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ID1807003400

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    Vokabeln: 16
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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 18/70 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 70. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 27. November 2014 I n h a l t : Wahl des Abgeordneten Burkhard Lischka als Mitglied des Gemeinsamen Ausschusses 6603 A Wahl der Abgeordneten Tabea Rößner als Schriftführerin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6603 B Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6603 B Nachträgliche Ausschussüberweisung . . . . . . 6603 D Tagesordnungspunkt I: (Fortsetzung) a) Zweite Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundes- haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2015 (Haushaltsgesetz 2015) Drucksachen 18/2000, 18/2002 . . . . . . . . 6604 A b) Beratung der Beschlussempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrich- tung durch die Bundesregierung: Finanz- plan des Bundes 2014 bis 2018 Drucksachen 18/2001, 18/2002, 18/2826 . 6604 A I.12 Einzelplan 09 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Drucksachen 18/2809, 18/2823 . . . . . . . 6604 B Roland Claus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 6604 B Thomas Jurk (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6606 A Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6607 C Andreas Mattfeldt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 6608 C Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . . . 6611 A Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . 6613 A Dr. Michael Fuchs (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 6614 C Michael Schlecht (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 6617 B Dr. Michael Fuchs (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 6617 C Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6617 D Sigmar Gabriel, Bundesminister BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6619 C Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6620 B Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 6622 A Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6624 A Michael Schlecht (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 6628 B Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . 6629 C Michael Schlecht (DIE LINKE) . . . . . . . . 6630 A Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6632 D Thomas Jurk (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6634 A Dr. Peter Ramsauer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 6635 C Andreas G. Lämmel (CDU/CSU) . . . . . . . . . 6637 C I.13 Einzelplan 30 Bundesministerium für Bildung und Forschung Drucksachen 18/2823, 18/2824 . . . . . . . 6639 B Roland Claus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 6639 C Anette Hübinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 6640 D Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6642 B Swen Schulz (Spandau) (SPD) . . . . . . . . . . . 6643 D Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6645 D Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 70. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. November 2014 Dr. Rosemarie Hein (DIE LINKE) . . . . . . . . . 6648 D Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . . . 6650 A Katja Dörner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6652 C Dr. Wolfgang Stefinger (CDU/CSU) . . . . . . . 6653 D Willi Brase (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6655 D Dr. Thomas Feist (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 6656 D Saskia Esken (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6658 C Rainer Spiering (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6659 C Tagesordnungspunkt III: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Verbesserung der Rechtsstel- lung von asylsuchenden und geduldeten Ausländern Drucksache 18/3160 . . . . . . . . . . . . . . . . . 6660 C b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung von Vorschriften zur Durchführung unionsrechtlicher Vor- schriften zur Durchsetzung des Ver- braucherschutzes Drucksache 18/3253 . . . . . . . . . . . . . . . . . 6660 C c) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Vier- ten Gesetzes zur Änderung des Fahr- personalgesetzes Drucksache 18/3254 . . . . . . . . . . . . . . . . . 6660 C d) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Europa-Mittelmeer-Luftver- kehrsabkommen vom 10. Juni 2013 zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Regierung des Staates Israel anderer- seits (Vertragsgesetz Europa-Mittel- meer-Israel-Luftverkehrsabkommen – Euromed-ISR-LuftverkAbkG) Drucksache 18/3255 . . . . . . . . . . . . . . . . . 6660 D e) Antrag der Abgeordneten Roland Claus, Matthias W. Birkwald, Caren Lay, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Keine Anrechnung von NVA- Verletztenrente auf Grundsicherung im Alter Drucksache 18/3170 . . . . . . . . . . . . . . . . . 6660 D f) Antrag der Abgeordneten Ralph Lenkert, Caren Lay, Jan Korte, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion DIE LINKE: Öko- logischen Hochwasserschutz länder- übergreifend sicherstellen und sozial verankern Drucksache 18/3277 . . . . . . . . . . . . . . . . . 6661 A Zusatztagesordnungspunkt 1: a) Erste Beratung des von den Abgeordneten Oliver Krischer, Dr. Julia Verlinden, Annalena Baerbock, weiteren Abgeordne- ten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur zweiten Änderung des Ge- setzes für den Ausbau erneuerbarer Energien Drucksache 18/3234 . . . . . . . . . . . . . . . . . 6661 A b) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes Drucksache 18/3321 . . . . . . . . . . . . . . . . . 6661 A Tagesordnungspunkt IV: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung eines Son- dervermögens „Energie- und Klima- fonds“ Drucksachen 18/2443, 18/2658, 18/3199 . 6661 B b)–f) Beratung der Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses: Sammelübersichten 115, 116, 117, 118 und 119 zu Petitionen Drucksachen 18/3172, 18/3173, 18/3174, 18/3175, 18/3176 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6661 C Tagesordnungspunkt I: (Fortsetzung) a) Zweite Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundes- haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2015 (Haushaltsgesetz 2015) Drucksachen 18/2000, 18/2002 b) Beratung der Beschlussempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrich- tung durch die Bundesregierung: Finanz- plan des Bundes 2014 bis 2018 Drucksachen 18/2001, 18/2002, 18/2826 I.14 Einzelplan 11 Bundesministerium für Arbeit und Soziales Drucksachen 18/2811, 18/2823 . . . . . . . 6662 A Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . 6662 B Andrea Nahles, Bundesministerin BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6663 C Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6665 C Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land) (CDU/ CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6666 D Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 70. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. November 2014 III Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6668 B Ewald Schurer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6669 C Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6671 A Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6672 A Karl Schiewerling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 6673 B Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6673 D Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6676 A Ralf Kapschack (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6677 B Jutta Krellmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . 6678 A Stephan Stracke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 6678 D Katja Mast (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6680 D Mark Helfrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 6682 A Matthias W. Birkwald (DIE LINKE) . . . . . 6683 A I.15 Einzelplan 17 Bundesministerium für Familie, Se- nioren, Frauen und Jugend Drucksachen 18/2823, 18/2824 . . . . . . . 6684 C Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 6684 C Manuela Schwesig, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6686 A Dr. Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6688 B Paul Lehrieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 6689 A Alois Rainer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 6690 A Ulrike Gottschalck (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 6692 A Norbert Müller (Potsdam) (DIE LINKE) . . . . 6693 C Marcus Weinberg (Hamburg) (CDU/CSU) . . 6695 A Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6697 C Sönke Rix (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6698 C Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6698 C Sylvia Pantel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 6700 B Josef Rief (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6702 B I.16 Einzelplan 10 Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft Drucksachen 18/2810, 18/2823 . . . . . . . 6704 A Karin Binder (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 6704 C Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD) . . . . . . . . . 6704 C Cajus Caesar (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 6705 D Sven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6707 A Ulrich Freese (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6708 C Christian Schmidt, Bundesminister BMEL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6710 A Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . 6712 B Johann Saathoff (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6713 C Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6714 D Franz-Josef Holzenkamp (CDU/CSU) . . . . . . 6716 A Christina Jantz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6718 B Gitta Connemann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 6719 B Willi Brase (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6721 B Rainer Spiering (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6722 C I.17 Einzelplan 16 Bundesministerium für Umwelt, Na- turschutz, Bau und Reaktorsicherheit Drucksachen 18/2815, 18/2823 . . . . . . . 6723 C Hubertus Zdebel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 6723 D Steffen-Claudio Lemme (SPD) . . . . . . . . . . . 6725 A Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6726 D Christian Hirte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 6728 B Ralph Lenkert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 6728 C Dr. Barbara Hendricks, Bundesministerin BMUB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6730 D Ralph Lenkert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 6733 A Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 6734 C Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . 6736 D Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6737 A Ulli Nissen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6738 B Volkmar Vogel (Kleinsaara) (CDU/CSU) . . . 6739 B Michael Groß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6741 C Dr. Klaus-Peter Schulze (CDU/CSU) . . . . . . 6742 B Nächste Sitzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6743 D Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6744 A Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 6745 A Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 70. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. November 2014 6603 (A) (C) (D)(B) 70. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 27. November 2014 Beginn: 9.00 Uhr
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    6744 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 70. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. November 2014 Vizepräsident Johannes Singhammer (A) (C) Berichtigung 69. Sitzung, Seite 6599 D, erster Absatz, dritter Satz ist wie folgt zu lesen: „Nicht eingerechnet sind da- bei die armutsbedingten Migrationen, die nach Paul Collier zu einem Exodus führen könnten – ich empfehle jedem, das zu lesen –, nicht nur bei uns oder in den Län- dern, in die sie flüchten, sondern in ihren eigenen Hei- matländern, wo das auch zukünftig sehr starke Auswir- kungen haben wird.“ (D) (B) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 70. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. November 2014 6745 (A) (C) (B) Anlage zum Stenografischen Bericht Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Alpers, Agnes DIE LINKE 27.11.2014 Bellmann, Veronika CDU/CSU 27.11.2014 Dağdelen, Sevim DIE LINKE 27.11.2014 Feiler, Uwe CDU/CSU 27.11.2014 Groth, Annette DIE LINKE 27.11.2014 Kermer, Marina SPD 27.11.2014 Nietan, Dietmar SPD 27.11.2014 Poß, Joachim SPD 27.11.2014 Schön (St. Wendel), Nadine CDU/CSU 27.11.2014 Tempel, Frank DIE LINKE 27.11.2014 Veit, Rüdiger SPD 27.11.2014 Walter-Rosenheimer, Beate BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 27.11.2014 Weinberg, Harald DIE LINKE 27.11.2014 Wunderlich, Jörn DIE LINKE 27.11.2014 Zech, Tobias CDU/CSU 27.11.2014 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen (D) Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 70. Sitzung Inhaltsverzeichnis EPL 09 Wirtschaft und Energie EPL 30 Bildung und Forschung TOP III, ZP 1 Überweisungen im vereinfachten Verfahren TOP IV Abschließende Beratungen ohne Aussprache EPL 11 Arbeit und Soziales EPL17 Familie, Senioren, Frauen und Jugend EPL 10 Ernährung und Landwirtschaft EPL 16 Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Klaus Ernst


