . . lassen ein spürba-
res Wachstum erwarten.
Für die laufende Saison erwartet er ein Umsatzplus von
5 Prozent.
Das heißt, die Notwendigkeit „einer verstärkten poli-
tischen Unterstützung“ oder, anders formuliert, eines
neuen Subventionstatbestandes kann ich hier nicht er-
kennen. Die Senkung des Mehrwertsteuersatzes er-
scheint mir hier nicht sinnvoll.
Sie gehen davon aus, daß die deutsche Hotelerie mit
dem 16prozentigen Satz einen besonderen Wettbe-
werbsnachteil zu verkraften hat.
Ich zitiere:
Die Umsatzsteuer ist bei den in Rede stehenden
Umsätzen nur einer von vielen preisbestimmenden
Faktoren und dürfte nicht für die Entscheidung aus-
schlaggebend sein, ob ein Urlaub zum Beispiel in
Spanien oder Deutschland verbracht wird.
Diese bestechende Analyse kommt nicht von mir, son-
dern vom damaligen Parlamentarischen Staatssekretär,
Herrn Hansgeorg Hauser, CDU/CSU, der den gestellten
Antrag seiner Fraktion klugerweise nicht namentlich
unterstützt hat. Der Gedanke des ermäßigten Satzes für
das Gastgewerbe ist nicht neu und wurde schon zu Ihren
Regierungszeiten von den Kolleginnen und Kollegen der
CDU/CSU abgelehnt. Darüber hinaus hat der Kollege
Hauser betont, daß das Hauptziel der damaligen Regie-
rung im Juni 1997 die Haushaltskonsolidierung gewesen
sei und er daher keine Möglichkeiten sehen würde, von
der bisherigen umsatzsteuerlichen Behandlung der Ho-
telumsätze abzugehen. An dieser Aussage hat sich nur
eines geändert, nämlich die Regierungszusammenset-
zung. Die Aussage gilt weiter.
Bemerkenswert ist, daß diese Forderung weder im
Wahlprogramm der CDU noch in der Wahlplattform
von CDU und CSU enthalten ist. Sprich: Wären Sie
weiter in der Regierung geblieben, hätte dieser Antrag
niemals das Tageslicht erblickt.
Dank Herrn Hauser wissen wir, daß die Mehrwert-
steuer nur einer der preisbestimmenden Faktoren ist.
Aber auch der Preis ist nur eines von vielen Kriterien bei
Reiseentscheidungen. Ein Löwenanteil am Deutsch-
landtourismus kommt mit 50 Prozent den Geschäftsrei-
sen zu, sicherlich nicht das preissensibelste Segment.
Nach aktuellen Emnid-Umfragen kommt der Qualität
viel mehr Bedeutung zu als dem Preis. Besonders der
Faktor Sonne fällt dabei ins Gewicht. Nicht einmal jeder
fünfte Befragte bezeichnet den Preis als „etwas“ oder
„deutlich“ wichtig. Deshalb läßt sich also nicht unmit-
telbar eine besondere Belastung des deutschen Gastge-
werbes ableiten.
Herr Kollege Mül-
ler, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten
Burgbacher?
Klaus Wolfgang Müller (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Ja.
Herr Kollege Müller,würden Sie mir erstens zustimmen, daß sich die Zahlendes DHV, die Sie genannt haben, auf den weltweitenTourismus beziehen und überhaupt nichts mit der Ausla-stung in Deutschland zu tun haben? Würden Sie mirzweitens zustimmen, daß für Geschäftsreisende derFaktor Sonne eine relativ geringe Rolle spielt? Sie sa-gen, der Preis spiele keine Rolle. Würden Sie mir drit-tens zustimmen, daß sich der Preis dadurch, daß dieMehrwertsteuer für diese Reisen nicht mehr abziehbarist, sehr stark erhöht und wir sehr wohl Einbrüche be-fürchten müssen?
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2040 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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Klaus Wolfgang Müller (BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN): Verehrter Kollege, so wie ich diesen Artikelverstanden habe – ich denke, das „Handelsblatt“ ist einesehr präzise Informationsquelle –, wird hier vom deut-schen Umsatz gesprochen. Wir werden das in den Fi-nanzausschußberatungen noch einmal überprüfen, wirhaben dann viel Zeit, darüber zu reden.Ich gehe davon aus, daß Geschäftsreisende genausowie Bundestagsabgeordnete auf Reisen in der Tat nichtdie Sonne genießen können. Ich glaube aber, daß für diemeisten Geschäftsreisenden – ich hatte das Vergnügen,vor dem Einzug in den Bundestag in einer Firma bzw. ineiner Bank zu arbeiten – der Preis in der Regel nicht dasentscheidende Kriterium ist, sondern die Erreichbarkeitund die Infrastruktur der Hotelanlage, das heißt dieQualität. Für Privatreisende ist gemäß den Umfragen,die uns vorliegen, nicht das preisliche Argument dasEntscheidende, sondern andere Faktoren, nämlich Na-turqualität, das Angebot vor Ort, Sonne, Klima etc. Ichkann nur sagen: In Schleswig-Holstein – da kenne ichmich ein bißchen aus – ist das alles gegeben.
Sie begründen Ihre Forderung, das Gastgewerbe zuentlasten, mit dem stark vertretenen Mittelstand undden hohen Beschäftigungszahlen. Das ist sympathisch.Ich frage Sie aber: Warum beschränken Sie Ihre Mittel-standsförderung auf das Gastgewerbe? Sollen arbeitsin-tensive Branchen gefördert werden, ist die Senkung desMehrwertsteuersatzes nicht der richtige Weg. Der richti-ge Weg – schließlich wollen wir konstruktiv nach vorndiskutieren – heißt Senkung der Lohnnebenkosten.
Das ist ein Thema, das von Ihnen, liebe Opposition,bisher sträflich vernachlässigt wurde. Mit dem Einstiegin die ökologische Steuerreform haben wir gestern denrichtigen Schritt getan.
Aber damit soll es genug sein mit dem Herumgemä-kel an dem mühsamen Antrag der Opposition. Kommenwir zu den konstruktiven Vorschlägen: Erstens. Ihre In-itiative, die Steuerpolitik auf EU-Ebene zu harmonisie-ren, findet bei uns hohe Sympathie. Zweitens gehen wirmit Ihnen d'accord, die Lohnnebenkosten zu senken, umdamit auch das Tourismusgewerbe als arbeitsintensivesGewerbe zu entlasten. Drittens. Familien, Geringverdie-ner und Mittelverdiener werden durch unsere Steuerre-form, die wir heute morgen beschlossen haben, entlastetund haben damit sicherlich die Möglichkeit, einen Teilihrer Mehreinnahmen in Reise und Urlaub zu stecken.Auch in diesem Punkt gehen wir mit Ihnen absolutd'accord. Die Frage der Unternehmenssteuerreform hatbereits die Parlamentarische Staatssekretärin BarbaraHendricks angesprochen.Last, but not least: Mit diesem Antrag erleben wireine ganz neue Qualität von Bündnissen, nämlichschwarzrote Bündnisse. Dabei meine ich mit „rot“nicht unseren verehrten Koalitionspartner, sondern ichgehe eine Schattierung weiter. Das wird Ihnen gleich dieKollegin Ehlert mitteilen. Es gibt eine Koalition vonCDU und PDS, weil die PDS just einen sehr ähnlichlautenden Antrag im November 1998 eingebracht hat.Ich fasse zusammen: Ihr Antrag zeugt von einer feh-lenden finanz- und wirtschaftspolitischen Konzeption.Die Problembeschreibung ist mangelhaft, die Instru-mentenwahl unpassend, und das für eine nur vorüberge-hende Ermäßigung, die eigentlich doch bald wieder an-ders geregelt werden sollte. Das findet nicht unsere Zu-stimmung.Vielen Dank.
Ich gebe das Wort
der Abgeordneten Heidemarie Ehlert, PDS.
Sehr geehrter Herr Präsi-dent! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Harmonisie-rung der Steuern in der Europäischen Union ist für dienächsten Jahre ein Thema, bei dem es richtigerweiseendlich sichtbare Fortschritte geben muß. Unsere Grün-de für eine Harmonisierung unterscheiden sich aller-dings wesentlich von denen der CDU.
Deshalb möchte ich zumindest in aller Kürze auf ei-nes verweisen: Im Interesse einer europäischen Ent-wicklung, die ökologisch, sozial und gerecht sein soll,setzt sich die PDS-Fraktion für eine Wende in der Wirt-schafts-, Sozial- und Umweltpolitik der EuropäischenUnion ein. Nach wie vor wirkt die in Maastricht verein-barte, einseitig monetäre Orientierung der EU in die fal-sche Richtung. Wenn Markt und kapitalistische Konkur-renz für alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens inEuropa das entscheidende Gestaltungsprinzip sein sol-len, dann können Sie doch nicht, wenn dieser Markt ver-sagt, für das Gastgewerbe einseitig nach einer staatli-chen Lösung rufen.
Eine Wende in dieser Politik und Steuerharmonisie-rung sind notwendig. An erster Stelle stehen für uns dieHarmonisierung der Einkommensteuer und der Unter-nehmenssteuern auf der Basis einer sozial gerechten La-stenverteilung für alle, für die Bürgerinnen und Bürgerund für die Wirtschaft. Anliegen einer sozialen Steuer-harmonisierung muß sein, Steuerdumping und Steuer-flucht zu unterbinden. Das gilt auch für Unternehmens-steuern. Unternehmensgewinne, die in soziokulturelle,ökosoziale Projekte und zukunftsfähige Arbeitsplätzefließen, sollten steuerlich begünstigt werden.
Die Harmonisierung der Mehrwertsteuersätze wäre einweiterer wünschenswerter Schritt, falls er sich nicht ander gegenwärtigen Obergrenze von 25 Prozent orientiert.
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 2041
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Die PDS-Fraktion hat im November einen Antrageingereicht, der die Bundesregierung auffordert, im Eco-fin-Rat die Initiative zu einer Änderung des Anhangs Hder 6. Umsatzsteuerrichtlinie zu ergreifen, um die An-wendung eines ermäßigten Mehrwertsteuersatzes aufarbeitsintensive Dienstleistungen, insbesondere auf Re-paraturarbeiten im Handwerk zu ermöglichen. DieseDienstleistungen sind sehr arbeitsintensiv und somitteuer. Deshalb wird der Neukauf der Reparatur vorge-zogen, was unökologisch ist.
Bei einer entsprechenden Senkung des Mehrwertsteuer-satzes hätten im Handwerk und im Dienstleistungsbe-reich zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden kön-nen. Aber diesen Antrag haben Sie abgelehnt.Jetzt hingegen, wo offensichtlich die vielgepriesenenMarktmechanismen versagt haben, rufen Sie nach demGesetzgeber und fordern einen ermäßigten Mehrwert-steuersatz für die Beherbergung. Dazu hatten Sie 16 Jah-re lang Zeit. Sie wollen neue Steuergeschenke für dieWirtschaft. Die Arbeitsplätze benutzen Sie als Alibi fürIhren Antrag.
Sie wissen sicherlich genausogut wie ich, daß geradeauf Grund der bisherigen Steuervergünstigungen, die Sieselbst eingeführt haben, in den letzten Jahren Hotels wiePilze aus dem Boden schossen, und zwar nicht nur intraditionellen Tourismusgebieten. Die Hoteliers in denneuen Bundesländern können dies sicherlich bestätigen.Es muß gründlich geprüft werden, ob dieser Antrag dieLobby derer bedienen soll, die auf Grund der Steuerab-schreibungen häufig am Bedarf vorbei ins Gastgewerbeinvestiert haben. Nur deshalb ist das Angebot größer alsdie Nachfrage, und nicht anders herum.Meine Herren, ich muß Sie darauf aufmerksam ma-chen, daß Ihr Antrag nicht mit dessen Überschrift „Har-monisierung ...“ übereinstimmt. Zwar haben Sie nochgestern in der Ökosteuer-Debatte eine Harmonisierunggefordert; heute jedoch fordern Sie einen AlleingangDeutschlands, statt die Bundesregierung aufzufordern,sich im Rahmen ihrer EU-Ratspräsidentschaft für eineHarmonisierung der Umsatzsteuer einzusetzen.
Das würden wir unterstützen.Deshalb empfehlen wir Überweisung an die Aus-schüsse.
Das Wort hat der
Kollege Dieter Grasedieck von der SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Meine
sehr verehrten Damen und Herren! „Opposition ist die
Kunst, etwas zu versprechen, was die Regierung nicht
einlösen kann“, so sagen viele. Meine lieben Kollegin-
nen und Kollegen von der CDU/CSU, Sie haben diese
Kunst in einem Crashkurs, nämlich in nur drei Monaten,
erlernt.
Herr Hauser, der von Herrn Müller bereits zitiert
wurde, sagte am 30. September 1997 unter anderem:
Die Einführung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes
von 7 Prozent auf die Abgabe von Speisen und Ge-
tränken durch Hotels ist EG-rechtlich gar nicht zu-
lässig.
Das bezog sich auf den ersten Punkt, die Speisen und
Getränke. Des weiteren sagte Herr Hauser:
Die Besteuerung der Beherbergungsumsätze wird
wegen der damit verbundenen Steuerminderein-
nahmen von rund 1,35 Milliarden DM und aus
steuersystematischen Gründen abgelehnt.
Herr Kollege, ge-
statten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Müller?
Bitte schön.
Herr Kolle-
ge, Sie haben in der Tat den seinerzeitigen Staatssekretär
Hauser richtig zitiert. Ich möchte hier ein Mißverständ-
nis ausräumen. Die Beiträge der Kollegen aus den Re-
gierungsfraktionen, in denen es heißt, es gehe hier um
Geschenke, machen deutlich, daß hier ein falscher Ein-
druck erweckt wird.
Ich erinnere noch einmal daran, daß 1993 im Zuge der
Einführung der EU-Mehrwertsteuerregime den damali-
gen Mitgliedsstaaten ausdrücklich genehmigt worden
war, für eine Übergangsfrist verminderte Steuersätze
beizubehalten. Deshalb nun die Aufforderung – ich fra-
ge Sie, ob Sie das unterstützen können – an die Bundes-
regierung, im Rahmen ihrer Präsidentschaft auf eine
Harmonisierung hinzuwirken, denn die Übergangszeit
für Länder wie Frankreich, Spanien, Portugal etc. war
nun lang genug, so daß endlich eine Harmonisierung
herbeigeführt werden könnte.
Herr Kollege, das ist füruns eigentlich gar keine Frage. Wir sind natürlich mitIhnen einer Meinung, daß wir versuchen müssen, einesolche Harmonisierung zu erreichen. Das ist aber seit16 Jahren ein Problem. Auch Sie kennen das, aber leiderhaben Sie das nicht gelöst. Wir werden darum kämpfen;das ist für uns sonnenklar. Ich wollte aber an dieserStelle einmal auf den Widerspruch hinweisen: Sie wech-seln die Kleider, und schon argumentieren Sie anders.Das ist falsch, Herr Kollege.
Heute, anderthalb Jahre später, bringen Sie den An-trag ein, diesen Mehrwertsteuersatz zu senken. DieHaushaltslage hat sich aber nicht verändert.
Heidemarie Ehlert
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2042 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
(C)
– Herr Hinsken, die Haushaltslage hat sich im Vergleichvon 1997 zu 1998 nicht verändert. Sie wissen doch ganzgenau, daß wir den Bürger wirklich entlasten. Wir gehenmit der Steuerlast – gerechnet bis zum Jahre 2002 – um20,5 Milliarden DM herunter.
Darüber haben wir heute morgen ausführlich gespro-chen. Davon profitiert natürlich auch der Wirt, davonprofitiert auch der Hotelier. Sie von der CDU/CSU set-zen doch absolut auf Populismus. Darum geht es in derHauptsache.
Der Antrag, den Sie heute stellen, ist ein Schauantrag inReinkultur.Herr Brähmig, Sie haben vorhin gesagt, Sie hättenden Antrag damals nicht gestellt, weil Ihre „große Steu-erreform“ mit 35 Milliarden DM Entlastung folgensollte. Dann aber haben Sie ausgeführt, daß der Antrag,den heute wir stellen, eigentlich gar nichts koste, weildamit die Wirtschaft angekurbelt werde. Wenn das derFall ist, Herr Brähmig, dann ist ihre Aussage erstens einWiderspruch, und zweitens ist es dann doch so: Wenn esheute nichts kostet, dann hat es doch auch früher nichtsgekostet. Dann hätten Sie den Antrag ruhig stellen kön-nen.
Genehmigen Sie ei-
ne Zwischenfrage des Kollegen Brähmig?
Ja, bitte, Herr Kollege.
Herr Kollege Grase-
dieck, stimmen Sie mir zu, daß man Wirtschaftspolitik
und Finanzpolitik viel stärker ganzheitlich sehen muß
und das alles nicht nur aus finanzpolitischer Sicht be-
trachten darf? Ich glaube, unter der einseitigen Sichtwei-
se leidet unser Land insgesamt. Ich will noch einmal sa-
gen, daß wir in der Zeit, in der wir die Verantwortung
für die Bundesrepublik Deutschland hatten, diese ge-
samtwirtschaftlichen Zusammenhänge bei den Trägern
der politischen Verantwortung in vielen Fällen nicht so
herübergebracht haben, wie es für die Volkswirtschaft
dringend notwendig gewesen wäre.
Herr Brähmig, natürlichbenötigen wir den gesamtwirtschaftlichen und den ge-samtfinanzpolitischen Ansatzpunkt. Das ist für uns garkeine Frage. Aber wenn Sie das so sehen, dann hinkenIhre Vergleiche absolut, und zwar insofern, als daß Sienur eine Steuerart herausgreifen. Sie führen nämlichnicht auch die anderen Steuerarten an. Sie müssen aberden Globalansatz sehen. Entscheidend ist: Was bezahltder Bürger vor Ort? Was bezahlt die Bürgerin vor Ort?Was bezahlt der Betrieb vor Ort? In diesem Punkt siehtes in Deutschland ganz gut aus. Im Vergleich mit alleneuropäischen Ländern liegt unsere Steuerlast im unte-ren Drittel und ist damit ausgesprochen günstig, HerrBrähmig. Auch das muß berücksichtigt werden. Sie dür-fen nicht nur einen Faktor – also nicht nur die Mehr-wertsteuer – herausgreifen.
Zurück zu Ihrem Antrag, meine Damen und Herren.Sie fordern in Ihrem Antrag, grundsätzlich solle ein all-gemeiner Steuersatz in der EU angestrebt werden. Siewissen doch ganz genau, daß wir den vereinbarten Min-deststeuersatz einhalten, und zwar exakt 16 Prozent, unddaß die Menschen in den anderen Länder viel mehr anMehrwertsteuer zahlen als wir in Deutschland.
