Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Vielen Dank. – Wir stehen nach Klimakonferenzen re-
gelmäßig an diesem Pult und diskutieren über den Aus-
gang. Ich möchte mich dem Thema etwas anders nähern.
Ich glaube, die Gefahr, die augenblicklich besteht, ist,
dass wir Paris wieder zu hopp oder top hochstilisieren.
So ist das Gefüge immer bei Klimakonferenzen. Wir alle
wollen, um nicht falsch verstanden zu werden, ein er-
folgreiches Abkommen in Paris. Aber viel wichtiger,
glaube ich, ist der Mechanismus, der sehr wohl in Lima
begonnen wurde, nämlich die einzelnen Staaten zu for-
dern, sie zu bitten und einzuladen, ihre Minderungsziele
zu benennen. Ja, richtig, das war viel zu vage bislang;
aber es wird ein Mechanismus in Gang gesetzt werden,
der es ermöglicht, dass sich gerade die aktive Zivilge-
sellschaft ein Bild über Erfolg oder Nichterfolg macht.
Ich finde es sehr wohltuend, Toni Hofreiter, dass die
Bundesregierung für ihre Rolle in Lima gelobt worden
ist. Ich glaube, diese Rolle wäre nicht einnehmbar gewe-
sen, wenn nicht Menschen wie Ban Ki-moon, der UN-
Generalsekretär, anerkennen würden, was hier in den
letzten Monaten tatsächlich geleistet worden ist, liebe
Kolleginnen und Kollegen. Erstmals hat eine Bundesre-
gierung gesagt: Wenn wir national so weitermachen,
dann erreichen wir unser Klimaschutzziel bis 2020 nicht. –
Erstmals liegt dem deutschen Parlament ein ganzer Ka-
talog vor, aus dem hervorgeht, wie diese Klimaschutz-
ziele dennoch erreicht werden können. Ich finde, es liegt
jetzt an uns, zu zeigen, ob wir bereit und in der Lage
sind, den Katalog umzusetzen, der von der Umweltmi-
nisterin, dem Wirtschaftsminister und dem Kabinett ins-
gesamt vorgelegt worden ist. Darauf wird es in den
nächsten sechs Monaten maßgeblich ankommen.
An diesem Beispiel zeigt sich letztlich auch – Herr
Bundestagspräsident, ich nutze die Gelegenheit, es Ihnen
direkt zu sagen –, wie wichtig die Verzahnung zwischen
Regierungskonferenzen und parlamentarischem Agie-
ren ist. Nichts von dem, was in Lima vereinbart worden
ist oder in Paris vereinbart werden könnte, ist de facto
umgesetzt; vielmehr bedarf es nationaler Parlamente, die
die Umsetzung vornehmen. Überdenken Sie deswegen
bitte die Entscheidung des Präsidiums, und klären Sie,
ob es nicht doch angebracht ist, zu Regierungskonferen-
zen wie einer Klimakonferenz stets eine Delegation des
Deutschen Bundestages mitreisen zu lassen! Ich halte
das für unverzichtbar.
Wir haben in den vielen Gesprächen, die wir mit Par-
lamentariern anderer Parlamente geführt haben, auch er-
fahren, dass das Interesse an der deutschen Energie-
wende ungebrochen ist. Zwei Beispiele dafür will ich an
dieser Stelle nennen. Die mexikanische Delegation hat
uns gesagt: Wenn ihr, die ihr euch auf dem gleichen
Breitengrad wie Alaska befindet, die Nutzung erneuer-
barer Energien zustande bringt, dann müssten wir Mexi-
kaner das mit der Photovoltaik doch erst recht zustande
bringen. Ich finde, das ist ein schönes Beispiel.
Die Amerikaner haben sich bei uns, der Bundesrepublik
Deutschland, ausdrücklich dafür bedankt, dass wir mit
unserem Erneuerbare-Energien-Gesetz dafür gesorgt ha-
ben, dass die Kosten für die Einführung erneuerbarer
Energien von einer Nation wie der Bundesrepublik
Deutschland geschultert werden. Das ist ein weiteres
positives Signal dafür, dass die internationale Staatenge-
meinschaft anerkennt, dass Deutschland hier weiterhin
eine Vorreiterrolle einnimmt. – Diese beiden Beispiele
zeigen mir, dass wir viel Reputation haben, jetzt aber
auch viel auf dem Spiel steht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden in den
kommenden Monaten beweisen müssen, dass das, was
wir hier machen, kein Selbstzweck ist, dass sich Klima-
schutz, wirtschaftliche Erneuerung und wirtschaftlicher
Fortschritt nicht ausschließen, dass, im Gegenteil, Wirt-
schaft und Umweltschutz nur gemeinsam erfolgreich
sind, dass wir in Deutschland weiterhin eine starke Wirt-
schaft haben können, weil wir in erneuerbare Energien
investieren und auf Effizienz setzen.
Da dies der letzte Plenartag in diesem Jahr ist: Ich
wünsche mir, dass gerade angesichts der UN-Klimakon-
ferenz in Paris eine breite Dynamik entsteht – nicht nur
in Europa, sondern auf der ganzen Welt –, das zu prakti-
zieren, was bei uns in Deutschland bereits geschieht,
nämlich Innovationen und die Behandlung von Gerech-
tigkeitsfragen zu verbinden. Klimaschutz sollte im Jahr
2015 das Thema sein, das über allem steht; denn wir
brauchen wirksame Schritte. Wir haben nur eine Welt,
und wir dürfen sie nicht fahrlässig verspielen. In diesem
Sinne wünsche ich mir, dass der Klimaschutz durch die
Pariser Konferenz eine neue Dynamik gewinnt.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.