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ID1800912500

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    Plenarprotokoll 18/9 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 9. Sitzung Berlin, Freitag, den 17. Januar 2014 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 15: Vereinbarte Debatte: zum Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission . . . . . . . . . . 503 B Axel Schäfer (Bochum) (SPD) . . . . . . . . . . . . 503 B Alexander Ulrich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 505 A Gunther Krichbaum (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 506 C Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 508 C Michael Roth, Staatsminister  AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 510 A Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 510 C Andrej Hunko (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 511 D Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 512 B Detlef Seif (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 513 A Dr. Diether Dehm (DIE LINKE) . . . . . . . . 513 C Annalena Baerbock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 514 D Annalena Baerbock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 515 D Dagmar Schmidt (Wetzlar) (SPD) . . . . . . . . . 517 B Jürgen Hardt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 518 C Norbert Spinrath (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 520 C Dr. Peter Gauweiler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 522 A Dr. Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 523 C Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . 524 B Tagesordnungspunkt 16: Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Katrin Kunert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Das Massen- sterben an den EU-Außengrenzen been- den – Für eine offene, solidarische und hu- mane Flüchtlingspolitik der Europäischen Union Drucksache 18/288 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 524 D Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . 525 A Charles M. Huber (CDU/CSU) . . . . . . . . . 525 D Thomas Silberhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 528 A Luise Amtsberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 530 A Christina Kampmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . 532 A Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . 533 D Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . 534 D Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 535 C Harald Petzold (Havelland)  (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 536 A Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . 536 D Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 538 A Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) . . . . . . . 539 A Marian Wendt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 540 C Rüdiger Veit (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 542 B Frank Heinrich (Chemnitz) (CDU/CSU) . . . . 544 B Dr. Egon Jüttner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 546 A Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Januar 2014 Zusatztagesordnungspunkt 4: Antrag der Abgeordneten Oliver Krischer, Dr. Julia Verlinden, Annalena Baerbock, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Europarechts- konforme Regelung der Industrievergüns- tigungen auf stromintensive Unternehmen im internationalen Wettbewerb begrenzen und das EEG als kosteneffizientes Instru- ment fortführen Drucksache 18/291 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 547 B Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 547 B Thomas Bareiß (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 548 D Peter Meiwald (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 550 A Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 551 B Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . 552 A Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . . . 553 B Jens Koeppen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 555 D Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 557 B Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 558 C Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 558 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 559 A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 559 C Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Januar 2014 503 (A) (C) (D)(B) 9. Sitzung Berlin, Freitag, den 17. Januar 2014 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    (D) Berichtigung 8. Sitzung, Seite 462 A, dritter Absatz, der fünfte Satz ist wie folgt zu lesen: Der Hohe Kurdische Rat im Norden verlangt nicht mehr und nicht weniger, als auch eine Dele- gation entsenden zu dürfen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Januar 2014 559 (A) (C) (B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten (D)  Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Alpers, Agnes