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ID1820200800

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 18/202 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 202. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 23. November 2016 Inhalt: Tagesordnungspunkt I (Fortsetzung): a) Zweite Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haus- haltsjahr 2017 (Haushaltsgesetz 2017) Drucksachen 18/9200, 18/9202 . . . . . . . 20159 A b) Beratung der Beschlussempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Un- terrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 2016 bis 2020 Drucksachen 18/9201, 18/9202, 18/9827 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20159 B I .9 Einzelplan 04 Bundeskanzlerin und Bundeskanzler- amt Drucksachen 18/9824, 18/9825 . . . . . . . 20159 B Dr . Sahra Wagenknecht (DIE LINKE) . . . . . . 20159 C Dr . Angela Merkel, Bundeskanzlerin . . . . . . . 20165 B Dr . Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20172 B Thomas Oppermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 20175 D Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 20179 C Thomas Jurk (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20182 B Gerda Hasselfeldt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 20184 A Bettina Hagedorn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 20186 D Antje Tillmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 20188 C Dennis Rohde (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20190 A Rüdiger Kruse (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 20192 A Sigrid Hupach (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 20193 D Marco Wanderwitz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 20194 D Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20196 B Martin Dörmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20197 D Ulle Schauws (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20199 B Hiltrud Lotze (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20200 B Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 20201 C Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20203 C I .10 Einzelplan 05 Auswärtiges Amt Drucksachen 18/9805, 18/9824 . . . . . . . 20201 D Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 20201 D Doris Barnett (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20206 A Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20208 A Alois Karl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20209 A Dr . Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20211 B Stefan Liebich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 20213 C Roderich Kiesewetter (CDU/CSU) . . . . . . . . . 20214 D Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20216 C Erika Steinbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 20217 D Frank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20218 D Dr . Bernd Fabritius (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 20219 D Karl-Heinz Wange (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 20221 B Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 202 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 23 . November 2016II I .11 Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung Drucksachen 18/9813, 18/9824 . . . . . . . 20222 B Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 20222 C Bartholomäus Kalb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 20223 D Dr . Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20225 A Karin Evers-Meyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 20226 D Dr . Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20228 C Christine Buchholz (DIE LINKE) . . . . . . . . . 20231 A Rainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20232 B Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20234 A Henning Otte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 20234 D Gabi Weber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20237 A Ingo Gädechens (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 20238 A Heidtrud Henn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20239 C I .12 Einzelplan 23 Bundesministerium für wirtschaftli- che Zusammenarbeit und Entwick- lung Drucksachen 18/9824, 18/9825 . . . . . . . 20240 B Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 20240 C Volkmar Klein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 20241 D Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20243 B Axel Schäfer (Bochum) (SPD) . . . . . . . . . . . . 20244 C Dr . Gerd Müller, Bundesminister BMZ . . . . . 20245 D Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 20248 B Sonja Steffen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20249 C Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20250 D Jürgen Klimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 20252 A Gabi Weber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20253 A Johannes Selle (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 20254 A Stefan Rebmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20255 A Sibylle Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 20256 C Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 20258 C Sibylle Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 20259 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20259 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 20261 A (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 202 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 23 . November 2016 20159 202. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 23. November 2016 Beginn: 9 .00 Uhr
  • folderAnlagen
    Niema Movassat (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 202 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 23 . November 2016 20261 Anlage zum Stenografischen Bericht Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Beck (Köln), Volker BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 23 .11 .2016 Connemann, Gitta CDU/CSU 23 .11 .2016 De Ridder, Dr . Daniela SPD 23 .11 .2016 Gleicke, Iris SPD 23 .11 .2016 Gysi, Dr . Gregor DIE LINKE 23 .11 .2016 Heller, Uda CDU/CSU 23 .11 .2016 Hennrich, Michael CDU/CSU 23 .11 .2016 Hintze, Peter CDU/CSU 23 .11 .2016 Hirte, Dr . Heribert CDU/CSU 23 .11 .2016 Kofler, Dr. Bärbel SPD 23 .11 .2016 Kretschmer, Michael CDU/CSU 23 .11 .2016 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Marwitz, Hans-Georg von der CDU/CSU 23 .11 .2016 Möhring, Cornelia DIE LINKE 23 .11 .2016 Schimke, Jana CDU/CSU 23 .11 .2016 Schlecht, Michael DIE LINKE 23 .11 .2016 Schnieder, Patrick CDU/CSU 23 .11 .2016 Strebl, Matthäus CDU/CSU 23 .11 .2016 Tank, Azize DIE LINKE 23 .11 .2016 Timmermann-Fechter, Astrid CDU/CSU 23 .11 .2016 Wawzyniak, Halina DIE LINKE 23 .11 .2016 Zeulner, Emmi * CDU/CSU 23 .11 .2016 *aufgrund gesetzlichen Mutterschutzes Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 202. Sitzung Inhaltsverzeichnis EPL 04 Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt EPL 05 Auswärtiges Amt EPL 14 Verteidigung EPL 23 Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Anlage
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Thomas Oppermann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr ge-

    ehrte Frau Wagenknecht, ich habe Ihrer Rede auch dies-
    mal aufmerksam zugehört und bin erstaunt: Während
    überall in der Welt der Schrecken über den Ausgang der
    Wahl in den Vereinigten Staaten immer noch groß ist,
    bekommen wir mit Donald Trump jetzt offenbar einen
    Präsidenten, dem Sie etwas abgewinnen können .


    (Harald Petzold [Havelland] [DIE LINKE]: Quatsch! Das ist himmelschreiender Unsinn!)


    Dr. Anton Hofreiter






    (A) (C)



    (B) (D)


    Ich habe mich gewundert, wie Sie die ökonomische
    Kompetenz von Donald Trump bewundert haben und
    gleichzeitig über die politischen Eliten in Europa gewet-
    tert haben, die angeblich nur den Mächtigen dienen . Frü-
    her hieß es: „Proletarier aller Länder, vereinigt euch!“;
    heute heißt es: Populisten aller Länder, vereinigt euch!


