Plenarprotokoll 18/5
Deutscher Bundestag
Stenografischer Bericht
5. Sitzung
Berlin, Mittwoch, den 18. Dezember 2013
I n h a l t :
Tagesordnungspunkt 5:
Abgabe einer Regierungserklärung durch die
Bundeskanzlerin: zum Europäischen Rat
am 19./20. Dezember 2013 in Brüssel . . . . . 239 A
Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin . . . . . . . 239 B
Dr. Sahra Wagenknecht (DIE LINKE) . . . . . . 243 D
Niels Annen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 C
Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 A
Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU) . . . . . 250 B
Marieluise Beck (Bremen) (BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . 251 B
Dr. Diether Dehm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 252 C
Dietmar Nietan (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 C
Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . 255 C
Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 A
Michael Stübgen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 257 B
Dr. Bärbel Kofler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 D
Florian Hahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 260 B
Roderich Kiesewetter (CDU/CSU) . . . . . . . . 261 B
Wolfgang Hellmich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 263 A
Ralph Brinkhaus (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 264 C
Dr. Diether Dehm (DIE LINKE) . . . . . . . . 265 B
Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 C
Gunther Krichbaum (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 266 D
Tagesordnungspunkt 6:
a) Erste Beratung des von den Fraktionen der
CDU/CSU und SPD eingebrachten Ent-
wurfs eines Dreizehnten Gesetzes zur
Änderung des Fünften Buches Sozialge-
setzbuch (13. SGB V-Änderungsgesetz –
13. SGB V-ÄndG)
(Drucksache 18/200) . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 C
b) Erste Beratung des von den Fraktionen der
CDU/CSU und SPD eingebrachten Ent-
wurfs eines Vierzehnten Gesetzes zur
Änderung des Fünften Buches Sozialge-
setzbuch (14. SGB V-Änderungsgesetz –
14. SGB V-ÄndG)
(Drucksache 18/201) . . . . . . . . . . . . . . . . 268 C
Jens Spahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 D
Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 269 C
Dr. Karl Lauterbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 270 C
Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 D
Michael Hennrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 272 C
Hilde Mattheis (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 C
Stephan Stracke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 274 B
Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 A
Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 275 B
Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 C
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 277 A
Inhaltsverzeichnis
II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 18. Dezember 2013
Anlage 2
Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten
Michael Brand (CDU/CSU) zum Entschlie-
ßungsantrag der Abgeordneten Katja Keul,
Dr. Franziska Brantner, Agnieszka Brugger,
Dr. Frithjof Schmidt und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN zu der Abgabe einer
Regierungserklärung durch die Bundeskanz-
lerin zum Europäischen Rat am 19./20. De-
zember 2013 in Brüssel (Drucksache 18/192,
Tagesordnungspunkt 5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 B
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 18. Dezember 2013 239
(A) (C)
(D)(B)
5. Sitzung
Berlin, Mittwoch, den 18. Dezember 2013
Beginn: 9.01 Uhr
(D)
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 18. Dezember 2013 277
(A) (C)
(B)
Anlagen zum Stenografischen Bericht
(D)
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten
Anlage 2
Erklärung nach § 31 GO
des Abgeordneten Michael Brand (CDU/CSU)
zum Entschließungsantrag der Abgeordneten
Katja Keul, Dr. Franziska Brantner, Agnieszka
Brugger, Dr. Frithjof Schmidt und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu der Abgabe ei-
ner Regierungserklärung durch die Bundes-
kanzlerin zum Europäischen Rat am 19./20. De-
zember 2013 in Brüssel (Drucksache 18/192,
Tagesordnungspunkt 5)
Zum Antrag der Grünen auf Drucksache 18/192 unter
anderem zur Außen- und Sicherheitspolitik der EU
möchte ich mein Abstimmungsverhalten an einer beson-
deren Frage aus diesem Bereich begründen, die auch in
der heutigen Debatte immer wieder eine Rolle gespielt
hat.
Der EU-Gipfel morgen wird sich unter anderem mit
der vom Deutschen Bundestag unterstützten, in der Be-
völkerung dagegen sehr skeptisch betrachteten mögli-
chen weiteren Erweiterung der EU, dieses Mal mit der
Eröffnung von Beitrittsverhandlungen mit Serbien, be-
fassen.
Es trägt zweifelsfrei zur wachsenden EU-Skepsis in
den Ländern dieser überlebenswichtigen Europäischen
Union bei, wenn die EU sich immer weniger dazu bereit-
Abgeordnete(r)
entschuldigt bis
einschließlich
Alpers, Agnes DIE LINKE 18.12.2013
Barley, Dr. Katarina SPD 18.12.2013
Bülow, Marco SPD 18.12.2013
Drobinski-Weiß, Elvira SPD 18.12.2013
Esken, Saskia SPD 18.12.2013
Hänsel, Heike DIE LINKE 18.12.2013
Pols, Eckhard CDU/CSU 18.12.2013
Schäuble, Dr. Wolfgang CDU/CSU 18.12.2013
Schick, Dr. Gerhard BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
18.12.2013
Schlecht, Michael DIE LINKE 18.12.2013
Zypries, Brigitte SPD 18.12.2013
findet, ihren eigenen Grundsätzen und ihren eigenen Be-
schlüssen im konkreten Fall nachhaltig Geltung zu ver-
schaffen.