DIE LINKE 17.01.2014 Bertram, Ute CDU/CSU 17.01.2014 Burkert, Martin SPD 17.01.2014 Ebner, Harald BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17.01.2014 Dr. Freudenstein, Astrid CDU/CSU 17.01.2014 Gutting, Olav CDU/CSU 17.01.2014 Dr. Harbarth, Stephan CDU/CSU 17.01.2014 Heller, Uda CDU/CSU 17.01.2014 Henn, Heidtrud SPD 17.01.2014 Hinz (Herborn), Priska BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17.01.2014 Klimke, Jürgen CDU/CSU 17.01.2014 Krellmann, Jutta DIE LINKE 17.01.2014 Lenkert, Ralph DIE LINKE 17.01.2014 Maisch, Nicole BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17.01.2014 Dr. Malecha-Nissen, Birgit SPD 17.01.2014 Marwitz, Hans-Georg von der CDU/CSU 17.01.2014 Mattfeldt, Andreas CDU/CSU 17.01.2014 Movassat, Niema DIE LINKE 17.01.2014 Pilger, Detlev SPD 17.01.2014 Pronold, Florian SPD 17.01.2014 Dr. Schick, Gerhard BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17.01.2014 Schieder (Schwandorf), Marianne SPD 17.01.2014 Schlecht, Michael DIE LINKE 17.01.2014 Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 918. Sitzung am 19. De- zember 2013 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Ab- satz 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen: – Gesetz zum Vorschlag für eine Verordnung des Rates über das Programm „Europa für Bürgerin- nen und Bürger“ für den Zeitraum 2014–2020 – Dreizehntes Gesetz zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (13. SGB V-Änderungs- gesetz – 13. SGB V-ÄndG) Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat mit- geteilt, dass sie den Antrag Operation Active Endea- vour beenden auf Drucksache 18/99 zurückzieht. Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mit- geteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unionsdo- kumente zur Kenntnis genommen oder von einer Bera- tung abgesehen hat. Petitionsausschuss Drucksache 17/13340 Nr. A.1 EP P7_TA-PROV(2013)0062 Auswärtiger Ausschuss Drucksache 17/12244 Nr. A.5 EuB-BReg 3/2013 Drucksache 17/13340 Nr. A.4 EuB-BReg 30/2013 Rechtsausschuss Drucksache 17/10710 Nr. A.22 Ratsdokument 11180/12 Schmidt (Ühlingen), Gabriele CDU/CSU 17.01.2014 Steinbach, Erika CDU/CSU 17.01.2014 Dr. Tackmann, Kirsten DIE LINKE 17.01.2014 Dr. Troost, Axel DIE LINKE 17.01.2014 Dr. Ullrich, Volker CDU/CSU 17.01.2014 Dr. Wagenknecht, Sahra DIE LINKE 17.01.2014  Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 560 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Januar 2014 (A) (C) (D)(B) Haushaltsausschuss Drucksache 17/13830 Nr. A.5 Ratsdokument 9166/13 Drucksache 17/13830 Nr. A.6 Ratsdokument 9167/13 Drucksache 17/13994 Nr. A.2 Ratsdokument 9327/13 Drucksache 17/13994 Nr. A.3 Ratsdokument 9336/13 Drucksache 17/13994 Nr. A.4 Ratsdokument 10148/13 Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Drucksache 17/13830 Nr. A.7 Ratsdokument 9187/13 Drucksache 17/13830 Nr. A.8 Ratsdokument 9308/13 Drucksache 17/13830 Nr. A.9 Ratsdokument 9343/13 Drucksache 17/13830 Nr. A.10 Ratsdokument 9346/13 Drucksache 17/13830 Nr. A.11 Ratsdokument 10201/13 Drucksache 17/13994 Nr. A.5 Ratsdokument 8874/13 Drucksache 17/13994 Nr. A.6 Ratsdokument 10048/13 Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Drucksache 17/5822 Nr. A.40 Ratsdokument 8989/11 Drucksache 17/13830 Nr. A.12 Ratsdokument 9459/13 Drucksache 17/13830 Nr. A.13 Ratsdokument 9464/13 Drucksache 17/13830 Nr. A.14 Ratsdokument 9468/13 Drucksache 17/13830 Nr. A.15 Ratsdokument 9527/13 Drucksache 17/13830 Nr. A.16 Ratsdokument 9574/13 Drucksache 17/13994 Nr. A.7 Ratsdokument 10726/13 Offsetdruc sellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 K Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Drucksache 17/6176 Nr. A.18 Ratsdokument 10168/11 Drucksache 17/13340 Nr. A.20 EP P7_TA-PROV(2013)0074 Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Drucksache 17/7918 Nr. A.18 Ratsdokument 15629/11 Drucksache 17/8426 Nr. A.44 Ratsdokument 18008/11 Drucksache 17/8426 Nr. A.46 Ratsdokument 18010/11 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 17/7549 Nr. A.10 Ratsdokument 14749/11 Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Drucksache 17/13830 Nr. A.19 EP P7_TA-PROV(2013)0179 Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Drucksache 17/11108 Nr. A.25 Ratsdokument 12444/12 Drucksache 17/11108 Nr. A.27 Ratsdokument 13228/12 Drucksache 17/11919 Nr. A.25 Ratsdokument 14871/12 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 17/13595 Nr. A.23 Ratsdokument 8541/13 kerei, Bessemerstraße 83–91, 1 öln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 22 9. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 15 Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission TOP 16 Flüchtlingspolitik der Europäischen Union TOP 17 Anbau von genetisch verändertem Mais in der EU Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Egon Jüttner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und

