Rede von
Oliver
Krischer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Man fragt sich ja: Warum setzen die Koalition und Mi-
nister Schmidt kurz vor Weihnachten einen Bericht auf
die Tagesordnung, der schon im Sommer veröffentlicht
worden ist und über ein Jahr alt ist? Bei genauerer Be-
trachtung erkennt man, dass er nicht viel mehr als eine
Werbebroschüre ist . Da steht zum Beispiel drin, wofür
das Ministerium zuständig ist . Mein Eindruck ist, Minis-
ter Schmidt muss sich hier selber noch einmal beweisen,
dass er existiert und Landwirtschaftsminister ist . Denn
draußen hat das in den letzten vier Jahren wohl niemand
gemerkt .
Das, was wir immer wieder an Ankündigungen hö-
ren – auch eben haben wir wieder gehört, was alles ge-
macht werden soll –, findet in der Realität nicht statt.
Da ist der Bericht entwaffnend ehrlich, Herr Minister
Schmidt . Denn darin schreiben Sie unter der Überschrift
„Was bleibt zu tun?“ den denkwürdigen Satz – ich zitie-
re –: „Aufgabe der Politik ist es nunmehr, ... zu prüfen,
wo weitere Feinjustierungen erforderlich werden.“
Um Feinjustierungen geht es aber nicht . Wir haben in
der Agrar- und Ernährungspolitik eine Riesenbaustelle,
um die Sie sich nicht kümmern . Das ist das Problem,
Herr Minister Schmidt .
Sie blenden so ziemlich jeden gesellschaftlichen Kon-
flikt in der Ernährungspolitik aus. Außer Ankündigungen
ist in dieser Wahlperiode nichts gewesen .
Nur einige Beispiele . Zu dem Lebensmittel Nummer
eins, dem Trinkwasser, findet sich kein Wort in dem Be-
richt . Sie schreiben auch nichts zur Überdüngung und zur
Nitratbelastung . Dabei wären es gerade das Ministerium,
der Minister und diese Bundesregierung, die etwas tun
müssten . Aber sie tun nichts, und das ist das Problem .
Beim Thema Gentechnik sieht es genauso aus . Die
Verbraucher wollen keine Gentechnik auf dem Teller .
Das ist eindeutig. In Ihrem Bericht findet sich nichts
dazu . Sie hätten es in der Hand, dafür zu sorgen, dass
es in Deutschland zu einem einheitlichen Anbauverbot
kommt . Stattdessen bekommen wir einen Flickenteppich
und eine Zwangsbeglückung mit Gentechnik . Das ist
Ihre Politik .
Das nächste Thema finde ich persönlich am proble-
matischsten: Niemand von uns – kein Verbraucher und
niemand, der isst – möchte Gifte in seinen Nahrungsmit-
teln . Sie hätten es in der Hand, Glyphosat aus der Welt zu
schaffen und sich um eine pestizidfreie Landwirtschaft
zu bemühen. Das findet sich nicht in Ihrem Bericht; das
findet sich nicht in Ihrer Politik. Genau das ist das Pro-
blem, meine Damen und Herren .
Statt den Ökolandbau zu fördern, fördern Sie weiter
Megaställe und entsprechen nicht den Ernährungswün-
schen, die die Menschen haben . Das wäre der richtige
Ansatz .
– Wenn Sie sich so schön aufregen, dann scheint es of-
fensichtlich zu treffen, Herr Schmidt. Das ist sehr, sehr
schön .
Kollegin Maisch hat es eben gesagt: Wir haben schon
fast die Hoffnung aufgegeben, dass in dieser Wahlperiode
noch irgendetwas aus Ihrem Haus kommt . – Ich glaube
auch nicht mehr, dass noch irgendeine inhaltlich relevan-
te Änderung, ein Kurswechsel oder eine Agrarwende, die
aus vielen, vielen Gründen dringend erforderlich wäre,
kommt .
Aber eines passiert jetzt plötzlich doch . Jetzt haben
wir es mit der Aktion „Aussaat 2017“ – das heißt wirk-
lich so, meine Damen und Herren – zu tun .
Da macht der Minister plötzlich eine ganz neue Abtei-
lung, und es werden Stabsstellen geschaffen. Es hätte
mich schon interessiert, was das für eine Bedeutung hat,
Herr Minister. Ist das die vorgezogene Aktion „Abend-
sonne 2017“, mit der Sie schon Strukturen für die Zeit
Katharina Landgraf
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 210 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 16 . Dezember 201621056
(C)
(D)
nach Ihrem Abgang schaffen wollen? Dazu äußern Sie
sich nicht .
Was wir brauchen, meine Damen und Herren, ist eine
wirkliche Agrarwende, bei der die Verbraucher, gesunde
Ernährung und eine nachhaltige Landwirtschaft im Mit-
telpunkt stehen . Das ist bei dieser Bundesregierung über-
haupt nicht zu erkennen .
Die vier Jahre Schmidt, die es am Ende sein werden,
sind nicht nur verlorene Jahre, sondern es sind Jahre, in
denen es in die völlig falsche Richtung gegangen ist .
Das muss sich bei der nächsten Bundestagswahl ändern,
meine Damen und Herren .
Danke schön .