Rede von
Katharina
Landgraf
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-
ren! Wir sprechen heute in verbundener Debatte über so
viele Themen, dass es mir unmöglich ist, auf alles ein-
zugehen . Daher nehme ich mir die Freiheit und spreche
heute, am Ende dieses Jahres – wir sind ja in der Ad-
ventszeit –, über das, was mir am Herzen liegt: gesunde
und ausgewogene Ernährung – von der Schwangerschaft
über die Kindheit bis ins hohe Alter . Dieses Ziel erreicht
man nicht mit Verboten, Maßregeln und Einschränkun-
gen, sondern vor allen Dingen mit Freude am Kochen,
beim gemeinsamen Essen und beim Genießen, vor allem
in der Weihnachtszeit .
Natürlich benötigt man auch in einem gewissen Maße
Fachwissen darüber, welche Lebensmittel wie zubereitet
werden und wo offensichtlich und versteckt Fett-, Salz-
und Zuckerfallen lauern . Aber viel wichtiger ist es, die
eigene Ernährung ganz praktisch zu sehen und einfach
loszulegen . Dabei können schon die kleinsten Familien-
mitglieder einbezogen werden und – je nach Alter – Ge-
müse schneiden oder auch nur die Nudeln in den Topf
werfen . Der Stolz über die selbst zubereitete Mahlzeit
lässt diese dann gleich noch einmal so gut schmecken .
Gleichzeitig ist das gemeinsame Essen mit der Familie
ein wichtiger Ruhepunkt in unserer hektischen Zeit
Nicole Maisch
http://www.check-deine-dosis.de
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Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 210 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 16 . Dezember 201621054
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und fördert die Kommunikation ungemein, wenn man
zudem die Smartphones vom Esstisch verbannt .
Das Entscheidende bei allen guten Ratschlägen und
Empfehlungen ist und bleibt aber die Motivation des Ein-
zelnen . Jeder sollte frei entscheiden, für sich, für seinen
Körper das Beste zu tun – und nicht nur für seinen Kör-
per; denn – wie heißt es so schön? –: Nur in einem gesun-
den Körper wohnt ein gesunder Geist . Da schlägt man
sozusagen zwei Fliegen mit einer Klappe . Man muss sich
dessen nur bewusst sein und dazu noch das nötige Wis-
sen besitzen .
Sollte es an letzterem fehlen, habe ich eine gute Nach-
richt für alle, die motiviert sind, dies zu ändern . Ich arbei-
te seit einiger Zeit an einem neuen Projekt, und langsam
ist es so weit vorangeschritten, dass ich es Ihnen vorstel-
len möchte: das Deutsche Kochabzeichen . Mit dem Slo-
gan „Damit es mir gut geht“ werden alle Generationen
angesprochen, und dieser einfache Wunsch drückt tref-
fend das Interesse und die Motivation des Einzelnen aus
am Erwerb des Kochabzeichens und an der Erreichung
des Ziels einer gesunden Ernährung und bewussten Le-
bensführung .
Angelehnt an das Deutsche Sportabzeichen sollte es
beim Erwerb des Kochabzeichens um unterschiedliche
Disziplinen gehen . Es sollte einen theoretischen und ei-
nen praktischen Teil geben . Der Theorieteil sollte sich
auf die Bereiche Ursprung und Herstellung konzentrie-
ren und der Praxisteil auf die Bereiche Zubereitung,
Genuss und Verbrauch . Als Praxispartner sind die Volks-
hochschulen, Verbraucherzentralen und Sportvereine im
Gespräch, natürlich auch die Landfrauen . Auch unser
Bundesministerium ist schon informiert . Und das dann
später zuständige Bundeszentrum für Ernährung wird
hoffentlich einer finanziellen Förderung im Rahmen von
IN FORM zustimmen .
Jetzt ist bekanntlich die Zeit, in der man Wünsche
äußern darf . Da wir schon bei Wünschen sind, erlaube
ich mir, einen weiteren Wunsch zu äußern, nämlich den
nach einer besseren und nachhaltigeren Zusammenar-
beit mit den Gesundheitspolitikern . Der Zusammenhang
zwischen falscher Ernährung und der Entstehung ernäh-
rungsbedingter Krankheiten ist unbestritten . Ebenso un-
bestritten sind die dadurch entstehenden enormen Kosten
für unser Gesundheitssystem, also für die Allgemeinheit .