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    Drei Fragen hätte ich, Herr Minister.


    (Zurufe von der CDU/CSU und der SPD: Oh!)


    – Das sind relativ kurze Fragen.

    Erstens. Sie haben gerade Rumänien angesprochen.
    Dass dort ein Investorenschutz notwendig wäre, ist Ih-
    nen bekannt. In Rumänien leitet ein Mineralwasserher-
    steller zurzeit ein Schiedsverfahren ein, weil von der Re-
    gierung zugesagte Investitionen gekürzt wurden. Diese
    Investitionen wurden allerdings gekürzt, weil Rumänien
    jetzt Mitglied der Europäischen Union ist und diese Sub-
    ventionen nicht den Regeln der Europäischen Union ent-
    sprechen. Die Politik, die wir in der Europäischen Union
    betreiben, führt also dazu, dass die rumänische Regie-
    rung jetzt ein Schiedsverfahren am Hals hat, von dem sie
    noch nicht weiß, wie es ausgeht.

    Zweitens. Sie haben gerade gesagt, dass der Rest Eu-
    ropas eine andere Position vertritt. Ich glaube, man muss
    überprüfen, wer das ist. Ich weiß, dass die Bürger in sehr
    vielen Ländern eine ganz andere Auffassung haben als
    diejenigen, mit denen Sie vielleicht sprechen.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Die Kommunisten wahrscheinlich!)


    In diesen Ländern findet dieselbe Debatte statt wie in
    Deutschland. Wenn wir über den „Rest Europas“ reden,
    müssen wir, glaube ich, auch die Frage klären, warum
    die Europäische Union ein Bürgerbegehren ablehnt, mit
    dem der Einfluss der Bürger hinsichtlich dieser Fragen
    ein wenig manifestiert werden könnte. Das ist Fakt: Die
    Europäische Union lehnt dieses Bürgerbegehren ab.

    Drittens. Sie haben gesagt, die öffentliche Daseins-
    vorsorge sei ausgenommen. Sie haben in diesem Zusam-
    menhang auch vom Abwasser geredet. Das CETA-
    Abkommen beinhaltet ausdrücklich – das habe ich über-
    prüft – das Problem des Abwassers, das die Kommunen
    betrifft, nämlich im Anhang II. Es gibt zwei verschie-
    dene Anhänge: Der eine beschäftigt sich mit dem Thema
    Wasser, der andere mit dem Thema Abwasser. Das Ab-
    wasser ist also drin. Momentan wird die Daseinsvor-
    sorge in diesen Abkommen also keinesfalls so definiert,
    wie Sie das vielleicht möchten.

    Ein letzter Punkt: der Parteitagsbeschluss. Ich habe
    den Eindruck, dass wir zurzeit etwas Merkwürdiges erle-
    ben: Wir haben einen Parteitagsbeschluss Ihrer Partei.
    Den Inhalt dieses Beschlusses haben wir hier zur Ab-
    stimmung gestellt. Sie haben nicht zugestimmt, sondern
    gesagt: Das machen wir alles schon. – Jetzt stellen wir
    aber fest, dass es offensichtlich in eine andere Richtung
    geht. Offensichtlich läuft es auf eine Zustimmung zu
    diesen Abkommen hinaus, obwohl man den Investoren-
    schutz nicht herausbekommen hat.


    (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Dass für Sie Freihandel etwas Schlechtes ist, kann ich verstehen!)


    Täuscht mich der Eindruck, oder täuscht er mich nicht?

    Sigmar Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft und
    Energie:

    Natürlich täuscht er Sie. – Erstens. Sie haben sich da-
    mals ja gerade nicht getraut, den Antrag zur Abstim-
    mung zu stellen. Das hätte ich sehr begrüßt; aber das ha-
    ben Sie sich nicht getraut, weil der Antrag am Anfang
    – dieser Text wurde gemeinsam mit den Gewerkschaften
    verabschiedet – die Freihandelsabkommen als etwas
    Richtiges bezeichnet. Sie haben sich nicht getraut, die-
    sen Antrag hier zur Abstimmung zu stellen, weil er am
    Anfang eine positive Beurteilung von Freihandelsab-
    kommen enthält. Deswegen haben Sie sich das damals
    nicht getraut. Das ist Ihr Problem, nicht meins.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Widerspruch bei der LINKEN)


    – Lesen Sie einmal Ihre Anträge nach. Ich habe halt ein
    ganz gutes Gedächtnis.

    Zweitens. Beim Thema Daseinsvorsorge bzw. Ab-
    wasser, das Sie angesprochen haben, geht es um fol-
    gende Frage: Darf es einen Marktzugang für kanadische
    Unternehmen in Deutschland und umgekehrt geben?
    Das wird dort geregelt. Dort wird nicht geregelt, dass es
    einen irgendwie gearteten Zwang zur Privatisierung gibt.
    Das Recht der Kommunen, zu sagen: „Wir wollen die
    Abwasserbeseitigung oder die Wasserversorgung in un-
    serer Hoheit behalten“, wird davon überhaupt nicht tan-
    giert.


    (Ingbert Liebing [CDU/CSU]: So ist es! Richtig!)


    Ständig wird der Versuch unternommen, Äpfel mit Bir-
    nen zu vergleichen.


    (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Genau!)


    Unsere Unternehmen, auch unsere Wasserversor-
    gungsunternehmen, haben im Zweifel ein Interesse,
    Marktzugangsmöglichkeiten in anderen Teilen der Welt





    Bundesminister Sigmar Gabriel


    (A) (C)



    (D)(B)

    zu bekommen. Im Gegenzug sagen wir: Wenn bei uns
    jemand die Abwasserbeseitigung oder Wasserversor-
    gung privatisiert – das gibt es in Deutschland durchaus,
    und zwar auf freiwilliger Basis, ohne Zwang –, dann
    muss es auch möglich sein, dass sich Unternehmen aus
    anderen Ländern darum bewerben, wie das übrigens
    heute in der Europäischen Union schon der Fall ist.

    Gucken Sie sich einmal an, wo in Deutschland Lyon-
    naise des Eaux oder Générale des Eaux in den letzten
    Jahren überall tätig waren. Ich will gar nicht bewerten,
    ob das gut oder schlecht ist. Es geht lediglich darum:
    Wenn sich eine Kommune das Recht herausnimmt,
    selbst zu entscheiden, was sie mit ihrer Wasserversor-
    gung und Abwasserentsorgung tut, dann darf keine Dis-
    kriminierung ausländischer Unternehmen erfolgen. Das
    ist Gegenstand von Freihandelsabkommen. Sie versu-
    chen, den Eindruck zu erzeugen – vielleicht haben Sie
    diesen Eindruck ja auch –, dass es einen Zwang zur Pri-
    vatisierung gibt, dass Kommunen unter Druck gesetzt
    werden und dass jemand klagen könnte, wenn eine
    Kommune sagt: Ich privatisiere aber nicht. – Das ist ab-
    soluter Unfug. Das steht da nirgendwo drin.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Mit meinem Hinweis darauf, dass die Amerikaner
    nicht nur Interesse an Deutschland haben, sondern ein
    Abkommen mit Europa schließen, wollte ich deutlich
    machen, dass wir als Deutsche erhebliche Schwierigkei-
    ten mit einigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union
    haben, weil diese ihre Gesetze, sagen wir einmal, in
    höchst kreativer Form, wenn es zu wechselnden politi-
    schen Mehrheiten kommt, so ändern, dass deutsche In-
    vestoren, obwohl sie schon investiert haben, ihre Investi-
    tion nicht zu Ende führen können. Das verstößt gegen
    die Regeln des europäischen Binnenmarktes. Wir versu-
    chen, das nicht über Schiedsgerichte zu lösen. Manch-
    mal aber ist ein Schiedsgericht am Ende die einzige
    Möglichkeit, sich zu vergleichen; auch das gehört dazu.
    Darauf wollte ich hinweisen.

