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ID1810401100

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 18/104 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 104. Sitzung Berlin, Freitag, den 8. Mai 2015 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 18: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe zu der Unterrichtung durch die Bundes- regierung: Bericht der Bundesregierung über die deutsche humanitäre Hilfe im Ausland 2010 bis 2013 Drucksachen 18/2900, 18/3108 Nr. 2, 18/4416 9927 A Christoph Strässer, Beauftragter der Bundesregierung für Menschenrechts- politik und Humanitäre Hilfe . . . . . . . . . . . 9927 B Inge Höger (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 9928 D Thomas Silberhorn, Parl. Staatssekretär BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9930 C Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9932 B Dr. Ute Finckh-Krämer (SPD) . . . . . . . . . . . . 9933 D Frank Heinrich (Chemnitz) (CDU/CSU) . . . . 9935 A Dr. Rolf Mützenich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 9936 B Michael Brand (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 9937 B Dagmar G. Wöhrl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 9938 D Zusatztagesordnungspunkt 5: Antrag der Abgeordneten Steffi Lemke, Peter Meiwald, Dr. Valerie Wilms, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Schutz der Meere weltweit ver- ankern Drucksache 18/4814 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9940 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 6: Antrag der Abgeordneten Ralph Lenkert, Birgit Menz, Caren Lay, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion DIE LINKE: Meeresum- weltschutz national und international stär- ken Drucksache 18/4809 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9940 B Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9940 C Karsten Möring (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 9941 D Hubertus Zdebel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 9943 D Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl. Staatssekretärin BMUB . . . . . . . . . . . . . . . 9945 A Dr. Thomas Gebhart (CDU/CSU) . . . . . . . . . 9946 C Steffi Lemke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9947 D Frank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9948 D Dr. Klaus-Peter Schulze (CDU/CSU) . . . . . . 9950 A Michael Thews (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9951 B Tagesordnungspunkt 20: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Starke Städte und Quartiere – Die Erfolgsgeschichte der Städtebauförderung fortschreiben Drucksache 18/4806 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9952 B Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl. Staatssekretärin BMUB . . . . . . . . . . . . . . . 9952 C Heidrun Bluhm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 9953 C Kai Wegner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 9954 D Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 104. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Mai 2015 Christian Kühn (Tübingen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9956 C Michael Groß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9957 D Artur Auernhammer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 9959 A Tagesordnungspunkt 21: Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: zu dem Vor- schlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über das Klonen von Rindern, Schweinen, Schafen, Ziegen und Equiden, die für landwirtschaftliche Zwecke gehalten und reproduziert wer- den – KOM(2013) 892 endg.; Ratsdok. 18152/13 – und – zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über das Inverkehr- bringen von Lebensmitteln von Klontie- ren – KOM(2013) 893 endg.; Ratsdok. 18153/13 – hier: Stellungnahme gegenüber der Bundesregierung gemäß Artikel 23 Absatz 3 des Grundgesetzes Kein Klonfleisch in der EU – Für mehr Tier- und Verbraucherschutz Drucksache 18/4808 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9960 A Gitta Connemann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 9960 C Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . 9962 B Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD) . . . . . . . . . . . . 9963 B Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9964 C Artur Auernhammer (CDU/CSU) . . . . . . . . . 