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    Plenarprotokoll 18/131 Textrahmenoptionen: 16 mm Abstand oben Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 131. Sitzung Berlin, Freitag, den 16. Oktober 2015 Inhalt: Zusatztagesordnungspunkt 5: a) – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung einer Speicherpflicht und Höchstspeicherfrist für Ver- kehrsdaten Drucksachen 18/5088, 18/6391 . . . . . . 12761 A – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Einführung einer Speicherpflicht und Höchst- speicherfrist für Verkehrsdaten Drucksachen 18/5171,18/6391 . . . . . . 12761 B b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Recht und Verbrau- cherschutz zu dem Antrag der Abge- ordneten Jan Korte, Dr . André Hahn, Ulla Jelpke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Auf Vor- ratsdatenspeicherung verzichten Drucksachen 18/4971, 18/6391 . . . . . 12761 B Dr . Johannes Fechner (SPD) . . . . . . . . . . . . . 12761 C Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . . . 12762 D Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU) . 12765 A Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12767 A Heiko Maas, Bundesminister BMJV . . . . . . . 12768 C Dr . Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12770 B Dr . Volker Ullrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 12771 C Dr . Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12773 B Dr . Volker Ullrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 12773 C Christian Flisek (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12773 D Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12775 B Christian Flisek (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12775 C Dr . Patrick Sensburg (CDU/CSU) . . . . . . . . . 12775 D Thorsten Hoffmann (Dortmund) (CDU/ CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12777 C Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 12779 A Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12780 B Tagesordnungspunkt 26: Antrag der Abgeordneten Harald Weinberg, Sabine Zimmermann (Zwickau), Matthias W . Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Krankenhäuser ge- meinwohlorientiert und bedarfsgerecht fi- nanzieren Drucksache 18/6326 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12779 B Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 12779 C Annette Widmann-Mauz, Parl . Staatssekretä- rin BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12783 B Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 131 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 16 . Oktober 2015II Dr . Harald Terpe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12785 A Dr . Edgar Franke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 12786 C Lothar Riebsamen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 12788 A Birgit Wöllert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 12789 D Marina Kermer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12790 D Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12792 A Reiner Meier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 12792 D Heike Baehrens (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12794 A Maria Michalk (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 12795 A Bettina Müller (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12796 D Tagesordnungspunkt 27: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Den Lebensstart von Kindern in Ent- wicklungs- und Schwellenländern verbes- sern – Grundlagen für stabile Gesellschaf- ten schaffen Drucksache 18/6329 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12797 D Dr . Georg Kippels (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 12797 D Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 12799 B Michaela Engelmeier (SPD) . . . . . . . . . . . . . 12800 C Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12801 D Waldemar Westermayer (CDU/CSU) . . . . . . 12802 C Stefan Liebich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 12803 B Stefan Rebmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 12804 C Tagesordnungspunkt 28: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts (Vergabe- rechtsmodernisierungsgesetz – VergRModG) Drucksache 18/6281 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12805 D Marcus Held (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12806 A Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . 12807 B Marcus Held (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12808 A Dr . Herlind Gundelach (CDU/CSU) . . . . . . . 12809 A Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12811 A Barbara Lanzinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 12812 A Bernd Westphal (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12813 C Tagesordnungspunkt 29: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Wirtschaft und Energie – zu dem Antrag der Abgeordneten Hubertus Zdebel, Caren Lay, Klaus Ernst, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Bad Bank-Pläne der Atomkon- zerne zurückweisen – Rückstellungen der AKW-Betreiber in einen öffent- lich-rechtlichen Fonds überführen – zu dem Antrag der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Oliver Krischer, Annalena Baerbock, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Keine Bad Bank für Atom – Rückstel- lungen der Atomwirtschaft in öffent- lich-rechtlichem Fonds sicherstellen Drucksachen 18/1959, 18/1465, 18/6382 . . . 12814 C Dr . Nina Scheer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12814 C Ralph Lenkert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 12815 D Jens Koeppen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 12816 C Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12818 A Barbara Lanzinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 12819 A Hiltrud Lotze (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12820 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12821 D Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12821 B Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 12823 C Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordne- ten Thomas Jurk, Detlef Müller (Chemnitz), Dr . Simone Raatz und Susann Rüthrich (alle SPD) zu der namentlichen Abstimmung über den von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Speicherpflicht und Höchst- speicherfrist für Verkehrsdaten (Zusatztages- ordnungspunkt 5 a) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12823 D Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 131 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 16 . Oktober 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 131 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 16 . Oktober 2015 III Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordne- ten Lothar Binding (Heidelberg) und Svenja Stadler (beide SPD) zu der namentlichen Ab- stimmung über den von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Spei- cherpflicht und Höchstspeicherfrist für Ver- kehrsdaten (Zusatztagesordnungspunkt 5 a) . . 12824 B Anlage 4 Erklärungen nach § 31 GO zu der namentlichen Abstimmung über den von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Spei- cherpflicht und Höchstspeicherfrist für Ver- kehrsdaten (Zusatztagesordnungspunkt 5 a) . . 12826 C Angelika Glöckner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 12826 D Sebastian Hartmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 12827 A Gabriele Hiller-Ohm (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 12827 D Hilde Mattheis (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12830 B Bettina Müller (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12830 C Markus Paschke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12832 B Mechthild Rawert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 12833 D Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordne- ten Dr . Matthias Zimmer (CDU/CSU) zu der namentlichen Abstimmung über den von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurf eines Geset- zes zur Einführung einer Speicherpflicht und Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten (Zu- satztagesordnungspunkt 5 a) . . . . . . . . . . . . . . 12834 B Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr . Karamba Diaby (SPD) zu den nament- lichen Abstimmungen über den von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD einge- brachten Entwurf eines Asylverfahrensbe- schleunigungsgesetzes (130 . Sitzung, Tages- ordnungspunkt 5 a) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12834 C Anlage 7 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Christoph Strässer (SPD) zu den namentlichen Abstimmungen über den von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Ent- wurf eines Asylverfahrensbeschleunigungs- gesetzes (130 . Sitzung, Tagesordnungs- punkt 5 a) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12834 C Anlage 8 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Kerstin Tack (SPD) zu den namentlichen Ab- stimmungen über den von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurf eines Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes (130 . Sitzung, Tagesordnungspunkt 5 a) . . . . . 12834 D Anlage 9 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12835 A (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 131 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 16 . Oktober 2015 12761 131. Sitzung Berlin, Freitag, den 16. Oktober 2015 Beginn: 9 .00 Uhr
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    Berichtigung 130 . Sitzung, Seite 12612 C, vierte Spalte: Bei den Enthaltungen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist der Name „Omid Nouripour“ durch den Namen „Cem Özdemir“ zu ersetzen . 130 . Sitzung, Seite 12705 A, erster Absatz, erster Satz, ist wie folgt zu lesen: „Wann kommen denn die Vorschlä- ge, wie man die Instrumente EnEV und Erneuerbare-Ener- gien-Wärmegesetz sinnvoll zusammenführt und ganzheit- liche Ansätze bei der energetischen Sanierung gesetzlich besser verankert?“ Hiltrud Lotze (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 131 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 16 . Oktober 2015 12823 Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Amtsberg, Luise BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16 .10 .2015 Becker, Dirk SPD 16 .10 .2015 Beckmeyer, Uwe SPD 16 .10 .2015 Crone, Petra SPD 16 .10 .2015 Drobinski-Weiß, Elvira SPD 16 .10 .2015 Ebner, Harald BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16 .10 .2015 Fabritius, Dr . Bernd CDU/CSU 16 .10 .2015 Feiler, Uwe CDU/CSU 16 .10 .2015 Finckh-Krämer, Dr . Ute SPD 16 .10 .2015 Gambke, Dr . Thomas BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16 .10 .2015 Gleicke, Iris SPD 16 .10 .2015 Gysi, Dr . Gregor DIE LINKE 16 .10 .2015 Hasselfeldt, Gerda CDU/CSU 16 .10 .2015 Henke, Rudolf CDU/CSU 16 .10 .2015 Heveling , Ansgar CDU/CSU 16 .10 .2015 Höger, Inge DIE LINKE 16 .10 .2015 Irlstorfer, Erich CDU/CSU 16 .10 .2015 Kauder, Volker CDU/CSU 16 .10 .2015 Kolbe, Daniela SPD 16 .10 .2015 Kretschmer, Michael CDU/CSU 16 .10 .2015 Launert, Dr . Silke CDU/CSU 16 .10 .2015 Ludwig, Daniela CDU/CSU 16 .10 .2015 Mast, Katja SPD 16 .10 .2015 Middelberg, Dr . Mathias CDU/CSU 16 .10 .2015 Mihalic, Irene BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16 .10 .2015 Nietan, Dietmar SPD 16 .10 .2015 Nord, Thomas DIE LINKE 16 .10 .2015 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Pfeiffer, Sibylle CDU/CSU 16 .10 .2015 Pilger, Detlev SPD 16 .10 .2015 Schlecht, Michael DIE LINKE 16 .10 .2015 Steinbach, Erika CDU/CSU 16 .10 .2015 Strässer, Christoph SPD 16 .10 .2015 Straubinger, Max CDU/CSU 16 .10 .2015 Tressel, Markus BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16 .10 .2015 Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16 .10 .2015 Ulrich, Alexander DIE LINKE 16 .10 .2015 Wagner, Doris BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16 .10 .2015 Walter-Rosenheimer, Beate BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16 .10 .2015 Weinberg, Harald DIE LINKE 16 .10 .2015 Weiß (Emmendingen), Peter CDU/CSU 16 .10 .2015 Werner, Katrin DIE LINKE 16 .10 .2015 Wicklein, Andrea SPD 16 .10 .2015 Wolff (Wolmirstedt), Waltraud SPD 16 .10 .2015 Zdebel, Hubertus DIE LINKE 16 .10 .2015 Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Thomas Jurk, Detlef Müller (Chemnitz), Dr. Simone Raatz und Susann Rüthrich (alle SPD) zu der namentlichen Abstim- mung über den von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Speicherpflicht und Höchst- speicherfrist für Verkehrsdaten (Zusatztagesord- nungspunkt 5 a) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 131 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 16 . Oktober 201512824 (A) (C) (B) (D) In den Verhandlungen mit dem Koalitionspartner ist unserem Justizminister Heiko Maas mit der deutlichen Verkürzung der geplanten Speicherfristen ein beeindru- ckender Erfolg gelungen . Es wurde jedoch kein Kompro- miss erreicht, den wir nach bestem Wissen und Gewissen unterstützen könnten. Die Speicherpflicht stellt auch in der abgespeckten Form des aktuellen Gesetzesentwurfes einen massiven Eingriff in die Grundrechte dar . Die Bürgerinnen und Bürger müssen die Möglich- keit haben, unbeobachtet miteinander kommunizieren zu können . Die anlasslose Speicherung von IP-Adres- sen, Standortdaten und anderen Kommunikationsdaten gefährdet jedoch ihre Privatsphäre, ohne dabei geeignet zu sein, Verbrechen zu verhindern . Sie kann maximal im Nachhinein bei der Verfolgung der Täterinnen und Täter helfen . Bei der Strafverfolgung bringt diese Speicherung kaum messbare Vorteile im Vergleich zur konventionel- len Ermittlungsarbeit . Wir zweifeln stark daran, dass das allgemeine Wohlbefinden und das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung durch alltägliche Überwachung ver- bessert werden kann . Stattdessen sollten wir uns darum bemühen, die Bevölkerung vor dem Missbrauch ihrer Daten zu schützen . Doch Missbrauch kann nur völlig ausgeschlossen werden, wenn erst gar keine Daten ge- sammelt und gespeichert werden . Für uns stellt die Einführung der Speicherpflicht einen Paradigmenwechsel dar . Wir befürchten, dass wir damit eine Entwicklung starten, die zukünftig eher Debatten über die Verlängerung der Höchstspeicherfristen statt über die Abschaffung der Datenspeicherung bei ausblei- bendem Erfolg zulässt . Zu dieser Entwicklung möchten wir keinen Beitrag leisten . Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Lothar Binding (Heidelberg) und Svenja Stadler (beide SPD) zu der namentli- chen Abstimmung über den von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurf ei- nes Gesetzes zur Einführung einer Speicherpflicht und Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten (Zu- satztagesordnungspunkt 5 a) In der SPD spielen die Grundwerte Freiheit, Gerech- tigkeit und Solidarität eine außerordentlich wichtige Rol- le . Sie sind Maßstab für die Kultur einer Gesellschaft . In der Vergangenheit sind vielen Kolleginnen und Kollegen die Abstimmungen über die VDS schwergefal- len . Denn trotz verschiedener rechtlicher Restriktionen, insbesondere der EU-Richtlinien, und dem Druck vieler Bürgerinnen und Bürger, wenigstens „Waffengleichheit“ zwischen Kriminellen (Terroristen) und den Strafverfol- gungsbehörden herzustellen, sind unsere Grundwerte da- von unbenommen . Die Mitgliedstaaten in Europa wollten mehrheitlich Speicherfristen von zwei Jahren . Die ehemalige Bundes- justizministerin Brigitte Zypries (SPD) hatte – gegen har- ten Widerstand – eine Speicherfrist von maximal sechs Monaten in die Richtlinie verhandelt . Das war unser Stolz – aber ärgerlich gleichwohl . Ein prima Verhand- lungsergebnis – aber unbefriedigend . Inzwischen haben sich diese Randbedingungen glück- licherweise deutlich verändert – zum Vorteil der Freiheit . Im Koalitionsvertrag steht zwar zur Vorratsdatenspei- cherung noch: „Wir werden die EU-Richtlinie über den Abruf und die Nutzung von Telekommunikationsver- bindungsdaten umsetzen . Dadurch vermeiden wir die Verhängung von Zwangsgeldern durch den EuGH . Da- bei soll ein Zugriff auf die gespeicherten Daten nur bei schweren Straftaten und nach Genehmigung durch einen Richter sowie zur Abwehr akuter Gefahren für Leib und Leben erfolgen . Die Speicherung der deutschen Tele- kommunikationsverbindungsdaten, die abgerufen und genutzt werden sollen, haben die Telekommunikations- unternehmen auf Servern in Deutschland vorzunehmen . Auf EU-Ebene werden wir auf eine Verkürzung der Spei- cherfrist auf drei Monate hinwirken .“ Und zu digitaler Sicherheit und Datenschutz: „Ziel der Koalition ist es, die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit auch in der digitalen Welt zu schaffen und zu bewahren .“ Aber inzwischen hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 8 . April 2014 die bestehende EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung für rechtswidrig erklärt . Sie ist mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Uni- on nicht vereinbar . Die Speicherung von Kommunikati- onsdaten ohne Verdacht auf Straftaten ist danach nicht zulässig . Die Richter begründen ihre Entscheidung damit, dass die Regelung „einen Eingriff von großem Ausmaß und besonderer Schwere in die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und auf den Schutz personenbezogener Daten, der sich nicht auf das absolut Notwendige be- schränkt“, enthalte . Damit ist dem Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD hinsichtlich der Vorratsdatenspeicherung die Ge- schäftsgrundlage genommen und Deutschland nicht mehr zu einer Umsetzung der EU-Richtlinie verpflichtet. Bisher war dies ein großes Handicap, denn die Ableh- nung der Vorratsdatenspeicherung war eine Verletzung einer EU-Richtlinie, außerdem drohte die Zahlung von Zwangsgeldern . Das hat im Bundestag zu schwierigsten Abwägungen und teilweise in sich widersprüchlichen Positionen geführt, führen müssen, denn entweder ver- stieß man gegen eine EU-Richtlinie oder gegen seine Überzeugung, dass Vorratsdatenspeicherung weder mit EU-Recht noch mit der Verfassung vereinbar ist . Des- halb sind wir sehr froh über die Entscheidung des Euro- päischen Gerichtshofs zur Vorratsdatenspeicherung, ein Urteil, das sich in die Grundbewertung des Bundesver- fassungsgerichts und dessen Urteil sehr gut einfügt . Während die Richtlinie zur Vorratsspeicherung von Daten Telekommunikationsbetreibern und Internetanbie- tern zwingend vorschrieb, Verbindungs- und Standortda- ten für die Strafverfolgung zu speichern, und Deutsch- land die Richtlinie mit Wirkung ab 2008 umsetzte, hob das Bundesverfassungsgericht die deutschen Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung schon im Jahr 2010 auf, Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 131 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 16 . Oktober 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 131 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 16 . Oktober 2015 12825 (A) (C) (B) (D) weil sie unverhältnismäßig tief in die Grundrechte ein- griffen . Das Bundesverfassungsgericht führt aus: „[Es] handelt … sich bei einer solchen Speicherung um einen besonders schweren Eingriff mit einer Streu- breite, wie sie die Rechtsordnung bisher nicht kennt: Erfasst werden über den gesamten Zeitraum von sechs Monaten praktisch sämtliche Telekommunikationsver- kehrsdaten aller Bürger ohne Anknüpfung an ein zure- chenbar vorwerfbares Verhalten, eine – auch nur abstrak- te – Gefährlichkeit oder sonst eine qualifizierte Situation. Die Speicherung bezieht sich dabei auf Alltagshandeln, das im täglichen Miteinander elementar und für die Teil- nahme am sozialen Leben in der modernen Welt nicht mehr verzichtbar ist .“ „[Es] lassen sich schon aus den Daten selbst – und erst recht, wenn diese als Anknüpfungspunkte für wei- tere Ermittlungen dienen – tiefe Einblicke in das sozia- le Umfeld und die individuellen Aktivitäten eines jeden Bürgers gewinnen . … aus diesen Daten lassen sich … bei umfassender und automatisierter Auswertung bis in die Intimsphäre hineinreichende inhaltliche Rückschlüs- se ziehen . [Sie lassen] in ihrer Kombination detaillierte Aussagen zu gesellschaftlichen oder politischen Zuge- hörigkeiten sowie persönlichen Vorlieben, Neigungen und Schwächen derjenigen [zu], deren Verbindungsdaten ausgewertet werden .“ „… die anlasslose Speicherung von Telekommunika- tionsverkehrsdaten [ist] geeignet, ein diffus bedrohliches Gefühl des Beobachtetseins hervorzurufen, das eine un- befangene Wahrnehmung der Grundrechte in vielen Be- reichen beeinträchtigen kann .“ (BVerfG, Urt . v . 2 . März 2010–1 BvR 256/08, Rn . 210, 211, 212) So weit das Bundesverfassungsgericht (BverfG) Im politischen Raum fällt es offensichtlich schwer, die Urteile und deren Begründungen mit der gebotenen Vorsicht zu lesen . So sieht Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) in Mindestspeicherfristen alias Vor- ratsdatenspeicherung noch immer ein wichtiges Mittel für die Aufklärung schwerer Straftaten: „Auch wenn die Richtlinie selbst nun aufgehoben wurde, hat die Entschei- dung aber Gewissheit gebracht, dass das Instrument der Vorratsdatenspeicherung sowohl verfassungsrechtlich als auch europarechtlich zulässig ist .“ Und weiter: „Da wir dieses Instrument dringend zur Aufklärung schwerer Straftaten sowie zur Abwehr akuter Gefahren für Leib und Leben benötigen, dränge ich rasch auf eine kluge, verfassungsgemäße und mehrheitsfähige Neuregelung .“ Das sehen wir anders . Mit Blick auf die Arbeitsergebnisse im Zusammen- hang mit den NSU-Morden, aber auch mit Blick auf die Arbeit des BND, der allem Anschein nach fremden Ge- heimdiensten geholfen hat, Bürgerinnen und Bürger so- wie deutsche und europäische Unternehmen – wer wollte wissen, wen außerdem noch – auszuspionieren, scheint der Bundesinnenminister hier eine gewagte Idee zu ver- folgen . Außerdem hat das Bundesverfassungsgericht ja gerade auch zu diesem Sachverhalt erklärt, warum „Die bloße Möglichkeit, dass Daten zu Zwecken der Strafver- folgung oder der Gefahrenabwehr benötigt werden könn- ten“, den Eingriff nicht rechtfertigt . Neben de Maizière wird der fachliche Bedarf der Vor- ratsdatenspeicherung auch von der Innenministerkonfe- renz der Länder und sogar vom Deutschen Richterbund als „unerlässliches Instrument gegen die Verbrechens- bekämpfung“ gefordert . Das wurde bisher nicht bewie- sen, ist aber verständlich, denn es ist viel leichter, sich ein neues Werkzeug zu kaufen, als die vorhandenen zu schärfen . In der Großen Koalition ist es ein Meisterstück von Bundesjustizminister Heiko Maas, nun zehn bzw . vier Wochen Speicherfrist rausverhandelt zu haben . Bundes- innenminister, Polizei und Diensten ist das zu wenig, ob- wohl Ermittler auch heute schon auf gespeicherte Daten der Telekommunikationsbetreiber zugreifen können – Funkzellenabfrage . Berücksichtigen wir diese Gemengelage, wird deut- lich, wie groß der Verhandlungserfolg von Heiko Maas ist . Der Verhandlungserfolg ist maximal . Leider ist aber das mit der CDU/CSU maximal Mögliche nicht das Op- timale für unsere Gesellschaft . Exkurs: Aber es wäre ja auch merkwürdig, wenn sich Wahlergebnisse nicht in der konkreten Politik, also der Gesetzgebung, wiederfinden würden, und bei der letzten Bundestagswahl wurden CDU und CSU mehrheitlich gewählt . Solche Wahlen entscheiden auch über die ge- sellschaftliche Lage auf einer Skala zwischen Polizei- staat und freiheitlicher Demokratie . Mehr Thomas de Maizière oder mehr Heiko Maas? Am 15 . April 2015 hat Heiko Maas Leitlinien vorge- legt, die eine eng begrenzte Pflicht für alle Telekommuni- kationsanbieter zur Speicherung von wenigen, genau be- zeichneten Verkehrsdaten unter Ausnahme von Diensten der elektronischen Post – also E-Mail – enthalten . Oberste Richtschnur aller Regelungen sind dabei die strengen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes und des Europäischen Gerichtshofes . Die genannten Leitlini- en sind viel restriktiver als das vom Bundesverfassungs- gericht aufgehobene, ehemalige Gesetz zur Vorratsda- tenspeicherung, viel restriktiver als die aufgehobene europäische Richtlinie und auch viel restriktiver, als es CDU und CSU wollen . Es müssen nur genau bezeichnete Telekommunikati- onsdaten gespeichert werden . Dazu zählen Rufnummer, Beginn und Ende des Telefonats sowie im Fall von Inter- net-Telefondiensten auch die IP-Adressen . Diese Daten sollen zehn Wochen gespeichert werden . Eine Speicherfrist von vier Wochen gilt für die Be- zeichnung der Funkzellen, die durch den anrufenden und den angerufenen Anschluss bei Beginn der Verbindung genutzt werden . Diese kurze vierwöchige Speicherfrist ist vorgesehen, weil verhindert werden soll, dass mittels dieser Daten Bewegungs- und Persönlichkeitsprofile er- stellt werden können . Zusätzlich muss im richterlichen Anordnungsbe- schluss einzelfallbezogen begründet werden, warum der Abruf von Funkzellendaten erforderlich und angemessen Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 131 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 16 . Oktober 201512826 (A) (C) (B) (D) ist . Anders als etwa in Frankreich dürfen Kommunikati- onsinhalte und aufgerufene Internetseiten nicht gespei- chert werden . Um die Grundrechte der Betroffenen auf Datenschutz und Schutz ihrer Privatsphäre zu wahren, ist der Da- tenabruf nur zur Verfolgung von schwersten Straftaten möglich . Daten von Berufsgeheimnisträgern wie Journa- listen, Anwälten oder Ärzten unterliegen einem Verwer- tungsverbot . Dies gilt auch bei Zufallsfunden . Wichtig ist, dass der Zugriff auf die gespeicherten Da- ten transparent und restriktiv geregelt ist: Es gibt einen strengen Richtervorbehalt, das heißt, nur auf richterli- chen Beschluss hin dürfen Ermittlungsbehörden die Da- ten abrufen, und es gibt keine Eilkompetenz der Staats- anwaltschaft oder der Polizei . Darüber hinaus müssen die Betroffenen grundsätzlich über jeden Abruf informiert werden . Nach Ablauf der Speicherfrist von zehn bzw . vier Wochen müssen die ge- speicherten Daten gelöscht werden . Verstöße gegen die Löschpflichten oder die Weitergabe von Daten haben strenge Sanktionen für die Dienstanbieter zur Folge . Um die Sicherheit der gespeicherten Daten zu ge- währleisten, werden die Dienstanbieter zudem verpflich- tet, die Daten zu schützen . Auch müssen die Server, auf denen die Daten gespeichert werden, innerhalb Deutsch- lands stehen . Wenn ein Dienstanbieter mit den gespei- cherten Daten Handel treibt und diese unbefugt an Dritte weitergibt, ist dies zukünftig eine Straftat nach dem neu zu schaffenden Tatbestand der Datenhehlerei . Die Leitlinien sind also eine gute Grundlage für die weitere Debatte und das anstehende parlamentarische Verfahren, und am Ende kann ein ausgewogener politi- scher Kompromiss stehen . Und: Deutschland hätte damit die strikteste Regelung zur Speicherung von Verkehrsda- ten in ganz Europa . Gleichwohl werden wir einem Gesetz, das anlasslose Vorratsdatenspeicherung – auch Mindestdatenspeiche- rung oder Mindest- bzw . Höchstspeicherfrist – von Kom- munikationsdaten erlaubt, nicht zustimmen . Unser Hauptargument findet sich in der Begründung der Beschwerdeführer, die gegen die Vorratsdatenspei- cherung vor das BVerfG gezogen sind: „Die Vorratsdatenspeicherung beeinträchtige die … Unbefangenheit der Kommunikation . Der Schutz der Menschenwürde verlange ein gewisses Maß an unbe- obachteter Kommunikation …“ In den USA sehen viele Menschen das Sammeln und Speichern