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ID1812011000

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 18/120 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 120. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 9. September 2015 Inhalt Tagesordnungspunkt 1 (Fortsetzung): a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundes- haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2016 (Haushaltsgesetz 2016) Drucksache 18/5500 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11603 A b) Beratung der Unterrichtung durch die Bun- desregierung: Finanzplan des Bundes 2015 bis 2019 Drucksache 18/5501 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11603 B Einzelplan 04 Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt Dr . Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 11603 B Dr . Angela Merkel, Bundeskanzlerin . . . . . . . 11609 A Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11614 C Thomas Oppermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 11619 A Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 11622 A Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 11625 B Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 11625 D Bettina Hagedorn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 11625 D Gerda Hasselfeldt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 11627 C Martin Gerster (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11630 A Ewald Schurer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11631 C Monika Grütters, Staatsministerin BK . . . . . . 11632 D Sigrid Hupach (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 11634 A Burkhard Blienert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 11635 A Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 11636 D Rüdiger Kruse (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 11637 D Ulle Schauws (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 11639 B Dr . Eva Högl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11640 A Einzelplan 05 Auswärtiges Amt Dr . Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister AA 11642 B Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 11645 C Dr . Franz Josef Jung (CDU/CSU) . . . . . . . . . 11646 C Stefan Liebich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 11647 B Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 11647 D Dr . Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11649 C Niels Annen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11651 A Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . 11652 B Jürgen Hardt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 11653 C Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 11655 C Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 120 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . September 2015II Dr . Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11655 D Frank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11656 C Detlef Seif (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 11657 C Alois Karl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 11659 A Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung Dr . Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMVg . . . . . . . . . . . . . . 11661 A Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 11663 D Karin Evers-Meyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 11665 A Dr . Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11666 B Henning Otte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 11667 D Dr . Alexander S . Neu (DIE LINKE) . . . . . . . 11669 C Rainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11671 B Doris Wagner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11672 D Ingo Gädechens (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 11674 A Lars Klingbeil (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11675 B Bartholomäus Kalb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 11676 B Dr . Fritz Felgentreu (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 11677 C Einzelplan 23 Bundesministerium für wirtschaftliche Zu- sammenarbeit und Entwicklung Dr . Gerd Müller, Bundesminister BMZ . . . . . 11678 D Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 11681 B Sonja Steffen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11682 C Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11683 D Dagmar G . Wöhrl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 11685 A Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 11686 D Dr. Bärbel Kofler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 11688 B Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11689 D Jürgen Klimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 11691 B Gabriela Heinrich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 11693 A Volkmar Klein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 11694 C Stefan Rebmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 11696 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11697 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 11699 A (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 120 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . September 2015 11603 120. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 9. September 2015 Beginn 9 .00 Uhr
  • folderAnlagen
    Stefan Rebmann (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 120 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 9 . September 2015 11699 Anlage zum Stenografischen Bericht Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Amtsberg, Luise BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09 .09 .2015 Beck (Bremen), Marieluise BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09 .09 .2015 Becker, Dirk SPD 09 .09 .2015 Brand, Michael CDU/CSU 09 .09 .2015 Brandl, Dr . Reinhard CDU/CSU 09 .09 .2015 De Ridder, Dr . Daniela SPD 09 .09 .2015 Dröge, Katharina BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09 .09 .2015 Ebner, Harald BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09 .09 .2015 Groth, Annette DIE LINKE 09 .09 .2015 Hartmann (Wackern- heim), Michael SPD 09 .09 .2015 Hirte, Dr . Heribert CDU/CSU 09 .09 .2015 Irlstorfer, Erich CDU/CSU 09 .09 .2015 Kiziltepe, Cansel SPD 09 .09 .2015 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Klein-Schmeink, Maria BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09 .09 .2015 Kolbe, Daniela SPD 09 .09 .2015 Lenkert, Ralph DIE LINKE 09 .09 .2015 Mihalic, Irene BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09 .09 .2015 Mortler, Marlene CDU/CSU 09 .09 .2015 Obermeier, Julia CDU/CSU 09 .09 .2015 Pfeiffer, Sibylle CDU/CSU 09 .09 .2015 Renner, Martina DIE LINKE 09 .09 .2015 Röspel, René SPD 09 .09 .2015 Sarrazin, Manuel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09 .09 .2015 Schwarzelühr-Sutter, Rita SPD 09 .09 .2015 Tressel, Markus BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09 .09 .2015 Satz: Satzweiss.com, Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de http://www.satzweiss.com http://www.printsystem.de http://www.betrifft-gesetze.de 120. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 1 Einbringung Haushaltsgesetz 2016 – Finanzplan des Bundes 2015 bis 2019 Epl 04 Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt Epl 05 Auswärtiges Amt Epl 14 Verteidigung Epl 23 wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Anlage
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Heike Hänsel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