9965 C Christina Jantz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9966 C Tagesordnungspunkt 14: Antrag der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch, Sevim Dağdelen, Caren Lay, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE: Tag der Befreiung muss gesetzlicher Gedenktag werden Drucksache 18/4333 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9967 B Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . 9967 C Dr. Tim Ostermann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 9968 B Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9969 D Gabriele Fograscher (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 9971 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9972 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten. . . . . . 9973 A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9973 D Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 104. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Mai 2015 9927 (A) (C) (D)(B) 104. Sitzung Berlin, Freitag, den 8. Mai 2015 Beginn: 10.30 Uhr
  • folderAnlagen
    (D) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 104. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Mai 2015 9973 (A) (C) (B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten (D) Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Amtsberg, Luise BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 08.05.2015 Beck (Bremen), Marieluise BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 08.05.2015 Becker, Dirk SPD 08.05.2015 Dr. Bergner, Christoph CDU/CSU 08.05.2015 Buchholz, Christine DIE LINKE 08.05.2015 Dörner, Katja BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 08.05.2015 Ehrmann, Siegmund SPD 08.05.2015 Freitag, Dagmar SPD 08.05.2015 Gohlke, Nicole DIE LINKE 08.05.2015 Gröhe, Hermann CDU/CSU 08.05.2015 Hartmann (Wackern- heim), Michael SPD 08.05.2015 Hintze, Peter CDU/CSU 08.05.2015 Hinz (Essen), Petra SPD 08.05.2015 Hornhues, Bettina CDU/CSU 08.05.2015 Dr. Jüttner, Egon CDU/CSU 08.05.2015 Karawanskij, Susanna DIE LINKE 08.05.2015 Kovac, Kordula CDU/CSU 08.05.2015 Krellmann, Jutta DIE LINKE 08.05.2015 Dr. Lücking-Michel, Claudia CDU/CSU 08.05.2015 Menz, Birgit DIE LINKE 08.05.2015 Motschmann, Elisabeth CDU/CSU 08.05.2015 Dr. Müller, Gerd CDU/CSU 08.05.2015 Nietan, Dietmar SPD 08.05.2015 Nouripour, Omid BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 08.05.2015 Pflugradt, Jeannine SPD 08.05.2015 Dr. Rosemann, Martin SPD 08.05.2015 Roth (Heringen), Michael SPD 08.05.2015 Rüffer, Corinna BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 08.05.2015 Sarrazin, Manuel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 08.05.2015 Schlecht, Michael DIE LINKE 08.05.2015 Schmidt (Fürth), Christian CDU/CSU 08.05.2015 Steinbrück, Peer SPD 08.05.2015 Strothmann, Lena CDU/CSU 08.05.2015 Dr. Terpe, Harald BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 08.05.2015 Dr. Troost, Axel DIE LINKE 08.05.2015 Ulrich, Alexander DIE LINKE 08.05.2015 Dr. Weisgerber, Anja CDU/CSU 08.05.2015 Zimmermann (Zwickau), Sabine DIE LINKE 08.05.2015 Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss) hat mit Schreiben vom 6. Mai 2015 mitgeteilt, dass er entgegen seinem Schreiben vom 25. März 2015 nicht von einer Bericht- erstattung zu der nachstehenden Vorlage gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung abgesehen hat. Die Amtliche Mitteilung ohne Verlesung vom 27. März 2015 (98. Sitzung) wird insoweit aufgehoben. – Unterrichtung durch die Bundesregierung Baukulturbericht 2014/15 der Bundesstiftung Baukul- tur und Stellungnahme der Bundesregierung Drucksache 18/3020 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 9974 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 104. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. Mai 2015 (A) (C) (B) Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unionsdokumente zur Kenntnis genommen oder von ei- ner Beratung abgesehen hat. Innenausschuss Drucksache 18/642 Nr. C.7 Ratsdokument 8229/13 Drucksache 18/1707 Nr. A.2 Ratsdokument 9550/14 Drucksache 18/3362 Nr. A.5 Ratsdokument 15013/14 Drucksache 18/3898 Nr. A.9 EP P8_TA-PROV(2014)0102 Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft Drucksache 18/4749 Nr. A.32 Ratsdokument 7252/15 Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur Drucksache 18/4253 Nr. A.3 Ratsdokument 5095/15 (D) Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 104. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 18 Deutsche humanitäre Hilfe im Ausland 2010/2013 ZP 5,6 Meeresschutz TOP 20 Städtebauförderung TOP 21 EU-Richtlinie über das Klonen von Nutztieren TOP 14 Tag der Befreiung als Gedenktag Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ute Finckh-Krämer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

    Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer oben auf den Tribünen!





    Dr. Ute Finckh-Krämer


    (A) (C)



    (D)(B)

    Ich möchte auf das historische Datum zurückkommen,
    an dem wir heute über humanitäre Hilfe diskutieren;
    denn vor 70 Jahren war Europa in großen Teilen zerstört,
    und nicht zuletzt Deutschland war dringend auf humani-
    täre Hilfe angewiesen. Diese humanitäre Hilfe wurde
    nach vier humanitären Prinzipien geleistet, die erst spä-
    ter schriftlich fixiert wurden: Menschlichkeit, Unabhän-
    gigkeit, Neutralität und Unparteilichkeit.

    Wir als Deutsche haben Glück gehabt, dass diese
    Prinzipien damals schon angewandt wurden, weil nach
    dem, was von deutschem Boden damals ausgegangen
    war, sonst nicht viel humanitäre Hilfe in Deutschland an-
    gekommen wäre.


    (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Frank Heinrich [Chemnitz] [CDU/CSU])


    Humanitäre Hilfe stand noch nie derart im Zentrum
    von öffentlichen Debatten wie aktuell. Auch die Bedeu-
    tung in der deutschen Politik ist, parallel zum Bedarf,
    merklich gestiegen. Aber das, was öffentlich sichtbar
    wird, ist nur die Spitze des Eisbergs. Das meiste, was im
    Bereich der humanitären Hilfe geleistet wird, geschieht
    hinter den Kulissen: Ausbildung, Training, Vorberei-
    tung, Strategieentwicklung, Koordination und Planung.

    Wir haben inzwischen eine hohe Professionalität der
    Helferinnen und Helfer. Das ist schon deswegen nötig,
    weil hier viel falsch gemacht werden kann. Die intensive
    und konstruktive Zusammenarbeit des Auswärtigen
    Amtes mit staatlichen und nichtstaatlichen Hilfsorgani-
    sationen hat sich in den letzten Jahren entwickelt. Beispiel-
    haft dafür steht der international einmalige Koordinierungs-
    kreis für humanitäre Hilfe, zu dem das Auswärtige Amt
    regelmäßig einlädt und der staatliche und nichtstaatliche
    Expertinnen und Experten zusammenbringt.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Wer, lieber Tom Koenigs, gelegentlich an diesem Ar-
    beitskreis teilnimmt, spürt, wie gut, zumindest auf der
    Arbeitsebene, die Zusammenarbeit zwischen BMZ und
    Auswärtigem Amt funktioniert.

    Ich bin auch überzeugt, dass in diesem Arbeitskreis
    darüber diskutiert wird – es ist damit schon begonnen
    worden –, wie die Konsequenzen aus der Ebolakrise um-
    gesetzt werden können. Ich persönlich bin mir ange-
    sichts dessen, was wir mit der WHO in den letzten Jah-
    ren etwa beim Thema Schweinegrippe erlebt haben,
    noch nicht sicher, ob eine Stärkung der WHO wirklich
    der richtige Weg wäre.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


    Humanitäre Hilfe ist eine hochprofessionalisierte zi-
    vile Aufgabe, die mit zivilen Kapazitäten fast immer
    ebenso gut oder besser erfüllt werden kann als mit mili-
    tärischen Kräften, auch wenn sich – Ausnahmen bestäti-
    gen die Regel – gerade zwei Schiffe der Bundesmarine
    an der Rettung von schiffbrüchigen Flüchtlingen im Mit-
    telmeer beteiligen. Aber wir sind uns hier, glaube ich,
    alle einig, dass so etwas eine Ausnahme bleiben soll und
    muss; das steht auch so in der Beschlussempfehlung.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Die humanitären Prinzipien haben sich also bewährt.
    Sie müssen gegen kurzfristige innen- oder außenpoliti-
    sche Interessen verteidigt werden. Das wird – anders als
    von Inge Höger eben suggeriert – in der Strategie des
    Auswärtigen Amts zur humanitären Hilfe im Ausland
    ausdrücklich betont – ich zitiere –:

    Die unbedingte Wahrung dieser Grundsätze ist
    Voraussetzung dafür, dass humanitäre Akteure vor
    Ort – in häufig schwierigem politischen Umfeld mit
    schlechter Sicherheitslage – tätig werden können.