Weiterhin schreiben Sie, Herr Hinsken, die Lohn- unddie Lohnnebenkosten führten zu hohen Hotelpreisen.Das sagen Sie immer. Aber lediglich die Lohn- undLohnnebenkosten zu nennen, ist wieder nur eine Teil-wahrheit. Im Hinblick auf die Lohnkosten ist das sogarfalsch, Herr Hinsken, denn damit liegen wir im Ver-gleich mit Gesamteuropa wieder im unteren Drittel. InFrankreich, Schweden oder in Dänemark verdient manmehr, um nur diese Länder als Beispiel zu nennen.Vielleicht wissen Sie das auch.Im Bereich der Lohnnebenkosten haben Sie in den16 Jahren nichts unternommen. Wir haben darauf Wertgelegt und Anträge gestellt, die Lohnnebenkosten zusenken. Erst jetzt, mit der Senkung der Rentenbeiträgevon 20,3 Prozent auf 19,5 Prozent im Zuge der gesternverabschiedeten Einführung der Ökosteuer, sind dieLohnnebenkosten zum erstenmal gesenkt worden. Daswar ein richtiger Schritt und ein guter Ansatz.
Sie beklagen des weiteren, die Hotels seien nicht hin-reichend ausgelastet. Wenn man das einmal regionalbetrachtet, dann muß ich Ihnen sagen: Der Tourismusblüht an Emscher und Lippe und wird im Revier weiter-entwickelt. In manchen Teilen haben wir in den letztenfünf oder sechs Jahren einen Zuwachs von 30 bis40 Prozent verzeichnet. Als Beispiel könnte ich auchmeinen Wahlkreis mit aufführen.
– Herr Hinsken, jetzt möchte ich das erst einmal ausfüh-ren. Sie können Ihre Frage hinterher in einer Kurzinter-vention einbringen.Grundsätzlich sollen Entlastungen bei den Umsatz-steuern dem Endverbraucher zugute kommen. Zur Zeitgilt der reduzierte Mehrwertsteuersatz nur bei Le-bensmitteln und Büchern, aus sozialem und kulturellenGründen. Wir werden das weiterhin beibehalten. Das istfür uns – wie sicherlich auch für Sie – keine Frage.Aufgabe der Opposition ist es, die Regierung anzu-greifen, Probleme zu überzeichnen, Initiativen zu ent-wickeln und Alternativen aufzuführen. Das ist richtig.Sie aber legen gerade Ihre Regierungskleider ab undsprechen schon mit einer anderen Zunge.
Dieter Grasedieck
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 2043
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(D)
Auch in der Opposition muß der Politiker, die Politi-kerin glaubwürdig bleiben. Herr Schäuble wurde heutein einem Zeitungsinterview mit den Worten zitiert: „DieCDU will sich in der Opposition von Grund auf erneu-ern.“ Sie suchen Starts in Zukunftsprogramme, so er-klärte Herr Schäuble. Der heutige CDU-Antrag war einabsoluter Flop, ein Fehlstart.
Das Wort hat der
Abgeordnete Klaus-Peter Willsch, CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich wollte zu-
nächst die Frau Staatssekretärin ansprechen, aber sie
scheint nicht mehr anwesend zu sein. Ich kann das
durchaus verstehen.
Ich wollte zum einen natürlich richtigstellen, daß hier
bei der CDU/CSU-Fraktion keine Ahnungslosen ins
Feuer geschickt werden, sondern daß das nach Sachkun-
de geht und danach, ob jemand etwas zum Thema zu sa-
gen hat. Ich finde es zum anderen vor dem Hintergrund
dessen, was ich den Kanzler Schröder so ganz allein in
der europäischen Welt zum Thema Duty free sagen hö-
re, ganz besonders interessant – die Frau Staatssekretä-
rin kommt gerade wieder in den Saal –, daß Sie uns des
Opportunismus und des Populismus bei diesem Thema
zeihen.
Ich halte sehr viel von Steuersystematik und einer
klaren ordnungspolitischen Ausrichtung. Aber ich den-
ke, daß man das nicht zum Dogma erheben darf ange-
sichts der Tatsache, daß an diesem Punkt nationale In-
teressen wirklich kraß verletzt werden. Es geht doch in
unserem Antrag darum – Frau Ehlert, Ihnen würde ich
empfehlen, ihn erst einmal zu lesen, bevor Sie sich zu
Wort melden –, daß wir die Mehrwertsteuersätze in die-
sem Sektor harmonisieren. Das ist der erste Ansatz.
Wir haben die Ratspräsidentschaft. Bei der ganzen
Kraft, mit der unser Bundeskanzler herumläuft, sollte es
doch möglich sein, an diesem kleinen Punkt eine Har-
monisierung zu erreichen. Wir sagen dann aber auch im
zweiten Schritt, daß wir es nicht länger hinnehmen wol-
len, daß hier das deutsche Gastronomie- und Hotellerie-
gewerbe kraß benachteiligt wird. Es ist doch nicht ein-
zusehen, warum unser Gastgewerbe einen Mehrwert-
steuersatz von 16 Prozent zahlen muß, wenn in 12 der
15 Ländern der Europäischen Union reduzierte Mehr-
wertsteuersätze angewendet werden. Es ist uns aus EU-
rechtlichen Gründen nicht untersagt, ebenfalls einen re-
duzierten Mehrwertsteuersatz anzuwenden.
Was hindert uns daran, unseren eigenen Hoteliers und
Gastronomen die niedrigen Sätze zugute kommen zu
lassen, wie das andere Regierungen in Europa tun?
Ich will zu der Rede von Herrn Müller, der leider
nicht mehr anwesend ist, noch kurz anmerken, daß wir
keinesfalls ein Patentrezept zur Belebung der deut-
schen Hotellerieszene und zur Steigerung der Belegun-
gen der deutschen Hotels gefunden haben. Aber ange-
sichts der von mir dargestellten Situation, daß in 12 von
15 Ländern der Europäischen Union andere Verhältnisse
bestehen und daß wir dementsprechend einen Nachteil
gegenüber ihnen haben, kann man doch nicht ernsthaft
davon sprechen, wir würden einen neuen Subventi-
onstatbestand herbeiführen. Wir wollen faire Wettbe-
werbsbedingungen herbeiführen.
Daß
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Was schert mich das; ich binja erst seit September dabei. – So einfach will ich es miraber nicht machen. Sie dürfen nicht vergessen, was wirmit den Petersberger Beschlüssen auf den Weg ge-bracht hatten: eine Entlastung der Bürger und der Wirt-schaft um 30 Milliarden DM und die Senkung allerSteuersätze, vom Eingangssteuersatz bis hin zum Spit-zensteuersatz, um ein Drittel. Wir haben in den letztenTagen beobachten müssen – traurig, traurig –, was Siedaraus gemacht haben: Eine kümmerliche Reform istdabei herausgekommen. Wenn wir mit unserem großenWurf Erfolg gehabt hätten, dann wäre die Dringlichkeitunseres heute gestellten Antrages nicht so hoch.
Es gibt in der Tat schwierige Rahmenbedingungeninnerhalb der deutschen Hotellerie. Auch ich weiß, daßdie Sonne bei uns weniger scheint als auf Mallorca oderin Griechenland. Ich kann aber nicht erkennen, warumes gerecht sein soll, daß der Gastronom in Straßburg, wodie Sonne nur unwesentlich mehr als in Kehl scheint,mit 5,5 Prozent dabei ist, aber unser Gastwirt mit16 Prozent Mehrwertsteuer kalkulieren muß.
– Das kann man nicht erklären.Auch der Einwand von Herrn Müller, bei Geschäfts-reisen, die in der Tat ein wachsendes Segment sind,spiele der Preis keine Rolle, trifft nicht zu. Ich weiß jetztnicht, ob es schon länger her ist, daß er im Bankbereichgearbeitet hat. Ich jedenfalls war bis vor kurzem Bür-germeister einer Kurortgemeinde. Ich kann Ihnen be-züglich der Auslastung unserer Hotels sagen, daß heutebei Geschäftsreisen sehr wohl auf den Preis geachtetwird.
Die Frage, ob mit 7 oder 16 Prozent Umsatzsteuer ge-rechnet wird, kann für einen Auftrag entscheidend sein.Dieter Grasedieck
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2044 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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Viele Punkte sind von meinen Vorrednern bereits an-gesprochen worden. Deshalb will ich nur noch kurz be-tonen, daß wir für unsere Hotellerie- und Beherber-gungswirtschaft einen Wettbewerbsnachteil beseitigenwollen. Ich habe darauf hingewiesen, daß wir das errei-chen können.Mit der Einführung des Euro ist der Währungs-schleier weggezogen, und die Preise sind noch leichtervergleichbar. Diese positive Entwicklung begrüßen wir.Um so wichtiger ist es aber, daß unter gleichen Bedin-gungen gearbeitet werden kann. So richtet sich meinAppell vor allen Dingen an die Regierungsfraktionen.Sie haben ja gesagt, daß Sie nicht alles anders, aber vie-les besser machen wollen. Wenn Sie sagen, wir hätten inder Vergangenheit zu wenig getan, dann geben Sie sicheinen Ruck und helfen Sie dem Gastgewerbe.Nach meinen Beobachtungen der letzten zwei Tagehabe ich aber die Befürchtung, daß das Spiel, das Sie indiesem Hohen Haus gegenwärtig treiben, leider eherdarauf hinausläuft, die Belastbarkeit der Wirtschaft zutesten.
Im Zusammenhang mit der Ökosteuer haben Sie, zu-nächst durch die vorgesehene Freistellung der Großver-braucher, später dann durch die Einführung eines redu-zierten Satzes, gezeigt, daß Sie die Arbeitsplatzverlustein Grenzen halten wollen. Sie wollen nicht gar so vieleArbeitsplätze mit Ihren Vorhaben vernichten. Daherdenke ich, daß Sie gerade dem durch die Entscheidun-gen der letzten beiden Tage gebeutelten Bereich derHotellerie eine wirksame Hilfe bieten können.Ich will Ihnen einmal die Situation in meinem Wahl-kreis beschreiben. Gehen Sie einmal in ein typischesHotel im Rheingau. Was der Besitzer dort in den letztenTagen um die Ohren geschlagen bekommen hat, istenorm: 20 000 DM Mehrbelastung pro Jahr durch dieÖkosteuer. Sie halten die Entlastung bei der Rentenver-sicherung dagegen. Diese Entlastung schlägt bei ihm garnicht durch. Als Hotelier, als ein Unternehmer mit mit-arbeitenden Familienangehörigen fragt er sich schonheute, wie er eigentlich die Mitarbeiter für die anstehen-de Saison zusammenbekommen kann. Er fragt sich, obseine Nachbarin oder seine Bekannte, die bisher gehol-fen hat und sich ein kleines Zubrot hinzuverdient hat,noch weiter unter den Bedingungen arbeiten wird, dieSie für die 630-Mark-Jobs festgelegt haben. Sie haben inden letzten Tagen hier dafür gesorgt, daß unser Hotelle-riegewerbe wirklich zwei schwarze Tage erleben mußte.
Wenn Sie unserem Antrag zustimmen, dann würdenSie nach diesen schwarzen Tagen ein Zeichen der Hoff-nung und der Zuversicht für diesen Teil der Wirtschaftsetzen.Ich danke Ihnen.
Das war die erste
Rede des Kollegen Willsch. Ich darf auch ihm dazu im
Namen des Hauses gratulieren.
Nun gebe ich für die SPD-Fraktion das Wort der
Kollegin Brunhilde Irber.
Herr Präsident! Meine sehrverehrten Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegenvon der CSU, Ihr Antrag ist ein Wunder –
ein Wunder der Wandlungsfähigkeit. Vor allem ist IhrAntrag zum Wundern. Noch am 27. Juni 1998 – alsokurz vor der Wahl – hat der ehemalige Bundesfinanzmi-nister Waigel, Ihr ehemaliger Parteivorsitzender, HerrHinsken, durch das Gesetz zur Änderung steuerlicherVorschriften, versteckt im Gesetz zur Ermittlung derDaten für den Verteilungsschlüssel des Gemeindeanteilsam Umsatzsteueraufkommen, die Tür zu einem herabge-setzten Mehrwertsteuersatz für die Gaststätten zuge-schlagen.
Er hat die Leistungen der Gastronomie zur Dienstlei-stung umdefiniert und damit verhindert, daß die Steuernfür diese gesenkt werden können. Deshalb kann sich IhrAntrag, den Sie heute stellen, nur auf die Hotellerie be-ziehen. Anders kann es nicht sein.
Dazu muß ich Ihnen sagen: Sie haben eine Senkung16 Jahre nicht gewollt. Das ist nach dem, was Sie in denletzten Wochen abgeliefert haben, auch kein Wunder.Aber es ist unglaubwürdige Oppositionspolitik.
Ein weiterer Punkt. Natürlich ist Ihr Antrag auch einbißchen unlogisch. In ihm wird der internationale Wett-bewerb und die Globalisierung herausgestellt, unterdem das Gaststättengewerbe angeblich zu leiden habe.Ich muß sagen: Das ist ein bißchen schwach;
denn eine Gaststätte in Kassel steht nicht im Wettbe-werb zu einer Gaststätte in Barcelona und auch nicht,sehr geehrter Herr Kollege Bürgermeister, zu einer inStraßburg. Dort gibt es eine ganz andere Gästeklientelals bei uns im Bayerischen Wald, als in der Fränkischenoder Sächsischen Schweiz, Herr Brähmig.
Natürlich gibt es Wettbewerbsverzerrungen, abernur in den Grenzregionen und nicht im gesamten Gast-Klaus-Peter Willsch
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 2045
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stättengewerbe. Das Gaststättengewerbe kommt zwarnicht in den Genuß des halbierten Mehrwertsteuersatzes.Aber der Tourismus profitiert vom niedrigen Regelsteu-ersatz. Das muß man doch zur Kenntnis nehmen.
Die Take-aways werden auch bei uns nur mit 7 Prozentbesteuert. Das sollten Sie vielleicht auch berücksichti-gen.Ihr Antrag hat die Überschrift „Harmonisierung dergastgewerblichen Mehrwertsteuersätze in der Europäi-schen Union“. Tatsächlich aber zielen Sie mit IhremAntrag auf eine einseitige Rücknahme. Im Antrag steht,daß der massive Zuwachs an Bettenkapazitäten durchden Wettbewerb zu einem Rückgang der Zimmerpreiseund letztendlich auch zu vielen Konkursen geführt habe.Wenn dieser Preisrückgang nicht zu einem Anstiegder Übernachtungszahlen geführt hat, warum soll esdann eine Steigerung der Anzahl der Übernachtungenum bis zu 29 Prozent bei einer Absenkung des Mehr-wertsteuersatzes um 9 Prozent geben? Das müssen Siemir erst einmal erklären.
In Musterrechnungen wird angenommen, daß derSteuerausfall bei einer Steigerung der Zahl der Über-nachtungen um nahezu 29 Prozent, vielleicht sogarschon bei einer Steigerung um 14 Prozent, ausgeglichenwerden könnte. Diese Steigerungsraten sind Traum-daten. Wenn es dazu kommen würde, dann wäre das tat-sächlich ein Wunder.
– Herr Hinsken, Irland lebt vom Urlaubstourismus, abernicht vom Geschäftsreisetourismus. Deutschland lebt zumehr als 50 Prozent vom Geschäftsreisetourismus. Sievergleichen Äpfel mit Birnen.
Wie ich sehe, möchte Herr Brähmig eine Zwischen-frage stellen. Herr Präsident, ich weiß nicht, ob Sie esgestatten.
Ich danke Ihnen
sehr dafür, daß Sie so gut aufpassen.
Ich war gerade dabei, hier ein Stückchen Schokolade zu
verteilen. – Herr Kollege Brähmig.
Frau Kollegin Irber,
stimmen Sie mir erstens zu, daß Tourismus in der
Volkswirtschaft eine Querschnittsaufgabe ist? In diesem
Sinne habe ich die Beschreibung des Lebensweges unse-
res Kollegen Ernst Hinsken von Frau Staatssekretärin
Hendricks als ein Kompliment empfunden.
Stimmen Sie mir zweitens zu, daß wir nicht nur
diesen Antrag einbringen, sondern den gesamten Pro-
zeß der Verbesserung des Tourismusstandortes
Deutschland im Auge haben? Den Antrag zur Verbes-
serung der Ausstattung mit Finanzmitteln der Deutschen
Zentrale für Tourismus, der eben diesem Ziel dient, ha-
ben Sie in dieser Woche im Ausschuß nicht als zustim-
mungswürdig angesehen. Ich wundere mich sehr dar-
über, wie Sie allein mit diesen zwei Anträgen – weitere
werden in den nächsten Wochen und Monaten folgen,
weil die SPD-Fraktion offensichtlich kein Tourismus-
konzept hat –
umgehen. Ich gehe davon aus, daß wir uns weiterhin mit
diesen Punkten auseinandersetzen werden.
Herr Kollege Brähmig, wasden Tourismus als Querschnittsaufgabe anbelangt,gebe ich Ihnen recht. Ich werde im folgenden daraufeingehen. Ich gebe Ihnen auch recht, was den Le-bensweg des verdienten Herrn Kollegen Hinsken anbe-langt. Das ist gar keine Frage. Die Frau Staatssekretärinhat dies sehr liebenswürdig und sehr charmant unterstri-chen.Ihr gestriger Antrag auf Anhebung des Haushaltsan-satzes der DZT ist wirklich mehr als lächerlich. Sie wis-sen haargenau, daß wir es während der letzten vier Mo-nate zum erstenmal in der Geschichte des Tourismus-ausschusses im Deutschen Bundestag geschafft haben,den Mittelansatz anzuheben, und zwar um 11 Prozent,wohingegen Sie in Ihrem Haushaltsentwurf in der mit-telfristigen Finanzplanung eine Absenkung auf30 Millionen DM vorgesehen hatten. Wo leben Siedenn? Ziehen Sie doch Ihren Antrag zurück! Sie blamie-ren sich damit doch nur.
Ich komme zur Querschnittsaufgabe. Die Problemeim Gaststättengewerbe sind eine Querschnittsaufgabe.Der Grund für diese Probleme liegt in erster Linie in denungünstigen Rahmenbedingungen in der Form vonÜberregulierung und Arbeitszeiten, die in unserer Ge-sellschaft zunehmend nicht mehr akzeptiert werden, weilniemand mehr gern abends und an den Wochenendenarbeitet. Saisonarbeit verspricht keine runde Rentenbio-graphie und ist nicht besonders attraktiv. Dazu kommenmangelnde Qualifizierung, eine ungenügende Kapital-ausstattung bei Geschäftseröffnung und viele Ausbil-dungsabbrüche. Dies sind die Hauptprobleme der Ga-stronomie und Hotellerie.Wir wollen durch eine neue Tourismuspolitik derBundesregierung, durch Priorität von Ausbildung,Weiterbildung und Qualifizierung neue Akzente setzen,Umweltaspekte und Nachhaltigkeit stärken, touristischeLeitbilder – Ihr Lieblingsthema – in den Regionen för-dern, Produkte in den Regionen als Angebote erstellenBrunhilde Irber
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2046 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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und dabei die typische Ausgestaltung der Regionen er-halten. Ich glaube, das ist ein tolles Programm.
Wenn wir in dieser Legislaturperiode nur die Hälftedavon verwirklichen können, dann wäre das für dasGewerbe klasse. In Europa ist es unsere Absicht, alleFaktoren, nicht nur die Steuerfaktoren, zu harmoni-sieren. Dadurch werden wir den Tourismus nachhal-tig fördern und das Hotel- und Gaststättengewerbe stär-ken.Darüber hinaus wünschen wir uns von der Bundesre-gierung, Frau Staatssekretärin, daß sie den Vorschlagder Kommission, die Mehrwertsteuer für arbeitsin-tensive Dienstleistungen versuchsweise zu senken,ernsthaft prüft.
