Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Frau Bulling-Schröter, ehe ich zu Ihren An-
merkungen komme – wir waren ja gemeinsam mit der
kleinen Delegation, die Frau Höhn geleitet hat, in
Lima –, möchte ich mich bei Ihnen, Frau Ministerin, und
Ihrem großen und engagierten Team sehr herzlich be-
danken. Sie haben, eingebunden in die Führung der Ver-
handlungen durch die Europäische Union, wirklich rund
um die Uhr und, man kann sagen, bis zur Erschöpfung
Ihr Bestes gegeben. Diese Verhandlungen hat Kommis-
sar Cañete nach meinem Eindruck in sehr guter Abstim-
mung mit Ihnen im allerbesten Sinne unserer Zielsetzun-
gen geführt. Dafür möchte ich mich ganz herzlich bei
Ihnen bedanken.
Frau Bulling-Schröter, Sie haben zwar eingangs ge-
sagt, dass Sie für diese Konferenzen etwas übrig haben,
aber anschließend klargemacht, dass sie Ihrer Meinung
nach eigentlich völlig sinnlos sind.
Das sehen wir naturgemäß nicht so. Ich möchte aber vor
allen Dingen auf ein paar absolut irrige Anmerkungen
von Ihnen eingehen: Wir wollen den Graben zwischen
Industriestaaten einerseits und sich entwickelnden Län-
dern andererseits überwinden. Grund dafür ist die Ent-
wicklung in den letzten Jahrzehnten: Vor 30, 40 Jahren
waren für zwei Drittel der weltweiten CO2-Emissionen
die USA, Europa und Russland verantwortlich. Heute ist
es umgekehrt, das heißt, diese Länder sind für nur noch
ein Drittel der weltweiten CO2-Emissionen verantwort-
lich, der Rest der Welt für zwei Drittel. Das bedeutet
übrigens auch, dass wir eine wesentliche Verschiebung
von Wohlstand in viele andere Staaten erlebt haben, ganz
im Gegensatz zu dem, was Sie gerade behauptet haben;
dies ist nämlich der Indikator dafür. Deswegen müssen
sich jetzt aber auch die Länder, in denen der CO2-Aus-
stoß steigt, engagieren. Deswegen brauchen wir die Be-
teiligung aller Länder an der Reduzierung der Emissio-
nen. Das ist das ganz wesentliche Ziel, das wir in Paris
erreichen müssen. Im Gegensatz zum Kioto-Protokoll,
das nur verhältnismäßig wenige Staaten unterzeichnet
haben, müssen wir jetzt die allermeisten Länder zur Teil-
nahme motivieren. Das ist ein ganz wichtiges Ziel. Des-
wegen müssen wir selbstverständlich Kompromisse ein-
gehen.
Wir haben auf der Konferenz von Tuvalu gehört, ei-
nem Inselstaat, der zu ertrinken droht. Wir haben auch
Berichte aus China gehört, einem Land mit einem Mil-
liardenvolk, in dem es Massenproteste gegen eine Luft-
verpestung gibt, die man sich überhaupt nicht vorstellen
kann, die so schlimm ist, dass die Menschen nicht mehr
auf die Straße gehen können. Dort kommt der Druck
also von einer ganz anderen Seite, nicht von engagierten
Klimaschützern, sondern er resultiert aus einer drohen-
den Lebensunfähigkeit. Deswegen müssen wir diese
Pole zusammenbringen.
Ich bin ganz sicher, dass unsere G-7-Präsidentschaft
eine riesengroße Chance ist, die Klimaziele, die wir und
die Europäische Union haben, weiter voranzubringen,
und zwar indem wir den Nationalen Aktionsplan als bei-
spielhaft darlegen. Er eignet sich zur Nachahmung bei
der Präzisierung und der Überprüfbarkeit von Zielen.