    Herren! Im Mittelmeerraum haben sich in den vergange-
    nen Jahren zu Lande und zu Wasser schreckliche Szenen
    abgespielt. Insbesondere vor der Küste Italiens und auf
    Lampedusa sowie im griechischen Flüchtlingslager
    Amigdalesa herrschen menschenunwürdige Zustände.
    Die Überbelegung von Flüchtlingslagern, in denen oft
    drei- bis viermal mehr Flüchtlinge untergebracht sind als
    vorgesehen, darf nicht länger hingenommen werden. Es
    ist inakzeptabel, dass Hunderte von Menschen auf über-
    füllten Booten in europäischen Gewässern den Tod
    finden. Was hier geschehen ist, das waren eindeutige
    Menschenrechtsverletzungen, die durch nichts zu recht-
    fertigen sind. In vielen Flüchtlingslagern, nicht nur auf
    Lampedusa, kam es zu Zwischenfällen, die die gesamte
    Europäische Union mit Scham erfüllen sollten.

    Unser Mitgefühl gehört den vielen umgekommenen
    und verletzten Flüchtlingen. Wir bedauern das Schicksal
    dieser Menschen zutiefst. Sie haben ihre häufig von krie-
    gerischen Auseinandersetzungen und Armut betroffe-
    nen Herkunftsländer verlassen, um in Europa eine bes-
    sere Zukunft zu finden. Ihre Flucht aber endete oft in
    einem qualvollen Tod. Der Respekt vor dem Schicksal
    dieser Menschen sollte Vorrang haben vor politischen
    Auseinandersetzungen und Schuldzuweisungen.

    Die Verantwortung für die Flüchtlingsströme und die
    daraus resultierenden Probleme liegt nicht bei den EU-
    Mitgliedstaaten, sondern eindeutig bei den Herkunfts-
    ländern. Leider ist die politische Situation in vielen Staa-
    ten besorgniserregend. In Mali, in Nigeria, in der Zen-
    tralafrikanischen Republik, aber auch im Südsudan sind
    teilweise staatliche Strukturen zusammengebrochen. Au-
    ßerdem finden oft Willkür und Unterdrückung statt.
    Häufig wird nicht einmal das Existenzminimum der
    Menschen gewährleistet. Auch militante islamistische
    Gruppen machen ein dauerhaft friedliches Zusammenle-
    ben unterschiedlicher Volksgruppen unmöglich.

    Da ist es nicht verwunderlich, dass Menschen ihre
    Heimat verlassen in der Hoffnung auf ein besseres Le-
    ben. Deutschland ist deshalb gemeinsam mit anderen
    Staaten der Europäischen Union, ebenso wie zivile und
    kirchliche Organisationen, ständig bemüht, den oft brü-
    chigen Frieden in diesen Staaten wiederherzustellen und
    die Grundbedürfnisse der dort lebenden Menschen zu
    decken. Die Träger der Entwicklungszusammenarbeit
    unternehmen alles, um im Dialog mit den politisch Ver-
    antwortlichen friedenstiftende Maßnahmen zu fördern.
    Geschähe dies nicht, würden noch mehr Menschen ihre
    Heimatländer verlassen und wären den Gefahren einer
    Flucht ausgesetzt.

    Meine Damen und Herren, wir sind uns einig, dass
    die südeuropäischen Staaten mit der Flüchtlingsproble-
    matik nicht alleingelassen werden dürfen. Wir sind als
    Europäer und als Europäische Union gemeinsam ver-
    pflichtet, Asylsuchenden eine menschenwürdige Be-
    handlung zu gewähren. Die EU ist deshalb ernsthaft
    bemüht, das europäische Asylsystem den sich verän-
    dernden Realitäten anzupassen. Dabei stehen zwei Ge-
    sichtspunkte im Vordergrund der Bemühungen: zum ei-
    nen die Behandlung der sich auf der Flucht befindenden
    bzw. bereits in Europa angekommenen Menschen und
    zum anderen die Ursachenbekämpfung in den Her-
    kunftsländern.

    Was Ersteres betrifft, so sind durch die Fortentwick-
    lung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems im
    vergangenen Jahr die Grundlagen für ein gerechtes und
    realisierbares Regelwerk geschaffen worden.

    Die Rangfolge der in der Dublin-Verordnung festge-
    legten Kriterien trägt der Tatsache Rechnung, dass wir es
    mit schutzbedürftigen Menschen zu tun haben. Wir sind
    verpflichtet, deren persönliche Situation zu berücksichti-
    gen.