Wir alle hier haben die Kriege auf dem Balkan mit
den schrecklichen Ergebnissen für die Menschen dort
und die großen Risiken für die Stabilität Europas noch
frisch in Erinnerung. Die Konflikte sind derzeit einge-
froren, jedoch bei weitem nicht gelöst. Vor allem der
Konflikt zwischen der Republik Serbien und der Repu-
blik Kosovo birgt noch immer Potenzial für eine Desta-
bilisierung des Balkan und darüber hinaus für Europa.
Beide Länder haben umstrittene Führungen, deren
Bekenntnisse zu Frieden, Aussöhnung und Europa von
der eigenen Bevölkerung wie von der überwältigenden
Mehrheit der Kenner der Region als schlicht nicht glaub-
würdig angesehen werden. Während sich dies in der
Bevölkerung anders darstellt, sind es vor allem der inter-
nationale Druck und mehr noch die Hoffnung auf wirt-
schaftliche Hilfe, die zu Zugeständnissen geführt haben,
deren Bestand wir derzeit noch anzweifeln müssen.
Wenn wir als Europäische Union zu früh und entge-
gen unseren eigenen Kriterien die Beteiligten schon zu
Beitrittsgesprächen in die EU hereinbitten, dann geben
wir das stärkste politische Pfund aus der Hand, um auf
eine irreversible Lösung und damit nachhaltige Befrie-
dung der zentralen Konflikte zwischen der Republik Ser-
bien und der Republik Kosovo zu drängen. Wir sind
dabei, die Einwirkungsmöglichkeiten der EU auf eine
nachhaltige Lösung leichtfertig zu vergeben, wenn wir
nicht mehr darauf bestehen, dass unsere eigenen Bedin-
gungen der letzten EU-Gipfel auch erfüllt werden. Poli-
tischer „Discount“ statt standhafter Haltung hat sich auf
dem Balkan bislang selten bis nie ausgezahlt, weder für
die geplagte Bevölkerung dort noch mit Blick auf die
politische Stabilität in Europa.
Der Bericht der EU-Außenbeauftragten Ashton zum
erreichten Stand der Verhandlungen ist überoptimistisch
und blendet zentrale Risiken aus. Nachdem ich den Be-
richt vom 16. Dezember 2013 an die EU-Außenminister
zur Kenntnis genommen habe, will ich die Skepsis auch
vieler Kolleginnen und Kollegen in diesem Hause da-
rüber festhalten, dass Serbien beim morgigen EU-Gipfel
einen Termin für den Beginn von Beitrittsverhandlungen
erhalten soll, obwohl die Bedingungen aus dem EU-Be-
schluss vom Juni 2013 wie auch diejenigen des Deut-
schen Bundestages vom 27. Juni 2013 nicht erfüllt sind.
Eine ganze Anzahl von Bedingungen sind auch des-
halb nicht erfüllt, weil sie lediglich als Papier unter-
zeichnet, jedoch bei der von der EU und den beiden Sei-
ten im Aprilabkommen als Bedingung formulierten
Implementierung und konkreten Umsetzung massiv boy-
kottiert werden.
Zu den großen ungeklärten Fragen zählt die für die
Statik eines jeden Staates zentrale Frage der einheitli-
chen Rechtsordnung und der Rechtsprechung. Die in den
Gesprächen in der letzten Woche blockierte Integration
Anlagen
278 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 18. Dezember 2013
(A) (C)
(B)
der Rechtsprechung im Norden des Landes in den Justiz-
sektor der Republik Kosovo – wie dies in jedem europäi-
schen Staat gilt, weil gleiches Recht für alle eben eine
einheitliche und nicht eine ethnische Justiz voraussetzt –
ist auch ein Fanal dafür, dass die Autorität der EU
schwindet und die EU insgesamt bei der Durchsetzung
der eigenen rechtsstaatlichen Kriterien als erschöpft gilt.
Der Bundestag hatte am 27. Juni 2013 unter anderem
als Bedingung für die Aufnahme von Beitrittsverhand-
lungen beschlossen:
– die vollständige Auflösung der serbischen Paral-
lelstrukturen im Sicherheits- und Justizbereich
im Norden Kosovos und stattdessen die Errich-
tung neuer Strukturen im Sicherheits- und Justiz-
sektor Kosovos, die allein der politischen Kon-
trolle und Finanzierung durch die kosovarische
Regierung unterliegen.
Weil dieses zentrale Thema so bedeutsam ist, wäre es
ein Fehler, die Beitrittsgespräche mit Serbien zu eröff-
nen, solange diese zentrale und andere Bedingungen
nicht erfüllt sind. Es ist ein großes Risiko, das die EU
gerade eingeht. Sie hat sich bislang in der Analyse und
bei der Konfliktbewältigung nicht als allzu erfolgreich
erwiesen.
Die Bundesregierung kann nur aufgefordert werden,
sich auf dem EU-Gipfel im Interesse der Stabilität des
Balkan und der noch immer nicht vollständig beseitigten
Risiken für den Frieden in Europa nicht allzu schnell von
Positionen zu verabschieden, die genau diese Risiken
eindämmen sollten.
(D)
5. Sitzung
Inhaltsverzeichnis
TOP 5 Regierungserklärung zum Europäischen Rat
TOP 6 Preismoratorium für Arzneimittel
Anlagen