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der LINKEN)


    Ihre Antwort auf den Populismus von rechts


    (Heike Hänsel [DIE LINKE]: Das ist billige Propaganda, was Sie hier betreiben!)


    ist mehr Populismus von links . Sie wollen Frauke Petry
    im Deutschen Bundestag überflüssig machen. Aber mit 
    Ihren Reden tragen Sie dazu bei, die AfD zu stärken .


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Dr . Diether Dehm [DIE LINKE]: Sie haben sie großgemacht! – Weitere Zurufe von der LINKEN)


    Es gibt gar keinen Zweifel: Der Ausgang der Wahlen
    in den Vereinigten Staaten wird die Rahmenbedingungen
    für die Politik auch in Deutschland verändern . In den
    amerikanischen Städten gehen die jungen Leute auf die
    Straße – wie nach dem Brexit in London – und sagen:
    Not my President . Die Trump-Wahl hat in der Tat die
    westliche Welt erschüttert . Aber demokratische Wahlen
    sind auch dann richtig, wenn sie nicht das gewünschte
    Ergebnis bringen .


    (Dr . Diether Dehm [DIE LINKE]: Aha! Jetzt kommen wir der Sache schon näher!)


    Wir müssen den Ausgang der Wahl selbstverständlich
    res pektieren; aber was nicht akzeptiert werden kann, das
    ist die schmutzige Art, in der dieser Wahlkampf geführt
    wurde .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


    Die Demokratie lebt von Voraussetzungen, die sie selbst
    nicht herstellen bzw . garantieren kann . Dazu gehören An-
    stand und der Respekt vor der Würde anderer Menschen .
    Der Rassismus von Donald Trump, seine respektlose
    Abwertung von Menschen, war schon im Wahlkampf
    unerträglich, aber ist, wenn es an der Spitze des Staa-
    tes praktiziert wird, eine Gefahr für die Demokratie . Die
    Zerstörung der Demokratie dürfen wir nicht zulassen .


    (Beifall bei der SPD)


    Ich  finde  es  schlimm,  dass  in  Großbritannien  nach 
    dem Brexit und jetzt auch in den USA in den Schulklas-
    sen Kinder von Einwanderern beschimpft werden, dass
    Leute gegeneinander aufgewiegelt werden und am Ende
    der Hass regiert . Das führt dazu, dass unsere Demokratie
    vergiftet wird, und das dürfen wir nicht zulassen .


    (Beifall bei der SPD)


    Was unter Barack Obama noch selbstverständlich zu
    sein schien, nämlich dass der Kern des westlichen Bünd-

    nisses darin besteht, unsere liberale Demokratie, unsere
    freie und offene Gesellschaft zu verteidigen,


    (Heike Hänsel [DIE LINKE]: Drohnenmorde!)


    das erscheint unter einem Präsidenten Donald Trump
    nicht mehr selbstverständlich . Bei ihm stehen Abschot-
    tung und nationalstaatliche Politik im Vordergrund . Des-
    halb ist es kein Zufall, dass der erste europäische Poli-
    tiker, den Trump empfangen hat, Nigel Farage war, der
    die Spaltung Europas durch den Brexit vorangetrieben
    hat . Die Botschaft, die von solchen Treffen ausgeht, ist
    eindeutig: Trump ist offenbar nicht an einem vereinten
    Europa interessiert . Dabei sind ein geeintes Europa und
    eine funktionierende transatlantische Partnerschaft das
    Fundament des Westens; denn nur gemeinsam können
    wir unsere Werte verteidigen .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


    Es bereitet mir große Sorge, dass jetzt auf beiden Sei-
    ten des Atlantiks die Populisten ihre Lautsprecher auf-
    gestellt haben . Der Brexit in England, Le Pen in Frank-
    reich – auch in Europa sehen immer mehr Menschen ihr
    Heil in der Abschottung . Donald Trump hat sich nicht nur
    gegen TTIP und TPP, sondern auch für die Einführung
    von Schutzzöllen ausgesprochen . Das wäre das Ende des
    freien Handels, wie wir ihn kennen . Deutschland expor-
    tiert jedes Jahr Güter im Wert von 114 Milliarden Euro
    in die USA . Eine Abschottung der Märkte betrifft allein
    in diesem Bereich 1 Million Arbeitsplätze . Deshalb bin
    ich, welche Schwierigkeiten es im Einzelnen auch immer
    geben mag, ob in Sicherheitsfragen oder beim Handel,
    zutiefst davon überzeugt: Nationalismus und Protektio-
    nismus sind die falsche Antwort .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


    Wir sollten uns jetzt aber auch davor hüten, auf die
    Wähler von populistischen Parteien herabzuschauen .
    Wählerbeschimpfung steht einer Demokratie schlecht
    zu Gesicht genauso wie die herablassende Aussage: Wir
    müssen euch das nur besser erklären . – Toni Hofreiter,
    ich fand es übrigens gut, dass auf dem Parteitag der Grü-
    nen dazu eine nachdenkliche Diskussion geführt wurde;
    sie ist ja hier weitergeführt worden . Ich fand es gut, dass
    der Leiter des Büros der Heinrich-Böll-Stiftung in Wa-
    shington treffend gesagt hat: Wir müssen den „Duktus
    der moralischen Überlegenheit“ in der öffentlichen De-
    batte ablegen . – Denn genau dieser moralische Zeige-
    finger  schweißt  die Wähler  populistischer  Parteien  erst 
    richtig zusammen .

    Statt die Wähler zu beschimpfen, sollte diese Wahl ein
    Weckruf für alle Demokraten sein, um sich auf die Fra-
    ge zu konzentrieren, was die Menschen in ihrem Alltag
    wirklich beschäftigt und interessiert . Ich sehe hier zwei
    Erwartungen: Erstens . Die Menschen wollen – das ist
    ganz klar – einen handlungsfähigen Staat, einen Staat,
    der Regeln setzt und auch durchsetzt, einen Staat, der
    die Menschen vor Kriminalität und Gewalt beschützen

    Thomas Oppermann






    (A) (C)



    (B) (D)


    kann . Zweitens . Die Menschen wollen einen Staat, der
    soziale Sicherheit bietet, der Menschen auffängt, wenn
    sie aufgrund von wirtschaftlichen Entwicklungen ihren
    Arbeitsplatz verloren haben, und verhindert, dass sie so-
    zial abrutschen .


