Rede von
Dr.
Edgar
Franke
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Petzold, ich würde Ihnen immer Folgendes ent-
gegnen: Wenn man Anträge schreibt, muss man aktuelle
Anträge schreiben und vor allen Dingen eigene.
Ich war bei der Bemerkung, dass sich gesellschaftlich
viel verändert hat. Gleichgeschlechtliche Paare mit Kin-
dern stehen inzwischen ganz selbstverständlich unter
dem Schutz von Art. 6 des Grundgesetzes. Wir Sozialde-
mokraten haben immer gesagt: Familie ist da, wo Kinder
sind.
Ich bin Vater von zwei Töchtern. Für mich ist Familie
– gleich ob es sich um ein gleichgeschlechtliches Paar
oder ein Paar aus Mann und Frau handelt –, wenn man
sich um Kinder kümmert. Ich glaube, das hat absolute
Priorität.
Im Übrigen steht auch die kinderlose Ehe unter dem
Schutz von Art. 6 des Grundgesetzes. Wenn die kinder-
lose Ehe unter dem Schutz von Art. 6 des Grundgesetzes
steht, dann müssen auch gleichgeschlechtliche Paare un-
ter den Schutz von Art. 6 gestellt werden.
Mein hochgeschätzter Kollege Johannes Kahrs hat recht,
wenn er sagt: Jemand, der die gleichen Pflichten über-
nimmt, muss auch die gleichen Rechte bekommen. Das
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 6. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Dezember 2013 311
Dr. Edgar Franke
(C)
(B)
nennt man Gleichbehandlung, und daher gilt der Schutz
durch Art. 3 Grundgesetz.
Gesellschaftlicher Fortschritt und die Gleichbehand-
lung im Familienrecht mussten immer erst vor dem Bun-
desverfassungsgericht erstritten werden. Es darf aber
nicht sein, dass die Politik dem gesellschaftlichen Wan-
del hinterherhinkt und man das Gericht bemühen muss,
damit die gesellschaftliche Realität, wenn Sie so wollen,
abgebildet wird. Unser Koalitionsvertrag – auch den hat
Johannes Kahrs schon zitiert – enthält unser Anliegen,
zusammengefasst in drei Punkten:
Erstens. Wir wollen Familien stärken, auch Regenbo-
genfamilien. Es ist ganz egal, wie die Menschen zusam-
menleben.
Zweitens. Wir wollen Menschen, die dauerhaft fürei-
nander Verantwortung übernehmen, unabhängig von ih-
rer sexuellen Identität unterstützen.
Drittens. Wir wollen rechtliche Regelungen, die
gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften schlechter-
stellen, beseitigen. Ich glaube, das ist ein wichtiger
Punkt, mit dem auch Sie, Herr Petzold, etwas anfangen
können.
Es stellt sich nur die Frage nach dem Wie. Ich glaube,
es versteht sich von selbst, dass man einer Koalition Zeit
geben muss, um politische Prioritäten zu setzen und den
Koalitionsvertrag umzusetzen. Ich bin mir sicher, dass
der gesellschaftliche Wandel hinsichtlich des traditionel-
len Verständnisses von Ehe und Familie vor den Toren
der geschätzten Union nicht Halt macht.
Wer die Debatten in der Union verfolgt hat – auch das
hat Herr Kahrs schon angedeutet –, weiß, dass sich in der
Union politisch einiges bewegt, dass über viele Themen,
über die vor 10 oder 15 Jahren nicht diskutiert werden
konnte, inzwischen zumindest diskutiert wird. Ich bin
mir sicher, dass im Bereich des Familienrechts in dieser
Koalition das eine oder andere bewegt werden kann.
Wir haben aber noch einen ordentlichen Weg bis zur
vollständigen rechtlichen und vor allen Dingen gesell-
schaftlichen Gleichstellung vor uns. Es ist wichtig, dass
die komplette Gesellschaft die ausstehenden Schritte in
die richtige Richtung geht; denn nur wer das Ziel kennt,
findet letztlich auch den Weg.
Ich danke Ihnen.