Damit kann im Zusammenhang einer europäischenHarmonisierung der Steuersätze auch der Nachteil fürdie Betriebe in den Grenzregionen aufgehoben werden.
Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von derCDU/CSU, möchte ich nur noch eines sagen: Hätten Sieden Antrag im letzten Jahr gestellt, wäre er mehr wertgewesen.Danke schön.
Ich schließe die
Aussprache. Interfraktionell wird Überweisung der
Vorlage auf Drucksache 14/294 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie
damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die
Überweisung so beschlossen.
Ich rufe den Zusatztagesordnungspunkt 4 auf:
Aktuelle Stunde
auf Verlangen der Fraktion der PDS
Haltung der Bundesregierung zu dem am
11.02.1999 veröffentlichten Bericht des Aus-
schusses für wirtschaftliche, soziale und kultu-
relle Rechte der Vereinten Nationen zur Ver-
letzung des internationalen Paktes für wirt-
schaftliche, soziale und kulturelle Rechte
durch die Bundesrepublik Deutschland
Ich eröffne die Aussprache und gebe das Wort der
Abgeordneten Maritta Böttcher von der PDS-Fraktion.
Ich will darauf hinweisen, daß wir bei dieser Aktuellen
Stunde sehr auf die Einhaltung der Redezeiten achten
werden. Ich denke, das liegt im gemeinsamen Interesse.
Da wir das gegenüber allen Kollegen so halten werden,
ist das dann ja auch ein faires Verfahren.
Frau Böttcher, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! MeineDamen und Herren! Wir sprechen heute über den Be-richt eines UNO-Ausschusses, der die Einhaltung derwirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte über-prüft. Die Bundesrepublik Deutschland hat 1976 deninternationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale undkulturelle Rechte unterzeichnet. Darin verpflichten sichdie Vertragsstaaten, nach und nach die volle Verwirkli-chung der in diesem Pakt anerkannten Rechte zu errei-chen. Die Verwirklichung der Rechte wird mittels Be-richten überprüft, die der Ausschuß für wirtschaftliche,soziale und kulturelle Rechte erstellt.Der vorliegende Bericht dieses Ausschusses kritisiertin nie dagewesener Komplexität und Schärfe die Innen-und Sozialpolitik der Bundesrepublik. Der Berichtspricht deutlich die Benachteiligung der Ostdeutschenals Problem an und empfiehlt dringend, den Prozeß derIntegration zu beschleunigen. Wie der Bericht zeigt, istes kein Wunder, daß die Ostdeutschen mehrheitlich dazuneigen, soziale Gerechtigkeit stärker zu betonen, da siein ihren sozialen und kulturellen Rechten eingeschränk-ter als die Westdeutschen sind.Meine Damen und Herren, ich kann mir fast jedenPunkt aus diesem Bericht herausgreifen und weiß genau,daß die PDS genau dazu schon Anträge eingebracht oderdie Politik der alten Bundesregierung in dieser Hinsichtkritisiert hat. Ich hoffe, Sie gehen nun nicht davon aus,daß die PDS sogar in der Lage wäre, noch die UNO zuunterwandern.
Vielleicht nehmen Sie die Kritik ja endlich ernst, wennsie von höheren Stellen formuliert wird. Eigentlich istmir egal, wem Sie glauben und wem nicht
– vielleicht hören Sie wenigstens zu –,
wenn die Damen und Herren von der CDU/CSU undF.D.P. nur endlich anfangen, über die Versäumnisse ih-rer Regierungspolitik gründlich nachzudenken, und SPDund Grüne sich die Forderungen des Ausschusses für ih-re Politik zu eigen machen.
Lassen Sie mich ein paar wenige Themen, die demAusschuß Anlaß zur Besorgnis geben, benennen:Erstens. Der Ausschuß bemerkt, daß noch keine Ar-mutsgrenze festgelegt worden ist. Vielleicht erinnern Siesich an unseren Antrag zur Einführung einer sozialenGrundsicherung, mit der jedem und jeder ein Einkom-men gesichert werden soll, das sich an der EU-Definition von Armut orientiert.Brunhilde Irber
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Zweitens. Der Ausschuß ist besorgt über den Statusder Asylbewerberinnen und -bewerber auch hinsichtlichihrer wirtschaftlichen und gesundheitlichen Rechte, diemit dem Asylbewerberleistungsgesetz wesentlich ein-geschränkt wurden. Dessen Abschaffung wäre einSchritt, um den Forderungen des Ausschusses nach-zukommen.
Drittens. Die Schaffung von Arbeitsplätzen, insbe-sondere die Verbesserung des Beschäftigungsniveaus inOstdeutschland, wird eingefordert. Vielleicht erinnernSie sich an geeigneter Stelle an die Vorschläge zur Ein-führung der Umlagefinanzierung und den öffentlich ge-förderten Beschäftigungssektor.
Damit könnte wirklich ein Politikwechsel für mehr Aus-bildung und Beschäftigung umgesetzt werden.Viertens. Der Ausschuß fordert einen anderen Um-gang mit ehemaligen Wissenschaftlerinnen und Wissen-schaftlern der DDR sowie mit ehemaligen Beschäftigtenim öffentlichen Dienst der DDR. Auch auf diese Pro-blematik haben wir immer wieder aufmerksam gemacht.Fünftens. Der Ausschußbericht kritisiert, daß Beamtekein Streikrecht haben. Die PDS fordert schon lange dieReformierung des Beamtenrechts in Form der Schaffungeines einheitlichen Dienstrechts. Damit könnte auch dasStreikrecht gesichert werden.Sechstens. Der Ausschuß fordert geeignete Maßnah-men zur Verhinderung von Studiengebühren. Das Ver-bot von Studiengebühren im HRG ist die einzige sichereMöglichkeit, dieser Empfehlung nachzukommen. EinenStaatsvertrag können die Länder kündigen. Hier sindbundesweite Regelungen vonnöten.Machen Sie sich bitte bei all diesen Punkten klar: Ichrede hier nicht von verrückten sozialistischen Ideen. Ichrede von sozialen, kulturellen und wirtschaftlichenRechten, die in einem internationalen Pakt festgeschrie-ben sind, den die Bundesrepublik schon lange vor derExistenz der PDS unterzeichnet hat. Die Bundesrepublikhat sich verpflichtet, geeignete Schritte hin zu diesen imPakt festgeschriebenen Rechten zu unternehmen undnicht in die Gegenrichtung. Ist denn etwa die Regelungüber die Zumutbarkeit von Arbeit für Erwerbslose einSchritt in diese Richtung? Erwerbslose Sozialhilfeemp-fängerinnen und -empfänger müssen jede Arbeit, auchunentlohnte, annehmen. Das widerspricht eindeutig demPakt.
Ich verstehe, daß Sie die Vorschläge einer Oppositi-onspartei ablehnen müssen. Das gehört zum Geschäft.Aber daß die Vereinten Nationen die Nichteinhaltungvon Verträgen in der vorliegenden Art und Weise fest-stellen müssen, ist diesem reichen Land doch wohl nichtangemessen.Ich erwarte Schritte, die dahin führen, daß die wirt-schaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte in Zukunftbesser gesichert werden. Der Ausschuß hat die rotgrüneRegierung mit reichlich Vertrauensvorschuß bedacht.Ich hoffe, Sie werden ihn nicht enttäuschen.
Das Wort hat der
Abgeordnete Stephan Hilsberg, SPD.
Sehr geehrter Herr Präsi-dent! Meine Damen und Herren! Als ich das Thema fürdiese Aktuelle Stunde das erste Mal las, habe ich micherst ein bißchen gewundert und dann geärgert, geärgertin zweierlei Hinsicht: zum einen darüber, daß die Situa-tion vieler Menschen im Osten Deutschlands, gemessenan den westdeutschen Verhältnissen, in der Tat misera-bel, hundsmiserabel ist, und über manchen sozialenMißstand, den wir noch nicht haben ändern können, zumanderen aber noch mehr über die billige und demagogi-sche Tour, mit der Sie hier wieder versuchen, für sichdaraus Nutzen zu ziehen.
Mit Betroffenheitspathos in der Stimme wird darüberhergezogen, daß ein UNO-Ausschuß die BundesrepublikDeutschland an den Pranger stellt. Man hat manchmaldas Gefühl, Sie ziehen einen richtigen Genuß daraus,daß Sie plötzlich von dieser Seite Unterstützung erhaltenin Ihrer Art, immer nur – was Sie am besten können –auf die miese Tour, ohne jeden konstruktiven AnsatzNutzen daraus zu ziehen, wie schlecht es den Menschenan den verschiedensten Orten geht.
Um demagogischen Tricks entgegenzutreten und derWahrheit die Ehre zu geben, muß man ein bißchen auf-klären. Da reicht das, was Sie hier gesagt haben, FrauBöttcher, nicht aus. Es ist richtig: Es gibt einen Aus-schuß für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechtein der UNO. Das ist gut; das haben wir übrigens mit er-kämpft. Er überprüft regelmäßig die Einhaltung des So-zialpaktes, den die Bundesrepublik übrigens unter-schrieben hat, als die DDR noch lange nicht bereit war,einen internationalen Pakt über Menschenrechte, den siezwar unterschrieben hatte, in der DDR rechtsgültig um-zusetzen. Das ist die Wahrheit über die Situation.
Dieser Ausschuß verlangt von seinen Mitgliedstaaten,die diesen Pakt unterschrieben haben und ihn einzuhal-ten gedenken, regelmäßig Berichte über die Lage in demjeweiligen Land. Dann wird darüber Rechenschaft abge-geben, wieweit das entsprechende Land den Pakt tat-sächlich einhält oder wo noch Differenzen bestehen. DerBericht, der hier vorlag, ist über zweieinhalb Jahre alt.Er stammt also noch aus der Zeit der alten Koalition vonMaritta Böttcher
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2048 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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CDU/CSU und F.D.P. Daß es daran viel zu kritisierengibt, ist ja wohl selbstverständlich.Sie vergessen, dabei gleichzeitig zu erwähnen, daß indemselben Ausschußbericht die Koalitionsvereinbarungder neuen Bundesregierung positiv und sehr lobend her-ausgestellt wird.
Darauf sollte man einmal hinweisen. Sie vergessen, zuerwähnen, daß wir ein Projekt zur Bekämpfung der Ju-gendarbeitslosigkeit beschlossen haben und daß wir indieses Projekt 2 Milliarden DM hineinstecken. Sie ver-gessen, zu erwähnen, daß wir die Arbeitsbeschaffungs-maßnahmen, und zwar die Maßnahmen im Bereich derQualifizierung und der Weiterbildung, insbesondere inOstdeutschland, verstetigt haben und weiter verstetigenmüssen, was auch richtig ist.Man kann ja zum Beispiel über die Einführung vonStudiengebühren sprechen. Niemand in diesem Hausewill sie einführen. Das sage ich jetzt einfach einmal so;denn das weiß ich auch von vielen Kollegen aus derCDU. Aber wenn man schon in dieser anprangerischenArt und Weise über Studiengebühren spricht, dann soll-ten Sie nicht vergessen, daß solch bewährte Sozialstaa-ten wie Dänemark oder Holland, wo es den Menschenwirklich nicht schlechtgeht, Studiengebühren haben, oh-ne daß das große soziale Miseren hervorruft.
Das ist kein Plädoyer für die Einführung von Studienge-bühren. Aber Sie sollten doch wenigstens der Wahrheitdie Ehre geben.Zum Schluß möchte ich noch folgendes sagen: Es istrichtig, daß insbesondere Ostdeutschland eine ehrlichereBestandsaufnahme braucht, als das in den letzten Jahrenvon hier aus erfolgt ist. Das ist nämlich die Vorausset-zung dafür, daß man die Menschen dazu bringt, an demAufbau unseres Landes konstruktiv mitzuarbeiten. Die-ser wird sehr lange dauern.Aber in Veranstaltungen in Ostdeutschland, in denenüber die jetzige Situation gejammert wird, erlebe ich esimmer häufiger, daß Jugendliche fragen: „Wo leben wireigentlich?“ und sagen: „Ich kann inzwischen studieren,wo ich will, und ich tue das auch. Ich reise durch Euro-pa, was ich vorher nicht konnte. Ich habe eine phantasti-sche Perspektive. Mir macht das Leben Spaß.“Das ist etwas, was wir für Ostdeutschland erkämpfthaben, was Sie von der PDS ihnen nie hätten gebenkönnen. Darauf können wir stolz sein. Das sind die Zu-kunftsaussichten, die wir haben. Deren Realisierungwollen wir für alle erreichen. Ich sage Ihnen: Wir wer-den sie auch für alle erreichen.Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Das Wort hat der
Kollege Manfred Grund, CDU/CSU.
Herr Präsident! Meinesehr verehrten Damen und Herren! Falls wirklich einmalein deutscher Steuerzahler auf die Idee käme, zu fragen,was aus seinen Steuern wird, die in den Beitrag einflie-ßen, den die Bundesrepublik an die UNO leistet – dassind pro Jahr 200 Millionen Dollar, also 300 MillionenDM –, dann sollte man ihm den Bericht der UNO-Kommission, über den wir heute debattieren, nicht zei-gen. Denn es könnte sein, daß er auf die Idee käme, sei-ne Steuerlast anteilig um den Betrag zu mindern, derbisher an die UNO gezahlt wird.
Denn in diesem Bericht – Kollege Hilsberg hat so-eben davon gesprochen, daß eine Art Staatenrankingdurchgeführt wird – wird ein Zerrbild von Deutschlandgezeichnet, und zwar ein Bild des häßlichen Deutsch-lands in der Welt. Man sollte ihn der Steuerzahlerinbzw. dem Steuerzahler wirklich nicht zu lesen geben.
Man fragt sich, wie dieser Bericht zustande gekom-men ist. Man fragt sich, was unsere Delegation bei derUNO im Vorfeld der Abfasssung dieses Berichtes ei-gentlich getan hat. Man fragt sich: Wenn die Bundesre-publik Deutschland – ich komme noch auf Beispiele zusprechen – in diesem Bericht derart schlecht abschnei-det, wie dann Länder wie Nordkorea oder Kuba ab-schneiden würden?Es geht um den internationalen Pakt für wirtschaftli-che, soziale und kulturelle Rechte. Grundlage für denhier debattierten Bericht ist der dritte periodische Be-richt, der übrigens nicht zweieinhalb Jahre alt ist, son-dern maximal ein halbes oder ein Dreivierteljahr, HerrKollege Hilsberg. Grundlage des Berichtes vom11. Februar 1999 sind Antworten auf Fragen, die vonder UNO gestellt worden sind und die die jetzige Bun-desregierung sehr ordentlich beantwortet hat.Im Vorfeld der Abfassung dieses Berichtes ist einehochrangige Delegation der jetzigen Regierung bei derUNO gewesen und hat Rede und Antwort gestanden.Frau Kollegin Mascher, ich nehme an, daß Sie an dieserhochrangigen Delegation teilgenommen haben. Es istmir ein Rätsel, wie auf der Grundlage der Gespräche, dieSie geführt haben, dieser Bericht zustande gekommenist.Ich will einige Beispiele vortragen – über die Ar-beitslosigkeit wurde bereits gesprochen –: Der Ausschußbemerkt mit Bestürzung, daß nur 12 Prozent der Ange-stellten des öffentlichen Dienstes auf dem Gebiet vonWissenschaft und Technik der ehemaligen DDR ein-schließlich Lehrern, Wissenschaftlern und anderenFachleuten weiterbeschäftigt worden seien und daß dieübrigen ohne Arbeit oder angemessene EntschädigungStephan Hilsberg
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oder eine zufriedenstellende Rentenregelung auskom-men müssen.
In dem Bericht äußert man sich besorgt über denStatus der Asylbewerber und über die mißliche Lage derRoma und Sinti in Deutschland. Es wird bemerkt, daßBeamte kein Streikrecht haben; man ist besonders be-sorgt über die Gewalt gegen Frauen in Deutschland, istbestürzt über den fortgesetzten Mißbrauch und die sexu-elle Ausbeutung von Kindern in Deutschland. Auf dieBesorgnis über Studiengebühren ist hingewiesen wor-den. Der Bericht macht ebenso auf die alarmierende An-zahl von HIV- und Aidsopfern, auf die Notlage von Ob-dachlosen in Deutschland und auf die besonders schwie-rige Situation von Hausbesetzungen in Deutschlandaufmerksam. So geht es dann noch weiter.Der Bericht kommt zu einigen Stellungnahmen. Ichwill nur einmal einige Dinge herausgreifen, die auch dieKollegin von der PDS angesprochen hat. Ich möchteeinmal mit dem Staatsdienst beginnen: Ich habe vorgele-sen, daß in dem Bericht davon ausgegangen wird, daß12 Prozent der ehemaligen Staatsbediensteten ein-schließlich Lehrern im Staatsdienst verblieben sind. Dieanderen sind also ohne adäquate Rechte.
– Das steht in dem Bericht: einschließlich Lehrern. Die-ser Eindruck wird ja auch permanent vermittelt.Ich habe mir einmal die Zahlen des Thüringer Kul-tusministeriums besorgt. Dort hat es, wie in allen Kul-tusministerien der neuen Länder, eine Überprüfung aufpersönliche Eignung gegeben. Von 40 500 Bediensteten,die sich 1990/91 auf persönliche Eignung haben über-prüfen lassen, sind ganze 1 400 wegen mangelnder per-sönlicher Eignung gekündigt worden, davon 1 300 Leh-rer, deren Mitarbeit in der Staatssicherheit nachgewiesenworden ist. Diese 1 300 Lehrer sind aber nicht aus demSchuldienst gegangen: 350 waren zum Zeitpunkt derÜberprüfung wegen Vorruhestand – Altersübergangsre-gelung – schon ausgeschieden, 310 wurden weiterbe-schäftigt, 250 schieden durch Auflösungsverträge aus.270 Kündigungen mußten ausgesprochen werden, diedann im Wege der Abfindung im wesentlichen auchdurchgeführt worden sind. Ganze 120 Lehrer sind danntatsächlich im Wege des Vergleiches ausgeschieden.Das heißt: 120 von 40 000 Lehrern – dazu kann mansich einmal die Prozentzahl ausrechnen. Wir alle wissenganz genau, wie groß die Anzahl derer ist, die weiterbe-schäftigt werden.Herr Präsident, ich sehe, daß meine Redezeit abgelau-fen ist. Ich komme noch einmal wieder; ich habe michfür eine weitere Rede eingetragen. Ich habe noch einigeszu sagen. Also bis dahin.
Vielen Dank. Bisherhaben sich hinsichtlich der Redezeit alle an die Vorga-ben gehalten.Ich gebe das Wort jetzt der Kollegin Katrin Göring-Eckardt vom Bündnis 90/Die Grünen.