Daher ist gesunde Ernährung die beste Prävention .
In diesem Zusammenhang ist auch das Problemfeld
der Mangelernährung in unserer Wohlstandsgesellschaft
zu sehen . Ja, sie tritt gehäuft bei älteren Menschen auf,
zum Beispiel durch falsches Essen oder zu wenig Essen .
Die Senioren werden dann schwächer, und die Muskel-
masse wird abgebaut . Das wiederum führt schneller zu
Stürzen und Knochenbrüchen . Die Folgen sind gehäufte
und längere Krankenhausaufenthalte, im schlimmsten
Fall sogar Pflegebedürftigkeit.
Ich war kürzlich bei einer Veranstaltung zu diesem
Thema und sehe dringenden Handlungsbedarf . Die Fol-
gen der Mangelernährung sind leider noch zu wenig be-
kannt, aber sie sind gravierend, ganz zu schweigen von
den Kosten . Gesunde und ausgewogene Ernährung trägt
also dazu bei, dass sich jeder länger selbstständig versor-
gen kann und im besten Falle nicht auf außerhäusliche
Pflege angewiesen ist. Damit steigt auch die Lebenser-
wartung . Aber nötig sind die Aufklärung der Patienten
und die Fortbildung der Hausärzte, damit die Mangeler-
nährung frühzeitig erkannt werden kann .
Doch nicht nur den Älteren, sondern auch den ganz
Jungen bzw . noch Ungeborenen gehört unsere besonde-
re Aufmerksamkeit . Die richtige Ernährung schon in der
Schwangerschaft bzw . in den ersten 1 000 Tagen nach
der Geburt des Kindes ist von großer Bedeutung für die
gesunde Entwicklung des Babys bzw . des Kleinkindes .
Das bundesweite Netzwerk „Gesund ins Leben –
Netzwerk Junge Familie“ kümmert sich um diesen wich-
tigen Lebensabschnitt . Es bezieht dabei Hebammen,
Frauen-, Kinder- und Jugendärzte mit ein . So werden
Kompetenzen ergänzt und Synergien geschaffen. Es
entwickelt einheitliche Handlungsempfehlungen in den
Bereichen Ernährung, Bewegung und Allergieprävention
rund um die Zeit von Geburt und früher Kindheit . So eine
enge Zusammenarbeit und gemeinsame Festlegung sind
national und international einmalig und verdienen unsere
volle Anerkennung .
Aus den Handlungsempfehlungen und aus einem Mo-
dellprojekt entwickelte sich das „Bündnis Frühkindliche
Prävention“. Hier ist das Ziel, Vorsorgeuntersuchungen
in der Schwangerschaft und im ersten Lebensjahr des
Kindes um honorierte präventive Beratungsleistungen –
Beamtendeutsch – zu erweitern und sich um Ernährung
und Bewegung zu kümmern . Dazu benötigen wir wieder
die Kooperation mit den Gesundheitspolitikern. Ich fin-
de, wir sollten das Netzwerk „Gesund ins Leben“ für eine
weitere Zusammenarbeit mit unseren Kolleginnen und
Kollegen im Gesundheitsbereich zum Vorbild nehmen .
Damit könnten wir im neuen Jahr starten .
Zum Abschluss noch eine frohe Botschaft .
Wenn man alle Anträge der Debatte betrachtet, erkennt
man: Es verbindet sie – ungeachtet aller Unterschiede –
ein gemeinsames Ziel: Wir alle wollen, dass die Men-
schen in der Lage sind, sich mit sicheren und gut gekenn-
zeichneten Produkten gesund zu ernähren, wenn sie es
denn wollen . Damit es uns in den nächsten Monaten ge-
lingt, das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren und uns
seltener auf der Suche nach dem richtigen Weg zu verir-
ren, finde ich, sollten wir uns heute, gerade in adventli-
cher Stimmung, vornehmen, gemeinsam voranzugehen .
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein frohes und ge-
segnetes Weihnachtsfest . Genießen Sie – in Maßen – den
Festschmaus, die Plätzchen und die anderen Leckereien .
Keine Sorge: Das viele Essen legt sich nicht gleich auf
die Hüften; denn man nimmt bekanntlich nicht zwischen
Weihnachten und Neujahr zu, sondern zwischen Neujahr
und Weihnachten .
Katharina Landgraf
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 210 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 16 . Dezember 2016 21055
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Vielen Dank .