Guten Morgen, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen
und Kollegen! Meine Damen und Herren! Herr Minister,
Ihr Ernährungsbericht ist keine leichte Kost . Es stecken
nach wie vor zu viele Dickmacher und zu viele Schad-
stoffbelastungen in den Lebensmitteln. Das zeigt uns,
dass noch viel zu tun ist .
Nach wie vor setzen Sie auf Freiwilligkeit und auf
guten Willen und schieben die Verantwortung auf die
Länder und die Kommunen ab, statt Verantwortung zu
übernehmen und klare und verbindliche Regelungen
zu treffen. Das Thema „krebserregende Mineralölrück-
stände“ beschäftigt uns seit Jahren. Alle Kolleginnen
und Kollegen in unserem Ausschuss für Ernährung und
Landwirtschaft wissen um die Problematik, aber es wird
nichts Effektives dagegen getan. Es gibt nur eins: die Be-
lastungen dadurch zu senken, dass wir diese Rückstände
verbieten . Es muss verboten werden, dass in Lebensmit-
telverpackungen recyceltes Papier verwendet wird, das
mit genau diesen Mineralölrückständen belastet ist . Das
bedeutet: Letztendlich müssen wir diese mineralölhalti-
gen Farben verbieten; denn sonst werden wir sie immer
wieder in Lebensmitteln finden, und das darf nicht sein.
Diese Stoffe sind krebserregend.
Das Gleiche betrifft auch Kinderspielzeug. Das hat
zwar nichts mit Lebensmitteln zu tun, aber auch hier
bestehen Belastungen, weil Kinder Spielzeuge in den
Mund nehmen . Deshalb ist dieser Bereich auch im ge-
sundheitlichen Verbraucherschutz in Ihrem Ministeri-
um angesiedelt . Zwar gibt es eine deutsch-chinesische
Expertenkommission, die beim Wirtschaftsministerium
angesiedelt ist und die sich um das Problem von belaste-
ten Spielzeugen kümmern soll, aber seit Jahren passiert
nichts . Nach wie vor erfahren wir immer wieder, dass auf
europäischer Ebene im Meldesystem RAPEX Spielzeuge
an oberster Stelle stehen, wenn es um gefährliche Gegen-
stände geht . Das kann doch nicht wahr sein . Hier muss
etwas passieren, Herr Minister . Schalten Sie sich ein in
diese Kommission – im Sinne der Kinder, im Sinne der
Verbraucherinnen und Verbraucher .
Lebensmittelskandale gibt es nach wie vor . Sie erin-
nern sich vielleicht an die mit Salmonellen verseuchten
Eier der Firma Bayern-Ei im vergangenen Jahr, an Lis-
terien in der Wurst mit tödlichem Ausgang für manche
der Betroffenen und viele Erkrankungen. Es sind allein
in den vergangenen fünf Jahren 16 000 Menschen in
Deutschland aufgrund solcher belasteten Lebensmittel
erkrankt . 75 Menschen sind gestorben . Das ist ein Skan-
dal . Das muss doch ein Zeichen sein, dass hier viel mehr
getan werden muss . Letztendlich muss man sagen: Das
Ganze steht und fällt mit den amtlichen Lebensmittel-
kontrollen, und wir wissen alle, dass diese Kontrolleu-
re bezüglich der Arbeitsbelastung am Anschlag sind .
Sie sind einer großen Belastung ausgesetzt, weil es viel
zu wenige Kolleginnen und Kollegen gibt, die mit an-
packen . Wir brauchen also eine bessere Ausstattung bei
den Lebensmittelkontrolleuren . Wir brauchen auch eine
bessere materielle und technische Ausstattung, die heute
notwendig ist, um all diesen Schadstoffen, um all diesen
Krankheitserregern auf die Spur zu kommen .
Gesunde Ernährung steht und fällt eben leider nicht
nur mit der Kennzeichnung, obwohl ich sage, dass Kenn-
zeichnung ganz wichtig ist; denn sie ermöglicht über-
haupt erst die Entscheidung von Verbraucherinnen und
Verbrauchern . Herr Minister, warum wehren Sie sich
nach wie vor gegen die Ampelkennzeichnung?
Sie sagen, alles sei verständlich, alles sei wunderbar . Aber
Informationen in einer Schriftgröße von nur 0,2 Milli-
metern – ich sage es mal so – können viele Menschen
nicht lesen, zumindest nicht in der Eile eines Einkaufs .
Deshalb wäre die farbliche Unterlegung mit Grün, Gelb
und Rot, um erkennbar zu machen, wo Dickmacher drin
sind, die wir alle eigentlich nur in Maßen zu uns nehmen
sollten, die einfachste Lösung . Warum wehren Sie sich
nach wie vor dagegen?
