Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegin-
nen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste! Kaum ein Thema
beschäftigt die Kulturszene im Moment so sehr wie die
laufenden TTIP-Verhandlungen. Die Aufregung ist groß,
und darum will ich hier jetzt darauf eingehen, weil
Staatsministerin Grütters das gerade nicht getan hat.
Die gebetsmühlenartigen Beteuerungen seitens der
Bundesregierung, die Kultur sei von den Verhandlungen
ausgenommen, kann die Gemüter nicht beruhigen, und
ich meine: zu Recht. Meine Damen und Herren von der
Bundesregierung, ich frage Sie: Wer würde denn auf die
Idee kommen, seine Blankounterschrift auf ein leeres
Blatt Papier zu setzen? Wenn es um TTIP geht, erwarten
Sie quasi genau das von den Bürgerinnen und Bürgern.
Ich sage Ihnen: Ein völlig intransparentes Verfahren mit
einem „Wird schon gut gehen“ zu legitimieren, reicht
mir nicht, und es reicht mir auch nicht, darüber zu spe-
kulieren, wie eine Ausnahme für die Kultur am Ende
wirklich aussehen könnte.
Spekulationen über eine mögliche Ausnahme in der Prä-
ambel, unklar, in welchem Kontext, und unklar, mit wel-
cher Wirkung: Das ist keine Information, das ist ein Pla-
cebo.
Kulturelle Güter haben einen Wert, der über das Ma-
terielle weit hinausgeht. Deshalb haben wir alle uns hier
in Deutschland und in Europa immer für den besonderen
Schutz der kulturellen Güter ausgesprochen – nicht zu-
letzt durch eine UNESCO-Konvention. Wenn Sie, meine
Damen und Herren von der Bundesregierung, sich nicht
daran halten, dann verletzen Sie nicht nur die Grund-
werte dieser Konvention. Nein, wenn Sie dem kulturel-
len Ausverkauf durch TTIP Tür und Tor öffnen, dann
stellen Sie auch unsere kulturelle Vielfalt zur Disposition
und gefährden unsere Daseinsvorsorge auf fundamentale
Weise, und das geht nicht.
Frau Grütters, Sie wollen uns immer glauben machen,
dass Sie eine der entschiedensten Gegnerinnen des
TTIP-Abkommens sind – zumindest in Bezug auf den
kulturellen Bereich. Wenn es Ihnen mit der Kultur und
mit den Ausnahmen für die Kultur wirklich so ernst ist,
dann fordern Sie keine Generalklausel, deren Wirkung
Sie nicht kennen! Sie müssen dann schon konkreter wer-
den.
Wir erwarten von Ihnen eine nachhaltige Kulturpoli-
tik, eine Kulturpolitik, die ihre Projekte nicht anfängt
und erst dann schaut, wohin die Reise geht – wie jetzt
bei TTIP oder wie beim Humboldtforum, um noch ein
prominentes Beispiel zu nennen. Mitten in Berlin wächst
und wächst der Rohbau des Berliner Schlosses, aber er
wächst noch immer ohne inhaltliche Substanz, und das,
Frau Grütters, ist keine nachhaltige Kulturpolitik.
Noch ein Thema der Kategorie „Ende offen“ steht auf
der Agenda der Kulturpolitik: der Neubau für ein Mu-
seum der Kunst des 20. Jahrhunderts hier in Berlin. Seit
über einem Jahr reden Sie jetzt über diesen Neubau, Frau
Grütters. Bis heute ist aber auch hier nichts Substanziel-
les passiert: kein Budget, kein Zeitplan. Das Ende ist of-
fen – wie so oft.
Vielen Dank.