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ID1818604500

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    Plenarprotokoll 18/186 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 186. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 7. September 2016 Inhalt: Würdigung von Bundespräsident a. D. Walter Scheel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18407 A Begrüßung des Olympiateilnehmers Andreas Toba . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18408 A Tagesordnungspunkt 1 (Fortsetzung): a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaus- haltsplans für das Haushaltsjahr 2017 (Haushaltsgesetz 2017) Drucksache 18/9200 . . . . . . . . . . . . . . . . . 18408 A b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 2016 bis 2020 Drucksache 18/9201 . . . . . . . . . . . . . . . . . 18408 B Einzelplan 04 Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt Dr . Dietmar Bartsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . 18408 B Dr . Angela Merkel, Bundeskanzlerin . . . . . . . 18414 A Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18418 B Thomas Oppermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 18423 A Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18423 D Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 18427 C Johannes Kahrs (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18432 B Gerda Hasselfeldt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 18434 C Bettina Hagedorn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 18437 B Dennis Rohde (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18438 D Monika Grütters, Staatsministerin BK . . . . . . 18440 D Sigrid Hupach (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 18442 B Hiltrud Lotze (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18443 C Ulle Schauws (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18444 B Rüdiger Kruse (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 18445 C Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18447 C Burkhard Blienert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 18448 C Einzelplan 05 Auswärtiges Amt Dr . Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18449 D Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 18452 C Jürgen Hardt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 18453 D Dr . Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18456 A Michelle Müntefering (SPD) . . . . . . . . . . . . . 18457 D Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 18458 C Dr . Norbert Röttgen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 18459 D Dr . Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18461 D Norbert Spinrath (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18462 D Dr . Hans-Peter Friedrich (Hof) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18463 C Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 186 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 7 . September 2016II Frank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18465 A Alois Karl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18466 B Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung Dr . Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18468 C Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 18470 D Karin Evers-Meyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 18472 A Dr . Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18473 B Ingo Gädechens (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 18475 A Christine Buchholz (DIE LINKE) . . . . . . . . . 18477 A Rainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18478 B Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 18480 B Rainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18480 C Doris Wagner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18480 D Dr . Karl A . Lamers (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 18481 C Lars Klingbeil (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18483 B Bartholomäus Kalb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 18484 B Dr . Fritz Felgentreu (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 18485 D Einzelplan 23 Bundesministerium für wirtschaftliche Zu- sammenarbeit und Entwicklung Dr . Gerd Müller, Bundesminister BMZ . . . . . 18486 D Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 18489 A Stefan Rebmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18490 C Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18492 A Sabine Weiss (Wesel I) (CDU/CSU) . . . . . . . . 18493 B Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 18494 C Michaela Engelmeier (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 18496 A Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18497 B Dagmar G . Wöhrl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 18498 C Gabi Weber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18500 C Volkmar Klein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 18501 D Gabriela Heinrich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 18503 B Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18504 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 18505 A (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 186 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 7 . September 2016 18407 186. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 7. September 2016 Beginn: 9 .00 Uhr
  • folderAnlagen
    Gabriela Heinrich (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 186 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 7 . September 2016 18505 Anlage zum Stenografischen Bericht Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Binder, Karin DIE LINKE 07 .09 .2016 Bluhm, Heidrun DIE LINKE 07 .09 .2016 Bülow, Marco SPD 07 .09 .2016 Dehm, Dr . Diether DIE LINKE 07 .09 .2016 Gerster, Martin SPD 07 .09 .2016 Hellmich, Wolfgang SPD 07 .09 .2016 Hintze, Peter CDU/CSU 07 .09 .2016 Kolbe, Daniela SPD 07 .09 .2016 Lach, Günter CDU/CSU 07 .09 .2016 Lerchenfeld, Philipp Graf CDU/CSU 07 .09 .2016 Lösekrug-Möller, Gabriele SPD 07 .09 .2016 Marwitz, Hans-Georg von der CDU/CSU 07 .09 .2016 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Neu, Dr . Alexander S . DIE LINKE 07 .09 .2016 Rix, Sönke SPD 07 .09 .2016 Rosemann, Dr . Martin SPD 07 .09 .2016 Schlecht, Michael DIE LINKE 07 .09 .2016 Schmelzle, Heiko CDU/CSU 07 .09 .2016 Schmidt (Ühlingen), Gabriele CDU/CSU 07 .09 .2016 Stadler, Svenja SPD 07 .09 .2016 Steffen, Sonja SPD 07 .09 .2016 Storjohann, Gero CDU/CSU 07 .09 .2016 Walter-Rosenheimer, Beate BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 07 .09 .2016 Weisgerber, Dr . Anja CDU/CSU 07 .09 .2016 Zimmermann (Zwickau), Sabine DIE LINKE 07 .09 .2016 Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 186. Sitzung Inhaltsverzeichnis EPL 04 Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt EPL 05 Auswärtiges Amt EPL 14 Verteidigung EPL 23 Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Anlage
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Johannes Singhammer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)


    Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir hatten die Sit-

    zung aufgrund des Staatsaktes für den verstorbenen Bun-
    despräsidenten Walter Scheel unterbrochen . Die unter-
    brochene Sitzung eröffne ich hiermit wieder.

    Wir kommen jetzt zum Geschäftsbereich des Auswär-
    tigen Amts, Einzelplan 05.

    Als erstem Redner erteile ich dem Bundesminister
    Dr . Frank-Walter Steinmeier das Wort .


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister des
    Auswärtigen:

    Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und
    Kollegen! Ein Bild hat sich eingebrannt – vermutlich
    bei uns allen –: das Bild des kleinen Omran, das jeder
    noch vor Augen hat . Er ist ein fünfjähriger Junge und
    gerade einem Raketenangriff in Aleppo entkommen. Er
    weiß noch nicht, dass sein Bruder im Sterben liegt . Sein
    Blick ist leicht verstört . Fast wie gelähmt wirkt der Klei-

    Burkhard Blienert






    (A) (C)



    (B) (D)


    ne im roten Sitz des Rettungswagens . Noch im Schock
    und scheinbar ohne Schmerz greift seine Hand ins blut-
    verschmierte Gesicht . Das Foto berührt, und das vermut-
    lich nicht nur wegen des individuellen Schicksals, son-
    dern auch, weil wir wissen und ahnen, dass dieses Foto
    stellvertretend für das Schicksal Tausender von Kindern,
    Hunderttausender von Zivilisten steht, die im scheinbar
    nicht enden wollenden Bürgerkrieg in Syrien gestorben
    sind .

    Aber noch mehr: Das Foto ist auch Mahnung und Auf-
    trag an die Politik . Wir dürfen uns nicht auf Anteilnahme
    oder Empörung beschränken . Wir dürfen uns auch nicht
    von Verzweiflung leiten lassen, selbst wenn schon fünf
    oder zehn Versuche, zu einem Waffenstillstand zu kom-
    men, gescheitert sind . Es ist schwer – niemand weiß das
    besser als ich –, aber wir dürfen und werden nicht hin-
    nehmen, dass das Sterben und Leiden vom fünften ins
    sechste Jahr des Bürgerkriegs geht . All denjenigen, die
    immer schon wussten, dass die Bemühungen in Genf um
    die Vermeidung einer humanitären Katastrophe nichts
    wert sind und sowieso scheitern werden, sage ich: Es
    wäre unverantwortlich, es nicht zu versuchen oder die
    Verhandlungen nur deshalb, weil sie schwierig sind, ab-
    zubrechen . Das geht nicht .


    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Vielleicht, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist das
    Foto noch mehr als Mahnung und Auftrag im Hinblick
    auf Syrien . Vielleicht ist es die Signatur einer krisenbe-
    fangenen Welt, in der Sicherheit und Stabilität offenbar
    keine Selbstverständlichkeiten mehr sind, einer Welt, die
    uns abverlangt, mehr zu tun, um Frieden zu wahren und
    ihn dort, wo er verloren gegangen ist, wiederherzustel-
    len: in Syrien, im Mittleren Osten, aber auch bei uns zu
    Hause in Europa .

    Wir drücken uns nicht vor Verantwortung . Gerade
    weil die Lage schwierig ist, haben wir in diesem Jahr den
    Vorsitz der OSZE übernommen . Sie haben gesehen: Erst
    letzte Woche hatte ich meine OSZE-Außenministerkol-
    legen an einen für die Nachkriegsordnung historisch sehr
    bedeutsamen Ort, nämlich nach Potsdam, eingeladen . Ich
    möchte Ihnen von meinen Erfahrungen bei diesem Tref-
    fen berichten .

