Rede:
ID1818100600

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 8
    1. Für: 1
    2. die: 1
    3. SPD-Fraktion: 1
    4. spricht: 1
    5. nun: 1
    6. der: 1
    7. Kollege: 1
    8. ThomasOppermann.\n: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 18/181 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 181. Sitzung Berlin, Dienstag, den 28. Juni 2016 Inhalt: Tagesordnungspunkt 1: Abgabe einer Regierungserklärung durch die Bundeskanzlerin: Ausgang des Referendums über den Verbleib des Vereinigten König- reichs in der EU mit Blick auf den Europä- ischen Rat am 28./29. Juni 2016 in Brüssel Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin . . . . . . . 17881 B Dr. Dietmar Bartsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . 17884 D Thomas Oppermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 17886 D Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17889 C Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 17891 C Dr. Katarina Barley (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 17893 D Andrej Hunko (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 17894 D Gerda Hasselfeldt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 17895 B Norbert Spinrath (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17896 D Kai Whittaker (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 17897 C Ralph Brinkhaus (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 17898 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17899 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 17901 A (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 28. Juni 2016 17881 181. Sitzung Berlin, Dienstag, den 28. Juni 2016 Beginn: 10.30 Uhr
  • folderAnlagen
    Ralph Brinkhaus (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 28. Juni 2016 17901 Anlage zum Stenografischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Aken, Jan van DIE LINKE 28.06.2016 Amtsberg, Luise BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 28.06.2016 Arnold, Rainer SPD 28.06.2016 Barnett, Doris SPD 28.06.2016 Beckmeyer, Uwe SPD 28.06.2016 Behrens, Herbert DIE LINKE 28.06.2016 Bergner, Dr. Christoph CDU/CSU 28.06.2016 Bosbach, Wolfgang CDU/CSU 28.06.2016 Bulling-Schröter, Eva DIE LINKE 28.06.2016 Bülow, Marco SPD 28.06.2016 Daldrup, Bernhard SPD 28.06.2016 De Ridder, Dr. Daniela SPD 28.06.2016 Dehm, Dr. Diether DIE LINKE 28.06.2016 Ebner, Harald BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 28.06.2016 Erler, Dr. h. c. Gernot SPD 28.06.2016 Ernstberger, Petra SPD 28.06.2016 Fischer (Hamburg), Dirk CDU/CSU 28.06.2016 Gädechens, Ingo CDU/CSU 28.06.2016 Gohlke, Nicole DIE LINKE 28.06.2016 Göppel, Josef CDU/CSU 28.06.2016 Groth, Annette DIE LINKE 28.06.2016 Gunkel, Wolfgang SPD 28.06.2016 Güntzler, Fritz CDU/CSU 28.06.2016 Gutting, Olav CDU/CSU 28.06.2016 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Hagedorn, Bettina SPD 28.06.2016 Heil (Peine), Hubertus SPD 28.06.2016 Heinrich, Gabriela SPD 28.06.2016 Heller, Uda CDU/CSU 28.06.2016 Herzog, Gustav SPD 28.06.2016 Hiller-Ohm, Gabriele SPD 28.06.2016 Hintze, Peter CDU/CSU 28.06.2016 Höhn, Bärbel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 28.06.2016 Irlstorfer, Erich CDU/CSU 28.06.2016 Jurk, Thomas SPD 28.06.2016 Koenigs, Tom BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 28.06.2016 Kramme, Anette SPD 28.06.2016 Krings, Dr. Günter CDU/CSU 28.06.2016 Kühn (Dresden), Stephan BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 28.06.2016 Kühne, Dr. Roy CDU/CSU 28.06.2016 Launert, Dr. Silke CDU/CSU 28.06.2016 Lerchenfeld, Philipp Graf CDU/CSU 28.06.2016 Maisch, Nicole BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 28.06.2016 Mattheis, Hilde SPD 28.06.2016 Möhring, Cornelia DIE LINKE 28.06.2016 Otte, Henning CDU/CSU 28.06.2016 Paus, Lisa BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 28.06.2016 Petzold, Ulrich CDU/CSU 28.06.2016 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 181. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 28. Juni 201617902 (A) (C) (B) (D) Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Pflugradt, Jeannine SPD 28.06.2016 Pilger, Detlev SPD 28.06.2016 Raatz, Dr. Simone SPD 28.06.2016 Renner, Martina DIE LINKE 28.06.2016 Rief, Josef CDU/CSU 28.06.2016 Rüthrich, Susann SPD 28.06.2016 Schiefner, Udo SPD 28.06.2016 Schimke, Jana CDU/CSU 28.06.2016 Schmidt (Fürth), Christian CDU/CSU 28.06.2016 Schmidt (Ühlingen), Gabriele CDU/CSU 28.06.2016 Schuster (Weil am Rhein), Armin CDU/CSU 28.06.2016 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Schwarz, Andreas SPD 28.06.2016 Schwarzelühr-Sutter, Rita SPD 28.06.2016 Sendker, Reinhold CDU/CSU 28.06.2016 Steffen, Sonja SPD 28.06.2016 Thönnes, Franz SPD 28.06.2016 Tillmann, Antje CDU/CSU 28.06.2016 Troost, Dr. Axel DIE LINKE 28.06.2016 Wagner, Doris BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 28.06.2016 Wicklein, Andrea SPD 28.06.2016 Wittke, Oliver CDU/CSU 28.06.2016 Zech, Tobias CDU/CSU 28.06.2016 Zöllmer, Manfred SPD 28.06.2016 Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 181. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 1 Regierungserklärung zum Ausgang des Referendums in Großbritannien Anlage Anlage 1
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Dietmar Bartsch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    Ich bedanke mich. – Herr Präsident! Meine Damen

    und Herren! Frau Bundeskanzlerin, Sie haben mit Ih-
    rer Rede eben noch einmal bewiesen, warum Europa in
    einer Krise steckt. Wenn ich mir die Wortgruppen, die
    Sie benutzt haben, vor Augen halte – „gute Lösungen
    finden“, „jeder Vorschlag ist willkommen“, „mit ganzer
    Kraft widmen wir uns dem“ –, dann muss ich feststellen:
    Das kann man eigentlich immer sagen. Vor allen Dingen
    haben Sie aber eines beschrieben: dass Großbritannien
    ein Problem hat. Ich finde, die Dimension dieses schwar-
    zen Freitags für Europa ist eine viel, viel größere, als die
    Bundesregierung offensichtlich begreift.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Vor allen Dingen ist dieser schwarze Freitag ein Ergebnis
    von Politik.

    Brüssel ist seit vielen Jahren der Prügelknabe für so
    ziemlich alles. Immer wenn national etwas schiefgeht –
    im Übrigen auch bei Ihnen –, dann geht das nach Brüssel.
    Ich glaube, dass das ein großer Fehler ist. Die Menschen
    haben das Gefühl, es mit abgehobenen Eliten und techno-
    kratischen Politikern zu tun zu haben. Das Ergebnis des
    Referendums ist Ausdruck tiefer Unzufriedenheit, die es
    in allen Ländern der EU gibt, im Übrigen auch in unse-
    rem Land, meine Damen und Herren.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Das hat mit Sicherheit damit zu tun, dass wir in Euro-
    pa ein grundsätzliches Demokratiedefizit und ein grund-
    sätzliches Transparenzdefizit haben. Frau Merkel, Sie ha-
    ben gesagt, die Bürgerinnen und Bürger sollen teilhaben.
    Was machen Sie denn bei TTIP und bei CETA? Das geht
    sogar am Parlament vorbei. Die Bürger fühlen sich doch
    verklapst, wenn man diese beiden Abkommen nimmt.


    (Beifall bei der LINKEN – Michael GrosseBrömer [CDU/CSU]: Unsinn!)


    Die Elitenskepsis, liebe Kolleginnen und Kollegen,
    hat auch damit zu tun, wie wir in Europa mit der Finanz-
    krise umgegangen sind. Ich könnte meine ganze Redezeit
    mit Äußerungen aus der Union zubringen,


    (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Dann reden Sie richtig gute Sachen!)


    aber ich will nur noch einmal den Satz „Der Grieche
    nervt“ in Erinnerung rufen und jetzt ein ganz aktuelles
    Beispiel ansprechen.

    Betrachten wir einmal die EZB. Ich weiß, dass sie un-
    abhängig ist. Aber ab Juni ist nicht nur der Wahnsinn der
    Nullzinspolitik Realität, sondern es können auch Unter-
    nehmensanleihen gekauft werden, und das wird auch ge-
    macht: bei BASF, bei Daimler, bei Renault. Statt Inves-
    titionen in die Zukunft und ins Gemeinwesen zu tätigen,
    werden Anleihen von Großkonzernen gekauft, die null
    Zinsen bringen. Das ist Wettbewerbsverzerrung für den
    Mittelstand, und gleichzeitig ist nie Geld zur Bekämp-

    fung von Jugendarbeitslosigkeit und zur Bekämpfung
    von Armut da. Das ist das Problem. Sie treiben den Sozi-
    alabbau voran. Hier muss europäisch gehandelt werden,
    damit der Frust gegen Europa eben nicht noch größer
    wird, und hierzu gehört auch die katastrophale Politik
    der Troika.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Apropos Griechenland: Die ganzen „Exit“-Wortspiele
    haben mit Griechenland begonnen. Es war doch Ihr Fi-
    nanzminister, der mit dem Wort „Grexit“ angefangen hat.


