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ID1811910500

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Metadaten
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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 18/119 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 119. Sitzung Berlin, Dienstag, den 8. September 2015 Inhalt Glückwünsche zum heutigen Geburtstag des Abgeordneten Wolfgang Gehrcke . . . . . . . . . 11513 A Glückwünsche zum Geburtstag des Bundes- ministers Dr . Gerd Müller sowie der Abge- ordneten Anette Hübinger, Arnold Vaatz, Kees de Vries, Gerda Hasselfeldt, Josef Göppel, Manfred Zöllmer, Dr . Hans-Peter Uhl und Erika Steinbach . . . . . . . . . . . . . . . . 11513 B Nach Deutschland kommende Flüchtlinge . . 11513 B Tagesordnungspunkt 1: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundes- haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2016 (Haushaltsgesetz 2016) Drucksache 18/5500 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11514 C b) Beratung der Unterrichtung durch die Bun- desregierung: Finanzplan des Bundes 2015 bis 2019 Drucksache 18/5501 . . . . . . . . . . . . . . . . . 11514 C Dr . Wolfgang Schäuble, Bundesminister BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11514 D Allgemeine Finanzdebatte (einschließlich Einzelpläne 08, 20, 32 und 60) Dr . Dietmar Bartsch (DIE LINKE) . . . . . . . . 11520 C Carsten Schneider (Erfurt) (SPD) . . . . . . . . . 11522 B Sven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11524 C Ralph Brinkhaus (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 11526 B Eckhardt Rehberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 11528 B Dr . Gesine Lötzsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . 11530 B Johannes Kahrs (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11531 B Dr . Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11533 A Bartholomäus Kalb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 11534 B Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . . 11535 C Antje Tillmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 11537 B Kerstin Radomski (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 11539 A Einzelplan 15 Bundesministerium für Gesundheit Hermann Gröhe, Bundesminister BMG . . . . 11540 D Dr . Gesine Lötzsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . 11543 A Dr . Karl Lauterbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 11544 B Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11546 A Dr . Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 11547 B Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11547 D Dr . Karl Lauterbach (SPD) . . . . . . . . . . . . 11548 B Harald Weinberg (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 11550 A Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 119 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 08 . September 2015II Petra Hinz (Essen) (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 11551 C Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11553 D Maria Michalk (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 11555 C Burkhard Blienert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 11557 C Helmut Heiderich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 11558 B Einzelplan 07 Bundesministerium der Justiz und für Ver- braucherschutz Heiko Maas, Bundesminister BMJV . . . . . . . 11560 C Roland Claus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 11562 D Dr . Patrick Sensburg (CDU/CSU) . . . . . . . . . 11564 A Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11565 B Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . 11567 B Dennis Rohde (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11568 D Harald Petzold (Havelland) (DIE LINKE) . . 11570 A Mechthild Heil (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 11571 D Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11573 A Dr . Johannes Fechner (SPD) . . . . . . . . . . . . . 11574 D Dr . Volker Ullrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 11576 A Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . 11577 D Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11577 C Elvira Drobinski-Weiß (SPD) . . . . . . . . . . . . 11578 B Klaus-Dieter Gröhler (CDU/CSU) . . . . . . . . 11579 C Einzelplan 06 Bundesministerium des Innern Dr . Thomas de Maizière, Bundesminister BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11581 C Jan Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . 11583 D Dr . Eva Högl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11584 D Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 11586 C Thomas Strobl (Heilbronn) (CDU/CSU) . . . . 11587 D Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . 11589 C Burkhard Lischka (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 11590 D Luise Amtsberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11592 B Dr . André Berghegger (CDU/CSU) . . . . . . . . 11593 C Gabriele Fograscher (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 11595 C Dr . Reinhard Brandl (CDU/CSU) . . . . . . . . . 11596 D Matthias Schmidt (Berlin) (SPD) . . . . . . . . . . 11598 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11599 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 11601 A (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 119 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 08 . September 2015 11513 119. Sitzung Berlin, Dienstag, den 8. September 2015 Beginn 10 .00 Uhr
  • folderAnlagen
    Matthias Schmidt (Berlin) (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 119 . Sitzung . Berlin, Dienstag, den 08 . September 2015 11601 Anlagen zum Stenografischen Bericht Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Beck (Bremen), Marieluise BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 08 .09 .2015 Becker, Dirk SPD 08 .09 .2015 Dröge, Katharina BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 08 .09 .2015 Groth, Annette DIE LINKE 08 .09 .2015 Hartmann (Wackern- heim), Michael SPD 08 .09 .2015 Heil (Peine), Hubertus SPD 08 .09 .2015 Heller, Uda CDU/CSU 08 .09 .2015 Irlstorfer, Erich CDU/CSU 08 .09 .2015 Kiziltepe, Cansel SPD 08 .09 .2015 Klein-Schmeink, Maria BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 08 .09 .2015 Kolbe, Daniela SPD 08 .09 .2015 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Lenkert, Ralph DIE LINKE 08 .09 .2015 Mihalic, Irene BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 08 .09 .2015 Pfeiffer, Sibylle CDU/CSU 08 .09 .2015 Renner, Martina DIE LINKE 08 .09 .2015 Röspel, René SPD 08 .09 .2015 Sarrazin, Manuel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 08 .09 .2015 Schlecht, Michael DIE LINKE 08 .09 .2015 Schwarzelühr-Sutter, Rita SPD 08 .09 .2015 Steinbrück, Peer SPD 08 .09 .2015 Tressel, Markus BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 08 .09 .2015 Veit, Rüdiger SPD 08 .09 .2015 Satz: Satzweiss.com, Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de http://www.satzweiss.com http://www.printsystem.de http://www.betrifft-gesetze.de 119. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 1 Einbringung Haushaltsgesetz 2016 Epl 08, Epl 20, Epl 32, Epl 60 Allgemeine Finanzdebatte Epl 15 Gesundheit Epl 07 Justiz und Verbraucherschutz Epl 06 Innen Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Burkhard Lischka