Grund, ich glaube schon, daß man einen Bericht, in demes um Menschenrechte geht – auch wenn wir inDeutschland es in dieser Hinsicht in mancher Beziehungbesser haben als die Menschen in anderen Ländern –,ernst nehmen sollte. Sie haben bei Ihrer Aufzählungauch Beispiele genannt, bei denen ich nicht so ohneweiteres sagen kann, wir sollten darüber hinweggehen.Ich nenne beispielsweise die Situation der Asylbewerberoder der Obdachlosen in Deutschland. Wenn man Men-schenrechte anderswo einfordert, dann sollte man zuHause anfangen und sollte es ernst nehmen, wenn mandiesbezüglich Kritik bekommt. Auch wenn in diesemBericht – das haben Sie zum Teil ausgeführt; sicherlichwird Frau Mascher das nachher noch einmal tun – einigeUngereimtheiten und möglicherweise auch Fehler sindund er sich auf die Politik der alten Regierung bezieht:Der Bericht sagt ganz klar und deutlich, daß mit demKoalitionsvertrag der neuen Regierung auf diesem Ge-biet sicherlich eine Menge an Verbesserungen stattfin-den wird.
– Lassen Sie mich einfach weiterreden, dann reden wirauch über Keil oder nicht Keil.Es wundert mich schon, daß Sie einen solchen Be-richt zum Anlaß nehmen, hier zum x-tenmal darauf zuverweisen, was vermeintliche Leiden in Ostdeutschlandseien. Wissen Sie, warum mich das wundert? Nicht, weilich nicht weiß, wie die Situation dort ist – das weiß ichsehr wohl. Ich weiß sehr wohl, daß es dort Benachteili-gungen gibt. Ich weiß sehr wohl, daß die Entwicklungnoch lange nicht da angekommen ist, wo wir sie unswünschen. Es wundert mich auch nicht deswegen, weilich nicht wollte, daß sich die Situation nach und nachangleicht. Ich weiß eben auch, daß eine ganze Reihe vonEntwicklungen stattgefunden haben. Ich gehe nicht da-von aus, daß Sie all diese Entwicklungen schlecht fin-den. Ich weiß auch, daß das, was die neue Bundesregie-rung gerade in bezug auf Ostdeutschland vorhat undzum Teil auch schon eingeleitet hat, deutliche Verbesse-rungen bringen wird.Deswegen wundere ich mich, daß Sie diesen Berichtzum Anlaß einer Debatte nehmen. Ich denke, daß Siedamit nur eines bezwecken: nämlich die innere Einheitimmer weiter zu verhindern; denn nur das würde dieExistenzberechtigung der PDS auf Dauer garantieren.Ich muß Ihnen also vorwerfen, weiterhin dafür zu sor-gen, daß die innere Einheit nicht zustande kommt.
Wenn Sie auf den öffentlichen Dienst und auf Lehre-rinnen und Lehrer verweisen, muß ich Ihnen ganz klarManfred Grund
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2050 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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sagen: Ich bin in diesem System in die Schule gegangen.Ich habe gute und schlechte Lehrer gehabt, wie das si-cherlich überall der Fall ist. Aber ich habe auch Lehrergehabt, die haben mich strammstehen und den Pionier-gruß üben lassen. Ich möchte Ihnen ganz klar sagen: Esgeht um Lehrer mit politischen Funktionen und mit Ver-gangenheit in der Staatssicherheit, die davon betroffensind. Herr Grund hat ja sehr eindrücklich die Zahlenver-hältnisse deutlich gemacht.
– Doch, es geht auch um Lehrer. Das steht in dem Be-richt. Das wissen Sie auch.Ich habe überhaupt keine Lust darauf, daß meineKinder, die mit diesen Lehrern, die in dem System sehrviele Jahre gelehrt haben, zum Teil genug zu tun haben,auch noch mit solch einer Art von Erziehungsmethodenkonfrontiert werden. Dazu habe ich keine Lust. Dasmöchte ich ihnen gern ersparen.
Jetzt, Frau Böttcher, ganz zum Schluß würde ich Siegerne noch beim Wort nehmen, weil Sie sozusagen ineiner Doppelopposition sind. Sie sind ja in der Oppositi-on zur alten und zur neuen Bundesregierung, wie Sieauch nicht müde werden zu betonen. Ich würde Sie ger-ne fragen – Sie sagen, natürlich kann man etwas ma-chen, und nennen hier den öffentlichen Beschäftigungs-sektor –, wie Sie denn da agieren, wo Sie nun tatsächlichgestalten könnten.Ich habe mir einmal angeschaut, wie das Ganze bei-spielsweise in Sachsen-Anhalt aussieht, wo Sie hinneh-men, daß das Kinderbetreuungsgesetz schmerzhafteQualitätseinbrüche erlangt, oder auch in Mecklenburg-Vorpommern, wo nichts geschehen ist. Ich zitiere die„Ostsee-Zeitung“ im Zusammenhang mit dem öffentli-chen Beschäftigungssektor. Da müssen Sie sich fragenlassen. Wir sind sehr gespannt, wie Sie dafür sorgen,daß die Situation verbessert wird. Ich bin sehr, sehrskeptisch, daß das tatsächlich gelingt, und wundere michauch deswegen, daß Sie nicht für die innere Einheit sor-gen, sondern für die innere Spaltung.Vielen Dank.
Das Wort hat der
Abgeordnete Klaus Haupt, F.D.P.
Herr Präsident! Meine Damenund Herren! Die Stellungnahme des VN-Ausschusses istaus meiner Sicht alles andere als ein seriöses Papier. Ichglaube auch – das möchte ich an einigen Beispielen be-weisen –, daß sie sich auf einem sehr billigen Niveaubewegt.
Der VN-Ausschuß unterstellt der deutschen Politikeine pauschale Diskriminierung. Zum Beispiel wären –die Zahl ist heute schon von Herrn Grund genannt wor-den – nur 12 Prozent der öffentlich Bediensteten im Be-reich Wissenschaft und Technologie – einschließlich derLehrer – in Deutschland weiterbeschäftigt worden. Ichwar nach der Wende als stellvertretender Landrat fürBildung verantwortlich. Ich habe die Bildungsstrukturenin meinem Landkreis mitgeschaffen. Nach dieser Aus-sage wären die Schulen leer gewesen. Das ist schlichtund einfach falsch.
Ich darf hier ganz deutlich sagen, daß der VN-Ausschuß geflissentlich auch übersieht, daß sich die In-ternationale Arbeitsorganisation, IAO, inzwischen sehrpositiv gerade über die Rechtsprechung zu dieser The-matik geäußert hat. Der Bericht des VN-Ausschussesbehauptet zum Beispiel auch, daß frühere DDR-Bedienstete ohne angemessene Entschädigung und zu-friedenstellende Rentenregelungen auskommen mußten.Nun kann man ja über das Rentenüberleitungsrecht ge-teilter Meinung sein. Aber eine solch pauschale Abqua-lifizierung des deutschen Rentenrechts offenbar doch le-diglich die Inkompetenz dieses Ausschusses.Der Ausschuß hat noch nicht einmal den Hauch vonAhnung, besonders was die Verhältnisse im OstenDeutschlands betrifft. Eine kühne These zum Beispiel:Streikverbot für deutsche Beamte. Da muß ich sagen:Der Ausschuß kennt den entsprechenden Passus im ge-nannten Pakt selber nicht; denn dort steht ausdrücklich,daß die Einschränkung des Streikrechts für Soldaten,Polizei und öffentliche Bedienstete legitim ist.Weiter suggeriert der Ausschuß, Deutschland treffenicht die international vorgeschriebenen Maßnahmengegen Kinderarbeit. Fakt ist doch, daß die Bundesrepu-blik Deutschland die Kriterien der IAO betreffend Kin-derarbeit erfüllt. Die Liste solchen offensichtlichen Un-fugs, den leider die PDS jetzt hier nutzen will, könnteman fortsetzen.
Der VN-Ausschuß war offenbar nicht willens, dievon der Bundesrepublik Deutschland zur Verfügung ge-stellten Informationen zur Kenntnis zu nehmen. Ich sageganz ehrlich: Solch unseriöse Arbeit wird weder demAnsehen des Ausschusses noch der VN als Ganzesnützlich sein.
Nun war für mich ganz interessant, daß der Aus-schußbericht auch Positives enthielt, zum Beispiel inPunkt 6: Der Ausschuß glaube, die neue Bundesregie-rung werde der Verwirklichung wirtschaftlicher, sozialerund kultureller Rechte verstärkt Nachdruck verleihen.
In Punkt 25 heißt es sogar, schlußfolgernd aus der Re-gierungserklärung des Kanzlers, daß die kulturellen, so-zialen und wirtschaftlichen Rechte nun zu neuen Höhengeführt würden; man empfiehlt eine rasche Umsetzung.Katrin Göring-Eckardt
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 2051
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Nun denke ich: Was wir gestern und heute erlebt haben,war ein Anschauungsunterricht über den Unterschiedzwischen Ankündigung und Realität, zwischen Scheinund Sein.Gerade diese Maßnahmen sind wirklich nicht geeig-net, günstig auf Arbeitsplätze im Osten zu wirken. Ichdenke nur an die Ökosteuer, das schamlose Abkassierender Bürger. Das schwächt durch die zunehmenden Ko-sten gerade die Wirtschaftskraft im Osten. Im Steue-rentlastungsgesetz, das aus unserer Sicht ein Arbeits-platzvernichtungsgesetz ist, wird der größte Arbeitgeber,der größte Steuerzahler und der größte Ausbilder nichtentlastet, sondern belastet. Das wird im Osten deutlichzu Buche schlagen. Die Entscheidung über die 630-Mark-Jobs heute nachmittag wird Schwarzarbeit fördernund Arbeitsplätze vernichten.
Meine Damen und Herren von der PDS, ein Wort ge-statten Sie mir noch. Ich halte das Papier für peinlich,aber Ihr Vorgehen für noch peinlicher.
Ihre Partei ist nicht an Problemlösungen interessiert,sondern an Stimmungsmache.
Sie lösen keine Probleme, Sie brauchen Probleme. Damuß ich sagen: Wenn Sie so arbeiten, dann sind Siewirklich die Verweigerer der deutschen Einheit. Dashalte ich für bedauerlich.
Das Wort hat der
Abgeordnete Dr. Heinrich Fink, PDS-Fraktion.
Sehr verehrter Herr Präsi-dent! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen!Es wurde in der bereits hitzigen Debatte von den Vor-rednerinnen und Vorrednern betont, daß der Gegenstandunserer Debatte der erste Bericht der Regierung Kohl ist,der seit der Vereinigung der beiden deutschen Staatendem Ausschuß für wirtschaftliche, soziale und kulturelleRechte der UNO vorgelegt worden ist. Ich möchte Siealso gleich darauf aufmerksam machen, daß die Zitate,die ich hier bringe, nicht aus einem PDS-Wahlprogramm stammen, sondern aus einem UNO-Bericht. Ich meine, daß wir schon Vertrauen zur UNOhaben sollten.Ich möchte nicht verschweigen, was von der UNOanalysiert wurde. Es wurde ausdrücklich als Analyseangesehen. Unter Punkt A der Einführung wird aus-drücklich betont, daß der Bericht von einer hochrangi-gen Delegation der neuen Bundesregierung vorgestelltwurde. Der angebotene Dialog wird als offen und vor-wärtsweisend gewürdigt. Das nicht von der neuen Bun-desregierung erstellte Papier wird auch nicht der neuenBundesregierung angelastet. Die RegierungserklärungSchröders wird ausdrücklich als Hoffnungszeichen ge-würdigt und als Zeichen zukünftiger positiver Verände-rungen verstanden.Allerdings wird der Delegation mangelnde Fähigkeitzu aktuellen Auskünften in entscheidenden Fragen zurLast gelegt. Unter Punkt A 5 wird aufgeführt, daß dieAntworten auf Fragen zur Arbeitslosigkeit in den neuenLändern Genauigkeit und nähere Einzelheiten vermissenließen. Es fehlen also genaue Kenntnisse darüber, wieviele Angehörige des öffentlichen Dienstes – damit sindauch lehrende Fachkräfte Ostdeutschlands gemeint – wound weshalb von ihren Posten entfernt worden sind.Kritisiert wird, daß die Delegation ebenfalls keine ver-bindlichen Auskünfte über die Anzahl der von Armutbetroffenen Menschen und über Sozialhilfeempfänger inDeutschland machen konnte. Sie konnte mithin keineAuskunft über die Verteilung von Armut im Verhältnisvon Ost und West geben.Ich kann hier feststellen, daß die von der UNO geäu-ßerten Punkte der Kritik an der Regierung Kohl genaumit denen der außerparlamentarischen Bewegung derErfurter Erklärung von 1997 übereinstimmen, die eineBewegung für eine neue Regierung und eine neue Poli-tik ist.Unter Punkt 16 merkt der Ausschuß mit Bestürzungan, daß nur 12 Prozent der in Wissenschaft und Technikbeschäftigten Angestellten des öffentlichen Dienstes –die Lehrer sind also gar nicht mit einbezogen – weiter-beschäftigt worden sind.
Insgesamt waren von dem in dem Bericht kritisiertenVorgehen mehr als 1 Million Menschen betroffen. Dar-unter waren zirka 20 Prozent der Lehrer und sogar50 Prozent der Wissenschaftler an Hochschulen und an-deren Forschungseinrichtungen. An einzelnen Universi-täten belief sich der Anteil der Entlassenen auf sage undschreibe 80 Prozent der Mitarbeiter. Sogar die Interna-tionale Arbeitsorganisation hat sich mit dem Problemder nach der Vereinigung praktizierten Abwicklung vonWissenschaftlern unter dem Aspekt der Diskriminierungbefaßt.Ein weiteres Beispiel: Ohne dem ein übergroßes Ge-wicht beimessen zu wollen, sei hier angemerkt, daß von2 172 Mitarbeitern des diplomatischen Dienstes ganzevier Personen weiterbeschäftigt wurden.Dann sei noch darauf hingewiesen, daß allein von derBeschneidung der Renten, die auf berechtigten Sonder-und Zusatzversorgungen beruhen, mehr als 1 MillionMenschen betroffen sind.Klaus Haupt
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Meine sehr verehrten Damen und Herren, erinnertwerden muß noch einmal an die Schritte, die zu diesemErgebnis führten. Die Katastrophe begann mit Art. 13des Einigungsvertrages. Die meisten Arbeitnehmer ver-loren mit der Abwicklung der Institutionen und der dannfolgenden Zwangspause in der „Warteschleife“ ihre Ar-beit. Für die anderen folgten sogenannte Bedarfskündi-gungen. Der Rest wurde im Rahmen fachlicher Evaluie-rungen herausgefiltert, wobei letztgenannter Prozeß die-ses Attribut nur in sehr eingeschränktem Maße verdient.Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Eini-gungsvertrag steht, daß nur abgewickelt werden kann,was nicht wiederaufgebaut ist. Wir haben dagegen ge-klagt und sogar bis zum Oberverwaltungsgericht ge-wonnen.Versuche, über Wiederbewerbungen einen Arbeits-platz zu finden, wurden konterkariert. Dabei wurdenspezielle Fragebögen entwickelt, die unter den sonst er-reichten Standards des Persönlichkeitsschutzes lagen.Ich erinnere daran, daß der Minister für Wissenschaftund Kultur des Freistaates Sachsen zwei Listen mit ins-gesamt 884 Namen vorwiegend ostdeutscher Naturwis-senschaftler an alle Hochschulen des Landes mit demVermerk verschickt hat, daß all diese Wissenschaftlerkünftig von einer Anstellung an einer sächsischen Hoch-schule auszuschließen seien. Die Motive für diese Säu-berung, die mit einer unglaublichen Diskriminierungostdeutscher Menschen einherging, sind vielgestaltig.
Herr Abgeordneter
Fink, ich muß darauf hinweisen, daß Sie leider der erste
Abgeordnete sind, der sich in dieser Aktuellen Stunde
nicht an die vorgegebene Redezeit hält.
Ich bitte um Entschuldi-
gung.
Ich bitte Sie, zum
Schluß zu kommen.
Was ich deutlich machen
möchte, ist: Ich hoffe, daß die neue Regierung alles dar-
ansetzen wird, die wirtschaftliche, soziale und kulturelle
Entwicklung auch in den neuen Bundesländern derge-
stalt zu fördern, daß die innere Einheit unseres Landes
endlich hergestellt wird.
Auch dies war eine
erste Rede im Deutschen Bundestag, zu der ich gratu-
liere.
Jetzt gebe ich das Wort der Parlamentarischen Staats-
sekretärin Ulrike Mascher.
U
Herr Präsi-dent! Meine Damen und Herren! Herr Grund hat ge-fragt: Wie ist dieser Bericht zustande gekommen? Viel-leicht kann ich da ein bißchen aufklären. Am 23. und24. November hat sich der Ausschuß der VereintenNationen für wirtschaftliche, soziale und kulturelleRechte mit dem dritten Bericht der Bundesrepublikbeschäftigt. Der Bericht, über den wir jetzt diskutieren,geht auf diese Ausschußsitzung zurück.An den Beratungen hat auch eine deutsche Delega-tion teilgenommen: Vertreter des Außen-, des Arbeits-und des Innenministeriums. Ich selber habe ihr nicht an-gehört, habe mich aber ausführlich erkundigt und kannIhnen deswegen sagen, daß der Dialog zwischen demAusschuß und der deutschen Delegation in einer aufge-schlossenen Atmosphäre verlaufen ist. Die Mitgliederdes Ausschusses haben mehrmals begrüßt, daß die deut-sche Delegation alle Fragen umfassend, verständlich undauch selbstkritisch beantwortet hat. Die Ausschußmit-glieder haben sich positiv zu den angekündigten Maß-nahmen der neuen Bundesregierung geäußert, etwa imBereich der Rentenversicherung, der Lohnfortzahlungim Krankheitsfall oder der Ausländerpolitik.
Aber der schriftliche Bericht gibt diese Atmosphäreleider nur teilweise wieder. Es werden weitere positiveAspekte erwähnt. Dazu gehört auch der Hinweis auf dieRegierungserklärung von Gerhard Schröder am 10. No-vember, aus der geschlossen wird, daß sich die Maß-nahmen, die er da angekündigt hat, positiv auf die wirt-schaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte der Men-schen in unserem Land auswirken.Trotzdem verwundert es ein bißchen, daß der Aus-schuß in einigen Teilen den Eindruck erweckt, als habeer die vorgetragenen Informationen und die ausführli-chen schriftlichen Vorlagen gar nicht oder nur sehr un-zulänglich gewürdigt. Es ist das gute Recht dieses Aus-schusses, Kritik und Besorgnis auszusprechen. Es gibtaber ein paar Punkte – wegen der Kürze der Zeit möchteich Ihnen nur drei Beispiele nennen –, bei denen sich dieBundesregierung fragt, was zwischen den mündlichenBeratungen und der Verfassung des Berichtes tatsäch-lich stattgefunden hat.Der Ausschuß fordert die Bundesregierung zum Bei-spiel auf, effektive Maßnahmen zur Regulierung derKinderarbeit in Übereinstimmung mit dem Pakt und deneinschlägigen Übereinkommen der Internationalen Ar-beitsorganisation zu ergreifen.