    Erster Grundsatz ist die Einheit der Familie. Handelt
    es sich etwa bei einem Asylbewerber um einen unbeglei-
    teten Minderjährigen, so ist der Mitgliedstaat für die
    Prüfung seines Antrags zuständig, in dem sich ein Ange-
    höriger seiner Familie rechtmäßig aufhält. Ist ein Asyl-
    suchender volljährig und befindet sich ein Familienmit-
    glied bereits in einem Mitgliedstaat der Europäischen
    Union, so hat er die Wahl, ebenfalls in diesem Mitglied-
    staat einen Asylantrag zu stellen. Dies gilt selbst dann,
    wenn über den Asylantrag des Familienmitglieds noch
    nicht entschieden ist.

    Ferner regelt die Dublin-Verordnung, welcher Mit-
    gliedstaat im Einzelfall für den Asylantrag eines Asyl-
    suchenden zuständig ist. Der für die Prüfung des Asyl-
    antrags zuständige Mitgliedstaat darf diesen Antrag
    nicht ablehnen und den Asylbewerber etwa in ein ande-
    res Land schicken. Vielmehr ist er verpflichtet, den
    Asylbewerber aufzunehmen und den Antrag zu bearbei-
    ten.

    Die neuen Regelungen zeigen eindeutig, dass die Eu-
    ropäische Union der Menschenwürde der Asylsuchen-
    den einen hohen Stellenwert beimisst. Die familiäre Zu-
    sammenführung hat Vorrang vor allen anderen Kriterien.
    Es ist den Einzelstaaten verboten, Asylsuchende wie
    Spielbälle von einem Land ins andere zu schicken.

    Des Weiteren haben im Oktober 2013 die Mitglied-
    staaten der Europäischen Union kurzfristige Maßnah-
    men zur verbesserten Seenotrettung eingeleitet. Ein ef-
    fektives Seenotrettungssystem bedeutet jedoch nicht,
    dass die Überquerung des Mittelmeers mit völlig unge-
    eigneten und erheblich überladenen Booten sicher wird.
    Es kann nur dazu dienen, das Risiko für die Migranten
    auf dem Seeweg zu reduzieren.

    Die zunächst zuständigen nationalen Behörden der
    südeuropäischen Staaten haben die Möglichkeit, über die
    EU-Grenzschutzagentur Frontex Unterstützung durch
    andere EU-Mitgliedstaaten anzufordern. So konnten in
    den beiden vergangenen Jahren durch von Frontex koor-
    dinierte Aktionen – das wurde schon gesagt – über
    40 000 Menschen aus Seenot gerettet werden. Europa
    zeigt sich also in dieser Hinsicht mit seinen südlichen
    Mitgliedstaaten solidarisch.

    Unser Ziel muss es sein, Tragödien, wie sie in der
    Vergangenheit passiert sind, in Zukunft zu verhindern.
    Mit der Fortentwicklung des Gemeinsamen Europäi-





    Dr. Egon Jüttner


    (A) (C)



    (D)(B)

    schen Asylsystems wurden im vergangenen Jahr die
    Weichen dafür gestellt. Nun müssen wir die Effektivität
    der beschlossenen Maßnahmen genau analysieren. Da-
    bei müssen wir offen sein für weitere Reformen zuguns-
    ten der betroffenen Flüchtlinge. Deshalb steht die Asyl-
    politik auch beim EU-Gipfel im Juni wieder auf der
    Tagesordnung. Dort wird Bilanz gezogen über die im
    Herbst beschlossenen Maßnahmen und Änderungen.

    Es ist falsch, die Asylpolitik der Europäischen Union
    pauschal und undifferenziert zu verurteilen und den
    deutschen Bundesregierungen der letzten 20 Jahre eine,
    wie es im Antrag heißt – ich zitiere – „große Mitschuld“
    an „Menschenrechtsverletzungen und Verdrängung von
    Verantwortlichkeit auf EU-Ebene“ zu unterstellen.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Vielmehr müssen wir den eingeschlagenen Weg zur Ver-
    besserung der Situation fortsetzen. Dem Antrag der
    Fraktion Die Linke können wir deshalb nicht zustim-
    men.

    Ich danke Ihnen.


    (Beifall bei der CDU/CSU)




Rede von Petra Pau
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)

Die Redeliste zu diesem Tagesordnungspunkt ist er-

schöpft.