    Ich bitte darum, dass wir so vorgehen, wie es die Kol-
    legin Hajduk tut. Wir müssen versuchen, rational abzu-
    schichten: Wo gibt es berechtigte Sorgen, und wie kön-
    nen wir sie beheben? Wir dürfen aber nicht so tun, als
    würden unsere gesetzlichen Standards durch Freihan-
    delsabkommen mit Investitionsschutz bedroht. Seit es
    Investitionsschutzabkommen gibt – Deutschland hat,
    wie gesagt, schon 130 solcher Abkommen geschlossen –,
    ist so etwas nicht eingetreten.

    Jetzt will ich noch etwas zu der Asien-Debatte sagen.
    Wissen Sie – das ist auch an den Kollegen Ernst gerich-
    tet –, es geht nicht um die Frage, wie viel Prozent Wirt-
    schaftswachstum dadurch entstehen. Ich halte das alles
    für Voodoo-Ökonomie, sowohl die Aussagen derer, die
    ein gigantisches Wirtschaftswachstum prognostizieren,
    als auch derer, die sagen, dass das nur zu ganz wenig
    Wachstum führen wird; denn kein Mensch kann vorher-
    sagen, wie sich das entwickelt. Aber eines ist klar: Kop-
    peln wir uns zum Beispiel von den asiatischen Ländern
    ab, wenn diese Freihandelsabkommen schließen, auch
    mit den USA, sind wir als Europäer außen vor. Dann al-
    lerdings ist das für eine Exportnation wie Deutschland
    eine mittlere Katastrophe. Darum geht es doch.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Wir waren gerade zusammen dort. Diese Länder sa-
    gen: Das 21. Jahrhundert ist ein pazifisches – eigentlich
    meinen sie: ein asiatisches – Jahrhundert. – Ich vermute,
    da ist etwas dran. Jetzt geht es um die Frage: Haben wir
    als Europäer, als Deutsche eigentlich noch Anschluss an
    diese Region, oder sagen wir: „Wir sind uns selbst ge-
    nug“? Das ist die eigentliche Debatte, die wir führen
    müssen. Wer an sozialen, ökologischen und Nachhaltig-
    keitsstandards im Welthandel interessiert ist, dem muss
    doch klar sein, dass wir diese eher mit den Vereinigten
    Staaten hinbekommen als mit China. Wenn die Vereinig-
    ten Staaten eines Tages ein Abkommen mit China schlie-
    ßen, dann werden wir uns diesen Standards anpassen
    müssen.

    Europa wird möglicherweise das letzte Mal die
    Chance haben, in einem Abkommen zwischen den bei-
    den derzeit noch größten Handelsregionen der Welt
    Standards für den Welthandel zu beschließen. Sie wer-
    den nicht so sein, dass Linke, Sozialdemokraten, Grüne
    und vielleicht auch Konservative dann sagen: Jetzt ist al-
    les in Ordnung. – Sie werden nicht optimal in unserem
    politischen Sinne sein. Aber sie werden allemal besser
    sein als alles, was Amerika und China aufschreiben wür-
    den. Es geht um die Frage: Müssen wir uns bzw. müssen
    sich unsere Kinder diesen Handelsabkommen anpassen,
    oder haben wir die Chance, gemeinsam mit den Ameri-
    kanern Standards zu vereinbaren, denen sich andere an-
    passen müssen? Das ist die politische Frage, um die es
    geht.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Noch einmal: Jeder von uns, der hier sitzt, weiß doch,
    dass sich Veränderungen zum Besseren Schritt für
    Schritt ergeben. Wir werden keine Handelsabkommen
    schließen, die für alle, die hier im Parlament sitzen, und
    für die gesamte Öffentlichkeit optimal sind. Wir müssen
    es aber schaffen, in unserem Land eine aufgeklärte Dis-
    kussion zu führen. Monatelang hat Deutschland über ein
    Chlorhuhn debattiert,


    (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


    das gar nicht Gegenstand dieses Handelsabkommens ist.


    (Max Straubinger [CDU/CSU]: So ist es!)


    Es wird so getan, als könnten diesem Handelsabkommen
    zufolge gentechnisch veränderte Nahrungsmittel nach
    Europa geschickt werden, obwohl selbst EU-Kommissar
    Herr De Gucht nachweisen kann, dass dies nicht Gegen-
    stand des Handelsabkommens ist.

    Besuchen Sie einmal Opel in Rüsselsheim. Wenn Sie
    dort sind, sehen Sie: Im Eingangsbereich steht ein klei-
    nes Auto. Man versucht gerade, es in die USA zu expor-
    tieren. Am Beispiel dieses Autos hat Opel einmal ge-
    schildert, was sie alles ändern müssen – vom Blinker
    über die Scheinwerfer, die Frontlänge und die Decke bis
    hin zur Heckklappe –, um dieses kleine Auto in den Ver-





    Bundesminister Sigmar Gabriel


    (A) (C)



    (D)(B)

    einigten Staaten verkaufen zu können. Ich glaube, die
    Veränderung der Fertigungslinie, um das möglich zu ma-
    chen, kostet 150 Millionen Euro. Das ist das Thema,
    über das wir reden!

    Mein dringender Rat an uns alle ist, dass wir das nicht
    im Klein-Klein debattieren, sondern dass wir uns da-
    rüber im Klaren sind, dass, wenn wir uns von den Welt-
    märkten abkoppeln, dies am Ende viele Hunderttausend
    Menschen in Deutschland ihren Job kosten wird – nicht
    die im öffentlichen Dienst und nicht die, die im Parla-
    ment sitzen; aber Facharbeiter und Angestellte in
    Deutschland werden das am Ende bezahlen müssen.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)




Rede von Dr. Norbert Lammert
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

Herr Minister, darf denn die Frau Dröge jetzt noch

ihre Zwischenfrage stellen?