    Die Entwicklungspolitik ist ja jetzt plötzlich in aller
    Munde . In jedem Beitrag heute kam irgendwie das The-
    ma Entwicklungspolitik vor . Auch die Kanzlerin hat an
    prominenter Stelle im Zusammenhang mit den Fluchtur-
    sachen die Entwicklungszusammenarbeit genannt . Man
    kann sich also schon fast nicht mehr retten, wenn man
    nicht wahrnehmen möchte, dass der Fokus auf die Ent-
    wicklungszusammenarbeit gerichtet wird .

    Dagmar G. Wöhrl






    (A) (C)



    (B) (D)


    Ich möchte gleich dazusagen und auch warnen: Die
    Entwicklungszusammenarbeit ist zwar ein wichtiges
    Element, aber sie kann nicht der Reparaturdienst für eine
    absolut verfehlte Politik sein .


    (Beifall bei der LINKEN)


    Wenn zum Beispiel einem afrikanischen Kleinbauern in
    Äthiopien das Land genommen wird, wenn er vertrieben
    wird, weil ein europäischer Konzern dort Palmöl an-
    bauen will, dann nützt es ihm nichts, wenn er von der
    deutschen Entwicklungszusammenarbeit einen Traktor
    bekommt . Deshalb müssen wir an die Ursachen dieser
    verfehlten Politik herangehen,


    (Beifall bei der LINKEN)


    und wir dürfen nicht annehmen, wir könnten durch Pro-
    jekte diese Strukturen grundsätzlich ändern .

    Ich möchte auf das verweisen, was ich auf dem Trans-
    parent einer Flüchtlingsinitiative gelesen habe . Diese
    Initiative hat im August vor dem Sitz von Rüstungskon-
    zernen in Baden-Württemberg, genauer: am Bodensee,
    demonstriert . Auf diesem Transparent stand: „Wer Inst-
    rumente der Gewalt produziert oder die Wirtschaft eines
    Landes ausbeutet, erntet Flüchtlinge.“ Ich finde, man hat
    es damit auf den Punkt gebracht .


    (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Deshalb kann es bei den Rüstungsexporten in alle Welt
    kein Weiter-so geben; ich habe heute mehrfach zu die-
    sem Thema nachgefragt . Es kann kein Weiter-so bei der
    Beteiligung an Militärinterventionen der NATO geben .
    Wenn wir uns Länder wie Irak, Afghanistan, Libyen an-
    schauen, dann stellen wir fest: Das sind zerschlagene
    Länder . Auch eine Friedenslösung in Syrien wird leider
    schon sehr lange vor allem von den USA verhindert, weil
    sie keine Beteiligung des Irans an solch einer Initiative
    wollten .


    (Beifall bei der LINKEN)


    Vielleicht tut sich für eine Friedenslösung ein neues Zeit-
    fenster auf . Wir müssen schauen, was passiert .

    Es kann auch bei der Rohstoffausbeutung kein Wei-
    ter-so geben . Wie viele Länder auf dem afrikanischen
    Kontinent haben Rohstoffkonflikte und führen Rohstoff-
    kriege! Kongo, Mali, Zentralafrikanische Republik – es
    gibt so viele Rohstoffkriege . Wenn wir darauf nicht wirk-
    lich Antworten geben und nicht unsere Politik ändern,
    dann bleibt es bei schönen Worten hier, und es ändert sich
    nichts an der Bekämpfung von Fluchtursachen .

    Das betrifft auch die Nahrungsmittelspekulation . Es
    kann doch nicht wahr sein, dass sich nach wie vor zum
    Beispiel die Deutsche Bank eine goldene Nase an den
    steigenden Nahrungsmittelpreisen verdient, die in ande-
    ren Ländern zu Hunger und Elend führen .


