Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Liebe Frau Bulling-Schröter, wenn dem mal so wäre! Ich
stehe dem demokratischen Sozialismus ja durchaus nahe
– das steht jedenfalls so in unserem Programm –, die
Realität ist aber leider eine andere. Es ist eben nicht so,
dass auf den Weltklimakonferenzen eine Unterteilung
zwischen den bösen neoliberalen Staaten und den guten
vermeintlich realsozialistischen Staaten zu machen ist.
Auch Staaten wie China, Equador und Bolivien sind
eben nicht bereit, sich international zu verpflichten. Der
Realsozialismus hat insofern bisher jedenfalls noch kei-
nen Weg zur Lösung der internationalen Klimakrise ge-
zeigt.
Toni Hofreiter, es ist ja auch wichtig, dass die Opposi-
tion hier Kritik übt, aber ich will ausdrücklich würdigen,
7390 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 77. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Dezember 2014
Frank Schwabe
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dass wir das – auch gemeinsam auf der Klimakonferenz
in Lima – gut gemacht haben.
– Das, was dort erreicht worden ist, wurde von der grü-
nen Delegation und auch hier gewürdigt. – Ich glaube,
man muss schon einmal feststellen: Deutschland ist in-
ternational wirklich führend. Das ist auf dieser Konfe-
renz nicht von uns selbst, sondern von den allermeisten
Ländern festgestellt worden, die dort vertreten waren.
Christoph Bals von Germanwatch hat deutlich ge-
macht: Wir haben selten ein so produktives Miteinander
zwischen der Umweltministerin und dem Wirtschafts-
minister erlebt. – Der Wirtschaftsminister weiß natürlich
auch, wie Klimaverhandlungen laufen und wie wichtig
die internationale Klimapolitik ist. Ich glaube, wir soll-
ten hier im Deutschen Bundestag gemeinsam würdigen,
dass es eine solch gute Voraussetzung in Deutschland
jetzt gibt, sodass wir international und national eine gute
Klimaschutzpolitik machen können.
Wir können lange über Erfolge oder Misserfolge von
internationalen Konferenzen reden. Die Welt verändert
sich in zweierlei Maß: Zum einen wächst der Treibhaus-
gasausstoß kontinuierlich – das ist richtig –, zum ande-
ren sind wir gleichzeitig in der Lage, Energie anders zu
produzieren. Das passiert, und das muss man wahrneh-
men. Im Jahr 2013 sind weltweit mehr Kapazitäten im
Bereich der erneuerbaren Energien hinzugebaut worden
als in den Bereichen Kohle, Gas und Atom zusammen.
Das ist die Grundlage dafür, dass wir auch internatio-
nal zu anderen Verabredungen kommen können, und ich
glaube, das haben wir auf der Konferenz auch gespürt.
Am Ende, in der Endphase der Konferenz, sind dann
aber doch wieder die alten Gräben aufgetreten. Dass wir
in einer neuen Klima- und Energiewelt leben, ist auch
auf der Konferenz in Lima spürbar gewesen, weil alle
Menschen in allen Teilen der Welt mittlerweile mitbe-
kommen, dass der Klimawandel stattfindet – wir in
Deutschland bei einem warmen Weihnachtsfest, die In-
seln, die untergehen, aber auch Länder wie China.
Schwierig ist es deshalb, weil manche Länder wirk-
lich mit fundamentalen Problemen zu kämpfen haben:
ein Land wie Indien, das sich wirklich bemüht, Armut zu
bekämpfen, Länder wie Tuvalu, Kiribati und andere, die
eigentlich dem Untergang geweiht sind und deswegen
bei den Themen „Lost and Damage“ und Versicherungs-
lösungen so hart sind. Sie verhandeln doch nicht deshalb
so hart, weil sie die Deutschen oder andere über den
Tisch ziehen wollen, sondern aus reiner Not heraus. Sie
sagen: Wir brauchen auf diesen internationalen Konfe-
renzen eine Lösung und können nicht nach Hause fah-
ren, ohne etwas präsentiert bekommen zu haben.