    Ich glaube, auch wenn wir eine sechsstündige Debat-
    te geführt haben, haben die Kollegen aus Potsdam etwas
    ganz anderes mitgenommen . Viel eindrücklicher als jede
    Rede war der gemeinsame Gang aller 40 Kollegen – von
    Wladiwostok bis Vancouver – am Abend über die Glie-
    nicker Brücke, einen Ort, der für viele Menschen Sym-
    bol der Teilung, des Misstrauens und des Schicksals ist .
    Letzte Woche ging von diesem Ort die Botschaft aus: Tut
    alles dafür, dass die Entfremdung zwischen Ost und West
    Europa nicht erneut in feindliche Lager spaltet oder gar
    den Frieden gefährdet . – Niemand hat diese Botschaft
    als Reise in eine dunkle Vergangenheit des vergangenen
    Jahrhunderts verstanden. Ich glaube, jeder hat begriffen,
    dass die Mahnung dieses Ortes höchst aktuell ist in einer
    Zeit, in der selbst die Frage von Krieg und Frieden auf
    unseren europäischen Kontinent zurückgekehrt ist, nach

    Russlands völkerrechtswidriger Annexion der Krim,
    nach dem Konflikt in der Ostukraine.

    Wir müssen anerkennen – das ist meine persönliche
    Überzeugung – und dürfen nicht ignorieren, dass sich
    die Sicherheitslage in Europa verändert hat und dass das
    Bedrohungsgefühl nicht nur der baltischen Staaten, son-
    dern einiger osteuropäischer Staaten gewachsen ist . Ich
    glaube, wir haben nach schwierigen Debatten im Vorfeld
    sogar vernünftige Beschlüsse auf dem NATO-Gipfel in
    Warschau dazu gefasst .

    Aber ebenso notwendig ist es ganz offenbar, immer
    wieder daran zu erinnern, dass unsere Verteidigungsstra-
    tegie immer auf zwei Säulen beruht: auf Abschreckung,
    aber eben auch auf Dialog . Das Problem ist manchmal
    nur: Abschreckung ist immer konkret, der Dialog oder
    das Angebot zum Dialog selten . Deshalb sage ich über
    das hinaus, was wir in der Vergangenheit diskutiert ha-
    ben: Wir müssen Formen finden, in denen wir wieder in
    der Kategorie gemeinsamer Sicherheit in Europa denken,
    um Eskalationen zu vermeiden, um wieder Berechenbar-
    keit zu schaffen.

    In diesen Zusammenhang gehört der Vorschlag, Rüs-
    tungskontrolle in Europa wieder stärker in den Blick zu
    nehmen . Ich habe sehr viele positive Rückmeldungen
    auf diesen Vorschlag erhalten . Jetzt geht es darum, den
    konkreten Dialog zu beginnen . Ob das am Ende gelingt,
    ist ungewiss . Aber es nicht zu versuchen, wäre unverant-
    wortlich, liebe Kollegen .


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Leider, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen
    und Kollegen, müssen wir uns nicht nur zwischen Ost
    und West, sondern auch innerhalb der Europäischen Uni-
    on ganz offenbar wieder mit der Gefahr neuer Trennlini-
    en auseinandersetzen . Mit dem Brexit mussten wir erle-
    ben, was ich selbst und vielleicht kaum jemand in diesem
    Saal vor drei Jahren, am Beginn dieser Legislaturperiode,
    für möglich gehalten hätte, nämlich dass sich ein großes
    und wichtiges Land, ein enger Partner unseres Landes,
    mit Mehrheit entscheidet, aus der Europäischen Union
    herauszugehen . Das ist bitter . Das ist bitter für Großbri-
    tannien . Das ist bitter für uns . Das ist bitter für ganz Eu-
    ropa, auch wenn die langfristigen Folgen vielleicht zum
    jetzigen Zeitpunkt noch nicht einmal abzusehen sind .

