Rede von
Gabriela
Heinrich
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Zu Ihrer zweiten Frage . Wenn Sie über die Finanzie-
rung des Instituts reden, dann stellen Sie indirekt, aber
doch implizit die Erfüllung bestimmter Aufgaben des In-
stituts infrage . Das muss ich Ihnen so sagen . Das ist das,
was bei den Kollegen ankommt .
Zu der anderen Frage . Ich habe wohl gehört, was Sie
gesagt haben. Sie haben Begriffe wie „sachlich“ benutzt.
Nur, Ihre Rede war nicht sachlich .
Ihre Rede hat sich nicht auf das bezogen, was Sie selbst
eingefordert haben . Natürlich gehört ein bisschen Inter-
pretation zu jeder Rede, zu jedem Bericht und zu dem,
was wir in unseren Köpfen haben, wie wir Dinge bewer-
ten . Das heißt, gehört habe ich es wohl, verstanden habe
ich es so nicht .
Ich würde jetzt ganz gern noch ein bisschen zu mei-
nem Thema kommen .
Mein Thema ist eines, das durchaus auch im Bericht des
Menschenrechtsinstituts vorkommt, nämlich das Thema
„Rassismus und rassistische Gewalt“. Es kommt aber
nicht nur im Bericht unseres Instituts vor, sondern, Herr
Kollege, zum Beispiel auch im Bericht des rumänischen
Kollegen Cezar Florin Preda in der Parlamentarischen
Versammlung des Europarats . Es kommt selbstverständ-
lich auch bei der internationalen Gemeinschaft vor . Es
geht also um Rassismus als Quelle von Menschenrechts-
verletzungen in Deutschland .
Ich denke, wir müssen dies deutlich ernster nehmen
als bisher . Auch das Institut geht sehr wohl auf den zu-
nehmenden Rassismus in Deutschland ein . Bei dem The-
ma wird faktisch ein Anstieg von politisch motivierter
Kriminalität und Gewalt von rechts benannt . Das BKA
verzeichnete 2015 über 1 000 politisch motivierte Straf-
taten gegen Flüchtlingsunterkünfte . Das ist ein Fakt . An
der Stelle können wir nicht von Interpretation reden . Das
war eine Vervierfachung im Vergleich zu 2014 . Im ersten
Halbjahr 2016 gab es bereits 530 solcher Gewalttaten .
Hinzu kommen körperliche Angriffe und Drohungen auf
bzw . gegen Journalistinnen und Journalisten, Helferinnen
und Helfer, Ehrenamtliche. All das findet in Deutschland
statt . Es gibt Morddrohungen auch gegen Politiker und
Politikerinnen . Die ersten Rücktritte von Lokalpolitikern
sind die Folge . Alle diese Geschehnisse, meine Damen
und Herren, sind Menschenrechtsverletzungen . Das sieht
auch die internationale Gemeinschaft so .
Dieser Anstieg der Gewalt ist auch eine Folge von
Hass, von Verschwörungstheorien und Lügen in nicht
moderierten sozialen Medien und Foren . Ein bestimmter
Teil unserer Gesellschaft glaubt dieser hetzerischen Pro-
paganda mehr als einer ausgewogenen Berichterstattung .
Hass im Netz ist die Folge . Und Hass im Netz ist ein
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 210 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 16 . Dezember 2016 21075
(C)
(D)
Angriff auf die Menschenrechte, ist ein Angriff auf die
Würde jedes und jeder Einzelnen .
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in beiden Berich-
ten wird viel beschrieben, analysiert, gelobt, bemängelt,
empfohlen . Der EU-Bericht ist ein wichtiges Nachschla-
gewerk, das viel Wissenswertes darbietet, auch über
Menschenrechtsinstrumente . Wir würdigen ihn zu Recht
in unserer Beschlussempfehlung .
Wir haben aktuell allerdings zu dem Thema, das ich
eben benannt habe, keine schnellen Lösungen . Es gibt
aber Gegenmaßnahmen. Gegen Hass kämpft die „No
Hate Speech“-Kampagne des Europarats, die wir hier in
Deutschland umsetzen, unterstützt durch das Familien-
ministerium . Meine niederländische Kollegin Marit Maij
arbeitet an einem Bericht für die Parlamentarische Ver-
sammlung des Europarats mit vielen Forderungen und
vor allem dem Appell an die Europäer, ihre Demokratien
vor der gedanklichen Vermüllung durch Lügen und Pro-
paganda zu schützen .
Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste, wir werden
gemeinsam sozusagen angegriffen von Filterblasen, die
vermeintlich die Meinung, das Interesse der Mehrheit
verkünden, Filterblasen, in denen immer lauter, immer
schriller, immer hysterischer gehetzt wird, bei denen es
letztendlich aber nur darum geht, durch Klicks und Likes
Werbung zu verkaufen . Damit wird unendlich viel Geld
verdient . Deshalb lautet eine Forderung für die Mitglied-
staaten des Europarats, dass Internetkonzerne endlich
nationale Gesetze einhalten müssen . Facebook und Co .
müssen Hasskommentare löschen .
Es geht nicht nur darum, Fake News zu kennzeichnen
und zu entscheiden, was wahr und was falsch ist . Es geht
um Hasskommentare. Es geht um Angriffe auf die Men-
schenwürde und auf die Menschenrechte . Es kann nicht
sein, dass unter dem Deckmäntelchen der Meinungs-
freiheit Gesetze gebrochen werden. Der Slogan der „No
Hate Speech“-Kampagne bringt es auf den Punkt: „Hass
ist keine Meinung“.
Danke .