    (Beifall bei der SPD)


    Wenn Unsicherheit und Angst in der Gesellschaft zu-
    nehmen, dann müssen wir für Solidarität, für Verlässlich-
    keit und für Sicherheit sorgen .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Aber wir brauchen auch klare Spielregeln für die Demo-
    kratie . Die Demokratie lebt vom Streit, sie lebt von Rede
    und Gegenrede; aber sie lebt nicht von Falschmeldun-
    gen und Hassbotschaften . Deshalb haben wir in der Tat –
    auch die Bundeskanzlerin hat darüber gesprochen – ein
    riesiges Problem beim Umgang mit der Wahrheit in den
    sozialen Medien . Immer mehr offene Hetze, Falschmel-
    dungen und Meinungsroboter sind dort unterwegs . Des-
    halb ist es absolut richtig, jetzt auf Facebook und andere
    Anbieter massiv Druck zu machen, damit die Persönlich-
    keitsrechte von betroffenen Bürgerinnen und Bürgern
    durchgesetzt werden können .


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Ich finde, wer eine solche Plattform betreibt, um Geld zu 
    verdienen,  der muss  auch verpflichtet werden,  das  gel-
    tende Recht durchzusetzen . Diese Unternehmen haben
    hier ihre Niederlassungen, um Werbung zu verkaufen;
    aber sie haben keine Kontaktstellen, an die sich Ermittler
    wenden können, um Auskunft zu bekommen, wer sich
    hinter einer strafbaren Äußerung verbirgt . Lieber Volker
    Kauder, ich finde, wir sollten mit vereinten Kräften, ge-
    meinsam mit dem Justizminister und allen in diesem
    Haus etwas dagegen tun . Das wäre ein guter Schritt .


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Die Zukunft der Demokratie steht in diesen Wochen
    aber auch in der Türkei auf dem Spiel . Präsident Erdogan
    hat einen zerstörerischen Prozess in Gang gesetzt . Fast
    140 000 Staatsbedienstete sind seit dem Putschversuch
    entlassen . Eine Verhaftungswelle geht durch das Land .
    Ich sage: Wer Richter, Staatsanwälte, Journalisten und
    Abgeordnete verhaftet, wer die Opposition ins Gefängnis
    steckt, der zerstört die Demokratie, und dazu darf Europa
    nicht schweigen .


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Ich finde es gut, dass Abgeordnete aus allen Fraktionen 
    im Deutschen Bundestag Patenschaften für verhaftete
    Parlamentsabgeordnete in der Türkei übernommen ha-
    ben . Wir müssen ein wachsames Auge auf das haben,
    was dort passiert .

    Was da passiert, ist für viele Menschen eine große
    Enttäuschung, insbesondere für die Menschen, die sich
    jahrelang für die Türkei eingesetzt haben . Erdogan hat
    seit seinem Amtseintritt 2003 die Türkei aufgebaut . Er
    war es, der sie von einem Entwicklungsland zu einem

    Schwellenland gemacht hat, der die Lebensumstände von
    Millionen Türken verbessert hat, der sein Land für die
    Welt geöffnet hat, und wir haben ihn dabei unterstützt .
    Jetzt reißt er alles wieder ein . Er zerstört nicht nur sein
    Lebenswerk, sondern auch die moderne Türkei . Wenn er
    jetzt, wie geplant, die Todesstrafe einführt, dann wäre das
    das automatische Ende der EU-Beitrittsverhandlungen .
    Da kann es kein Vertun geben .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Vor dem Hintergrund kann ich gut nachvollziehen, dass
    das Europäische Parlament die Verhandlungen zunächst
    auf Eis legen will . Auch wenn wir über die Entwicklung
    in der Türkei enttäuscht sind, wenden wir uns nicht vom
    türkischen Volk ab . Es gibt dort Millionen Bürger, die
    eine demokratische Türkei in einem freien Europa wol-
    len, und diese Bürger haben unsere volle Solidarität .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Meine Damen und Herren, auch wenn der Flüchtlings-
    strom nach Deutschland in den letzten Monaten deutlich
    abgenommen hat, träumen weiterhin viele junge Men-
    schen davon, nach Europa zu kommen . Ich konnte mir
    kürzlich in Marokko persönlich ein Bild davon machen,
    wie viele Menschen, vor allem junge Männer aus Nord-
    afrika, dort auf ihre Chance warten . Sie wollen Arbeit
    und ein besseres Leben, und sie wollen irgendwie über
    das Mittelmeer kommen . Es muss ihnen ganz klar gesagt
    werden: Das ist nicht der richtige Weg nach Europa . –
    Dieser Weg ist lebensgefährlich, und er wird für viele zu
    einer bitteren Enttäuschung führen, weil ihr Asylgesuch
    nicht anerkannt wird. Umso wichtiger finde ich es, dass 
    wir diesen Menschen eine Möglichkeit aufzeigen, unter
    welchen Voraussetzungen sie legal nach Deutschland
    kommen können . Dazu müssen wir zwischen Asyl und
    Arbeitseinwanderung besser unterscheiden . Unser Asyl-
    system ist auch deshalb so überlaufen, weil wir diese Un-
    terscheidung nach außen hin faktisch nicht mehr machen .
    Deshalb haben wir ein Einwanderungsgesetz vorgelegt .
    Die meisten Menschen in Deutschland haben verstan-
    den, dass wir spätestens dann, wenn die geburtenstarken
    Jahrgänge in Rente gehen, auf die Einwanderung von
    gut qualifizierten Fachkräften angewiesen sind, und sie 
    wollen auch, dass wir das in kontrollierter Form erlauben
    und vernünftig regeln . Wir brauchen Regeln für die Ein-
    wanderung, Regeln, die jeder versteht und die am besten
    in diesem Hause erarbeitet werden sollten .