von Daten als unproblematisch an, dort ist allein wichtig, was mit den Daten geschieht . Demgegenüber gibt es in Deutschland die Tendenz, die missbräuchliche Verwendung von Da- ten dadurch zu verhindern, dass Daten schon gar nicht gesammelt oder gespeichert werden . Insofern bereitet die Erlaubnis der Vorratsdatenspeicherung auch einen Kul- turwandel vor, dem wir nicht Vorschub leisten möchten . Die Ablehnung der Vorratsdatenspeicherung birgt na- türlich Risiken . Falls es zu terroristischen Anschlägen kommen sollte oder andere Gefahren nicht rechtzeitig erkannt würden, könnte stets der Vorwurf gemacht wer- den, mit der Vorratsdatenspeicherung hätte diese oder jene Gefahr abgewendet werden können . Aber erstens ist keinesfalls gesichert, dass Vorratsdatenspeicherung über- haupt der Gefahrenabwehr dienen kann, was der grausa- me Anschlag im Januar dieses Jahres in Frankreich zeigt . Zweitens würde das für unsere Gesellschaft bedeuten, dass das Wohlbefinden durch permanente Überwachung stärker bedroht wäre als durch terroristische Gefahren . Diese Terroristen hätten ihr Ziel erreicht: die Einschrän- kung unserer Freiheit durch Angst und permanente Über- wachung . Leider macht auch die Ablehnung der Vorratsdaten- speicherung nicht nur Freude . Wenn wir die Häme in so manchem Blog von Leuten lesen, die sich einem sensib- len Abwägungsprozess hinsichtlich der Vorratsdatenspei- cherung verschließen, erreichen uns ähnliche Bedenken, die uns den Überwachungsstaat ablehnen lassen . Noch verwunderter sind wir über Aktivisten im Web, die zwar Vorratsdatenspeicherung – und sei sie staatlich noch so gut reguliert – vehement ablehnen, aber keinen Schmerz damit haben, jede Menge persönlicher Daten bzw . Ver- haltensprofile in die Hände von privaten aus den USA gesteuerten Konzernen zu geben . Anlage 4 Erklärungen nach § 31 GO zu der namentlichen Abstimmung über den von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD einge- brachten Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Speicherpflicht und Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten (Zusatztagesordnungspunkt 5 a) Angelika Glöckner (SPD): Dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Einführung einer Speicher- pflicht und Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten am Freitag, 16 .10 .2015 stimme ich, nach Abwägung aller für mich relevanten Gesichtspunkte, nicht zu . Die Fraktionen von CDU/CSU und SPD haben sich im Koalitionsvertrag dazu verpflichtet, die europäische Datenschutzrichtlinie über den Abruf und die Nutzung von Telekommunikationsverbindungsdaten umzusetzen . Diese wurde jedoch durch den EuGH mit dem Urteil vom 8 . April 2014 wegen Verstoßes gegen die in Artikel 7 und 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerten Grundrechte für ungültig erklärt . Damit ist die im Koalitionsvertrag festgehaltene Verpflichtung einer nationalen Regelung zur Vorratsdatenspeicherung für mich obsolet . In dem nun vorliegenden Gesetzesent- wurf kann ich im Vergleich zur EU-Richtlinie zur Vor- ratsdatenspeicherung zudem keine grundsätzlichen Ver- besserungen in Bezug auf die Wahrung grundsätzlicher Rechte erkennen . Ohne Zweifel wurde es geschafft, den Gesetzesentwurf im Vergleich zur Europäischen Daten- schutzrichtlinie zu verbessern – das ist ein Verdienst der Sozialdemokratie, allen voran des Justizministers Heiko Maas –; dennoch sehe ich dieses Gesetz als grundlegen- den Eingriff in die Freiheitsrechte und die informationel- le Selbstbestimmung jedes einzelnen Bürgers . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 131 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 16 . Oktober 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 131 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 16 . Oktober 2015 12827 (A) (C) (B) (D) Wie leicht solche Zugriffsrechte missbraucht werden können, erlebten wir in den letzten Jahren mehrfach . Zu- dem fehlt für mich der Nachweis, dass durch eine Ver- schärfung eine tatsächlich effektivere Strafverfolgung – geschweige denn Strafvereitelung – erfolgen kann . Gerade die Fälle von Utøya, Paris und London zeigen, nach meiner Auffassung, dass Gefahren von Einzeltätern auch auf diese Weise nicht ausgeschlossen werden kön- nen . Die technische Umsetzbarkeit und die Nutzbarkeit von neuen Technologien stellt für mich kein Argument dar, grundlegende Freiheitsrechte einzuschränken und damit die Möglichkeit zu schaffen die gesamte Bevöl- kerung unter Generalverdacht zu stellen . Grundlegende Rechte dürfen meines Erachtens nach nicht aufgrund von unbestimmten Ängsten opfern – hier verbietet sich eine Abwägung von Freiheit und vermeintlicher Sicherheit . Aus diesem Grund lehne ich den Gesetzesentwurf ab . Sebastian Hartmann (SPD): An dem Gesetzentwurf zur Verkehrsdatenspeicherung ist im Vorfeld der heuti- gen Beschlussfassung deutliche Kritik geübt worden . Diese Kritik nehme ich ernst . Gleichwohl versichert die Bundesregierung, die Kritikpunkte des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts auf- genommen und rechtsförmlich im vorliegenden Gesetz so umgesetzt zu haben, dass es auch zukünftigen juristi- schen Überprüfungen standhält . Ich kann das bezweifeln, aber nicht widerlegen . Dem Gesetzentwurf stimme ich als Mitglied der Regierungs- koalition deshalb zu . Meine Skepsis bezüglich dieses Gesetzgebungsvorha- ben habe ich seit Vorlage des ersten Referentenentwurfs immer wieder geäußert . Auch vor dem Hintergrund der letzten Fassung, über die heute abgestimmt wird, bleibe ich skeptisch . Eine anlasslose, verdachtsunabhängige, massenhafte Speicherung von Verkehrsdaten ist ein Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung . Sie begegnet vor dem Hintergrund der Verhältnismäßigkeit erheblichen Bedenken . Diesen Bedenken versucht der Entwurf zu begegnen, indem er Kommunikationsmedien von der Speicherpflicht ausschließt, eine Höchstspeicher- frist vorsieht sowie den Zugriff auf die Daten durch die Ermittlungsbehörden an einen konkreten Verdacht und einen Richtervorbehalt koppelt . Zudem statuiert er eine Informationspflicht über die Abrufe. Diese Maßnahmen sowie die Aussicht auf eine gerichtliche Überprüfung geben für mich letztlich den Ausschlag, dem Votum der Fraktionsmehrheit zu folgen und dem Gesetzesentwurf trotz erheblicher Bedenken zustimmen zu können . Es wird vorgetragen, dass die Verkehrsdatenspeiche- rung ein ungeeignetes Instrument sei, um Schaden von der Gesellschaft abzuwenden . Sie ist demnach weder zur Prävention noch zur Strafverfolgung, weder bei der Beweissicherung noch ermittlungstaktisch brauchbar, nützlich oder gar unverzichtbar . Für behauptete Ermitt- lungserfolge aus Vorratsdatenspeicherungen ist jeder stichhaltige Praxisnachweis unterblieben . Um genau die- se Frage adäquat und klar nachvollziehbar aufklären zu können, haben wir eine umfangreiche Evaluierung des Gesetzes durchgesetzt . Ich werde auf diese Bewertung und Evaluierung streng achten und dringen, um die auf- geworfenen Zweifel auszuräumen . Ich erwarte, dass auf dieser gesetzlichen Grundlage zwischen den Telekommunikationsunternehmen und den Strafverfolgungsbehörden eine Praxis etabliert wird, die auf Basis der verfügbaren Daten und erweiterten Befug- nisse für den konkreten Ermittlungsfall effektiv vorgeht . Die verantwortlichen Stellen müssen die Sicherheit von solchen Daten vor Missbrauch und unbefugtem Zu- griff im Sinne der Datenschutzanforderungen gewähr- leisten, die das Bundesverfassungsgericht in seinem Ur- teil vom 2 . März 2010 gestellt hat . Aktuell verfügbare, asymmetrische Verschlüsselungsverfahren, wie sie die Bundesrichter für den gesamten Datenbestand aus Vor- ratsdatenspeicherung explizit forderten, sind für den Umgang mit den zu erwartenden Datenmengen sowohl bezüglich der Verarbeitungsgeschwindigkeit als auch Handhabbarkeit vermutlich untauglich . Dieses Problem muss im Vollzug des Gesetzes zwingend gelöst werden . Der Bundesnetzagentur fällt die Rolle zu, die tech- nischen Richtlinien zur Umsetzung des Gesetzes zu er- stellen . Die Aufgabe ist vor dem Hintergrund der Erwar- tungen der Strafverfolgungsbehörden, den tatsächlich umsetzbaren Maßnahmen und den technischen Rahmen- bedingungen bei den Providern eine hohe Hürde, auch in dem großzügig gesteckten Zeitraum eines ganzen Jahres nach Inkrafttreten des Gesetzes . Den Telekommunikationsunternehmen erwächst aus der Datensammlung und -speicherung eine Bürde, die sich immerhin beziffern lässt . Ob die Schätzungen mit 200 oder 600 Millionen Euro näher an der Wahrheit sind, kann ich nicht beurteilen . Klar ist, dass Aufwand und Nutzen stets im Verhältnis stehen müssen, das heißt, dass dieser Aufwand sich wenigstens lohnt . Dem Bundesjustizminister ist zu verdanken, dass eine Höchstspeicherfrist von zehn beziehungsweise vier Wo- chen als absolute Obergrenze festgelegt wird . Dies ist gegen die sehr viel weiter reichenden Forderungen der Strafverfolgungsbehörden und des Bundesinnenministe- riums durchgesetzt worden. Die Pflicht zur Löschung der Daten nach diesem kurzen Zeitraum, der Richtervorbe- halt für Zugriffe und die Informationspflicht über jeden Abruf sind wichtige Verschärfungen der bisherigen Re- gelungen, auch im internationalen Vergleich . Gabriele Hiller-Ohm (SPD): Ich lehne das Gesetz zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchst- speicherfrist für Verkehrsdaten ab . In der SPD spielen die Grundwerte Freiheit, Gerech- tigkeit und Solidarität eine außerordentlich wichtige Rol- le . Sie sind Maßstab für die Kultur einer Gesellschaft . In der Vergangenheit sind vielen Kolleginnen und Kollegen die Abstimmungen über die Vorratsdatenspei- cherung schwergefallen . Denn trotz verschiedener recht- licher Restriktionen, insbesondere der EU-Richtlinien, und dem Druck vieler Bürgerinnen und Bürger, wenigs- tens „Waffengleichheit“ zwischen Kriminellen (Terro- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 131 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 16 . Oktober 201512828 (A) (C) (B) (D) risten) und den Strafverfolgungsbehörden herzustellen, sind unsere Grundwerte davon unbenommen . Die Mitgliedstaaten in Europa wollten mehrheitlich Speicherfristen von zwei Jahren . Der ehemaligen Bun- desjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) war es dabei zumindest gelungen, gegen harten Widerstand eine Spei- cherfrist von maximal sechs Monaten in die Richtlinie zu verhandeln . Inzwischen haben sich diese Randbedingungen glück- licherweise deutlich verändert – zum Vorteil der Freiheit . Im Koalitionsvertrag steht zwar zur Vorratsdatenspei- cherung noch: „Wir werden die EU-Richtlinie über den Abruf und die Nutzung von Telekommunikationsver- bindungsdaten umsetzen . Dadurch vermeiden wir die Verhängung von Zwangsgeldern durch den EuGH . Da- bei soll ein Zugriff auf die gespeicherten Daten nur bei schweren Straftaten und nach Genehmigung durch einen Richter sowie zur Abwehr akuter Gefahren für Leib und Leben erfolgen . Die Speicherung der deutschen Tele- kommunikationsverbindungsdaten, die abgerufen und genutzt werden sollen, haben die Telekommunikations- unternehmen auf Servern in Deutschland vorzunehmen . Auf EU-Ebene werden wir auf eine Verkürzung der Spei- cherfrist auf drei Monate hinwirken .“ Und zu digitaler Sicherheit und Datenschutz: „Ziel der Koalition ist es, die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit auch in der digitalen Welt zu schaffen und zu bewahren .“ Aber inzwischen hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 8 . April 2014 die bestehende EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung für rechtswidrig erklärt . Sie ist mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Uni- on nicht vereinbar . Die Speicherung von Kommunikati- onsdaten ohne Verdacht auf Straftaten ist danach nicht zulässig . Die Richter begründen ihre Entscheidung damit, dass die Regelung „einen Eingriff von großem Ausmaß und besonderer Schwere in die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und auf den Schutz personenbezogener Daten, der sich nicht auf das absolut Notwendige be- schränkt“, enthalte . Damit ist dem Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD hinsichtlich der Vorratsdatenspeicherung die Ge- schäftsgrundlage genommen und Deutschland nicht mehr zu einer Umsetzung der EU-Richtlinie verpflichtet. Bisher war dies ein großes Handicap, denn die Ableh- nung der Vorratsdatenspeicherung war eine Verletzung einer EU-Richtlinie, außerdem drohte die Zahlung von Zwangsgeldern . Das hat im Bundestag zu schwierigsten Abwägungen und teilweise in sich widersprüchlichen Positionen geführt, führen müssen, denn entweder ver- stieß man gegen eine EU-Richtlinie oder gegen seine Überzeugung, dass Vorratsdatenspeicherung weder mit EU-Recht noch mit der Verfassung vereinbar ist . Deshalb bin ich sehr froh über die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zur Vorratsdatenspeicherung, ein Urteil, das sich in die Grundbewertung des Bundesverfassungsge- richts und dessen Urteil sehr gut einfügt . Während die Richtlinie zur Vorratsspeicherung von Daten Telekommunikationsbetreibern und Internetanbie- tern zwingend vorschrieb, Verbindungs- und Standortda- ten für die Strafverfolgung zu speichern, und Deutsch- land die Richtlinie mit Wirkung ab 2008 umsetzte, hob das Bundesverfassungsgericht die deutschen Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung schon im Jahr 2010 auf, weil sie unverhältnismäßig tief in die Grundrechte ein- griffen . Das Bundesverfassungsgericht führt aus: „[Es] handelt … sich bei einer solchen Speicherung um einen besonders schweren Eingriff mit einer Streu- breite, wie sie die Rechtsordnung bisher nicht kennt: Erfasst werden über den gesamten Zeitraum von sechs Monaten praktisch sämtliche Telekommunikationsver- kehrsdaten aller Bürger ohne Anknüpfung an ein zure- chenbar vorwerfbares Verhalten, eine – auch nur abstrak- te – Gefährlichkeit oder sonst eine qualifizierte Situation. Die Speicherung bezieht sich dabei auf Alltagshandeln, das im täglichen Miteinander elementar und für die Teil- nahme am sozialen Leben in der modernen Welt nicht mehr verzichtbar ist .