Rede von
Elvira
Drobinski-Weiß
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kol-
legen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Auf das ver-
frühte Weihnachtsgeschenk – die Nachrichten aus Brüs-
sel – ist schon hingewiesen worden. Ich denke, der
Kompromiss auf der europäischen Ebene zwischen Rat,
Kommission und Parlament ist ein Kompromiss, der den
nationalen Ausstieg aus dem Anbau gentechnisch verän-
derter Pflanzen ermöglicht – und dieser Kompromiss ist
gut!
Er enthält wesentliche Punkte, die wir von der SPD
gefordert haben. Wir haben lange dafür gekämpft, und
die Anstrengungen haben sich gelohnt.
Die Mitgliedstaaten der EU können künftig souverän
entscheiden, ob sie Gentechnik auf ihren Äckern erlau-
ben wollen oder nicht. Die Entscheidung muss nicht, wie
es ursprünglich einmal geplant war, mit den Unterneh-
men ausgehandelt werden. Das, finde ich, war auch völ-
lig inakzeptabel.
Der Ausstieg soll nun also jederzeit möglich sein, und
Länder, die den Anbau gentechnisch veränderter Pflan-
zen erlauben, werden zu Schutzmaßnahmen gegenüber
den Nachbarstaaten verpflichtet. Beides ist sehr wichtig.
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 77. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Dezember 2014 7425
Elvira Drobinski-Weiß
(C)
(B)
Noch lieber hätte ich es natürlich gesehen, wenn die
Regeln im Umweltrecht und nicht im Binnenmarktrecht
verankert worden wären.
Aber der Ausstieg aus der Gentechnik auf dem Acker
wird trotzdem rechtssicherer. Diesen Ausstieg, denke
ich, wollen wir alle.
Ich sage Ihnen auch, warum: weil die Gentechnik auf
dem Acker nicht kontrollierbar ist
und weil wir als Gesetzgeber die Pflicht haben, die na-
türlichen Lebensgrundlagen für die zukünftigen Genera-
tionen zu schützen. Das, sehr verehrte Kolleginnen und
Kollegen, steht in unserem Grundgesetz.
Die langfristige Wirkung der Grünen Gentechnik auf
die Artenvielfalt, auf die Ökosysteme, auf die Lebens-
mittel- und Futtermittelkreisläufe ist nicht absehbar.
Diese Technologie ist enorm risikobehaftet, und sie ist
nicht rückholbar. Ich denke, das müssen wir uns klarma-
chen. Felder, Äcker und Beete sind eben keine abge-
schlossenen Laborräume. Samen fliegen umher, kreuzen
aus. Wenn wir die Gentechnik auch nur begrenzt zulas-
sen, dann haben wir sie irgendwann überall, dann ist es
nämlich mit der Wahlfreiheit für Verbraucherinnen und
Verbraucher vorbei. Die Mehrheit dieser Verbraucher-
schaft will eben keine Gentechnik auf dem Teller.
Im Koalitionsvertrag haben wir vereinbart, diese Vor-
behalte der Bevölkerung gegenüber der Gentechnik an-
zuerkennen. Das heißt für die nationale Umsetzung des
europäischen Kompromisses:
Erstens. Wir brauchen die rechtliche Möglichkeit,
bundesweite Anbauverbote zu verhängen; ich betone:
bundesweit.
Zweitens. Wir müssen die Anbauverbote auch regel-
mäßig bundesweit aussprechen.
Und drittens. Das alles muss selbstverständlich ohne
irgendwelche Verhandlungen mit den Saatgutkonzernen
stattfinden.
Herr Minister Schmidt ist heute nicht da, aber ich
denke, dass die Frau Staatssekretärin das weitergeben
wird. Das wird, finde ich, eines unserer wichtigsten Pro-
jekte im nächsten Jahr, ebenso wie die Kennzeichnungs-
pflicht – ich möchte nochmals darauf hinweisen, damit
das nicht vergessen wird – für die Produkte von Tieren,
die mit gentechnisch veränderten Futtermitteln gefüttert
worden sind.
Auch dafür muss sich Deutschland auf der europäischen
Ebene starkmachen.
Das haben wir den Menschen in unserem Koalitionsver-
trag versprochen. Das heißt also: Wir werden das tatkräf-
tig anpacken. Lassen Sie uns aber erst noch das kom-
mende Weihnachtsfest friedlich begehen. Und dann
arbeiten wir im neuen Jahr weiter.
Vielen Dank und alles Gute.