Das verblüfft ein bißchen, weil die Berichte der Bundes-regierung zu dem entsprechenden Übereinkommen derInternationalen Arbeitsorganisation in den letzten zehnJahren niemals beanstandet wurden, und der Ausschußder Vereinten Nationen tauscht sich mit dem entspre-chenden Ausschuß der Internationalen Arbeitsorganisa-tion regelmäßig aus. Es kann nur eines richtig sein: DieInternationale Arbeitsorganisation hat die Bundesrepu-blik seit zehn Jahren nicht beanstandet. Der UNO-Dr. Heinrich Fink
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Ausschuß beanstandet dies nun und fordert uns auf, unshier endlich korrekt zu verhalten.Zwei andere Punkte betreffen die Fragen, um die esin dieser Debatte eigentlich geht, nämlich die Fragen, inwelchem Umfang Staatsbedienstete der ehemaligenDDR nach der deutschen Einheit in den öffentlichenDienst übernommen wurden und welche Leistungen sienach einem Verlust des Arbeitsplatzes erhalten haben.Die Bundesregierung bedauert es sehr, daß der Aus-schuß die Nichtübernahme solcher Beschäftigten nachbestimmten Kriterien als eine Diskriminierung aufGrund ihrer politischen Einstellung wertet. Wir werdendeshalb als Bundesregierung dem Ausschuß der Ver-einten Nationen unseren Standpunkt nochmals ausführ-lich darlegen.
Ärgerlich ist in diesem Zusammenhang die Bemer-kung des Ausschusses, die sich in Abs. 16 findet, daßnur 12 Prozent der öffentlichen Bediensteten im Wissen-schafts- und Technologiebereich der ehemaligen DDRweiterbeschäftigt worden sind; das wurde hier schonmehrmals angesprochen. Die Quelle hierfür ist offen-sichtlich eine Mitteilung einer Nichtregierungs-organisation, der Gesellschaft zum Schutz von Bürger-rechten und der Menschenwürde. Leider hat der Aus-schuß übersehen, daß sich diese Mitteilung vom Oktober1998 auf das Jahr 1992 bezieht. Damals waren die Son-derkündigungstatbestände nach dem Einigungsvertragnoch nicht höchstrichterlich entschieden. Außerdem wa-ren Maßnahmen wie zum Beispiel die Schaffung vonaußeruniversitären Einrichtungen im Sinne des Art. 91 bGG – Herr Hilsberg kennt die ganze Geschichte – nochnicht abgeschlossen. Durch solche Maßnahmen wurdenzum Beispiel im April 1993 12 500 Arbeitsplätze ge-schaffen. In diesem Zusammenhang stellt sich die 12-Prozent-Regelung, die hier beanstandet wird, natürlichvöllig anders dar. Es kommt immer darauf an, welchesStichjahr man wählt. Ich bedaure sehr, daß sich der Aus-schuß der Vereinten Nationen auf eine so weit zurück-liegende Zahl bezieht und nicht auf eine aktuelle.Es verwundert in der Tat, wenn die Frage gestelltwird, wie diese Menschen abgesichert worden sind,nachdem sie ihren Arbeitsplatz verloren haben. Wir allewissen: Alle Bürger der ehemaligen DDR, die im Zugeder deutschen Vereinigung ihren Arbeitsplatz verlorenhaben oder nicht übernommen wurden, haben Anspruchauf Arbeitslosengeld, auf Altersübergangsgeld und aufAltersrente. Hier den Eindruck zu erwecken, sie seiensozial ins Bodenlose gefallen, ist, so glaube ich, unver-antwortlich und entspricht nicht den Tatsachen.
In dem Bericht wird darauf hingewiesen, daß sich einGremium der Internationalen Arbeitsorganisation mitdiesem Komplex beschäftigt hat. Leider wird aber nichterwähnt, daß dieses Gremium der Internationalen Ar-beitsorganisation das Urteil des Bundesverfassungsge-richtes vom 8. Juli 1997, in dem diese Sonderkündi-gungsmöglichkeiten als verfassungsrechtlich korrekt be-zeichnet wurden, begrüßt hat. Hier wird der Eindruckerweckt: Ein Gremium beschäftigt sich damit, vermut-lich, weil es nicht korrekt ist. Die Tatsache aber, daßdieses Gremium diese Sonderkündigungstatbestände alsverfassungsrechtlich einwandfrei bezeichnet hat, wird indiesem Bericht nicht ausgeführt.Die Bundesregierung muß ihren nächsten Berichtüber die Durchführung des Paktes bereits in diesem Jahrvorlegen. Er wird von den beteiligten Bundesministerienund den Ländergremien erstellt und wird sich auch mitder Kritik des Ausschusses, über die wir heute hier dis-kutieren, ausführlich auseinandersetzen.Wir sind selbstverständlich bereit, auch Anregungendes Ausschusses daraufhin zu überprüfen, wie wir ihnenfolgen können.Positiv ist, daß, anders als bei den vorangegangenenBerichten, nun sinnvollerweise eine anerkannte Nichtre-gierungsorganisation an der Verfassung des Berichtsbeteiligt wird, nämlich das Deutsche Forum Weltsozial-gipfel. Ich hoffe, daß dann solche Ungereimtheiten wiedie Bezugnahme auf alte, weit zurückliegende Zahlenund Unterlagen nicht mehr stattfinden, daß wir mit demnächsten Bericht vielleicht zufriedener sind und unsereigenes Land darin besser wiedererkennen können.Danke.
Das Wort hat der
Abgeordnete Arnold Vaatz, CDU/CSU.
Herr Präsident! MeineDamen und Herren! Es gibt natürlich in Deutschlandwie auch in allen anderen Ländern Etliches, was einemnicht gefallen kann. Das ist ganz klar.
Dazu gehören die hohe Arbeitslosigkeit, die fortschrei-tende Kriminalität beispielsweise im Handel mit Frauenaus Ländern, in denen die Verhältnisse wesentlichschlechter sind als bei uns, zum Zwecke der Prostitution,der sexuelle Mißbrauch von Kindern und viele andereDinge.Deshalb ist es gut, daß es ein UNO-Gremium gibt,das sich mit diesen Mißständen befaßt. Es ist auch gut,daß ein solches UNO-Gremium nicht nur die Berichteder Staaten liest, sondern auch Nichtregierungsorgani-sationen zu Wort kommen läßt, um das zu überprüfen,was die Staaten berichten. So weit möchte ich bei derBeurteilung der Sinnfälligkeit dieses Berichtes gehen.Wenn aber jemand vom Mond oder vom Mars kämeund diesen Bericht läse, dann müßte er den Eindruckhaben, Deutschland sei eines der verkommenstenStaatsgebilde, die es auf der Welt gibt.
Ulrike Mascher
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Der Sündenkatalog ist schon ausführlich angespro-chen worden. Eine der Sünden, die dort angemerkt wird,ist die schlechte Lage der Asylbewerber. Spätestens andiesem Punkt muß der von außen Kommende natürlichstutzen; denn das bedeutet doch, daß in die HölleDeutschland eine ganze Reihe von Menschen aus Län-dern fliehen,
in denen es noch schlechter aussieht. Spätestens hierhätte die UNO merken müssen, daß etwas nicht stimmt.So sieht es auch mit den 12 Prozent noch Beschäf-tigten aus dem öffentlichen Dienst der DDR aus, unddenen, die angeblich aus politischen Gründen nichtweiterbeschäftigt worden sind.
Ich kann es mir ersparen, zu erklären, was es mit der Se-riosität dieser Bemerkung auf sich hat. Vielleicht mußman aber auch einmal deutlich machen: Zu fordern, alleLehrer sollten in der Bundesrepublik Deutschland nachdem Zusammenfall der DDR weiterbeschäftigt werden,hieße, daß man an einen Lehrer in einer demokratischenGesellschaft mit Gewaltenteilung dieselben Qualifikati-onsanforderungen stellt wie an einen Lehrer in einerDiktatur. Das ist aus Gründen der Sorgfaltspflicht ge-genüber den Kindern ausgeschlossen.Es ist vorhin bereits gesagt worden, was die Beschäf-tigung dieser Lehrer ausgemacht hat. Es ist auch etwaszur Dimension der Geschichte gesagt worden. Ich kanndazu nur sagen: Wir schulden unseren jungen Leutenglaubwürdige Vorbilder. Wir schulden ihnen Menschen,die sie anerkennen, wenn sie von ihnen aufs Leben vor-bereitet werden. Dazu kann man nicht Personen ver-wenden, die für die Staatssicherheit andere Menschen aneine Diktatur verraten haben.
Vorhin hat mit dem Kollegen Fink ein Beispiel füreine solche Kündigung gesprochen. Herr Kollege Fink,ich bin mit dem, was Ihnen an der Humboldt-Universitätwiderfahren ist, zufrieden. Ich sage Ihnen ganz offen:Wenn meine Kinder studieren, dann werde ich froh sein,wenn es nahezu ausgeschlossen ist, daß sie auf Dozententreffen, die sich damals in einer solchen Weise zumDiener eines totalitären Regimes gemacht haben.
Meine Damen und Herren, die Bundesregierungsollte in der Stellungnahme, die sie bis Juli abzugebenhat, gegenüber der UNO deutlich machen, daß diesesBild von Deutschland falsch ist, und dazu beitragen, eswieder geradezurücken. Die Gelegenheit hat sie. Ichhoffe, sie hat an Ort und Stelle auch das entsprechendePersonal.
Das Wort hat der
Abgeordnete Volker Beck, Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich wollteeigentlich zunächst mit Herrn Fink schimpfen; jetzt mußich leider aber erst einmal etwas zu Herrn Vaatz sagen.Wir sollten die in dem Bericht enthaltene Passagezum Asylrecht schon sehr ernst nehmen. Es ist in der Tatein Problem, wenn wir Asylbewerbern und Flüchtlingendann, wenn wir sie dulden, weil sie noch nicht anerkanntsind, nicht die volle Krankenbehandlung gewähren undbei der Zahnbehandlung Abstriche machen. Wenn wirdavon ausgehen, daß wir jedem Bürger und jeder Bürge-rin in diesem Land eine bestimmte Grundversorgunggewähren, dann haben auch Flüchtlinge diese verdient.Ich hoffe, daß wir in der Koalition darüber sprechenwerden, auch an diesen Mißständen etwas zu ändern;denn das, was im Asylbewerberleistungsgesetz steht, isteines humanitär orientierten Landes nicht würdig.
Es ist auch berechtigt, daß wir uns immer wieder fra-gen, was wir gegen sexuelle Gewalttaten und gegenFrauenhandel machen können. Aber hier muß man sichschon wundern, daß in dem Bericht nicht gesagt wird,daß dieses Problem bei uns kein besonderes ist und essich auch von der Problemlage in unseren Nachbarlän-dern nicht wesentlich unterscheidet.Aber um diese Fragen ging es der PDS im Grunde garnicht. Es ging um die Frage, ob sie einen Keil in diedeutsche Bevölkerung treiben und die Teilung vertiefenkann und ob sie erklären kann, daß den DDR-Bürgernimmer Ungerechtigkeiten widerfahren sind. Ihre Bei-spiele waren ja auch so vielsagend: der öffentlicheDienst, die DDR-Diplomaten. Sie haben einfach nur re-feriert, was an falschen Zahlen in dem Bericht von 1992enthalten ist, ohne einmal zu erwähnen, daß es vielleichtauch gute Gründe dafür gab, bestimmte Leute – ich willgar nicht von allen sprechen, die man entlassen hat – zuentlassen. Gerade viele DDR-Diplomaten, die eine gro-ße politische Nähe zum System hatten und zum Teil fürdas MfS gearbeitet haben, arbeiten heute zu Recht nichtmehr für unsere Republik.
Ich bekenne auch ganz freimütig: Ich bin froh dar-über, daß auch die Mitglieder des ehemaligen Staatsratesder DDR und des ehemaligen Ministerrates der DDRnicht mehr Mitglieder der Bundesregierung oder Reprä-sentanten unseres Staates sind.
Auch ist es ganz entscheidend, daß wir zumindest beidenjenigen, die für das MfS berichtet haben, sagen, daßdiese im öffentlichen Dienst des Bundes, unserer Länderund unserer Kommunen nichts verloren haben.Arnold Vaatz
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Die Themen, die die PDS hier in den letzten Wochenaufgegriffen hat, weisen stets dieselbe Grundmelodieauf: zuerst die Frage – das steht leider auch in dem Be-richt einer Ihnen nahestehenden Organisation – der Ent-schädigung der nicht mehr im öffentlichen Dienst ar-beitenden Menschen, dann die Forderung von FrauKenzler nach Amnestie und Entschädigung von Straftä-tern aus der DDR, die hier rechtmäßig verurteilt wurden.Sie sollten nicht nur Strafnachlaß bekommen – mankann immer darüber reden, ob man irgendwann einmaleinen Strich zieht; ich finde es gegenwärtig zu früh, aberdarüber darf man diskutieren –, sondern auch eine Ent-schädigung dafür, daß sie wegen ihrer Straftaten bestraftwurden. Das ist einfach absurd, zeigt aber Ihre Geistes-haltung. Sie sind die DDR-Hoheitsträger-Gewerkschaft,ein DDR-Traditionsverein, und wollen sich mit dem Un-recht der DDR nicht wirklich auseinandersetzen.
Das gleiche hat sich in der Diskussion um Ihre Ein-stellung von Herrn Rupp gezeigt. Ich bin gar nicht dage-gen, daß man ehemaligen Spionen Strafen nachläßt undversucht, ihnen auf ihrem Weg zurück in den Arbeits-markt zu helfen. Aber daß Sie ihn ausgerechnet mit Au-ßen- und Sicherheitsfragen betrauen wollten,
das war wirklich ein politischer Skandal. Das BeispielIhres Bundesvorstandsmitglieds Benjamin, der denMauerbau gerechtfertigt hat, zeigt: Diese Linie gehtdurch Ihre Partei hindurch. Sie wollen sich nicht derVergangenheitsaufarbeitung stellen. Die Bekenntnisse,die Sie im Wahlkampf zum Grundgesetz abgegeben ha-ben, waren und bleiben Lippenbekenntnisse. Auch dasist uns in dieser Aktuellen Stunde durch die Redebeiträ-ge von Ihrer Seite bestätigt worden.
Nun möchte der
Kollege Manfred Grund seine unterbrochene Rede fort-
setzen. – Ich gebe Ihnen das Wort.
Herr Präsident! Meinesehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte gerne dieGelegenheit nutzen, Frau Mascher für ihren vierten Be-richt ein paar Anregungen mit auf den Weg zu geben.In dem Ausschußbericht, den wir heute diskutieren,wird auf eine bestehende Kluft zwischen den alten undden neuen Bundesländern hingewiesen, die abzubauenist. Vielleicht gehen Sie in dem zukünftigen vierten Be-richt einmal darauf ein, daß auch zehn Jahre nach derWiederherstellung der deutschen Einheit die Lebenser-wartung in den neuen Bundesländern immer noch nied-riger als in den alten Bundesländern ist! Untersuchen Sieeinmal, warum das so ist und ob das nicht etwas mitUmweltvergiftung, mit schwerer körperlicher Arbeit,aber auch mit Rationierung von Medizin in der ehemali-gen DDR zu tun hat!Außerdem möchte ich gerne etwas zum Thema „po-litisches“ Strafrecht sagen. Es ist angeklungen, daß vie-le, wahrscheinlich politisch motiviert, aus ihren Ämternund Positionen herausgedrängt worden sind. Ich will Ih-nen einmal beispielhaft etwas zu zwei Prozessen vorle-sen. Wir können uns dann ja einmal darüber unterhalten,was tatsächlich ein politischer Prozeß gewesen ist.Ich zitiere einmal:Das Urteil erging nach Artikel 6 Abs. II der DDR-Verfassung, „Boykotthetze gegen demokratischeEinrichtungen und Organisationen“. Verbunden mitdem Urteil waren Sühnemaßnahmen …, die be-stimmten, daß der Verurteilte alle Rentenansprücheverloren hat, daß er kein öffentliches Amt, keinenfreien Beruf ausüben und keinen Betrieb kontrollie-ren dürfe, daß er nicht Mitglied einer Partei, keinLehrer oder Prediger sein dürfe und daß er alleVorrechte, inklusive des Führerscheins für einAuto, verloren habe.Das ist einem Mann passiert – einem christlichen De-mokraten und Gewerkschafter –, der als Zentrumspoliti-ker und als Gewerkschafter bei den Nazis eingesessenhat und danach 1953/1954 von der SED wieder einge-knastet worden ist. So viel zu politischen Prozessen.Ich zitiere jetzt aus der „Thüringer Allgemeinen“ übereinen Prozeß am Erfurter Landgericht – „Beobachtun-gen vom Todschlagsprozeß gegen ranghohe DDR-Grenzoffiziere“:Als der Zeuge Gisbert Greifzu von seinenVerletzungen durch die Splitterminen berichtet,zischt in der zweiten Reihe ein untersetzter Zuhörermit Halbglatze „Rohrkrepierer“. Greifzu und seinFreund wollten durch eine Rohrleitung kriechen,waren an dieser Stelle jedoch beobachtet worden.Die Umsitzenden finden die Bemerkung „einfachklasse“.Der Mutter eines 20jährigen Minentoten wurde1984 lediglich mitgeteilt, daß ihr Sohn bei einerStraftat ums Leben kam. „Genau so“, kommentiertein Mann mit Brille. „Es ging doch allen gut, wirhaben doch alles für die Jugend getan! … sind dochselbst schuld.“So viel zu politischem Strafrecht.Vielleicht ist es interessant, einmal ein paar Zahlenzur Regierungs- und Vereinigungskriminalität zu hören.Insgesamt gab es 22 550 Ermittlungsverfahren. Davonsind 21 776 eingestellt worden; 98 Prozent endeten alsomit Einstellung. Es gibt 211 rechtskräftige Verurteilun-gen – meist mit Freiheitsstrafen auf Bewährung. Gerade21 Personen müssen ins Gefängnis.
Wenn man weiß, daß Mielke sogar die Untersuchungs-haft noch entschädigend angerechnet worden ist, dannfragt man sich, wie ein solcher Bericht zustande kommt.Volker Beck
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Ich will noch auf eines eingehen, das schon ange-sprochen worden ist, und zwar Altersabsicherung undRentenversicherung. Neben der Sozialversicherung derehemaligen DDR, der der Großteil der Werktätigen un-terworfen war, weil er gar keine Chance hatte, sich an-derweitig zu versichern, gab es 50 Zusatzversorgungssy-steme und vier Sonderversorgungssysteme. Soweit tat-sächlich Beiträge in diese Zusatz- und Sonderversor-gungssysteme gezahlt worden sind, stehen diesen Bei-trägen Leistungen gegenüber. Das führt dazu, daß je-mand, der Mitglied in einem Sonder- und Zusatzversor-gungssystem gewesen ist, heute im Durchschnitt 300DM bis 500 DM mehr an Rente erhält als jemand – jetztRentner –, der in der ehemaligen DDR normal sozialver-sicherungspflichtig beschäftigt war. So viel zu der Dis-kriminierung, die uns hier vorgehalten wird.
– Frau Kollegin Mascher, ich würde Ihnen sehr emp-fehlen, dafür zu sorgen, daß dieses Zerrbild vonDeutschland, das übrigens von einer Nichtregierungsor-ganisation, die der PDS nahesteht, mit gezeichnet wor-den ist – diese Nichtregierungsorganisation ist offen-sichtlich auch noch vom Arbeitsamt gesponsert worden,möglichst schnell aus der Welt geräumt wird.
