Rede von
Dr.
Volker
Ullrich
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor zwei Mo-
naten haben 562 Schriftsteller einen Appell zur Verteidi-
gung der Demokratie im digitalen Zeitalter unterzeich-
net. Sie sorgen sich um die Würde des Menschen, um
den Schutz unserer Daten und um die Folgen massenhaf-
ter Ausspähung. Diese Sorgen teilen wir.
Unsere Befürchtungen und Sorgen gehen aber noch
weiter. Wir fragen uns auch: Was können die Gegner un-
serer Freiheit im Netz noch bewirken? Wie sieht es mit
Terrorismus aus, mit organisierter Kriminalität, mit
Netzwerken widerwärtiger Menschen, die das Wohl un-
serer Kinder bedrohen, oder mit Hackerangriffen gegen
unsere Versorgungsstrukturen? Das alles sind Angriffe
auf unsere Freiheit. Wir sehen: Der Rechtsstaat kann nur
so stark sein kann, wie er auch den Schutz unseres Ge-
meinwesens und dessen, was uns wichtig ist, gewährleis-
tet. Es ist eben doch das alte Spiel zwischen Sicherheit
und Freiheit.
Ein Minimum an Sicherheit kann niemals maximale
Freiheit gewährleisten.
Wir müssen Sicherheit und Freiheit nicht nur in die Ba-
lance bringen, sondern auch darauf achten, dass die Si-
cherheit so groß ist, dass der Mensch frei leben kann.
Wir tragen gemeinsam Verantwortung für das, was
jetzt zugunsten unserer Demokratie im digitalen Zeital-
ter geschieht. Deswegen sind Lösungen angebracht: Ge-
setzentwürfe, Verordnungen. Das ist wesentlich wichti-
ger als die Litanei der Empörung. Das ist auch
wesentlich wichtiger, als Befürchtungen und Angst zu
schüren. In diesem Zusammenhang sei an eine Rede er-
innert, die Ernst Wiechert vor annähernd 90 Jahren vor
Abiturienten gehalten hat. Er hat damals so ähnlich for-
muliert: Ich weiß nicht, ob ich euch etwas gegeben habe,
aber ich hoffe, dass ich euch etwas genommen habe,
nämlich die Angst, die Angst vor der Zukunft, die Angst
vor der Politik und die Angst vor dem Leben. – Es ist un-
sere Aufgabe als Politiker, jetzt, in einer Situation, in der
Menschen Befürchtungen haben, in der Menschen viel-
leicht besorgt sind und Ängste haben, diese Ängste zu
nehmen, aber diese Ängste nicht in einem Antrag zu for-
mulieren, der keine Lösungen aufzeigt.
Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, dass die zi-
vilisatorischen Errungenschaften des Internets, die Ak-
quise von Wissen, das Ausleben von Meinungsfreiheit,
das Knüpfen von Kontakten und die Erleichterung des
täglichen Lebens, unter Berücksichtigung von Daten-
schutz und Schutz der Privatsphäre erhalten bleiben.
Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, dass die De-
mokratie im digitalen Zeitalter ähnlich gut funktioniert,
wie die Demokratie im analogen Zeitalter funktioniert
hat. Lassen Sie uns gemeinsam die Demokratie im digi-
talen Zeitalter leben, eine Demokratie, welcher die Men-
schen vertrauen, weil sie den Rechtsstaat und unsere
Grundrechte schützt.