    (Beifall bei der SPD)


    Eine der wichtigsten Gerechtigkeitsfragen unserer
    Zeit bezieht sich auf die wachsende Kluft zwischen den
    Regionen . Es gibt zu viele Regionen in Deutschland, in
    denen sich die Menschen von der Zukunft keine Verbes-
    serung ihrer Versorgung erwarten . Arztpraxen schließen,
    Buslinien werden gestrichen und Schulen nicht saniert,
    die Jungen ziehen weg, die Alten bleiben – diesen Pro-
    zess können wir natürlich nicht von heute auf morgen
    aufhalten; aber wir können etwas tun: Wir wollen gleich-

    Thomas Oppermann






    (A) (C)



    (B) (D)


    wertige Lebensverhältnisse, damit unser Land zusam-
    menhält und nicht weiter auseinanderdriftet .


    (Beifall bei der SPD)


    Deshalb ist es gut, dass sich Bund und Länder auf die
    Neuregelung des Bund-Länder-Finanzausgleichs geei-
    nigt haben . Das war am Ende nur möglich, weil der Bund
    ab 2020 10 Milliarden Euro zur Verfügung stellt und da-
    mit faktisch eine Garantenstellung für gleichwertige Le-
    bensverhältnisse in Deutschland übernommen hat .

    Noch nie zuvor hat der Bund finanzschwache Länder 
    und Kommunen so stark entlastet wie in dieser Wahlpe-
    riode . Der Bund hat die Kosten der Flüchtlingsaufnah-
    me getragen und sich auch an den Integrationskosten
    beteiligt . Der Bund hat ein 3,5-Milliarden-Programm
    für finanzschwache Kommunen  auf  den Weg gebracht. 
    Wir haben die Mittel für den sozialen Wohnungsbau von
    500 Millionen Euro auf 2 Milliarden Euro vervierfacht .
    Zudem haben wir 5 Milliarden Euro für die Kommunen
    bereitgestellt, um sie finanziell zu stärken. 

    Die Bundeskanzlerin hat den Streit über den Vertei-
    lungsschlüssel angesprochen . In der Tat begünstigt der
    Verteilungsschlüssel  die  finanzkräftigen  Kommunen, 
    weil er dort zu einem höheren Pro-Kopf-Aufkommen
    führt  als  bei  den  finanzschwachen. Das  halte  ich  nicht 
    für angemessen .


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Frau Bundeskanzlerin, wir haben darüber gestritten . Ich
    habe einen besseren Verteilungsschlüssel . Dem stimmen
    die 16 Ministerpräsidenten aber nicht zu .


    (Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Das ist das Problem! Und da sind ganz viele von euch!)


    Der Unterschied ist: Ich hätte das auch gegen die Minis-
    terpräsidenten im Bundestag entschieden .


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Mir hätte die Zustimmung von Volker Kauder gereicht .
    Ich finde, der Bundestag kann seine Entscheidungen sel-
    ber treffen .


    (Beifall bei der SPD – Volker Kauder [CDU/ CSU]: Herr Schneider, jetzt kommen Sie ins Spiel!)


    Wenn wir uns einmal ansehen, was wir zur Entlastung
    der Länder alles gemacht haben – wir haben das BAföG
    übernommen und viele andere Dinge gemacht – und was
    wir zur Entlastung der Kommunen alles auf den Weg ge-
    bracht haben, dann können wir, wie ich finde, damit zu-
    frieden sein; denn das sind gezielte Investitionen in den
    sozialen Zusammenhalt unseres Landes .

    Meine Damen und Herren, eines liegt meiner Fraktion
    ganz besonders am Herzen, nämlich dass der Bund end-
    lich die Schulen in besonders finanzschwachen Kommu-
    nen unterstützen kann. Ich finde, es ist ein Unding, dass 
    in unserem Land Schulen teilweise in einem miserablen
    Zustand sind, weil Städte und Gemeinden nicht genug
    Geld haben, um eine anständige Schule für unsere Kinder
    bereitzustellen, während der Bund Haushaltsüberschüs-

    se hat, das Grundgesetz aber verbietet, einen Teil davon
    für die Modernisierung der Schulen einzusetzen . Ich bin
    froh, dass wir diesen absurden Zustand endlich beenden .


    (Beifall bei der SPD)


    Wir werden das Grundgesetz ändern und dem Bund in
    Zukunft erlauben,


    (Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Für alles zuständig zu sein, genau!)


    Bildungsinfrastruktur in den Kommunen mitzufinanzie-
    ren . Wir ändern aber nicht nur das Grundgesetz, sondern
    legen  auch  ein  3,5-Milliarden-Programm  für  finanz-
    schwache Kommunen auf, damit Schulen saniert und
    modern ausgestattet werden können .

    Ich wundere mich dann doch, was der Ministerpräsi-
    dent aus Baden-Württemberg dazu sagt .


    (Christine Lambrecht [SPD]: Ja, unfassbar!)


    Er sagt – ich möchte ihn mal zitieren –: Bei der Bildung
    verläuft die rote Linie für mich . Ein solcher Zugriff des
    Bundes wäre ein massives Einfallstor in den Kernbereich
    der föderalen Landeshoheit .


    (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Der weiß noch, wofür er zuständig ist! – Christine Lambrecht [SPD]: Das Prinzip ist wichtiger als die Kinder!)


    Also, liebe Grüne, ich denke, ihr seid eine progressive
    Partei . Was lasst ihr euch von Kretschmann eigentlich
    alles bieten? Der ist ja konservativer, als die Polizei er-
    laubt .


    (Beifall bei der SPD – Max Straubinger [CDU/ CSU]: Der will seiner Aufgabe nachkommen!)