Das Wort hat der
Kollege Engelbert Wistuba, SPD-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Prä-sident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zu Be-ginn meines Beitrages möchte ich mich bei der PDS-Fraktion für die Beantragung dieser Aktuellen Stunderecht herzlich bedanken. Die Kolleginnen und Kollegen,die mich kennen, wissen, daß es mir an und für sichnicht leicht fällt, mich bei der PDS für irgend etwas zubedanken. Aber sie gibt uns heute und hier die Möglich-keit, über die positive Beurteilung des Programms derneuen Bundesregierung durch den Ausschuß für wirt-schaftliche, soziale und kulturelle Rechte des Wirt-schafts- und Sozialrates der Vereinten Nationen zu spre-chen.Wenn schon bei der Opposition in diesem Hause –zumindest bei der Opposition auf der rechten Seite desSaales – die ersten Schritte der neuen Regierung, zumBeispiel die Verbesserung beim Kündigungsschutz, er-wartungsgemäß nicht auf Zustimmung gestoßen sind, sofreut es mich doch, daß diese Maßnahmen bis nach NewYork gedrungen sind und dort positive Resonanz gefun-den haben.
Der Bericht mit der positiven Wertung ist vom 4. De-zember letzten Jahres, also exakt drei Monate alt. DieBundesregierung und die sie tragenden Fraktionen ha-ben seitdem die Zeit nicht ungenutzt verstreichen lassen,sondern weitere Reformen im Geiste des Paktes voran-gebracht. Als Wirtschaftspolitiker der SPD-Fraktionmöchte ich mein Augenmerk insbesondere auf einigewirtschaftspolitische Maßnahmen richten, die für dieRealisierung des wichtigsten Zieles, nämlich die Schaf-fung von Arbeitsplätzen von Bedeutung sind.Ich möchte nur an die gestern von uns verabschiedeteÖkosteuer erinnern. Zum 1. April werden die Lohnne-benkosten um 0,8 Prozent sinken; die Preise für Energie,für die endlichen Ressourcen werden moderat steigen.Diese Reform hat endlich die Abkehr von der scheinbarautomatischen und selbstverständlichen Regel eingelei-tet – zumindest war dies in den letzten 16 Jahren so –,nach der die Arbeit durch den Anstieg der Lohnneben-kosten kontinuierlich teurer wird.Die Kritiker, die die Ökosteuer für nicht weitgehendgenug halten, seien daran erinnert, daß es sich bei demgestern verabschiedeten Paket nur um die erste Stufehandelt. Weitere werden folgen.
Das Entscheidende ist, daß die Trendwende vollzogenwurde. Die klare Botschaft unserer Politik ist: Bei unswird die Arbeitskraft nicht teurer, sondern billiger.
Ein weiteres Beispiel für unsere praktische, umwelt-freundliche und zugleich innovationsorientierte Wirt-schaftspolitik ist das von uns auf den Weg gebrachte100 000-Dächer-Programm. Einerseits haben wir mitdiesem schnellen Handeln den notwendigen Anreiz fürdie verbliebenen einheimischen Hersteller von photo-voltaischen Zellen geschaffen, hier im Lande zu bleiben.Andererseits werden durch dieses Programm, wenn esausgeschöpft wird – und die ersten Reaktionen deutenauf eine große Nachfrage hin –, 2,5 Milliarden DM anInvestitionen mobilisiert.
Dies ist ein wertvoller Beitrag zur Sicherung bestehen-der bzw. Schaffung neuer Arbeitsplätze.Aber auf unserer Agenda stehen noch zahlreicheProjekte. Zu den zentralen Reformprojekten, die wir unsvorgenommen haben, gehört eine umfassende Unter-nehmenssteuerreform. Ich bin optimistisch, daß es unsgelingt, eine einheitliche Unternehmensbesteuerung imBereich von 35 Prozent zu erreichen.
Während Sie von der Opposition jahrelang von der Sen-kung der Unternehmenssteuer gesprochen haben, neh-men wir sie ernsthaft in Angriff. Wir leisten damit einenweiteren Beitrag zur Stärkung der Wettbewerbspositiondeutscher Unternehmen. Freuen würde es mich, wenndiese Reform im Sommer abgeschlossen werden könnte.Auch hier bin ich optimistisch.Verehrte Damen und Herren, der Ausschuß des Wirt-schafts- und Sozialrates ist der Ansicht, daß mit dem inder Regierungserklärung von Bundeskanzler Schröderskizzierten Programm die wirtschaftlichen, sozialen undkulturellen Rechte vorangebracht werden. Er empfiehltdaher ausdrücklich, daß – ich zitiere wörtlich – „dieManfred Grund
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neue Politik so bald wie möglich in die Tat umgesetztwird“.
Der Ausschuß des Wirtschafts- und Sozialrates derVereinten Nationen, die Bürgerinnen und Bürger diesesLandes und auch Sie von der Opposition können sichersein, daß wir dieser Aufforderung weiter nachkommenwerden.Danke.
Dies war die erste
Rede des Kollegen Wistuba. Dazu möchte ich Ihnen im
Namen des Hauses gratulieren.
Der vorgesehene Beitrag der Kollegin Vera Lengsfeld
wird zu Protokoll genommen?*)
Nun gebe ich der Kollegin Silvia Schmidt von der
SPD-Fraktion das Wort.
Sehr geehrter HerrPräsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zu ei-nigen Punkten des Berichtes des Wirtschafts- und Sozi-alrates der Vereinten Nationen Stellung nehmen, diemich als ostdeutsche Sozialpolitikerin besonders berührthaben.Ich freue mich darüber, daß der Ausschuß folgendePunkte positiv festgestellt hat: Bildungs- und Trainings-programme, um jungen Menschen im allgemeinen undFrauen im besonderen, vor allem denen in den neuenLändern, zu helfen, eine Beschäftigung zu finden, dieAusarbeitung eines Aktionsplans, der darauf gerichtetist, Frauen im Arbeitsprozeß gleiche Möglichkeiten zusichern, die Reform des Rentensystems, die Wiederein-führung von Maßnahmen des Kündigungsschutzes undauch die Zahlung von Krankengeld. Diese sozial- undarbeitspolitischen Feststellungen des Wirtschafts- undSozialrates decken sich mit den Forderungen, die wirschon als Opposition erhoben haben und die wir nunumsetzen werden und zum Teil schon umgesetzt haben.Wir bekämpfen mit unserem Sofortprogramm die Ju-gendarbeitslosigkeit. Dieses Programm wird aktiv in denArbeitsämtern umgesetzt und von den Jugendlichenauch angenommen. Allein im Arbeitsamt meines Wahl-kreises Sangerhausen nehmen bereits 86,5 Prozent derangesprochenen jungen Menschen an diesem Programmteil. Dabei werden sie von Sozialarbeitern in einemZahlenverhältnis von 1 zu 10 begleitet. Daneben werdenStreetworker eingestellt, die sich ganz besonders um dieJugendlichen bemühen, die abseits von der Gesellschaftstehen und zum Teil unter Brücken leben.*) Anlage 11Von der Arbeitslosigkeit sind besonders Frauen be-troffen. 52 Prozent der Arbeitslosen in Sachsen-Anhaltsind Frauen. Wir werden mit dem Aktionsprogramm„Frau und Beruf“ den Frauen im Arbeitsprozeß gleicheRechte sichern. Dazu gehört ein effektives Gleichstel-lungsgesetz und eine gleichberechtigte Teilhabe vonFrauen in der aktiven Arbeitsförderung.
Wir stellen der Bundesanstalt für Arbeit 105,2 Milli-arden DM zur Verfügung. Das sind 2,7 Milliarden DMmehr als im letzten Jahr. Damit werden 1999 200 000Menschen eine Chance bekommen, im zweiten Ar-beitsmarkt gefördert zu werden, davon 180 000 Men-schen allein in Ostdeutschland.
Wir korrigieren die gravierenden sozialpolitischenFehlentscheidungen der alten Regierung. Wir werdeneine sozial gerechte Rentenstrukturreform durchführen.Wir haben die Verschlechterung im Kündigungsschutzkorrigiert. Die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall giltwieder ohne Einschränkung. Für alle, auch für Jugendli-che, wird Zahnersatz kein Luxus, sondern Sachleistung.– Wir schaffen mit diesen Korrekturen endlich wiedermehr soziale Gerechtigkeit in Deutschland. Dies wirdauch vom Ausschuß gefordert. Darauf will ich nähereingehen.Der Ausschuß sieht die Gefahr, daß die unvollständi-ge Integration von Ost- und Westdeutschland die umfas-sende Umsetzung des Paktes für wirtschaftliche, sozialeund kulturelle Rechte behindert. Die Gefahr ist begrün-det. Sie bleibt so lange bestehen, bis es zu einer voll-ständigen Angleichung der Arbeits- und Lebensbedin-gungen gekommen ist.
Meine Herren von der Opposition – ich will meineFreude nicht verhehlen, Sie nach 16 Jahren der Regie-rung Kohl als Oppositionsmitglieder bezeichnen zukönnen –,
für die schleppende Integration tragen vorwiegend Siedie Verantwortung. Durch das nicht gehaltene Verspre-chen von den blühenden Landschaften und den Ein-druck, der Aufbau Ost könne aus der Portokasse bezahltwerden, haben Sie natürlich die entsprechende Wähler-klientel verloren.
Ich habe bewußt nicht gesagt, daß Sie die ausschließ-liche Verantwortung tragen. Ich weiß, daß es weitereGründe gibt, die das Zusammenwachsen von Ost undWest schwierig gestalten, und daß die alte Bundesregie-rung nicht für alles die Schuld trägt. Wir werden hieralles versuchen, um weiterzukommen. Wir stabilisierenEngelbert Wistuba
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die Arbeitsmarktpolitik in den neuen Bundesländern aufhohem Niveau. Das Stop-and-go der vergangenen Jahrehat endlich ein Ende.
– Vielleicht bei Ihnen.
Wir stellen rund 146 Milliarden DM an Bundeszu-weisungen für den Aufbau Ost bereit. Das sind rund12 Milliarden DM mehr als im Vorjahr. Die Investiti-onszuweisungen mit 6,6 Milliarden DM werden verste-tigt. Wir haben den Aufbau Ost zur Chefsache gemacht.Staatsminister Schwanitz sitzt direkt beim Bundeskanz-ler.
Ich bin optimistisch, daß sich die Bedenken des Aus-schusses in diesen Punkten nicht bewahrheiten werden.Lassen Sie mich zum Schluß folgendes sagen: DerAufsetzungsantrag ist Ausdruck typischer PDS-Klientelpolitik. Sie versuchen damit, sich zum Anwaltvon Pionierleitern, FDJ-Sekretären und von Staatsbür-gerkundelehrern zu machen, die Marxismus-Leninismusunterrichtet haben.
Die Befürchtung, die in Punkt 16 des Berichts desUNO-Ausschusses geäußert wird, in den neuen Ländernseien Lehrer aus politischen Gründen entlassen worden,ist nicht ganz richtig. Es gab IMs und Parteisekretäre. InSachsen-Anhalt arbeiten 1999 ungefähr 14 000 Lehrerweniger als 1992. Der Abbau ist ausschließlich eineFolge der sinkenden Schülerzahlen und der Strukturver-änderungen. Der restliche Abbau geschah nicht durchKündigungen, sondern durch sozial verträgliche Lösun-gen. Ich verweise auf den Tarifvertrag von 1997 fürSachsen-Anhalt. In Sachsen-Anhalt geht man davon aus,daß 90 Prozent der jetzt dort tätigen Lehrer auch schonin der DDR unterrichtet haben. Das kann ich nur bestä-tigen: In unserer Schule arbeiten noch sehr viele Lehrer,die ihr früheres SED-Parteibuch gegen das der PDS ein-getauscht haben. Wer also behauptet, Lehrer seien auspolitischen Gründen entlassen worden, verkennt die Tat-sachen.Ich danke.
Das Wort hat der
Kollege Edelbert Richter von der SPD-Fraktion.
Herr Präsident! LiebeKolleginnen und Kollegen! Ich möchte zum Punkt 16des Textes des UN-Ausschusses noch etwas sagen, ob-wohl schon Verschiedenes dazu gesagt worden ist. Ichmöchte an die Adresse der PDS sagen: schlechte Kritik.Es ist mehrfach gesagt worden, daß nur 12 Prozentder Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes auf dem Gebietvon Wissenschaft und Technik der ehemaligen DDRweiterbeschäftigt worden seien. Das ist einfach Unsinn.
– Auch das ist Unsinn. – Am offensichtlichsten ist dasbei den Lehrern zu erkennen. Auch das ist hier schon ei-nigermaßen deutlich geworden. Aber das wichtigste ist,daß Sie mit solchen falschen Zahlenangaben Ihr eigenes,an sich berechtigtes Anliegen diskreditieren.
– Da gibt es einen Schleichweg, über den ich jetzt nichtsweiter sagen möchte.Ich möchte auf etwas ganz anderes hinaus: Schondie richtigen Zahlen sind doch schlimm genug. Wirbrauchen doch deswegen nicht zu behaupten, daß nur12 Prozent der ehemaligen DDR-Mitarbeiter weiterbe-schäftigt worden seien. Von den Mitarbeitern der ehe-maligen Akademieeinrichtungen sind weniger als50 Prozent weiterbeschäftigt worden – das ist dochschon aussagekräftig genug –, davon viele nur auf derBasis von Zeitverträgen oder Drittmitteleinwerbungen.An den Hochschulen ist das wissenschaftliche Personalim Durchschnitt um etwa 60 Prozent reduziert worden.Das ist doch auch aussagekräftig genug. Die schlimmstemir bekannte Zahl betrifft die Industrieforschung. Hiersind 80 Prozent des Personals verlorengegangen, undzwar nicht – das ist der nächste Punkt – aus unmittelbarpolitischen, sondern aus ökonomischen Gründen.Damit komme ich zu einem weiteren Einwand gegenden Text des UN-Ausschusses. Es ist auch nicht wahr,daß die Mehrheit der Betroffenen eher aus politischen –so steht es dort wörtlich – als aus fachlichen oder wirt-schaftlichen Gründen aus Ihren Positionen entlassenwurde. Die Mehrheit ist gerade aus unmittelbar wirt-schaftlichen oder finanziellen Gründen entlassen wor-den, nämlich auf Grund des „losgelassenen“ Marktes.Sofern der Markt damals allerdings von der Politik „los-gelassen“ worden ist, waren die Entlassungen indirektdie Folge einer verkehrten Wirtschaftspolitik. Daraufmüßte man doch eigentlich hinweisen.
Sie waren eben nicht die Folge politischer Diskrimi-nierung. Wer die Abwicklung von ideologisch belastetenInstituten oder Personen derart in den Vordergrundrückt, der verstellt gerade den Blick auf die vielschwerwiegenderen Verluste, die aus wirtschaftspoliti-schen Ursachen eingetreten sind. Mit denen müssen wiruns beschäftigen. Für dieses Ausmaß an Verlusten – andieser Stelle muß ich mich der heutigen Opposition zu-wenden – trägt die alte Bundesregierung die Verant-wortung. Für mich persönlich ist das ein ganz wesentli-Silvia Schmidt
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cher Grund gewesen, mich in diesen Fragen zu engagie-ren.
Ich darf daran erinnern, daß die damalige SPD-Opposition Ihre Wiedervereinigungspolitik – das wirdinzwischen manchmal vergessen – von Anfang an unddann immer wieder kritisiert hat, allerdings mit dürfti-gem Erfolg. Unsere Forderung in bezug auf die Treu-handpolitik – sie steht hier im Hintergrund – hieß zumBeispiel: Sanierung vor Privatisierung. Wäre man dieserForderung gefolgt, dann wäre ein großer Teil des For-schungspotentials erhalten worden.Schon zu Beginn des Abbaus dieses Potentials – ichhabe das noch einmal nachgelesen – hat im Februar1991 der damalige forschungspolitische Sprecher derSPD-Bundestagsfraktion – fast prophetisch, wie manheute sagen muß – im Titel einer Presseerklärung er-klärt:Neue Bundesländer: Todesurteil für die Forschungist gefällt.Damit man es nicht vergißt, möchte ich noch einmalbetonen, daß das im Februar 1991 gesagt worden ist. EinZwischenbericht des BMFT zeigte damals nämlich dievöllige Konzeptionslosigkeit der Bundesregierung indieser Frage.Ich erinnere etwas unbescheiden daran, daß ich michseit 1992 leidenschaftlich für die ostdeutsche Forschungeingesetzt habe.
Inzwischen stellt sich allerdings die Frage – auch dar-über müssen wir reden –, inwieweit die Prozesse vondamals nun noch rückgängig gemacht werden können.Das ist die eigentliche Frage. Es nützt uns nichts, wennwir immer wieder von dem sprechen, was vorher pas-siert ist. Wir müssen wissen, wie es nun weitergehensoll. Wenn ich an einzelne Schicksale von Wissen-schaftlern denke, dann tut es mir selber sehr weh, sagenzu müssen, daß bestimmte Prozesse, die gelaufen sind,nicht mehr rückgängig gemacht werden können.Dennoch können Sie unserem Haushalt für das Jahr1999 entnehmen, daß wir uns redlich bemüht haben, ei-niges wiedergutzumachen. Wir werden das weiterhintun. Wir haben die Forschungs- und Entwicklungsaus-gaben für Ostdeutschland beträchtlich gesteigert. Ichhoffe, daß das auch im nächsten Haushalt wieder ge-lingt.Zur PDS gewandt, möchte ich sagen: Ich finde esschade, daß wir nicht auf die eigentlichen Fragen zusprechen gekommen sind. Ich habe es versucht, aber dieZeit von fünf Minuten ist zu kurz. Mit dem uns vorlie-genden Text konnte man nicht sehr viel weiterkommen.Danke schön.
Damit ist die Aktu-
elle Stunde beendet.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 10 auf:
Erste Beratung des von den Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten
Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung
des Elften Buches Sozialgesetzbuch – 4. SGB
XI-Änderungsgesetz
– Drucksache 14/407 –
so daß in dieser Aussprache lediglich der Kollege Ilja
Seifert von der PDS-Fraktion als Redner angemeldet ist.
Ich erteile ihm das Wort.
Herr Präsident! Meine Damenund Herren! Ich muß mich wohl nicht dafür entschuldi-gen, keine schriftliche Rede vorbereitet zu haben. Ichdenke, das Thema ist wichtig genug. Ich hatte mich ei-gentlich auf eine lebhafte Debatte gefreut.Es geht heute immerhin darum, einen Minischritt ausder Sackgasse der Pflegeversicherung gutzuheißen. Ichmöchte das ausdrücklich hervorheben, damit wir wenig-stens dahin kommen, daß Tages- und Kurzzeitpflegeein-richtungen in Zukunft zumindest bei der Stufe II und IIIder Pflegeversicherung genauso wie stationäre Einrich-tungen bezahlt werden.Allerdings wäre schon ein wesentlich größerer Schrittvonnöten. Wir stehen vor dem Beginn einer europawei-ten Sozialunion. Dazu gehört auch, daß die Situationvon Menschen mit den verschiedensten Behinderungen,die auf assistierende Begleitung angewiesen sind, we-sentlich verbessert werden muß. Als erster Schritt wäredas Sozialsystem insgesamt zu demokratisieren. FürDeutschland heißt das, daß die Alleinherrschaft der Kas-sen, unterstützt durch den MDK, also den MedizinischenDienst der Krankenversicherungen, und die Spitzenver-bände der Pflegekassen, zu brechen ist und die Behin-dertenorganisationen und andere Selbsthilfeorganisatio-nen in die Organisation der assistierenden Begleitungeinzubeziehen sind.Außerdem geht es darum, schnell den veralteten, aus-schließlich somatisch definierten Pflegebegriff zu strei-chen und durch einen Begriff zu ersetzen, der von be-gleitender Assistenz in jeder Situation ausgeht. Nur dannwird die Menschenwürde gewahrt, wenn man zum Bei-*) Anlage 12Dr. Edelbert Richter
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spiel auch im Zustand der Demenz ernst genommen undnicht als reiner „Satt-und-sauber-Pflegefall“ betrachtetwird.