    (Beifall bei der LINKEN)


    Nahrungsmittelspekulation muss verboten werden; sie ist
    verbrecherisch . Das müssen wir so auch benennen .

    Die Weltbank, Herr Minister Müller, wird dafür ver-
    antwortlich gemacht, dass sie mit ihrer Politik in den

    letzten Jahren zur Vertreibung von insgesamt 3,4 Millio-
    nen Menschen beigetragen hat . Ein Vertreter der Bundes-
    regierung sitzt im Executive Board der Weltbank . Dort
    muss er doch darauf reagieren . Wir haben dazu von Ihnen
    bis heute nichts gehört, was Sie da eigentlich anders ma-
    chen wollen . Das betrifft auch die Freihandelsabkommen
    und die Freihandelspolitik . Ich habe von Ihnen gehört –
    das fand ich sehr gut; anscheinend haben Sie unseren
    Reden oft zugehört –: Fairer Handel statt Freihandel . –
    Bravo, sage ich nur .


    (Beifall bei der LINKEN)


    Wo ist denn dann, bitte schön, Ihr Protest gegen TTIP,
    CETA, TiSA, gegen sämtliche Freihandelsabkommen
    mit Afrika und Lateinamerika? Diese Abkommen bewir-
    ken doch das genaue Gegenteil .

    Wir müssen unser Wirtschaftssystem und auch die Fi-
    nanzstruktur, die wir nach wie vor stützen, grundsätzlich
    infrage stellen . Das wurde vorhin auch von der Kollegin
    von den Grünen bereits angesprochen . Ich möchte dazu
    noch eine Zahl nennen . Es wird weltweit doppelt so viel
    Geld aus dem Süden Richtung Norden abgezogen, wie
    an Entwicklungsgeldern aus dem Norden in den Süden
    fließt. Das heißt, auf 1 Dollar in der Entwicklungszu-
    sammenarbeit kommen 2 Dollar an legalen und illegalen
    Geldströmen, die wieder in den Norden zurückfließen.
    Wenn wir an diesen Strukturen nicht grundsätzlich etwas
    ändern, dann brauchen wir nicht vom Bekämpfen von
    Fluchtursachen zu sprechen .


    (Beifall bei der LINKEN)


    Hier haben Sie, Herr Müller, leider die völlig falsche
    Entscheidung getroffen . Dass Sie sich der Initiative
    der Länder des Südens, die internationale Steuerpolitik
    endlich bei den UN anzusiedeln, verweigert haben, das,
    muss ich sagen, spricht wirklich nicht für Sie als Ent-
    wicklungsminister .


    (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN sowie des Abg . Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Was gibt es jetzt an konkreten Vorstellungen der Bundes-
    regierung? Ich habe dazu nicht viel gehört . Ich habe heute
    nur einen ganz abstrusen Vorschlag gelesen . Er kommt von
    Ihren Kollegen der CDU/CSU-Fraktion, von der Frau Weiss
    und dem Herrn Strobl . Diese fordern, dass Entwicklungs-
    ländern, die keine Flüchtlinge zurücknehmen, die Entwick-
    lungsgelder gestrichen werden sollen . Da frage ich mich
    doch, Herr Müller: Unterstützen Sie tatsächlich einen derart
    abstrusen Vorschlag, eine solche Forderung, die Ursache
    und Wirkung vertauscht und die die ganze Verantwortung
    jetzt den Ländern des Südens zuschiebt?

    Wer ist denn verantwortlich zum Beispiel für Kli-
    maflüchtlinge, für den Klimawandel? Wer ist denn ver-
    antwortlich für alle diese Vertreibungen, die in den Län-
    dern des Südens stattfinden? Da können Sie doch nicht
    allen Ernstes jetzt auch noch anfangen, eine Politik der
    Erpressung gegenüber den Ländern des Südens anzudro-
    hen . Es ist wirklich, muss ich sagen, unanständig, was
    Sie hier vorschlagen .


    (Beifall bei der LINKEN)


    Heike Hänsel






    (A) (C)



    (B) (D)


    Sie schlagen auch noch vor, Flüchtlinge militärisch zu
    bekämpfen, bzw .


    (Henning Otte [CDU/CSU]: Was?)


    die Boote der Flüchtlinge sollen militärisch bekämpft
    werden .