    Man hat in Baden-Württemberg den Eindruck: Das ist gar
    nicht Schwarz-Grün, sondern eher Schwarz-Schwarz –
    mit leichtem Farbunterschied .


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Ich glaube, ich spreche einigen Grünen dabei aus der
    Seele .


    (Volker Kauder [CDU/CSU], an Bündnis 90/ Die Grünen gewandt: Erstaunlich, dass ihr so ruhig seid! – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


    In der Sache machen wir, glaube ich, etwas Gutes . Ich
    bin überzeugt davon, dass der Bund hiermit – neben dem
    BAföG – ein zweites Instrument für mehr Chancenge-
    rechtigkeit in die Hand bekommt . Wir wollen Bildungs-
    chancen für alle, unabhängig davon, aus welchen El-
    ternhäusern die Kinder kommen, oder auch unabhängig
    davon, welche Finanzkraft ihre Heimatgemeinde hat .


    (Beifall bei der SPD)


    Dass wir all das finanzieren können, liegt an der guten 
    wirtschaftlichen Situation . Wir haben stabiles Wachs-
    tum, wir  haben  immer mehr  sozialversicherungspflich-
    tige Arbeitsplätze . Wir beschließen am Freitag den vier-
    ten Haushalt in Folge, der ausgeglichen sein wird – die
    letzten beiden wiesen sogar Überschüsse auf –, die Ren-

    Thomas Oppermann






    (A) (C)



    (B) (D)


    ten steigen – in diesem Jahr um 4 Prozent, im nächsten
    Jahr werden sie um 2 Prozent steigen –, und nächstes
    Jahr steigt auch zum ersten Mal der Mindestlohn . Die-
    se wirtschaftliche Prosperität kam nicht von selbst, und
    sie bleibt auch nicht automatisch so . Sie ist das Ergebnis
    harter Arbeit . Deshalb müssen wir massiv investieren in
    eine moderne Infrastruktur, in den sozialen Zusammen-
    halt unserer Gesellschaft, aber auch in Forschung und
    Entwicklung .

    Gleichzeitig bietet diese wirtschaftliche Stärke auch
    die  Chance,  soziale  Defizite  in  dieser  Gesellschaft  zu 
    beseitigen; denn der Wohlstand kommt nicht bei allen
    Menschen gleichermaßen an . Armut, Abstiegsängste und
    Arbeitslosigkeit gibt es weiterhin . Deshalb ist es gut,
    dass wir ab dem nächsten Jahr den Unterhaltsvorschuss
    für Alleinerziehende deutlich ausweiten, meine Damen
    und Herren .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Ministerin Manuela Schwesig hat sich darum intensiv
    gekümmert . Damit stärken wir die Alleinerziehenden,
    aber vor allen Dingen ihre Kinder, die von der Trennung
    ihrer Eltern betroffen sind . Deren Schicksal darf nicht da-
    von abhängig sein, ob Unterhalt gezahlt wird oder nicht .


    (Beifall bei der SPD)


    Es gibt auch viele, die einen Job haben, aber trotzdem
    ein großes Gefühl der Unsicherheit haben, zum Beispiel
    die 15 000 Angestellten bei Kaiser’s Tengelmann, die
    seit Monaten um ihre Arbeitsplätze bangen . Ich danke
    Sigmar Gabriel dafür, dass er gegen massive Widerstän-
    de für den Erhalt dieser Arbeitsplätze am Ende mit Erfolg
    gekämpft hat .


    (Beifall bei der SPD)


    Es ist unsere Aufgabe, für Sicherheit zu sorgen . Wir
    investieren in diesem Haushalt massiv in Personal und
    Ausstattung der Polizei . Der Etat des Innenministers
    wächst um mehr als 1 Milliarde auf fast 9 Milliarden
    Euro . Bis 2020 schaffen wir 4 300 neue Stellen bei den
    Sicherheitsbehörden; es gibt allein 1 000 Stellenanhe-
    bungen bei der Polizei . Und wir werden dafür sorgen,
    dass Einbruchskriminalität in Deutschland härter bestraft
    wird und dass Polizeibeamte besser geschützt werden .


    (Beifall des Abg . Bartholomäus Kalb [CDU/ CSU] – Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Auch in NRW?)


    Wer Polizeibeamte, Rettungskräfte oder Feuerwehrleute
    angreift, der greift uns alle an und der wird künftig härter
    bestraft werden .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Es ist unsere Aufgabe, das Vertrauen in die Rente wie-
    derherzustellen . Wir brauchen eine doppelte Haltelinie:
    Das Rentenniveau darf nicht ins Bodenlose sinken – das
    schulden wir den Älteren –, und die Beiträge dürfen nicht
    astronomisch steigen; das schulden wir den Jüngeren .
    Wir brauchen einen ausbalancierten Kompromiss . Ich

    hoffe, dass wir am Donnerstag im Koalitionsausschuss
    diesbezüglich etwas zustande bringen .

    Meine Damen und Herren, es ist unsere Aufgabe, für
    Gerechtigkeit in diesem Land zu sorgen; denn nur mit so-
    zialer Gerechtigkeit wird es auch eine stabile Demokratie
    geben . Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten!


    (Anhaltender Beifall bei der SPD – Beifall bei der CDU/CSU – Volker Kauder [CDU/CSU]: Es reicht, wenn wir zwei das machen!)




Rede von Dr. Norbert Lammert
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

Das Wort erhält nun der Kollege Volker Kauder für die

CDU/CSU-Fraktion .


(Beifall bei der CDU/CSU)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Volker Kauder


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!

    Ja, was heute mehrfach angesprochen wurde, stimmt:
    Deutschland steht gut da . – Und was Thomas Oppermann
    gesagt hat, stimmt auch: Das ist nicht vom Himmel gefal-
    len, sondern Ergebnis einer großen Gemeinschaftsarbeit
    von  fleißigen  Arbeitnehmerinnen  und  Arbeitnehmern, 
    von risikofreudigen Unternehmern, vor allem unseren
    mittelständischen Familienbetrieben in diesem Land,
    und einer richtigen Politik der letzten Jahre . Für diese
    richtige Politik der letzten Jahre steht natürlich Angela
    Merkel als Bundeskanzlerin .


