Rede von
Stephan
Mayer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kol-
leginnen! Sehr geehrte Kollegen! Meine sehr verehrten
Kollegen von der Opposition, Sie werden überrascht
sein, aber ich bin Ihnen wirklich dankbar, dass Sie die
beiden Anträge gestellt haben, die heute zur Debatte ste-
hen . Diese Debatte gibt uns die Gelegenheit, manches
zurechtzurücken, was aus meiner Sicht in den letzten
beiden Tagen vollkommen fehl dargestellt wurde . Es gibt
uns auch die Gelegenheit, damit aufzuräumen, dass Sie
einen Umstand skandalisieren, nämlich die Sammelab-
schiebung, die am Mittwoch stattgefunden hat, die über-
haupt kein Skandal ist .
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, der
eigentliche Skandal liegt in anderen Dingen . Schauen Sie
sich in Berlin um . Schauen Sie sich den neuen Koaliti-
onsvertrag der rot-rot-grünen Landesregierung an .
Hier setzt sich die Landesregierung ganz klar dafür ein,
Abschiebegewahrsam, Abschiebehaft auf die Bundes-
ebene zu schieben, obwohl es täglich vorkommt, dass
abzuschiebende Personen sich verflüchtigen und am Tag
der Abschiebung nicht aufzufinden sind. Sie haben nach
wie vor in Berlin über 3 000 Flüchtlinge in Schulturn-
hallen untergebracht . Damit ist es Kindern und Jugend-
lichen nach wie vor nicht möglich, dem Sportunterricht
nachzugehen . Hier wäre Handlungsbedarf gegeben . Das
ist der eigentliche Skandal, meine sehr verehrten Kolle-
ginnen und Kollegen .
Abschiebungen sind ein wesentlicher Bestandteil ei-
ner konsequenten Durchführung des Asyl- und Flücht-
lingsrechts .
Die Rechtsfolge kann doch nicht die gleiche sein, Frau
Kollegin Künast . Gerade Sie als Vorsitzende des Rechts-
ausschusses müssten doch ein Interesse daran haben,
dass es eine unterschiedliche Behandlung der Personen
gibt, die ausreisepflichtig sind, gegenüber den Personen,
die ein Bleiberecht haben . Es kann doch nicht sein, dass
Personengruppen in der Rechtsfolge gleichbehandelt
werden, unabhängig davon, ob sie als Flüchtlinge aner-
kannt werden oder nicht .
Das ist der entscheidende Punkt . Deswegen gehört die
Ausreise derer, die ausreisepflichtig sind, die kein Blei-
berecht bekommen, zum Gesamtpaket des Asylrechts .
Ich möchte einem deutlich entgegentreten, weil vonsei-
ten der Opposition in den letzten beiden Tagen immer
wieder der Vorwurf insinuiert wurde, Deutschland wäre
herzlos, Deutschland wäre inhuman,
wenn diese Sammelabschiebung stattfindet.
Ich möchte ohne Überhebung ganz klar sagen:
Bei der Flüchtlingskrise hat sich neben Schweden kein
Land in den letzten 15 Monaten so humanitär gezeigt wie
Deutschland .
Deswegen ist dieser Vorwurf vollkommen verfehlt . Es
muss dazugehören, dass wir uns offen gegenüber den-
jenigen zeigen, die schutzbedürftig sind, die Verfolgung
erlitten haben, die malträtiert wurden, die geknechtet
wurden, die vergewaltigt wurden . Gegenüber denjenigen
muss Deutschland immer offen und aufgeschlossen sein.
Aber zum Gesamtkonzept gehört auch, dass diejenigen,
die kein Bleiberecht haben, unser Land konsequent ver-
lassen müssen .
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, der-
zeit befinden sich ungefähr 250 000 afghanische Flücht-
linge in Deutschland . Afghanistan steht nach wie vor auf
Platz zwei der Herkunftsländer . Im Jahr 2015 sind über
32 000 Asylanträge von afghanischen Staatsangehörigen
Vizepräsidentin Petra Pau
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 210 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 16 . Dezember 201621104
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gestellt worden . Allein in diesem Jahr sind es bislang
über 115 000 . Die Anerkennungsquote liegt derzeit bei
rund 50 Prozent . Das bedeutet, dass ungefähr die Hälfte
der afghanischen Antragsteller abgelehnt wird .