Sigmar Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft und
Energie:

Ja.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Katharina Dröge


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Herr Minister, vielen Dank, dass Sie die Zwischen-

    frage noch zulassen. – Ich hatte mich eben noch zu der
    Debatte über die Schiedsgerichte gemeldet, weil auch
    ich, ähnlich wie Sie, ein gutes Gedächtnis habe.

    Am 25. September 2014 haben wir hier im Parlament
    miteinander über CETA und die Schiedsgerichte disku-
    tiert. Damals lag Ihr Gutachten schon vor; wir hatten das
    gelesen. Unser Gegengutachten liegt ebenfalls vor – Sie
    haben das hoffentlich auch gelesen –, weshalb wir wei-
    terhin der Meinung sind, dass es hochproblematisch ist,
    wenn Schiedsgerichte Teil von CETA sind.

    Aber ich habe eine konkrete Frage an Sie. Darauf sind
    Sie bei Ihrer Antwort auf die Zwischenfrage von Frau
    Hajduk auch nicht eingegangen, sondern Sie haben nur
    den Anschein erweckt, als würde das, was Sie hier im
    Parlament erzählen, in einer zusammenhängenden und
    logischen Reihenfolge stehen. In der angesprochenen
    Debatte haben Sie aber gesagt:

    Insofern sind die Dinge, die wir mit dem DGB ver-
    abredet haben, für mich in der Tat verbindliche
    Leitlinien …

    Das haben Sie hier im Parlament gesagt: „verbindliche
    Leitlinien“. Wenn man diese verbindlichen Leitlinien
    liest, findet man darin:

    In jedem Fall sind Investor-Staat-Schiedsverfahren
    … abzulehnen.

    Auch das haben Sie am 25. September 2014 hier im Par-
    lament versprochen.

    Damals gab es Ihr Rechtsgutachten schon, und Sie ha-
    ben nicht gesagt, dass Sie der Ansicht sind, dass nur
    vielleicht noch einzelne Teile nachzuverhandeln sind,
    was Sie im Moment in Brüssel tun, wie ich wahrnehme,
    und nicht über das gesamte ISDS zu verhandeln ist. Sie
    haben auch nicht so klar, wie Sie das jetzt getan haben,
    gesagt, dass die SPD CETA am Ende zustimmen wird,
    wenn ISDS Teil des Abkommens ist, sondern Sie haben
    den Anschein erweckt – so muss ich Ihr Zitat verstehen –,
    dass Sie CETA ablehnen werden, wenn ISDS nicht he-
    rausgenommen wird.

    Deswegen ist meine konkrete Frage an Sie: Ist das
    jetzt verbindlich? Gilt das, was Sie uns am 25. Septem-
    ber 2014 im Deutschen Bundestag gesagt haben, nicht
    mehr?

    Bei meiner zweiten Frage geht es um die öffentliche
    Daseinsvorsorge. Sie haben jetzt gesagt, sie sei nicht
    mehr Bestandteil von TTIP. Wenn man sich das TTIP-
    Mandat aber durchliest, dann sieht man, dass nur die
    Public Utilities aus den Verhandlungen ausgeklammert
    werden. Gemäß der Definition von Public Utilities geht
    es nur um die öffentliche Daseinsvorsorge, die nicht im
    Wettbewerb mit Kommerziellen steht. Es geht hier also
    im Kern um die Polizei, die Justiz und die öffentliche
    Verwaltung.

    Unsere europäische Definition von öffentlicher Da-
    seinsvorsorge entspricht eben nicht dieser Definition von
    Public Utilities. Im TTIP-Mandat ist diesbezüglich keine
    Klarstellung vorgenommen worden, weshalb nach unse-
    rer Rechtsauffassung ein großer Teil der öffentlichen Da-
    seinsvorsorge nicht aus den TTIP-Verhandlungen ausge-
    klammert ist.

    Meine Frage an Sie ist: Wie kommen Sie zu Ihrer
    Rechtsauffassung?


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


    Sigmar Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft und
    Energie:

    Erstens ging es bei der Debatte mit dem Kollegen
    Ernst um das europäisch-kanadische Abkommen. Da-
    rüber haben wir eben geredet.


    (Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Darum geht es nicht!)


    – Ich habe auf die Frage von Herrn Claus geantwortet,
    Frau Kollegin.


    (Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Von Herrn Ernst! Das ist Herr Claus, und das ist Herr Ernst!)


    – Ernst. Dass ich euch immer verwechsle!


    (Heiterkeit – Roland Claus [DIE LINKE]: Da ist Guttenberg schon dran gescheitert!)


    Ich hoffe, es ist für keinen von Ihnen ein Problem. – Ich
    habe auf die Frage des Kollegen Ernst geantwortet, der
    über das europäisch-kanadische Abkommen geredet hat.
    Zu TTIP gibt es noch gar keine Verhandlungsergebnisse.

    In der Tat bin ich der festen Überzeugung, dass es bei
    TTIP um Marktzugänge gehen wird und nicht um den
    Zwang zur Privatisierung im Bereich der öffentlichen
    Daseinsvorsorge. Das haben uns die Verhandler, die in
    Brüssel für die Europäische Union verhandeln, übrigens





    Bundesminister Sigmar Gabriel


    (A) (C)



    (D)(B)

    auch mehrfach bestätigt. Deswegen sehe ich keinen
    Grund, meine Auffassung dazu zu ändern.

    Zweitens. Sie haben völlig korrekt zitiert, dass das
    Leitlinien für mein Handeln sind. Was tue ich also? Ich
    versuche, zu klären, was von den 14 Punkten, die darin
    stehen, umsetzbar ist und was nicht. Am Ende muss man
    sich dann entscheiden, ob die Dinge, die man nicht ge-
    schafft hat, im Vergleich zu den Dingen, die man ge-
    schafft hat, so schwerwiegend sind, dass man das ganze
    Abkommen ablehnen muss, oder ob man glaubt, dass
    das, was man durchsetzen konnte, ausreicht, um zu
    rechtfertigen, dass man das Abkommen, obwohl man
    vielleicht nicht alles hinbekommen hat, nicht ablehnt.
    Ich glaube, dass diese Lehre in Ihrer Partei schon längst
    gezogen wurde.