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es gibt

    manchmal Rekorde, die möchte man eigentlich nicht er-
    zielen . Wenn in diesem Jahr bis zu 800 000 Menschen
    zu uns kommen, zu uns kommen müssen, weil sie vor
    Krieg, Tod, Elend und Vertreibung fliehen, dann ist das
    ein solcher Rekord . Als „Allzeithoch“ wird das in diesen
    Tagen sehr gerne in unseren Zeitungen beschrieben . Aber
    es ist eben kein Hochdruckgebiet auf der Wetterkarte, das
    mit dem Sommer 2015 wieder abzieht . Der Umgang mit
    Flüchtlingen – das wissen wir alle – wird uns viele, viele
    Jahre beschäftigen und auch herausfordern . Das Ganze
    ist nicht nur eine Herausforderung, sondern eine wirkli-
    che Herkulesaufgabe, die vor uns liegt, die wir meistern
    können – ja! –, bei der wir aber auch scheitern können .

    Viele Menschen in unserem Land wissen das schon
    längst . Sie engagieren sich oftmals bis an die Grenze
    der Erschöpfung dafür, dass uns diese Aufgabe gelingt –
    durch die Vermittlung und Aufnahme in Unterkünf-
    ten, Verpflegung, Spielsachen, Betreuung von Kindern,
    Deutschunterricht oder ganz einfach durch Zuspruch und
    Begegnung . Sie sorgen dafür, dass Kinder wieder lachen

    Ulla Jelpke






    (A) (C)



    (B) (D)


    können, dass Menschen, die zum Teil alles verloren ha-
    ben, wieder Hoffnung schöpfen . Diese vielen Menschen
    sind derzeit die Helden des Alltags . Sie geben unserem
    Land gerade in diesen Tagen ein menschliches Gesicht,
    und dafür kann man nicht oft genug Danke sagen .


    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


    Aber ich weiß auch: Schon dieser letzte Satz des Dan-
    kes wird dafür ausreichen, dass ich gleich nach dieser
    Debatte in meinem Büro mit einem Stapel böser E-Mails
    konfrontiert werde -


    (Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hassmails! – Dr . Eva Högl [SPD]: Wir alle!)


