Rede von
Carsten
Schneider
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es
war ja bisher eine muntere Debatte . Sie wird auch mun-
ter bleiben; denn das Thema „Hohe Managergehälter“
regt die Menschen auf . Es regt sie insbesondere dann
auf, wenn die hohe Vergütung nicht im Einklang mit der
erbrachten Leistung steht . Es regt sie auf, wenn – wie
derzeit in Deutschland – die Tarifbeschäftigten des öf-
fentlichen Dienstes streiken und man erfährt, dass zum
Beispiel Erzieherinnen und Erzieher – in Deutschland im
Durchschnitt 2 500 Euro brutto verdienen, in Thüringen,
meinem Bundesland, sogar nur 2 000 Euro brutto . Erzie-
herin ist ein sehr verantwortungsvoller Beruf; ich selbst
bin Vater von zwei Töchtern und glaube, es gibt nichts
Wertvolleres, als seine Kinder gut betreut zu wissen,
wenn man sie in Obhut gibt . Deren Gehalt steht in kei-
nem Verhältnis zu den Gehältern im obersten Manage-
mentbereich der DAX-Konzerne – die Zahlen wurden
genannt – und erst recht nicht zu den Pensionszusagen .
Die Frage ist: Was macht man? Frau Göring-Eckardt
hat das Thema VW angesprochen . Dort hat es – ganz
klar – eine Fehlentwicklung gegeben . Diese Fehlentwick-
lung, nämlich viel zu hohe Gehälter, begann allerdings
schon 2001 mit dem Eintritt von Martin Winterkorn in
den Vorstand . Damals hatten Herr McAllister und Herr
Wulff die Verantwortung .
In Teilen sind das noch laufende Verträge . Ich per-
sönlich muss sagen: Ich kann den Vertrag von Frau
Hohmann-Dennhardt überhaupt nicht nachvollziehen .
Ich hätte dem auch nicht zugestimmt .
Ich finde, die Grünen sind mit ihrem Antrag sehr nah
an den Positionen der SPD, was die steuerliche Absetz-
barkeit betrifft .
Wir machen aber Gesetze und stellen keine Anträge, Frau
Andrae .
Dr. Sahra Wagenknecht
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 219 . Sitzung . Berlin, Freitag den 17 . Februar 2017 21959
(C)
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Man muss zu seiner Verantwortung stehen, auch in einer
Koalition, auch in Niedersachsen. Ich finde, Sie machen
sich einen etwas zu schlanken Fuß, wenn Sie mit dem
Finger jetzt nur auf die beiden Vertreter der SPD im Auf-
sichtsrat zeigen .
Sie hätten diese Fragen auch sehr gut in Ihrem Koaliti-
onsvertrag regeln können .
Wenn Sie unserem Gesetzentwurf zustimmen, dass
letztendlich die Hauptversammlung der Anteilseigner,
der Besitzer, der Eigentümer des Unternehmens die Ent-
scheidung über die Vergütungssysteme und die einzelnen
Verträge trifft, dann sind wir auf dem richtigen Weg .
Dann wären sie mit in der Verantwortung und könnten
sich dazu bekennen .
Wir wollen, dass der angesprochenen Fehlentwick-
lung in Deutschland etwas entgegengesetzt wird . Dabei
gibt es bisher einen Dissens . Denn wenn ich die Ausfüh-
rungen von Herrn Meister richtig verstanden habe – ich
weiß allerdings nicht, ob das die private Meinung von
Herrn Meister, die Auffassung des Finanzministeriums
oder die der CDU/CSU war –, dann wollen Sie keine
steuerliche Begrenzung der Absetzbarkeit . Zumindest
Frau Hasselfeldt – sie ist ja keine irrelevante politi-
sche Person im Bundestag, sondern die Vorsitzende der
CSU-Landesgruppe – habe ich so verstanden, dass sie
dem offen gegenübersteht .
Frau Wagenknecht, die Verhältnisse zwischen den
Managementvergütungen und den normalen Einkommen
der Arbeitnehmer sind explodiert . Die Höhe der Ma-
nagergehälter beträgt derzeit das 50-Fache des Durch-
schnittseinkommens der Beschäftigten . In den Zeiten des
Wirtschaftswunders lag sie beim 15- bis 20-Fachen; auch
da haben Vorstände schon gut verdient, aber sie waren
zufrieden . Ich glaube, für eine so verantwortungsvolle
Aufgabe, die derjenige auch übernehmen will, bekommt
man auch jemanden für weniger Geld . Wir reden ja nicht
von viel weniger Geld .
Wir wollen, dass nicht mehr die Aufsichtsräte, son-
dern die Gesellschafter, die Aktionäre, über die Höhe der
Vergütung entscheiden . Dafür gibt es gute Gründe .
Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz
hat nicht nur aufgearbeitet, dass die Managementvergü-
tung derzeit das 50-Fache der Durchschnittsvergütung
beträgt, sondern sich auch angeguckt, wie die Hauptver-
sammlungen über die Managementvergütung entschie-
den haben, wenn sie es konnten . Im Jahr 2015 betrug
die Zustimmung zu den Vergütungssystemen noch über
90 Prozent . Im Jahre 2016 lag sie nur noch bei 76 Pro-
zent, und bei der Deutschen Bank ist sogar ein Vorschlag
des Aufsichtsrates abgelehnt worden, weil die Vergütung
zu hoch war .