    (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Von Herrn Kretschmann zumindest!)


    – Ich wollte nicht auf Herrn Kretschmann abheben. Ich
    glaube, dass das bei den Grünen alle so sehen. – Es ist
    absolut klar: Wir versuchen, so zu verhandeln, dass die
    Gefahren durch den Investitionsschutz, die Frau Hajduk
    beschrieben hat, nicht eintreten. Ich glaube, dass wir das
    auch schaffen. Bei den Verhandlungen zu CETA ist das
    viel einfacher als bei TTIP. Bei den Verhandlungen zu
    TTIP ist das noch offen. Bei CETA sind die jetzigen Re-
    gelungen schon schwach. Wir werden versuchen, dieses
    Abkommen noch besser zu machen: durch Regeln zu
    Appellationsgerichten, durch die Frage, wie die Richter
    berufen werden, durch die Entscheidung, dass man nur
    den einen oder den anderen Weg gehen kann und nicht,
    nachdem man auf nationaler Ebene gescheitert ist, noch
    ein Schiedsgericht anrufen kann.

    Mein Eindruck ist, dass in Europa schon jetzt nicht
    viele bereit sind, in dieser Frage, selbst bei den Verbesse-
    rungen, mitzumachen. Dann werden Sie und wir ent-
    scheiden müssen – auch meine Partei wird darüber ent-
    scheiden müssen –, ob Sie glauben, ein europäisch-
    kanadisches Abkommen, bei dem es nicht gelungen ist,
    den gesamten Investitionsschutz herauszunehmen, stop-
    pen zu müssen, weil Sie der Überzeugung sind, dass
    deutsche Sorgen wichtiger sind als das, was der Rest
    Europas für sich und seine wirtschaftliche Entwicklung
    für sinnvoll und nötig hält. Dabei rate ich zu etwas weni-
    ger deutscher Nabelschau. Das ist mein Rat an uns alle.
    Deswegen bin ich bei dem, was ich tue, mit mir im Rei-
    nen.

    Ich hätte übrigens auf die Frage Ihrer Kollegin
    Hajduk viel einfacher antworten können. Sie hat mich
    nämlich nur gefragt, ob ich etwas dafür tue, der Gefahr,
    dass ein Parlament erpresst wird, entgegenzutreten. Ich
    hätte sagen können: Natürlich tun wir das. – Ich hätte al-
    len konkreten Aussagen zu CETA und TTIP aus dem
    Weg gehen können. Glauben Sie mir: Ich bin sprachlich
    und auch sprecherisch dazu in der Lage.

    Ich habe das absichtlich nicht gemacht, weil ich dafür
    bin, dass wir rational über diese Fragen reden, und weil
    ich es richtig finde, dass das Parlament, Frau Hajduk, da-
    rüber debattiert. Aber bitte seien Sie sachbezogen, und
    halten Sie sich an Tatsachen! Wir reden über keine Klei-
    nigkeit. Wenn wir das hier falsch machen, dann werden
    uns unsere Kinder und Enkel aufgrund unserer ängstli-
    chen und ideologischen Debatte in Deutschland verflu-
    chen; das sage ich Ihnen.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mein Gott!)


    Frau Kollegin, Sie haben noch eine Frage gestellt. Sie
    haben gefragt, warum die 10 Milliarden Euro – auch
    Frau Hajduk hat das freundlich angesprochen –, die Herr
    Schäuble zur Verfügung stellt, nichts bringen. Darauf
    will ich Ihnen antworten: Unter anderem führt dieses
    Geld dazu, dass wir am 3. Dezember dieses Jahres im
    Kabinett ein Energieeffizienzprogramm beschließen
    können, mit dem endlich das Thema Energieeffizienz
    klar aufgegriffen wird, und dass wir allein bis 2018 für
    diesen Bereich zusätzlich rund 1,2 Milliarden Euro er-
    halten.


    (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum denn nicht jetzt? – Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann nehmen Sie doch unsere 3 Milliarden!)


    – Für die nächsten Jahre stehen dafür im Haushalt des
    Finanzministers 7 Milliarden Euro bereit. Darin steht,
    wie ich glaube, eine sehr allgemeine Bemerkung dazu,
    für welche Bereiche das Geld genutzt werden soll. Unter
    anderem steht darin, glaube ich, das Thema Energieeffi-
    zienz. Ich habe Ihrer Kollegin Hajduk im Haushaltsaus-
    schuss wahrheitsgemäß gesagt, dass ich beim Tagesord-
    nungspunkt Bereinigungssitzung noch nicht in der Lage
    war, Ihnen dazu abschließend etwas zu sagen. Die Koali-
    tion hat sich vor zwei Tagen über dieses Thema verstän-
    digt. Gott sei Dank, Frau Hajduk – darüber sollten wir
    uns freuen –, bietet das 10-Milliarden-Euro-Programm
    die Möglichkeit, endlich mehr für Energieeffizienz zu
    tun.


    (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber ein Jahr passiert wieder nichts!)


    – Mensch, Herr Krischer, Sie hätten doch vor mir reden
    können. Dann hätte ich Ihnen auch noch geantwortet.
    Dazu hatten Sie keinen Mumm. Nun machen Sie nicht
    ständig Zwischenrufe.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


    Frau Hajduk, ich finde, Sie haben vorhin eine absolut
    zutreffende Bemerkung gemacht. Sie haben gesagt: Das
    ist ein klassisches Investitionsprogramm. – Genau so ist
    es. Mit den Mitteln von Herrn Schäuble für die Energie-
    effizienz hebeln wir erhebliche private Investitionen.


    (Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wachen langsam auf an der Stelle!)


