Rede von
Dr.
Karl
Lauterbach
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister, auch
ich darf Ihnen im Namen meiner Fraktion zum neuen
Amt ganz herzlich gratulieren. Ich will hier nicht öffent-
lich darüber spekulieren, wer dort auch gerne gesessen
hätte.
Aber, wie gesagt, ich freue mich auf eine gute Zusam-
menarbeit und darf mich auch ganz herzlich für die Un-
terstützung bedanken, die Ihr Haus bei der Vorbereitung
dieser ersten wichtigen Gesetzesinitiative geleistet hat.
Wir werden als Große Koalition im Bereich der Ge-
sundheitspolitik viel bewegen. Wir haben diesem Be-
reich einen hohen Stellenwert eingeräumt, und wir wol-
len hier keine kleinen Brötchen backen. Das zeigt der
Koalitionsvertrag. Wir wollen Schwerpunkte bei einer
pragmatischen Politik setzen,
die konkrete Verbesserungen für Patienten, Pflegebe-
dürftige, Angehörige, Versicherte, Pflegekräfte, Ärzte
und andere Gesundheitsberufe in den Vordergrund stellt.
Wir wollen das nicht gegen die Interessen der Wirtschaft
machen. Das ist ganz klar.
Eine gute Gesundheit der Bevölkerung hilft der Wirt-
schaft mehr als alles andere. Wir werden die Produktivi-
tät dieser Gesellschaft und auch den sozialen Zusam-
menhalt nur erhalten können, wenn wir in die
Gesundheit aller Menschen investieren. Das wird der
Schwerpunkt der Arbeit dieser Großen Koalition sein
müssen.
Daher ist es auch kein Zufall gewesen, dass wir in den
Koalitionsverhandlungen mit dem Bereich Gesundheit
zuerst fertig gewesen sind. Es ist auch kein Zufall, dass
wir den ersten Gesetzentwurf im Bereich der Gesund-
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 18. Dezember 2013 271
Dr. Karl Lauterbach
(C)
(B)
heitspolitik – für die erste, zweite und dritte Lesung –
einbringen. Es ist ein Gesetz mit Augenmaß. Es ist ein
Gesetz, mit dem wir einen Preisanstieg für die Arznei-
mittel unmittelbar im Januar abwenden können. Die
gleichen Medikamente würden ohne dieses Gesetz ohne
Begründung sofort teurer werden.
Wir bringen auch einen weiteren Gesetzentwurf mit
Augenmaß ein, der den Rabatt bei Arzneimitteln lang-
fristig sicherstellen wird: Der Rabatt wird von 6 Prozent
auf 7 Prozent erhöht werden.
Dieser Rabatt kann bei Bedürftigkeit der gesetzlichen
Krankenversicherung zu jedem Zeitpunkt auch darüber
hinaus erhöht werden. Das ist somit eine Augenmaßent-
scheidung. Ein höherer Rabatt wäre angesichts der Über-
schüsse der Krankenkassen zum jetzigen Zeitpunkt
kaum rechtlich vertretbar gewesen. Aber ein höherer Ra-
batt ist dann vertretbar, wenn die Finanzlage der gesetz-
lichen Krankenkassen es notwendig macht. Das ist also
eine pragmatische, gute Lösung.
Man darf nicht unterschätzen, dass wir vereinbart ha-
ben, das Verfahren der Bewertung des Nutzens der Me-
dikamente und der Preise im Rahmen des AMNOG zu
verbessern und fortzuführen. Das wird langfristig zu ei-
nem besseren Kosten-Nutzen-Verhältnis in der Arznei-
mitteltherapie führen und einen wesentlichen Beitrag zur
Sicherheit der Versorgung leisten. Nur noch Medika-
mente, die in Zukunft zugelassen werden, unterliegen
einmal diesem unabhängigen, freien Verfahren. Somit
können die gleichen Wirkstoffe nicht mehrfach teuer
verkauft werden. Damit sorgen wir für eine wesentliche
Verbesserung.
Des Weiteren schaffen wir Regelungen, die sicherstel-
len, dass die Verfahren zur Bewertung von Medikamen-
ten auf dem Bestandsmarkt, die zurzeit laufen, rechtsfest
zu Ende geführt werden. Wie Sie wissen, Frau Vogler,
geschieht dies gegen den Widerstand der Arzneimittelin-
dustrie. Wir führen diese Verfahren sauber zu Ende – ge-
gen den Widerstand der betroffenen Unternehmen. Wir
wollen in Anbetracht der anderen wichtigen Schwer-
punkte, die wir zu setzen haben, den Bestandsmarkt auf
seine Sicherheit prüfen, ihn aber nicht einem Kosten-
Nutzen-Verfahren unterwerfen, das sehr bürokratisch ge-
wesen wäre und letztendlich kaum Ertrag gebracht hätte.
Ich glaube, es handelt sich um ein Gesetz mit Augen-
maß.
Gerade die Gesetzgebung zum Preismoratorium wer-
den wir nur mit Ihrer Hilfe zu Ende bringen können. Sie,
liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen und
von der Linksfraktion, haben das Verfahren mitgetragen.
Dafür möchte ich mich im Namen meiner Fraktion ganz
herzlich bedanken. Es ist ein wichtiges Signal, dass Sie
an den Stellen mitarbeiten, wo wir gemeinsam Interes-
sen der Patienten vertreten.
Der Schwerpunkt unserer Arbeit wird auf der konkre-
ten Verbesserung der Behandlung der Patienten liegen.
Wir werden neue Programme einführen, zum Beispiel
für die Behandlung von chronisch Kranken mit Depres-
sionen und Rückenleiden. Wir werden für eine bessere
Verteilung bei den Hausärzten sorgen. Wir werden dort,
wo Facharztmangel herrscht, die Krankenhäuser für die
fachärztliche Versorgung öffnen. Wir werden in überver-
sorgten Gebieten die kassenärztlichen Vereinigungen
zwingen, die Arztsitze zurückzukaufen. Wir werden ver-
pflichtend vereinbaren, dass jeder Patient innerhalb von
vier Wochen einen Facharzttermin bekommt. Damit leis-
ten wir einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung der
Zweiklassenmedizin.
Wir werden viele Regelungen treffen, die die Versor-
gung in Deutschland pragmatisch und konkret verbes-
sern. Das ist unsere Aufgabe in der Großen Koalition.
Zum Schluss bedanke ich mich ganz herzlich bei den
Verhandlungspartnern von der Union. Wir haben aus
meiner Sicht für die Große Koalition im Gesundheitsbe-
reich ehrgeizige und gute Ziele vereinbaren können. Ich
hoffe, dass wir diese zusammen mit Ihnen, Herr Gröhe,
auch erreichen werden.
Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.