Dass wir jetzt mittlerweile Lebensmittel als vegan und
vegetarisch kennzeichnen, halte ich für sehr wichtig . Ich
halte es im Sinne einer ausgewogenen Ernährung auch
durchaus für sinnvoll, dass Regelungen im Zusammen-
hang mit Gemeinschaftsverpflegungen, mit Kinder- und
Schulverpflegung getroffen werden. Es besteht ganz klar
das Bedürfnis, zum Beispiel im Sinne des Tierwohls
oder im Sinne der eigenen Weltanschauung, entscheiden
zu können, dass man keine tierischen Produkte zu sich
nimmt oder eben nur in einem Maß, das vertretbar ist .
Deshalb haben auch wir in diesem Zusammenhang For-
derungen an die Bundesregierung .
Sie haben einen entsprechenden Antrag eingebracht .
Er ist durchaus bedenkenswert . Aber ich frage mich, wa-
rum Sie zum Schluss fordern, sich dafür einzusetzen,
dass Lebensmittelhersteller, die von der in den Leitsätzen
der Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission beschrie-
benen Qualität abweichen, diese Abweichungen auf ih-
Bundesminister Christian Schmidt
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 210 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 16 . Dezember 2016 21051
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ren Produkten deutlich machen müssen . Entweder es ist
vegetarisch, oder es ist vegan, oder es ist es eben nicht .
Warum machen Sie gleich wieder ein Hintertürchen auf?
Das ist doch Unsinn . Um Himmels willen, streichen Sie
diesen Punkt aus Ihrem Antrag . Dann könnten wir ihm
zustimmen . So leider nicht .
Sie reden über ein Bundeszentrum für Ernährung,
über Infoportale und didaktische Materialien – alles wun-
derbar . Aber ich sage es einmal so: Theorie ist das eine,
also Theorie im Nationalen Qualitätszentrum für gesun-
de Ernährung in Kita und Schule, Theorie bei einem In-
stitut für Kinderernährung . Das alles brauchen wir . Aber
wir brauchen auch die Praxis, Herr Minister . Die Praxis
bedeutet Kita- und Schulverpflegung für alle Kinder in
Deutschland, und zwar kostenfrei, weil die Qualität sonst
nicht gewährleistet werden kann .
Wir brauchen diese Praxis im Sinne von Fürsorge und
Vorsorge des Staates . Deshalb sehe ich hier den Bund in
der Pflicht und nicht die Länder und die Kommunen. Der
Bund hat etwas davon, wenn unsere Kinder mit einem
Ernährungsbewusstsein aufwachsen, das ihnen später als
Erwachsene eine gesunde Ernährung ermöglicht . Das
wäre notwendig . Deshalb, Herr Minister, sollten in Ih-
rem nächsten Haushalt die notwendigen Mittel hierfür
eingestellt werden .
Jetzt komme ich zum Schluss zu unserem eigenen
Antrag, den wir im Zusammenhang mit dem Thema Le-
bensmittelkontrollen einbringen . Uns geht es um den so-
genannten Hygiene-Smiley . Ich denke, das ist eine ganz
einfache Darstellung, die zeigt, ob ein Betrieb sauber ist,
ob er in Ordnung ist . Er hilft vielen Menschen bei der
Entscheidung, ob man dort hineingeht bzw . dort einkauft .
Was haben Sie für ein Problem damit, der Öffentlichkeit
mit diesem Signal zu sagen, dass es sich um einen guten
Betrieb handelt? Sie wollen doch die guten Betriebe un-
terstützen . Ein lachender Smiley oder meinetwegen auch
eine Kennzeichnung in anderer Form, durch die Men-
schen entscheiden können, ob sie in einen Laden gehen,
wäre eine wunderbare Sache . Das funktioniert hervorra-
gend in Dänemark . Dadurch werden die Verstöße gegen
die Hygiene eingedämmt . Dänemark hat damit hervorra-
gende Erfolge; aber Sie weigern sich, eine verbindliche
und auch juristisch haltbare Lösung ins Lebensmittel-
und Futtermittelgesetzbuch hineinzuschreiben . Damit
schaffen Sie automatisch Rechtsunsicherheit.
Wir haben gerade erst die letzte Entscheidung des
Oberlandesgerichts Düsseldorf zur Kenntnis genommen,
das tatsächlich sagt: So geht es nicht, wir brauchen hier
Rechtssicherheit . – Herr Minister, sorgen Sie dafür . Än-
dern Sie endlich § 40 im Lebensmittel- und Futtermit-
telgesetzbuch, sodass die Länderbehörden auch einen
gewissen Schutz davor haben, später von den Betrieben
verklagt zu werden .
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit .