Rede von
Dr.
Peter
Tauber
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Herr Kol-
lege Beck, wenn es an der Stelle einen zentralen Unter-
schied zwischen Ihnen und uns gibt – es gibt ja viele Un-
terschiede zwischen Ihnen und uns und Gott sei Dank
zwischen Ihnen und mir auch –, dann ist es der, dass das
Staatsbürgerschaftsrecht für die Union keine religiöse
Frage ist . Sie haben es zu einer solchen gemacht und es
damit völlig überhöht .
Man könnte antworten: Gebt des Kaisers, was des Kai-
sers ist .
Wir reden über eine ganz sachliche Frage,
nämlich über die Frage, nach welchen Rechtsnormen
man Teil eines Staatsvolkes ist . Die CDU hat – das freut
mich an der Stelle – auf ihrem Parteitag über diese Frage
gestritten und an einer Stelle etwas bestätigt, was unsere
Grundhaltung vorher war und auch jetzt ist, nämlich dass
wir die generelle doppelte Staatsbürgerschaft nicht für
richtig halten .
Wir haben Regelungen für Bürger der Europäischen
Union, und wir haben in der Großen Koalition, wie ich
finde, jetzt eine Regelung gefunden, die auch wir in die-
ser Koalition nicht infrage stellen, nämlich junge Men-
schen, die in Deutschland geboren werden,
Volker Beck
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 210 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 16 . Dezember 2016 21115
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nicht vor die Entscheidung zu stellen, zwischen dem
Land ihrer Väter und ihrem Vaterland wählen zu müssen .
Diese Regelung halte ich in der Tat auch für klug .
Trotzdem – und das ist ein zweiter wesentlicher Un-
terschied zwischen Ihnen und uns in der Debatte – sind
wir der Überzeugung, dass man die Frage von Identität,
Loyalität und auch Zusammengehörigkeitsgefühl nicht
allein an einem Stück Papier festmachen kann .
Deswegen springt man auch zu kurz, wenn man sich fest-
legen soll, ob man für oder gegen die doppelte Staatsbür-
gerschaft ist .
Denn in der Vergangenheit haben wir gelernt, dass die
Option nicht dazu geführt hat, dass jeder, der sich für den
deutschen Pass entschieden hat, sich auch als Bürger die-
ses Landes fühlt .
Ob die Regelung, die wir gefunden haben und die jetzt
gilt, in Zukunft einen anderen Effekt haben wird, müssen
wir uns erst anschauen .
Ob der Wegfall der Option dazu führt, dass es eine stär-
kere Identifizierung bei denen, die dann zwei Staatsbür-
gerschaften haben, gibt, bleibt, glaube ich, offen.
– Lieber Herr Beck, weil Sie immer dazwischenrufen:
Wenn Sie zuhören würden, würden Sie vielleicht selbst
in Ihrem Alter noch etwas lernen .
– Ich habe Ihnen sehr aufmerksam zugehört, und das fiel
sehr schwer, lieber Herr Beck .
Unser Parteitag hat – da zeigt sich der dritte große
Unterschied zwischen Ihnen und uns – eine große Über-
schrift gehabt. Wir haben gesagt: „Unsere Werte. Unsere
Zukunft.“, darum geht es.
Sie aber verteilen Papiere und verleugnen Werte . Auf der
Basis von Werten und nicht auf der Basis eines Stücks
Papier entstehen Zusammengehörigkeitsgefühl und
Identität .
Wenn Sie sagen, dass, wenn Menschen, die hier le-
ben, kein Deutsch können, wir halt ihre Sprache lernen
müssen,
dann ist das das falsche Signal .
Wenn aus Ihren Reihen Menschen kommen und sagen:
„Ach, wir könnten jemanden beschweren. Darum nennen
wir den Martinsumzug nicht mehr Martinsumzug, son-
dern Sonne-Mond-und-Sterne-Umzug“, dann ist das das
falsche Signal .
Wenn man Weihnachtsmärkte in Lichtermärkte oder
Lichterfeste umbenennt, dann ist das ebenfalls das fal-
sche Signal .
Wissen Sie, was ich noch bemerkenswerter finde?
Diese Vorschläge kommen nie von Menschen, die nach
Deutschland eingewandert sind, sondern immer nur aus
dem linken politischen Spektrum,
weil Sie in Wahrheit mit der eigenen Geschichte und den
Traditionen dieses Landes nicht viel am Hut haben .
Man kann also die linke Politik dieses Hauses in ei-
nem kurzen Satz zusammenfassen: Fahne doof, Hymne
doof, Sprache doof . – Das ist Ihr Bild von Deutschland .
Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Ich glaube nicht, dass
wir auf dieser Basis Menschen dafür begeistern, sich
Dr. Peter Tauber
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 210 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 16 . Dezember 201621116
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stolz Bürger dieses Landes zu nennen, egal woher die
Eltern kommen .
Der entscheidende Punkt ist: Es braucht ein Bekenntnis
zu diesem Land, zu seinen Werten und Überzeugun-
gen, zu seiner Geschichte, auch zu diesen drei Farben
Schwarz, Rot, Gold .
Deswegen reicht es nicht, nur die Frage zu stellen: Hat
jemand zwei Pässe oder nicht? Man muss die Frage stel-
len: Was fühlt er?
– Ich war nie kaisertreu, Herr Röspel, im Gegensatz zu
Ihnen .
– Entschuldigung: Sie tragen die rote Fahne, nicht ich .
Ich trage nur Schwarz- Rot-Gold . Ich habe keine andere
Fahne .
Insofern brauchen wir an dieser Stelle von Ihnen keine
Nachhilfe .
Wir haben ein Gesetz zur Integrationspflicht auf den
Weg gebracht . Wir laden Menschen ein, dieses Land zu
ihrem eigenen zu machen . Ob man dies tut, ist die ent-
scheidende Frage, die man beantworten muss .
Lieber Herr Beck, Sie haben Ihre Rede mit einer wun-
derschönen Stelle aus der Heiligen Schrift begonnen .
Deswegen rufe ich Ihnen am Ende meiner Rede zu: Blei-
ben Sie fröhlich – schöne Weihnachten!