    Klar ist – in dieser Allgemeinheit kann man die Auf-
    gabe beschreiben –: Worauf es jetzt in allererster Linie
    ankommt, ist, wenn die Briten ausscheiden, Europa zu-
    sammenzuhalten . Nur, wie das gehen soll, darüber ge-
    hen – das kann ich Ihnen nach den ersten Gesprächen,
    die wir hatten, versichern – die Meinungen sehr weit aus-
    einander . Da gibt es die einen, die sagen: Jetzt, nach dem
    Ausscheiden der Briten, ist der Moment für den nächs-
    ten großen mutigen Integrationsschritt . – Und da gibt es
    die anderen, die sagen: Jetzt, nach dem Ausscheiden der
    Briten, ist der Zeitpunkt, zu dem wir das Ganze entschei-
    dend zurückdrehen und in die Veränderung der Verträge
    einsteigen müssen . – Die Befürchtung dabei ist, dass wir
    „in the middle of nowhere“ landen .

    Ich habe deshalb versucht, mit meinem französischen
    Kollegen Jean-Marc Ayrault einen Weg zu beschreiben,

    Bundesminister Dr. Frank-Walter Steinmeier






    (A) (C)



    (B) (D)


    der davon ausgeht, dass wir glauben, dass die Bevölke-
    rung in Europa jetzt nicht die großen Hinterzimmerde-
    batten in Brüssel erwartet und dass wir keine großen in-
    terinstitutionellen Diskussionen brauchen, sondern dass
    die Menschen in unseren Ländern erwarten, dass sich
    Europa handlungsfähig zeigt, und zwar gerade da, wo
    Erwartungen bestehen, aber Europa und wir gemeinsam
    in der Vergangenheit nicht geliefert haben . Das gilt für
    die Sicherheits- und Außenpolitik . Das gilt natürlich für
    den Umgang mit Flucht und Migration, und das gilt im
    Bereich der Wirtschafts-, Wachstums- und Währungs-
    fragen . Wer im Sommerurlaub in der mediterranen Welt
    war, wird festgestellt haben, wenn er politisch diskutiert
    hat: Das Thema Jugendarbeitslosigkeit ist dort immer
    noch das brennende Thema .

    Deshalb haben wir für dieses Bündel von Themen in
    einem gemeinsamen Papier Vorschläge zu machen ver-
    sucht. Ich hoffe sehr, dass schon auf dem nächsten Eu-
    ropäischen Rat in Bratislava sich eine gemeinsame Linie
    der Vernunft jedenfalls zeigt .

    Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir über
    Trennlinien in Europa sprechen, dann lassen Sie mich an
    dieser Stelle auch ein Wort zur Türkei sagen . Es gibt zwei
    völlig konträre Wahrnehmungen derselben Realität . Die
    Türkei hat den Eindruck, wir hätten den Putschversuch
    niemals ernst genommen, unsere Anteilnahme sei nicht
    sichtbar gewesen und insbesondere aus Deutschland sei
    sogar der Vorwurf gekommen, der Putsch sei von Anfang
    an inszeniert gewesen .

    Ich habe kürzlich bei der ersten Begegnung mit den
    türkischen Kollegen danach in einer öffentlichen Stel-
    lungnahme in Bratislava gesagt: Vielleicht haben wir
    wirklich nicht genügend deutlich gemacht, dass dieser
    Putschversuch tatsächlich ein ungeheuerlicher Angriff
    auf die Institutionen der Demokratie war . Vielleicht ha-
    ben wir es nicht geschafft, öffentlich herüberkommen zu
    lassen, dass wir großen Respekt vor der Gegenwehr ha-
    ben, die das türkische Volk gezeigt hat, und dass unser
    Mitgefühl natürlich denen gilt, die bei den Angriffen der
    Putschisten ihr Leben verloren haben . – Insoweit stehen
    wir allemal fest an der Seite der Türkei . Das wollte und
    musste gesagt sein, und ich glaube, wir können betonen:
    Wir meinen es ernst .

