Rede von
Henning
Otte
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten
Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Mit dem Ende des Jahres 2014 endet nach 13 Jahren der
Kampfauftrag im Rahmen der ISAF-Mission. Damit
geht für die Bundeswehr eine erfolgreiche Arbeit zu
Ende, und für Afghanistan beginnt ein weiterer Ab-
schnitt eines langen Weges hin zu einem Land mit einer
guten Perspektive. Auf diesem Weg werden wir Afgha-
nistan auch in Zukunft begleiten.
Deutschland übernimmt weiter Verantwortung und
stärkt die afghanische Regierung wie auch die afghani-
schen Sicherheitskräfte durch Ausbildung sowie militä-
rische und strategische Beratung. Mit der Nachfolgemis-
sion Resolute Support bringen wir heute einen weiteren
Baustein dafür auf den Weg. Die Bundeswehr hat einen
maßgeblichen Beitrag dazu geleistet, dass wir den Über-
gang von der ISAF-Mission, von einer robusten Mission,
zu einer eher im Hintergrund sich abspielenden Mission,
nämlich Resolute Support, erfolgreich gestalten.
Lassen Sie mich zunächst eine Rückschau halten, be-
vor ich dann den Blick in die Zukunft richte.
Zuallererst möchte ich mit großem Respekt und aus
tiefstem Herzen Danke sagen: allen Soldatinnen und
Soldaten der Bundeswehr, den Mitgliedern der Bundes-
polizei, den zivilen Mitarbeitern und allen Angehörigen,
die in den vergangenen 13 Jahren dazu beigetragen ha-
ben, diesen bisher schwersten Einsatz in der Geschichte
der Bundeswehr so erfolgreich zu gestalten. Sie haben
7090 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 74. Sitzung. Berlin, Freitag, den 5. Dezember 2014
Henning Otte
(C)
(B)
der Verantwortung, die Deutschland mit seinem Engage-
ment übernommen hat, ein Gesicht gegeben.
Im Dienst für uns alle, für die Sicherheit hier in
Deutschland und für die Sicherheit in Afghanistan haben
unsere Männer und Frauen in Uniform schwere Entbeh-
rungen auf sich genommen. Es gibt wohl keinen unter
ihnen, der in dieser Zeit nicht die Geburt oder die Ein-
schulung eines Kindes oder die Hochzeit des besten
Freundes verpasst hat; Augenblicke, die sich nicht nach-
holen lassen. Stattdessen hat man Dienst getan als Späh-
truppführer in einem Fennek, als Mechanikerin an einem
Hubschrauber oder als Sanitäter in einem Lazarett. Für
die meisten von ihnen ist diese Arbeit mehr als ein Be-
ruf: Es ist ein Dienst für unser Land, ein Dienst an unse-
rer Gesellschaft. Dafür gebührt ihnen unser Dank.
55 dieser Soldaten haben diesen Dienst für uns mit
dem Leben bezahlt. Viele weitere sind an Körper und
Seele verwundet worden. Den Hinterbliebenen spreche
ich mein tiefempfundenes Mitgefühl aus. Der Toten der
Bundeswehr gedenken wir am Ehrenmal der Bundes-
wehr im Verteidigungsministerium und im „Wald der Er-
innerung“ am Standort des Einsatzführungskommandos
in Potsdam. Es ist gut, dass wir ebenfalls darüber disku-
tieren, wo wir eine Würdigung im parlamentarischen
Raum ermöglichen können, um der Tatsache Ausdruck
zu verleihen, dass es sich um eine Parlamentsarmee han-
delt. Diese Gedenkstätten ergänzen sich gegenseitig und
dokumentieren die gemeinsame Verantwortung von Le-
gislative und Exekutive.
Erinnern wir uns: Afghanistan war als Staat zerfallen
– Außenminister Steinmeier hat das dargestellt –; die Ta-
liban herrschten mit einem Schreckensregime, unter des-
sen Mantel die Terroristen der al-Qaida eine Heimat ge-
funden hatten; von hier aus wurden die Anschläge des
11. September 2001 geplant; das Wertesystem der west-
lichen Welt wurde von afghanischem Boden aus ange-
griffen. Dagegen mussten wir uns gemeinsam wehren.
