Rede von
Carsten
Träger
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Ein Jahr geht zu Ende, und da ist es Brauch,
dass man zurückblickt auf das Jahr: auf das Erreichte und
vielleicht auf das Unvollkommene . Da passt es gut, dass
wir heute, am letzten Plenartag des Jahres, den Indika-
torenbericht zum Stand der nachhaltigen Entwicklung
in Deutschland debattieren . Darin geht es um die langen
Linien, die großen Trends . Wohin führt unsere Entwick-
lung? Wo läuft es gut? Wo besteht Handlungsbedarf? Ich
ziehe eine positive Bilanz aus mehreren Gründen .
Ich habe es schon an anderer Stelle erwähnt – aber
man kann es gar nicht oft genug betonen –: Deutschland
ist mit seiner Architektur der Nachhaltigkeit weltweit
beispielgebend . Wir können stolz darauf sein, dass wir
seit 2002 eine nationale Nachhaltigkeitsstrategie haben,
dass wir einen Rat für Nachhaltigkeit haben und dass
wir einen Parlamentarischen Beirat haben . Wir können
auf diese Institutionen und auf die Arbeit, die sie leisten,
stolz sein . Aber wir müssen sie weiterentwickeln .
Ein fester Bestandteil der Nachhaltigkeitsstrategie ist
der regelmäßige Indikatorenbericht, den wir heute debat-
tieren . Alle zwei Jahre misst das Statistische Bundesamt
anhand von 21 Indikatoren den Fortschritt in den Kern-
bereichen Generationengerechtigkeit, Lebensqualität
und sozialer Zusammenhalt .
Im Bericht 2014 stehen positive Trends wie der Aus-
bau der erneuerbaren Energien, der Abbau der Schulden
und die Erhöhung des Beschäftigungsniveaus . Dann gibt
es Ziele, die sich zwar in die richtige Richtung entwi-
ckeln, gleichwohl zu langsam . Dazu zählen die Energie-
und Rohstoffproduktivität, der Primärenergieverbrauch,
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 147 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 18 . Dezember 201514514
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die Gleichstellung sowie die Flächeninanspruchnahme .
Hier sind weitere Anstrengungen nötig, ganz klar .
Und dann gibt es negative Trends in den Bereichen
Mobilität, Zukunftsinvestitionen und Artenvielfalt . Dort
liegt der Indikatorenwert bei 63 Prozent des Zielwerts .
Das ist der schlechteste jemals gemessene Wert . Alarmie-
rend ist auch der Teilindikator für das Agrarland . Dieser
ist auf 56 Prozent des Zielwerts gesunken . Er hat sich in
den letzten zehn Jahren deutlich verschlechtert .
Wir müssen die Belange des Natur- und Artenschutzes
in der Landwirtschaft stärken . Wir haben eine nationale
Biodiversitätsstrategie . Trotzdem wird Biodiversitätspo-
litik nicht als Querschnittsaufgabe verstanden . Hier ha-
ben wir Handlungsbedarf .
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses Mal geht
es bei der Fortschreibung des Indikatorenberichts nicht
nur darum, die Ziele und Indikatoren ein weiteres Mal
fortzuschreiben . Denn wir haben im September dieses
Jahres die 17 globalen Nachhaltigkeitsziele, die SDGs,
verabschiedet . Deshalb geht es dieses Mal darum, unsere
Strategie an diese 17 Ziele und die 169 Unterziele an-
zupassen . Denn, seien wir ehrlich, gemessen an diesen
globalen Zielen sind auch wir ein Entwicklungsland . Es
mag den einen oder anderen Nationalisten überraschen:
Auch unsere Nachhaltigkeitsstrategie ist weit davon ent-
fernt, perfekt zu sein . Sie muss weiterentwickelt werden .
Dazu bieten die SDGs jetzt eine Chance . Wir sollten sie
ergreifen .
Ich möchte hier für einen Konsumindikator plädieren .
Für mich geht es letztlich darum, dass, wie Ernst Ulrich
von Weizsäcker es formuliert, die Preise die Wahrheit
sagen müssen . Wenn wir ein T-Shirt für 3 Euro kaufen,
sind damit die Kosten für die Faser, die Herstellung, den
Transport und den Verkauf wirklich abgedeckt? Das alles
für 3 Euro?
Ein anderes Beispiel: Ist ein Stück billiges Fleisch
wirklich so billig? Wie sähe es ohne Subventionen in
der Landwirtschaft aus, oder wie sähe es mit veränder-
ten Subventionen in der Landwirtschaft aus, die etwa den
Naturschutz belohnen? Wie kann man das messen? Und
wie kann man wirklich dafür sorgen, dass die Preise die
Wahrheit sagen? Ich finde, das ist eine spannende Auf-
gabe .
Liebe Kolleginnen und Kollegen, 2015 war ein gu-
tes Jahr für die Nachhaltigkeit . Wie erwähnt, haben wir
im September in New York den Weltzukunftsvertrag
geschlossen, ohne den das Klimaschutzabkommen von
Paris niemals zustande gekommen wäre . Genauso wie
wir die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit – Wirt-
schaft, Ökologie und Soziales – mittlerweile gemeinsam
denken, müssen wir diese beiden Verträge miteinander
betrachten . Sie bedingen einander . Dass es gelungen ist,
beide Verträge ins Werk zu setzen, ist ein starkes Signal
der Hoffnung für unseren Planeten . Dafür danke ich allen
Beteiligten, vor allem unserer Umweltministerin Barbara
Hendricks und ihrem Team, das auf beiden Konferenzen
Großartiges geleistet hat .
Liebe Barbara Hendricks, mit diesen Verträgen ist
Historisches gelungen . In Zeiten großer internationaler
Krisen sind diese Verträge rechtzeitig zu Weihnachten
das schönste Geschenk: die Hoffnung, dass die Welt
rechtzeitig zur Besinnung kommt .
Vielen Dank .