    Umgekehrt sollte aber – und das habe ich bei der Be-
    gegnung mit den türkischen Kollegen in Bratislava auch
    gesagt – nicht jede kritische Frage aus Europa sogleich
    als Arroganz oder Ignoranz gegenüber den Vorgängen
    und den Gefahren in der Türkei gesehen werden . Selbst-
    verständlich – und das haben viele von uns betont – muss
    dieser Putschversuch politisch und rechtlich aufgearbei-
    tet werden, und selbstverständlich müssen die Verant-
    wortlichen zur Rechenschaft gezogen werden . Unsere
    Erwartung, dass dabei rechtsstaatliche Standards gewahrt
    werden, muss und darf in der Türkei aber nicht als Zumu-
    tung empfunden werden .

    Deshalb bin ich froh, dass gerade heute Morgen ein
    erstes Treffen des Europarates mit dem türkischen Au-
    ßenminister stattgefunden hat, in dem der Europarat aus-
    drücklich das Angebot gemacht hat, bei der Vorbereitung

    der wahrscheinlich überwiegend stattfindenden Strafver-
    fahren behilflich zu sein.

    Bei allen Reibungsflächen, die sich dort jetzt zeigen
    und die bleiben werden, finde ich, dass jetzt die Phase
    des Übereinander-Redens, in der wir nur mittels Mikro-
    fonen und Kameras miteinander geredet haben, nach und
    nach durch eine Phase abgelöst werden muss, in der wir
    wieder miteinander reden – auch kontrovers – und auch
    offen und ehrlich streiten.

    Ich glaube, wir müssen uns klar sein: Am Ende haben
    wir in Deutschland es nicht allein in der Hand, zu ent-
    scheiden, ob die Türkei wichtig oder unwichtig für uns
    ist . Ich will gerne noch einmal in Erinnerung rufen: Die
    Türkei ist ein Schlüsselland für uns . Das sage ich nicht
    nur wegen der 2,5 Millionen Flüchtlinge, die sich in der
    Türkei aufhalten, und das sage ich auch nicht nur, weil es
    ein Flüchtlingsabkommen mit der Türkei gibt . Wer im-
    mer heute noch an diesem Pult reden und etwas über Sy-
    rien, den Irak und Libyen sagen wird, der muss wissen:
    Keiner dieser Konflikte wird am Ende lösbar sein, ohne
    dass wir die Türkei irgendwie im Boot haben .

    Deshalb rate ich uns sehr dazu, kritisch zu sein, wo
    es notwendig ist, aber nicht so zu tun, als könnte man
    sich wegen der kritischen Punkte Beziehungen mit der
    Türkei in irgendeiner Weise ersparen oder wegwünschen .
    Die Türkei wird gebraucht – auch von uns, die wir uns
    um Frieden in der Region des Mittleren Ostens bemühen .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Liebe Kolleginnen und Kollegen, nach all dem sehen
    Sie: Auch in der Sommerpause sind die Krisen geblie-
    ben . In mancher Hinsicht sind sie vielleicht sogar mit
    noch größerer Härte zurückgekehrt, und Krisendiploma-
    tie wird jedenfalls aus unserer Perspektive tägliches Brot
    unserer außenpolitischen Arbeit bleiben .

    Das gilt für Syrien – dazu habe ich ein paar Worte
    gesagt –, und das gilt für die Ostukraine . Ich werde in
    der nächsten Woche mit meinem französischen Kollegen
    wieder in der Ukraine sein und in Gesprächen mit den
    Kollegen dort prüfen, ob und wann wir gegebenenfalls
    im Normandie-Format wieder zusammenkommen .

    Wir haben unser Engagement in Mali unter wirklich
    schwierigen Bedingungen dort – der eine oder andere
    hat sich das vor Ort ansehen können – ausgebaut, und
    in Kolumbien – Tom Koenigs ist jetzt nicht hier, wenn
    ich das richtig sehe, sonst hätte ich mich jetzt bei ihm
    bedankt – haben wir ein bisschen mithelfen können, dass
    der Friedensprozess nicht nur vorangekommen ist, son-
    dern dass mit der Unterschrift unter einem Friedensab-
    kommen jetzt ein guter Weg gegangen wird . Herzlichen
    Dank dafür!