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Deshalb haben wir mit der Erklärung der Bundeskanzle-
    rin, für weitere vier Jahre zur Verfügung zu stehen, alle
    Chancen, diese gute Position für unser Land auszubauen .


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, das wird nicht ein-
    fach werden; denn wir stehen vor großen Herausforde-
    rungen und müssen das den Menschen in unserem Land
    auch sagen – nicht um sie zu belehren, sondern um ihnen
    mitzuteilen, welche Herausforderungen wir sehen und
    was wir glauben tun zu können, um diese Herausforde-
    rungen zu meistern .

    Die  erste  große  Herausforderung  ist  die  demografi-
    sche Entwicklung . Wir stehen nicht unmittelbar davor,
    sondern sind mittendrin in diesem Prozess . Die demo-
    grafische Entwicklung hat dramatische Konsequenzen – 
    nicht nur für die Frage, wie viele Arbeitskräfte in Zukunft
    in unserem Land zur Verfügung stehen, sondern auch für
    die Frage, welche Infrastruktur wir in den nächsten Jah-
    ren brauchen, und vor allem für die Frage, welche Infra-
    struktur wir uns leisten können und uns auch zu leisten
    bereit sind . Sind wir beispielsweise bereit, den in unseren
    ländlichen Räumen lebenden Menschen, auch wenn ihre
    Zahl dort zurückgeht, zu sagen: „Wir werden in den länd-
    lichen Räumen auch dieselbe Qualität wie in den Bal-
    lungsgebieten zur Verfügung stellen“?

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir
    dies nicht machen, hat dies Folgen . Das Ergebnis können
    wir in Frankreich besichtigen . Dort gibt es kilometerwei-
    se ländliche Räume, in denen sich nichts mehr bewegt,

    Thomas Oppermann






    (A) (C)



    (B) (D)


    weil dort genau dieser Weg nicht gegangen wurde . Des-
    wegen brauchen wir nicht nur Geld für Kommunen, de-
    nen es schlechter geht, sondern Investitionen in unsere
    ländlichen Regionen, dass sie nicht den Eindruck haben,
    sie würden abgehängt, wie es in Amerika der Fall gewe-
    sen ist, liebe Kolleginnen und Kollegen .


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Dafür bietet dieser Haushalt auch alles .

    Dass die Grünen an dieser Stelle nicht klatschen,
    hängt damit zusammen, dass sie nicht die Partei der länd-
    lichen Räume, sondern der Universitäts- und Großstädte
    sind . Das ist natürlich etwas ganz anderes, um das einmal
    deutlich zu machen


    (Beifall bei der CDU/CSU – Dr . Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deshalb lässt Herr Dobrindt auch Kupferkabel statt Glasfaser verlegen!)


    – Lieber Herr Hofreiter, das ist wahrscheinlich auch der
    einzige Punkt, an dem ich Sie jetzt attackiere . Ich könn-
    te auch sagen: Sie sind nicht einmal bereit, Ihren einzi-
    gen Ministerpräsidenten zu verteidigen . Das ist mir eine
    schöne Truppe hier, die das nicht tut .


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Das kann ich auch nur sagen . Aber damit will es bleiben
    lassen .

    Dafür bietet dieser Haushalt auch eine ganze Menge .
    Da geht es nicht nur – Sie haben es zu Recht angespro-
    chen – um die Infrastruktur für ein schnelles Internet, also
    die Leitungen . Im ländlichen Raum sind wir auch darauf
    angewiesen, Güter, die dort produziert werden, schnell
    woandershin zu transportieren . Der ländliche Raum lebt
    natürlich vom schnellen Internet . Er lebt aber auch da-
    von, dass in diesen Regionen nach wie vor Produktion
    stattfindet. Und von dort, wo Produktion stattfindet, müs-
    sen die Güter, wenn sie nicht am Verwendungsort aus
    dem 3D-Drucker fallen, irgendwohin gefahren werden .
    Deswegen ist eine gute Straßen- und Eisenbahnverbin-
    dung etwas Zentrales .

    Dafür schafft dieser Haushalt die geeigneten Voraus-
    setzungen . Ich bin jetzt über 20 Jahre Mitglied des Deut-
    schen Bundestages und kann mich nicht erinnern, dass
    jemals so viel Geld für Verkehrsinfrastruktur zur Verfü-
    gung gestellt worden wäre wie in dieser Legislaturperi-
    ode, liebe Kollegen . Das ist eine gute Botschaft für das
    Land .


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Die Demografie ist also eine der ganz großen Heraus-
    forderungen . Hier sind jetzt schnell Antworten fällig . Zur
    Demografie gehört auch: Ein älter werdendes Land birgt 
    immer die Gefahr, dass Innovationen nicht mehr so ernst
    genommen werden . Aber auch ein älter werdendes Land
    kann dann ein modernes Land sein und bleiben, wenn es
    sich die Freude am Neuen erhält, am Entdecken, liebe
    Kolleginnen und Kollegen . Damit dieses auch in Zukunft
    möglich ist und vor allem in einer immer schneller wer-

    denden Zeit möglich ist, müssen wir uns einmal ernsthaft
    darüber unterhalten – „ernsthaft“ sage ich und nicht im
    schnellen Vorbeireden –: Welche Veränderungen müs-
    sen wir vornehmen, dass das Entdecken und dass die
    Freude am Neuen möglich werden? Ich erkenne manche
    bürokratische Hürde, die es den Leuten erschwert, das
    Neue zu entdecken und Freude am Neuen zu haben, liebe
    Kolleginnen und Kollegen . Darüber müssen wir einmal
    reden .


