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ID1820200600

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 18/202 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 202. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 23. November 2016 Inhalt: Tagesordnungspunkt I (Fortsetzung): a) Zweite Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haus- haltsjahr 2017 (Haushaltsgesetz 2017) Drucksachen 18/9200, 18/9202 . . . . . . . 20159 A b) Beratung der Beschlussempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Un- terrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 2016 bis 2020 Drucksachen 18/9201, 18/9202, 18/9827 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20159 B I .9 Einzelplan 04 Bundeskanzlerin und Bundeskanzler- amt Drucksachen 18/9824, 18/9825 . . . . . . . 20159 B Dr . Sahra Wagenknecht (DIE LINKE) . . . . . . 20159 C Dr . Angela Merkel, Bundeskanzlerin . . . . . . . 20165 B Dr . Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20172 B Thomas Oppermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 20175 D Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 20179 C Thomas Jurk (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20182 B Gerda Hasselfeldt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 20184 A Bettina Hagedorn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 20186 D Antje Tillmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 20188 C Dennis Rohde (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20190 A Rüdiger Kruse (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 20192 A Sigrid Hupach (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 20193 D Marco Wanderwitz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 20194 D Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20196 B Martin Dörmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20197 D Ulle Schauws (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20199 B Hiltrud Lotze (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20200 B Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 20201 C Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20203 C I .10 Einzelplan 05 Auswärtiges Amt Drucksachen 18/9805, 18/9824 . . . . . . . 20201 D Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 20201 D Doris Barnett (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20206 A Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20208 A Alois Karl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20209 A Dr . Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20211 B Stefan Liebich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 20213 C Roderich Kiesewetter (CDU/CSU) . . . . . . . . . 20214 D Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20216 C Erika Steinbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 20217 D Frank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20218 D Dr . Bernd Fabritius (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 20219 D Karl-Heinz Wange (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 20221 B Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 202 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 23 . November 2016II I .11 Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung Drucksachen 18/9813, 18/9824 . . . . . . . 20222 B Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 20222 C Bartholomäus Kalb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 20223 D Dr . Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20225 A Karin Evers-Meyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 20226 D Dr . Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20228 C Christine Buchholz (DIE LINKE) . . . . . . . . . 20231 A Rainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20232 B Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20234 A Henning Otte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 20234 D Gabi Weber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20237 A Ingo Gädechens (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 20238 A Heidtrud Henn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20239 C I .12 Einzelplan 23 Bundesministerium für wirtschaftli- che Zusammenarbeit und Entwick- lung Drucksachen 18/9824, 18/9825 . . . . . . . 20240 B Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 20240 C Volkmar Klein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 20241 D Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20243 B Axel Schäfer (Bochum) (SPD) . . . . . . . . . . . . 20244 C Dr . Gerd Müller, Bundesminister BMZ . . . . . 20245 D Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 20248 B Sonja Steffen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20249 C Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20250 D Jürgen Klimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 20252 A Gabi Weber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20253 A Johannes Selle (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 20254 A Stefan Rebmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20255 A Sibylle Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 20256 C Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 20258 C Sibylle Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 20259 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20259 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 20261 A (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 202 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 23 . November 2016 20159 202. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 23. November 2016 Beginn: 9 .00 Uhr
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    Niema Movassat (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 202 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 23 . November 2016 20261 Anlage zum Stenografischen Bericht Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Beck (Köln), Volker BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 23 .11 .2016 Connemann, Gitta CDU/CSU 23 .11 .2016 De Ridder, Dr . Daniela SPD 23 .11 .2016 Gleicke, Iris SPD 23 .11 .2016 Gysi, Dr . Gregor DIE LINKE 23 .11 .2016 Heller, Uda CDU/CSU 23 .11 .2016 Hennrich, Michael CDU/CSU 23 .11 .2016 Hintze, Peter CDU/CSU 23 .11 .2016 Hirte, Dr . Heribert CDU/CSU 23 .11 .2016 Kofler, Dr. Bärbel SPD 23 .11 .2016 Kretschmer, Michael CDU/CSU 23 .11 .2016 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Marwitz, Hans-Georg von der CDU/CSU 23 .11 .2016 Möhring, Cornelia DIE LINKE 23 .11 .2016 Schimke, Jana CDU/CSU 23 .11 .2016 Schlecht, Michael DIE LINKE 23 .11 .2016 Schnieder, Patrick CDU/CSU 23 .11 .2016 Strebl, Matthäus CDU/CSU 23 .11 .2016 Tank, Azize DIE LINKE 23 .11 .2016 Timmermann-Fechter, Astrid CDU/CSU 23 .11 .2016 Wawzyniak, Halina DIE LINKE 23 .11 .2016 Zeulner, Emmi * CDU/CSU 23 .11 .2016 *aufgrund gesetzlichen Mutterschutzes Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 202. Sitzung Inhaltsverzeichnis EPL 04 Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt EPL 05 Auswärtiges Amt EPL 14 Verteidigung EPL 23 Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Anlage
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Anton Hofreiter


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen

    und Kollegen! Sehr geehrte Frau Merkel! Die Wahl von
    Trump zum nächsten US-Präsidenten war ein Schub für
    mehr Nationalismus und Ressentiments . Aber es gibt
    überhaupt keinen Grund, dass wir in Deutschland oder
    in Europa abfällig auf die USA blicken . Auch hier in Eu-
    ropa feiern Rechtsextreme und Rechtspopulisten Erfol-
    ge, auch hier in Deutschland sitzen Rechtspopulisten in
    immer mehr Landesparlamenten, auch hier glauben sie,
    dass ihre Stunde gekommen ist .

    All denjenigen, denen die liberale Demokratie am
    Herzen liegt, muss das große Sorgen machen .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Vieles, was wir sicher glaubten, steht infrage . Vieles, was
    selbstverständlich erschien und vielleicht viel zu vielen
    noch immer selbstverständlich erscheint, steht infrage:
    der demokratische Umgang, eine rationale, kooperative
    Außenpolitik, Verlässlichkeit internationaler Verträge,
    der Schutz von Minderheiten, die Herrschaft des Rech-
    tes, der Respekt voreinander . Bei allen Meinungsver-
    schiedenheiten, bei allen unterschiedlichen Positionen,
    die wir hier im Deutschen Bundestag haben: Wir müssen

    uns gemeinsam den Demagogen, den Nationalisten und
    den Autoritären entgegenstellen .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg . Christine Lambrecht [SPD])


    Freiheit, Solidarität und Humanismus stehen auf dem
    Spiel, für alle .

    Für mich ist auch eines klar: Keine soziale Not und
    keine gefühlte Identitätsverunsicherung rechtfertigen
    oder entschuldigen gar im Geringsten rassistische, frau-
    enfeindliche oder homophobe Handlungen .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


    Wer andere Menschen angreift oder herabsetzt, in Wort
    oder Tat, nur weil er einer echten oder gefühlten Gruppe
    angehört, die einem selbst nicht so zu passen scheint, der
    hat von uns eine ganz glasklare Antwort verdient: Kein
    Fußbreit der Gewalt, kein Fußbreit dem Hass!


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)


    Aber der Kampf gegen rechts kann nicht nur aus kla-
    ren Worten bestehen . Denn was heißt denn „kämpfen“
    im Geschäft der demokratischen Politik? Das heißt über-
    zeugen, das heißt Menschen mitnehmen, das heißt dafür
    sorgen, dass aggressive Stimmungen am Ende nicht zu
    Paralleluniversen in rechtsradikalen Echokammern füh-
    ren, es heißt, Menschen zu überzeugen, die noch nicht
    überzeugt sind . Ich glaube, da können wir alle besser
    werden, da müssen wir alle besser werden, da müssen
    wir Grüne auch besser werden .

    Wenn wir vom ökologischen Umbau reden, dann müs-
    sen wir auch die Sorgen derjenigen berücksichtigen, die
    Angst haben, ihren Arbeitsplatz zu verlieren .


    (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Große Worte!)


    Das ist eine Aufgabe, die auch wir Grüne haben, und ich
    glaube, wenn ich mir den nächsten Wahlkampf anschaue,
    dann haben alle demokratischen Parteien die Aufgabe,
    eine Sprache zu finden, die die Menschen überzeugt, mit-
    nimmt und für diese Demokratie wieder begeistert .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


    Klar erscheint auch, dass dieses Wahlergebnis in den
    USA – insbesondere wenn man sich die Wahlergebnis-
    se in den ehemaligen Industriegebieten, im sogenannten
    Rust Belt, anschaut – auch ein Protest war – auf hässliche
    und destruktive Art und Weise – gegen eine ungeregelte
    Globalisierung und ein Protest gegen den sozialen Ab-
    stieg .

    Viele kämpfen seit Jahren gegen die ungeregelte Glo-
    balisierung, die nur wenigen kurzfristig Gewinne bringt .
    Politische Entscheidungen haben diese ökonomische
    Globalisierung ermöglicht; politische Entscheidungen
    könnten auch eine Globalisierung ermöglichen, die so-

    Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel






    (A) (C)



    (B) (D)


    zial und ökologisch gerechter ist . Das ist nicht einfach,
    aber es ist möglich, und es gilt, diese optimistische Hal-
    tung gegen die scheinbare Alternativlosigkeit des Beste-
    henden zu setzen .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Umso schlimmer ist es, dass die Kritik an der Globa-
    lisierung nur von rechts außen kommt, und dies nach den
    historischen Irrtümern des 19 . und 20 . Jahrhunderts . Wir
    lehnen die nationalistische Kritik an der Globalisierung
    aufs Schärfste ab . Nationalismus kann keine Lösung
    sein; er ist ein historisch gefährlicher Irrweg .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Aber wir müssen auch verstehen, was passiert, warum
    die Menschen für den Brexit gestimmt haben, warum die
    Menschen für Trump gestimmt haben . Den Nationalis-
    ten, den Rechtspopulisten und den Rechtsradikalen ge-
    lingt es zu gut, den Unmut der Menschen, ihre Angst und
    ihre Frustration auf ihre Mühlen zu leiten .

    Der Unmut entsteht gar nicht automatisch gegen Min-
    derheiten. Der Unmut  entsteht  häufig  aus Alltagserfah-
    rungen: dass in ländlichen Regionen die Infrastruktur
    nicht mehr funktioniert; aus Angst vor sozialem Abstieg;
    aus Frust darüber, dass der Lohn trotz Vollzeitarbeit nicht
    für eine bezahlbare Wohnung reicht; aus dem Ärger des
    kleinen Kaffeehausbesitzers darüber, dass er voll Steuern
    zahlt, während sein Konkurrent von Starbucks nur einen
    minimalen Steuersatz zahlt . Wir müssen darauf achten
    und dürfen nicht zulassen, dass dieser Ärger und dieser
    Frust am Ende an Minderheiten ausgelassen werden,
    dass die Schwächsten der Schwachen zu Sündenböcken
    erklärt werden .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


    Wir müssen verhindern, dass es den Rechtspopulisten
    und den Rechtsradikalen in Europa weiter gelingt, ein
    Bündnis zu schmieden, das zum Brexit geführt hat, ein
    Bündnis zu schmieden, das am Ende die Wahl von Trump
    ermöglicht hat, ein Bündnis zu schmieden aus Rassisten
    und Homophoben, mit sozial Verunsicherten, mit Men-
    schen, die Angst vor dem sozialen Abstieg haben .

    Dafür brauchen wir eine Politik, die dafür sorgt, dass
    die Infrastruktur auch in den ländlichen Regionen wie-
    der ankommt und funktioniert, eine Politik, die dafür
    sorgt, dass die sozialen Sicherungssysteme wirklich für
    alle sicher sind und die Zweiklassenmedizin abgeschafft
    wird, eine Politik, die dafür sorgt, dass ausreichend Geld
    für bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung gestellt wird,
    eine Politik, die dafür sorgt, dass der Arbeitsmarkt wie-
    der für alle Menschen funktioniert, eine Politik, die eine
    Bildungsoffensive ermöglicht, damit wieder jedes Kind
    eine Chance auf sozialen Aufstieg hat, und eine Politik,
    die ermöglicht, dass jeder, der Arbeit hat, ausreichend
    verdient, um am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu
    können .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Sehr geehrte Frau Merkel, in diesen schwierigen Zei-
    ten haben Sie angekündigt, für die CDU wieder als Kanz-
    lerin kandidieren zu wollen .


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Wieder einmal ist unklar geblieben, wohin Sie mit dem
    Land eigentlich wollen und was Sie mit Ihrer Kanzler-
    schaft anstellen wollen . Im letzten Wahlkampf war Ihr
    Motto: Sie kennen mich ja! – In diesem Wahlkampf wird
    das nicht reichen . Es wird auch nicht reichen, zu erklä-
    ren: Wir machen einfach weiter so .


    (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Man weiß, dass es keinen Besseren gibt!)


    Was hat Ihre Regierung in den letzten acht oder zehn
    Jahren denn getan gegen das Auseinanderfallen der Eu-
    ropäischen Union? Was hat Ihre Regierung denn getan
    gegen die weitere Spaltung unserer Gesellschaft? Was
    hat Ihre Regierung denn getan, um die Fluchtursachen
    wirklich zu bekämpfen und sich für einen fairen Welt-
    handel einzusetzen? Was hat Ihre Regierung getan in den
    letzten Monaten und Jahren, um den Klimaschutz durch-
    zusetzen?

    Schauen wir uns die einzelnen Punkte einmal an .
    Die Europäische Union ist seit fast acht Jahren in der
    Dauerkrise, seit der verkorksten Bankenrettung nach der
    Finanzmarktkrise . Dieser Zustand ist in den letzten Mo-
    naten und Jahren nicht besser, sondern eher schlimmer
    geworden .

    Wir haben gesehen: Großbritannien hat sich für den
    Austritt aus der Europäischen Union entschieden . Wir
    müssen befürchten, dass in Frankreich Frau Le Pen Prä-
    sidentin wird . In Italien sind die Zustände nicht besser
    geworden, und es besteht die Gefahr, dass dort Rechtspo-
    pulisten an die Macht kommen . In Griechenland herrscht
    Hoffnungslosigkeit und das Gefühl, Europa lässt sie mit
    den vielen Geflüchteten, die kommen, im Stich.

    In all diesen Jahren waren Sie Kanzlerin des mäch-
    tigsten Landes innerhalb der Europäischen Union . Jetzt
    rechtfertigen Sie sich immer damit – und es wird damit
    gerechtfertigt –, Ihnen hätten die Partner gefehlt und Sie
    hätten alles richtig gemacht . Sie haben immer stur und
    brav auf das Einhalten von Regeln gepocht und immer
    stur und brav darauf gepocht, dass die Sparvorschläge
    umgesetzt werden .

    Man hätte vor sieben oder acht Jahren noch darüber
    streiten können, ob diese Politik erfolgreich ist . Aber
    nach acht Jahren nicht erfolgreicher Politik könnte diese
    Bundesregierung überlegen, ob das wirklich die richtige
    Politik war .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Nach acht Jahren, in denen innerhalb der Europäischen
    Union weiterhin 20 Millionen Menschen arbeitslos sind,
    könnte die SPD überlegen, ob sie nicht ihr ganzes Ge-
    wicht dafür einsetzen könnte, innerhalb der Europäi-
    schen Union zu einer Investitionsoffensive zu kommen .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Die SPD könnte sich dafür einsetzen, dass endlich ausrei-
    chend Geld für eine soziale und ökologische Transforma-

    Dr. Anton Hofreiter






    (A) (C)



    (B) (D)


    tion innerhalb der Europäischen Union ausgegeben wird,
    damit die Menschen wieder den Glauben haben, dass das
    wunderbare Projekt der Europäischen Union nicht nur
    für Frieden, sondern auch für Wohlstand für sie persön-
    lich steht .

    Wo bleibt da die SPD? Setzen Sie sich endlich dafür
    ein, dass wir eine offensive Investitionspolitik auf eu-
    ropäischer Ebene bekommen . Denn sonst haben viel zu
    viele das Gefühl, Europa lässt sie im Stich .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Schauen wir uns die Spaltung unserer Gesellschaft
    an . Sie haben davon gesprochen, Frau Merkel, dass es
    den Menschen in Deutschland so gut geht wie noch nie .
    Ja, der Durchschnitt kann allerdings vieles verdecken .
    Hinter „den Menschen“ verbergen sich nämlich ganz un-
    terschiedliche Schicksale . Es gibt die Reichsten der Rei-
    chen, die in den letzten Jahren deutlich reicher geworden
    sind, und wir hatten noch nie so viele Milliardäre und
    Millionäre in Deutschland .

    Aber es gibt auch die anderen Gruppen, die sich hin-
    ter diesem Durchschnitt verstecken . Inzwischen ist jeder
    zehnte Arbeitnehmer bzw . jede zehnte Arbeitnehmerin
    von Armut bedroht, obwohl sie Arbeit haben . Das ist
    doppelt so viel wie noch vor zehn Jahren, doppelt so viel
    wie zu Beginn Ihrer Kanzlerschaft .

    Oder wenn man sich anschaut, wie sich das Aufstiegs-
    versprechen entwickelt hat: Für viel zu viele ist das Auf-
    stiegsversprechen immer noch ein Versprechen, das für
    sie nicht gilt, weil sie aus bildungsfernen Haushalten
    bzw . aus Arbeiterhaushalten kommen und weil für sie
    eben nicht gilt, dass sie die gleichen Chancen haben, ein
    Gymnasium oder eine Universität zu besuchen . Das liegt
    nicht daran, dass sie weniger können, sondern daran, dass
    sie eine andere Herkunft haben .

    All das versteckt sich hinter dem Durchschnitt, und all
    das ist politisch änderbar .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Denn es ist politisch durchsetzbar, ein faireres Steuersys-
    tem zu haben . Es ist politisch durchsetzbar, eine bessere
    Ausstattung der Infrastruktur, zum Beispiel einen besse-
    ren Breitbandausbau, zu haben, damit abgehängte länd-
    liche Regionen an die boomenden Städte angeschlossen
    werden . Es ist möglich, ausreichend Geld zur Verfügung
    zu stellen, damit es auch in München, Frankfurt, Berlin,
    Stuttgart und anderen Metropolen wieder ausreichend
    bezahlbaren Wohnraum auch für die Menschen mit nied-
    rigerem Einkommen gibt . Es ist möglich, eine andere
    Arbeitsmarktpolitik zu machen und wieder mehr Geld
    zur Verfügung zu stellen, damit die Langzeitarbeitslosen
    wieder eine Chance haben, einen guten sozialversiche-
    rungspflichtigen Job zu bekommen. 

    All das ist möglich . Sie hatten zehn Jahre Zeit . Fangen
    Sie doch wenigstens jetzt damit an!


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Frau Merkel, Sie haben von der gerechten Gestaltung
    der Globalisierung gesprochen . Sie haben davon gespro-
    chen, dass die neuen Freihandelsabkommen besser sind,

    weil sie Standards festlegen . Das klang alles gut . Das
    Problem ist nur: Dem ist nicht so . Wenn Sie sich näm-
    lich  die Verträge  genau  ansehen,  dann finden Sie  zwar 
    zum Beispiel das Vorsorgeprinzip im Vertrag zu CETA
    erwähnt, aber nur  im Vorwort.  Im Vertrag selbst finden 
    Sie die von Ihnen selbst hochgelobten Standards nicht .

    Im Vertrag finden Sie stattdessen eine Konzernjustiz 
    außerhalb  unserer  öffentlichen Gerichtsbarkeit.  Sie fin-
    den im Vertrag stattdessen eine Bedrohung der Verbrau-
    cherschutz- und Umweltschutzstandards, und Sie finden 
    im Vertrag stattdessen die Möglichkeit und dementspre-
    chend den Druck auf die Kommunen, ihre kommunale
    Daseinsvorsorge zu privatisieren .

    Das, was Sie zur Regelung der Globalisierung vorge-
    stellt haben, wäre zwar schön . Bloß, die Verträge machen
    leider genau das Gegenteil . Deshalb lehnen wir diese
    Verträge ab .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Wir reden sehr viel von CETA und TTIP . Bei diesen
    Verträgen sollte man aber nie die EPAs vergessen, die mit
    den Ländern Westafrikas und Zentralafrikas abgeschlos-
    sen werden sollen .


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)


    Wenn man sich mit den EPAs befasst, dann kommt man
    zu Ihren Aussagen zur Bekämpfung der Fluchtursachen .

    Ich will Ihnen überhaupt nicht vorwerfen, Frau
    Merkel, dass auch Sie keine gute Lösung für die Schre-
    cken des Bürgerkriegs in Syrien haben, dass Sie keine
    gute Lösung dafür haben, wie wir den Bürgerkrieg im
    Irak oder in Afghanistan beenden können . Das wirft Ih-
    nen niemand vor . Wir würden uns sehr wünschen, dass es
    dafür eine Lösung gäbe . Es gibt aber nur kleine, schwie-
    rige, tastende Schritte in Richtung Lösung, und die Rolle,
    die Russland dabei spielt, ist mehr als kontraproduktiv .
    Denn das, was in Aleppo passiert, sind schlicht Kriegs-
    verbrechen, und das kann man auch genau so nennen: Es
    sind Kriegsverbrechen .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


    Dazu würde ich mir auch von dem einen oder anderen
    hier im Haus eine klare Aussage wünschen .

    Was man aber dieser Regierung vorwerfen kann, ist
    die Aussetzung des Familiennachzugs .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Da hatten wir eine Lösung . Glauben Sie wirklich, dass
    die Mütter, die Väter und die minderjährigen Kinder,
    wenn sie hier bei uns sind, ruhig schlafen und sich ver-
    nünftig in unsere Gesellschaft integrieren können, wenn
    der Familiennachzug ausgesetzt bleibt? Das könnten Sie
    ändern; das könnten Sie anpacken . Deshalb appelliere ich
    an Sie: Lassen Sie den Familiennachzug wieder zu, sei es
    aus christlichen oder sei es aus humanitären Gründen!


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


    Dr. Anton Hofreiter






    (A) (C)



    (B) (D)


    Was man Ihnen vorwerfen kann, ist, dass bei den
    Fluchtursachen, die wir verändern könnten, nichts pas-
    siert . Ich sehe keine Initiative der Bundesregierung, end-
    lich dafür zu sorgen, dass die hoch subventionierten euro-
    päischen Fischerflotten aufhören, die Gewässer vor den 
    Küsten Afrikas, insbesondere vor denen Westafrikas und
    Zentralafrikas,  leerzufischen,  sodass  die  einheimischen 
    Fischer zu Schleppern werden und Menschen – weil sie
    selbst keine Nahrungsgrundlage mehr haben – hierher-
    transportieren . Das wäre zu ändern und wäre eine echte
    Bekämpfung der Fluchtursachen .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Ich sehe auch keine Initiative, die endlich einen fai-
    ren Umgang mit den Kleinbauern Afrikas zum Ziel hat .
    Zehntausende Kleinbauern sind in den Ruin getrieben
    worden durch den zunehmenden Export von gefrorenem
    Geflügelfleisch,  Milchpulver  und  anderen  Landwirt-
    schaftsprodukten aus der Europäischen Union . Von 2001
    bis 2014 hat der Export von gefrorenem Geflügelfleisch 
    um 300 Prozent zugenommen und hat Tausende und
    Abertausende Bäuerinnen und Bauern in den Ruin ge-
    trieben. Deren Söhne haben nun teilweise als Geflüchtete 
    Schutz bei uns gefunden . Sie wurden von ihren Familien
    geschickt in der verzweifelten Hoffnung, etwas Geld für
    die Ernährung der Familie zu beschaffen . Das könnten
    Sie verändern . Deshalb: Verändern Sie es endlich, und
    sprechen Sie nicht immer nur abstrakt von Fluchtursa-
    chenbekämpfung!


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Schauen wir uns den Klimaschutz an . Frau Merkel,
    Sie haben gesagt, es sei Ihnen immerhin gelungen, Frau
    Hendricks mit einem Klimaschutzplan nach Marrakesch
    zu schicken; nun wisse man, was die nächsten Schritte
    seien, die in Deutschland zu gehen seien . Sie haben recht:
    Es ist Ihnen gelungen, Frau Hendricks mit einem Kli-
    maschutzplan nach Marrakesch zu schicken . Aber man
    weiß deshalb nicht, welches die nächsten Schritte sind,
    die in Deutschland zu gehen sind . Von Maßnahmen steht
    nämlich nichts im Klimaschutzplan . Sie haben zugelas-
    sen, dass dieser Klimaschutzplan von allen Maßnahmen
    entkernt worden ist .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Herr Gabriel hat damit begonnen und hat den Plan zum
    Kohleausstieg aus dem Klimaschutzplan herausgestri-
    chen . Herr Dobrindt hat dann weitergemacht und hat alle
    Maßnahmen, die dazu gedacht waren, die Autoindustrie
    zu modernisieren, aus dem Klimaschutzplan heraus-
    gestrichen . Geendet hat es mit Herrn Schmidt, der alle
    Maßnahmen im Bereich der Landwirtschaft herausgestri-
    chen hat . Deshalb: Es genügt nicht, nur einen Plan zu ha-
    ben, in dem nichts steht . Klimaschutz muss konkret sein
    und bedeuten, dass wir beginnen, in Deutschland aus der
    Kohle auszusteigen und die erneuerbaren Energien wie-
    der flottzumachen, und das nicht  nur  aus Klimaschutz- 
    und Umweltschutzgründen, sondern auch aus industrie-
    politischen Gründen; denn die Zukunft wird die moderne
    Energieversorgung sein . Dort werden die Arbeitsplätze
    der Zukunft entstehen . Hier besteht die Möglichkeit,
    Menschen Hoffnung zu geben . Wenn Sie es schon nicht
    aus Klimaschutzgründen machen, dann sollten Sie we-

    nigstens aus industriepolitischen Gründen aufhören, auf
    die alten Technologien des 18 . und 19 . Jahrhunderts zu
    setzen . Setzen Sie stattdessen auf die Technologien des
    21 . Jahrhunderts .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Das würde bedeuten, die Chancen, die in der Digi-
    talisierung  und  Elektrifizierung  der  Mobilitätssparte 
    bestehen, zu nutzen . Die Frage, ob Arbeitsplätze im Be-
    reich des Verbrennungsmotors erhalten bleiben oder ob
    Arbeitsplätze im Bereich der emissionsfreien Fahrzeuge
    geschaffen werden, stellt sich nicht . Die Gefahr besteht
    doch, dass Arbeitsplätze im Bereich des Verbrennungs-
    motors verloren gehen und neue Arbeitsplätze nicht in
    Deutschland, sondern in den USA bei Tesla, in Japan bei
    Toyota und in Südkorea bei Hyundai entstehen . Deshalb
    ist es an der Zeit, endlich die Chancen der Moderne zu
    nutzen und auf die Digitalisierung und die Elektrifizie-
    rung zu setzen .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Das sagen nicht nur wir . 40 große deutsche Unternehmen
    haben Ihnen ins Stammbuch geschrieben, dass sie von
    der Bundesregierung sowohl aus Klimaschutzgründen
    als auch aus Gründen der Arbeitsplatzsicherung mehr
    Klimaschutz erwarten . Selbst die IG Metall fordert in-
    zwischen einen Umbau der Autoindustrie, auch aus Ar-
    beitsplatzgründen . Ich erwarte von Ihnen, dass Sie end-
    lich für einen Klimaschutzplan sorgen, der den Namen
    auch verdient .

    Ich glaube, wir brauchen für die ganz großen Heraus-
    forderungen, vor denen wir stehen, und vor dem Hin-
    tergrund der großen Unsicherheiten eine Politik, die die
    wirklichen Probleme angeht . Deshalb lassen Sie uns da-
    für sorgen, dass wir eine Politik gestalten, die sozial ist,
    die gerecht ist, die ökologisch ist und die die Menschen
    in diesem Land mitnimmt . Dann haben wir alle Chancen,
    dass es auch in Zukunft den Menschen in diesem Land
    gut geht .

    Vielen Dank .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)




Rede von Dr. Norbert Lammert
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

Thomas Oppermann ist der nächste Redner für die

SPD-Fraktion .


(Beifall bei der SPD sowie des Abg . Norbert Schindler [CDU/CSU])



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Thomas Oppermann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr ge-

    ehrte Frau Wagenknecht, ich habe Ihrer Rede auch dies-
    mal aufmerksam zugehört und bin erstaunt: Während
    überall in der Welt der Schrecken über den Ausgang der
    Wahl in den Vereinigten Staaten immer noch groß ist,
    bekommen wir mit Donald Trump jetzt offenbar einen
    Präsidenten, dem Sie etwas abgewinnen können .


    (Harald Petzold [Havelland] [DIE LINKE]: Quatsch! Das ist himmelschreiender Unsinn!)


    Dr. Anton Hofreiter






    (A) (C)



    (B) (D)


    Ich habe mich gewundert, wie Sie die ökonomische
    Kompetenz von Donald Trump bewundert haben und
    gleichzeitig über die politischen Eliten in Europa gewet-
    tert haben, die angeblich nur den Mächtigen dienen . Frü-
    her hieß es: „Proletarier aller Länder, vereinigt euch!“;
    heute heißt es: Populisten aller Länder, vereinigt euch!


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der LINKEN)


    Ihre Antwort auf den Populismus von rechts


    (Heike Hänsel [DIE LINKE]: Das ist billige Propaganda, was Sie hier betreiben!)


    ist mehr Populismus von links . Sie wollen Frauke Petry
    im Deutschen Bundestag überflüssig machen. Aber mit 
    Ihren Reden tragen Sie dazu bei, die AfD zu stärken .


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Dr . Diether Dehm [DIE LINKE]: Sie haben sie großgemacht! – Weitere Zurufe von der LINKEN)


    Es gibt gar keinen Zweifel: Der Ausgang der Wahlen
    in den Vereinigten Staaten wird die Rahmenbedingungen
    für die Politik auch in Deutschland verändern . In den
    amerikanischen Städten gehen die jungen Leute auf die
    Straße – wie nach dem Brexit in London – und sagen:
    Not my President . Die Trump-Wahl hat in der Tat die
    westliche Welt erschüttert . Aber demokratische Wahlen
    sind auch dann richtig, wenn sie nicht das gewünschte
    Ergebnis bringen .


    (Dr . Diether Dehm [DIE LINKE]: Aha! Jetzt kommen wir der Sache schon näher!)


    Wir müssen den Ausgang der Wahl selbstverständlich
    res pektieren; aber was nicht akzeptiert werden kann, das
    ist die schmutzige Art, in der dieser Wahlkampf geführt
    wurde .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


    Die Demokratie lebt von Voraussetzungen, die sie selbst
    nicht herstellen bzw . garantieren kann . Dazu gehören An-
    stand und der Respekt vor der Würde anderer Menschen .
    Der Rassismus von Donald Trump, seine respektlose
    Abwertung von Menschen, war schon im Wahlkampf
    unerträglich, aber ist, wenn es an der Spitze des Staa-
    tes praktiziert wird, eine Gefahr für die Demokratie . Die
    Zerstörung der Demokratie dürfen wir nicht zulassen .


    (Beifall bei der SPD)


    Ich  finde  es  schlimm,  dass  in  Großbritannien  nach 
    dem Brexit und jetzt auch in den USA in den Schulklas-
    sen Kinder von Einwanderern beschimpft werden, dass
    Leute gegeneinander aufgewiegelt werden und am Ende
    der Hass regiert . Das führt dazu, dass unsere Demokratie
    vergiftet wird, und das dürfen wir nicht zulassen .


    (Beifall bei der SPD)


    Was unter Barack Obama noch selbstverständlich zu
    sein schien, nämlich dass der Kern des westlichen Bünd-

    nisses darin besteht, unsere liberale Demokratie, unsere
    freie und offene Gesellschaft zu verteidigen,


    (Heike Hänsel [DIE LINKE]: Drohnenmorde!)


    das erscheint unter einem Präsidenten Donald Trump
    nicht mehr selbstverständlich . Bei ihm stehen Abschot-
    tung und nationalstaatliche Politik im Vordergrund . Des-
    halb ist es kein Zufall, dass der erste europäische Poli-
    tiker, den Trump empfangen hat, Nigel Farage war, der
    die Spaltung Europas durch den Brexit vorangetrieben
    hat . Die Botschaft, die von solchen Treffen ausgeht, ist
    eindeutig: Trump ist offenbar nicht an einem vereinten
    Europa interessiert . Dabei sind ein geeintes Europa und
    eine funktionierende transatlantische Partnerschaft das
    Fundament des Westens; denn nur gemeinsam können
    wir unsere Werte verteidigen .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


    Es bereitet mir große Sorge, dass jetzt auf beiden Sei-
    ten des Atlantiks die Populisten ihre Lautsprecher auf-
    gestellt haben . Der Brexit in England, Le Pen in Frank-
    reich – auch in Europa sehen immer mehr Menschen ihr
    Heil in der Abschottung . Donald Trump hat sich nicht nur
    gegen TTIP und TPP, sondern auch für die Einführung
    von Schutzzöllen ausgesprochen . Das wäre das Ende des
    freien Handels, wie wir ihn kennen . Deutschland expor-
    tiert jedes Jahr Güter im Wert von 114 Milliarden Euro
    in die USA . Eine Abschottung der Märkte betrifft allein
    in diesem Bereich 1 Million Arbeitsplätze . Deshalb bin
    ich, welche Schwierigkeiten es im Einzelnen auch immer
    geben mag, ob in Sicherheitsfragen oder beim Handel,
    zutiefst davon überzeugt: Nationalismus und Protektio-
    nismus sind die falsche Antwort .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


    Wir sollten uns jetzt aber auch davor hüten, auf die
    Wähler von populistischen Parteien herabzuschauen .
    Wählerbeschimpfung steht einer Demokratie schlecht
    zu Gesicht genauso wie die herablassende Aussage: Wir
    müssen euch das nur besser erklären . – Toni Hofreiter,
    ich fand es übrigens gut, dass auf dem Parteitag der Grü-
    nen dazu eine nachdenkliche Diskussion geführt wurde;
    sie ist ja hier weitergeführt worden . Ich fand es gut, dass
    der Leiter des Büros der Heinrich-Böll-Stiftung in Wa-
    shington treffend gesagt hat: Wir müssen den „Duktus
    der moralischen Überlegenheit“ in der öffentlichen De-
    batte ablegen . – Denn genau dieser moralische Zeige-
    finger  schweißt  die Wähler  populistischer  Parteien  erst 
    richtig zusammen .

    Statt die Wähler zu beschimpfen, sollte diese Wahl ein
    Weckruf für alle Demokraten sein, um sich auf die Fra-
    ge zu konzentrieren, was die Menschen in ihrem Alltag
    wirklich beschäftigt und interessiert . Ich sehe hier zwei
    Erwartungen: Erstens . Die Menschen wollen – das ist
    ganz klar – einen handlungsfähigen Staat, einen Staat,
    der Regeln setzt und auch durchsetzt, einen Staat, der
    die Menschen vor Kriminalität und Gewalt beschützen

    Thomas Oppermann






    (A) (C)



    (B) (D)


    kann . Zweitens . Die Menschen wollen einen Staat, der
    soziale Sicherheit bietet, der Menschen auffängt, wenn
    sie aufgrund von wirtschaftlichen Entwicklungen ihren
    Arbeitsplatz verloren haben, und verhindert, dass sie so-
    zial abrutschen .


    (Beifall bei der SPD)


    Wenn Unsicherheit und Angst in der Gesellschaft zu-
    nehmen, dann müssen wir für Solidarität, für Verlässlich-
    keit und für Sicherheit sorgen .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Aber wir brauchen auch klare Spielregeln für die Demo-
    kratie . Die Demokratie lebt vom Streit, sie lebt von Rede
    und Gegenrede; aber sie lebt nicht von Falschmeldun-
    gen und Hassbotschaften . Deshalb haben wir in der Tat –
    auch die Bundeskanzlerin hat darüber gesprochen – ein
    riesiges Problem beim Umgang mit der Wahrheit in den
    sozialen Medien . Immer mehr offene Hetze, Falschmel-
    dungen und Meinungsroboter sind dort unterwegs . Des-
    halb ist es absolut richtig, jetzt auf Facebook und andere
    Anbieter massiv Druck zu machen, damit die Persönlich-
    keitsrechte von betroffenen Bürgerinnen und Bürgern
    durchgesetzt werden können .


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Ich finde, wer eine solche Plattform betreibt, um Geld zu 
    verdienen,  der muss  auch verpflichtet werden,  das  gel-
    tende Recht durchzusetzen . Diese Unternehmen haben
    hier ihre Niederlassungen, um Werbung zu verkaufen;
    aber sie haben keine Kontaktstellen, an die sich Ermittler
    wenden können, um Auskunft zu bekommen, wer sich
    hinter einer strafbaren Äußerung verbirgt . Lieber Volker
    Kauder, ich finde, wir sollten mit vereinten Kräften, ge-
    meinsam mit dem Justizminister und allen in diesem
    Haus etwas dagegen tun . Das wäre ein guter Schritt .


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Die Zukunft der Demokratie steht in diesen Wochen
    aber auch in der Türkei auf dem Spiel . Präsident Erdogan
    hat einen zerstörerischen Prozess in Gang gesetzt . Fast
    140 000 Staatsbedienstete sind seit dem Putschversuch
    entlassen . Eine Verhaftungswelle geht durch das Land .
    Ich sage: Wer Richter, Staatsanwälte, Journalisten und
    Abgeordnete verhaftet, wer die Opposition ins Gefängnis
    steckt, der zerstört die Demokratie, und dazu darf Europa
    nicht schweigen .


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Ich finde es gut, dass Abgeordnete aus allen Fraktionen 
    im Deutschen Bundestag Patenschaften für verhaftete
    Parlamentsabgeordnete in der Türkei übernommen ha-
    ben . Wir müssen ein wachsames Auge auf das haben,
    was dort passiert .

    Was da passiert, ist für viele Menschen eine große
    Enttäuschung, insbesondere für die Menschen, die sich
    jahrelang für die Türkei eingesetzt haben . Erdogan hat
    seit seinem Amtseintritt 2003 die Türkei aufgebaut . Er
    war es, der sie von einem Entwicklungsland zu einem

    Schwellenland gemacht hat, der die Lebensumstände von
    Millionen Türken verbessert hat, der sein Land für die
    Welt geöffnet hat, und wir haben ihn dabei unterstützt .
    Jetzt reißt er alles wieder ein . Er zerstört nicht nur sein
    Lebenswerk, sondern auch die moderne Türkei . Wenn er
    jetzt, wie geplant, die Todesstrafe einführt, dann wäre das
    das automatische Ende der EU-Beitrittsverhandlungen .
    Da kann es kein Vertun geben .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Vor dem Hintergrund kann ich gut nachvollziehen, dass
    das Europäische Parlament die Verhandlungen zunächst
    auf Eis legen will . Auch wenn wir über die Entwicklung
    in der Türkei enttäuscht sind, wenden wir uns nicht vom
    türkischen Volk ab . Es gibt dort Millionen Bürger, die
    eine demokratische Türkei in einem freien Europa wol-
    len, und diese Bürger haben unsere volle Solidarität .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Meine Damen und Herren, auch wenn der Flüchtlings-
    strom nach Deutschland in den letzten Monaten deutlich
    abgenommen hat, träumen weiterhin viele junge Men-
    schen davon, nach Europa zu kommen . Ich konnte mir
    kürzlich in Marokko persönlich ein Bild davon machen,
    wie viele Menschen, vor allem junge Männer aus Nord-
    afrika, dort auf ihre Chance warten . Sie wollen Arbeit
    und ein besseres Leben, und sie wollen irgendwie über
    das Mittelmeer kommen . Es muss ihnen ganz klar gesagt
    werden: Das ist nicht der richtige Weg nach Europa . –
    Dieser Weg ist lebensgefährlich, und er wird für viele zu
    einer bitteren Enttäuschung führen, weil ihr Asylgesuch
    nicht anerkannt wird. Umso wichtiger finde ich es, dass 
    wir diesen Menschen eine Möglichkeit aufzeigen, unter
    welchen Voraussetzungen sie legal nach Deutschland
    kommen können . Dazu müssen wir zwischen Asyl und
    Arbeitseinwanderung besser unterscheiden . Unser Asyl-
    system ist auch deshalb so überlaufen, weil wir diese Un-
    terscheidung nach außen hin faktisch nicht mehr machen .
    Deshalb haben wir ein Einwanderungsgesetz vorgelegt .
    Die meisten Menschen in Deutschland haben verstan-
    den, dass wir spätestens dann, wenn die geburtenstarken
    Jahrgänge in Rente gehen, auf die Einwanderung von
    gut qualifizierten Fachkräften angewiesen sind, und sie 
    wollen auch, dass wir das in kontrollierter Form erlauben
    und vernünftig regeln . Wir brauchen Regeln für die Ein-
    wanderung, Regeln, die jeder versteht und die am besten
    in diesem Hause erarbeitet werden sollten .


    (Beifall bei der SPD)


    Eine der wichtigsten Gerechtigkeitsfragen unserer
    Zeit bezieht sich auf die wachsende Kluft zwischen den
    Regionen . Es gibt zu viele Regionen in Deutschland, in
    denen sich die Menschen von der Zukunft keine Verbes-
    serung ihrer Versorgung erwarten . Arztpraxen schließen,
    Buslinien werden gestrichen und Schulen nicht saniert,
    die Jungen ziehen weg, die Alten bleiben – diesen Pro-
    zess können wir natürlich nicht von heute auf morgen
    aufhalten; aber wir können etwas tun: Wir wollen gleich-

    Thomas Oppermann






    (A) (C)



    (B) (D)


    wertige Lebensverhältnisse, damit unser Land zusam-
    menhält und nicht weiter auseinanderdriftet .


    (Beifall bei der SPD)


    Deshalb ist es gut, dass sich Bund und Länder auf die
    Neuregelung des Bund-Länder-Finanzausgleichs geei-
    nigt haben . Das war am Ende nur möglich, weil der Bund
    ab 2020 10 Milliarden Euro zur Verfügung stellt und da-
    mit faktisch eine Garantenstellung für gleichwertige Le-
    bensverhältnisse in Deutschland übernommen hat .

    Noch nie zuvor hat der Bund finanzschwache Länder 
    und Kommunen so stark entlastet wie in dieser Wahlpe-
    riode . Der Bund hat die Kosten der Flüchtlingsaufnah-
    me getragen und sich auch an den Integrationskosten
    beteiligt . Der Bund hat ein 3,5-Milliarden-Programm
    für finanzschwache Kommunen  auf  den Weg gebracht. 
    Wir haben die Mittel für den sozialen Wohnungsbau von
    500 Millionen Euro auf 2 Milliarden Euro vervierfacht .
    Zudem haben wir 5 Milliarden Euro für die Kommunen
    bereitgestellt, um sie finanziell zu stärken. 

    Die Bundeskanzlerin hat den Streit über den Vertei-
    lungsschlüssel angesprochen . In der Tat begünstigt der
    Verteilungsschlüssel  die  finanzkräftigen  Kommunen, 
    weil er dort zu einem höheren Pro-Kopf-Aufkommen
    führt  als  bei  den  finanzschwachen. Das  halte  ich  nicht 
    für angemessen .


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Frau Bundeskanzlerin, wir haben darüber gestritten . Ich
    habe einen besseren Verteilungsschlüssel . Dem stimmen
    die 16 Ministerpräsidenten aber nicht zu .


    (Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Das ist das Problem! Und da sind ganz viele von euch!)


    Der Unterschied ist: Ich hätte das auch gegen die Minis-
    terpräsidenten im Bundestag entschieden .


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Mir hätte die Zustimmung von Volker Kauder gereicht .
    Ich finde, der Bundestag kann seine Entscheidungen sel-
    ber treffen .


    (Beifall bei der SPD – Volker Kauder [CDU/ CSU]: Herr Schneider, jetzt kommen Sie ins Spiel!)


    Wenn wir uns einmal ansehen, was wir zur Entlastung
    der Länder alles gemacht haben – wir haben das BAföG
    übernommen und viele andere Dinge gemacht – und was
    wir zur Entlastung der Kommunen alles auf den Weg ge-
    bracht haben, dann können wir, wie ich finde, damit zu-
    frieden sein; denn das sind gezielte Investitionen in den
    sozialen Zusammenhalt unseres Landes .

    Meine Damen und Herren, eines liegt meiner Fraktion
    ganz besonders am Herzen, nämlich dass der Bund end-
    lich die Schulen in besonders finanzschwachen Kommu-
    nen unterstützen kann. Ich finde, es ist ein Unding, dass 
    in unserem Land Schulen teilweise in einem miserablen
    Zustand sind, weil Städte und Gemeinden nicht genug
    Geld haben, um eine anständige Schule für unsere Kinder
    bereitzustellen, während der Bund Haushaltsüberschüs-

    se hat, das Grundgesetz aber verbietet, einen Teil davon
    für die Modernisierung der Schulen einzusetzen . Ich bin
    froh, dass wir diesen absurden Zustand endlich beenden .


    (Beifall bei der SPD)


    Wir werden das Grundgesetz ändern und dem Bund in
    Zukunft erlauben,


    (Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Für alles zuständig zu sein, genau!)


    Bildungsinfrastruktur in den Kommunen mitzufinanzie-
    ren . Wir ändern aber nicht nur das Grundgesetz, sondern
    legen  auch  ein  3,5-Milliarden-Programm  für  finanz-
    schwache Kommunen auf, damit Schulen saniert und
    modern ausgestattet werden können .

    Ich wundere mich dann doch, was der Ministerpräsi-
    dent aus Baden-Württemberg dazu sagt .


    (Christine Lambrecht [SPD]: Ja, unfassbar!)


    Er sagt – ich möchte ihn mal zitieren –: Bei der Bildung
    verläuft die rote Linie für mich . Ein solcher Zugriff des
    Bundes wäre ein massives Einfallstor in den Kernbereich
    der föderalen Landeshoheit .


    (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Der weiß noch, wofür er zuständig ist! – Christine Lambrecht [SPD]: Das Prinzip ist wichtiger als die Kinder!)


    Also, liebe Grüne, ich denke, ihr seid eine progressive
    Partei . Was lasst ihr euch von Kretschmann eigentlich
    alles bieten? Der ist ja konservativer, als die Polizei er-
    laubt .


    (Beifall bei der SPD – Max Straubinger [CDU/ CSU]: Der will seiner Aufgabe nachkommen!)


    Man hat in Baden-Württemberg den Eindruck: Das ist gar
    nicht Schwarz-Grün, sondern eher Schwarz-Schwarz –
    mit leichtem Farbunterschied .


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Ich glaube, ich spreche einigen Grünen dabei aus der
    Seele .


    (Volker Kauder [CDU/CSU], an Bündnis 90/ Die Grünen gewandt: Erstaunlich, dass ihr so ruhig seid! – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


    In der Sache machen wir, glaube ich, etwas Gutes . Ich
    bin überzeugt davon, dass der Bund hiermit – neben dem
    BAföG – ein zweites Instrument für mehr Chancenge-
    rechtigkeit in die Hand bekommt . Wir wollen Bildungs-
    chancen für alle, unabhängig davon, aus welchen El-
    ternhäusern die Kinder kommen, oder auch unabhängig
    davon, welche Finanzkraft ihre Heimatgemeinde hat .


    (Beifall bei der SPD)


    Dass wir all das finanzieren können, liegt an der guten 
    wirtschaftlichen Situation . Wir haben stabiles Wachs-
    tum, wir  haben  immer mehr  sozialversicherungspflich-
    tige Arbeitsplätze . Wir beschließen am Freitag den vier-
    ten Haushalt in Folge, der ausgeglichen sein wird – die
    letzten beiden wiesen sogar Überschüsse auf –, die Ren-

    Thomas Oppermann






    (A) (C)



    (B) (D)


    ten steigen – in diesem Jahr um 4 Prozent, im nächsten
    Jahr werden sie um 2 Prozent steigen –, und nächstes
    Jahr steigt auch zum ersten Mal der Mindestlohn . Die-
    se wirtschaftliche Prosperität kam nicht von selbst, und
    sie bleibt auch nicht automatisch so . Sie ist das Ergebnis
    harter Arbeit . Deshalb müssen wir massiv investieren in
    eine moderne Infrastruktur, in den sozialen Zusammen-
    halt unserer Gesellschaft, aber auch in Forschung und
    Entwicklung .

    Gleichzeitig bietet diese wirtschaftliche Stärke auch
    die  Chance,  soziale  Defizite  in  dieser  Gesellschaft  zu 
    beseitigen; denn der Wohlstand kommt nicht bei allen
    Menschen gleichermaßen an . Armut, Abstiegsängste und
    Arbeitslosigkeit gibt es weiterhin . Deshalb ist es gut,
    dass wir ab dem nächsten Jahr den Unterhaltsvorschuss
    für Alleinerziehende deutlich ausweiten, meine Damen
    und Herren .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Ministerin Manuela Schwesig hat sich darum intensiv
    gekümmert . Damit stärken wir die Alleinerziehenden,
    aber vor allen Dingen ihre Kinder, die von der Trennung
    ihrer Eltern betroffen sind . Deren Schicksal darf nicht da-
    von abhängig sein, ob Unterhalt gezahlt wird oder nicht .


    (Beifall bei der SPD)


    Es gibt auch viele, die einen Job haben, aber trotzdem
    ein großes Gefühl der Unsicherheit haben, zum Beispiel
    die 15 000 Angestellten bei Kaiser’s Tengelmann, die
    seit Monaten um ihre Arbeitsplätze bangen . Ich danke
    Sigmar Gabriel dafür, dass er gegen massive Widerstän-
    de für den Erhalt dieser Arbeitsplätze am Ende mit Erfolg
    gekämpft hat .


    (Beifall bei der SPD)


    Es ist unsere Aufgabe, für Sicherheit zu sorgen . Wir
    investieren in diesem Haushalt massiv in Personal und
    Ausstattung der Polizei . Der Etat des Innenministers
    wächst um mehr als 1 Milliarde auf fast 9 Milliarden
    Euro . Bis 2020 schaffen wir 4 300 neue Stellen bei den
    Sicherheitsbehörden; es gibt allein 1 000 Stellenanhe-
    bungen bei der Polizei . Und wir werden dafür sorgen,
    dass Einbruchskriminalität in Deutschland härter bestraft
    wird und dass Polizeibeamte besser geschützt werden .


    (Beifall des Abg . Bartholomäus Kalb [CDU/ CSU] – Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Auch in NRW?)


    Wer Polizeibeamte, Rettungskräfte oder Feuerwehrleute
    angreift, der greift uns alle an und der wird künftig härter
    bestraft werden .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Es ist unsere Aufgabe, das Vertrauen in die Rente wie-
    derherzustellen . Wir brauchen eine doppelte Haltelinie:
    Das Rentenniveau darf nicht ins Bodenlose sinken – das
    schulden wir den Älteren –, und die Beiträge dürfen nicht
    astronomisch steigen; das schulden wir den Jüngeren .
    Wir brauchen einen ausbalancierten Kompromiss . Ich

    hoffe, dass wir am Donnerstag im Koalitionsausschuss
    diesbezüglich etwas zustande bringen .

    Meine Damen und Herren, es ist unsere Aufgabe, für
    Gerechtigkeit in diesem Land zu sorgen; denn nur mit so-
    zialer Gerechtigkeit wird es auch eine stabile Demokratie
    geben . Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten!


    (Anhaltender Beifall bei der SPD – Beifall bei der CDU/CSU – Volker Kauder [CDU/CSU]: Es reicht, wenn wir zwei das machen!)