    E-Mails, die teilweise so widerwärtig sind, dass es mir
    manchmal schwerfällt, meine Sprache wiederzufinden.
    Ja, es macht mich sprachlos, wenn Tag für Tag vor deut-
    schen Flüchtlingsunterkünften traumatisierte Menschen
    ankommen, die oft nur ihr nacktes Leben retten konnten,
    und dort auf Glatzköpfe und sogenannte Wutbürger tref-
    fen, die die ankommenden Busse mit Steinen bewerfen
    und skandieren: Weg mit dem Dreckspack! – In solchen
    Momenten bin ich sprachlos und schäme mich . Aber ich
    weiß: Ja, es gibt dieses hässliche Gesicht in unserem
    Land, aber dieses Gesicht steht nicht für unser Deutsch-
    land im Sommer 2015 .


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Wenn es um Not und Mitmenschlichkeit geht, dann ste-
    hen die Menschen hier in übergroßer Mehrheit zusam-
    men . Auch das haben wir am letzten Wochenende erlebt,
    und das hat Deutschland oft bewiesen . So wird es auch
    diesmal sein .

    Richtig ist aber auch, dass diese Zuschriften, die wir
    ja alle kennen, zeigen, wie weit sich einige Teile dieser
    Gesellschaft voneinander entfernt haben, wie wenig
    Grundkonsens es gibt zwischen denen, die eine unein-
    geschränkte Solidarität mit Flüchtlingen fordern, und
    anderen, die meinen, es wären eh schon viel zu viele . Es
    wird auch eine der Hauptaufgaben der Politik in diesen
    Tagen sein, immer wieder für den Grundkonsens, für den
    gesellschaftlichen Zusammenhalt in unserem Land zu ar-
    beiten . Denn das ist die Grundvoraussetzung dafür, dass
    wir diese Herausforderung meistern und das überhaupt
    schaffen können .

    Ja, wir können das schaffen . Aber die bittere Wahrheit ist
    auch: Wir wollen keine Zäune errichten wie andere und
    nicht so tun, als wenn uns der Rest der Welt nichts angin-
    ge, aber wir können auch nicht so tun, als seien unsere
    Möglichkeiten unbegrenzt . Die Motive der Menschen,
    die zu uns kommen, sind allesamt ehrenwert, aber nicht
    allen Verzweifelten werden wir Arbeit, Sicherheit und
    Zukunft geben können . Der Politik fällt in diesen Tagen
    auch die Aufgabe zu, die Grenze zwischen Möglichem
    und Unmöglichem zu ziehen . Da ist „Flüchtling“ in die-
    sem Zusammenhang ein völkerrechtlich klar definierter
    Begriff, genauso wie das Grundrecht auf Asyl . Das klare

    Kriterium ist Verfolgung, nicht wirtschaftliche Not . Dass
    jemand zu uns kommt, weil er in seiner Heimat keine
    wirtschaftliche und persönliche Perspektive sieht, ist ver-
    ständlich und übrigens auch kein Verbrechen, aber es ist
    eben kein Asylgrund. Ich finde, das ist keine unmenschli-
    che oder zynische Einstellung .

    In einem Kommentar, den ich vor einigen Tagen gele-
    sen habe, wurde nicht ganz zu Unrecht die Situation, in
    der wir uns derzeit befinden, verglichen mit einem Arzt,
    der zu einem Massenunfall mit vielen Verletzten geru-
    fen wird . Wenn sich dieser Arzt zuerst um die Schwer-
    verletzten kümmert, dann ist das nicht unmenschlich,
    sondern durchaus verantwortungsbewusst . Deshalb, lie-
    be Kolleginnen und Kollegen, werden wir einigen, die
    nicht vor Verfolgung fliehen, ehrlich sagen müssen: Das
    Asylverfahren ist der falsche Weg, um nach Deutschland
    zu kommen . Selbst wenn wir alle hier unser Bestes ge-
    ben, werden wir nicht allen gerecht werden können . Wir
    sollten das sagen, ohne Ressentiments und Vorurteile zu
    schüren; denn jemand ist ja kein Unmensch, wenn er
    für sich und seine Familie eine neue Lebensperspektive
    sucht. Er ist übrigens auch kein Betrüger, ich finde, auch
    kein Asylbetrüger .


    (Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie der Abg . Luise Amtsberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Insofern bin ich über manchen Debattenbeitrag der letz-
    ten Wochen irritiert . Es kommt jetzt aber auch darauf an,
    nicht jeden frommen Wunsch als problemlose Realität zu
    verkaufen .