    – Was heißt, wir wachen langsam auf? Das ist nun wirk-
    lich keine ganz neue Erfindung: Das am besten laufende
    Programm in der Konjunkturkrise war das CO2-Gebäu-
    desanierungsprogramm. Das hat damals auch die Große
    Koalition gemacht.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)






    Bundesminister Sigmar Gabriel


    (A) (C)



    (D)(B)

    Frau Hajduk, die Wahrheit ist doch, dass die Unions-
    fraktion und die FDP bereits in der letzten Legislatur-
    periode versucht haben,


    (Volker Kauder [CDU/CSU]: Jetzt kommt’s!)


    dieses CO2-Gebäudesanierungsprogramm hinzubekom-
    men,


    (Beifall des Abg. Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU])


    und dass die Länder aufgrund der zu erwartenden Steu-
    erausfälle erklärt haben, dass sie nicht mitmachen wür-
    den. Das ist doch die Wahrheit.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein!)


    – Ich finde, es ist gar nicht so schlimm, im Parlament die
    Wahrheit zu sagen, Frau Hajduk. Das kann man gefahr-
    los machen.


    (Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben nur unterschiedliche Meinungen im Parlament! Das gehört auch dazu!)


    – Nein. Der Punkt ist doch, dass auch die rot-grün re-
    gierten Länder das damals abgelehnt haben. Auch die
    Grünen haben es abgelehnt.


    (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt doch nicht!)


    Wir machen es jetzt dadurch möglich, dass wir einen
    Vorschlag haben, wie wir in diesem Fall die steuerliche
    Absetzbarkeit von Gebäudesanierungsprogrammen für
    die Länder und Kommunen kostenneutral gestalten kön-
    nen. Darauf bezieht sich unser Vorschlag. Deswegen
    hoffen wir, dass wir mit Unterstützung der Grünen und
    der Sozialdemokraten im Bundesrat eine Mehrheit für
    dieses Programm bekommen. Die Möglichkeit, das zu
    tun, hat uns Herr Schäuble gegeben. Sie haben gesagt, es
    sei schlimm, dass der für Investitionen zuständige Wirt-
    schaftsminister es dem Finanzminister überlässt, das
    Geld dafür aufzutreiben. Das ist aber, ehrlich gesagt,
    sein Job, und ich bin ihm dafür dankbar, dass er ihn gut
    erledigt hat.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


    Deswegen werden wir beim Energieeffizienzprogramm
    endlich etwas machen.

    Das größte Investitionsprogramm ist übrigens, dass
    diese Bundesregierung die Absicht hat – und wir wollen
    das jetzt noch etwas verstärken –, bis zum Ende der
    Wahlperiode die Städte und Gemeinden um insgesamt
    10 Milliarden Euro zu entlasten. 4,5 Milliarden Euro ha-
    ben wir in diesem Jahr erreicht, übrigens durch die Ver-
    abredung der letzten Bundesregierung im Vermittlungs-
    ausschuss. Nachts um vier, als alle müde waren – Grüne
    und FDP waren schon nach Hause gegangen –, haben
    Herr Kauder und ich gesagt: Jetzt machen wir es. – So ist
    das im Vermittlungsausschuss: Wer zu früh müde wird,
    verliert.


    (Zuruf des Abg. Volker Kauder [CDU/CSU])

    – Das hat ja keiner gehört, Herr Kauder. – Dadurch ha-
    ben wir eine Entlastung um 4,5 Milliarden Euro erreicht.

    Jetzt wollen wir bis zum Ende der Wahlperiode mit
    dem Teilhabegesetz noch einmal das Gleiche schaffen.
    Das ist das größte Investitionsprogramm, das man
    durchführen kann. Denn mehr als 50 Prozent der öffent-
    lichen Investitionen werden durch die Städte und Ge-
    meinden aufgebracht, und sie können das häufig nicht
    mehr, weil ihre Finanzkraft nicht ausreicht. Diese Regie-
    rung verbessert die Finanzkraft der Kommunen. Das ist
    ein Investitionsprogramm.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Ich hoffe übrigens sehr, dass sich Bund und Länder in
    der Debatte über die Flüchtlingshilfe darauf einigen, die
    Kommunen weiter zu unterstützen; denn ich habe Angst
    davor, dass die Aufnahme von Flüchtlingen sonst mit an-
    deren öffentlichen Aufgaben, zum Beispiel Sanierungs-
    vorhaben für Schulen, Kindergärten, Freibäder und an-
    deres, in Konflikt gerät. Den politischen Sprengstoff
    dürfen wir nicht zulassen. Es darf nicht sein, dass wir die
    Kommunen mit den Flüchtlingsfragen alleine lassen und
    es am Ende zu solchen Konstellationen kommt.


    (Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dazu haben wir auch einen Antrag!)


    Denn wir werden in Deutschland mehr Flüchtlinge auf-
    nehmen. Das tun wir bereits, und ich hoffe, dass sich
    Bund und Länder in dem Punkt einigen, weil wir nicht
    nach dem Motto „Den Letzten beißen die Hunde“ han-
    deln dürfen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


    Weil wir über viele Themen gesprochen und auch viel
    über TTIP diskutiert haben, bin ich noch nicht zum
    Haushalt des Wirtschaftsministeriums gekommen. Ich
    will nur noch einmal bestätigen, was Herr Fuchs und an-
    dere bereits gesagt haben. Wir hatten im letzten Jahr
    0,1 Prozent Wachstum. Im Jahr davor waren es 0,4 Pro-
    zent. Jetzt haben wir 1,2 Prozent Wachstum. Da kann
    man wirklich nicht behaupten, wir seien auf dem Weg in
    die Krise.

    Wir haben 325 000 neue Arbeitsplätze in diesem Jahr,
    übrigens fast alle sozialversicherungspflichtig. Wir ha-
    ben den Höchststand bei der sozialversicherungspflichti-
    gen Beschäftigung erreicht. Wir haben zum ersten Mal
    seit langer Zeit – wir beide streiten immer darüber, Herr
    Schlecht – steigende Reallöhne. Das hat etwas mit den
    Tarifabschlüssen zu tun, aber auch mit dem Mindest-
    lohn.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Na ja! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Ich glaube, nicht!)


    Ich finde übrigens, dass die Bundeskanzlerin gestern
    einen ganz wichtigen Satz gesagt hat.


    (Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Nur einen?)