Das ist ganz wichtig. Dafür sind wir – die Ministerin hat
es gesagt – gelobt worden. Ich glaube, darauf sollten wir
auch noch einmal gegenüber denjenigen hinweisen, die
sich im Augenblick noch ganz bedeckt halten, zum Bei-
spiel China, und eigene Zielsetzungen und die Möglich-
keiten der Überprüfbarkeit nicht offenlegen. Deswegen
sollten wir auch dort unseren Nationalen Aktionsplan
7388 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 77. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Dezember 2014
Matern von Marschall
(C)
(B)
vorstellen; das Abschlussdokument von Lima trägt ja die
Überschrift „Call for Action“.
Ich glaube übrigens, wir sollten ganz klar sagen, Frau
Bulling-Schröter: Die Wirtschaft ist selbstverständlich
der entscheidende Motor für den Klimawandel. Wettbe-
werbsfähige saubere Technologien sind die Grundlage
für den Klimawandel. Der Green Climate Fund soll
selbstverständlich dazu beitragen, diese zu entwickeln.
Das ist ganz wichtig. Ich glaube, dass das nicht unter-
schätzt werden darf. Ich möchte Ihnen deutlich sagen,
dass wir in Lima zum Beispiel auch mit der dortigen Au-
ßenhandelskammer gesprochen haben, die einen um-
fangreichen Untersuchungsbericht über die Potenziale
der Entwicklung erneuerbarer Energien vorgelegt hat.
Ich habe gesehen: Ja, das bietet uns die Chance, unsere
bereits entwickelten Technologien dorthin zu exportie-
ren. Aber ich bin auch davon überzeugt, dass wir die
Forschungsanstrengungen in Deutschland und in der Eu-
ropäischen Union zur Entwicklung sauberer Technolo-
gien, vor allen Dingen der Speichertechnologien, noch
wesentlich erhöhen müssen.
Die andere Seite – auch das haben Sie angesprochen;
ich will es aber noch einmal am Beispiel unserer Reise
verdeutlichen – ist die internationale Zusammenarbeit.
Die internationale Zusammenarbeit, Herr Minister
Müller, konnten wir in hervorragender Weise am Bei-
spiel Peru nachvollziehen, wo die GIZ eine nachhaltige
Nutzung des Regenwaldes, natürlich unter gleichzeiti-
gem Schutz großer Teile dieses Regenwaldes, mit großer
Wertschöpfungstiefe exzellent vorantreibt. Das ist für
die lokale Wirtschaft gut und trägt im Wesentlichen zum
Klimaschutz bei. Deswegen können wir sagen, dass auch
jenseits des Green Climate Funds besonders diese beiden
Ministerien, das Umweltministerium und Ihr Ministe-
rium, Herr Müller, wesentlich zum Klimaschutz beitra-
gen.
Frau Ministerin, Sie haben eingangs Ban Ki-moon er-
wähnt. Ich möchte noch kurz darauf zu sprechen kom-
men. Wir sollten und wir müssen den Klimaschutz in un-
sere globalen Entwicklungsziele, in die Sustainable
Development Goals, eingebettet sehen. In diesen Sustai-
nable Development Goals, die Ban Ki-moon, die die UN
im nächsten Jahr vorstellen sollen, ist natürlich auch der
Klimaschutz enthalten. Ich bin dankbar, dass Professor
Hacker, Präsident unserer Nationalen Akademie der
Wissenschaften, in diesem Scientific Advisory Board
von Ban Ki-moon sitzt. Ich glaube, dass wir deswegen
nicht nur beim Klimaschutz, sondern auch bei der Ent-
wicklung der Nachhaltigkeitsziele auf einem guten Weg
sind. Diese Dinge gehören zusammen.
Ich komme zum Schluss und fasse noch einmal zu-
sammen. Für eine ambitionierte Klimapolitik sind zwei
Dinge notwendig: eine gute Förderung von Wissenschaft
im Bereich der sauberen Technologien und eine weitere
Stärkung der internationalen Zusammenarbeit, wie sie
Deutschland beispielhaft leistet. Ich glaube, wenn wir
das in den nächsten Monaten in die Welt transportieren,
haben wir auch die Chance, in Paris zu einem guten Ver-
trag zu kommen. Da bin ich sehr, sehr guter Hoffnung.
Danke. Ich wünsche Ihnen einen schönen 4. Advent
und frohe Weihnachten.