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 18/288 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Ich rufe den Zusatzpunkt 4 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Oliver
Krischer, Dr. Julia Verlinden, Annalena Baerbock,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Europarechtskonforme Regelung der Indus-
trievergünstigungen auf stromintensive Un-
ternehmen im internationalen Wettbewerb
begrenzen und das EEG als kosteneffizientes
Instrument fortführen

Drucksache 18/291
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Energie (f)
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und 
Reaktorsicherheit
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache 38 Minuten vorgesehen. – Ich höre kei-
nen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
Oliver Krischer für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Oliver Krischer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

    Wenn man das Dokument zur Einleitung des Beihilfe-
    verfahrens der EU-Kommission liest, dann findet man
    da sehr interessante Passagen. Darin steht zum Beispiel,
    dass das EEG ein sehr kosteneffizientes Instrument zum
    Ausbau der erneuerbaren Energien ist,


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    dass es zielgerichtet ist und erfolgreich den Ausbau der
    Erneuerbaren in Deutschland vorangebracht hat, ganz im
    Unterschied zu anderen EU-Staaten und zu anderen För-
    dersystemen. In der Tat haben wir es in Deutschland ge-
    schafft, den Anteil der erneuerbaren Energien innerhalb
    von gut zehn Jahren von 4 Prozent auf 25 Prozent zu er-
    höhen. Wir haben es geschafft, dass sich die Bürgerinnen
    und Bürger an der Energieversorgung beteiligen, dass sie
    das ganze Thema voranbringen. Das ist eine absolute Er-
    folgsgeschichte.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Wir haben es vor allen Dingen auch geschafft, dass
    Windenergie an Land und Photovoltaik inzwischen die
    preisgünstigste Form sind, eine Kilowattstunde Strom zu
    produzieren, preisgünstiger als aus neuen Kohle- oder
    Gaskraftwerken. Das ist eine Entwicklung, die noch vor
    wenigen Jahren unvorstellbar war.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Wenn die EU-Kommission jetzt ein Verfahren einlei-
    tet, so richtet sich das nicht gegen das EEG an sich, ganz
    im Gegenteil. Die EU-Kommission problematisiert das
    Ausnahmewesen, also die Tatsache, dass es bei den Zah-
    lungen der EEG-Umlage, die die Vergütungen der Be-
    treiber von Erneuerbare-Energien-Anlagen sichern, zu
    überbordenden Ausnahmen gekommen ist. Das Problem
    dabei ist nicht der grundsätzliche Tatbestand der Aus-
    nahme. Die EU-Kommission sagt klipp und klar: Es ist
    völlig in Ordnung, dass stromintensive Unternehmen ein
    Stück weit befreit werden. – Ich glaube, es herrscht poli-
    tischer Konsens darüber, dass ein stromintensives Unter-
    nehmen wie eine Aluminiumhütte hier nicht zu Zahlun-
    gen herangezogen wird. Die EU-Kommission kritisiert
    aber in aller Deutlichkeit das, was insbesondere seit
    2010 passiert, nämlich das ausufernde, überbordende
    Ausnahmewesen zugunsten von Industrie und Gewerbe,
    die mit internationalem Wettbewerb und Stromintensität
    überhaupt nichts zu tun haben. Damit muss endlich
    Schluss sein, wenn wir das Problem lösen wollen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE])


    Wir haben in den letzten Jahren erlebt, dass die Zahl
    von wenigen Hundert begünstigten Unternehmen auf
    über 2 100 angestiegen ist. Die Politik in den letzten Jah-
    ren nach dem Motto „Die Privatverbraucher wollten die
    Energiewende; dann sollen sie auch dafür zahlen“ darf
    nicht fortgesetzt werden. Wir brauchen hier ein Stück
    weit Kostengerechtigkeit. Nun schlägt diese Politik der
    Vergangenheit auf die Industrie selber zurück. Inzwi-
    schen beschweren sich auch – zu Recht – die nicht be-
    freiten Industriebereiche. Ich kann nicht nachvollziehen,





    Oliver Krischer


    (A) (C)



    (D)(B)

    warum ein Schlachtbetrieb von der EEG-Umlage befreit
    ist, ein Textilunternehmen aber nicht. Genau das proble-
    matisiert die EU-Kommission. Deshalb ist das Beihilfe-
    verfahren richtig.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Die Große Koalition hatte die Chance, dieses Beihil-
    feverfahren zu vermeiden; das wissen alle, die mit Herrn
    Almunia gesprochen haben. Es gab die Chance, eine
    klare Vereinbarung im Koalitionsvertrag zu treffen, wie
    man das Thema der Beihilfen angehen will. Das Pro-
    blem ist aber: Sie haben sich nur auf einen Prüfauftrag
    verständigt, der lediglich vorsieht, dass man sich diesem
    Thema widmen will. Das ist ein riesiges Problem für die
    Industriebetriebe, die jetzt damit konfrontiert sind, dass
    sie Rückstellungen bilden müssen. Es herrscht Verunsi-
    cherung. So kann letztendlich nicht investiert werden.
    Damit hat sich die gesamte Politik der letzten Jahre, die
    angeblich der Industrie dienen sollte, zu einem Bume-
    rang entwickelt.