    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


    Ich will zum Abschluss sagen: Wenn wir uns in den
    Haushaltsgesprächen wiederfinden und wenn die Ge-
    spräche stärker ins Detail gehen, dann geht es nicht im-
    mer nur um die ganz großen Lösungen, nicht immer um

    Bundesminister Dr. Frank-Walter Steinmeier






    (A) (C)



    (B) (D)


    den endgültigen Vorschlag, wie der Syrien-Krieg beendet
    wird, sondern meistens liegen viele Schritte dazwischen .
    Wir haben es in den letzten Jahren geschafft, nicht nur
    an die ganz großen Lösungen zu denken, die vielleicht
    gescheitert wären, sondern den gesamten Zyklus eines
    Konfliktes in den Blick zu bekommen: von der humani-
    tären Hilfe, von der Krisenprävention bis hin zur Stabili-
    sierung und vor allen Dingen – darauf haben wir in den
    letzten zwei Jahren großes Gewicht gelegt – bis hin zum
    Ausbau unserer Mediationsfähigkeiten, die dringend ge-
    braucht werden . Ich möchte mich beim ganzen Hause
    herzlich dafür bedanken, dass unsere Möglichkeiten ge-
    rade in den letzten zwei Jahren in diesem Bereich stark
    gewachsen sind . Herzlichen Dank dafür .


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Auch dank Ihrer Unterstützung ist es gelungen, dass
    wir bei der humanitären Hilfe zum drittgrößten Geber
    weltweit geworden sind . Die Syrien-Krise, über die ich
    gesprochen habe, ist natürlich der Schwerpunkt . Dank
    deutscher Hilfe, um es konkret zu machen, konnten zum
    Beispiel 110 000 Menschen in Deir al-Sor im Osten Sy-
    riens aus der Luft versorgt werden . Darüber hinaus kon-
    zentrieren wir uns natürlich auf die Unterstützung in den
    Nachbarländern, insbesondere auf Jordanien und Liba-
    non .

    Ich glaube, jeder weiß, dass die Menschen nur dann,
    wenn wir die Bleibeperspektiven in der Region verbes-
    sern, die Hoffnung behalten, dass sie irgendwann in
    ihre Heimat zurückkehren können . Deshalb ist Stabili-
    sierung, nachdem Aufenthaltsorte definiert worden sind
    und nachdem wir möglicherweise sogar Orte von ISIS,
    von Daesh, befreit haben, wichtig . Wir leisten Stabili-
    sierungsarbeit, um dort so schnell wie möglich ein Mi-
    nimum an Lebensbedingungen zu schaffen, die es den
    Menschen ermöglichen, bleiben zu können . Das ist in der
    letzten Zeit, glaube ich, ganz gut gelungen . Das Beispiel
    Ramadi im Irak zeigt, dass mittels der Stabilisierungshil-
    fe etwa 90 Prozent der Menschen in eine fast zerstörte
    Stadt zurückgekehrt sind und sich nicht zwischen den
    Fronten im Irak auf den Weg Richtung Türkei oder an-
    derswo begeben haben .

    Das, meine Damen und Herren, wird in den nächsten
    Monaten, im kommenden Jahr weiterhin der Kern unse-
    rer Arbeit sein . Wir werden uns der Verantwortung nicht
    nur nicht entziehen, sondern wir werden auch signalisie-
    ren, dass wir bereit sind, im internationalen Rahmen Ver-
    antwortung zu übernehmen und für eine regelbasierte in-
    ternationale Ordnung zu arbeiten . Wir werden uns daher
    für den Sitz im Sicherheitsrat 2019 und 2020 bewerben .
    Dafür werde ich um Unterstützung werben .

    Herzlichen Dank .


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)




Rede von Johannes Singhammer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

Nächster Redner ist der Kollege Michael Leutert für

die Fraktion Die Linke .


(Beifall bei der LINKEN)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Michael Leutert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

    Herr Minister, Sie haben gerade das Bild des kleinen Jun-
    gen in Aleppo mit blutverschmiertem Gesicht erwähnt .
    Ich will nur daran erinnern: Es gab vor nicht allzu langer
    Zeit schon einmal solch ein Bild, nämlich das des kleinen
    Aylan Kurdi, der die Flucht nicht überlebt hat und tot an
    der türkischen Küste aufgefunden wurde . Das Traurige
    an der Sache ist, dass wir jedes Mal solche Symbolbilder
    haben, dass uns diese Bilder auch bewegen, aber wir bei
    der eigentlichen Lösung der Konflikte bisher nicht wei-
    terkommen . Daher bin ich auch etwas verwundert über
    den Haushalt, der uns hier vorgelegt wird .