Ebenso müssen auch Geld- und Sachleistungenendlich gleichgestellt werden. Es kann doch nicht sein,daß jemand, der seine Assistenz selbst organisiert, we-sentlich weniger Geld bekommt als jemand, der sich ir-gendwelchen professionell betriebenen Pflegeeinrich-tungen anvertraut, wo die Menschen häufig eher ver-waltet als versorgt werden.Deshalb ist die Debatte, die von dieser kleinen Geset-zesänderung ausgeht, sehr wichtig. Ich kann Sie alle nureinladen: Greifen Sie die Vorschläge der Behinderten-und Selbsthilfeorganisationen auf! Lassen Sie uns andiese Sache menschenwürdiger herangehen, indem wirdie Menschenrechte in den Mittelpunkt stellen! Dannwerden alle gemeinsam etwas davon haben, nicht nurdie, die unmittelbar betroffen sind, sondern auch die, diedie Arbeit leisten. Insgesamt wird die Gesellschaft da-durch reicher. Ich bin gerne bereit, die Diskussion fort-zuführen. Wir werden unsere Vorschläge demnächst inkompakter Form einbringen. Ich denke, daß wir dannalle zusammen etwas erreichen können, was für Men-schen mit und ohne Behinderung von Vorteil ist.Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit und wün-sche mir, daß wir eine grundsätzliche Diskussion führenwerden.
Ich schließe die
Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzentwur-
fes auf Drucksache 14/407 an die in der Tagesordnung
aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Der Haushalts-
ausschuß soll den Gesetzentwurf gemäß § 96 der Ge-
schäftsordnung erhalten. Gibt es anderweitige Vorschlä-
ge? – Das ist nicht der Fall. Dann ist die Überweisung so
beschlossen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 11 – den letzten für
heute – auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Kersten
Naumann, Eva-Maria Bulling-Schröter, Rolf
Kutzmutz und der Fraktion der PDS
Verlängerung der Pachtverträge für ehemals
volkseigene Flächen
– Drucksache 14/291 –
Denn es macht gerade im Zusammenhang mit den Aus-wirkungen der Agenda 2000 sehr wohl etwas für denBauern, der handeln und investieren will, aus, ob er pla-nungstechnisch über zwölf oder 18 Jahre Sicherheit ver-fügt. Wir sehen in dieser Entscheidung einen Hoff-nungsschimmer, um zu einer Lösung bei einem derkompliziertesten Probleme der deutschen Einheit, derBodenfrage, zu kommen. Wir vermuten sogar, daß derzu beratende PDS-Antrag diese Entscheidung beschleu-nigt hat.Die Bundesregierung hat jetzt grünes Licht gegeben.Das ist die Voraussetzung für eine Vorwärtsbewegung.Nun muß aber zügig durchgestartet werden. Für denStart wird jedoch die notwendige Arbeitsanweisung andie BVVG, die noch immer nicht vorliegt, von ent-scheidender Bedeutung sein. Denn woher können wirgewiß sein, daß an der nächsten Kreuzung nicht wiedernach rechts abgebogen wird? Diese Gefahr ist sehr groß.Unsere Sorge wird dabei durch Meldungen genährt wie„Es wird keinen Automatismus geben“ und „Über weite-re Kriterien wird derzeit nachgedacht“.Natürlich ist es eine Selbstverständlichkeit, daß eineVerlängerung der Pacht die Erfüllung der bisherigenPachtbedingungen und vor allem die ordnungsgemäßenPachtzahlungen voraussetzt. Wenn daran gedacht ist,zum Beispiel weitere Regelungen über die umweltge-rechte Bodennutzung aufzunehmen, dann findet das dieDr. Ilja Seifert
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Zustimmung der PDS. Wenn allerdings Klauseln beab-sichtigt sind, durch die auf die bisherigen Pächter politi-scher Druck ausgeübt werden soll, dann muß mit unse-rem energischen Widerstand gerechnet werden.
Die PDS fordert deshalb in Umsetzung ihres Antra-ges, daß die „Arbeitsanweisung für die BVVG“ zumGegenstand der Beratung im Ernährungsausschuß ge-macht wird. Wir mußten in der Vergangenheit oft dieErfahrung machen, daß die Beschlüsse des Bundestagesauf dem Verwaltungswege mißachtet werden. Ich erin-nere hier nur an den Streit um die Privatisierung vonNaturschutzflächen.Die öffentliche parlamentarische Behandlung derPachtregelungen erscheint uns aus einem speziellenGrund besonders dringlich. Nach Auffassung von Al-brecht Wendenburg, dem stellvertretenden Vorsitzendender Arbeitsgemeinschaft für Agrarfragen, verstößt diePachtvertragsverlängerung gegen europäisches Gemein-schaftsrecht. Zugleich fordert er jedoch, daß eine Pacht-verlängerung ausschließlich das Ergebnis eines Kom-promisses mit den früheren Eigentümern sein kann.Aber die Bodenreform ist historisch anerkannt und ver-brieftes Recht. Daran müssen wir, auch wenn es denAlteigentümern nicht paßt, leider immer wieder erin-nern.
Sie ist Bestandteil eines Einigungsvertrages zweier deut-scher Staaten.Sowohl die alte als auch die neue Bundesregierunghaben das Bodenreformproblem in Brüssel nicht im Sin-ne des Einigungsvertrages gelöst. Beide Bundesregie-rungen gingen und gehen den Weg des geringsten Wi-derstandes und lehnten bzw. lehnen eine Behandlung imMinisterrat ab, obwohl klar ist, daß der Umgang mit derBodenreform eine Angelegenheit der deutschen Wieder-vereinigung ist.Das Thema der Pachtverlängerung ist nicht von demweiteren Umgang mit dem Entschädigungs- und Aus-gleichsleistungsgesetz zu trennen. Was man dazu vonder Bundesregierung hört, erfüllt uns mit großer Sorge.Diese Sorge wird durch die wieder zunehmenden Akti-vitäten der Alteigentümer, nicht nur bezüglich derPachtverträge, verstärkt.Meine Herren von der CDU/CSU, selbst Ihr sächsi-scher Landwirtschaftsminister fordert inzwischen dieBundesregierung auf, gegen die Entscheidung derKommission vor dem Europäischen Gerichtshof zu kla-gen. Wir geben dem SPD-LandwirtschaftsministerFritsch aus Brandenburg vorbehaltlos recht, der kurzfri-stige Lösungen einfordert. Wir teilen seinen Standpunkt,„qualifiziert, tragfähig und im Interesse der ostdeutschenBodennutzer“ zu handeln.Ich hoffe, ich konnte Ihnen deutlich machen, daß esüber alle Parteigrenzen hinweg Zustimmung zu unseremAntrag und der inzwischen getroffenen Entscheidungdes Kabinettsausschusses „Neue Länder“ gibt. Mit Be-dauern möchte ich äußern: Eigentlich wäre es notwen-dig, heute sofort über diesen Antrag abzustimmen. Dochangesichts der nur wenigen Abgeordneten, die hier sit-zen, wäre das sicher unfair denjenigen gegenüber, dienicht da sind, weil doch jeder von uns sagen könnensoll: Ja, auch ich habe im Interesse der Bäuerinnen undBauern einer Verlängerung der Pachtverträge auf18 Jahre zugestimmt.Danke schön.
Das Wort hat der
Kollege Karsten Schönfeld, SPD-Fraktion.
Herr Präsident! MeineDamen und Herren! Frau Kollegin Naumann, Sie habenzu Recht auf die Entscheidung des Kabinettsausschussesvom 17. Februar in Schwerin hingewiesen, daß die lang-fristigen Pachtverträge für ehemals volkseigene Flächenauf 18 Jahre verlängert werden sollen. Sie haben ebensozu Recht darauf hingewiesen, daß wir damit eine Forde-rung aus der Zeit vor der Bundestagswahl in die Tatumgesetzt haben. So sind wir von der SPD nun einmal:Das, was wir versprechen, lösen wir dann, wenn wir da-zu in die Lage versetzt werden, auch ein.
In einem Punkt, Frau Naumann, haben Sie allerdingsnicht recht: Ich kann Ihnen sagen, daß gestern vomBundesfinanzministerium die entsprechende Anweisungan die BVVG gegeben wurde,
so daß die Behandlung des jetzigen Tagesordnungs-punktes zwar wichtig ist, wir dazu aber keinen Beschlußmehr fassen müssen.
Die Bundesregierung hat sehr schnell auf die von derEuropäischen Kommission geforderte Korrektur desFlächenerwerbsprogrammes für die ostdeutsche Land-wirtschaft reagiert. Der früheren Bundesregierung wares nicht gelungen, der Europäischen Kommission inBrüssel Sinn und Zweck des Flächenerwerbsprogram-mes klarzumachen. Wir hatten bereits 1997 Bundes-kanzler Kohl aufgefordert, wegen des zunehmendenWiderstands der EU-Kommission gegen Teile des Flä-chenerwerbsprogrammes tätig zu werden.Die SPD ist immer dafür eingetreten, den landwirt-schaftlichen Betrieben in Ostdeutschland die notwendigeSicherheit für anstehende Investitionsentscheidungen zugeben.
Die SPD-Bundestagsfraktion hat deshalb in der letztenLegislaturperiode den Antrag gestellt, langfristigePachtverträge für ehemalige volkseigene Flächen aufKersten Naumann
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18 Jahre zu verlängern. Wir haben dies, wie schon ge-sagt, in die Tat umgesetzt.
Es ging ja immerhin um eine Nutzfläche von fast1 Million Hektar. Betroffen sind vor allem die LänderMecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen-Anhalt. Betroffen sind Wiedereinrichter, Neueinrichterund – mit einem Anteil von mehr als 50 Prozent an denlangfristigen Verpachtungen – juristische Personen.Ich denke, wir haben mit der Verlängerung derPachtverträge eine gute Entscheidung getroffen. DenBetrieben – egal, welcher Eigentumsform – ist damit ei-ne entsprechende Planungssicherheit ermöglicht worden.Das trägt dazu bei, daß hier für die ostdeutschen land-wirtschaftlichen Betriebe eine entsprechende Chancen-gleichheit gegeben ist.Dies ist ebenso ein geeignetes Mittel, die Bedenkender EU-Kommission gegen den vergünstigten Flächen-erwerb auszuräumen. Wichtig ist es jetzt, eine schnelleAnpassung des Entschädigungs- und Ausgleichslei-stungsgesetzes vorzunehmen, um endgültig auf die Be-anstandungen aus Brüssel zu reagieren. Im Unterschiedzur abgewählten Kohl-Regierung wird die SPD-geführteBundesregierung alles tun, um auch weiterhin denLandwirten in Ostdeutschland den Flächenerwerb zuermäßigten Preisen zu ermöglichen.
Ich stelle abschließend fest: Die ostdeutsche Land-wirtschaft kann sich auf die SPD und auf die neue Bun-desregierung verlassen.Vielen Dank.
Ich bitte um Ver-
ständnis, daß ich Ihre Zwischenfrage nicht zulassen
kann. Der Redner hat bereits das Rednerpult verlassen.
Das Wort hat jetzt der Kollege Gottfried Haschke,
CDU/CSU.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Her-ren! Langfristige Pachtverträge für Grund und Bodenwünscht sich jeder Bauer und jeder landwirtschaftlicheUnternehmer, um die notwendige Planungssicherheit fürseinen Betrieb zu haben. 80 Prozent langfristige Pacht-verträge fordert jede Bank in den neuen Ländern imRahmen der Vergabe von Krediten für Investitionen inder Landwirtschaft. Die Banken sind in der Regel mitPachtverträgen für 12 Jahre zufrieden.Die Pachtflächen der Landwirtschaftsbetriebe bei unsin den neuen Ländern setzen sich natürlich unterschied-lich zusammen. Alle Betriebe bewirtschaften Privatflä-chen. Nicht alle Betriebe hatten aber bisher Zugriff aufTreuhandflächen, jetzt BVVG-Flächen genannt.
Es gibt nicht in jedem Dorf Treuhandflächen. Das istund bleibt ein Kritikpunkt der Bauern im Osten. Ichspreche nicht nur für private Bauern. Auch juristischeBetriebe dürfen, wenn nötig, zusätzliche Flächen günstigerwerben. Sie haben in ihrem Einzugsgebiet aber keineund sind deshalb benachteiligt. Die Bauern klagen andieser Stelle über Chancenungleichheit.Die Umstrukturierung der Landwirtschaft in denneuen Bundesländern ist noch nicht ganz abgeschlossen,obwohl dies verschiedentlich behauptet wird.
Ein Beispiel: Ein Junglandwirt, der seine Ausbildungabgeschlossen und von seinem Großvater vielleicht 10,20 oder 30 Hektar geerbt hat, hat zu wenig für den Be-ginn. Wie soll er also beginnen, wenn er nicht von ir-gendwoher weitere Flächen zupachten kann?Das Pachtgeschehen ist in der Vergangenheit nichtimmer seriös gelaufen. Es ist ganz klar: Wer den Zugriffhatte und Bescheid wußte, hat die Zeit genutzt und hatdaher jetzt Vorteile gegenüber dem, der zusätzliche Flä-chen erwerben muß – zum Beispiel wenn er neu beginnt– oder in einem Ort wohnt, in dem es keine Treuhand-flächen gibt; dort muß dieser nämlich ganz andere Preisebezahlen.Es gibt im ganzen Pachtgeschehen der Vergangenheitnatürlich – auch das müssen wir an dieser Stelle, wennwir über Pachtverträge reden, erwähnen – Dinge, die un-seriös und sittenwidrig gelaufen sind.
Zum Beispiel sind Pachtverträge mit einer Laufzeit von25 Jahren mit unkundigen Personen, denen man dannVersprechungen gemacht hat – manchmal zwischenTür und Angel –, abgeschlossen worden. Ich will nichtsagen, daß diejenigen, die die Verträge angebotenhaben, nur Leute waren, die aus den neuen Bundes-ländern kamen. Vielmehr kamen sie von überall her.Das ärgert natürlich unsere Bauern in den neuen Bun-desländern.Deshalb möchte ich an dieser Stelle sagen: Es wäredurchaus richtig, sich das gesamte Pachtgeschehen nocheinmal anzuschauen und dort, wo es notwendig ist, nochetwas zu korrigieren; denn sonst ist die Situation fürNeuanfänger untragbar, und es wäre für manch einenunmöglich, in der Zukunft zu bestehen.Wir wissen auch, daß es für unseriöse Leute vieleTricks gibt, um mit allen möglichen Mitteln jetzt beste-hende Pachtverträge an sich zu ziehen. Ich glaube, hiermuß in erster Linie die BVVG aufpassen, daß dasPachtland nicht den Leuten verlorengeht, die es am not-wendigsten brauchen und die der Verlust am meistentreffen würde, also den Bürgern aus den neuen Bundes-ländern.Karsten Schönfeld
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Wir sind durchaus dafür, die Existenzsicherung zugewähren und den Betrieben bei Investitionen auf alleFälle die Pachtverträge zu verlängern.
Aber ich muß dazusagen: Dies darf nicht flächendek-kend und hundertprozentig geschehen. Man muß sich imEinzelfall anschauen, ob es sich bei einem Betrieb lohntoder nicht. Man muß natürlich auch solche Betriebe be-rücksichtigen, die dringend aufgestockt werden müssen;dabei müssen in erster Linie Neuanfänger bedacht wer-den. Man muß verhindern, daß die Treuhandflächen inunseriöse Hände gelangen.Wir haben natürlich jetzt schon durch das BürgerlicheGesetzbuch die Möglichkeit, die Existenz zu sichern.Aber ich muß ganz offen sagen: Unsere Bauern sindnatürlich noch sehr unkundig darin, sich das zu erstrei-ten. Man kann ihnen die Flächen nicht so ohne weitereswegnehmen, wenn dann die Existenz des Betriebes nichtmehr gewährleistet wäre. Wir haben aber schon eineMöglichkeit: Nach dem „Bohl-Papier“ sind ehemalsvolkseigene Flächen im Regelfall zwölf Jahre zu ver-pachten. Es ist festgeschrieben, daß die Pächter dasRecht auf eine Verlängerung der Verträge haben, zumBeispiel bei Investitionen. Eine neue gesetzliche Rege-lung ist da praktisch nicht erforderlich. Darüber hinausist im EALG auch festgelegt, daß Pächter Rückgabeflä-chen, die für Alteigentümer in Frage kommen,18 Jahre nutzen dürfen. Des weiteren hat der Einspruchder Europäischen Union gegen das EALG nichts mit derVerpachtung zu tun. Vielmehr wird der ermäßigte Ver-kaufspreis der Flächen beanstandet, und die Begünsti-gungen werden als Wettbewerbsverzerrungen angese-hen. Schließlich wird, wie wir es hier gehört haben, dielangfristige Verpachtung auch von der neuen Regierungunterstützt. Die CDU/CSU ist für längerfristige Ver-pachtung, aber sie ist gegen die Verpachtung aller Flä-chen über einen Zeitraum von 18 Jahren hinaus.Ich glaube, Ökosteuergesetz, Steuerreform, Agenda2000 gefährden unmittelbar die Existenz vieler Land-wirtschaftsbetriebe.
Ich finde es unverantwortlich: Noch nie hat eine Regie-rung so rücksichtslos gegen die Bauern in Deutschlandentschieden wie in diesen Tagen.
Ich gebe das Wort
der Kollegin Steffi Lemke, Bündnis 90/Die Grünen.
Ver-
ehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen!
Frau Naumann, ich verstehe ja, daß bestimmte Klischees
sorgfältig gepflegt werden müssen, so beispielsweise das
der PDS als Retter der ostdeutschen Landwirtschaft.
Bloß, Sie müssen aufpassen: Wenn manche Prozesse
überholt sind, sollte man irgendwann auch einmal ein
Einsehen haben und beispielsweise diesen Antrag, der
inzwischen schlicht und einfach überholt ist, vielleicht
für erledigt erklären.
Die Aspekte, die Sie in Ihrem Antrag ansprechen,
sind ja nicht neu. Wir diskutieren hier im Bundestag und
auch in der Öffentlichkeit – mindestens in Ostdeutsch-
land – seit mehreren Jahren über einen Interessenaus-
gleich im ländlichen Raum der neuen Bundesländer. Ich
denke, daß wir uns in den nächsten Monaten vor allem
unter diesem Aspekt mit dem Entschädigungs- und Aus-
gleichsleistungsgesetz beschäftigen werden. Dazu eine
Aktuelle Stunde zu beantragen, das haben Sie leider
verpaßt, so daß ich denke, daß wir uns heute auf Ihren
Antrag beschränken sollten.