    Wir alle wissen: Es gibt viele Schrauben, an denen jetzt
    gedreht werden muss, und manche Schrauben sind sehr
    schwergängig . Das A und O wird jetzt sein, für schnelle
    Asylverfahren zu sorgen . Davon hängt alles andere ab,
    bis hinunter zu den Kommunen . Hier ist der Bund und
    sonst niemand gefordert .


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Wenn 60 000 Menschen derzeit länger als ein Jahr auf
    eine Erstentscheidung in ihrem Asylverfahren warten,


    (Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Problembeschreibung kennen wir schon!)


    12 000 Menschen länger als zwei Jahre, und wir 265 000
    unerledigte Asylanträge haben, dann müssen wir jetzt al-
    les dafür tun, dass sich das ändert, und zwar auch mit
    diesem Bundeshaushalt .


    (Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was tun Sie denn?)


    Ich glaube, da werden die 2 000 Neueinstellungen, die
    wir uns bis zum Frühjahr vorgenommen haben, nicht rei-
    chen . Denn das bedeutet, dass wir bis zum Jahresende
    1 000 Entscheider beim Bundesamt für Migration und
    Flüchtlinge haben . Schafft ein Entscheider im Durch-
    schnitt 500 Fälle, dann macht das bei 1 000 Entscheidern
    500 000 Fälle im Jahr . Man muss keine weiterführende
    Schule besucht haben, um zu erkennen: 800 000 Asylan-
    träge in diesem Jahr plus 265 000 Altfälle – das kann mit

    Burkhard Lischka






    (A) (C)



    (B) (D)


    1 000 Entscheidern mehr nicht funktionieren . Da müs-
    sen wir mehr tun . Wir müssen jetzt einen entscheidenden
    Schritt nach vorn gehen, sonst bleibt vieles andere, was
    wir anpacken, nur Stückwerk .

    Stückwerk würden wir auch abliefern, wenn wir uns
    nicht mit allen Kräften darum kümmern würden, die
    Menschen, die zu uns kommen und bei uns bleiben, ab
    dem ersten Tag zu integrieren und ihnen beim Erlernen
    unserer nicht einfachen Sprache zu helfen . Wenn die Zu-
    gewanderten auf eigenen Beinen stehen können, wenn
    ihre Kinder zur Schule gehen, wenn ihre Kinder einen
    Job haben, dann würden alle Seiten davon profitieren in
    einem Land, dem in den nächsten 30 Jahren ein Drittel
    seiner Fachkräfte verloren geht . Dann wäre das, was wir
    jetzt erleben, nicht nur eine Herausforderung, sondern
    eine echte Chance für unser Land . Aber auch dafür müs-
    sen wir jetzt mit diesem Haushalt die Weichen stellen
    und nicht erst morgen und übermorgen .

    Herr Minister, Sie werden die SPD an Ihrer Seite ha-
    ben, wenn es darum geht, in Europa Tacheles zu reden .
    Dieses Europa wird eines Tages in den Geschichtsbü-
    chern auch daran gemessen werden, wie es mit seinen
    Flüchtlingen umgegangen ist . Da muss man im Augen-
    blick leider den Eindruck gewinnen, wir lebten in einer
    Union der Egoisten, und einige Regierungschefs sind
    derzeit dabei, Hochverrat an unseren gemeinsamen Wer-
    ten zu verüben . Die Friedensnobelpreisträgerin EU hat
    im Augenblick viel zu verlieren, vor allen Dingen ihre
    Glaubwürdigkeit und ihre menschliche Orientierung .

    „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, das ist der
    erste und der allerwichtigste Satz unseres Grundgeset-
    zes – ohne Vorbehalt . Da ist nicht zu lesen: Es sei denn,
    es sind zu viele Menschen . – Insoweit stehen wir vor ei-
    ner großen Bewährungsprobe . Scheitern dürfen wir dabei
    nicht .

    Danke .


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)




Rede von Petra Pau
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat die

Kollegin Luise Amtsberg das Wort .