    Sie sind notwendig, damit humanitäre Hilfe Konflikte
    nicht hervorruft oder verschärft, sondern im Idealfall so-
    gar hilft, sie zu deeskalieren. Die humanitären Prinzipien
    unterscheiden aber auch die humanitäre Hilfe, vor allem
    die Nothilfe, von der Entwicklungszusammenarbeit, die
    an politische Bedingungen geknüpft werden kann und
    darf. Insofern ist es nicht immer möglich, humanitäre
    Hilfe, Übergangshilfe und Entwicklungszusammenarbeit
    zusammenzudenken, weil irgendwo der Punkt einsetzt,
    wo politische Bedingungen gestellt werden können und
    dürfen.


    (Beifall bei der SPD)


    Ich möchte auch den Vorwurf zurückweisen, dass
    Deutschland in Bezug auf die humanitäre Hilfe in Syrien
    politische oder strategische Gründe zugrunde gelegt
    habe,


    (Christoph Strässer [SPD]: Unglaublich!)


    als es darum ging, wem man helfen will. Deutschland
    hat zwar Hilfsorganisationen unterstützt – aus den Mit-
    teln des Auswärtigen Amts –, die Zugang zu den Regio-
    nen haben, wo die Befreiungsbewegungen tätig sind;
    aber Deutschland hat über internationale Organisationen,
    die Zugang zu den von der Regierung kontrollierten Ge-
    bieten haben, dort natürlich genauso humanitäre Hilfe
    geleistet,


    (Inge Höger [DIE LINKE]: Sehr spät!)


    und das ist auch gut und richtig so.


    (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Frank Heinrich [Chemnitz] [CDU/CSU] – Christoph Strässer [SPD], an Abgeordnete der LINKEN gewandt: Und da werfen Sie uns vor, dass wir über das Rote Kreuz Assad unterstützen!)


    Eine Entschließung soll auf den Bericht aufmerksam
    machen, sie soll nicht an seine Stelle treten. Deswegen
    bitte ich um Zustimmung.

    Vielen Dank.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)




Rede von Claudia Roth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Ute Finckh-Krämer. – Nächster Redner:

Frank Heinrich für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) (C)



(D)(B)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Frank Heinrich


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

    Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Ich weiß
    nicht, wer von Ihnen schon da war, als eben die Gedenk-
    stunde zu 70 Jahren Kriegsende stattfand. Das Kriegs-
    ende markiert nicht nur die Befreiung von Völkermord
    und humanitärer Katastrophe, sondern auch den Beginn
    von 70 Jahren Frieden in Europa, in einem Großteil Eu-
    ropas – so lange wie vorher tausend Jahre lang nicht.

    Aus dieser Geschichte wächst Verantwortung. Das
    betont die Einleitung des Berichts, über den wir jetzt de-
    battieren. Ich zitiere aus dieser Einleitung:

    Humanitäre Hilfe ist Ausdruck ethischer Verant-
    wortung und internationaler Solidarität mit Men-
    schen in Not. Ziel des humanitären Engagements
    der Bundesregierung ist es, Menschen in Not ein
    Überleben in Würde und Sicherheit zu ermöglichen
    und das Leid derer zu lindern, die ihre akute Not-
    lage aus eigener Kraft nicht überwinden können.

