Rede von
Omid
Nouripour
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir bera-
ten heute einen Antrag der Linken zur Beendigung des
NATO-Bündnisfalls. Dieser Antrag hat einen richtigen
Kern; dazu komme ich noch. Trotzdem komme ich nicht
zu dem Ergebnis, meiner Fraktion zu empfehlen, diesem
Antrag zuzustimmen.
Dieses Thema ist nicht neu. Wir Grüne haben bereits
Ende 2012 einen Antrag zur Beendigung des Bündnis-
falls gestellt; Zustimmung gab es damals von der Linken
und der SPD. Wir haben auch vor zwei Wochen einen
Antrag zu Active Endeavour eingebracht. In diesem An-
trag haben wir unsere Forderung wiederholt; sie bleibt
auch richtig.
Wir freuen uns immer, wenn andere von uns abschrei-
ben. Dann aber, verehrte Kolleginnen und Kollegen von
der Linken, sollte man es auch richtig machen. Sie haben
in Ihrem Antrag geschrieben, dass Deutschland, wenn es
322 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 6. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Dezember 2013
Omid Nouripour
(C)
(B)
nicht so kommt, wie Sie es sich wünschen, den Bündnis-
fall einseitig beenden sollte. Das ist Zeugnis Ihrer gro-
ßen Unkenntnis von Bündnissen und davon, wie sie
funktionieren. Was Sie eigentlich sagen wollen, ist: Raus
aus der NATO! Aber dann sagen Sie das doch auch so.
Legen Sie einen Antrag vor, in dem steht: Raus aus der
NATO! – Dann wäre klar, worüber Sie eigentlich spre-
chen möchten, und dann würden wir darüber abstimmen.
Ihr Antrag ist verklausuliert; so kenne ich Sie gar nicht.
Das ist aber auch ein Zeichen dafür, welch ver-
krampftes Verhältnis Sie auch zu VN-Einsätzen haben.
Wir erleben dieser Tage, dass gerade im Südsudan – hier
haben Sie sich ja immer kategorisch verweigert – eine
Situation herrscht, bei der man nicht einfach weg-
schauen kann.
Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen der Linken:
Das hat mit dem, was Sie „internationale Solidarität“
nennen, überhaupt nichts zu tun.
Im Kern bleibt es richtig, dass der NATO-Bündnisfall
beendet werden muss, und zwar deshalb, weil er mit ei-
nem Angriff auf die Vereinigten Staaten von Amerika
begründet wurde. Das ist zwölf Jahre her. Wir leben
mittlerweile aber in einem komplett anderen Sicherheits-
zeitalter. Deshalb kann man nicht einfach sagen: Es geht
so weiter wie bisher. – Damals war es Konsens mit der
Sozialdemokratie, dass wir uns daran beteiligen. Die Be-
gründung für das Mandat zur Beteiligung an der Opera-
tion Active Endeavour ist aber nicht Syrien. Die Rechts-
grundlage ist nicht die Situation am Mittelmeer. Die
Rechtsgrundlage lautet noch immer „America under at-
tack“. Das ist heute aber nicht mehr aktuell. Insofern
kann man das auch nicht mit der Situation in Syrien und
dem dortigen Agieren der Islamisten begründen.
Das Problem ist, dass wir uns in der NATO seit zwölf
Jahren in einem permanenten Ausnahmezustand befin-
den. Dieser permanente Ausnahmezustand unterminiert
nachhaltig die Solidaritätsklausel der NATO. Es ist nicht
im Sinne eines Bündnisses – erst recht nicht im Sinne ei-
nes multilateralen Agierens –, dass dieser Ausnahmezu-
stand weiter anhält. Deshalb muss der Bündnisfall end-
gültig beendet werden.
Die Frage, wie es mit OAE weitergeht, beschäftigt
uns natürlich. Bei aller Ablehnung der Grundlage dieses
Mandats und dieses Einsatzes und bei aller Dankbarkeit
für das, was von den Soldatinnen und Soldaten vor Ort
und ihren Familien geleistet wurde, stellen wir uns die
Frage: Wie gedenkt die Koalition mit der Parlamentsbe-
teiligung künftig umzugehen? Es gibt eine Kette von
Entscheidungen, die uns so langsam befremdlich er-
scheinen: erst das Agieren am Anfang, dass OAE keine
Mandatierung bräuchte, dann die Fragen bezüglich Zen-
tralafrika. Es ist im Übrigen noch eine Klage von uns
Grünen wegen Pegasus anhängig, der aus unserer Sicht
völlig berechtigten Evakuierungsmission in Libyen. Ich
kann nur sagen, dass sich die Parlamentsarmee in unse-
rem Land bewährt hat. Der Kern der Parlamentsarmee
ist die Parlamentsbeteiligung. Wir werden entschieden
Widerstand leisten, wenn sich abzeichnet, dass die
Große Koalition dies einschränken will. Im Koalitions-
vertrag steht einiges, was uns Sorge macht. Das werden
wir ganz sicher nicht mitmachen.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.