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Luise Amtsberg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

    Diese Haushaltsdebatte – im Besonderen die Debatte
    über den Etat des Innenministeriums – ist nicht nur eine
    Debatte über Zahlen, und ich bin froh, dass sie auch in
    den vergangenen Minuten nicht so geführt wurde . Wir
    als Parlament müssen mit diesem Haushalt eine Antwort
    darauf geben, wie wir mit dieser historischen Aufgabe,
    dieser nationalen Verantwortung und Herausforderung
    umgehen . Diese historische Aufgabe ist eben nicht die
    schwarze Null, sondern die Versorgung und Aufnahme
    von Hunderttausenden Schutzbedürftigen in Deutsch-
    land, von Menschen, die vor Krieg und Verfolgung ge-
    flohen sind.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


    Was wir derzeit in Deutschland erleben – das gilt
    insbesondere für die Bilder von den Bahnhöfen in die-
    ser Republik –, macht Hoffnung . Mit dieser Hilfsbereit-
    schaft, aber auch den richtigen politischen Maßnahmen
    wird Deutschland in den kommenden Jahren nicht nur
    vielen Menschen Schutz bieten können, sondern für viele
    auch dauerhaft ein neues Zuhause werden können . Das
    höchste Gut, das wir derzeit haben, sind diese unglaubli-
    che Hilfsbereitschaft, der Mut und das Engagement von
    Menschen in Deutschland. Ihnen gilt unser Dank; denn
    sie waren dort zur Stelle, wo der Staat versagt hat oder
    politische Mühlen zu langsam gemahlen haben .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Die Hilfsbereitschaft der Menschen hängt maßgeblich
    davon ab, was jetzt politisch passiert . Sie hängt davon
    ab, ob wir es schaffen, Maßnahmen auf den Tisch zu le-
    gen, die den derzeitigen Ausnahmezustand beenden . Hier
    müssen wir tatsächlich über Inhalte streiten . Am Samstag
    hatte die Bundesregierung noch mit einer großzügigen
    Geste mehreren Tausend am Budapester Hauptbahnhof
    festsitzenden Flüchtlingen die Einreise nach Deutschland
    erlaubt, und schon am Sonntag präsentierte die Große
    Koalition einen Beschluss, der unter anderem zahlreiche
    restriktive Maßnahmen enthält . Maßnahmen zur Verein-
    fachung von Asylverfahren findet man in dem Papier
    nicht . Darin sehen wir, die grüne Fraktion, aber den we-
    sentlichen Schlüssel . Frau Kollegin Högl, im Gegensatz
    zur SPD haben wir definiert, wie die Vereinfachung und
    Beschleunigung von Asylverfahren gelingen kann .

    Der Beschluss vom Sonntag zeigt, dass man in vie-
    len Punkten hinter die Vereinbarungen der vergangenen
    Jahre zurückfallen will. Die Residenzpflicht soll wieder
    ausgeweitet werden und das Sachleistungsprinzip wieder
    eingeführt werden . Ich frage mich: Warum eigentlich?
    Das Sachleistungsprinzip ist nicht nur diskriminierend,
    sondern es verursacht auch einen enormen bürokrati-
    schen Aufwand, genauso wie die Residenzpflicht, die
    sich im Übrigen aus der geplanten Verlängerung des Ver-
    bleibs in den Erstaufnahmeeinrichtungen ergibt . Dieser
    enorme bürokratische Aufwand ist das Letzte, was wir
    jetzt gebrauchen können .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


    Zum Vorschlag des Innenministers, den Verbleib in
    der Erstaufnahmeeinrichtung auf sechs Monate zu ver-
    längern: Wieso halten Sie sich eigentlich mit solchen
    Vorschlägen auf, obwohl Sie wissen, dass es in der jet-
    zigen Situation überhaupt nicht möglich ist, Flüchtlinge
    so lange in zentralen Aufnahmeeinrichtungen zu halten?
    Es ist doch eher so, dass wir die Flüchtlinge schnell auf
    die Kommunen verteilen, weil die Kapazitäten in den
    Erstaufnahmeeinrichtungen fehlen . Daran werden auch
    150 000 Erstaufnahmeplätze nichts ändern . Statt die Län-
    der damit in eine schwierige Situation zu bringen, sollte
    der Fokus des Innenministers endlich auf der Entlastung
    des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge liegen .
    Das fällt in Ihre Zuständigkeit . Der Bearbeitungsstau von
    mittlerweile über einer Viertelmillion Anträgen kann nur
    durch Verfahrungserleichterungen beseitigt werden . Ich
    frage mich: Warum verwenden Sie so viel Kraft darauf,