    Der Bericht hat, grob gesehen, zwei Elemente – Sie
    haben vieles davon jetzt schon gehört –:

    Im ersten Teil geht es um die Strategie, um die Neu-
    ausrichtung der humanitären Hilfe durch die Ressortver-
    einbarung zwischen dem Bundesministerium für wirt-
    schaftliche Zusammenarbeit und dem Auswärtigen Amt.
    Da gibt es immer noch Verbesserungsbedarf. Das Ergeb-
    nis der Anhörung – Herr Koenigs, Sie haben das ange-
    sprochen – lautet: Das muss noch verbessert werden. Es
    muss noch weiter darüber geredet werden, wie wir das
    besser machen können. Die Koordinierung vor Ort ist
    ganz besonders wichtig. Es geht um bessere Verknüp-
    fung von kurz- und langfristiger Hilfe, Soforthilfe, Über-
    gangshilfe, Katastrophenvorsorge. – Da liegt noch eine
    Menge Arbeit vor uns.

    Der zweite Teil ist die Berichterstattung über die vier
    schon genannten Jahre 2010 bis 2013. Der Aufwuchs der
    Bedarfe ist, glaube ich, durch meine Vorredner schon
    ziemlich deutlich geworden. Der Bedarf wächst auch
    seit 2013 weiter. Gründe für den steigenden Bedarf sind:
    allgemeine Zunahme der Zahl von Extremwetterereig-
    nissen – Trockenheit, Fluten, Überschwemmungen in
    Afrika, Wirbelstürme in Asien –, große Naturereignisse
    mit Katastrophenfolgen wie das Erdbeben in Haiti – das
    ist schon wieder eine Weile her; es fiel aber genau in die-
    sen Zeitraum – oder auch die Fluten in Pakistan, Zu-
    nahme der Anzahl von Krisen und Konflikten, Zunahme
    auch, was deren Dauer und Ausmaß angeht – ich nenne
    die langanhaltenden Krisen in Afrika; es gibt drei große
    zeitgleich bestehende Konflikte: in Syrien, im Südsudan
    und in der Zentralafrikanischen Republik –, steigende
    Kosten für komplexe Operationen humanitärer Art.

    Jetzt, im Jahr 2015, haben wir gleich eine Handvoll
    humanitärer Krisen vor uns. Wir haben davon gehört,
    was im Jemen passiert, in Nepal, im Südsudan, in
    Eritrea, in Zentralafrika. Wir haben die Menschen vor
    Augen, die im Mittelmeer ertrinken – großteils als Folge
    dieser Krisen.

    Ich weiß, dass es vielen meiner Kollegen und auch
    vielen Bürgern und Menschen, die in unserem Land Mit-
    verantwortung tragen, ähnlich geht wie mir. Es ist eine
    riesige Betroffenheit vorhanden, nicht nur am Tag einer
    Katastrophe und an den Tagen danach. Durch das Ertrin-
    ken von Menschen haben wir das vor Augen. Die letzten
    zwei, drei Wochen haben mich innerlich zerrissen. Ich
    denke an das Alte Testament. Früher hat man, wenn man
    eine große Trauer gefühlt hat, sein Hemd zerrissen. Das
    mache ich jetzt nicht.


    (Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Das wär’s!)


    Aber eigentlich müsste man das tun, um deutlich zu ma-
    chen: Das können wir doch nicht zulassen. Dabei kön-
    nen wir doch nicht ruhig bleiben. – Als ehemaliger Pas-
    tor habe ich darüber nachgedacht, ob ich eine Weile
    faste. Auch das war eine Möglichkeit dafür, Trauer aus-
    zudrücken, Mitleiden auszudrücken, darüber nachzusin-
    nen: Was kann man denn verändern? Ich habe sogar kurz
    über einen Hungerstreik nachgedacht, wusste in dem
    Moment aber nicht, gegen wen.

    Es geht darum, auszudrücken: Ich will nicht dabei
    bleiben. Ich will mich nicht damit zufriedengeben, dass
    mir die Ohnmacht, die ich jetzt gerade empfinde, mögli-
    cherweise dadurch genommen wird, dass die nächsten
    drei Krisen entstehen. Ich will diese Ohnmacht teilen
    und ihr Ausdruck verleihen, damit dann konstruktiv mit-
    einander gearbeitet werden kann. Ich will nicht betäubt
    werden durch die vier nächsten zugegeben wahrschein-
    lich wichtigen Themen, die hier im Parlament diskutiert
    werden müssen.