    (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Die Griechen sollten raus. Das ist doch irgendwo herge-
    kommen. Wie war das noch? Herr Schäuble hat gesagt:
    „Am 28., 24 Uhr, isch over.“ Es war ein Glück im Jah-
    re 2015, dass es so nicht gekommen ist.


    (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Auf eines möchte ich hier mit Deutlichkeit aufmerk-
    sam machen: Zur Wahrheit gehört doch, dass Herr
    Cameron gezündelt hat. Er hat sich mit dem Zündeln sei-
    ne Wiederwahl gesichert, und Herr Cameron gehört doch
    zu Ihrer europäischen Parteienfamilie, Frau Merkel.


    (Beifall bei der LINKEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Nein! Nein! – Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Bleiben Sie bei der Wahrheit! – Gunther Krichbaum [CDU/CSU]: Das ist doch grottenfalsch! Von Europa keine Ahnung!)


    Der hat gezündelt und sogar noch die Streichhölzer be-
    reitgelegt. Herr Johnson und die halbe Fraktion waren
    doch dafür. Sie haben sich erst Privilegien von Europa
    geben lassen, und dann waren sie dagegen. Das ist ein-
    fach wahr.


    (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Informieren Sie sich doch erst einmal!)


    – Die Tories sind doch Ihre Freunde. Das sind doch nicht
    unsere Freunde, sondern Ihre. Sie machen doch mit de-
    nen Politik.


    (Beifall bei der LINKEN – Gunther Krichbaum [CDU/CSU]: Das ist doch eine ganz andere Parteienfamilie! Keine Ahnung von Europa, aber sich hierhinstellen!)


    UKIP hat das ausgenutzt. Der Brexit ist ein von rechts
    dominierter Austritt. Ich will Ihnen einmal eines sagen –
    gerade den Damen und Herren von der CSU –: Es war
    Herr Seehofer, der in Wildbad Kreuth zu dem, was die
    Tories machen, gesagt hat: „Das ist CSU pur.“ Das ist
    Ihre Politik. Sie haben damit Übereinstimmung signali-
    siert.


    (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Die Lehre sollte doch sein, dass Sie in der Union end-
    lich einmal merken, dass mit dieser Auseinandersetzung

    Präsident Dr. Norbert Lammert






    (A) (C)



    (B) (D)


    zwischen den beiden Unionsparteien die Rechtspopulis-
    ten letztlich befördert werden.


    (Beifall bei der LINKEN – Henning Otte [CDU/CSU]: Unglaublich! – Michael GrosseBrömer [CDU/CSU]: In Sachsen-Anhalt haben viele von Ihnen sie gewählt!)


    Dass nur so wenige abstimmen, hat im Übrigen auch
    mit dem zu tun, was sich „Kerneuropa“ nennt. Sie ha-
    ben am Freitag die sechs Außenminister der Gründungs-
    staaten ausgerechnet nach Deutschland eingeladen und
    sich gestern um die Achse Berlin-Paris-Rom gekümmert.
    Frau Bundeskanzlerin, ich sage Ihnen voller Bedauern:
    Der letzte europäische Kanzler in diesem Land war
    Helmut Kohl, und ich bedaure das sehr.


    (Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Michael Grosse-Brömer [CDU/ CSU]: Jetzt wird die Rede langsam besser! – Axel Schäfer [Bochum] [SPD]: Sie haben Schröder vergessen!)


    Das Agieren mit Kerneuropa ist eben ein großer Fehler.
    Der Rest scheint Ihnen offensichtlich egal zu sein. Das
    ist so!


    (Beifall bei der LINKEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Ganz schwache Rede!)


    Brüssel wäre natürlich der richtige Ort gewesen, um
    mit allen Mitgliedern zu sprechen. Das wäre vernünftig
    gewesen.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Das EP ist der richtige Ort, um diese Auseinandersetzung
    zu führen.

    Es ist doch auch ein Skandal, dass der EP-Präsident,
    Herr Schulz, fordert, dass der Austrittsantrag der Briten
    bis Dienstag da sein möge. In der Krise und im Umgang
    mit Großbritannien wird sich zeigen, wie weit die Euro-
    päische Union ist. Man darf nicht drohen, sondern man
    muss gerade auch dann, wenn man sich scheidet, ein or-
    dentliches Verfahren finden.

    Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Entscheidende
    ist: Jetzt ist endlich eine andere Politik gefordert.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Dieser ganze Wahnsinn von Liberalisierung und Privati-
    sierung muss endlich gestoppt werden.


    (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Stabilisierung!)


    Es muss eine klare Absage an Nationalismus und Rassis-
    mus erfolgen. Hierüber wird es in diesem Hohen Haus
    doch hoffentlich Konsens geben.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Natürlich hat Europa nur gemeinsam eine Chance; das
    ist doch völlig klar. China, Japan und Nordamerika: Hin-
    sichtlich der Anzahl der Menschen sind das doch andere
    Dimensionen. Kleinstaaterei wird hier doch überhaupt
    keine Lösung sein können. Wenn man ein gemeinsames
    Europa will, dann darf man nicht zu viel reden, sondern
    dann muss man sofort handeln.

    Jeder Weg in eine neue Richtung beginnt immer mit
    dem ersten Schritt, und deswegen will ich jetzt auf das
    Zehnpunkteprogramm zurückkommen, das Sigmar
    Gabriel, der Vizekanzler, entworfen hat. Da kann ich
    nur feststellen, dass das der aktuellen Politik diametral
    gegenübersteht. Ich finde es ja vernünftig. Ich finde es
    vernünftig, dass wir den ersten Schritt zu einem anderen
    Europa gehen. Wir brauchen in der zentralen Industrie-
    macht Europas einen Politikwechsel, meine Damen und
    Herren. Das wäre nötig.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Es geht um das große Projekt des Friedens; da bin
    ich überhaupt nicht so weit weg von Ihnen. Ja, es ist ein
    Segen, dass wir in Europa Frieden haben; das darf nicht
    zerstört werden. Ja, Europa ist ein großes kulturelles Pro-
    jekt, wofür wir uns gemeinsam weiter engagieren wollen.
    Ja, es ist ein Europa des Austausches und des Miteinan-
    ders. Es ist kein Europa der Abschottung. Das, meine Da-
    men und Herren, muss doch unser Ziel sein: ein Europa
    der Menschen, um das in einem Satz zu sagen.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Die Linke wird sich weiter dafür nachhaltig engagieren.

    Herzlichen Dank.


    (Beifall bei der LINKEN)




Rede von Dr. Norbert Lammert
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

Für die SPD-Fraktion spricht nun der Kollege Thomas

Oppermann.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Thomas Oppermann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Her-

    ren! Ich habe Dietmar Bartsch aufmerksam zugehört.


    (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


    Nachdem schon Sahra Wagenknecht ihre Verehrung für
    Ludwig Erhard bekundet hat, entdeckt Dietmar Bartsch
    jetzt seine Vorliebe für Helmut Kohl.


    (Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Als Europäer! – Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Sie sind auf einem guten Weg!)


    Ich stelle fest: Die Christdemokratisierung der Linken
    schreitet unaufhaltsam voran.


    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Aber wenn der erste Schritt für ein besseres Euro-
    pa die von Sahra Wagenknecht gestern vorgeschlagene
    Volksabstimmung in Deutschland über europäische Ver-

    Dr. Dietmar Bartsch






    (A) (C)



    (B) (D)


    träge sein soll, dann bin ich nicht sicher, ob Sie auf dem
    richtigen Weg sind.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


    Die europäischen Verträge sind teilweise sogar in unser
    Grundgesetz inkorporiert. 80 Prozent der Deutschen ha-
    ben letzte Woche in einer Forsa-Umfrage bekundet, dass
    sie für einen Verbleib von Deutschland in der Europäi-
    schen Union sind.


    (Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Dann brauchen Sie ja doch auch keine Angst zu haben!)


    Deshalb werden Sie es nicht schaffen, uns jetzt nach dem
    Vorbild Großbritanniens auf einen Weg zu bringen, der
    dazu führt, unsere Gesellschaft zu spalten.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


    Meine Damen und Herren, mit Großbritannien ver-
    liert die Europäische Union ihre zweitstärkste Volkswirt-
    schaft, die 17 Prozent der europäischen Wirtschaftsleis-
    tung erbringt. Aber insbesondere verliert sie einen gut
    vernetzten weltpolitischen Akteur und damit ein gutes
    Stück ihrer globalen Wirkungsmöglichkeiten. Wenn
    Großbritannien jetzt auch noch aus dem Binnenmarkt
    ausscheiden sollte, dann wäre das für Deutschland, dann
    wäre das für die deutsche Wirtschaft keine gute Nach-
    richt.

