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ID1818606400

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    Plenarprotokoll 18/186 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 186. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 7. September 2016 Inhalt: Würdigung von Bundespräsident a. D. Walter Scheel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18407 A Begrüßung des Olympiateilnehmers Andreas Toba . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18408 A Tagesordnungspunkt 1 (Fortsetzung): a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaus- haltsplans für das Haushaltsjahr 2017 (Haushaltsgesetz 2017) Drucksache 18/9200 . . . . . . . . . . . . . . . . . 18408 A b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 2016 bis 2020 Drucksache 18/9201 . . . . . . . . . . . . . . . . . 18408 B Einzelplan 04 Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt Dr . Dietmar Bartsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . 18408 B Dr . Angela Merkel, Bundeskanzlerin . . . . . . . 18414 A Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18418 B Thomas Oppermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 18423 A Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18423 D Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 18427 C Johannes Kahrs (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18432 B Gerda Hasselfeldt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 18434 C Bettina Hagedorn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 18437 B Dennis Rohde (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18438 D Monika Grütters, Staatsministerin BK . . . . . . 18440 D Sigrid Hupach (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 18442 B Hiltrud Lotze (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18443 C Ulle Schauws (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18444 B Rüdiger Kruse (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 18445 C Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18447 C Burkhard Blienert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 18448 C Einzelplan 05 Auswärtiges Amt Dr . Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18449 D Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 18452 C Jürgen Hardt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 18453 D Dr . Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18456 A Michelle Müntefering (SPD) . . . . . . . . . . . . . 18457 D Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 18458 C Dr . Norbert Röttgen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 18459 D Dr . Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18461 D Norbert Spinrath (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18462 D Dr . Hans-Peter Friedrich (Hof) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18463 C Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 186 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 7 . September 2016II Frank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18465 A Alois Karl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18466 B Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung Dr . Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18468 C Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 18470 D Karin Evers-Meyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 18472 A Dr . Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18473 B Ingo Gädechens (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 18475 A Christine Buchholz (DIE LINKE) . . . . . . . . . 18477 A Rainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18478 B Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 18480 B Rainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18480 C Doris Wagner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18480 D Dr . Karl A . Lamers (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 18481 C Lars Klingbeil (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18483 B Bartholomäus Kalb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 18484 B Dr . Fritz Felgentreu (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 18485 D Einzelplan 23 Bundesministerium für wirtschaftliche Zu- sammenarbeit und Entwicklung Dr . Gerd Müller, Bundesminister BMZ . . . . . 18486 D Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 18489 A Stefan Rebmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18490 C Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18492 A Sabine Weiss (Wesel I) (CDU/CSU) . . . . . . . . 18493 B Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 18494 C Michaela Engelmeier (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 18496 A Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18497 B Dagmar G . Wöhrl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 18498 C Gabi Weber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18500 C Volkmar Klein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 18501 D Gabriela Heinrich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 18503 B Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18504 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 18505 A (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 186 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 7 . September 2016 18407 186. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 7. September 2016 Beginn: 9 .00 Uhr
  • folderAnlagen
    Gabriela Heinrich (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 186 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 7 . September 2016 18505 Anlage zum Stenografischen Bericht Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Binder, Karin DIE LINKE 07 .09 .2016 Bluhm, Heidrun DIE LINKE 07 .09 .2016 Bülow, Marco SPD 07 .09 .2016 Dehm, Dr . Diether DIE LINKE 07 .09 .2016 Gerster, Martin SPD 07 .09 .2016 Hellmich, Wolfgang SPD 07 .09 .2016 Hintze, Peter CDU/CSU 07 .09 .2016 Kolbe, Daniela SPD 07 .09 .2016 Lach, Günter CDU/CSU 07 .09 .2016 Lerchenfeld, Philipp Graf CDU/CSU 07 .09 .2016 Lösekrug-Möller, Gabriele SPD 07 .09 .2016 Marwitz, Hans-Georg von der CDU/CSU 07 .09 .2016 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Neu, Dr . Alexander S . DIE LINKE 07 .09 .2016 Rix, Sönke SPD 07 .09 .2016 Rosemann, Dr . Martin SPD 07 .09 .2016 Schlecht, Michael DIE LINKE 07 .09 .2016 Schmelzle, Heiko CDU/CSU 07 .09 .2016 Schmidt (Ühlingen), Gabriele CDU/CSU 07 .09 .2016 Stadler, Svenja SPD 07 .09 .2016 Steffen, Sonja SPD 07 .09 .2016 Storjohann, Gero CDU/CSU 07 .09 .2016 Walter-Rosenheimer, Beate BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 07 .09 .2016 Weisgerber, Dr . Anja CDU/CSU 07 .09 .2016 Zimmermann (Zwickau), Sabine DIE LINKE 07 .09 .2016 Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 186. Sitzung Inhaltsverzeichnis EPL 04 Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt EPL 05 Auswärtiges Amt EPL 14 Verteidigung EPL 23 Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Anlage
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Tobias Lindner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Geschätzter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

    Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich

    Dr. Norbert Röttgen






    (A) (C)



    (B) (D)


    verzichte jetzt darauf, bei den Kolleginnen und Kollegen
    im Plenum die fünf oder sechs Beispiele des geschätzten
    Kollegen Röttgen abzufragen, und muss zum schnöden
    Mammon zurückkehren .

    Auch wenn man in der Diplomatie für manches kein
    Geld braucht, ist vieles ohne Geld nichts . Wenn wir uns
    in allen Fraktionen darüber einig waren, dass Flucht und
    Vertreibung auf diesem Planeten leider zugenommen ha-
    ben, dass die Zahl der Krisen auch im vergangenen Jahr
    nicht geringer geworden ist, wenn Sie, Herr Minister, zu
    Recht erwähnt haben, dass es eine vernünftige Balance
    von Rückversicherung oder Abschreckung auf der einen
    Seite und von Dialog, Rüstungskontrolle und Abrüstung
    auf der anderen Seite braucht, dann verstehe ich, dann
    versteht meine Fraktion nicht, wie diese Bundesregie-
    rung eine politische Schwerpunktsetzung im Haushalt
    vornehmen kann, die da lautet: 7 Prozent mehr im Rüs-
    tungsetat, 200 Millionen Euro weniger für das Auswär-
    tige Amt . Das ist ein falsches und fatales Signal, Herr
    Minister .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Der Kollege Hardt hat zu Recht gesagt, die Minder-
    ausgaben rührten unter anderem daher, dass wir turnus-
    mäßig 300 Millionen Euro weniger an die Vereinten Na-
    tionen als Beitrag zahlen . Richtig . Aber das ist doch kein
    Argument gegen Spielräume im Haushalt . Das ist doch
    vielmehr ein Beleg dafür, dass Spielräume im Haushalt
    des Auswärtigen Amts bestanden hätten und Sie diese
    nicht genutzt haben . Das, Herr Minister, ist ein Zeichen
    dafür, dass Sie Ihrer Verantwortung, unter anderem für
    die humanitäre Hilfe, nicht gerecht geworden sind .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


    In der Politik geht es oft darum, recht zu haben . Ich
    will Ihnen aber sagen: Manchmal würde ich mich ger-
    ne irren . Als meine Fraktion in den Haushaltsberatungen
    des letzten Jahres beantragt hat, die humanitäre Hil-
    fe auf 1 Milliarde Euro aufzustocken, weil wir zu dem
    Zeitpunkt überzeugt waren – davon sind wir auch heute
    noch überzeugt –, dass das bitter notwendig ist, da haben
    Sie von der Großen Koalition das nicht für notwendig
    gehalten und unseren Antrag vom Tisch gewischt . Das
    Jahr 2016 war noch nicht einmal ein halbes Jahr alt, da
    hat der Finanzminister, bei dem Sie betteln gehen muss-
    ten – im Haushaltsausschuss haben wir ein paarmal darü-
    ber geredet –, Ihnen dankenswerterweise eine überplan-
    mäßige Ausgabe bewilligt . Deutschland wird in diesem
    Jahr mindestens 1,1 Milliarden Euro, also sogar mehr,
    als wir beantragt haben, für humanitäre Hilfe leisten . Das
    ist ein Zeichen, dass Sie mit diesen 730 Millionen Euro
    nie und nimmer auskommen werden . Wie Sie diese Zahl
    in den Haushaltsentwurf haben schreiben können, das
    bleibt Ihr Geheimnis, Herr Steinmeier .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Das ist vor allem auch deshalb nicht zu verstehen, weil in
    diesem Jahr bereits 733 Millionen Euro, also 3 Millionen
    Euro mehr, als Sie laut Plan im nächsten Jahr überhaupt
    zur Verfügung haben werden, in die Region Syrien ge-
    flossen sind. Das heißt, Sie dürften im kommenden Jahr