    Wir haben 2015, also vor einem Jahr, einen Haus-
    haltsentwurf von Ihnen diskutiert, der unter dem Ein-
    druck der bekannten Konflikte stand: Syrien, Irak, IS –
    der IS hat den Terror nach Europa gebracht, gerade im
    letzten Jahr –, Ukraine und Afghanistan, was gar nicht
    mehr so oft genannt wird . Damals war der Vorschlag,
    dass für diesen Haushalt 4,4 Milliarden Euro bereitge-
    stellt werden sollten . Da hat das Parlament gesagt: Das
    reicht nicht aus . – Wir haben also 400 Millionen Euro
    zusätzlich zur Verfügung gestellt . Dadurch standen Ihnen
    4,8 Milliarden Euro zur Verfügung, eine Rekordsumme .
    Selbst das langt nicht, wie wir seit gestern wissen; es gibt
    dazu ein entsprechendes Schreiben .

    Jetzt sind wir in der gleichen Situation: Einige Kon-
    flikte haben sich verschärft. Mit Blick auf Europa will ich
    nur den Brexit nennen . In der Türkei gab es den versuch-
    ten Putsch mit all den Folgen, die damit zusammenhän-
    gen . Auch das militärische Eingreifen der Türkei gegen
    die Kurden in Syrien ist in diesem Zusammenhang zu
    nennen . Jetzt haben wir einen Entwurf mit einem Etat
    von 4,6 Milliarden Euro, also 200 Millionen Euro weni-
    ger als im laufenden Jahr . Das passt nicht zusammen; das
    geht so nicht . Dem können wir auch nicht zustimmen .


    (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Es ist klar – man merkt schon, dass der Wahlkampf
    durchschimmert –: Der CDU-Finanzminister schenkt Ih-
    nen nichts mehr . Aber damit wird das, was Sie immer
    in der Öffentlichkeit fordern, nämlich international mehr
    Verantwortung zu übernehmen, konterkariert . Das ist ge-
    nau das Gegenteil von Verantwortung übernehmen, und
    damit ist das auch der schlechteste Haushaltsentwurf, der
    bisher in der Legislatur vorgelegt wurde .


    (Beifall bei der LINKEN)


    Wir können nicht ernsthaft bei gleicher Konfliktlage
    weniger Geld für die zivile Außenpolitik ausgeben, zu-
    mal wir mittlerweile wissen – ich glaube, darin sind wir
    uns einig –, dass jeder Konflikt einer politischen Lösung
    bedarf, und zumal das Geld auch vorhanden ist . Ich will
    nur daran erinnern, dass das Verteidigungsministerium
    dieses Jahr 2,3 Milliarden Euro mehr bekommen soll .
    Das sind exakt 50 Prozent von dem, was Sie als Gesamt-
    etat für Ihre Außenpolitik im zivilen Bereich zur Verfü-
    gung haben .

    Ich gehe davon aus, dass wir als Parlament auch die-
    ses Jahr hier nachbessern werden und den Etatansatz er-

    Bundesminister Dr. Frank-Walter Steinmeier






    (A) (C)



    (B) (D)


    höhen müssen . Mittlerweile ist es schon so – Sie haben
    die Türkei bereits angesprochen –, dass Beschlüsse des
    Bundestages durchaus eine außenpolitische Komponente
    bekommen und zu Irritationen führen können. Ich hoffe,
    dass sich von diesem Beschluss des Bundestages dann
    niemand distanzieren muss .