“ „[Es] lassen sich schon aus den Daten selbst – und erst recht, wenn diese als Anknüpfungspunkte für weitere Ermittlungen dienen – tiefe Einblicke in das soziale Umfeld und die individuellen Aktivitäten eines jeden Bürgers gewinnen . … aus diesen Daten lassen sich … bei umfassender und automatisierter Auswertung bis in die Intimsphäre hineinreichende inhaltliche Rückschlüs- se ziehen . [Sie lassen] in ihrer Kombination detaillierte Aussagen zu gesellschaftlichen oder politischen Zuge- hörigkeiten sowie persönlichen Vorlieben, Neigungen und Schwächen derjenigen [zu], deren Verbindungsdaten ausgewertet werden .“ „… die anlasslose Speicherung von Telekommuni- kationsverkehrsdaten [ist] geeignet, ein diffus bedroh- liches Gefühl des Beobachtetseins hervorzurufen, das eine unbefangene Wahrnehmung der Grundrechte in vielen Bereichen beeinträchtigen kann .“ (BVerfG, Urt . v . 2 . März 2010–1 BvR 256/08, Rn . 210, 211, 212) Im politischen Raum fällt es offensichtlich schwer, die Urteile und deren Begründungen mit der gebotenen Vorsicht zu lesen . So sieht Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) in Mindestspeicherfristen alias Vor- ratsdatenspeicherung noch immer ein wichtiges Mittel für die Aufklärung schwerer Straftaten: „Auch wenn die Richtlinie selbst nun aufgehoben wurde, hat die Entschei- dung aber Gewissheit gebracht, dass das Instrument der Vorratsdatenspeicherung sowohl verfassungsrechtlich als auch europarechtlich zulässig ist .“ Und weiter: „Da wir dieses Instrument dringend zur Aufklärung schwerer Straftaten sowie zur Abwehr akuter Gefahren für Leib und Leben benötigen, dränge ich rasch auf eine kluge, verfassungsgemäße und mehrheitsfähige Neuregelung .“ Das sehe ich anders . Mit Blick auf die Arbeitsergebnisse im Zusammen- hang mit den NSU-Morden, aber auch mit Blick auf die Arbeit des BND, der allem Anschein nach fremden Geheimdiensten geholfen hat, Bürgerinnen und Bürger sowie deutsche und europäische Unternehmen – wer Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 131 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 16 . Oktober 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 131 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 16 . Oktober 2015 12829 (A) (C) (B) (D) wollte wissen, wen außerdem noch – auszuspionieren, scheint der Bundesinnenminister hier eine gewagte Idee zu verfolgen . Außerdem hat das Bundesverfassungsge- richt ja gerade auch zu diesem Sachverhalt erklärt, war- um „Die bloße Möglichkeit, dass Daten zu Zwecken der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr benötigt wer- den könnten …“, den Eingriff nicht rechtfertigt . Neben de Maizière wird der fachliche Bedarf der Vor- ratsdatenspeicherung auch von der Innenministerkonfe- renz der Länder und sogar vom Deutschen Richterbund als „unerlässliches Instrument gegen die Verbrechens- bekämpfung“ gefordert . Das wurde bisher nicht bewie- sen, ist aber verständlich, denn es ist viel leichter, sich ein neues Werkzeug zu kaufen, als die vorhandenen zu schärfen . In der Großen Koalition ist es Bundesjustizminister Heiko Maas gelungen, geringere Speicherfristen von zehn bzw . vier Wochen in das Gesetz zu verhandeln . Bundesinnenminister, Polizei und Diensten ist das zu we- nig, obwohl Ermittler auch heute schon auf gespeicherte Daten der Telekommunikationsbetreiber zugreifen kön- nen – Funkzellenabfrage . Berücksichtigen wir diese Gemengelage, wird deut- lich, wie groß der Verhandlungserfolg von Heiko Maas ist . Der Verhandlungserfolg ist maximal . Leider ist aber das mit der CDU/CSU maximal Mögliche nicht das Op- timale für unsere Gesellschaft . Exkurs: Aber es wäre ja auch merkwürdig, wenn sich Wahlergebnisse nicht in der konkreten Politik, also der Gesetzgebung, wiederfinden würden, und bei der letzten Bundestagswahl wurden CDU und CSU mehrheitlich gewählt . Solche Wahlen entscheiden auch über die ge- sellschaftliche Lage auf einer Skala zwischen Polizei- staat und freiheitlicher Demokratie . Mehr Thomas de Maizière oder mehr Heiko Maas? Am 15 . April 2015 hat Heiko Maas Leitlinien vorge- legt, die eine eng begrenzte Pflicht für alle Telekommuni- kationsanbieter zur Speicherung von wenigen, genau be- zeichneten Verkehrsdaten unter Ausnahme von Diensten der elektronischen Post – also E-Mail – enthalten . Oberste Richtschnur aller Regelungen sind dabei die strengen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes und des Europäischen Gerichtshofes . Die genannten Leitlini- en sind viel restriktiver als das vom Bundesverfassungs- gericht aufgehobene, ehemalige Gesetz zur Vorratsda- tenspeicherung, viel restriktiver als die aufgehobene europäische Richtlinie und auch viel restriktiver, als es CDU und CSU wollen . Es müssen nur genau bezeichnete Telekommunikati- onsdaten gespeichert werden . Dazu zählen Rufnummer, Beginn und Ende des Telefonats sowie im Fall von Inter- net-Telefondiensten auch die IP-Adressen . Diese Daten sollen zehn Wochen gespeichert werden . Eine Speicherfrist von vier Wochen gilt für die Be- zeichnung der Funkzellen, die durch den anrufenden und den angerufenen Anschluss bei Beginn der Verbindung genutzt werden . Diese kurze vierwöchige Speicherfrist ist vorgesehen, weil verhindert werden soll, dass mittels dieser Daten Bewegungs- und Persönlichkeitsprofile er- stellt werden können . Zusätzlich muss im richterlichen Anordnungsbe- schluss einzelfallbezogen begründet werden, warum der Abruf von Funkzellendaten erforderlich und angemessen ist . Anders als etwa in Frankreich dürfen Kommunikati- onsinhalte und aufgerufene Internetseiten nicht gespei- chert werden . Um die Grundrechte der Betroffenen auf Datenschutz und Schutz ihrer Privatsphäre zu wahren, ist der Da- tenabruf nur zur Verfolgung von schwersten Straftaten möglich . Daten von Berufsgeheimnisträgern wie Journa- listen, Anwälten oder Ärzten unterliegen einem Verwer- tungsverbot . Dies gilt auch bei Zufallsfunden . Wichtig ist, dass der Zugriff auf die gespeicherten Da- ten transparent und restriktiv geregelt ist: Es gibt einen strengen Richtervorbehalt, das heißt, nur auf richterli- chen Beschluss hin dürfen Ermittlungsbehörden die Da- ten abrufen, und es gibt keine Eilkompetenz der Staats- anwaltschaft oder der Polizei . Darüber hinaus müssen die Betroffenen grundsätzlich über jeden Abruf informiert werden . Nach Ablauf der Speicherfrist von zehn bzw . vier Wochen müssen die ge- speicherten Daten gelöscht werden . Verstöße gegen die Löschpflichten oder die Weitergabe von Daten haben strenge Sanktionen für die Dienstanbieter zur Folge . Um die Sicherheit der gespeicherten Daten zu ge- währleisten, werden die Dienstanbieter zudem verpflich- tet, die Daten zu schützen . Auch müssen die Server, auf denen die Daten gespeichert werden, innerhalb Deutsch- lands stehen . Wenn ein Dienstanbieter mit den gespei- cherten Daten Handel treibt und diese unbefugt an Dritte weitergibt, ist dies zukünftig eine Straftat nach dem neu zu schaffenden Tatbestand der Datenhehlerei . Die Leitlinien sind also eine gute Grundlage für die weitere Debatte und das anstehende parlamentarische Verfahren, und am Ende kann ein ausgewogener politi- scher Kompromiss stehen . Und: Deutschland hätte damit die strikteste Regelung zur Speicherung von Verkehrsda- ten in ganz Europa . Gleichwohl werde ich einem Gesetz, das anlasslose Vorratsdatenspeicherung – auch Mindestdatenspeiche- rung oder Mindest- bzw . Höchstspeicherfrist – von Kom- munikationsdaten erlaubt, nicht zustimmen . Mein Hauptargument findet sich in der Begründung der Beschwerdeführer, die gegen die Vorratsdatenspei- cherung vor das Bundesverfassungsgericht gezogen sind: „Die Vorratsdatenspeicherung beeinträchtige die … Unbefangenheit der Kommunikation . Der Schutz der Menschenwürde verlange ein gewisses Maß an unbeob- achteter Kommunikation …“ . In den USA sehen viele Menschen das Sammeln und Speichern von Daten als unproblematisch an, dort ist allein wichtig, was mit den Daten geschieht . Demgegenüber gibt es in Deutschland die Tendenz, die missbräuchliche Verwendung von Da- ten dadurch zu verhindern, dass Daten schon gar nicht gesammelt oder gespeichert werden . Insofern bereitet die Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 131 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 16 . Oktober 201512830 (A) (C) (B) (D) Erlaubnis der Vorratsdatenspeicherung auch einen Kul- turwandel vor, dem ich nicht Vorschub leisten möchte . Die Ablehnung der Vorratsdatenspeicherung birgt na- türlich Risiken . Falls es zu terroristischen Anschlägen kommen sollte oder andere Gefahren nicht rechtzeitig erkannt würden, könnte stets der Vorwurf gemacht wer- den, mit der Vorratsdatenspeicherung hätte diese oder jene Gefahr abgewendet werden können . Aber erstens ist keinesfalls gesichert, dass Vorratsdatenspeicherung über- haupt der Gefahrenabwehr dienen kann, was der grausa- me Anschlag im Januar dieses Jahres in Frankreich zeigt . Zweitens würde das für unsere Gesellschaft bedeuten, dass das Wohlbefinden durch permanente Überwachung stärker bedroht wäre als durch terroristische Gefahren . Diese Terroristen hätten ihr Ziel erreicht: Die Einschrän- kung unserer Freiheit durch Angst und permanente Über- wachung . Hilde Mattheis (SPD): Im Koalitionsvertrag haben sich CDU/CSU und SPD darauf verständig, die Vorrats- datenspeicherung in Deutschland nach Vorgabe durch europäisches Recht umzusetzen . Aber inzwischen hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 8 . April 2014 die bestehende EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung für rechtswidrig erklärt . Sie ist mit der Charta der Grund- rechte der Europäischen Union nicht vereinbar . Die Spei- cherung von Kommunikationsdaten ohne Verdacht auf Straftaten ist danach nicht zulässig . Die Richter begrün- den ihre Entscheidung damit, dass die Regelung „einen Eingriff von großem Ausmaß und besonderer Schwere in die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und auf den Schutz personenbezogener Daten, der sich nicht auf das absolut Notwendige beschränkt“, enthalte . Damit ist dem Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD hinsichtlich der Vorratsdatenspeicherung die Ge- schäftsgrundlage genommen und Deutschland nicht mehr zu einer Umsetzung der EU-Richtlinie verpflichtet. Es besteht also keine rechtliche Notwendigkeit aufseiten der EU, dieses Instrument einzuführen . Im Gegenteil: Auch das höchste europäische Gericht hat festgestellt, dass die VDS nicht mit den Grundrechten vereinbar ist . Ähnliches hat bereits das Bundesverfassungsgericht 2010 zur damaligen nationalen Regelung zur Vorratsda- tenspeicherung geurteilt . Das Gericht hob die deutschen Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung auf, weil sie unverhältnismäßig tief in die Grundrechte eingriffen . Trotz dieses Urteils hält Bundesinnenminister de Maizière an der Vorratsdatenspeicherung fest . Er meint, dass dieses Instrument „zur Aufklärung schwerer Straftaten sowie zur Abwehr akuter Gefahren für Leib und Leben“ benötigt wird . Diese These konnte fachlich nie bestätigt werden . In- folge des Verfassungsgerichtsentscheides 2010 kamen sowohl der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages als auch andere namhafte Einrichtungen zu dem Schluss, dass das Instrument nicht dazu beiträgt, die Aufklärungs- quote von Straftaten signifikant zu erhöhen. Es ist somit unverständlich, warum nun wieder ein Instrument einge- führt soll, um erneut wissenschaftlich festzustellen, dass es überflüssig ist. Die von der SPD herausgehandelten Verbesserun- gen – wie die Reduzierung der Speicherfrist – sind nur ein schwacher Trost und ändern nichts am grundsätzli- chen Problem: Die Vorratsdatenspeicherung verkehrt die Unschuldsvermutung ins Gegenteil: Alle Bürgerin- nen und Bürger werden ohne Anlass überwacht, da ihre Kommunikationsdaten gespeichert und, bei Bedarf, ab- gerufen werden . Dieses Prinzip birgt das massive Risiko eines Missbrauchs der in großem Umfang gespeicherten Daten . Es ist daher nicht nachzuvollziehen, warum wir die Vorratsdatenspeicherung brauchen . Sie kann nicht gesi- chert helfen, schweren Straftaten vorzubeugen oder bei deren Aufklärung zu helfen . Das belegt der grausame Anschlag in Frankreich im Januar 2015 . Die Vorratsda- tenspeicherung bringt kaum mehr Sicherheit, aber defi- nitiv weniger Freiheit für den Einzelnen, der in seiner Menschenwürde eingeschränkt wird . Zu dieser gehört nämlich auch ein gewisses Maß an unbeobachteter Kom- munikation, wie das Bundesverfassungsgericht festge- stellt hat . Aus diesem Grund lehne ich die Vorratsdatenspeiche- rung und damit auch den vorliegenden Gesetzesentwurf ab . Bettina Müller (SPD): In der SPD spielen die Grund- werte Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität eine außer- ordentlich wichtige Rolle . Sie sind Maßstab für die Kul- tur einer Gesellschaft . In der Vergangenheit sind vielen Kolleginnen und Kollegen die Abstimmungen über die VDS schwergefal- len . Denn trotz verschiedener rechtlicher Restriktionen, insbesondere der EU-Richtlinien, und dem Druck vieler Bürgerinnen und Bürger, wenigstens „Waffengleichheit“ zwischen Kriminellen (Terroristen) und den Strafverfol- gungsbehörden herzustellen, sind unsere Grundwerte da- von unbenommen . Die Mitgliedstaaten in Europa wollten mehrheitlich Speicherfristen von zwei Jahren . Die ehemalige Bun- desjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) hatte – ge- gen harten Widerstand – eine Speicherfrist von maximal sechs Monaten in die Richtlinie verhandelt . Das war un- ser Stolz – aber ärgerlich gleichwohl . Ein prima Verhand- lungsergebnis – aber unbefriedigend . Inzwischen haben sich diese Randbedingungen glück- licherweise deutlich verändert – zum Vorteil der Freiheit . Im Koalitionsvertrag steht zwar zur Vorratsdatenspei- cherung noch: „Wir werden die EU-Richtlinie über den Abruf und die Nutzung von Telekommunikationsver- bindungsdaten umsetzen . Dadurch vermeiden wir die Verhängung von Zwangsgeldern durch den EuGH . Da- bei soll ein Zugriff auf die gespeicherten Daten nur bei schweren Straftaten und nach Genehmigung durch einen Richter sowie zur Abwehr akuter Gefahren für Leib und Leben erfolgen . Die Speicherung der deutschen Tele- kommunikationsverbindungsdaten, die abgerufen und genutzt werden sollen, haben die Telekommunikations- unternehmen auf Servern in Deutschland vorzunehmen . Auf EU-Ebene werden wir auf eine Verkürzung der Spei- cherfrist auf drei Monate hinwirken .“ Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 131 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 16 . Oktober 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 131 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 16 . Oktober 2015 12831 (A) (C) (B) (D) Und zu digitaler Sicherheit und Datenschutz: „Ziel der Koalition ist es, die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit auch in der digitalen Welt zu schaffen und zu bewahren .“ Aber inzwischen hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 8 . April 2014 die bestehende EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung für rechtswidrig erklärt . Sie ist mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Uni- on nicht vereinbar . Die Speicherung von Kommunikati- onsdaten ohne Verdacht auf Straftaten ist danach nicht zulässig . Die Richter begründen ihre Entscheidung damit, dass die Regelung „einen Eingriff von großem Ausmaß und besonderer Schwere in die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und auf den Schutz personenbezogener Daten, der sich nicht auf das absolut Notwendige be- schränkt“, enthalte . Damit ist dem Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD hinsichtlich der Vorratsdatenspeicherung die Ge- schäftsgrundlage genommen und Deutschland nicht mehr zu einer Umsetzung der EU-Richtlinie verpflichtet. Bisher war dies ein großes Handicap, denn die Ableh- nung der Vorratsdatenspeicherung war eine Verletzung einer EU-Richtlinie, außerdem drohte die Zahlung von Zwangsgeldern . Das hat im Bundestag zu schwierigsten Abwägungen und teilweise in sich widersprüchlichen Positionen geführt, führen müssen, denn entweder ver- stieß man gegen eine EU-Richtlinie oder gegen seine Überzeugung, dass Vorratsdatenspeicherung weder mit EU-Recht noch mit der Verfassung vereinbar ist . Deshalb bin ich sehr froh über die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zur Vorratsdatenspeicherung, ein Urteil, das sich in die Grundbewertung des Bundesverfassungsge- richts und dessen Urteil sehr gut einfügt . Während die Richtlinie zur Vorratsspeicherung von Daten Telekommunikationsbetreibern und Internetanbie- tern zwingend vorschrieb, Verbindungs- und Standortda- ten für die Strafverfolgung zu speichern und Deutschland die Richtlinie mit Wirkung ab 2008 umsetzte, hob das Bundesverfassungsgericht die deutschen Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung schon im Jahr 2010 auf, weil sie unverhältnismäßig tief in die Grundrechte eingriffen . Das Bundesverfassungsgericht führt aus: „[Es] handelt … sich bei einer solchen Speicherung um einen besonders schweren Eingriff mit einer Streu- breite, wie sie die Rechtsordnung bisher nicht kennt: Erfasst werden über den gesamten Zeitraum von sechs Monaten praktisch sämtliche Telekommunikationsver- kehrsdaten aller Bürger ohne Anknüpfung an ein zure- chenbar vorwerfbares Verhalten, eine – auch nur abstrak- te – Gefährlichkeit oder sonst eine qualifizierte Situation. Die Speicherung bezieht sich dabei auf Alltagshandeln, das im täglichen Miteinander elementar und für die Teil- nahme am sozialen Leben in der modernen Welt nicht mehr verzichtbar ist .“ „[Es] lassen sich schon aus den Daten selbst – und erst recht, wenn diese als Anknüpfungspunkte für wei- tere Ermittlungen dienen – tiefe Einblicke in das sozia- le Umfeld und die individuellen Aktivitäten eines jeden Bürgers gewinnen . … aus diesen Daten lassen sich … bei umfassender und automatisierter Auswertung bis in die Intimsphäre hineinreichende inhaltliche Rückschlüs- se ziehen . [Sie lassen] in ihrer Kombination detaillierte Aussagen zu gesellschaftlichen oder politischen Zuge- hörigkeiten sowie persönlichen Vorlieben, Neigungen und Schwächen derjenigen [zu], deren Verbindungsdaten ausgewertet werden .“ „… die anlasslose Speicherung von Telekommuni- kationsverkehrsdaten [ist] geeignet, ein diffus bedroh- liches Gefühl des Beobachtetseins hervorzurufen, das eine unbefangene Wahrnehmung der Grundrechte in vielen Bereichen beeinträchtigen kann .“ (BVerfG, Urt . v . 2 . März 2010–1 BvR 256/08, Rn . 210, 211, 212) So weit das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) . Im politischen Raum fällt es offensichtlich schwer, die Urteile und deren Begründungen mit der gebotenen Vorsicht zu lesen . So sieht Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) in Mindestspeicherfristen alias Vor- ratsdatenspeicherung noch immer ein wichtiges Mittel für die Aufklärung schwerer Straftaten: „Auch wenn die Richtlinie selbst nun aufgehoben wurde, hat die Entschei- dung aber Gewissheit gebracht, dass das Instrument der Vorratsdatenspeicherung sowohl verfassungsrechtlich als auch europarechtlich zulässig ist .“ Und weiter: „Da wir dieses Instrument dringend zur Aufklärung schwerer Straftaten sowie zur Abwehr akuter Gefahren für Leib und Leben benötigen, dränge ich rasch auf eine kluge, verfassungsgemäße und mehrheitsfähige Neuregelung .“ Das sehe ich anders . Mit Blick auf die Arbeitsergebnisse im Zusammen- hang mit den NSU-Morden, aber auch mit Blick auf die Arbeit des BND, der allem Anschein nach fremden Ge- heimdiensten geholfen hat, Bürgerinnen und Bürger so- wie deutsche und europäische Unternehmen – wer wollte wissen, wen außerdem noch – auszuspionieren, scheint der Bundesinnenminister hier eine gewagte Idee zu ver- folgen . Außerdem hat das Bundesverfassungsgericht ja gerade auch zu diesem Sachverhalt erklärt, warum „Die bloße Möglichkeit, dass Daten zu Zwecken der Strafver- folgung oder der Gefahrenabwehr benötigt werden könn- ten“, den Eingriff nicht rechtfertigt . Neben de Maizière wird der fachliche Bedarf der Vor- ratsdatenspeicherung auch von der Innenministerkonfe- renz der Länder und sogar vom Deutschen Richterbund als „unerlässliches Instrument gegen die Verbrechens- bekämpfung“ gefordert . Das wurde bisher nicht bewie- sen, ist aber verständlich, denn es ist viel leichter, sich ein neues Werkzeug zu kaufen, als die vorhandenen zu schärfen . In der Großen Koalition ist es ein Meisterstück von Bundesjustizminister Heiko Maas, nun zehn bzw . vier Wochen Speicherfrist rausverhandelt zu haben . Bundes- innenminister, Polizei und Diensten ist das zu wenig, ob- wohl Ermittler auch heute schon auf gespeicherte Daten der Telekommunikationsbetreiber zugreifen können – Funkzellenabfrage . Berücksichtigen wir diese Gemengelage, wird deut- lich, wie groß der Verhandlungserfolg von Heiko Maas Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 131 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 16 . Oktober 201512832 (A) (C) (B) (D) ist . Der Verhandlungserfolg ist maximal . Leider ist aber das mit der CDU/CSU maximal Mögliche nicht das Op- timale für unsere Gesellschaft . Ich werde daher einem Gesetz, das anlasslose Vorrats- datenspeicherung – auch Mindestdatenspeicherung oder Mindest- bzw . Höchstspeicherfrist – von Kommunikati- onsdaten erlaubt, nicht zustimmen . Mein Hauptargument findet sich in der Begründung der Beschwerdeführer, die gegen die Vorratsdatenspei- cherung vor das BVerfG gezogen sind: „Die Vorratsdatenspeicherung beeinträchtige die … Unbefangenheit der Kommunikation . Der Schutz der Menschenwürde verlange ein gewisses Maß an unbeob- achteter Kommunikation …“ . In den USA sehen viele Menschen das Sammeln und Speichern von Daten als unproblematisch an, dort ist allein wichtig, was mit den Daten geschieht . Demgegenüber gibt es in Deutschland die Tendenz, die missbräuchliche Verwendung von Da- ten dadurch zu verhindern, dass Daten schon gar nicht gesammelt oder gespeichert werden . Insofern bereitet die Erlaubnis der Vorratsdatenspeicherung auch einen Kul- turwandel vor, dem ich nicht Vorschub leisten möchte . Die Ablehnung der Vorratsdatenspeicherung birgt na- türlich Risiken . Falls es zu terroristischen Anschlägen kommen sollte oder andere Gefahren nicht rechtzeitig erkannt würden, könnte stets der Vorwurf gemacht wer- den, mit der Vorratsdatenspeicherung hätte diese oder jene Gefahr abgewendet werden können . Aber erstens ist keinesfalls gesichert, dass Vorratsdatenspeicherung über- haupt der Gefahrenabwehr dienen kann, was der grausa- me Anschlag im Januar dieses Jahres in Frankreich zeigt . Zweitens würde das für unsere Gesellschaft bedeuten, dass das Wohlbefinden durch permanente Überwachung stärker bedroht wäre als durch terroristische Gefahren . Diese Terroristen hätten ihr Ziel erreicht: Die Einschrän- kung unserer Freiheit durch Angst und permanente Über- wachung . Markus Paschke (SPD): In der SPD spielen die Grundwerte Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität eine außerordentlich wichtige Rolle . Sie sind Maßstab für die Kultur einer Gesellschaft . Im Koalitionsvertrag steht zur Vorratsdatenspeiche- rung: „Wir werden die EU-Richtlinie über den Abruf und die Nutzung von Telekommunikationsverbindungsdaten umsetzen . Dadurch vermeiden wir die Verhängung von Zwangsgeldern durch den EuGH . Dabei soll ein Zugriff auf die gespeicherten Daten nur bei schweren Straftaten und nach Genehmigung durch einen Richter sowie zur Abwehr akuter Gefahren für Leib und Leben erfolgen . Die Speicherung der deutschen Telekommunikationsver- bindungsdaten, die abgerufen und genutzt werden sollen, haben die Telekommunikationsunternehmen auf Servern in Deutschland vorzunehmen . Auf EU-Ebene werden wir auf eine Verkürzung der Speicherfrist auf drei Monate hinwirken .“ Und zu digitaler Sicherheit und Datenschutz: „Ziel der Koalition ist es, die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit auch in der digitalen Welt zu schaffen und zu bewahren .“ Aber inzwischen hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 8 . April 2014 die bestehende EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung für rechtswidrig erklärt . Sie ist mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Uni- on nicht vereinbar . Die Speicherung von Kommunikati- onsdaten ohne Verdacht auf Straftaten ist danach nicht zulässig . Die Richter begründen ihre Entscheidung damit, dass die Regelung „einen Eingriff von großem Ausmaß und besonderer Schwere in die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und auf den Schutz personenbezogener Daten . der sich nicht auf das absolut Notwendige be- schränkt“, enthalte . Während die Europäische Richtlinie zur Vorratsspei- cherung von Daten Telekommunikationsbetreibern und Internetanbietern zwingend vorschrieb . Verbindungs- und Standortdaten für die Strafverfolgung zu speichern, und Deutschland die Richtlinie mit Wirkung ab 2008 umsetzte, hob das Bundesverfassungsgericht die deut- schen Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung schon im Jahr 2010 auf, weil sie unverhältnismäßig tief in die Grundrechte eingriffen . Das Bundesverfassungsgericht führt aus: „[Es] handelt . . . sich bei einer solchen Speicherung um einen besonders schweren Eingriff mit einer Streu- breite, wie sie die Rechtsordnung bisher nicht kennt: Erfasst werden über den gesamten Zeitraum von sechs Monaten praktisch sämtliche Telekommunikationsver- kehrsdaten aller Bürger ohne Anknüpfung an ein zure- chenbar vorwerfbares Verhalten, eine – auch nur abstrak- te – Gefährlichkeit oder sonst eine qualifizierte Situation. Die Speicherung bezieht sich dabei auf Alltagshandeln, das im täglichen Miteinander elementar und für die Teil- nahme am sozialen Leben in der modernen Welt nicht mehr verzichtbar ist .“ „[Es] lassen sich schon aus den Daten selbst – und erst recht, wenn diese als Anknüpfungspunkte für wei- tere Ermittlungen dienen – tiefe Einblicke in das sozia- le Umfeld und die individuellen Aktivitäten eines jeden Bürgers gewinnen . . . . aus diesen Daten lassen sich . . . bei umfassender und automatisierter Auswertung bis in die Intimsphäre hineinreichende inhaltliche Rückschlüs- se ziehen . [Sie lassen] in ihrer Kombination detaillierte Aussagen zu gesellschaftlichen oder politischen Zuge- hörigkeiten sowie persönlichen Vorlieben, Neigungen und Schwächen derjenigen [zu], deren Verbindungsdaten ausgewertet werden .“ „ . . . die anlasslose Speicherung von Telekommuni- kationsverkehrsdaten [ist] geeignet, ein diffus bedroh- liches Gefühl des Beobachtetseins hervorzurufen, das eine unbefangene Wahrnehmung der Grundrechte in vielen Bereichen beeinträchtigen kann .“ (BVerfG, Urt . v . 2 . März 2010–1 BvR 256/08, Rn . 