    (Henning Otte [CDU/CSU]: Dann müssen Sie es differenzieren! Was reden Sie denn da?)


    Mir hat bis heute niemand die Frage beantwortet, wie er
    eigentlich Fischerboote, Flüchtlingsboote und Schlep-
    perboote unterscheiden will .


    (Henning Otte [CDU/CSU]: Ja, Schlepperboote! Das ist ja unerhört! – Sabine Weiss – Was passiert denn, wenn die Schlepperboote zerstört werden? Haben Sie einen anderen Vorschlag, wie Flüchtlinge hierherkommen können? Machen Sie doch mal einen Vorschlag, wie zum Beispiel die 30 000 Menschen, die derzeit auf der Insel Lesbos festsitzen, dann noch hierherkommen können! (Henning Otte [CDU/CSU]: Die armen Kinder, die in den Booten umkommen! Das ist unglaublich!)


    (Wesel I) [CDU/CSU]: Du überziehst!)


    Da gibt es überhaupt keinen Vorschlag von der Bundes-
    regierung, weil Sie Ihre Politik nach wie vor darauf aus-
    richten, Flüchtlinge im Grunde von diesem reichen Land
    abzuhalten,


    (Henning Otte [CDU/CSU]: Sie verrennen sich jetzt völlig! – Sabine Weiss [CDU/CSU]: Das ist eine Unverschämtheit!)


    und diese Politik werden wir nicht mitmachen .


    (Beifall bei der LINKEN)




Rede von Claudia Roth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Heike Hänsel . – Nächste Rednerin in der

Debatte: Dr. Bärbel Kofler für die SPD.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Bärbel Kofler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

    Es ist mehrfach angesprochen worden: Wir diskutieren
    einen Entwicklungshaushalt mit einem durchaus erfreu-
    lichen Aufwuchs; das möchte ich am Anfang anmerken .
    Ich freue mich über 880 Millionen Euro mehr . Ich möch-
    te aber deutlich unterstreichen: Das darf kein haushal-
    terisches Strohfeuer bleiben . Wir brauchen Kontinuität
    im Aufwuchs der Haushaltsmittel für wirtschaftliche Zu-
    sammenarbeit und Entwicklung .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Warum brauchen wir sie? Schauen wir uns an: Was
    steht in unserer eigenen mittelfristigen Finanzplanung,
    noch von der Vorgängerregierung aufgestellt? Abgesenk-
    te Mittel, und daran bemisst sich der Aufwuchs, über den
    wir reden . Was steht in den Ergebnissen der Konferen-

    zen der G 7 und der Konferenz von Addis Abeba? Ha-
    ben wir darin wirklich Verpflichtungen für die nächsten
    Jahre definiert, wie wir Entwicklungszusammenarbeit fi-
    nanzieren wollen, oder sind darin noch sehr viele schöne
    Absichtserklärungen enthalten? Ich glaube, es ist leider
    Letzteres der Fall .

    Warum brauchen wir das? Wir haben es heute mehr-
    fach diskutiert . Es ist über das Thema Flucht diskutiert
    worden . Wir müssen uns fragen: Stellt dieser Haushalt,
    so wie er aufgestellt ist, ein Abbild dessen dar, was wir
    auf die Herausforderungen der Zeit antworten müssen,
    ja oder nein?

    Wir haben über Fluchtursachen diskutiert . Es ist zu Recht
    angesprochen worden: Da gibt es zwei Dinge, die wir tun
    müssten . Das eine ist die akute Hilfe für die Menschen,
    die unter ganz erbärmlichen Umständen in Flüchtlingsla-
    gern leben, nicht erst seit gestern, sondern über Jahre hin-
    weg, und die dort zum Teil ohne Bildung, ohne Sanitär-
    anlagen, ohne Gesundheitsvorsorge leben . Es sind ganz
    katastrophale Zustände . Die Situation ist nicht erst seit
    gestern so . Das wissen wir schon länger . Hier brauchen
    wir akut Mittel und finanzielle Unterstützung.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Wir brauchen aber auch, wenn wir über die viel zitier-
    ten Fluchtursachen reden, Mittel – das ist angesprochen
    worden, das macht die Entwicklungszusammenarbeit –,
    um Kriege gar nicht erst entstehen zu lassen, um Bürger-
    kriege zu verhindern, um den Ausbruch von Kriegen zu
    verhindern und um den Zerfall von Staaten, die in sehr
    schwierigen Situationen sind – gerade in Subsahara-Afri-
    ka –, zu verhindern, damit die Menschen dort überhaupt
    eine Lebensperspektive haben, Zugang zu Nahrung ha-
    ben, vielleicht einen Arbeitsplatz finden, um sich selbst
    ernähren zu können, und ein Mindestmaß an Sicherheit
    garantiert ist, damit sie ihr Leben auch gestalten können .
    Wenn Staaten diese Basis nicht haben – finanziell und
    institutionell –, dann ist die Flucht vorprogrammiert . Bil-
    den wir das wirklich mit diesem Haushalt ab? Ich bin der
    Ansicht, wir tun es leider nicht .