    keine andere Krise auf diesem Planeten erwarten . Das ist,
    ehrlich gesagt, absurd, liebe Kolleginnen und Kollegen .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Wir Grüne werden deshalb im Rahmen dieser Haus-
    haltsberatungen – Kollege Hardt, ich habe Ihre Worte
    sehr wohl vernommen – einen gegenfinanzierten Vor-
    schlag unterbreiten, wie man die humanitäre Hilfe auf
    hohem Niveau ausbauen kann . Wir werden Ihnen einen
    weiteren Vorschlag unterbreiten – auch das ist in dieser
    Debatte angesprochen worden –, wie wir vernünftiger
    mit den Mitteln für zivile Krisenprävention und den Er-
    tüchtigungsmitteln umgehen können . Wir werden vor-
    schlagen, den Ressortkreis Zivile Krisenprävention, den
    es gibt, mit diesen Mitteln auszustatten, weil wir über-
    zeugt sind, dass es einen ressortübergreifenden Ansatz
    und eine vernünftige Balance braucht, wenn Deutschland
    wirklich nachhaltig und effektiv gegen Krisen in dieser
    Welt arbeiten und für den Frieden in dieser Welt einste-
    hen will . Mit diesen Vorschlägen gehen wir in die Haus-
    haltsberatungen . Wir sind sehr gespannt, wie Sie sich
    dazu verhalten werden .

    Ich danke Ihnen .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)




Rede von Johannes Singhammer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege Lindner, auch – das darf

ich an dieser Stelle sagen – für die präzise Einhaltung
der Redezeit .

Jetzt erteile ich das Wort dem Kollegen Norbert
Spinrath für die SPD .


(Beifall bei der SPD)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Norbert Spinrath


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

    Sehr geehrte Damen und Herren! Ich danke ausdrücklich
    Herrn Kollegen Röttgen für seine Lobrede auf die Arbeit
    unseres Außenministers; denn nun kann ich mich in den
    folgenden Minuten auf Europa beziehen .


    (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD – Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Das ist auch eine gute Arbeitsteilung!)


    Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Begriffe „dra-
    matische Zäsur“ oder „historischer Bruch“ werden oft
    allzu leichtfertig für aktuelle Ereignisse verwendet; aber
    wenn ein Anlass diese Begriffe verdient hat, dann das
    Brexit-Votum im Vereinigten Königreich . Dieses Votum,
    das ein konservativer Premierminister, David Cameron,
    aus niederen Beweggründen ausgelöst hat, lässt für die
    Menschen und für die Wirtschaft dort tiefe Einschnitte
    erwarten . Aber auch auf die verbleibenden 27 EU-Mit-
    gliedstaaten hat der Brexit enorme Auswirkungen . Diese
    müssen wir gemeinsam mit unseren Partnern begrenzen,
    aber eben nicht mit Renationalisierung, nicht mit Rechts-
    populismus und nicht mit irgendwelchen scheinbaren
    Lösungen, sondern mit einem deutlichen Ruck und mit
    gemeinsamen Schritten für ein gemeinsames Europa .


    (Beifall des Abg . Dr . Rolf Mützenich [SPD])


    Dr. Tobias Lindner






    (A) (C)



    (B) (D)


    Die Hoffnung, von der neuen Regierungschefin Theresa
    May ein Datum für die Austrittserklärung zu erfahren,
    wurde bislang enttäuscht . Frau May erklärte aber bereits,
    dass sie Lösungen nach dem Vorbild der Schweiz und
    Norwegens ablehne . Um nicht eine dauerhafte Phase der
    Unsicherheit entstehen zu lassen, ist es die Pflicht der bri-
    tischen Seite, endlich den Austrittsprozess zu starten . Es
    ist nicht unsere Aufgabe, ein Konzept vorzulegen . Nein,
    es ist die Bringschuld der britischen Regierung .

