Rede von
Bernd
Westphal
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Der Antrag der Linken ist sicherlich berech-
tigt. Das wird deutlich, wenn man sich die Zahlen an-
schaut, auf die meine Vorredner schon eingegangen sind:
345 000 Stromabstellungen dürfen die Politik nicht kalt-
lassen.
Deshalb ist es gut, dass wir Gelegenheit haben, über die-
ses Thema zu reden. Wir reden darüber übrigens nicht
zum ersten Mal. Der Antrag wurde, wie meine Vorredner
bereits gesagt haben, schon in der letzten Legislatur-
periode vorgelegt.
Wir sollten nach den Ursachen für diese Situation fra-
gen und überlegen, welche Lösungswege wir den Men-
schen aufzeigen können. Wenn es um die Frage nach den
Ursachen geht, muss man auch berücksichtigen, wie wir
das wichtige Thema Energiewende gestalten. Wir haben
drei energiepolitische Ziele. Dabei geht es um die Um-
welt, um Versorgungssicherheit und vor allen Dingen
um die Bezahlbarkeit. Doch an dieser Stelle fehlt die so-
ziale Balance; das machen die Zahlen deutlich. Wir müs-
sen darauf achten, dass wir Energie und Strom für pri-
vate Haushalte bezahlbar halten. Wenn es um die
Energiewende geht, müssen wir die soziale Balance im
Auge behalten.
Wie können Lösungen aussehen? In Deutschland ist
es nicht so, dass wir Menschen mit diesem Problem al-
leinlassen. So unsozial sind wir nicht. Hier ist ja schon
gesagt worden, dass wir eine ganze Reihe von sozialen
Sicherungssystemen haben, die greifen, wenn Menschen
in Not geraten. Ich glaube, wir sollten nicht nur, wie im
Antrag gefordert, den Strom einfach weiter liefern, wenn
eine Zahlungsunfähigkeit festgestellt wird, sondern
schauen, wie wir dieses Problem in Gänze bearbeiten
können. Es gibt viele Kommunen, die dieses Thema vor-
bildlich angehen. In Lübeck zum Beispiel setzen sich so-
ziale Einrichtungen gemeinsam mit dem Energieversor-
ger mit den Betroffenen auseinander, sobald eine
Rechnung nicht bezahlt werden kann, und suchen nach
Lösungsmöglichkeiten. Ich glaube, dass die Probleme,
warum die Rechnung nicht bezahlt wird, vielschichtig
7106 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 74. Sitzung. Berlin, Freitag, den 5. Dezember 2014
Bernd Westphal
(C)
(B)
sind, dass man aber, wenn man den Kontext berücksich-
tigt und den Menschen hilft, dieses eine Problem anzu-
packen, eine Lösung finden kann.
Denn was würde passieren, wenn Strom weiter gelie-
fert würde, obwohl die Rechnung nicht bezahlt wird?
Die Ursachen würden damit nicht behoben. Deshalb,
glaube ich, brauchen wir ein Frühwarnsystem und vor
Ort Strukturen, bestehend aus dem Energieversorger,
den Sozialbehörden und sozialen Einrichtungen, die es
erlauben, herauszufinden, woher die Bedürftigkeit kommt
und welche Ursachen dazu führen, dass die Stromrech-
nung nicht bezahlt werden kann.
Wie könnte ein solches Frühwarnsystem aussehen?
Es gibt im Grunde genommen schon heute ein mehrstu-
figes Verfahren. Zunächst werden Mahnungen ver-
schickt. Vier Tage bevor es zu einer Stromabschaltung
kommt, wird das den Betroffenen angezeigt. Das sollte
man aufgreifen. Bevor es zu einer Stromabschaltung
kommt, sollten Berater die betroffenen Haushalte aufsu-
chen und eine Beratung durchführen. Dazu zählen auch
Dinge wie Energieberatung, Anregungen, wie man
Strom sparen kann und wie es zukünftig gelingen kann,
regelmäßig seine Stromrechnung zu bezahlen.
Ich denke, wir haben eine ganz gute gesetzliche Rege-
lung, die einem solchen Verfahren entgegenkommt.
Vielleicht bietet der Antrag die Möglichkeit, dass wir
konstruktiv an dieses Thema herangehen und es im Aus-
schuss beraten. Dann sollten wir prüfen, ob die Instru-
mente ausreichen oder nicht.
Vielen Dank.