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Dann geht es natürlich auch darum, Start-up-Unter-
    nehmen zu unterstützen . Es geht nicht nur darum, dass
    Geld zur Verfügung gestellt wird, sondern auch darum,
    dass Möglichkeiten geschaffen werden, ohne dass Bü-
    rokratie alles gleich mit Mehltau belegt und die jungen
    Leute die Freude daran verlieren .

    Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir sagen:
    „Die  Demografie  ist  eine  der  großen  Herausforderun-
    gen“, dann müssen wir klar und deutlich sagen, dass
    wir in unserer politischen Arbeit einen Schwerpunkt auf
    die junge Generation legen müssen . Ich weiß natürlich,
    dass wir das, was an Ansprüchen erworben wurde, auch
    schützen und sichern werden . Aber wenn wir in diesen
    Tagen über die Zukunft unserer Sozialversicherungssys-
    teme und über die Rente diskutieren, dann ist der Hin-
    weis von Thomas Oppermann richtig, dass wir sowohl
    auf das Rentenniveau achten müssen als auch auf die Be-
    lastbarkeit der  jungen Generation.  Ich finde sogar, dass 
    wir noch deutlicher machen müssen: Eine alternde Ge-
    sellschaft braucht fitte junge Menschen, und zwar nicht 
    nur körperlich fitte, sondern mental fitte junge Menschen, 
    Menschen, die den Eindruck haben, dass man sie unter-
    stützt und nicht belastet, wenn sie in diesem Land bereit
    sind, Verantwortung zu übernehmen . Das gehört bei der
    Rentendiskussion in den Vordergrund . Darauf werden
    wir auch achten .


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    So richtig es ist, was wir gemacht haben, dass wir
    für  die  Pflege  einiges  getan  haben  –  nicht  nur  einiges, 
    sondern eine ganze Menge –, so richtig war es auch –
    darüber ist schon gar nicht mehr gesprochen worden –,
    dass wir auch für Kinder und junge Familien mit unse-
    ren Betreuungsmöglichkeiten, die wir geschaffen haben,
    eine Menge getan haben . Das Traurige an der ganzen Ge-
    schichte ist nur, dass sowohl bei der Ganztagesbetreuung
    wie auch in der Schule die Länder in vielen Bereichen
    nicht in der Lage waren, das anzustoßen, sondern immer
    nur der Bund eingreifen muss, obwohl er dafür eigent-
    lich gar nicht zuständig ist . Ich muss sagen: Ich bin lei-
    denschaftlicher Verfechter des Föderalismus . Aber dann
    muss der Föderalismus auch seine Aufgaben erfüllen,
    liebe Kolleginnen und Kollegen,


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    und darf nicht immer nur im Deutschen Bundestag nach
    Geld rufen .

    Wir haben jetzt noch einmal ein Programm für finanziell 
    notleidende Kommunen aufgelegt, mit dem auch in der
    Schulpolitik einiges getan wird . Das machen wir . Aber
    ich habe grundsätzlich Verständnis für den baden-würt-

    Volker Kauder






    (A) (C)



    (B) (D)


    tembergischen Ministerpräsidenten, der sagt: Wir müs-
    sen aufpassen, dass die Kompetenzen, die zwischen
    Bund und Ländern föderal getrennt worden sind, auch in
    Zukunft so erhalten bleiben . – Hier kommt der entschei-
    dende Punkt, Kollege Oppermann: Wir haben keinen
    Umverteilungsföderalismus, sondern wir haben einen
    Wettbewerbsföderalismus, und bei dem muss auch deut-
    lich werden, wer seine Aufgaben besser macht und wer
    sie weniger gut macht . Ich erkenne relativ wenig Freude
    an einer solchen Diskussion .


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Wenn wir sagen: „Wir müssen gerade für die junge
    Generation mehr tun“, dann betrifft das natürlich die Bil-
    dung . Da ist natürlich klar, dass wir entsprechende Bil-
    dungseinrichtungen haben müssen . Das können wir vom
    Bund unterstützen . Aber ich sehe mit großer Sorge, wie
    in einigen Bundesländern die Qualität in der Schulaus-
    bildung dramatisch zurückgeht . Da kann ich nur sagen:
    Die Bildungspolitik darf von ihren Ergebnissen her nicht
    Teil einer Sozialpolitik sein . Wenn wir nicht bereit sind,
    den Leistungsgedanken in der Bildung zu fördern, wer-
    den wir unser blaues Wunder erleben, liebe Kolleginnen
    und Kollegen .


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Ich kann mich darüber nur wundern: Wenn hier in
    Berlin die Frage gestellt wird: „Frau Schulsenatorin, sa-
    gen Sie uns doch mal, wie es denn möglich war, dass die
    Ergebnisse beim Abitur wieder wesentlich besser waren
    als im letzten Jahr“, dann sagt die Dame mit einem Lä-
    cheln auf den Lippen, das sei ganz einfach, man habe die
    Anforderungen nach unten genommen . – Da kann ich nur
    sagen: So werden wir den immer schwerer werdenden
    Wettbewerb in unserer Welt nicht gewinnen . Wenn wir
    die Besten sein wollen, mit den besten Löhnen, mit den
    besten Ergebnissen, dann brauchen wir in unserem Land
    auch die beste Ausbildung, liebe Kolleginnen und Kol-
    legen, und die sehe ich in manchem Bundesland nicht
    mehr .


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Wenn wir unsere jungen Menschen qualifiziert ausbil-
    den, dann brauchen sie auch, damit sie in unserem Land
    bleiben und zu unserem Wohlstand beitragen, qualifizier-
    te Arbeitsplätze . Es ist schon bemerkenswert, wie da in
    den einzelnen Reden über das Soziale gesprochen wurde,
    aber so wenig darüber, dass zunächst einmal in der Wirt-
    schaft das erwirtschaftet werden muss, was wir nachher
    im sozialen Bereich einsetzen können .


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Da würde ich mir schon ein bisschen mehr Verständnis
    auch für die Fragen und die Sorgen in der Wirtschaft
    wünschen . Es ist nicht nur richtig, dass wir auf das hören,
    was die Menschen bewegt, sondern es ist auch richtig,
    dass wir auf die hören, die in der Wirtschaft Arbeitsplätze
    zur Verfügung stellen .