    Es ist mehr als bedauerlich, dass schon jetzt, bevor
    eine Austrittserklärung abgegeben worden ist, Angebo-
    te mit weitreichenden Kompromissen gemacht werden .
    Das Papier, das unter anderem vom Kollegen Röttgen,
    den ich vorhin ausdrücklich gelobt habe, vorgelegt wor-
    den ist, halte ich für strategisch unklug; denn inhaltlich
    kommt es der von den britischen Austrittsbefürwortern
    erträumten Rosinenpickerei viel zu weit entgegen . Es
    verspricht vollen Zugang für Waren und Dienstleis-
    tungen, stellt aber gleichzeitig das für mich wichtigste
    Grundprinzip zur Disposition, nämlich die Freizügigkeit .
    Für Herrn Röttgen ist UK ein zentraler Partner, den man
    nicht bestrafen darf . Dem stimme ich voll und ganz zu .
    Nicht bestrafen heißt aber auch nicht zwingend, zu be-
    lohnen .

    Deutschland und die EU-27 haben ein vitales Inte-
    resse an der Verteidigung der Freizügigkeit, weil sie
    ökonomisch ein unverzichtbares Element des Binnen-
    marktes ist, weil wir die Freizügigkeit brauchen und weil
    mit einem Entgegenkommen gegenüber UK andere zur
    Nachahmung eingeladen würden . Wie wollen wir denn
    die Schweiz und Norwegen dazu bewegen, nach ihren
    Modellen noch Freizügigkeit zu gewähren, wenn sie dem
    Vereinigten Königreich erlassen wird? Für mich ist die
    Freizügigkeit das entscheidende Merkmal, an dem die
    Bürgerinnen und Bürger Europas den Vorteil dieses Eu-
    ropas erkennen. Deshalb bin ich der Auffassung, dass wir
    die Freizügigkeit auch für den Zugang zum Binnenmarkt
    mit allem Nachdruck aufrechterhalten müssen .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Die EU darf sich vom Brexit-Drama aber auch nicht
    absorbieren lassen . Es gibt in dieser Zeit zu viele Heraus-
    forderungen, die Kraft und Aufmerksamkeit erfordern .
    Die EU muss Sorge dafür tragen, dass alle Menschen an
    den Wohlstandsgewinnen des Binnenmarktes teilhaben .
    Lange, vielleicht viel zu lange haben die EU-Kommissi-
    on und die Mitgliedstaaten einseitig auf Wettbewerbsfä-
    higkeit, auf Konkurrenz, aber auch auf Austerität gesetzt
    und die sozialpolitische Gestaltung der Union vernach-
    lässigt . Das wird besonders daran deutlich, dass selbst
    der IWF die wachsende Ungleichheit bei Löhnen und
    Vermögen nicht nur als ein soziales Problem, sondern
    auch als ein echtes Hemmnis für wirtschaftliche Ent-
    wicklung versteht .

    Wenn jetzt bald einer der heftigsten Bremser bei der
    Durchsetzung von sozialen Rechten nicht mehr mit am
    Tisch sitzen wird, dann eröffnet das neue Möglichkeiten,
    die wir nutzen müssen . Wir müssen sie auch im Sinne der
    Vorschläge, die die Kommission vorgelegt hat, nutzen .
    Bei diesen Vorschlägen geht es um faire Mobilität, eine

    verbesserte Koordinierung nationaler Sozialsysteme und
    die Schaffung einer sozialen Säule. Das sind wichtige
    Themen der zukünftigen EU-27 .

    Ich hoffe und erwarte, dass Kommissionspräsident
    Juncker bei seiner Rede zur Lage der Europäischen Uni-
    on am nächsten Mittwoch das einst von ihm unter gro-
    ßem Beifall angekündigte soziale Triple A als einen der
    besonderen Schwerpunkte herausstellen wird .

    Herzlichen Dank .


    (Beifall bei der SPD)