Es wird immer lange darüber spekuliert – ich betei-
lige mich ja seit acht Jahren daran; so lange war ich bis
jetzt auf Konferenzen –, was eigentlich eine erfolgreiche
und was eine nicht erfolgreiche Konferenz ist. Es ist
eben kompliziert, wenn fast 200 Länder der Welt mit
völlig unterschiedlichen Bedingungen zusammenkom-
men und sich am Ende auf eine Politik einigen sollen.
Deswegen glaube ich, ist das, was die Ministerin be-
schrieben hat, richtig: Das war ein Schritt in Richtung
Paris 2015, aber natürlich haben wir an der einen oder
anderen Stelle durchaus mehr Hoffnung gehabt.
Von vielen anderen Dingen, die man in diesem Zu-
sammenhang noch ansprechen müsste, was ich aber in
der Kürze der Zeit nicht tun kann, will ich zwei Dinge
ansprechen: Das eine ist eine kritische Geschichte bei
der Konferenz. Es betrifft die Frage der Überprüfung der
Verpflichtungen. Da hätten wir uns deutlich mehr ge-
wünscht. Wir wollen am Ende in Paris ein Abkommen
sehen, mit dem sich die Staaten substanziell zu Klima-
schutzanstrengungen verpflichten.
Wenn nicht genug Mechanismen vorgesehen sind,
heißt das aber nicht, dass man bis Paris 2015 nichts tun
würde. Die Ministerin hat das auch im Umweltausschuss
gesagt. Es gibt genug Menschen auf der Welt, in den In-
stitutionen und NGOs, die in der Lage sind, das zu be-
werten, was Länder wie China, Indien und andere vorle-
gen. Das muss dringend getan werden.
Es ist zwar nur in Ansätzen erkennbar, aber es ist uns
gelungen, die alte Kioto-Welt ein Stück weit aufzubre-
chen. Am Ende haben sich diese alten Gräben wieder
aufgetan. Einige haben sich zurückgezogen und gesagt,
dass wir die Kioto-Welt – also auf der einen Seite die In-
dustriestaaten und auf der anderen Seite die Entwick-
lungs- und Schwellenländer – noch weiter unterteilen
müssen.
Eigentlich ist aber sichtbar geworden – das sind zum
Teil nur kleine Zeichen –, dass sich diese Welt auflöst.
Auch das hat die Ministerin angesprochen. Es waren
Länder wie Peru, Kolumbien, aber auch Mexiko, die ge-
sagt haben: Ja, auch wir sind bereit, uns zumindest mit
kleinen Beiträgen in den Green Climate Fund einzubrin-
gen. – Damit machen diese Länder deutlich, dass sie be-
reit sind, Verantwortung zu übernehmen. Ich glaube, das
macht auch Hoffnung für die nächsten Konferenzen.
Was war eigentlich die Rolle Deutschlands? Deutsch-
land wurde für das Klimaaktionsprogramm gelobt.
Deutschland wurde nicht nur für die Einzahlungen in
den Green Climate Fund gelobt, sondern auch für die
Dynamik, die aus Deutschland heraus entwickelt wurde.
Allerorten wurden wir von allen Delegationen, mit de-
nen wir uns getroffen haben, für das gelobt, was an inter-
nationaler Klimaschutzpolitik gerade in Bezug auf Ent-
wicklungsländer stattfindet und was den Boden für ein
gemeinsames Abkommen bereitet.
Im Namen der sozialdemokratischen MdBs – ich
denke, ich spreche aber auch im Namen aller MdBs –
möchte ich für die wirklich wunderbare Kooperation, die
es gegeben hat, danken. Es ist noch einmal deutlich ge-
worden, wie wichtig es ist, dass auch Bundestagsabge-
ordnete bei solchen Konferenzen dabei sind.
Ich will ausdrücklich Barbara Hendricks dafür dan-
ken, dass sie auf eine unprätentiöse, schnörkellose, ru-
hige, aber unnachgiebige Art Deutschland auf Klima-
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Frank Schwabe
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kurs geführt hat. Wir machen eine gute internationale
Klimapolitik, und das hat sehr viel mit Barbara
Hendricks zu tun. Vielen Dank dafür.