Rede von
Elvira
Drobinski-Weiß
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kolle-
gen! Herr Minister Schmidt! Liebe Zuschauerinnen und
Zuschauer auf den Tribünen! Schön, dass wir heute Ihren
Ernährungspolitischen Bericht endlich auf der Tagesord-
nung haben, Herr Minister Schmidt . Er passt ja auch her-
vorragend in die Vorweihnachtszeit . Im Dezember wird
ja, zumindest gefühlt, doppelt so viel gegessen wie sonst .
Voll sind aber nicht nur die Keksdosen oder die Scho-
koschubladen, voll ist auch die ernährungspolitische
Agenda . Über zu wenige Baustellen können wir uns je-
denfalls nicht beklagen . Sie führen sie ja alle in Ihrem
Bericht auf und haben vorhin auch einige genannt, zum
Beispiel die Lebensmittelverschwendung, die bis 2030
halbiert werden soll . Sie haben eine umfassende Stra-
tegie angekündigt, und wir sind wirklich sehr gespannt,
was Sie vorlegen werden .
Vorlegen werden Sie diese doch hoffentlich Anfang des
nächsten Jahres; denn ansonsten wird es wohl ein biss-
chen knapp, sie umzusetzen .
Ein weiteres Beispiel ist das Thema „gesunde Ernäh-
rung“. Wie die konkreten nächsten Schritte unserer nati-
onalen Reduktionsstrategie – Sie wissen ja, wir wollen
den Anteil von Zucker, Salz und Fett in Lebensmitteln
reduzieren – aussehen sollen, sollte eigentlich auch bis
Ende 2016 bekannt sein . Das wird wahrscheinlich nichts
mehr, oder? Gut, Weihnachtsstress kennen wir alle . Aber
Sie können das nicht bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag
hinausschieben, Herr Minister . Und Anfang des nächsten
Jahres muss die Strategie, damit sie überhaupt in Gang
kommt, stehen .
Gute Ernährungs- und Verbraucherpolitik sorgt dafür,
dass alle informierte Kaufentscheidungen treffen kön-
nen . Unabdingbar dafür ist eine klare Kennzeichnung .
Ausnahmsweise geht es dabei einmal nicht um die Am-
pel, sondern um die Kennzeichnung vegetarischer und
veganer Produkte; dazu liegt uns auch ein Antrag vor .
Gemeinsam mit unserem Koalitionspartner bringen
wir heute einen Antrag ein . Wir wollen eine EU-weite
verbindliche Definition für die Begriffe „vegan“ und
„vegetarisch“. – Herr Minister, ich weiß, da sind Sie auf
unserer Seite, und deshalb bitte ich Sie, dass Sie sich in
Brüssel weiter dafür starkmachen .
All die Menschen, die zu veganen oder vegetarischen
Produkten greifen – ihre Zahl ist in den letzten Jahren
deutlich gestiegen –, brauchen eine verlässliche Kenn-
zeichnung .
Karin Binder
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 210 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 16 . Dezember 201621052
(C)
(D)
Egal, ob Gummibärchen, Gemüsebällchen, Kartof-
felchips oder sogar Sojaschnitzel – wenn das Produkt als
vegetarisch oder vegan deklariert ist, müssen Verbrau-
cherinnen und Verbraucher sicher sein können, dass auch
in Zusatzstoffen, in Aromen oder in Hilfsstoffen kein Tier
steckt .
Noch ein Wort zum Sojaschnitzel . Es gibt aus den
Reihen des Fleischerhandwerks Widerstände gegen sol-
che Bezeichnungen. Offenbar wird befürchtet, dass die
Fleischesser das Sojaschnitzel für ein echtes Schnitzel
halten könnten . Ich persönlich halte das für ziemlich ab-
wegig . Es gibt auch überhaupt keine Hinweise aus der
Verbraucherforschung, dass es in den Supermärkten jetzt
zu massenhafter Verwirrung oder Täuschung von Schnit-
zelkäufern kommt .
Im Gegenteil: Die Bezeichnung „Sojaschnitzel“ oder
„Tofuwürstchen“ kann ein hilfreicher Hinweis sein,
wie das Produkt schmeckt oder wie es zuzubereiten ist .
Selbstverständlich muss eindeutig und unmissverständ-
lich auf der Frontseite der Verpackung klar werden, dass
es sich um ein veganes oder vegetarisches, also fleischlo-
ses Produkt handelt . Unabhängig von der EU-Kenn-
zeichnung muss hier kurzfristig für Klarheit gesorgt
werden, und das kann sehr wohl die Deutsche Lebens-
mittelbuch-Kommission, die dies in einem entsprechen-
den Leitsatz erarbeiten muss .
Relevant dafür sollte nicht sein, was die Fleischer wol-
len oder fürchten, sondern, was für die Verbraucherinnen
und Verbraucher am besten ist, was für sie verständlich
ist und was ihren Erwartungen entspricht .
Das Verbraucherportal „Lebensmittelklarheit“ – es wur-
de schon mehrfach angesprochen – und die begleitende
Verbraucherforschung sollten beobachten, wie Konsu-
menten Produktkennzeichnungen verstehen und wo es
tatsächlich zu Verwirrung kommt .
Liebe Kolleginnen und Kollegen, gute Ernährungs-
politik sorgt für klare Verbraucherinformation und für
sichere Lebensmittel und schafft gleichzeitig ein Ernäh-
rungsumfeld, das die gesunde, nachhaltige Wahl erleich-
tert . Wir sind auf dem Weg dahin, haben aber noch viel
zu tun . Lassen Sie uns alle zusammen im nächsten Jahr
mit aller Kraft daran arbeiten!
Herzlichen Dank .