    Herr Steinmeier, was die Türkei – Sie haben davon
    gesprochen, dass wir sie als wichtigen Partner brau-
    chen – und die Distanzierung des Bundestages von der
    Armenien-Resolution betrifft: Die Kanzlerin hat eine
    Entscheidung getroffen. Sie haben sie nicht alleine ge-
    troffen. Als Kabinettsmitglied sind Sie aber auch dafür
    verantwortlich . Natürlich muss die Kanzlerin das mitent-
    scheiden . Sie hat die Richtlinienkompetenz . Das ärgert
    derzeit mit Sicherheit einige, besonders in der Union .
    Aber von dieser Richtlinienkompetenz hat sie hin und
    wieder guten Gebrauch gemacht . Sie hat durchaus Ent-
    scheidungen getroffen, die von Pragmatismus und Ver-
    nunft getragen wurden . Ich nenne nur den Atomausstieg,
    die Abschaffung der Wehrpflicht, die Einführung des
    Mindestlohns oder eben die offenen Grenzen für Men-
    schen in Not . Das sind alles Entscheidungen, die sie mit
    getroffen hat.

    Aber wenn es um die Türkei geht, habe ich das Ge-
    fühl, dass die Vernunft abhandenkommt . Das ging beim
    Flüchtlingsdeal los . Der Flüchtlingsdeal ist in einer Er-
    pressungssituation zustande gekommen . Die Türkei hat
    gesagt: Wir helfen euch nicht bei der Problematik der
    Flüchtlinge, wenn ihr uns nicht Visafreiheit gewährt . –
    Wenn dieser Deal gelten soll, dann frage ich mich, wa-
    rum wir die vielen Millionen Euro im Haushalt für die
    Sanierung der Visastelle in Istanbul benötigen . Die kön-
    nen wir dann einsparen .

    Wer sich einmal erpressen lässt, lässt sich auch ein
    weiteres Mal erpressen . Jetzt haben wir die gleiche Si-
    tuation . Die Türkei sagt: Wenn sich die Bundesregierung
    nicht von der Armenien-Resolution distanziert, dann dür-
    fen wir Parlamentarier unsere eigenen Soldaten, die Teil
    einer Parlamentsarmee sind, nicht im Einsatz besuchen,
    und zwar in einem Einsatz, mit dem die Bundeswehr
    dazu beitragen soll, den IS zu bekämpfen, eine Terroror-
    ganisation, die auch Anschläge in der Türkei verübt hat .
    Dabei soll die Bundeswehr – das ist der Auftrag, den die
    Bundeswehr hat – für die internationale Koalition Infor-
    mationen liefern, damit die Bodentruppen der Verbün-
    deten, also auch die syrischen Kurdinnen und Kurden,
    gegen den IS vorgehen können . Und die Türkei kämpft
    noch militärisch gegen diese Kurdinnen und Kurden .

    Dort ist eine völlig absurde Situation entstanden . Dass
    sich die Bundesregierung dem sozusagen ergeben hat,
    halte ich für ein riesengroßes Problem .


    (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Es ist absurd . Die Bundeswehr gehört meines Erachtens
    in diesem Fall aus der Türkei abgezogen . Wir dürfen uns
    nicht erpressen lassen .


    (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Wenn es der Bundesregierung peinlich ist, was wir
    als Parlament beschließen, dann muss man im Bundes-
    tag vielleicht einmal darüber nachdenken, ob wir andere
    Mehrheiten benötigen: für eine andere Regierung, der
    das nicht peinlich ist . Vielleicht hätten wir dann im Par-
    lament auch Mehrheiten für mehr Mittel in der Flücht-
    lingshilfe, für Abrüstungsmaßnahmen oder für die Stär-
    kung der Menschenrechte . Oder wir hätten mehr Mittel
    für Krisenprävention .

    Eine Sache noch, Herr Minister . Letztes Jahr standen
    wir in den Haushaltsberatungen alle unter dem Eindruck
    der massenhaften Fluchtbewegungen von Menschen, die
    bei uns in Europa angekommen sind . Wir standen unter
    dem Eindruck der brutalen Anschläge des „Islamischen
    Staates“ in Paris . Damals ist Folgendes passiert: Wir ha-
    ben für den Etat des Auswärtigen Amts – das kam mei-
    nes Erachtens so noch nicht vor – 1 Milliarde Euro mehr
    bewilligt, als im Rahmen des Kabinettsentwurfs vorge-
    sehen worden war . Dabei hatte ich das Gefühl, es gebe
    einen Hauch von Einigkeit nach dem Motto: Wir sind uns
    hier im Parlament einig und wissen, dass es sich um eine
    sehr brenzlige Situation handelt . Wir müssen etwas tun
    bzw . mehr tun .