    Ein Zweites will ich nicht. Wir haben vor 14 Tagen
    hier eine tolle Debatte anlässlich des 100. Jahrestags des
    Genozids an den Armeniern geführt. Ein Satz des Bun-
    destagspräsidenten war – ich sage das jetzt mit meinen
    Worten –: Wir wussten alles zu der damaligen Zeit. Wir,
    Deutschland, wussten alles und haben nicht getan, was
    wir konnten. – Ich will nicht, dass meine Kinder und En-
    kel irgendwann am Mittelmeer stehen und genau diesen
    Satz über unsere Generation und über uns Politiker sa-
    gen müssen, nämlich dass wir alles wussten und nicht
    getan haben, was wir konnten. Das heißt nicht, dass wir
    die richtige Lösung sofort parat haben, das heißt nicht,
    dass es nur um Geld geht, das heißt auch nicht, dass wir
    einfach mehr Flüchtlinge aufnehmen, aber das heißt,
    dass wir – damit geht es nicht nur um humanitäre Hilfe –
    konstruktiv die Köpfe zusammenstecken, bis wir heraus-
    finden, was wir denn tun können; das muss langfristig
    glaubwürdig sein.

    Das geht über die ganze Bandbreite der Thematik: Es
    geht um die humanitäre Hilfe, richtig abgestimmt vor
    Ort, aber auch abgestimmt mit den europäischen Part-
    nern, um Außenpolitik, Entwicklungszusammenarbeit
    und Ursachenbekämpfung; der Herr Staatssekretär hat es
    angesprochen. Es geht um die Hilfe für die Aufnahme-
    staaten Libanon, Jordanien, Türkei. Was die Syrien-
    Krise angeht, können wir noch mehr tun, natürlich auch
    bei der Bekämpfung der Schleuserkriminalität, die übri-
    gens nicht nur am Mittelmeer zu finden ist. Und es geht
    um die Seenotrettung der Flüchtlinge. Wir brauchen eine
    abgestimmte EU-Politik und möglicherweise eine Dis-
    kussion über ein Ende des Dublin-Verfahrens.





    Frank Heinrich (Chemnitz)



    (A) (C)



    (D)(B)


    (Beifall des Abg. Tom Koenigs [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Letztlich geht es um die deutsche Regelung zu Asyl und
    Zuwanderung. Natürlich gibt es tolle Signale: heute der
    Gipfel im Kanzleramt,


    (Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja ein tolles Signal!)


    die Schiffe, die zusätzlich zur Verfügung gestellt wer-
    den, die Initiative des BMZ. Ich bin dankbar; aber es
    reicht mir nicht.

    In Kohärenz und Zusammenarbeit müssen wir uns
    quer durch unser Haus, quer durch die Ministerien, quer
    durch unsere Gesellschaft, bei den Medien angefangen
    über uns Bürger als Nachbarn, auf die Frage fokussieren:
    Wollen wir, dass in 50 Jahren über uns gesagt wird, wir
    hätten alles gewusst, aber nicht alles getan, was wir
    konnten? – Wir müssen das Problem wirklich angehen.

    Ich komme zum Ende, Frau Präsidentin. – Heute ist
    der Tag der Befreiung. Morgen, am 9. Mai, ist Europa-
    tag. Vor 65 Jahren schlug der französische Außenminis-
    ter Robert Schuman in einer Rede unter anderem das
    vor, was wir heute als Europa kennen. Unter anderem
    sagte er in der Rede – ich zitiere –:

    Der Friede der Welt kann nicht gewahrt werden
    ohne schöpferische Anstrengungen, die der Größe
    der Bedrohung entsprechen.

    Genau das gilt heute auch wieder, nur dass die Perspek-
    tive global sein muss und die Reaktion ganzheitlich. Ich
    wünsche mir, dass wir solchen Anstrengungen Priorität
    verleihen.

    Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)