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    An diesem Rednerpult werden wir in 14 Tagen eine
    Regierungserklärung zum Thema „Nachhaltige Entwick-
    lungsziele“, das im September in New York eine Rolle
    spielen wird, hören . Es sind gute Ziele, die dort verein-
    bart werden sollen . Es sind wichtige Ziele . Die extreme
    Armut, die dazu führt, dass sich Menschen nicht mehr
    ernähren können, soll bis zum Jahr 2030 auf diesem Pla-
    neten ausgerottet werden . Aber bilden wir nur diese eine
    Forderung dieses Zielkataloges mit diesem Haushalt ab?
    Ich glaube, nein .


    (Beifall der Abg . Heike Hänsel [DIE LINKE])


    Ähnlich ist es bei den Fragen bezüglich des Klima-
    wandels . Im Dezember werden wir eine Konferenz in Pa-
    ris haben . Auch diese Herausforderungen werden haus-
    halterisch nicht abgebildet .


    (Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig!)


    Heike Hänsel






    (A) (C)



    (B) (D)


    Noch einmal: Ich freue mich, dass es seit mehreren
    Jahren der erste substanzielle Aufwuchs ist . Aber er darf
    nicht einmalig sein . Es muss uns allen klar sein, und zwar
    in allen Ressorts, dass dieser Aufwuchs in den nächsten
    Jahren und Jahrzehnten verstetigt werden muss .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Das gilt für das viel zitierte 0,7-Prozent-Ziel, das wir
    endlich einmal erreichen wollen und sollen; denn wir
    werden es mit diesem Haushalt nicht erreichen . Es ist
    eine Frage der klassischen Entwicklungsfinanzierung. Es
    gilt aber auch – das ist von der Vorrednerin angespro-
    chen worden – für die Frage: Wie bekommen wir welt-
    weit die Staatsfinanzen überhaupt in Ordnung, sodass
    Entwicklungsländer eine Basis haben, in ihren Ländern
    selbst Einnahmen zu erzielen? Hier geht es um nationa-
    le Gesetzgebung . Wir wissen: Im September/ Oktober
    legt die OECD, die Organisation für wirtschaftliche Zu-
    sammenarbeit und Entwicklung, Pläne vor, wie wir das
    Thema Steuererosion verhindern können . Hier geht es
    darum, dass Konzerne Steuer- und Gewinnverlagerun-
    gen vornehmen und dadurch weltweit Milliardenbeträ-
    ge im dreistelligen Bereich erzielen und somit den Ent-
    wicklungsländern die Finanzbasis entziehen; übrigens
    nicht nur denen, auch uns . Wenn wir hier nicht begin-
    nen, gemeinsam mit anderen Politikern – hier brauchen
    wir die Finanzpolitiker – eine wirklich konsistente ent-
    wicklungsfördernde und armutsbekämpfende Politik zu
    machen – auch in anderen Feldern des politischen Agie-
    rens –, dann werden wir scheitern . Wir brauchen diese
    Zusammenarbeit . Wir brauchen dazu bei uns eine natio-
    nale Gesetzgebung und müssen vor Ort anfangen .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Ähnliches gilt für das Thema „Wirtschafts- und Han-
    delspolitik“ . Es ist mehrfach angesprochen worden . Ich
    sage es in jeder Rede: Wir brauchen verbindliche Stan-
    dards mit verbindlichen guten Arbeitsbedingungen,
    ILO-Kernarbeitsnormen, Gesundheitssysteme, soziale
    Absicherung . Wir brauchen Transparenz bezüglich der
    Rohstoffentnahmen von internationalen Konzernen, und
    zwar mit verbindlichen Regeln, damit vor Ort die Basis
    für Wertschöpfung und wirtschaftliches Handeln ge-
    schaffen wird .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Das heißt, wir brauchen eine Zusammenarbeit mit der
    Finanzpolitik, mit der Wirtschaftspolitik, mit der Ge-
    sundheitspolitik . Unsere Zeit ist sehr schnelllebig . Vor
    einem Jahr standen wir hier, haben über Ebola debattiert
    und die Frage diskutiert, wie notwendig es ist, Gesund-
    heitssysteme weltweit aufzubauen . Genau das müssen
    wir jetzt tun, und zwar mit allen Fonds und mit allen Ak-
    teuren, die es dafür gibt . Ich würde mir wünschen, unser
    Haushalt würde den entsprechenden Aufwuchs abbilden,
    und zwar auch in unserer Zukunftsplanung . Das tut er
    leider nicht .


