Rede von
Ingrid
Pahlmann
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Minister
Schmidt! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Im Er-
nährungspolitischen Bericht, der hier heute vorgestellt
wurde, geht es um Grundlagen, Ziele und Maßnahmen
im Bereich der Ernährungspolitik und um Verbraucher-
schutz . Damit geht es um wichtige Themen, die uns alle
etwas angehen . Wir reden von Ernährungssicherung, Le-
bensmittelsicherheit, vom Schutz der Verbraucher vor Ir-
reführung, von Nachhaltigkeit im Konsum, Ernährungs-
bildung und Information und von Ernährungsprävention .
Ich bin Hauswirtschaftsleiterin, habe selber jahrelang
junge Menschen bei uns im Betrieb ausgebildet und weiß
deshalb aus eigener Erfahrung, dass all diese Themen
manchmal recht zäh zu vermitteln sind . Ernährungsbil-
dung, Umgang mit Nahrungsmitteln, Vermeidung von
Nahrungsmittelverschwendung sind nicht unbedingt hip-
pe Themen unter jungen Menschen . Mir ist aber bewusst,
dass es schwer ist, sich ohne eine gewisse Grundbildung
gesund und ausgewogen zu ernähren – gerade heute, in
Zeiten des absoluten Überflusses, in denen wir alle mög-
lichen Produkte in schier unendlicher Vielfalt in den
Regalen der Einkaufsmärkte vorfinden. Wir finden dort
nicht nur Grundnahrungsmittel, sondern auch vielfach
vorgefertigte Teil- oder Voll-Convenience-Produkte .
Das erschwert den Durchblick, was gesund ist . Was
brauche ich wirklich? Welche Zusatzstoffe will ich nicht
essen? Welche vertrage ich gesundheitlich nicht? Mir
reicht es nicht, zum Beispiel durch eine simple Am-
pelkennzeichnung den Menschen zu sagen: Dieses Le-
bensmittel hat viel Zucker, jenes hat viel Fett, und das
andere enthält viele Kohlenhydrate . Ich weiß, dass der
Austausch von Zucker durch Zuckerersatzstoffe nicht die
bessere und gesündere Variante ist .
Wir möchten, dass die Menschen wieder ein solides
Basiswissen haben und wieder lernen, wie viel sie wo-
von brauchen und was gut für sie ist . Wir wollen, dass
die Menschen nicht dumm gehalten werden, sondern ihre
Kaufentscheidungen bewusst auf der Basis von Wissen
treffen können und nicht durch staatliche Bevormundung
Jeannine Pflugradt
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 210 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 16 . Dezember 201621060
(C)
(D)
gelenkt werden . Ich erinnere noch einmal an Veggieday
und Smileys; über die Ampelkennzeichnung habe ich
schon etwas gesagt . Wer unbedingt Analogkäse essen
will, der soll es tun, aber er muss es dann auch bewusst
tun .
Ich freue mich sehr, dass unser Minister diese Proble-
matik auf die Tagesordnung gesetzt und viele Mosaik-
steine, die Ernährungsbildung und Ernährungswissen im
Fokus haben, auf den Weg gebracht hat . Er hat erkannt,
dass es unumgänglich ist, dieses Wissen wieder in die
Köpfe der Menschen zu pflanzen. Nur wer Grundkennt-
nisse im Bereich der Ernährung hat, kann eine Wahl
treffen und entscheiden, ob er sich omnivor, vegetarisch,
vegan oder sonst wie ernähren will . Dazu gehört dann
aber auch, dass er sich auf Verpackungsangaben verlas-
sen kann .
Nehmen wir einmal als Beispiel die vegane Ernäh-
rung; sie wurde hier schon mehrmals angesprochen .
Hier muss man sich mit vielen Dingen auseinanderset-
zen. Man muss Nährstoffe kennen und wissen, was der
Körper braucht und welche Bausteine in veganen Le-
bensmitteln nicht vorhanden sind . Vor allem aber muss
man wissen, wie diese Ernährungsweise ergänzt werden
muss, um wirklich gesund zu sein .
Auf der anderen Seite muss sich ein Veganer darauf ver-
lassen können, dass vegane Produkte frei von tierischen
Elementen sind . Tatsächlich aber enthalten viel zu viele
als vegan beworbene Produkte Inhaltsstoffe tierischer
Herkunft, die nicht ausgewiesen werden müssen .
Die Bundesregierung – unser Minister – hat diesbe-
züglich gehandelt und sich für eine europaweit einheitli-
che Definition von „vegan“ und „vegetarisch“ eingesetzt.
Schon in der seit Dezember 2014 gültigen Lebensmittel-
informations-Verordnung ist in Artikel 36 vorgesehen,
dass die Europäische Kommission eine einheitliche Defi-
nition für Informationen über die Eignung eines Lebens-
mittels für Vegetarier und Veganer erlässt . Dem ist die
Kommission aber bis heute nicht nachgekommen . Die
Bezeichnung „vegan“ ist lebensmittelrechtlich nicht de-
finiert und nicht geschützt. Die Kontrollen sind zudem
viel zu wenig transparent, und das muss sich ändern .
Unserer Meinung nach geht das aber noch weiter . Ich
komme zu dem netten Thema: Wann ist eine Wurst eine
Wurst? Wann ist ein Schnitzel ein Schnitzel? Allein das
ist schon nicht geklärt . Der Verbraucher muss aber doch
erkennen können, was er isst . Ist es wirklich Fleisch, oder
ist es ein fleischfreies Produkt? Es muss drin sein, was
draufsteht, und es muss draufstehen, was drin ist .
Unser Ziel muss es sein, den Verbraucher vor Täuschung
zu bewahren und die Qualität der Produkte zu schützen .
Wir fordern daher Klarheit und Wahrheit für Hersteller
und Verbraucher . Liebe Kollegen der Grünen, Sie fordern
das sonst doch auch immer vehement . Aber beim Thema
„vegan“ ist Ihnen das ziemlich egal. Ich finde das sehr
inkonsequent .
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist nur ein kur-
zer Abriss eines wirklich großen Themenkomplexes, der
aber hoffentlich zeigt, dass die Lebensmittelkennzeich-
nung ein essenzieller Baustein für bewusste Verbraucher-
entscheidungen ist .
Inzwischen ist bewiesen, dass adipöse Mütter mit ho-
her Wahrscheinlichkeit adipöse Kinder zur Welt bringen,
dass fehlernährte Mütter irreparable Schäden an ihren
Kindern provozieren . Deshalb ist es wichtig, dass wir
den Fokus verstärkt auf Ernährungsbildung, Produkt-
sicherheit und klare Kennzeichnung legen . Diese Re-
gierung hat das erkannt und handelt, hat hohe Ziele im
Bereich „Ernährungspolitik und Verbraucherschutz“ und
geht diesen Weg konsequent weiter .
Noch ein Satz, obwohl meine Zeit abgelaufen ist: Sie
tun immer so, als wenn unsere Nahrungsmittel uns ver-
giften würden . Liebe Kollegen der Opposition, wir haben
die sichersten und besten Nahrungsmittel, die es gibt .
Liebe Bürgerinnen und Bürger, lassen Sie sich Ihr Weih-
nachtsfest nicht durch politische Polemik verderben! Ge-
nießen Sie das Weihnachtsfest! Genießen Sie das Essen!
Es wird immer so getan, als seien unsere Nahrungsmittel
schlecht . Wir haben super Nahrungsmittel .
Ich wünsche allen ein frohes Weihnachtsfest .