Rede von
Dr.
Bärbel
Kofler
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!
Viele Kollegen im Saal haben zu den Emissionsminde-
rungszielen Stellung genommen – zu Recht. Ich möchte
darauf hinweisen, dass auch die Ministerin selbst dazu
Stellung genommen und gesagt hat, dass wir alle bis Pa-
ris unsere Hausaufgaben noch machen müssen, damit
wir wirklich zu einer erfolgreichen Minderung der CO2-
Emissionen und der CO2-Äquivalente gelangen.
Ich möchte mich als Entwicklungspolitikerin aber auf
die Fragen des Anpassungsmechanismus, des Anpas-
sungsfonds, und die Rolle Deutschlands dabei konzen-
trieren, weil ich glaube, dass dies nicht genug gewürdigt
werden kann. Ich finde es sehr positiv – nicht nur ich,
sondern gerade auch Climate Action Network –, dass
Deutschland nach Jahren, in denen es schon einmal das
„Fossil des Tages“ war, mit Barbara Hendricks und ih-
rem Engagement für den Anpassungsfonds auf der Kli-
makonferenz in Lima zum „Ray of The Day“, zum Son-
nenstrahl des Tages, wurde.
Die zusätzlichen 50 Millionen Euro bzw. 60 Millio-
nen Dollar aus Deutschland sind von großer Bedeutung.
Das wird klar, wenn man das Gesamtvolumen des An-
passungsfonds kennt und weiß, dass er seit 2010 erst
265 Millionen Euro ausschütten konnte, um für die
Ärmsten der Armen zu arbeiten, für die Schaffung einer
Lebensgrundlage für viele Menschen, die nicht verant-
wortlich sind für das, was vor ihrer Haustür an durch den
Klimawandel ausgelösten zerstörerischen Momenten
passiert. Dieser Anpassungsfonds ist also von großer Be-
deutung.
Ich glaube, es wird auch von großer Bedeutung sein,
beim Green Climate Fund den Anpassungsanteil von
50 Prozent so auszugestalten, dass die Entwicklungslän-
der Mitsprache bei der Verwaltung haben. Das ist ganz
wichtig und entscheidend.
Ich möchte ein Beispiel nennen. Der Anpassungs-
fonds hat sehr erfolgreich im Senegal agiert. Es gibt gute
Beispiele, die zeigen, wie man Menschen, ganzen Re-
gionen, aber auch der Wirtschaft in den Ländern ins-
gesamt helfen kann, wieder Tritt zu fassen. Es gibt dort
Regionen mit Küstenerosion, steigendem Meeresspiegel
und der Überschwemmung von Ackerland. Durch das
Engagement des Anpassungsfonds, des Adaptation Fund,
konnten die Lebensgrundlagen von Bauern und Fischern
wieder stabilisiert werden. Es ist an dieser konkreten
Stelle gelungen, einen Damm zu bauen. Hinter diesem
Damm konnten Flächen renaturiert werden und versal-
zene Böden für die Menschen wieder nutzbar gemacht
werden, sodass sie wieder zur Ernährungssicherung bei-
tragen. Das ist Zukunft für die Menschen. Sie müssen
von Tag zu Tag ihr Leben in den Griff bekommen. In
dem konkreten Beispiel aus dem Senegal haben 5 000 Bau-
ern von den Anpassungsmaßnahmen in der Weise profi-
tiert, dass sie wieder eine Lebensgrundlage für sich und
ihre Familien haben. Das finde ich unterstützenswert.
Ich finde das auch deshalb unterstützenswert, weil das
gerade die Beispiele sind, die den beiden anderen „Rays
of The Day“, den beiden anderen Sonnenstrahlen von
Lima, nämlich Peru und Kolumbien, den Weg erleich-
tern, ihre eigenen Mittel einzubringen, um Anpassungs-
maßnahmen voranzubringen. Das ist es doch, worüber
wir immer wieder diskutiert haben, nämlich dass jeder
einen Beitrag leisten muss und leisten kann, dass aber
die Länder, deren Finanzkraft besser ausgestattet ist und
die aus ihrer historischen Verantwortung heraus dazu
verpflichtet sind, mit entsprechend höheren Beiträgen
vorangehen müssen. Das ist hier geschehen. Das finde
ich wirklich unterstreichenswert und besonders wichtig.
Es wird jetzt darauf ankommen, den Anpassungs-
fonds auch zukünftig mit finanziellen Mitteln auszustat-
ten, damit er seine Arbeit weiter leisten kann. Wir wis-
sen, seine Finanzierung ist an die Abgabe aus dem CO2-
Zertifikate-Handel gebunden. Durch den niedrigen Preis
kommt es zu einer entsprechend geringen Ausstattung
des Anpassungsfonds. Leider kommt es aber nicht zu ei-
ner entsprechend geringeren Verschmutzung und Zerstö-
rung von weiten Teilen der Erde. Das heißt, wir müssen
höhere Mittel für den Anpassungsfonds erreichen, und
selbstverständlich müssen wir zu entsprechenden Mit-
teln für den Green Climate Fund kommen. Es geht um
eine Emissionsverminderung – das ist selbstverständlich –,
aber eben auch um Anpassung.
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 77. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Dezember 2014 7397
Dr. Bärbel Kofler
(C)
(B)
Ich glaube, wir haben einige Chancen, uns für das
nächste Jahr finanziell anders aufzustellen, für die Kon-
ferenz in Paris das Vertrauen der Entwicklungsländer zu-
rückzugewinnen und bei dem Prozess der SDGs, der
Nachhaltigkeitsziele, im Sommer bei der Finanzierungs-
konferenz in Addis Abeba, aber auch bei der Beschrei-
bung der Ziele, zu denen sich die Weltgemeinschaft ver-
pflichtet, im September in New York dieses Thema und
die Finanzierung in den Mittelpunkt zu stellen, es mit
Entwicklungspolitik zu verzahnen, unseren Haushalt in
Ordnung zu bringen und einen Beitrag zu leisten, Ent-
wicklungsmittel und Klimamittel gemeinsam zu erhö-
hen.
Barbara Hendricks, du hast eingangs gesagt, Klima-
politik sei Friedenspolitik. Ich möchte ergänzen: Klima-
politik und Entwicklungspolitik sind Friedenspolitik.
Darauf müssen wir uns im nächsten Jahr konzentrieren.