Frau Kollegin Lem-
ke, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Nau-
mann?
Aber
bitte.
Frau Lemke, erstens ist
das keine Aktuelle Stunde, und zweitens habe ich fol-
gende Bitte: Sind Sie von den Regierungsparteien bereit,
uns diese Anweisung kurzfristig zur Verfügung zu stel-
len? Wie ich von Herrn Schönfeld hörte, ist sie gestern
verabschiedet worden. Sollte sie den Anforderungen
entsprechen, die wir in unserem Antrag formuliert ha-
ben, dann sind wir auch bereit, diesen Antrag zurückzu-
ziehen.
Ichhabe nicht gesagt, daß wir uns momentan in einer Aktu-ellen Stunde befinden. Ich habe Sie darauf hingewiesen,daß Sie es leider verpaßt haben, zum EALG eine Aktu-elle Stunde zu beantragen. Aber damit habe ich keinProblem.Ich gehe davon aus, daß das Finanzministerium Ihnendiese Arbeitsanweisung zur Verfügung stellen wird.
– Sie können sie auch auf kurzem Wege von Kollege zuKollegin bekommen. Dann können wir den Antrag heuteabend noch für erledigt erklären, und ich bekomme mei-nen Zug noch. Aber Herr Heinrich möchte wahrschein-lich auch noch das Wort ergreifen.Zurück zur Lage, die ernst ist. Ich denke, wir habenschon dadurch eine schwierige Situation für die ostdeut-sche Landwirtschaft, daß die EU-Kommission das Ent-schädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz in Fragegestellt hat. Gerade deshalb war im Bereich der Flä-chenverpachtung dringender Handlungsbedarf gegeben.Gottfried Haschke
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2064 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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Deshalb, Herr Haschke, haben wir uns nicht auf denWeg einer Gesetzesänderung gemacht. Das ist in der Tatnicht nötig, wie Sie angemerkt haben. Vielmehr habenwir gesagt: Wir regeln das auf dem unbürokratischen,einfachen Weg einer Arbeitsanweisung. Das reicht mo-mentan völlig aus, da die gesetzlichen Grundlagen vor-handen sind, aber bei der BVVG bisher eine etwas ande-re Praxis üblich war. Hier wollten wir durch die Arbeits-anweisung unterstützend eingreifen. Es ist uns ein sehrwichtiges Ziel – wie wir es im Koalitionsvertrag verein-bart haben –, den ostdeutschen LandwirtschaftsbetriebenPlanungssicherheit zu geben.
Herr Haschke, es ist nicht richtig, daß das EALG unddie Verpachtung der Flächen nichts miteinander zu tunhätten. Sie haben sehrwohl etwas miteinander zu tun,weil durch die EALG-Entscheidung Verunsicherungentstanden ist. Wir stehen jetzt vor einer Novellierung;das heißt, diese Rechtsunsicherheit wird noch eineWeile anhalten, ehe wir zu einer vernünftigen Lösungkommen. Deshalb wollten wir wenigstens in diesemPunkt ein Signal an die Öffentlichkeit, ein Signal an dieBetriebe, die momentan im Osten wirtschaften, geben:daß wir sie unterstützen, daß sie sich auf die rotgrüneBundesregierung verlassen können.Frau Naumann, Sie haben gesagt, die Bundes-regierung hätte den Weg der Klage beschreiten sollen.Ich halte das für den völlig falschen Weg. Wir hättenuns in langwierige Rechtsstreitigkeiten mit der EU-Kommission begeben. Weil wir befürchten müssen, daßes letztendlich doch darauf hinausgelaufen wäre, ist esvernünftig, im Einvernehmen zu einer Lösung zu kom-men, die für alle Betriebe verträglich ist, und einen Aus-gleich zwischen den Interessengruppen herbeizuführen.Ein entsprechender Vorschlag wird momentan in denMinisterien erarbeitet. Ich bin zuversichtlich, daß wir zueiner vernünftigen Lösung kommen werden.
Zu den Pachtverträgen. Der Kollege Schönfeld hatdie Kernpunkte der Arbeitsanweisung schon dargestellt.Sie sind der Öffentlichkeit seit der Konferenz in Schwe-rin im wesentlichen bekannt. Ich denke, wir haben hiereine sehr praktikable Lösung gefunden, indem man dieBedenken, die auch von der CDU vorgetragen wordensind, durchaus ernstgenommen hat. Es gibt keinen Au-tomatismus in der Pachtverlängerung. Es wird geprüft,ob der Pächter im Vorfeld korrekt gehandelt hat, dasheißt, ob er seiner Zahlungsverpflichtung nachgekom-men ist. Er muß einen Antrag stellen; es gibt keine au-tomatische Verlängerung der Pachtverträge. Das ist eindeutliches Zeichen dafür, daß wir die Situation in Ost-deutschland, wo die Betriebe nur 8 Prozent Eigenflächenhaben, ernst nehmen. Die Pachtsicherheit für die Betrie-be, an die eine gewisse Kreditwürdigkeit gebunden ist,wird verdeutlicht.
Die neue Regelung der Bundesregierung festigt dieRechtsposition der jetzigen Pächter. Es wird jetzt bereitsvor dem Verkauf der Flächen die Verlängerung möglichgemacht, die auch bisher schon möglich gewesen wäre.Wir wollten die Praxis beschleunigen. Das wird jetztumgesetzt. Wenn uns die PDS in dieser Arbeit unter-stützt, indem sie den Antrag zurückzieht, und wenn wirdann im Agrarausschuß für andere, wichtige Diskussio-nen mehr Zeit haben und auch hier im Plenum die wirk-lich aktuellen Debatten der Landwirtschaft führen kön-nen, dann freuen wir uns natürlich besonders.
Das Wort hat der
Kollege Ulrich Heinrich, F.D.P.
Herr Präsident! Meine lie-ben Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon eine sehrdelikate Diskussion, die hier geführt wird; denn es gehtnach meinem Dafürhalten auch sehr stark um Eigen-tum. Es geht um das EALG, wo wir einen Verkaufs-stopp haben, und es geht um die Entscheidung der Euro-päischen Kommission. Die Bundesregierung hat nachdem, was ich heute von Ihnen gehört habe, wohl nichtdie Absicht, dagegen Klage zu erheben, weil das allerVoraussicht nach aussichtslos wäre. Ich teile diese Mei-nung übrigens.Trotz allem hat natürlich der Verkaufsstopp etwas mitdem zu tun, was wir heute diskutieren. Ich wunderemich besonders stark darüber, daß man – wie wir geradevon der Kollegin Lemke gehört haben – mit der langfri-stigen Verpachtung möglichst noch vor dem VerkaufFakten schaffen will. Wer es mit dem EALG wirklichernst meint, wer Wiedereinrichter, Neueinrichter zumZuge kommen lassen will, der darf natürlich nicht durchlangfristige Pachtverträge Fakten schaffen, so daß solcheFlächenerwerbsprogramme mehr oder weniger ins Leerelaufen.
Pacht kommt vor Kauf. Langfristige Pachtverträgesind zu berücksichtigen. Ich möchte den Landwirt sehen,der jetzt in ein Flächenerwerbsprogramm einsteigt. Bis-her ist ja nur sehr wenig verkauft worden. Der Verkaufwar sehr schleppend. Der Stopp gilt seit Dezember, seitder Entscheidung der Kommission. Seitdem ist über-haupt kein Verkauf mehr getätigt worden. Wer jetzt ver-sucht, mit der langfristigen Verpachtung Fakten zuschaffen, der hält sehr wenig von Privatisierung.
Ich habe allergrößtes Interesse daran, daß die Privati-sierung dieses BVVG-Landes ordentlich und in allerRuhe stattfinden kann. Deshalb meine ich, daß die Bun-desregierung jetzt einen entsprechenden Gesetzentwurfvorlegen sollte, der die Bedenken der Kommission aus-räumt. Die Beihilfehöhe darf nicht über 35 Prozent hin-aus angehoben werden; so sieht die Kommission es vor.Vor allen Dingen muß auch die Stichtagsregel vomSteffi Lemke
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3. Oktober 1990 außer Kraft gesetzt werden. Das ist eineklare Vorgabe.Dementsprechend erwarte ich von der Bundesregie-rung, daß sie einen Gesetzentwurf vorlegt. Ich unterstüt-ze ihn. Ich plädiere auch für eine sehr zügige Beratung.Wir wollen, daß das Flächenerwerbsprogramm sehrschnell umgesetzt werden kann, damit die Möglichkei-ten, Eigentum zu erwerben, geschaffen werden können,die man mit dem Gesetzentwurf ursprünglich im Augehatte. Ich bin nicht bereit, einer Verlängerung zuzu-stimmen. Offensichtlich kann eine solche auf dem Ver-waltungswege erreicht werden. Da haben wir dann keineMitwirkungsrechte mehr. Wenn das so ist, dann müssenwir das hinnehmen. Die Mehrheiten im Hause sindohnehin klar. Das muß ich nach den eben gehaltenenReden erneut zur Kenntnis nehmen.An die Antragsteller der PDS gerichtet: Wir brauchenkeine neue Diskussion. Wir müssen über die neueEigentumsregelung nicht noch einmal nachdenken. Sieist im EALG geregelt. Darüber brauchen wir nicht neunachzudenken. Wir brauchen auch nicht über neue Mit-wirkungsrechte der Bundesländer nachzudenken. DieseMitwirkungsrechte der Bundesländer, die über den Bun-desrat eine Veränderung des ursprünglichen Gesetzent-wurfs bewirkt haben, haben zu der Entscheidung derEuropäischen Kommission geführt. Das muß man sichvergegenwärtigen.Insofern halte ich das, was hier vorgesehen wird, füreigentumsfeindlich. Mir wäre es lieber, wir könnten dasFlächenerwerbsprogramm fortsetzen und die notwendi-gen Verpachtungen vornehmen, und zwar so, wie wirdas ursprünglich vorgesehen hatten.Herzlichen Dank.
Das Wort für die
Bundesregierung hat der Staatsminister im Kanzleramt,
Rolf Schwanitz.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst
will ich mich bei dem Antragsteller bedanken, unabhän-
gig davon, ob das Haus entscheidet, daß der Antrag
vielleicht als erledigt anzusehen ist. Es ist aus der Sicht
der Bundesregierung schon ein außergewöhnliches und
ein erfreuliches Ereignis, wenn die Regierung, bevor die
Opposition ihre Wünsche formuliert und das Parlament
beschließt, den Vollzug melden kann.
Das ist schon ordentlich. Es ist selten; das gebe ich zu.
Ich will das aber erwähnen.
Herr Staatsminister,
gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten
Claus?
Bitte schön.
Herr Minister, ist Ihnen be-
kannt, daß dieser Antrag schon einmal vor drei Wochen
auf der vorläufigen Tagesordnung des Bundestages
stand und dessen Behandlung nur an einem Fristproblem
gescheitert ist? Das ist damals übrigens erstmals an ei-
nem Fristproblem gescheitert. Wir verzichten ansonsten
darauf, diese Dinge vorzuhalten. Ist es richtig, daß er
drei Wochen, bevor Sie nach Schwerin gekommen sind,
schon auf der Tagesordnung stand? Oder ist das falsch?
Herr Kollege, das will ich gar nicht in Abrede stellen.Sie können sicher sein, daß die Verlängerung der Pacht-verträge, so wie die Bundesregierung das beschlossenund angewiesen hat, kein Prozeß ist, den man in zweiTagen entscheidet. Sie können sicher sein, daß wir andiesem Thema schon längere Zeit arbeiten.
In der Tat ist die Verlängerung der Pachtverträge eineForderung, die uns nicht erst seit drei oder vier Wochenbewegt;
die Antragsteller haben das in ihrem Antrag erwähnt.Die Sozialdemokraten haben in der letzten Legislaturpe-riode diesen Vorschlag vor dem Hintergrund desPrüfverfahrens, das es in der EU gab, und der darausfolgenden Verunsicherungen im ländlichen Raum inOstdeutschland gemacht. Ich erinnere mich noch sehrgut daran, daß von der damaligen Koalition, der heuti-gen Opposition, Stimmen kamen wie „völlig unnötig“,„nicht realisierbar“ oder „nicht angebracht“.
Wenn Herr Haschke heute hier formuliert hat, diePachtverträge sollen verlängert werden, dann freue ichmich darüber. Das zeigt mir, daß bei der neuen Opposi-tion ein Stück Bewegung in das Thema gekommen ist.Mich freut das sehr. In der Tat: Die Blockade ist vomTisch, wir haben das entschieden. Ich glaube, das tut derSache auch gut.
Meine Damen und Herren, es gibt in der Tat neuenHandlungsdruck – das ist von verschiedenen Rednernerwähnt worden –: Die Europäische Kommission hat am20. Januar entschieden, daß das Flächenerwerbspro-gramm nach dem EALG beanstandet wird, und zwarim wesentlichen aus zwei Gründen. Zum einen wurdedie Regelung zur sogenannten Ortsansässigkeit – der3. Oktober 1990 war der Stichtag – als Verstoß gegendas Diskriminierungsverbot angesehen; zum zweitenwurde der Umfang der Vergünstigungen, den es beimFlächenerwerb in der alten Konstellation gab, vor demHintergrund der zulässigen Beihilfehöhe beanstandet.Ulrich Heinrich
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2066 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999
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Deswegen sage ich ausdrücklich: Die Verlängerungder Pachtverträge ist wichtig, sie ist das richtige Signal.Denn selbstverständlich hat diese Entscheidung Verun-sicherung bei den ostdeutschen Bauern verursacht. Wirwollen diese Verunsicherung beseitigen und brauchendeswegen eine klare Entscheidung mit unmittelbaremBezug auf diese Beanstandung.
Ich will noch zwei Hinweise zum Antrag geben, auchwenn er sich vielleicht als erledigt herausstellen sollte.Es ist im Begründungsteil des Antrages der Wunschenthalten, neue Pachtverträge abzuschließen. MeineDamen und Herren von der PDS, ich bitte, diese Forde-rung noch einmal sorgsam zu überlegen. Alle, die sichmit der Materie in den letzten Jahren beschäftigt haben,können eigentlich nur zu dem Schluß kommen, daß,wenn man es politisch fördern würde, neue Pachtverträ-ge abzuschließen, genau das Gegenteil von dem eintre-ten würde, was wir eigentlich wollen, nämlich nicht zuverunsichern und für Ruhe bei den Betroffenen zu sor-gen. Es gäbe einen Aufschrei bei den ostdeutschen Bau-ern, wenn man mit neuen Pachtverträgen die Pachtver-hältnisse gestalten wollte.Ein weiterer Punkt, der im Antrag steht, erscheint mirvöllig unangebracht; ich möchte ihn deswegen er-wähnen. Es wird gefordert – auch der Kollege von derF.D.P. hat darauf hingewiesen –, daß der Privati-sierungsumfang bei dieser Gelegenheit noch einmalüberdacht werden solle. Ich sage für die Bundesre-gierung ganz klar: Wir wollen die Privatisierung. Ichbin übrigens fest davon überzeugt: Die ostdeutschenBauern wollen den Erwerb der Fläche; sie wollen nichtim Pachtverhältnis verbleiben. Das ist ganz ent-scheidend. In dieser Frage, meine Damen und Herrenvon der Opposition, liegt Ihr Antrag völlig neben derErwartungshaltung der ostdeutschen Bauern. Ich glau-be, Sie müssen noch einmal kritisch auf das Papierschauen.Wir werden eine sorgsame Analyse der Beanstandun-gen der EU-Kommission vornehmen.
– Herr Grund, ich stehe gleich zur Verfügung. – Wirwerden die beiden tragenden Säulen, die beim EALGund beim Flächenerwerbsprogramm, das wir 1994 ver-abschiedet haben, inhaltlich bestimmend waren, nämlichauf der einen Seite die Gewährung von Ausgleichslei-stungen in Kombination mit einem begünstigten Flä-chenerwerb und auf der anderen Seite die Chancen-gleichheit der ostdeutschen Bauern, bei der Neuregelungzur Geschäftsgrundlage machen. Ich bin sicher, daß dasbei den ostdeutschen Bauern auf breite Zustimmung sto-ßen wird. Wir werden zügig handeln, so daß auch dasThema Verkaufsstopp – da bin ich zuversichtlich – inabsehbarer Zeit vom Tisch kommt.
Zu einer Zwischen-
frage der Kollege Grund.
Danke schön, Herr
Kollege Schwanitz. – Das war eigentlich meine Fra-
ge. Sie hatten zu Recht gesagt, die ostdeutschen Bauern
wollen nicht im Pachtvertrag, auch nicht im lang-
fristigen, verbleiben. Vielmehr besteht ein großes In-
teresse, Flächen zu erwerben. Bis wann wird die Bun-
desregierung etwas vorlegen, das es den Bauern er-
möglicht, zu erwerben und nicht im Pachtvertrag zu ver-
bleiben?
Sie können davon ausgehen, daß wir an der Materie zü-
gig arbeiten. Zur Zeit befinden wir uns in bezug auf den
Entwurf in der Ressortabstimmung. Wir werden das
selbstverständlich bald angehen und das Parlament da-
mit befassen; denn wir haben ein gemeinsames Interesse
daran, daß die beanstandete Regelung wieder in ein üb-
liches Verfahren hineingenommen wird und eine Beru-
higung derjenigen erfolgt, die durch langfristige Pacht-
verträge gesichert sind, und wir in der Tat zum Flächen-
erwerb zurückkehren können.
Gestatten Sie eine
weitere Zwischenfrage, diesmal von der Kollegin Nau-
mann?
Bitte schön.
Ich weiß nicht, von wel-
chem Antrag Sie sprechen. In unserem Antrag ist nicht
von neuen Pachtverträgen die Rede.
Darin geht es ausschließlich um die Verlängerung. Die-
ser Antrag ist der Antrag von vor drei Wochen, er sagt
nichts zu neuen Pachtverträgen. Möchten Sie ihn sehen?
Der Beschluß steht am Anfang: „Der Bundestag
wolle beschließen:“
– Er sprach von dem, was wir fordern. Das steht aber
nicht in dem Beschluß, und auf ihn beziehen wir uns.
Ich meine die Verlängerung der Pachtverträge auf
18 Jahre.
Manchmal tut die Regelung des Bundestages, daß dieBegründung nicht mit beschlossen wird, auch der Ge-schäftslage gut. Das trifft auch für Ihren Antrag zu. Imletzten Absatz der Begründung sprechen Sie von neuenStaatsminister Rolf Schwanitz
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Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 25. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 4. März 1999 2067
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Pachtverträgen. Ich habe das gelesen, weil ich auch IhreBegründung lese. Insofern glaube ich, daß auch die Be-anstandung richtig ist.Herzlichen Dank.
Liebe Kolleginnen
und Kollegen, ich schließe die Aussprache. Interfraktio-
nell wird die Überweisung der Vorlage auf Drucksache
14/291 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse
vorgeschlagen. Sie sind damit einverstanden? Dann ist
die Überweisung so beschlossen.
Wir sind damit am Schluß unserer Tagesordnung. Ich
danke Ihnen, daß Sie bei dieser Debatte so lange ausge-
harrt haben. Ich wünsche nunmehr Ihnen allen im Ple-
num, auf der Tribüne und in der Lobby ein schönes
Wochenende.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf Mittwoch, den 17. März 1999, 13 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.