    (Beifall bei der SPD)


    Ich möchte an einem Beispiel deutlich machen, dass
    wir mehr tun können, um Entwicklungszusammenarbeit
    zur Konfliktprävention und zum Vorbeugen von Krisen,
    Kriegen und Fluchtursachen zu nutzen . Es ist nur ein
    kleines Beispiel, das keine Milliarden kostet, aber illus-
    triert, um was es gehen muss . Vor einem halben Jahr ha-
    ben wir mit Institutionen und engagierten Menschen des
    Zivilen Friedensdienstes aus dem Libanon gesprochen .

    Der Zivile Friedensdienst betreut fünf Kommunen,
    in denen Flüchtlinge und Alteingesessene zusammenge-
    bracht werden, um Konflikte aufzuarbeiten, die erheb-
    lich sind . Das kann man sich ja vorstellen . Das ist heute
    mehrfach angesprochen worden . Man kann sich durch-
    aus vorstellen, dass es in einem Land wie dem Libanon,
    in dem jeder vierte Einwohner ein Flüchtling ist, schwie-
    rige Situationen gibt . Dabei geht es um den Zugang zu
    Wasser, um die Energieversorgung, um den Schulbesuch,
    um Konkurrenz am Arbeitsmarkt usw . Es geht darum,
    vor Ort mit den Beteiligten, mit den Kommunen zu klä-
    ren, wie man diese Konflikte friedlich lösen und damit
    Bürgerkriegssituationen vorbeugen kann .

    Es gibt das Ansinnen von lokalen Partnern im Liba-
    non, die Zahl der Kommunen von 5 auf 20 auszuwei-
    ten . Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass wir das ma-
    chen müssen . Das ist eines der Beispiele dafür, wie wir
    Konfliktbewältigung und Konfliktprävention betreiben
    können . Insofern muss es bei Organisationen wie dem
    Zivilen Friedensdienst einen deutlichen Mittelaufwuchs
    gegenüber dem geben, was zurzeit im Haushaltsentwurf
    steht .


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Ich nehme das Angebot sehr ernst, noch einmal über
    die Ausgestaltung des Haushalts in diesem Bereich zu re-
    den . Wenn der Bereich Bildung ernstgenommen werden
    soll, müssen wir auch im Bereich der globalen Partner-
    schaft für Bildung mehr tun . 7 Millionen Euro aus deut-
    scher Hand für diesen Bereich sind beschämend . Wenn es
    uns ernst damit ist, die Situation der Menschen in Afrika
    durch mehr Bildung zu verbessern und dafür zu sorgen,
    dass sie vor Ort etwas tun und selbst aktiv werden kön-
    nen, dann müssen wir uns an all diesen internationalen
    Aktivitäten anders beteiligen . Das wünsche ich mir sehr .

    Wir müssen schnell handeln . Das ist völlig unumstrit-
    ten . Wir dürfen darüber hinaus aber nicht vergessen, wel-
    ches die grundlegenden Aufgaben der Zusammenarbeit
    sind . Entwicklungspolitik muss in allen Ressorts gedacht
    werden . Sonst werden wir unsere Aufgaben leider nicht
    erfüllen können .

    Danke .


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)