    Wir schlagen in unserem Antrag vor, dass Sie jetzt ak-
    tiv werden; denn es kann nicht sein, dass man jetzt nur
    die EU-Kommission beschimpft und sagt, sie mache al-
    les falsch. Sie benennt ein richtiges Problem. Aber es ist
    jetzt an der Zeit, dass die Bundesregierung konkrete
    Punkte benennt. Wir sagen: Die Strompreiskompensa-
    tionsliste, die die EU-Kommission im Rahmen des
    Emissionshandels gemacht hat, ist eine Grundlage, an
    der sich in Deutschland die Befreiungen bzw. Vergünsti-
    gungen orientieren können. Das sind die Unternehmens-
    bereiche Metall, Papier, Chemie usw. Diese brauchen
    tatsächlich diese Vergünstigungen. Das wäre eine
    Grundlage, um diesem Beihilfeverfahren zu entgehen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Es gibt noch ein anderes Problem. Dadurch dass wir
    jetzt über Beihilfe reden, bekommt ein anderes Verfah-
    ren eine Schlagseite. Die EU will das EEG insgesamt
    aufgrund der Entwicklungen der letzten Jahre als Bei-
    hilfe definieren. Das würde dazu führen, dass wir in Zu-
    kunft die Regelungen und Novellen des Erneuerbare-
    Energien-Gesetzes und den Ausbau der erneuerbaren
    Energien in Brüssel genehmigen lassen müssten. Ich
    glaube, das kann nicht in unserem Sinne sein.

    Es muss vielmehr in unserem Sinne sein – das ist die
    Aufgabe der EU-Kommission und die Aufgabe von
    Europa –, dass wir klare Ziele setzen, nicht nur Klima-
    schutzziele, sondern auch ambitionierte Ziele für den
    Ausbau der erneuerbaren Energien und Effizienzziele.
    Dafür müssen wir kämpfen. Ich frage ganz offen: Wo ist
    eigentlich der deutsche EU-Kommissar Herr Oettinger?
    Von dem sehe ich nur, dass er die deutsche Energie-
    wende und die Politik, von der ich einmal dachte, dass
    sie hier konsensual getragen werde, hintertreibt und ge-
    meinsame Sache mit den britischen Atomfreunden
    macht, anstatt die deutsche Politik zu unterstützen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Wir finden: Dazu braucht es ein klares Wort der
    Kanzlerin. Sie hat diese Ziele 2007 im Rahmen der deut-
    schen Ratspräsidentschaft durchgesetzt. Das muss jetzt
    weitergehen. Wir denken auch – das ist unser Angebot
    an die Große Koalition –, dass es einen Konsens in
    Deutschland geben kann, wenn wir die erneuerbaren
    Energien weiter konsequent ausbauen, wenn wir sie kos-
    teneffizient ausbauen und wenn wir sie kostengerecht
    ausbauen, und zwar ohne Deckelung und künstliche
    Bremsen für Windenergie an Land und PV. Wenn das
    eine Basis sein kann, dann können wir uns auf einen ge-
    meinsamen Weg verständigen.

    Wenn die Basis aber ist, dass Sie die wegfallenden
    Atomstrommengen der nächsten Jahre durch Braunkohle
    ersetzen wollen, wie das offensichtlich Herr Seehofer
    vorhat – so jedenfalls verstehe ich seine Einlassungen –,
    dann wird das ein Weg sein, den wir nicht mitgehen wer-
    den. Den werden wir bekämpfen. Dann haben wir deutli-
    che Auseinandersetzungen. Aber wir bieten einen
    gemeinsamen Weg an und fänden es gut, wenn hier tat-
    sächlich eine breite politische Basis für eine langfristige
    Energiewende und für Investitionssicherheit in diesem
    Bereich geschaffen werden könnte.

    Ich danke Ihnen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)