210, 211, 212) So weit das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) . In der Großen Koalition ist es ein Meisterstück von Bundesjustizminister Heiko Maas, nun zehn bzw . vier Wochen Speicherfrist rausverhandelt zu haben . Bun- desinnenminister, Polizei und Diensten ist das zu wenig, obwohl Ermittler auch heute schon auf gespeicherte Da- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 131 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 16 . Oktober 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 131 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 16 . Oktober 2015 12833 (A) (C) (B) (D) ten der Telekommunikationsbetreiber, u . a . Funkzellen- abfragen, zugreifen können . Berücksichtigen wir diese Gemengelage, wird deut- lich, wie groß der Verhandlungserfolg von Heiko Maas ist . Der Verhandlungserfolg ist maximal . Am 15 . April 2015 hat Heiko Maas Leitlinien vorge- legt, die eine eng begrenzte Pflicht für alle Telekommuni- kationsanbieter zur Speicherung von wenigen, genau be- zeichneten Verkehrsdaten unter Ausnahme von Diensten der elektronischen Post – also E-Mail – enthalten . Oberste Richtschnur aller Regelungen sind dabei die strengen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes und des Europäischen Gerichtshofes . Die genannten Leitlini- en sind viel restriktiver als das vom Bundesverfassungs- gericht aufgehobene, ehemalige Gesetz zur Vorratsda- tenspeicherung, viel restriktiver als die aufgehobene europäische Richtlinie und auch viel restriktiver, als es CDU und CSU wollen . Es müssen nur genau bezeichnete Telekommunikati- onsdaten gespeichert werden . Dazu zählen Rufnummer, Beginn und Ende des Telefonats sowie im Fall von Inter- net-Telefondiensten auch die IP-Adressen . Diese Daten sollen zehn Wochen gespeichert werden . Eine Speicherfrist von vier Wochen gilt für die Be- zeichnung der Funkzellen, die durch den anrufenden und den angerufenen Anschluss bei Beginn der Verbindung genutzt werden . Diese kurze vierwöchige Speicherfrist ist vorgesehen . weil verhindert werden soll, dass mittels dieser Daten Bewegungs- und Persönlichkeitsprofile er- stellt werden können . Zusätzlich muss im richterlichen Anordnungsbe- schluss einzelfallbezogen begründet werden, warum der Abruf von Funkzellendaten erforderlich und angemessen ist . Anders als etwa in Frankreich dürfen Kommunikati- onsinhalte und aufgerufene Internetseiten nicht gespei- chert werden . Um die Grundrechte der Betroffenen auf Datenschutz und Schutz ihrer Privatsphäre zu wahren, ist der Da- tenabruf nur zur Verfolgung von schwersten Straftaten möglich . Daten von Berufsgeheimnisträgern wie Journa- listen, Anwälten oder Ärzten unterliegen einem Verwer- tungsverbot . Dies gilt auch bei Zufallsfunden . Wichtig ist, dass der Zugriff auf die gespeicherten Da- ten transparent und restriktiv geregelt ist: Es gibt einen strengen Richtervorbehalt, das heißt, nur auf richterli- chen Beschluss hin dürfen Ermittlungsbehörden die Da- ten abrufen, und es gibt keine Eilkompetenz der Staats- anwaltschaft oder der Polizei . Darüber hinaus müssen die Betroffenen grundsätzlich über jeden Abruf informiert werden . Nach Ablauf der Speicherfrist von zehn bzw . vier Wochen müssen die ge- speicherten Daten gelöscht werden . Verstöße gegen die Löschpflichten oder die Weitergabe von Daten haben strenge Sanktionen für die Dienstanbieter zur Folge . Um die Sicherheit der gespeicherten Daten zu ge- währleisten, werden die Dienstanbieter zudem verpflich- tet, die Daten zu schützen . Auch müssen die Server, auf denen die Daten gespeichert werden, innerhalb Deutsch- lands stehen, Wenn ein Dienstanbieter mit den gespei- cherten Daten Handel treibt und diese unbefugt an Dritte weitergibt, ist dies zukünftig eine Straftat nach dem neu zu schaffenden Tatbestand der Datenhehlerei . Die Leitlinien sind also eine gute Grundlage für die weitere Debatte und das anstehende parlamentarische Verfahren, und am Ende kann ein ausgewogener politi- scher Kompromiss stehen . Und: Deutschland hätte damit die strikteste Regelung zur Speicherung von Verkehrsda- ten in ganz Europa . Deshalb werde ich dem Gesetz in Abwägung der Vor- und Nachteile zustimmen . Wenn ich die Häme in so manchem Blog von Leuten lese, die sich einem sensiblen Abwägungsprozess hin- sichtlich der Vorratsdatenspeicherung verschließen, habe ich ähnliche Bedenken, wie bei denen, die einen Über- wachungsstaat fordern, Noch verwunderter bin ich über Aktivisten im Web, die zwar Vorratsdatenspeicherung – und sei sie staatlich noch so gut reguliert – vehement ab- lehnen, aber kein Problem damit haben, jede Menge per- sönlicher Daten bzw. Verhaltensprofile in die Hände von privaten aus den USA gesteuerten Konzernen zu geben . Mechthild Rawert (SPD): Mit dem Gesetz zur Ein- führung einer Speicherpflicht und Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten wird die Grundlage geschaffen, dass anlasslos und flächendeckend Telekommunikations- und hochsensible Ortungsdaten über Wochen bzw . Monate gespeichert werden. Diese anlasslose und flächendecken- de Vorratsdatenspeicherung ist ein undifferenziertes und rechtlich unverhältnismäßiges Überwachungsinstrument, das die Grundrechte in unzumutbarer Art einschränkt und alle BürgerInnen unter einen Generalverdacht stellt . Die Speicherung von Telekommunikationsdaten birgt durch die dabei entstehenden Datenmengen ein unver- hältnismäßiges Risiko, das keineswegs mit vermeintli- chen, aber objektiv nicht zu belegenden Vorteilen bei der Strafverfolgung aufgewogen werden kann . Zur Aufklä- rung von Straftaten müssen alle vorhandenen rechtlichen Mittel ausgeschöpft werden und Ermittlungsbehörden ausreichend personell und technisch ausgestattet sein . Ein Gutachten des Max-Planck-Instituts für ausländi- sches und internationales Strafrecht im Auftrag des Bun- desjustizministeriums kam 2011 zu dem Ergebnis, dass keine Schutzlücke durch das Fehlen der Vorratsdaten- speicherung existiert . Ich sehe mit Sorge, dass mit diesem Gesetzentwurf der Staat einen Paradigmenwechsel hin zu einer anlass- losen und flächendeckenden Speicherung von Daten der Bürgerinnen und Bürger anordnet . Hier wird Freiheit ge- gen eine vermeintliche Sicherheit, von der ich noch nicht einmal überzeugt bin, dass wir sie damit erreichen, in überzogener Weise eingeengt . Ungeklärt ist für mich auch, welche Beweiskraft die gespeicherten und gegebenenfalls ausgelesenen Daten haben werden . Da Gesprächsinhalte – und das ist gut so – nicht gespeichert werden dürfen, kann eine Person ins Visier der Ermittlungsbehörden gelangen, die zwar Kontakt mit einem Tatverdächtigen hat, aber mit den mutmaßlichen Taten nichts zu tun hat . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 131 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 16 . Oktober 201512834 (A) (C) (B) (D) Mich treibt auch die Sorge um die Sicherheit der ge- speicherten Daten um . Nicht zuletzt der Hackerangriff auf das Datennetz des Deutschen Bundestages zeigt, dass nichts und niemand davor geschützt ist, dass seine oder ihre Daten von fremden, unbefugten Menschen „abge- griffen“ werden können und ein Missbrauch der gespei- cherten Daten niemals ausgeschlossen werden kann . Die BefürworterInnen der Vorratsdatenspeicherung be- gründen ihr Votum mit besserer Erkenntnisgewinnung für die Strafverfolgungsbehörden . Diese könnten bislang nicht auf alle Verbindungsdaten zugreifen und so entscheidende Verknüpfungen nicht nachvollziehen, um schwere Straf- taten zu verhindern . Dieser Argumentation kann ich nicht folgen . Sicherlich ist es für alle Strafverfolgungsbehör- den – und auch für mich – von Interesse, schwere Straftaten aufzuklären und das Begehen schwerer Straftaten zu ver- hindern . Mir ist aber nach wie vor nicht klar, wie aus dem entstehenden Datenwust die entsprechenden Verbindungs- daten herausgefiltert werden können, ohne Unbescholtene in die Ermittlungen zu verwickeln . Ich glaube außerdem nicht, dass mutmaßliche TäterInnen so unbedarft agieren und auf Telekommunikationsanbieter zurückgreifen, die zur Speicherung der Daten verpflichtet sind. Der Gesetzentwurf sieht eine Evaluation nach 36 Mo- naten vor . Das begrüße ich . Ich bezweifele jedoch, ob wir mit einer Evaluation den realen Nutzen der Vorrats- datenspeicherung bewerten können . Denn – wo soll der Erfolgsmaßstab ansetzen? Wie schwer wiegt die erfolg- reiche Ermittlung oder Verhinderung einer schweren Straftat gegenüber der Überwachung aller BürgerInnen? Ich habe darüber hinaus Sorge, dass auch dieser Ge- setzentwurf gegen europäisches Recht verstößt . Denn der Europäische Gerichtshof fordert, dass Daten weder kom- plett noch anlasslos gesammelt werden dürfen . Wenn Ver- bindungs- und Standortdaten jedoch von jeder/m BürgerIn für einen gewissen Zeitraum von den Telekommunikati- onsanbietern gespeichert werden müssen, sind sie meiner Überzeugung nach komplett und anlasslos gespeichert . Der Europäische Gerichtshof urteilte, dass die damalige EU-Richtlinie 2006/24/EG zur Einführung einer Vorrats- datenspeicherung nicht mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union vereinbar ist . Auch das Bundes- verfassungsgericht entschied, dass die damalige Vorrats- datenspeicherung gegen Artikel 10 Absatz 1 des Grund- gesetzes (Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis) verstieß . Aus diesen Gründen werde ich mit Nein abstimmen . Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Matthias Zimmer (CDU/ CSU) zu der namentlichen Abstimmung über den von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD einge- brachten Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Speicherpflicht und Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten (Zusatztagesordnungspunkt 5 a) In der Ergebnisliste zu der namentlichen Abstimmung ist mein Name nicht aufgeführt . Mein Votum lautet: Ja . Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Karamba Diaby (SPD) zu den namentlichen Abstimmungen über den von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurf eines Asylverfahrensbeschleunigungsge- setzes (130. Sitzung, Tagesordnungspunkt 5 a) In den Ergebnislisten zu den fünf namentlichen Abstim- mungen Top 5 a „Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz“ am 15 .10 .2015, zu den Drucksachen: 18/6185, 18/6386, 18/6387, 18/3839, 18/6190, 18/4694, 18/6386, 18/6172, 18/6381, 18/5921, 18/6289 und 18/6392 – ist mein Votum nicht aufgeführt . Mein Votum lautet jeweils „Enthaltung“ . Anlage 7 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Christoph Strässer (SPD) zu den namentlichen Abstimmungen über den von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurf eines Asylverfahrensbeschleunigungsge- setzes (130. Sitzung, Tagesordnungspunkt 5 a) Zu den namentlichen Abstimmungen über den von den Fraktionen CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurf eins Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes Drucksa- chen 18/6185, 18/6386 und 18/6387 – in der Plenarsit- zung am 15 . Oktober 2015 sind meine Voten für die für die ersten drei namentlichen Abstimmungen, über – Artikel 1 Nr . 15, 16 und 19 des Gesetzentwurfs; Änderung des Asylverfahrensgesetzes (u . a . Ver- längerung der Aufenthaltshöchstdauer in Erstauf- nahmeeinrichtungen von drei auf sechs Monate) – Artikel 1 Nr . 35 des Gesetzentwurfs; Neufassung der Anlage II zu § 29 a des Asylverfahrensgesetzes (Erweiterung der Liste der Sicheren Herkunftsstaa- ten um Albanien, Kosovo und Montenegro) – Artikel 2 des Gesetzentwurfs; Änderung des Asyl- bewerberleistungsgesetzes (u . a . Sachleistungen) nicht aufgeführt . Mein Votum lautet: – 1 . Abstimmung zu Art . 1 Nr . 15, 16 und 19: Enthal- tung . – 2 . Abstimmung zu Art . 1, Nr . 35: Nein . – 3 . Abstimmung zu Art . 2: Enthaltung . Anlage 8 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Kerstin Tack (SPD) zu den na- mentlichen Abstimmungen über den von den Frak- tionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Ent- wurf eines Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes (130. Sitzung, Tagesordnungspunkt 5 a) Hiermit erkläre ich, dass ich an der zweiten namentli- chen Abstimmung nicht teilgenommen habe . Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 131 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 16 . Oktober 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 131 . Sitzung . Berlin, Freitag, den 16 . Oktober 2015 12835 (A) (C) (B) (D) Anlage 9 Amtliche Mitteilung Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Uni- onsdokumente zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat . Finanzausschuss Drucksache 18/419 Nr . A .60 Ratsdokument 12044/13 Drucksache 18/419 Nr . A .69 Ratsdokument 16918/13 Drucksache 18/419 Nr . C .32 Ratsdokument 9270/11 Drucksache 18/419 Nr . C .33 Ratsdokument 15938/11 Drucksache 18/419 Nr . C .34 Ratsdokument 15939/11 Drucksache 18/5982 Nr . A .18 Ratsdokument 11283/15 Haushaltsausschuss Drucksache 18/5286 Nr . A .7 Ratsdokument 9000/15 Drucksache 18/5459 Nr . A .10 Ratsdokument 9403/15 Drucksache 18/5982 Nr . A .20 KOM(2015)326 endg . Drucksache 18/5982 Nr . A .23 Ratsdokument 10405/15 Drucksache 18/5982 Nr . A .24 Ratsdokument 10882/15 Drucksache 18/5982 Nr . A .26 Ratsdokument 11113/15 Drucksache 18/6146 Nr . A .8 Ratsdokument 11496/15 Ausschuss für Wirtschaft und Energie Drucksache 18/5982 Nr . A .30 Ratsdokument 11012/15 Drucksache 18/5982 Nr . A .31 Ratsdokument 11016/15 Drucksache 18/5982 Nr . A .32 Ratsdokument 11017/15 Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft Drucksache 18/6240 Nr . A .2 Ratsdokument 11675/15 Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Drucksache 18/5286 Nr . A .15 EP P8_TA-PROV(2015)0107 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 18/3898 Nr . A .16 Ratsdokument 17001/14 Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 131. Sitzung Inhaltsverzeichnis ZP 5 a) Einführung einer Speicherpflicht für Verkehrsdaten TOP 26 Krankenhausfinanzierung TOP 27 Kinder in Entwicklungs- und Schwellenländern TOP 28 Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts TOP 29 Rückstellungen der Atomkraftwerksbetreiber Anlagen Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Annette Widmann-Mauz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)



    Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Lie-
    be Kollegen! Der heute Vormittag hier zur Debatte ste-
    hende Antrag der Linken – liebe Frau Vogler, daran hat
    Ihre Rede nichts geändert –


    (Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Die war sehr gut!)


    ist ein „Wünsch dir was“ der Sozialpolitik . Im Ergebnis
    sind die von Ihnen vorgeschlagenen Maßnahmen nicht
    finanzierbar;


    (Tino Sorge [CDU/CSU]: Das gesundheitspolitische Perpetuum mobile der Linken!)


    aber sie sind vor allen Dingen und in erster Linie in
    der Sache falsch . Sie sind nur kosten- und nicht quali-
    täts- und leistungsorientiert, sie negieren jede Form von
    selbstverantwortlichem Handeln .


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Sie würden damit Strukturen zementieren, die weder
    dem Patienten noch den Beschäftigten noch den Bei-
    tragszahlern nutzen . Wir, die Große Koalition, wollen
    mit unserem Krankenhausstrukturgesetz – der Name sagt

    es auch – Krankenhausstrukturen verändern . Wir wollen
    sie vor allen Dingen patientengerecht weiterentwickeln
    und damit zukunftsfähig machen .

    Unser Reformpaket beinhaltet entscheidende Neure-
    gelungen zur Stärkung der Qualität der Krankenhausver-
    sorgung, zur Weiterentwicklung der Krankenhausfinan-
    zierung und zum bedarfsgerechten Umbau vorhandener
    Krankenhauskapazitäten . Dabei spielen natürlich die
    Themen „Pflegepersonal“ und „ausreichende Finanzie-
    rung des Personals in den Krankenhäusern“ eine wich-
    tige Rolle .


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Uns war stets bewusst, dass wir mit der Themenaus-
    wahl, die wir uns vorgenommen haben, ein ehrgeiziges
    Reformprojekt anschieben . Die Einführung von Quali-
    tätsvorgaben für die Krankenhausplanung oder die Ein-
    führung einer qualitätsorientierten Vergütung sind zwei
    Paradebeispiele und Herausforderungen, die wir meis-
    tern wollen . Wir gehen diesen Schritt . Er ist ambitioniert,
    aber wir leiten damit einen grundlegenden Strukturwan-
    del für eine zukunftsfeste Krankenhauslandschaft ein .


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Ihre Vorschläge sind im Gegensatz dazu alles andere
    als zielführend . Ein pauschales Weiter-so, das heißt, un-
    differenziert in vorhandene Strukturen einfach nur weiter






    (A) (C)



    (B) (D)


    Geld geben oder sogar bewährte Instrumente abschaffen,
    ist genau der falsche Weg .


    (Beifall bei der CDU/CSU – Dr . Petra Sitte [DIE LINKE]: Sie hat einen Paradigmenwechsel vorgeschlagen!)


    Ich teile Ihre Auffassung nicht, dass das DRG-basierte
    Vergütungssystem abgeschafft werden muss . Ich kenne
    im Übrigen auch kein Krankenhaus und keine Kranken-
    hausgesellschaft, die diesen Rückwärtsgang einlegen
    will . Die geforderte Wiedereinführung – das drücken Sie
    explizit aus – des Selbstkostendeckungsprinzips wäre ein
    total falsches Signal . Solche Vorschläge sind ein Rück-
    schritt in die Krankenhausfinanzierung des letzten Jahr-
    hunderts. Aber da befinden Sie sich mit vielen Vorschlä-
    gen Ihrer Fraktion .


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Ich kann nur sagen: Die Einführung des Fallpauscha-
    lensystems als ein leistungsorientiertes Entgeltsystem
    war richtig . Es gehört nicht abgeschafft, sondern es sollte
    klug weiterentwickelt werden . Das ist unsere Aufgabe .
    Die Wiedereinführung des Selbstkostendeckungsprin-
    zips würde die Vergütung nicht in die Krankenhäuser
    lenken, in denen ein hoher Behandlungsaufwand anfällt,
    sondern dorthin, wo hohe Kosten entstehen . Da spielt es
    keine Rolle, ob sie durch Unwirtschaftlichkeit entstanden
    sind . Das kann doch nicht richtig sein .

    Ich möchte zu Ihrem Antrag zwei Dinge anmerken .

    Erstens . Ich glaube, gute Krankenhausversorgung und
    Wettbewerb schließen sich nicht aus . Nein, sie vertragen
    sich sogar . Ich habe keine Hinweise dafür, dass die Be-
    handlungsqualität in Krankenhäusern und in Kranken-
    hausbetrieben, die Gewinne erwirtschaften, schlechter
    ist als in anderen Krankenhäusern . Im Gegenteil: Das
    Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung
    kommt in seinen Krankenhausratingreporten zu dem Er-
    gebnis, dass Qualität, Patientenzufriedenheit und Wirt-
    schaftlichkeit vielfach sogar Hand in Hand gehen .


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Sie, die Gegner des Wettbewerbs, müssen sich schon
    einmal fragen lassen: Sollen sich unsere Krankenhäuser
    oder die Konkurrenz dem Wettbewerb um gute Versor-
    gungsqualität und effiziente Versorgungsstrukturen stel-
    len oder sich davor verstecken? Warum sollen wir nicht
    zum Wohle der Patienten und der Solidargemeinschaft
    die Grundlagen dafür schaffen, dass die Krankenhäuser
    in Sachen Qualität und Effizienz auch vorhandene Po-
    tenziale heben?