    Wir haben in dieser Legislaturperiode ein Gesetz für
    weniger Bürokratie gemacht, mit dem schönen deutschen
    Grundsatz „One in, one out“: Wenn durch eine Maßnah-
    me mehr Bürokratie beschlossen wird, muss sie woan-

    ders zurückgenommen werden . – Wir haben jetzt noch
    ein paar Gesetzgebungsvorhaben vor uns, die für die
    Wirtschaft nicht ganz einfach sind . Da erwarte ich dann
    aber auch – darauf werden wir großen Wert legen –, dass
    jede zusätzliche bürokratische Belastung woanders zu-
    rückgenommen wird . Wir sind nicht glaubwürdig, wenn
    wir ein solches Gesetz machen und dann sagen: Das biss-
    chen Bürokratie nehmen wir auch noch mit . – Nein, da
    muss nun konsequent gehandelt werden . Ich bitte auch
    die Bundesregierung, uns dabei zu helfen und es nicht
    einfach zu verniedlichen .


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Die Bundeskanzlerin hat darauf hingewiesen, Kollege
    Hofreiter auch – mit unterschiedlichem Akzent, was be-
    merkenswert ist, aber nicht verwundert –, dass es natür-
    lich große Herausforderungen in unserer Wirtschaft gibt .
    Da spielt die Automobilindustrie eine große Rolle . Auch
    da dürfen wir die Dinge nicht verniedlichen . Es ist völ-
    lig unstreitig, dass die notwendige Entwicklung hin zum
    Elektroauto dazu führen wird, dass die Wertschöpfung in
    den großen Automobilwerken auf 40 Prozent dessen zu-
    rückgehen wird, was wir bisher haben; das ist von Daim-
    ler-Benz, von VW und auch von anderen so gekommen .

    Das heißt, dass wir uns, lieber Kollege Oppermann,
    jetzt in erster Linie nicht darüber Gedanken machen
    müssen, von wo Fachkräfte hierherkommen könnten,
    sondern darüber, wo diejenigen, die ihren Arbeitsplatz
    in diesem Bereich in Zukunft nicht mehr haben werden,
    Arbeitsplätze finden. Das wird das zentrale Thema sein. 


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg . Thomas Jurk [SPD])


    Das erwarten die Menschen als Antwort – nicht, dass wir
    pauschal auf Zuwanderung setzen .

    Im Übrigen haben wir in Europa als einzige große
    Wirtschaftsregion in der Welt ein unglaubliches Potenzi-
    al . Es wird schon einiges getan . Aber ich würde mir wün-
    schen, dass wir noch viel mehr Wert darauf legen, dass
    junge Menschen aus dem gesamten europäischen Raum,
    wo sie keine Arbeit haben, zu uns kommen und hier Ar-
    beit finden können. Ich muss nicht nach Asien oder sonst 
    wohin schauen, um Arbeitskräfte für unsere Wirtschaft
    zu erhalten .


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich wünsche mir,
    dass sich vor allem die großen Aktiengesellschaften ein
    bisschen sensibler in der Öffentlichkeit bewegen; denn
    sie sind es, die erheblich zur Irritation in unserer Gesell-
    schaft beitragen, und es sind nicht die Familienbetriebe .
    Das, was wir in diesen Tagen bei VW erlebt haben –
    23 000 Stellen streichen und den Bonus für Leute zu er-
    höhen, die sich wirklich nicht verdient gemacht haben,
    und das mit Zustimmung des Aufsichtsrates, in dem die
    Landesregierung von Niedersachsen sitzt –, ist kein gutes
    Beispiel für Kultur in unserem Land, liebe Kolleginnen
    und Kollegen .


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Oder wenn ich an die Diskussion über die Deutsche
    Bank denke . Heute Morgen war zu lesen, was Wolfgang

    Volker Kauder






    (A) (C)



    (B) (D)


    Schäuble dazu in einem Satz gesagt hat . Wenn dort Leu-
    te sagen, sie können den Bonus nicht zurückbezahlen –
    obwohl sie wirklich nicht erfolgreich waren –, weil das
    schlecht für andere wäre, dann kann ich nur den Satz von
    Wolfgang Schäuble wiederholen: Das hat etwas mit Fast-
    nacht und Karneval, aber nicht mit ernsthafter Wirtschaft
    in unserem Land zu tun, liebe Kolleginnen und Kollegen .


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Lassen Sie mich zum Schluss noch einen Hinweis ge-
    ben . Wir wollen nicht nur auf andere schauen, sondern
    auch auf uns . Auch wir, der Deutsche Bundestag, hat
    noch eine Aufgabe vor sich, die Norbert Lammert völlig
    zu Recht angemahnt hat . Es geht darum, ein Wahlrecht
    vielleicht doch noch hinzubekommen, das den 19 . und
    20 . Deutschen Bundestag arbeitsfähig hält . Wir müssen
    diese Frage klären, und zwar nicht nur, weil Populisten
    dann fragen: Warum sitzen hier 750 Abgeordnete? – Das
    Problem ist doch vielmehr, dass in Ausschüssen in der
    Größenordnung von 50 oder noch mehr Kolleginnen und
    Kollegen eine sinnvolle politische und parlamentarische
    Arbeit nicht mehr möglich ist . Deswegen unterstütze ich,
    dass wir zu einem Ergebnis kommen müssen . Wir sind
    uns alle einig, dass da etwas geschehen soll . Und wenn
    wir uns alle einig sind, dann sollten wir doch auch etwas
    hinbekommen . Es ist immer schlecht, wenn man selber
    ein Problem hat und es nicht lösen kann, aber mit dem
    Finger auf andere zeigt, liebe Kolleginnen und Kollegen .


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Deswegen ermuntere ich alle, hier mitzumachen .

    Herzlichen Dank .


    (Beifall bei der CDU/CSU)