Damit sich solche Angriffe nicht wiederholen, mussten
wir den Terroristen deren Unterschlupf und Nährboden
nehmen und gleichzeitig das afghanische Volk wieder in
die Lage versetzen, ein staatliches Gewaltmonopol auf-
zubauen und eine friedliche, zivile Perspektive zu entwi-
ckeln.
Vieles davon ist in den letzten Jahren gelungen. Es ist
gelungen, die Terroristen der al-Qaida zurückzudrängen.
Das militärische Eingreifen der Staatengemeinschaft war
die Voraussetzung dafür. Es ist aber auch eine notwen-
dige Voraussetzung für Bildung, für Staatlichkeit, für zi-
vile Strukturen; Staatssekretär Silberhorn hat das noch
einmal verdeutlicht. Dies hat der damalige Verteidi-
gungsminister, Dr. Jung, frühzeitig erkannt und mit dem
Begriff der vernetzten Sicherheit im letzten Weißbuch
der Bundeswehr festgeschrieben. Das Militär bildet eben
oftmals die Voraussetzung und den notwendigen Sicher-
heitsschirm, unter dem sich diese Maßnahmen dann ent-
wickeln können.
Das Gesamtergebnis kann sich sehen lassen. Natür-
lich gibt es in Afghanistan noch viel zu tun. Natürlich ist
Afghanistan noch nicht am Ziel. Aber vieles ist jetzt gut,
und vieles ist besser geworden in Afghanistan.
Wir sehen eine neue Generation von jungen Afghanen
heranwachsen, die erstmals eine Perspektive für ein gu-
tes Leben haben und mehr aus sich und dem eigenen
Land machen können. Der Torhüter des Fußballvereins
VfB Oldenburg heißt Mansur Faqiryar. Er ist in seiner
Heimat ein Held. Er ist Torhüter der afghanischen Fuß-
ballnationalmannschaft, und die Afghanen sind ein fuß-
ballbegeistertes Volk. Mansur erzählte mir hier in Berlin,
dass es noch nicht lange her sei, dass im Stadion von Ka-
bul junge Frauen gesteinigt worden seien. Heute wird
dort wieder Fußball gespielt. Erstmals seit Jahrzehnten
können Mädchen und Frauen zur Schule oder zur Uni-
versität gehen. Insbesondere sie waren vollkommen ent-
rechtet und abgeschnitten von jeglicher Hoffnung und
Würde. Dazu, dass das besser geworden ist, hat auch der
Einsatz der Bundeswehr einen wesentlichen Beitrag ge-
leistet. – Das sollten auch Sie als Linke zur Kenntnis
nehmen.
Der Weg zu einer freien Gesellschaft ist lang; aber je-
der Schritt lohnt sich, denn es ist ein Schritt hin zu einer
besseren Welt. Deutschland hat bewiesen, dass Verant-
wortung nicht nur ein Wort ist. Deutschland hat sich
dazu bekannt, Verantwortung in diesem Sinne in der
Welt zu übernehmen. RSM ist ein Beleg dafür, dass
diese Verantwortung nicht nur ein Lippenbekenntnis ist,
sondern Ausdruck eines Weges hin zu einem stabilen
Afghanistan. Das machen wir nicht allein, sondern im-
mer in Zusammenarbeit mit Freunden und Partnern.
Das Mandat umfasst 850 Soldaten. Damit folgen wir
der militärischen Empfehlung und schaffen einen ange-
messenen Personalrahmen für unsere Aufgaben in Af-
ghanistan. Eingesetzt sind die deutschen Soldaten im
Norden von Afghanistan und in der Hauptstadt. Der
Schwerpunkt des Auftrags liegt in der Ausbildung und
Beratung der afghanischen Sicherheitskräfte sowie der
Regierung. Außerdem haben wir die Fähigkeit, uns an-
vertraute Menschen vor Bedrohung zu schützen und zu
befreien. – Herr Dr. Schmidt, da das in dem Mandat sehr
konkret abgebildet ist, habe ich Ihre Eingabe nicht ver-
standen. – Wir unterhalten einen militärischen Flugbe-
trieb, auch zur Rettung Verwundeter, mit den CH-53-
Hubschraubern.