Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der
Bundesfinanzminister ist nicht nur für den Bundeshaus-
halt zuständig, sondern bundesseitig auch für den Pro-
zess des Länderfinanzausgleichs. Dazu möchte ich meine
Rede heute halten.
Bis 2019 laufen zentrale Elemente des Länderfinanz-
ausgleichs aus und müssen neu verhandelt werden – eine
große Aufgabe, weil Länderfinanzausgleich heißt, einen
Ausgleich zwischen finanzstarken und finanzschwachen
Ländern und ihren Gemeinden zu schaffen. Die Gemein-
den sind in diesem Zusammenhang immer ganz wichtig;
die kommunalen Finanzen hängen vom Länderfinanz-
ausgleich zentral ab.
Das Ganze ist eine große Aufgabe. Alle hatten eigent-
lich erwartet, dass man zu ihrer Erfüllung wieder eine
Föderalismuskommission, die Föderalismuskommis-
sion III, einsetzt. Die Große Koalition ist einen anderen
Weg gegangen. Sie hat gesagt: Wir brauchen keine neue
Föderalismuskommission; wir regeln das irgendwie so. –
Dann haben auf einmal die Bundeskanzlerin und der
Finanzminister gemeinsam mit den Ministerpräsidenten
im Sommer gesagt: Wir machen das jetzt ganz schnell;
wir versuchen bis zum 11. Dezember dieses Jahres, das
in Geheimverhandlungen schnell zustande zu bringen.
Dies ist im völligen Chaos geendet und muss jetzt erst
einmal neu angegangen werden.
Wir haben bereits bei der Föderalismuskommission II
kritisiert, dass die Länderparlamente und Kommunen
nicht mit am Tisch waren, obwohl sie zentrale Elemente
sind. Diesmal ist es so: Der Bundestag ist außen vor, die
Länderparlamente sind außen vor, die Kommunen wer-
den überhaupt nicht gefragt, und dies ist ein Skandal.
Das Ergebnis, das jetzt vorliegt, ist, dass wir eine völ-
lige Zerstrittenheit zwischen dem Bund und den 16 Bun-
desländern haben und das Ganze erst einmal, wie eine
Zeitung geschrieben hat, im Abklingbecken hängt. Das
ist aber natürlich auch eine Chance, weil nach wie vor
der Artikel 72 des Grundgesetzes die Herstellung gleich-
wertiger Lebensverhältnisse vorschreibt, und das heißt
eben nicht „Ellenbogenprinzip“ – jedes Bundesland
kämpft für sich selbst –, sondern das heißt, gemeinsam
ein Konzept zu entwickeln: Wie könnte ein solidarischer
Finanzausgleich aussehen?
Dazu sind faire und transparente Verhandlungen notwen-
dig.
Die Linke hat sich sehr intensiv mit dieser Frage be-
schäftigt, hat eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe gebildet
und dort ein sehr gutes, so glaube ich, Konzept ausgear-
beitet. Alle, die das interessiert, können das auf meiner
Internetseite einsehen. Es gibt eine Langfassung. Es gibt
eine Kurzfassung. Es gibt eine relativ populär gehaltene
Broschüre, in der dargestellt ist, nach welchen Prinzipien
man eigentlich vorgehen müsste. Da ich lediglich fünf
Minuten Redezeit habe, will ich hier an dieser Stelle nur
vier Punkte einbringen:
Erstens. Die reichen Bundesländer mit reichen Kom-
munen können sich insofern nach wie vor armrechnen,
als ein Teil der kommunalen Steuereinnahmen nicht in
den Länderfinanzausgleich einfließt. Es gibt sogar Posi-
tionen, die sagen: Das soll noch stärker der Fall sein. Wir
sind der Ansicht: Die kommunalen Einnahmen müssen
zu 100 Prozent mit berücksichtigt werden. Das führt
dazu, dass die strukturschwachen Länder in Ost und
West deutlich besser dastehen, als es jetzt der Fall ist.
Zweitens. Auf der Kostenseite – das ist auch ganz
zentral – muss die Strukturblindheit aufhören. Wir haben
arme Kommunen, die durch die Sozialausgaben immer
mehr in Bedrängnis geraten sind. Deswegen sagen wir:
Alle bundeseinheitlich geregelten Sozialleistungen müs-
sen im Länderfinanzausgleich Berücksichtigung finden,
dazu zählen die Ausgaben nach dem Sozialgesetz-
buch II, für Arbeitslose, Asylsuchende, sozial benachtei-
ligte Kinder und vieles andere mehr. Das entspricht nur
dem Konnexitätsprinzip. Das ist vom Bund so beschlos-
sen worden, und der Bund soll die Ausgaben dann auch
entsprechend übernehmen. Man kann über Ausgleichs-
zahlungen nachdenken, aber die Situation, dass struktur-
schwache Regionen immer weiter abstürzen, wird damit
geheilt.
Drittens. Wir glauben, dass auch die Zinszahlungen in
Zeiten der Schuldenbremse vergemeinschaftet werden
müssen, und fordern deswegen einen bundeseinheit-
lichen Länderaltschuldenfonds, in den auch die Schul-
den der Kommunen mit einfließen, um die entsprechen-
den Zinszahlungen gemeinsam zu tragen.
Viertens. Wir brauchen weiterhin einen Solidarpakt III
als Ergänzung, als Erweiterung des Solidarpakts II, nicht
mehr bezogen auf Ost und West, sondern auf alle struk-
turschwachen Regionen. Wer den Soli abschaffen will,
schafft Solidarität ab. Das, was die Ministerpräsidenten
von SPD und Grünen jetzt beschlossen haben, nämlich
„Wir legen das einfach auf die Länder und Kommunen
um“, heißt: Da, wo viel Geld ist, kommt noch viel mehr
dazu, und da, wo wenig ist, kommt auch nur wenig dazu.
– Deswegen: Der Solidarpakt muss sozusagen verlängert
werden. Der Soli muss für gemeinschaftliche Ausgaben
weiter genutzt werden.
Danke schön.