Deswegen ist für uns sehr klar, dass wir hier Transpa-
renz und eine Orientierungsgröße haben wollen, die zwi-
schen der maximalen Vergütung und der Durchschnitts-
vergütung – also nicht der untersten Lohngruppe – liegt,
und dass die Aktionäre über die Managergehälter zu ent-
scheiden haben . Sie werden dann sehr wohl entscheiden,
ob derjenige das tatsächlich auch wert ist . Ich bin zuver-
sichtlich, dass das auch gelingt . Dabei geht es letztend-
lich auch um den Gewinn .
Daneben wollen wir eine Begrenzung der steuerlichen
Absetzbarkeit . In den nächsten beiden Wochen – wir
sind fast fertig – werden wir einen Gesetzentwurf vorle-
gen, der die steuerliche Absetzbarkeit von Gehältern auf
500 000 Euro deckelt – Boni etc . inklusiv .
Ich komme nun zu den Pensionen, die abstrus hoch
sind . Wieso braucht jemand, der keine Leistung mehr
bringt, aber Millionen verdient hat, noch 3 000 Euro pro
Tag? Das ist für mich überhaupt nicht nachvollziehbar .
Wir wollen, dass auch dort ein Stoppschild gesetzt wird,
indem es für die Aktionäre, die Eigentümer, teurer ge-
macht wird, Herr Meister . Die Absetzbarkeit von Auf-
wendungen zur Altersvorsorge soll auf das Maximum
dessen begrenzt werden, was an gesetzlicher Rente pro
Jahr ausgezahlt wird, und das ist deutlich weniger .
Das ist das, was wir aus unserer Sicht im Rahmen
des Grundgesetzes rechtlich normieren können . Frau
Wagenknecht, Sie haben darauf hingewiesen, dass wir
das ja mit schmaler Mehrheit im Bundestag jetzt schon
tun können . Ich bin ganz zuversichtlich, dass uns das
auch in dieser Koalition noch gelingt .
– Warten Sie es ab . – Wir werden in den nächsten beiden
Wochen den Gesetzentwurf vorlegen und dann mit der
CDU/CSU-Fraktion Gespräche darüber führen . Ich bin
zuversichtlich, dass auch bei den Unionsabgeordneten
Bereitschaft besteht, darüber zu sprechen .
Wir werden allerdings keinen faulen Kompromiss
machen . Eine halbgare Lösung, nur um eine Lösung zu
haben, wird es also nicht geben . Dann werden wir uns
im Wahlkampf darüber auseinandersetzen; denn auch Sie
wissen, dass wir wegen eines solchen Punktes so kurz
vor einer Bundestagswahl keine Koalition platzen lassen;
das ist klar .
Die entscheidende Frage ist aber: Wofür steht die
SPD? Wir stehen für Transparenz, für Begrenzung, dafür,
dass der Steuerzahler diese hohen Gehälter und Pensio-
Carsten Schneider
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 219 . Sitzung . Berlin, Freitag den 17 . Februar 201721960
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(D)
nen nicht noch zusätzlich subventionieren muss, dass es
teurer und unangenehmer wird und dass auch wieder ein
bisschen Moral in diesem Land einkehrt .
Ein Letztes . Dass das gehen kann, haben wir mit der
Institutsvergütungsverordnung für Banken gezeigt . Da-
rin ist auch die Frage geregelt, was passiert wenn jemand
eine Schlechtleistung erbringt . Dabei geht es um die so-
genannte Clawback-Klausel .
Bei der Deutschen Bank betragen die Vorstandsgehäl-
ter zurzeit das 22-Fache des durchschnittlichen Arbeit-
nehmergehalts, das vielleicht ein bisschen höher ist als
in anderen Betrieben . Das ist überraschend . Bei anderen
Unternehmen liegt die Spanne zwischen dem 50-Fachen
und dem 114-Fachen . Es geht also . Wenn dort ein Vor-
stand eine Schlechtleistung erbringt, werden die Boni,
die in Deutschland einen viel zu hohen Gehaltsbestand-
teil ausmachen, nämlich fast 48 Prozent, gekürzt . Ich bin
hier mehr für Festvergütungssysteme; in diese Richtung
geht ja auch Daimler Benz .
Daneben muss es bei einer Schlechtleistung von Ma-
nagern auch eine Rückgriffsmöglichkeit geben . Frau
Göring-Eckardt hat in ihrer Rede recht gehabt: Es kann
nicht sein, dass man nur nimmt, wenn es gut läuft – dann
schaut man nur auf den kurzfristigen Unternehmenser-
folg und nicht darauf, dass man auch nachhaltig arbei-
tet –, und keine Verantwortung trägt, wenn es dann mal
schlecht läuft . Das wollen wir Sozialdemokraten nicht,
und aus diesem Grund ist das eine gute Richtschnur .
Vielen Dank .