    Burkhard Lischka






    (A) (C)



    (B) (D)


    sich an Nationalitäten mit niedrigen Schutzquoten ab-
    zuarbeiten, obwohl es bei Nationalitäten mit besonders
    hohen Schutzquoten so viel Raum für Hilfe durch büro-
    kratische Erleichterungen gibt? Syrien 100 Prozent, Af-
    ghanistan 78,4 Prozent, Irak 99,7 Prozent – es dauert zu
    lange, wenn Asylsuchende aus diesen Ländern im Durch-
    schnitt 11 bis 18 Monate auf eine Entscheidung warten
    müssen . Hierauf sollte der Fokus liegen .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


    Um ein bisschen konkreter zu werden: Es ist Ressour-
    cenverschwendung, wenn man alle Asylanträge von an-
    erkannten Flüchtlingen nach drei Jahren erneut überprüft .
    Im zweiten Quartal dieses Jahres kam es zur Einleitung
    von über 3 000 Widerrufsverfahren, über 500 davon ge-
    gen anerkannte Syrer . Diese Widerrufsprüfungen binden
    unnötige Kapazitäten im Bundesamt und verunsichern
    anerkannte Flüchtlinge . Das ist doch völliger Quatsch .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


    Meine Fraktion ist der Auffassung, dass, um tatsäch-
    lich einen Anreiz zur Beschleunigung der Verfahren zu
    setzen, nach einem Jahr ein Schnitt gemacht werden soll-
    te, dass für Asylverfahren, die nicht innerhalb eines Jah-
    res beschieden werden, quasi eine Altfallregelung gelten
    sollte . Das würde das BAMF wieder voll arbeitsfähig
    machen und überlange Verfahren endlich beenden . Aber
    solche Vorschläge bleiben Sie in Ihrem Papier leider Got-
    tes schuldig .

    Bedauerlicherweise findet sich auch kein Wort im Ko-
    alitionsbeschluss zur Zukunft des Dublin-Verfahrens –
    auch ein wesentlicher Punkt, und das, obwohl die Bun-
    deskanzlerin gerade gestern noch der Presse verkündet
    hat, dass die derzeitige europäische Flüchtlingspolitik
    komplett gescheitert ist . Im Übrigen sehen wir das schon
    seit vielen Jahren so und stimmen ihr da ausdrücklich zu .
    Allerdings liegt der Schlüssel auch hier in der Verkür-
    zung von Verfahren . Wir Grünen wollen, dass die Dub-
    lin-Überstellungen neben Syrern auch für andere Staats-
    angehörige ausgesetzt werden . Denn wie wollen Sie bitte
    schön erklären, dass man Syrer nicht nach Ungarn, Itali-
    en oder Bulgarien abschieben darf, eritreische oder ira-
    kische Flüchtlinge aber schon? Das macht keinen Sinn,


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


    zumal es um die Abschiebung in ein Land geht, das
    Flüchtlinge interniert, kriminalisiert und demnächst mit
    Notstandsgesetzen und drakonischen Strafen bei illegaler
    Einreise reagiert .

    Deshalb appelliere ich namens meiner Fraktion an Sie,
    die regierungstragenden Fraktionen, vor allen Dingen in
    den Gesprächen mit den Ländern diese Vorschläge of-
    fen zu prüfen, vielleicht auch zu konkretisieren und zu
    übernehmen; denn das würde tatsächlich helfen, dem
    BAMF wieder die Kapazitäten zu geben, die es braucht,
    um Asylverfahren schnell zu bearbeiten, und auch in der
    Perspektive – wir müssen davon ausgehen, dass in den
    nächsten Jahren ähnlich viele Menschen nach Deutsch-
    land kommen und Schutz suchen – mit den jetzigen Per-

    sonalkapazitäten in irgendeiner Form handlungsfähig zu
    bleiben . Meine Kollegin Anja Hajduk hat das beschrie-
    ben . Das ist derzeit nicht absehbar . Da müssen wir drin-
    gend aktiv werden .

    Herzlichen Dank .


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)