Ihnen wird also weder ein Flüchtlingsstatus zuerkannt
noch der Status des Asylbewerbers .
Wir haben derzeit über 12 500 ausreisepflichtige Af-
ghanen in Deutschland. Ich finde es deshalb sehr kon-
sequent und ich bin der Bundesregierung und vor allem
dem Bundesinnenminister sehr dankbar, dass in den
letzten Monaten sehr massiv die freiwillige Ausreise ge-
fördert wurde . Es haben – das ist in der Debatte bislang
leider untergegangen – allein schon in diesem Jahr über
3 200 freiwillige Ausreisen von afghanischen Staatsan-
gehörigen in ihr Heimatland stattgefunden . Das bedeu-
tet eine Verzehnfachung der freiwilligen Ausreisen im
Vergleich zum Jahr 2015 . Die Bundesregierung und die
Große Koalition unterstützen diese freiwilligen Ausrei-
sen richtigerweise .
Wir haben allein im Bundeshaushalt 2017 90 Mil-
lionen Euro zusätzlich für die Förderung der freiwilli-
gen Ausreise und vor allem auch für die Förderung der
Reintegration zur Verfügung gestellt . Es geht doch ganz
entscheidend darum, dass man den Heimreisenden die
Integration im Heimatland erleichtert . Dafür stellen wir
entsprechend Mittel zur Verfügung . Es wird bei freiwil-
liger Ausreise nicht nur die Heimreise bezahlt; es wer-
den auch 500 Euro pro Person für die Reintegration im
Heimatland zur Verfügung gestellt und Beihilfen für die
Reise innerhalb des Heimatlandes gewährt . Ich glaube,
Deutschland zeigt sich hier wirklich sehr human und
auch sehr unterstützend .
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, nun
konkret zum angeblichen Skandal, der vorgestern stattge-
funden haben soll . Was ist passiert? Es sind 34 Personen
abgeschoben worden, davon 10 einschlägig vorbestrafte
Straftäter, die sich Delikte wie Totschlag, Vergewalti-
gung, Raub und Diebstahl schuldig gemacht haben . Ich
bin der Meinung, es ist gut, dass sie mittlerweile außer
Landes sind .
Ich möchte auch in aller Deutlichkeit sagen: Es ist bei
jedem Einzelnen der 34 eine umfangreiche Einzelfallprü-
fung durchgeführt worden,
ob die Rückführung ins Heimatland zumutbar ist . Natür-
lich ist die Sicherheitslage in Afghanistan problematisch;
aber es gibt durchaus auch Gegenden und Städte, in de-
nen man mittlerweile wieder gefahrlos und sicher leben
kann .
Ich möchte hier für die CDU/CSU-Fraktion ganz deut-
lich sagen: Wir unterstützen unseren Bundesinnenminis-
ter Thomas de Maizière weiterhin nachdrücklich in dem
Bestreben, dass nach dem Sammelflug vom Mittwoch im
nächsten Jahr weitere Sammelrückführungen stattfinden
werden .
Ich bin auch dem Bundesinnenminister sehr dankbar,
dass er persönlich mit dazu beigetragen hat, dass ein
Rückführungsabkommen zwischen Deutschland und Af-
ghanistan zustande gekommen ist .
Abschließend geht mein klarer Appell an die Adresse
der Länder, sich intensiver zu beteiligen . Es haben nur
sechs Länder afghanische Staatsangehörige für diesen
Sammelflug vom vergangenen Mittwoch gemeldet. Wir
haben derzeit über 210 000 ausreisepflichtige Personen.
Die Befürchtung ist, dass diese Zahl deutlich ansteigt
und sich vielleicht bis zum Ende nächsten Jahres sogar
mehr als verdoppelt . Damit dies verhindert wird, müs-
sen Abschiebungen weiterhin konsequent durchgeführt
werden, weil damit auch der Anreiz reduziert wird, sich
weiterhin auf den gefahrvollen Weg nach Deutschland zu
machen, und – das ist für mich ein ganz entscheidender
Punkt – weil damit auch das Verständnis und die Akzep-
tanz in der deutschen Bevölkerung für unser Asylrecht,
das sehr human ist, wieder gestärkt werden .
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit .