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ID1818704300

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 18/187 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 187. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 8. September 2016 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeord- neten Wolfgang Gehrcke . . . . . . . . . . . . . . . . 18507 A Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . . 18507 B Nachträgliche Ausschussüberweisung . . . . . . 18507 B Tagesordnungspunkt 1 (Fortsetzung): a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaus- haltsplans für das Haushaltsjahr 2017 (Haushaltsgesetz 2017) Drucksache 18/9200 . . . . . . . . . . . . . . . . . 18507 B b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 2016 bis 2020 Drucksache 18/9201 . . . . . . . . . . . . . . . . . 18507 C Einzelplan 09 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Sigmar Gabriel, Bundesminister BMWi . . . . . 18507 D Roland Claus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 18512 C Dr . Michael Fuchs (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 18514 A Dr . Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18516 A Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . . . 18517 C Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . 18518 D Andreas G . Lämmel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 18520 B Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18522 A Thomas Jurk (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18523 B Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . 18524 B Jan Metzler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 18525 B Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18526 D Bernd Westphal (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18528 B Hansjörg Durz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 18529 A Daniela Ludwig (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 18530 C Andreas Mattfeldt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 18532 A Einzelplan 15 Bundesministerium für Gesundheit Hermann Gröhe, Bundesminister BMG . . . . . 18534 A Dr . Gesine Lötzsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . 18536 D Dr . Karl Lauterbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 18538 A Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18540 B Dr . Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 18541 D Dr . Karl Lauterbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . 18542 C Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 18544 B Burkhard Blienert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 18545 C Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18546 D Maria Michalk (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 18548 A Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18548 C Hilde Mattheis (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18550 B Helmut Heiderich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 18551 C Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18552 A Bärbel Bas (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18553 C Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 187 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 8 . September 2016II Tagesordnungspunkt 2: Antrag des Bundesministeriums der Finanzen: Entlastung der Bundesregierung für das Haushaltsjahr 2015 – Haushaltsrechnung und Vermögensrechnung des Bundes für das Haushaltsjahr 2015 – Drucksache 18/8833 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18554 D Zusatztagesordnungspunkt Beratung des von der Bundesregierung ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur An- passung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer Vorschriften an europa- und völkerrechtliche Vorgaben Drucksache 18/9526 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18555 A Tagesordnungspunkt 3: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses – zu dem Antrag des Bundesministeriums der Finanzen: Entlastung der Bundes- regierung für das Haushaltsjahr 2014 – Vorlage der Haushaltsrechnung des Bundes für das Haushaltsjahr 2014 – – zu dem Antrag des Bundesministeriums der Finanzen: Entlastung der Bun- desregierung für das Haushaltsjahr 2014 – Vorlage der Vermögensrech- nung des Bundes für das Haushalts- jahr 2014 – – zu der Unterrichtung durch den Bun- desrechnungshof: Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 2015 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes (einschließlich der Fest- stellungen zur Jahresrechnung 2014) – zu der Unterrichtung durch den Bun- desrechnungshof: Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 2015 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes – Weitere Prüfungser- gebnisse – Drucksachen 18/5291, 18/5128, 18/6600, 18/6933 Nr . 1 .1, 18/8100, 18/8283 Nr . 4, 18/9108 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18555 B b) Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses zu dem Antrag des
  • folderAnlagen
    Alois Rainer (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 187 . Sitzung . Berlin, Donnerstag, den 8 . September 2016 18617 Anlage zum Stenografischen Bericht Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bülow, Marco SPD 08 .09 .2016 Burkert, Martin SPD 08 .09 .2016 Dehm, Dr . Diether DIE LINKE 08 .09 .2016 Dinges-Dierig, Alexandra CDU/CSU 08 .09 .2016 Gerster, Martin SPD 08 .09 .2016 Gysi, Dr . Gregor DIE LINKE 08 .09 .2016 Hellmich, Wolfgang SPD 08 .09 .2016 Hintze, Peter CDU/CSU 08 .09 .2016 Hirte, Dr . Heribert CDU/CSU 08 .09 .2016 Jüttner, Dr . Egon CDU/CSU 08 .09 .2016 Kolbe, Daniela SPD 08 .09 .2016 Krellmann, Jutta DIE LINKE 08 .09 .2016 Lerchenfeld, Philipp Graf CDU/CSU 08 .09 .2016 Leyen, Dr . Ursula von der CDU/CSU 08 .09 .2016 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Lösekrug-Möller, Gabriele SPD 08 .09 .2016 Lücking-Michel, Dr . Claudia CDU/CSU 08 .09 .2016 Neu, Dr . Alexander S . DIE LINKE 08 .09 .2016 Rosemann, Dr . Martin SPD 08 .09 .2016 Schlecht, Michael DIE LINKE 08 .09 .2016 Schmelzle, Heiko CDU/CSU 08 .09 .2016 Schmidt (Ühlingen), Gabriele CDU/CSU 08 .09 .2016 Stadler, Svenja SPD 08 .09 .2016 Steffen, Sonja SPD 08 .09 .2016 Weisgerber, Dr . Anja CDU/CSU 08 .09 .2016 Zimmermann (Zwickau), Sabine DIE LINKE 08 .09 .2016 Zimmermann, Pia DIE LINKE 08 .09 .2016 Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 187. Sitzung Inhaltsverzeichnis EPL 09 Wirtschaft und Energie EPL 15 Gesundheit TOP 2 Überweisungen im vereinfachten Verfahren TOP 3 Abschließende Beratungen ohne Aussprache EPL 11 Arbeit und Soziales EPL 10 Ernährung und Landwirtschaft EPL 17 Familie, Senioren, Frauen und Jugend Anlage
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Gesine Lötzsch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine sehr geehrten

    Damen und Herren! Ich möchte zunächst zwei Zahlen
    gegenüberstellen . Die eine Zahl ist 36 Milliarden Euro,
    die andere Zahl ist 15 Milliarden Euro . 36 Milliarden
    Euro sind in diesem Haushalt für Rüstung und Verteidi-
    gung vorgesehen, nur 15 Milliarden Euro für Gesundheit .
    Ich finde, das ist ein eklatantes Missverhältnis.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Bundesminister Hermann Gröhe






    (A) (C)



    (B) (D)


    Meine Damen und Herren, die Menschen wollen wis-
    sen, wie sich in den nächsten Jahren die Beiträge für die
    Krankenkassen entwickeln . Sie haben die Sorge, dass die
    Zusatzbeiträge steigen, und diese Sorge ist nicht berech-
    tigt .


    (Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    – Ja, sie ist berechtigt; man kann über einen Versprecher
    natürlich lachen . – Ich kann es ja noch einmal wiederho-
    len: Diese Sorge ist mehr als berechtigt . Ich kann es auch
    nicht leiden, wenn man den Menschen versucht zu er-
    klären, sie würden sich ihre Ängste nur einbilden . Nein,
    diese Ängste sind ganz real .

    Laut aktuellen Berechnungen kommen auf Durch-
    schnittsverdiener Zusatzbeiträge von mehr als 50 Euro
    im Monat zu . Das wäre mehr als eine Verdoppelung in-
    nerhalb der nächsten vier Jahre . Das können wir doch
    nicht zulassen, meine Damen und Herren .


    (Beifall bei der LINKEN sowie der Abg . Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Diesen Kostenanstieg können wir im Bundestag gemein-
    sam verhindern, wenn wir wieder zu einer paritätischen
    Finanzierung des Gesundheitssystems zurückkehren .


    (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Das heißt, die Arbeitgeber sollen wieder genauso viel
    zahlen wie die Arbeitnehmer .

    Wir hatten als Linke den Antrag gestellt, die Zusatz-
    beiträge abzuschaffen und die paritätische Finanzierung
    wiederherzustellen, aber leider haben Union und SPD
    das abgelehnt . Im Gegensatz zu dieser Ablehnung hat
    nun der Vorsitzende der SPD, Herr Gabriel, gefordert,
    die paritätische Finanzierung wieder einzuführen . Die
    Arbeitgeber haben das postwendend abgelehnt, und der
    Arbeitgeberpräsident wies auch noch darauf hin – ich
    darf zitieren –:

    Die Entscheidung von Rot-Grün vor mehr als zehn
    Jahren, den Arbeitgeberbeitrag festzuschreiben, ist
    und bleibt richtig .


    (Beifall des Abg . Dr . Georg Nüßlein [CDU/ CSU] – Hilde Mattheis [SPD]: Das würde ich einmal recherchieren!)


    Einerseits ist es natürlich wichtig, daran zu erinnern,
    wer die Verantwortung für die stärkere Belastung der
    Bürgerinnen und Bürger trägt . Aber wenn die SPD ihre
    Meinung nun wirklich geändert hat: Warum sollte sie
    dann unserem Antrag im Bundestag nicht zustimmen?


    (Mechthild Rawert [SPD]: Recherche!)


    Ich denke, das sollten wir gemeinsam hinbekommen .


    (Beifall bei der LINKEN)


    Herr Gröhe – das ist heute in mehreren Medien nach-
    zulesen – musste einen besonders großen Beitrag für die
    schwarze Null leisten . Die Finanzspritze aus dem Ge-
    sundheitsfonds soll natürlich die Beitragssteigerungen
    vor der Bundestagswahl verhindern . Umso größer wer-
    den dann die Überraschungen nach der Bundestagswahl

    sein, wenn die Zusatzbeiträge steigen . Ich kann Ihnen nur
    sagen: Machen Sie sich ehrlich, machen Sie endlich eine
    ehrliche Politik . Die Zusatzbeiträge müssen weg, und da-
    ran müssen wir alle arbeiten .


    (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Herr Gröhe, Sie müssen ja – das hat Ihnen der Finanz-
    minister verordnet – 1,5 Milliarden Euro aus dem Ge-
    sundheitsfonds an die Kassen geben, um die zusätzlichen
    Kosten zu finanzieren. Angeblich soll das notwendig sein,
    um die Gesundheitskosten für die Flüchtlinge zu decken .
    Das ist allerdings nicht richtig . Der AOK-Chef Martin
    Litsch hat Ihnen widersprochen, und zwar zu Recht . Er
    hat gesagt: Wir haben kein Flüchtlingsproblem, sondern
    wir haben ein Hartz-IV-Problem; denn der Bundeszu-
    schuss, den die Krankenkassen für Hartz-IV-Empfänger
    erhalten, ist nicht kostendeckend . – Das ist die Wahrheit .


    (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Derzeit erhalten die Kassen 90,36 Euro pro Monat für
    einen Hartz-IV-Empfänger, doch der Bedarf für einen
    durchschnittlichen Versicherten beträgt 245 Euro monat-
    lich .

    Meine Damen und Herren, wenn wir uns fragen, wa-
    rum Menschen auf Arztbesuche, zum Beispiel auf drin-
    gend notwendige Zahnarztbesuche verzichten, dann wis-
    sen wir, wie die Zusatzkosten schon jetzt drücken . Das
    habe ich mir nicht ausgedacht, sondern das geht aus einer
    Veröffentlichung des Statistischen Bundesamtes zur amt-
    lichen Haushaltsbefragung „Leben in Europa“ hervor . Es
    wurde herausgefunden, dass knapp die Hälfte derjenigen,
    die im Jahr 2014 auf einen Zahnarztbesuch verzichteten,
    dies aus finanziellen Gründen taten. Das kann doch in
    einem reichen Land wie dem unseren nicht die Wahrheit
    sein . Dagegen müssen wir uns verwahren .


    (Beifall bei der LINKEN)


    Wir brauchen endlich eine Gerechtigkeitsoffensive.
    Mit einer solidarischen Gesundheitsversicherung könn-
    ten wir nicht nur sämtliche Zusatzbeiträge abschaffen;
    die Krankenkassen könnten auch – und das ist ja das
    Gute an der Sache – ihre Beitragssätze um rund ein Drit-
    tel senken .


    (Tino Sorge [CDU/CSU]: Wer hat denn das ausgerechnet, Frau Kollegin? Die hätte ich aber wirklich gerne mal gesehen!)


    – Ja, das können Sie nachlesen . Ich kann Ihnen die Stu-
    dien dazu geben .


    (Zuruf von der CDU/CSU: Selbstgemacht!)


    Statt bei derzeit durchschnittlich 15,7 Prozent könnte
    der Beitragssatz dauerhaft zwischen 10 und 11 Prozent
    liegen . Das wäre keine Zauberei, sondern einfache Ma-
    thematik; denn in eine solidarische Gesundheitsversiche-
    rung könnten wir auch höhere Einkommen einbeziehen,
    indem wir schrittweise die Beitragsbemessungsgrenze
    anheben und letztendlich abschaffen,


    (Beifall bei der LINKEN)


    Dr. Gesine Lötzsch






    (A) (C)



    (B) (D)


    und auch Kapitaleinkünfte und Gewinne – das ist wich-
    tig – könnten mit einbezogen werden .

    Herr Gröhe, ein letzter Satz zur Pflege. Sie sind ja
    auch Pflegeminister. Sie haben hier positiv über die Er-
    folge gesprochen . Ich hatte allerdings erwartet, dass Sie
    zu einer Meldung Stellung nehmen, die viele Menschen
    in den letzten zwei Tagen verunsichert hat: Es entfällt die
    Hilfe zur Pflege. Das heißt, die Menschen, die in Pflege-
    heimen wohnen und keine Pflegestufe haben, also Selbst-
    zahler sind, wissen nicht, was jetzt aus ihnen wird . Die
    Teilnehmer einer Besuchergruppe von mir hat das umge-
    trieben . Sie haben gefragt: Was wird denn nun?

    Ich fordere Sie auf: Lassen Sie uns bis zum Jahresende
    eine Regelung finden. Es kann nicht sein, dass Menschen
    in Pflegeheimen Angst haben müssen, dass sie das Pfle-
    geheim verlassen müssen, weil dieser Passus aus dem
    Gesetz gestrichen wurde . Hier besteht dringender Hand-
    lungsbedarf . Das müssen wir unbedingt anpacken .

    Vielen Dank .


    (Beifall bei der LINKEN)




Rede von Claudia Roth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Gesine Lötzsch . – Nächster Redner:

Dr . Karl Lauterbach für die SPD .


(Beifall bei der SPD)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Karl Lauterbach


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

    Herren! Ich will zunächst einmal auf die Frage einge-
    hen, die heute auch in der Presse diskutiert wurde und
    die indirekt auch in den beiden Reden, die wir zu diesem
    Einzelplan heute schon gehört haben, vorkam: Haben wir
    nur mehr Geld ausgegeben, das System also deutlich teu-
    rer gemacht, und keine Gewinne an Effizienz und Qua-
    lität erzielt, oder haben wir auch etwas erreicht? Das ist
    ja eine legitime Frage . Dieser Frage müssen wir uns in
    dieser Debatte stellen; das ist ganz klar .

    Ich will darauf hinweisen: Selbst wenn man sehr kri-
    tisch ist und sagt: „Vieles von dem, was erreicht werden
    sollte, ist noch nicht komplett erreicht, weil vieles zu
    lange dauert“, sollte man ein Mindestmaß an Fairness
    walten lassen . Man sollte einräumen: Wir haben viel ge-
    macht, was den Versicherten, den Patienten langfristig
    zugutekommt .


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Viel gemacht, aber halbherzig! Das ist das Problem!)


    Alles andere ist unehrlich .

    Ich bringe nur ein paar Beispiele, um das konkret zu
    zeigen: Wir haben mit dem Versorgungsstärkungsgesetz
    mit dazu beigetragen, dass Hausärzte und Fachärzte bes-
    ser verteilt werden zwischen den Regionen, in denen Ein-
    kommensschwache wohnen – das sind häufig dörfliche
    Regionen –, und den Innenstädten, in denen viele Privat-
    versicherte wohnen . Wir haben die Terminvergabe durch
    Terminservicestellen beschleunigt . Wir haben spezielle

    Leistungen in Krankenhäusern – insbesondere in Unikli-
    niken, die mit jedem Patienten große Verluste gemacht
    haben –, besser bezahlt . Wir dürfen unsere Unikliniken
    und die Häuser, die sich auf solche Patienten speziali-
    siert haben, nicht plündern . Das ist einfach nicht richtig
    gewesen .

    Wir haben zudem mehr Pflegekräfte eingestellt. Wir
    haben ein Gesetz erarbeitet – es wird als teures Kranken-
    hausgesetz kritisiert –, mit dem über 500 Millionen Euro
    pro Jahr für die Pflege bereitgestellt werden. Darüber hi-
    naus kommt auch noch ein Pflegeförderprogramm.


    (Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein Tropfen auf den heißen Stein! Das wissen wir doch alle!)


    Das sind sehr wichtige Investitionen . Ich bitte Sie
    daher, der Fairness halber zur Kenntnis zu nehmen: Wir
    können nicht mehr Hausärzte, eine bessere Verteilung
    der Hausärzte, eine bessere Intensivmedizin, eine bessere
    Notfallmedizin, auf die ich jetzt nicht eingegangen bin,
    eine bessere Maximalmedizin und mehr Pflegekräfte, die
    wir auch noch besser bezahlen, haben, ohne dass es zu
    kurzfristigen Kostensteigerungen kommt . Das wird nicht
    möglich sein . Unser Gesundheitssystem ist kein Aktien-
    fonds, in den man nur investiert, um später etwas her-
    auszuholen . Wir wollen eine bessere Versorgung und ein
    modernes Gesundheitssystem, und wir wollen, dass un-
    sere Gesellschaft in der Lage ist, sich nach außen als ge-
    rechte Gesellschaft zu profilieren. Diesen Zustand wollen
    wir erhalten . Dafür muss Geld investiert werden .


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Es wurde eben darauf hingewiesen, dass die Arbeitge-
    ber nicht bereit sind, diese Investitionen langfristig mit
    zu bezahlen, und dass die Wiederherstellung der paritäti-
    schen Finanzierung von ihnen abgelehnt wird . In diesem
    Zusammenhang wurde der Arbeitgeberpräsident zitiert .


    (Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Seit wann bestimmen die Arbeitgeber im Gesundheitsministerium?)


    Das war in zweierlei Hinsicht falsch . Es ist zunächst ein-
    mal faktisch falsch; denn zum Glück ist es ja so, dass
    wir als Bundestag beschließen, wie das System finanziert
    wird .


    (Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)


    Das bestimmen nicht die Verbände, erst recht nicht der
    Arbeitgeberverband . Es war darüber hinaus falsch, zu sa-
    gen, dass die rot-grüne Koalition die Festschreibung des
    Arbeitgeberbeitrags auf 7,3 Prozent eingeführt hat . Das
    ist in der schwarz-gelben Koalition geschehen .


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Wir sind dafür, dass diese Regelung wieder aufgehoben
    wird; dafür plädieren wir .

    Nichtsdestotrotz muss man sich aber auch anschauen,
    was wir gemeinsam erreicht haben, und ich danke allen,
    die daran mitgewirkt haben . Ich möchte ein paar Beispie-
    le nennen, die zeigen, was wir noch vorhaben, aber nicht
    bevor ich mich an dieser Stelle bei den Kollegen von der

    Dr. Gesine Lötzsch






    (A) (C)



    (B) (D)


    Union und beim Ministerium für die gute Zusammenar-
    beit bedankt habe .


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Ich führe die Beispiele so konkret wie möglich an, weil
    die Zeit ja knapp ist .

    Wir haben klare Ziele . In den letzten Monaten wurden
    zum ersten Mal Studien veröffentlicht, die darauf hindeu-
    ten, dass bei der Behandlung einer Demenz, die schon
    da ist, das Fortschreiten der Erkrankung wahrscheinlich
    gebremst, vielleicht sogar ein Stück weit rückgängig ge-
    macht werden konnte . Man weiß noch nicht genau, wie
    viel das ausmacht . Aber zum ersten Mal ist es überhaupt
    gelungen, den pathophysiologischen Prozess, die Amy-
    loid-Ablagerungen im Gehirn, mit einer Antikörperthe-
    rapie ein Stück weit zu bremsen oder ihn sogar zurück-
    zudrängen . Das ist eine sehr, sehr wichtige Entwicklung .
    Dies ist, wie gesagt, das erste Mal, dass in diesem Be-
    reich überhaupt etwas gelungen ist .

    Zu diesem Thema werden auch in Deutschland Stu-
    dien durchzuführen sein . Aus diesem Grunde wollen wir
    das Gesetz an dieser Stelle reformieren, sodass entspre-
    chende Studien in einem ethisch vertretbaren Rahmen –
    wenn der Versicherte, seine Angehörigen bzw . sein Be-
    treuer dies wünschen – auch in Deutschland möglich
    sind. Wir schaffen also die Grundlage dafür, dass diese
    wichtige Forschung, auf die viele Angehörige und auch
    viele Patienten dringend warten, auch in Deutschland
    möglich wird .


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Darüber diskutieren wir in der nächsten Sitzungswoche! Was hat das denn mit dem Haushalt zu tun? – Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zurück zum Thema!)


    Wir haben ein Gesetz in Vorbereitung – da danke ich
    insbesondere dem Kollegen Nüßlein, weil das eine Ini-
    tiative ist, die aus den Fraktionen hervorgegangen ist –,
    mit dem wir das Fallpauschalengesetz mit Blick auf die
    Psychiatrie ändern wollen . Bisher haben wir ein System,
    nach dem die einzelnen Krankenhäuser Budgets bekom-
    men; sie sind aber völlig ungerecht bemessen . Es gibt
    also ungerechte Budgets pro Krankenhaus .


    (Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Darüber diskutieren wir dann in zwei Wochen! Sag mal etwas zum Zusatzbeitrag!)


    Es kommt vor, dass Krankenhäuser, die bei der intensi-
    ven Versorgung nur wenig machen und die keine Not-
    fallversorgung anbieten, relativ hohe Budgets erhalten,
    und dass Krankenhäuser, die viel leisten, eine Notfallver-
    sorgung anbieten und die regionale Versorgung gewähr-
    leisten, relativ geringe Budgets erhalten . Die gute Nach-
    richt ist also: Wir haben ein Budgetsystem . Die schlechte
    Nachricht ist: Es ist ungerecht .

    Wir wollten dieses System umstellen und ein System
    mit Fallpauschalen einführen, nach dem der einzelne Pa-
    tient sozusagen der Träger des Budgets ist . Das wäre aber

    noch schlechter gewesen . Denn dann hätten wir nicht pro
    Haus ungerechte Budgets, sondern pro Patient, und dann
    wäre der Patient aufgrund von Rosinenpickerei durch das
    System geschickt worden . Das ändern wir, indem wir ein
    transparentes, gerechtes System für die Häuser einfüh-
    ren . Wir gehen also von einem ungerechten Budgetsys-
    tem pro Haus zu einem gerechten System pro Haus über .
    Wissenschaftlich gesicherte Leitlinien und neue Behand-
    lungsformen sollen die Höhe des Budgets bestimmen .

    Das ist ein wichtiger Schritt der Modernisierung . Er
    könnte aus meiner Sicht sogar maßgeblich sein für ande-
    re Bereiche in unserem Krankenhauswesen, in denen wir
    uns über Alternativen zum Fallpauschalensystem Gedan-
    ken machen . Die stärkere Berücksichtigung dessen, was
    wissenschaftlich gesichert ist, die stärkere Berücksichti-
    gung von Mindestpersonalstandards


    (Harald Weinberg [DIE LINKE]: Hört, hört!)


    sowie die bessere Berücksichtigung dessen, was in den
    Krankenhäusern tatsächlich gemacht wird, das muss
    auch maßgeblich für uns sein bei den weiteren Reformen
    des Krankenhaussystems .

    Ich komme zur Situation in der Pflege. Es wurde
    schon erwähnt: In der Pflege machen wir da weiter, wo
    wir angefangen haben . Bisher werden Patienten mit De-
    menz und psychiatrischen Erkrankungen in diesem Sys-
    tem oft nicht so gut behandelt, wie sie eigentlich behan-
    delt werden müssten, weil es sich in den Budgets nicht
    widerspiegelt . Das beseitigen wir, indem wir umstellen
    auf Pflegegrade, weg von den Pflegestufen. Wir moder-
    nisieren unser Einstufungssystem . Das machen wir jetzt
    auch für all diejenigen, die die Leistungen derzeit über
    die Sozialhilfe bezahlt bekommen . Das ist ein wichtiger
    Schritt nach vorn . Darüber hinaus stärken wir die Kom-
    munen bei der Planung dieser Versorgung .

    Der entscheidende Flaschenhals für die langfristige
    Versorgungsqualität im Krankenhaus und auch in der
    Altenpflege wird die Zahl gut qualifizierter Pflegerinnen
    und Pfleger sein. Das – und übrigens nicht das Geld – ist
    der wichtigste Punkt .


    (Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn die Bedingungen nicht stimmen, können Sie so viel ausbilden, wie Sie wollen!)


    Daher müssen wir das Pflegeberufegesetz unbedingt mo-
    dernisieren .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Dafür haben wir einen entsprechenden Vorschlag vorge-
    legt . Die Ausbildung wird besser; sie wird universalisiert .
    Das heißt, derjenige, der in einem Bereich angefangen
    hat, kann in den anderen Bereich wechseln . Er muss sich
    nicht für den Rest seines Lebens festlegen . Wir werden
    dann viel weniger Menschen haben, die, wenn sie einmal
    in diesem Bereich tätig waren, die Pflege verlassen und
    aus dem Beruf ganz aussteigen . Der Beruf wird attrakti-
    ver werden, besser bezahlt werden, und es wird besser

    Dr. Karl Lauterbach






    (A) (C)



    (B) (D)


    qualifiziert werden. Das ist ein wichtiger Schritt nach
    vorn, den wir jetzt gehen .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Wir werden bei den Arzneimitteln verhindern, dass
    es Windfall Profits gibt. Die Firmen gehen immer mehr
    dazu über, die Gewinne des gesamten Produktes in das
    erste Jahr zu verlagern, nach dem Motto: Im ersten Jahr
    wähle ich Mondpreise, um bei dem Medikament, ob-
    wohl es noch nicht so gut erforscht ist, trotz nur gerin-
    gen Zusatznutzens komplett abzukassieren . – Da werden
    wir einen Schwellenwert einführen, sodass diese Praxis
    unmöglich wird . Wir werden das AMNOG, das die Prei-
    se regelt, weiter verbessern . Es ist ein gutes Gesetz . Wir
    werden zum Schluss die Ergebnisse auch den Ärzten zur
    Verfügung stellen .

    Zum Schluss . In einem Punkt gebe ich der Rednerin
    von der Opposition recht . Es ist ganz klar: Langfristig
    haben wir ein großes Problem in Deutschland . Das Ge-
    sundheitssystem ist ungerecht finanziert. Einkommens-
    schwache zahlen relativ zu viel . Einkommensstarke
    zahlen relativ zu wenig . Gleichzeitig werden aber Ein-
    kommensstarke und Bildungsstarke in der Regel besser
    versorgt . Wir haben in Deutschland mit die größten Le-
    benserwartungsunterschiede zwischen Reich und Arm
    in Europa . Das ist für uns, ehrlich gesagt, eine Schande .
    Daran müssen wir arbeiten . Daher halte ich das Projekt
    der paritätischen Bürgerversicherung für langfristig das
    wichtigste Projekt, welches diese Ungerechtigkeit besei-
    tigen kann . Dafür werbe ich bei allen hier im Hause .

    Ich danke für die Aufmerksamkeit .


    (Beifall bei der SPD)