Rede von
Dr.
Norbert
Lammert
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun der
Kollege Anton Hofreiter das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Die Hoffnungen, dass bereits in Lima die
Grundlagen für ein vernünftiges Abkommen in Paris ge-
legt werden, waren sehr groß. Diese Hoffnungen sind
leider teilweise enttäuscht worden.
Traurigerweise sind wieder die alten Gegensätze zwi-
schen Industrieländern und manchen Schwellenländern
auf der einen Seite und manchen Entwicklungsländern
auf der anderen Seite aufgebrochen. Insbesondere China
– bei China hatte man ja nach dem Ban-Ki-moon-Gipfel
eine gewisse Hoffnung, dass es eine positivere Rolle
spielt – hat am Ende wieder eine sehr negative Rolle ge-
spielt. Deshalb muss man jetzt ganz viel Energie darauf
verwenden, dass es in Paris gelingt, zu einem vernünfti-
gen Abkommen zu kommen.
Nach dem Scheitern des Abkommens von Kopenha-
gen im Jahre 2009, als der Versuch unternommen wor-
den ist, völkerrechtlich verbindliche nationale Ziele fest-
zulegen, hat man sich auf ein Rahmenabkommen und
einen Mechanismus für verbindliche nationale Ziele ge-
einigt. Deshalb ist ganz entscheidend, was die National-
staaten am Ende leisten und was die Nationalstaaten im
nächsten Jahr melden.
Frau Hendricks, mir wird ja ab und zu vorgeworfen,
dass ich zu schonend mit der Bundesregierung umgehe,
weil ich, wenn Sie mal keinen totalen Unsinn machen,
das auch sage und die Bundesregierung dann lobe; das
ist auch bei Herrn Steinmeier schon einmal vorgekom-
men. Trotz dieses Vorwurfs, der ab und zu an uns gerich-
tet wird, mache ich es diesmal wieder so. Ja, es stimmt:
Deutschland hat auf dieser Klimaschutzkonferenz eine
vernünftige Figur gemacht. Es ist im Großen und Gan-
zen lobenswert, wie Sie sich da verhalten haben. Wir
freuen uns, dass die Tradition, dass Deutschland bei Kli-
maschutzabkommen auf internationaler Ebene eine posi-
tive Rolle spielt, aufrechterhalten bleibt.
Im Rahmen des neuen Mechanismus der internationa-
len Klimaschutzabkommen haben wir uns darauf geei-
nigt, dass umso entscheidender ist – das habe ich bereits
erwähnt –, was die Nationalstaaten am Ende machen.
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 77. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Dezember 2014 7389
Dr. Anton Hofreiter
(C)
(B)
Damit sind wir in einem Bereich, in dem wir Sie leider
nicht loben können. Wir würden Sie auch da gerne lo-
ben. Aber da sind wir mitten im Elend der nationalen
Klimaschutzpolitik, mitten im Elend der nationalen
Energiepolitik.
Da sind wir mitten im Elend von Merkel und Gabriel,
mitten in dem Elend, dass Sie sich nicht durchsetzen
können.
Wir glauben Ihnen ja sogar, dass Sie wissen, worauf
es letztendlich ankommt. Wir glauben Ihnen ja sogar,
dass Sie guten Willens sind. Aber schauen wir uns die
Zahlen einmal nüchtern an: Germanwatch hat festge-
stellt, dass Deutschland im internationalen Ranking, was
den Klimaschutz angeht, auf Platz 22 zurückgefallen ist.
Auf Platz 22! Deutschland war einmal Vorreiter. Da kön-
nen Sie doch nicht sagen, dass alles wunderschön und
toll ist!
Schauen wir uns an, wie sich die erneuerbaren Ener-
gien entwickelt haben. Deutschland hat extrem viel Geld
investiert, um die erneuerbaren Energien marktreif zu
machen. Es stimmt, wir haben da sehr viel investiert,
und wir sind da in Vorleistung gegangen. Aber jetzt, da
die erneuerbaren Energien an der Schwelle zur Wettbe-
werbsfähigkeit stehen, lassen Sie es zu, dass Merkel und
Gabriel diese Industrie kaputtmachen. Wir haben bei den
Investitionen in Erneuerbare einen massiven Einbruch
zu verzeichnen. Im letzten Jahr waren es minus 56 Pro-
zent. Dieses Jahr schaut es nicht besser aus. Da können
Sie doch nicht davon sprechen, dass wir auf einem guten
Weg sind!
Das Gleiche gilt für die Kohle. Es ist immer noch so,
dass sechs der zehn schmutzigsten Kohlekraftwerke in
Europa in einem einzigen Land stehen. Dieses eine Land
ist Deutschland.
Da können Sie doch nicht davon sprechen, dass wir auf
einem guten Weg sind!
Sie loben sich mit großer Begeisterung für Ihr Ak-
tionsprogramm. Wir haben ja schon vieles zu diesem
Aktionsprogramm, an dem Sie jetzt ein ganzes Jahr lang
„herumgewürgt“ haben, gesagt. Dieses Aktionspro-
gramm ist, vor allem dank Herrn Gabriel und Frau
Merkel, eine Ansammlung von Prüfaufträgen. Wissen
Sie: Wenn im nächsten Jahr die Meldung der verbindli-
chen Klimaschutzziele an die UNO ansteht, dann müs-
sen Sie eine konkrete Zahl nennen. Diese konkrete Zahl
sollte hinterlegt sein. Da kommen Sie am Ende nicht mit
lauter Prüfaufträgen durch.
Im nächsten Jahr besteht eine große Chance. Im
nächsten Jahr hat Deutschland die G-7-Präsidentschaft
inne. Da erwarten wir von dieser Bundesregierung, dass
sie nicht nur bei Klimaschutzabkommen auf internatio-
naler Ebene eine gute Figur macht, sondern wir erwarten
von der Regierung Merkel auch, dass sie, wenn es beim
G-7-Abkommen so richtig hart auf hart kommt, endlich
eine positive Rolle spielt und man sich am Ende auf Vor-
lagen verständigt, die es möglich machen, dass in Paris
die Chance besteht, zu einem völkerrechtlich verbindli-
chen und auch wirksamen Klimaschutzabkommen zu
kommen.
Das nächste Jahr wird in Bezug auf den Klimaschutz
ein arbeitsreiches Jahr. Ich erwarte von unserer Bundes-
regierung, dass sie nicht nur Prüfaufträge erteilt, sondern
dass sie etwas Vernünftiges vorlegt – sowohl für die G 7
als auch für die Konferenz in Paris – und dass die erneu-
erbaren Energien und der nationale Klimaschutz endlich
wieder vorankommen.
In diesem Sinne wünsche ich uns eine frohe Weih-
nacht und einen guten Rutsch ins neue Jahr, damit diese
Bundesregierung im nächsten Jahr endlich ans Arbeiten
kommt.
Danke.