    Aber vor allem Großbritannien stehen nun schwierige
    Zeiten bevor. David Cameron, der Initiator dieser Volks-
    abstimmung, hat einen riesigen politischen Scherbenhau-
    fen hinterlassen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE])


    Um einen innerparteilichen Dauerkonflikt zu befrieden,
    hat er den Konflikt in die ganze Gesellschaft getragen.
    Am Ende hat David Cameron aus einer gespaltenen Par-
    tei ein gespaltenes Land gemacht.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das war vorher auch schon gespalten!)


    Gespalten ist es zwischen Schottland und Nordirland
    auf der einen Seite sowie England und Wales auf der
    anderen Seite. Diese Spaltung wird das Vereinigte Kö-
    nigreich vor eine zusätzliche Belastungsprobe stellen.
    Schottland hat bereits erklärt, dass es seinen Platz in der
    Europäischen Union sieht,


    (Beifall des Abg. Dr. Frank Steffel [CDU/ CSU])


    und ein erneutes Referendum angekündigt. In Nordir-
    land gibt es Forderungen nach einer Wiedervereinigung

    Irlands. Die aktuelle Entwicklung Großbritanniens zeigt:
    Nationalismus stärkt nicht die Nation. Nationalismus
    spaltet und gefährdet die Einheit unserer Nationen.


    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Aber gespalten ist das Land vor allen Dingen zwi-
    schen Jung und Alt. Die unter 50-Jährigen haben mit gro-
    ßer Mehrheit gegen den Brexit gestimmt,


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    die unter 25-Jährigen sogar mit einer Dreiviertelmehr-
    heit. Die jungen Menschen in Großbritannien favorisie-
    ren ganz offenkundig nicht die nationalstaatliche Einige-
    lung und Abkapselung. Sie sehen ganz klar ihre Zukunft
    in einem vereinten, weltoffenen, modernen Europa. Ich
    finde, das ist ein Zeichen der Hoffnung für Großbritanni-
    en und für Europa.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Axel Schäfer [Bochum] [SPD]: Sehr wahr!)


    Das Votum der jungen Briten sollte uns eine Verpflich-
    tung sein. Wir dürfen diesen jungen Leuten nicht die
    Hoffnung nehmen, dass eines Tages nach diesem Aus-
    tritt Großbritannien wieder in die EU zurückkehren kann.
    Deshalb müssen wir alles dafür tun, dass die EU-27 nicht
    auseinanderfällt, sondern zusammenbleibt.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Noch etwas anderes schulden wir diesen jungen Leu-
    ten und allen, die für ein vereintes Europa kämpfen: dass
    wir ein klares Zeichen gegen Antieuropäer und Natio-
    nalisten setzen. Wer sich gegen Europa entscheidet, der
    muss auch für die Konsequenzen geradestehen. Ich sage
    das mit Blick auf die neue Diskussion in England. Ich bin
    erstaunt, dass die Propagandisten des Brexits jetzt plötz-
    lich, angesichts der Trümmer ihrer politischen Initiative,
    sich erschrecken. Erst hieß es: Es kann mit dem Brexit
    gar nicht schnell genug gehen. – Plötzlich heißt es: Es ist
    überhaupt keine Eile geboten.

    Ich stelle fest: Diejenigen, die unhaltbare Verspre-
    chungen gemacht haben, kriegen jetzt kalte Füße. Dieje-
    nigen, die vollmundige Ankündigungen gemacht haben,
    werden plötzlich kleinlaut. Einigen dämmert offenbar
    erst jetzt, was sie angerichtet haben. Ich finde, die Ver-
    antwortung dafür müssen sie ganz alleine tragen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    David Cameron will die Sache jetzt bis zur Wahl sei-
    nes Nachfolgers liegen lassen. Ich finde, das ist eine Zu-
    mutung für alle, denen Europa am Herzen liegt.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Die Probleme dieser Partei scheinen immer noch wich-
    tiger zu sein als die Probleme des Landes und die Pro-
    bleme Europas. Eine monatelange Unsicherheit über die

    Thomas Oppermann






    (A) (C)



    (B) (D)


    Frage, wie es weitergeht, schadet der britischen, schadet
    der deutschen und schadet der europäischen Wirtschaft.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Natürlich ist es ganz allein die Entscheidung der bri-
    tischen Regierung, wann sie den Austritt nach Artikel 50
    EU-Vertrag erklärt. Aber es ist die Pflicht der deutschen
    Bundesregierung und aller anderen Mitglieder im Euro-
    päischen Rat, klarzumachen, was unsere Erwartung ist.