    Zweitens . An dieser Stelle möchte ich der Behauptung
    vehement entgegentreten, unser Krankenhausstruktur-
    gesetz ändere an der Not der Krankenhäuser nichts . Sie
    schreiben das in Ihrem Antrag . Ihre Formulierung lässt
    klar vermuten, dass Sie die vereinbarten Veränderungen
    an unserem Gesetzentwurf zumindest nicht wahrgenom-
    men haben . Am 2 . Oktober haben sich Bund und Länder
    darauf verständigt . Tatsache ist einfach: Die Bund-Län-
    der-Arbeitsgruppe hat ein Änderungspaket vereinbart,
    das den Krankenhäusern im Vergleich zum ursprüng-
    lichen Gesetzentwurf nochmals Mehreinnahmen von

    jährlich circa 800 Millionen Euro bringen wird, ab dem
    Jahr 2018 insgesamt jährlich bis zu 2,2 Milliarden Euro,
    ab 2020 bis zu 4 Milliarden Euro Mehreinnahmen .

    Dieses Paket umfasst zum Beispiel die Einführung
    eines Pflegezuschlags mit einem Volumen von 500 Milli-
    onen Euro als Ersatz für den wegfallenden Versorgungs-
    zuschlag . Wir schaffen mit diesem Instrument neben dem
    Pflegestellensonderprogramm einen finanziellen Anreiz,
    vor allen Dingen auch einen systematischen Anreiz, in
    Zukunft Pflegestellen nicht wieder abzubauen.

    Ich erinnere an die Regelungen zum Fixkostendegres-
    sionsabschlag, dessen Ansatz wir von fünf auf drei Jahre
    verkürzen, und insbesondere daran, dass wir tarifbeding-
    te Kostensteigerungen über der Obergrenze in Zukunft
    hälftig refinanzieren. Das sind nachhaltige Instrumente
    zur Refinanzierung von Personalkostensteigerungen. Sie
    wirken in den Krankenhäusern genau dort, wo sie ge-
    braucht werden .


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, wir verbes-
    sern die Vergütung der Notfallversorgung, sowohl hin-
    sichtlich der Höhe als auch hinsichtlich der Zuständigkeit
    für die Vergütung . Wir schaffen den Investitionskosten-
    abschlag vollständig ab . Auch über den Strukturfonds,
    über den wir Mittel der gesetzlichen Krankenversiche-
    rung für die Finanzierung von Investitionen bereitstel-
    len, erleichtern wir vielen Ländern den Zugang zu ent-
    sprechenden Umstrukturierungsmaßnahmen . Auch das
    ist ein wichtiger Beitrag zur Zukunftsfähigkeit unserer
    Krankenhauslandschaft .


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Auch hinsichtlich der Bewältigung der aktuellen Her-
    ausforderungen im Zusammenhang mit dem Flüchtlings-
    strom geben wir Antworten, nämlich dahin gehend, dass
    die Mittel, die die Krankenhäuser für die Erbringung von
    Leistungen für Asylbewerber erhalten, nicht durch Mehr-
    erlösausgleiche und Mehrleistungsabschläge gekürzt
    werden .

    Schließlich erreichen wir auch dadurch eine wichti-
    ge Verbesserung für die Patientinnen und Patienten, dass
    wir das Hygieneförderprogramm um drei Jahre verlän-
    gern und ausweiten . Damit leisten wir einen enormen
    Beitrag zu mehr Qualität und Sicherheit in unseren Kran-
    kenhäusern .


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Bund und Länder haben mit diesem Paket auf die Kri-
    tik und die Anregungen unserer Krankenhäuser reagiert .
    Wir ermöglichen den Krankenhäusern, ihre Entwicklung
    am Bedarf und an der Qualität zu orientieren, und sichern
    ihnen damit eine solide Finanzierungsbasis . Das sehen
    die Krankenhäuser im Übrigen auch so . Man muss ja nur
    in die Zeitungen schauen und die Erklärungen zur Kennt-
    nis nehmen .


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Wie man an dieser Stelle überhaupt zu einer anderen Ein-
    schätzung kommen kann, wie Sie es heute getan haben,
    ist mir unverständlich .

    Parl. Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz






    (A) (C)



    (B) (D)


    Ich kann Ihnen von der Linken nur sagen: Nutzen Sie
    doch jetzt die Chancen in den Bundesländern, in denen
    Sie mitregieren! Machen Sie die Landesregierungen von
    Thüringen und Brandenburg darauf aufmerksam, welche
    Verantwortung sie jetzt wahrnehmen können und welche
    Unterstützung durch die gesetzliche Krankenversiche-
    rung man an dieser Stelle erhalten kann!


    (Beifall der Abg . Karin Maag [CDU/CSU])


    Ich bin mir sicher, dass wir mit der Krankenhausre-
    form, die wir in der nächsten Sitzungswoche hier zu ei-
    nem parlamentarischen Abschluss bringen wollen, das
    Interesse der Patienten an einer qualitativ hochwertigen
    Krankenhausversorgung auf der einen Seite und das Inte-
    resse der Krankenhäuser an einer auskömmlichen Finan-
    zierungsgrundlage auf der anderen Seite zu einem guten
    und angemessenen Ausgleich bringen werden . Das wird
    dann insbesondere im Bereich der pflegerischen Patien-
    tenversorgung bemerkbar sein .

    Herzlichen Dank .


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg . Bärbel Bas [SPD])




Rede von Peter Hintze
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abge-

ordneten Dr . Harald Terpe, Bündnis 90/Die Grünen .


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Harald Terpe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Liebe Kolleginnen und Kollegen, guten Morgen! Herr

    Präsident! Es gibt sicher gute Gründe, sich ausgedehnt
    über die Krankenhäuser in unserem Lande zu unterhal-
    ten . Ich hoffe, dass der heutige Tagesordnungspunkt
    nicht der Anlass dafür ist, dass die Große Koalition dann,
    wenn die Verabschiedung des Krankenhausstrukturge-
    setzes ansteht, nur 45 Minuten Debattenzeit vorsieht . Ei-
    gentlich müssten wir da länger debattieren .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg . Kathrin Vogler [DIE LINKE] – Maria Michalk [CDU/CSU]: Da geben wir Ihnen recht!)


    Zurück zu den guten Gründen . Woher kommen die
    denn? Sie kommen – das wird im Antrag der Linken
    auch beschrieben – daher, dass insbesondere an der Basis
    Unmut herrscht: Unmut über Arbeitsverdichtung, Unmut
    über Ökonomisierung – eine Frage, der wir uns sicher-
    lich noch einmal stellen müssen, weil Ökonomisierung
    natürlich im Widerspruch zum Anspruch von Gesund-
    heitsberufen steht, weil hier nach Indikationen gearbei-
    tet wird – und auch Unmut darüber, dass trotz der vielen
    Anstrengungen, die in den Krankenhäusern unternom-
    men werden, am Ende trotzdem rote Zahlen geschrieben
    werden .

    Man muss sich mit den Argumenten und Forderungen
    der Linken auseinandersetzen .


    (Beifall der Abg . Dr . Kirsten Tackmann [DIE LINKE])


    Das möchte ich anhand einiger Punkte machen .

    In der Beschreibung Ihres Antrags ist sehr viel von § 8
    des Krankenhausfinanzierungsgesetzes die Rede und von
    höchstrichterlichen Entscheidungen aus dem Jahr 1997,
    bei denen es um Pflegesätze usw. ging. Das ist für mich
    ein Anlass, darauf hinzuweisen, dass das zu verabschie-
    dende Krankenhausstrukturgesetz gerade unter diesem
    Gesichtspunkt überprüft werden muss . Denn wir haben
    die Situation, dass das Krankenhausfinanzierungsgesetz
    uns manchmal daran hindert, Versorgungsstrukturen zu
    modernisieren . Man kann zwar Krankenhäuser aufneh-
    men . Aber wenn aus der Planung hervorgeht, dass sie
    eigentlich geschlossen werden müssten, dann ist es sehr
    schwer, sie wieder loszuwerden . Das ist ein Problem, und
    ich weise darauf hin, dass wir es lösen müssen .

    Zu den Punkten im Einzelnen . Sie haben unter Punkt 1
    darauf abgehoben, dass eine sektorenübergreifende, am
    Gemeinwohl orientierte Krankenhausplanung notwendig
    ist . Wir haben in einem früheren Antrag ausgeführt, dass
    es eine Weiterentwicklung hin zu einer umfassenden Ver-
    sorgungsplanung geben muss, von der die Krankenhaus-
    planung dann ein Teil ist . Es kann aber nicht sein, dass
    die Krankenhausplanung selbst die sektorenübergreifen-
    de Versorgungsplanung beinhaltet; deswegen heißt sie ja
    auch Krankenhausplanung .

    Die Krankenhausplanung muss auf wissenschaftlich
    fundierten Ergebnissen beruhen, was die Bedarfe in den
    Regionen betrifft . Da ist es mir viel zu unscharf, zu sa-
    gen: Man muss die Gesellschaft allgemein daran beteili-
    gen . Vielmehr muss es ganz klare Aussagen dazu geben,
    worauf sich eine solche weiterentwickelte Versorgungs-
    planung bezieht .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Ich komme zu Punkt 2 . Hier ist von Gemeinwohl-
    orientierung die Rede . Ich persönlich benutze viel lieber
    den schärferen Begriff und sage: Die Krankenhäuser ge-
    hören zur Daseinsvorsorge . Denn das hat auch Folgen
    für die Finanzierungsentscheidungen, die man trifft . Ge-
    meinwohlorientiert – das ist zwar ein emotional schöner
    Begriff, aber er ist etwas zu unklar . Das täuscht nicht da-
    rüber hinweg, dass wir uns als Gesetzgeber darüber Ge-
    danken machen müssen, ob es eigentlich richtig ist, dass
    solidarisch aufgebrachte Mittel, die in die Krankenhäuser
    fließen, von Krankenhauskonzernen zur Profiterzielung
    sozusagen herausgelöst werden können .


    (Beifall der Abg . Kathrin Vogler [DIE LINKE])


    Wir erleben häufig, dass auch die Kommunen gerne
    handgreiflich am Budget des Krankenhauses werden,
    um damit etwas ganz anderes zu finanzieren. Das sind
    Gelder, die von den Versicherten – das gilt im Übrigen
    für alle Versicherten, sogar für die Privatversicherten –
    zur Gesundheitsversorgung aufgebracht werden . Dass
    die dann für etwas ganz anderes ausgesteuert werden, ist
    nicht in Ordnung . Darüber müssen wir uns unterhalten .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg . Kathrin Vogler [DIE LINKE])


    Nichtsdestotrotz ist der Vorschlag, wieder zum Selbst-
    kostendeckungsprinzip überzugehen, ein Griff ins Jen-

    Parl. Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz






    (A) (C)



    (B) (D)


    seits . Denn, machen wir uns doch nichts vor – wer sich
    daran erinnert, weiß dies –: Das Selbstkostendeckungs-
    prinzip war ein ineffizientes und auch kostentreibendes
    System . Es werden auch Individualbudgets für Kliniken
    gefordert . Das hatten wir gerade in der Diskussion über
    Landesbasisfallwerte und die Konvergenz bei Basisfall-
    werten, die die Vergleichbarkeit in den Regionen ermög-
    licht, abgeräumt, und das auch zu Recht .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg . Mechthild Rawert [SPD])


    Zu Punkt 3. Ohne Zweifel liegt ein Pflegenotstand
    vor . Wir als Gesetzgeber haben zu gewährleisten, dass
    ausreichend Geld für Pflege einkalkuliert wird und dass
    das einkalkulierte Geld auch in der Pflege ankommt. Zu-
    nächst einmal sind wir dafür verantwortlich .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Klar ist auch, dass man sich über Regelungen hin-
    sichtlich der Personalbemessung Gedanken machen
    muss . Wenn ich in dem Antrag lese, dass „eine bundes-
    gesetzliche, für sämtliche Krankenhäuser verbindliche
    Personalbemessung“ eingeführt werden soll, dann weiß
    ich nicht, was das bedeuten soll .


    (Zuruf von der CDU/CSU: Zentralistische Planung der Linken!)


    Sollen wir als Gesetzgeber in Berlin festlegen, ob Ue-
    ckermünde soundso viele Pflegekräfte oder soundso vie-
    le Pflegekräfte hat? Wir haben nur dafür zu sorgen, dass
    ausreichend Geld einkalkuliert wird und dieses Geld in
    der Pflege ankommt. Ansonsten muss man den Kranken-
    häusern eine gewisse Freiheit zugestehen .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Zu Punkt 4. Ich glaube, zur Investitionsfinanzierung
    haben wir Bündnisgrüne genug gesagt . Ich glaube nicht,
    dass wir die Investitionen aus Bundessteuergeldern fi-
    nanzieren werden . Es gibt andere gute Vorschläge, wie
    man das regeln kann .

    Fazit: Der Antrag hat den Charakter eines Entschlie-
    ßungsantrags, der nachgeliefert wird . Ich hätte mir ge-
    wünscht, dass so etwas in der Anhörung mitbetrachtet
    worden wäre . Ich glaube, dass damit zumindest teilweise
    ein deutlicher Griff ins Jenseits getan worden ist .

    Danke .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)