    – Nein, mehrere Sätze. – Sie hat zum Beispiel gesagt,
    Frau Kollegin Lötzsch: Nichts rechtfertigt die Aggres-





    Bundesminister Sigmar Gabriel


    (A) (C)



    (D)(B)

    sion gegenüber der Ukraine und das Annektieren der
    Krim. – Aber niemand von Ihnen hat geklatscht. Ich
    habe das genau gesehen. Man muss ja nicht immer klat-
    schen, wenn die Regierungschefin einer anderen Frak-
    tion redet, aber bei der Aussage wäre es gut gewesen,
    wenn Sie mitgeklatscht hätten.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Sie hat gestern auch gesagt: Man darf nicht Wirt-
    schafts- und Sozialpolitik gegeneinander ausspielen. –
    Das finde ich richtig. Der Mindestlohn ist doch kein
    Wahlgeschenk, wie es manche darstellen. Wir wollen,
    dass Leute, die den ganzen Tag arbeiten gehen, nicht am
    Ende des Monats zum Sozialamt gehen müssen. Einer,
    der arbeiten geht, muss mehr haben als einer, der nicht
    arbeiten geht.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Das ist der Sinn des Mindestlohns. Das ist kein Wahlge-
    schenk. Das ist eine hart erarbeitete Leistung.

    Auch in der Debatte über die Rente geht es nicht um
    ein Wahlgeschenk. Es gibt keine Rente mit 63. Es gibt
    eine Rente nach 45 Versicherungsjahren. Dann darf man
    mit 63 ohne Abschläge gehen. Bei manchen von denen,
    die das kritisieren, würde ich mir wünschen, sie müssten
    selbst nach dieser langen Zeit der Erwerbstätigkeit mit
    der Rente klarkommen, die die Menschen, die so lange
    gearbeitet haben, heute im Schnitt bekommen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Ein bisschen mehr Demut gegenüber denen, die in die-
    sem Land arbeiten und dafür manchmal nicht allzu viel
    Geld bekommen, würde ich mir in der Diskussion wün-
    schen; denn dieses Land lebt von dem Versprechen: Wer
    sich anstrengt, der hat etwas davon. – Das ist der Grund,
    warum Deutschland seit 1945 diesen Aufschwung ge-
    nommen hat. Das ist der Grund: Leistung soll sich nicht
    nur für einige wenige, sondern für alle lohnen. „Wohl-
    stand für alle“ war Erhards Credo, und das ist der Grund,
    warum wir die beiden Dinge nicht auseinanderrücken
    können.

    Übrigens: Auch die Frauenquote ist doch keine Belas-
    tung für die Wirtschaft.


    (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sieht Herr Kauder aber anders! – Gegenruf des Abg. Volker Kauder [CDU/ CSU]: Quatsch!)


    Jedes Jahr gibt es unter den jungen Frauen mehr und
    bessere Schulabschlüsse, und jedes Jahr gibt es unter den
    jungen Frauen mehr und bessere Studienabschlüsse.
    Trotzdem tauchen diese Frauen in den Spitzenstellungen
    der Wirtschaft nicht auf. Das ist nicht nur ungerecht;
    selbst der größte Chauvi


    (Heiterkeit des Abg. Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    muss doch erkennen, dass es ökonomischer Wahnsinn
    ist, auf die gut ausgebildeten Frauen in den Spitzenstel-
    lungen von Staat und Gesellschaft in diesem Land zu
    verzichten.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Der Sinn der Frauenquote ist doch nicht, ein paar
    Frauen in Spitzenpositionen zu bekommen, sondern der
    Sinn der Frauenquote ist, dass in den Führungsetagen
    der deutschen Wirtschaft die Alltags- und Lebensrealität,
    die Berufswege von Frauen endlich in den Blick genom-
    men werden,


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


    weil Männer diese anders beurteilen als Frauen und weil
    Frauen möglicherweise – das ist die Hoffnung bei der
    Frauenquote – dann in ihren Unternehmen dafür sorgen,
    dass der Berufs- und Karriereweg von Frauen – im
    Zweifel mit Kindern und Familie – eine bessere Beglei-
    tung erfährt, als das unter dem Blickwinkel der Männer
    der Fall ist.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Das ist der Sinn der Frauenquote. Sie wird der Wirt-
    schaft helfen, sie wird dem Land helfen. Wir können
    doch nicht über Fachkräftemangel reden, aber nichts da-
    gegen tun, dass junge, gut ausgebildete Frauen ihren Be-
    rufs- und Karriereweg nicht machen können.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Deswegen ist die Frauenquote keine Belastung, sondern
    ein Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung.

    Ich glaube deshalb, dass wir mit all dem, was wir tun,
    dem folgen sollten, was die Kanzlerin gestern in ihrer
    Rede gesagt hat: Wir dürfen Wirtschaft und soziale Fra-
    gen in Deutschland nicht gegeneinanderstellen, sondern
    müssen sie miteinander verbinden.

    Trotzdem steht Deutschland vor großen Herausforde-
    rungen: in der Energiepolitik, bei den Fachkräften, in der
    Investitionspolitik. Übrigens: Auch wenn wir 3 Prozent
    Wirtschaftswachstum hätten, müssten wir etwas dagegen
    tun, dass die energieintensive Industrie das Land verlässt
    – durch Desinvestitionen –, weil wir zu hohe Energie-
    kosten für diesen Bereich haben. Es darf uns aber nicht
    egal sein, ob die Grundstoffindustrie in unserem Land
    weiter existieren kann; denn sie ist verantwortlich für
    zentrale Wertschöpfungsketten in diesem Land. Wenn
    jetzt selbst angeblich aufgeklärte Magazine in Deutsch-
    land von einer schützenden Hand reden, die wir über
    Stahlkocher halten würden, will ich sagen: Das sind Ar-
    beitsplätze, die da sind, damit wir dort das Geld verdie-
    nen, das wir brauchen, um es auch in Ökologie und
    Soziales investieren zu können. Darum geht es in
    Deutschland.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)