Rede von
Dr.
Stephan
Harbarth
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
Herren Kollegen! Häufig war in den letzten Jahren die
Rede davon, die politischen Parteien würden sich gar
nicht mehr unterscheiden; es sei praktisch alles eins . Wir
sehen heute: Das Gegenteil ist der Fall . Wir in CDU und
CSU sind in puncto Integration und Staatsangehörigkeit
ganz anderer Auffassung als der Rest dieses Hauses, und
das ist auch gut so .
Wir haben für diese Legislaturperiode eine Koaliti-
onsvereinbarung mit der SPD geschlossen . Die gilt . Aber
es ist nicht Aufgabe einer Partei, nachzuplappern, was in
einer Koalitionsvereinbarung steht, sondern die Aufgabe
ist, eigene Positionen zu entwickeln .
Deshalb hat meine Partei auf dem Bundesparteitag einen
Beschluss gefasst, mit dem sie sich für eine Rückkehr zur
Optionspflicht ausspricht.
Es geht in diesem Beschluss – Frau Barley, wenn Sie
den Beschluss gelesen hätten, dann hätten Sie das in Ihrer
Rede auch anders darstellen können – nicht um die Be-
seitigung der doppelten Staatsangehörigkeit;
es geht in diesem Beschluss einzig und allein um die
Frage: Sollen junge Erwachsene, die in Deutschland als
Kinder zweier ausländischer Eltern geboren worden und
in Deutschland aufgewachsen sind, eine Wahl zwischen
der deutschen Staatsangehörigkeit und der ihrer Eltern
treffen? Das ist die Frage.
Es war ein Beschluss, der mit knapper Mehrheit ge-
fasst wurde . Schon das zeigt: Es gibt gute Gründe, die
für die eine wie für die andere Auffassung sprechen. Die
Folgen sind nicht trivial . Deshalb sollten wir über diese
Fragen sachlich diskutieren und Andersdenkende nicht
dämonisieren .
Wer in den Tagen nach unserem Bundesparteitag den
Grünen zugehört hat – auch heute wieder –, der musste
sich fürchten und bekam es fast mit der Angst zu tun,
wenn manches nicht so lächerlich gewesen wäre .
Da war die Rede von schlimmem Populismus . Da war
die Rede von einem bösen Rechtsruck . Meine Damen
und Herren von den Grünen, Sie haben ein kurzes Ge-
dächtnis .
Deshalb helfe ich Ihnen gerne . Das, was Sie als schlim-
men Populismus schmähen, war bis vor genau zwei Jah-
ren geltendes deutsches Recht .
Dieses geschmähte Recht ist im Jahr 1999 von niemand
anderem gemacht worden als von SPD und Grünen
selbst .
Mit Ihren überzogenen Kommentaren treffen Sie deshalb
nicht die Union, sondern Sie ballern in Ihrem Fanatismus
auf den eigenen Laden, meine Damen und Herren . Das
ist die Wahrheit .
Gerade von den Grünen braucht sich die Union in der
Integrations- und Staatsangehörigkeitspolitik nicht be-
lehren zu lassen .
Wir, nicht Sie, haben den Integrationsgipfel ins Le-
ben gerufen . Wir, nicht Sie, haben einen Nationalen In-
tegrationsplan vorgelegt . Wir, nicht Sie, haben in diesem
Jahr ein Integrationsgesetz verabschiedet . Während wir
gehandelt haben, haben Sie in der Opposition Ihre Multi-
kultikonzepte gepflegt. Das ist die Wahrheit und der zen-
trale Unterschied zwischen Ihnen und uns .
Die Grünen empfehlen in Gestalt der Kollegin Künast
der Polizei, bei Einsätzen in Moscheen die Schuhe aus-
zuziehen . Wir in der Union sagen: Wenn die Polizei vor
der Tür steht, dann klopft nicht ein unerwünschter Hau-
sierer, sondern der deutsche Rechtsstaat . Und der deut-
Dr. Katarina Barley
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 210 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 16 . Dezember 201621120
(C)
(D)
sche Rechtsstaat kommt nicht auf Socken daher, meine
Damen und Herren .
Die Grünen raten in Gestalt des Kollegen Beck einem
Deutschen, der darüber klagt, dass er die Menschen in
seiner Straße nicht mehr versteht, die fremde Sprache zu
lernen . Wir in der Union sagen: Das Erlernen der deut-
schen Sprache ist das Mindeste, was wir als Vorausset-
zung für gelungene Integration brauchen .
Wer in diesem Land als Kind ausländischer Eltern
aufwächst, macht das in einem Land, das ihm unendlich
viele Chancen bietet .
Aus einem Kind ausländischer Eltern kann in Deutsch-
land alles werden . Es kann eine gute Schule besuchen .
Es kann jeden Beruf ergreifen . Es kann an einer unserer
besten Universitäten studieren . Alles in Freiheit, alles
in Sicherheit und alles unter dem Schutz dieses Landes .
Wenn dieses Land am Ende dieses Prozesses den jun-
gen Erwachsenen bitten würde, sich bei der Wahl seiner
Staatsangehörigkeit zu entscheiden, dann wäre das kein
schlimmer Populismus, dann wäre das kein schlimmer
und böser Rechtsruck, sondern dann wäre das nur recht
und billig, meine Damen und Herren .
Herzlichen Dank .