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Metadaten- insert_drive_fileAus Protokoll: 18002
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tocInhaltsverzeichnisPlenarprotokoll 18/2 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 2. Sitzung Berlin, Montag, den 18. November 2013 I n h a l t : Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord- neten Brigitte Zypries . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 A Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . 23 D Begrüßung der Botschafterin der Philippinen, Frau Maria Natividad . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 D Wirbelsturm auf den Philippinen . . . . . . . . . . 23 D Tagesordnungspunkt 1: Abgabe einer Regierungserklärung durch die Bundeskanzlerin: Gipfel der Östlichen Part- nerschaft am 28./29. November 2013 in Wilna . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 B Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin . . . . . . . 24 B Dr. Dietmar Bartsch (DIE LINKE) . . . . . . . . 27 A Dr. h. c. Gernot Erler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 29 B Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 D Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 32 B Michael Roth (Heringen) (SPD) . . . . . . . . . . . 34 A Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 C Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU) . . . . . 36 B Dr. Katarina Barley (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 37 D Thomas Silberhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 39 A Stefan Liebich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 40 B Philipp Mißfelder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 41 B Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 B Tagesordnungspunkt 2: Vereinbarte Debatte: zu den Abhöraktivitä- ten der NSA und den Auswirkungen auf Deutschland und die transatlantischen Be- ziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 B Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 B Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD) . . . . . . . . 45 C Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 47 D Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 C Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU). . . . . . . 52 B Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 B Thomas Oppermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 55 B Stefan Liebich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 56 A Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 A Dr. Günter Krings (CDU/CSU). . . . . . . . . . . . 58 B Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 D Dr. Eva Högl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 C Dr. Hans-Peter Uhl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 61 C Lars Klingbeil (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 B Peter Beyer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 64 C Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (zur Geschäftsordnung) . . . . . . 66 B Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 2. Sitzung. Berlin, Montag, den 18. November 2013 Jan Korte (DIE LINKE) (zur Geschäftsordnung). . . . . . . . . . . . . . . . 67 C Thomas Oppermann (SPD) (zur Geschäftsordnung). . . . . . . . . . . . . . . . 68 D Zusatztagesordnungspunkt 1: Antrag der Fraktion DIE LINKE: Einsetzung von Ausschüssen (Drucksache 18/54) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 D Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Fraktion DIE LINKE: Bestim- mung des Verfahrens für die Berechnung der Stellenanteile der Fraktionen (Drucksache 18/53). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 D Dr. Petra Sitte (DIE LINKE) (Erklärung nach § 31 GO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 A Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 73 A Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 2. Sitzung. Berlin, Montag, den 18. November 2013 23 (A) (C) (D)(B) 2. Sitzung Berlin, Montag, den 18. November 2013 Beginn: 13.30 Uhr
-
folderAnlagen(D) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 2. Sitzung. Berlin, Montag, den 18. November 2013 73 (A) (C) (B) Anlage zum Stenografischen Bericht Liste der entschuldigten Abgeordneten (D) Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Agnes Alpers (DIE LINKE) 18.11.2013 Sabine Bätzing- Lichtenthäler (SPD) 18.11.2013 Heidrun Bluhm (DIE LINKE) 18.11.2013 Wolfgang Bosbach (CDU/CSU) 18.11.2013 Klaus Brähmig (CDU/CSU) 18.11.2013 Marco Bülow (SPD) 18.11.2013 Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) 18.11.2013 Dr. Lars Castellucci (SPD) 18.11.2013 Roland Claus (DIE LINKE) 18.11.2013 Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 18.11.2013 Alois Gerig (CDU/CSU) 18.11.2013 Nicole Gohlke (DIE LINKE) 18.11.2013 Monika Grütters (CDU/CSU) 18.11.2013 Wolfgang Gunkel (SPD) 18.11.2013 Uda Heller (CDU/CSU) 18.11.2013 Wolfgang Hellmich (SPD) 18.11.2013 Josip Juratovic (SPD) 18.11.2013 Dr. Egon Jüttner (CDU/CSU) 18.11.2013 Dr. Bärbel Kofler (SPD) 18.11.2013 Anette Kramme (SPD) 18.11.2013 Michael Kretschmer (CDU/CSU) 18.11.2013 Barbara Lanzinger (CDU/CSU) 18.11.2013 Silke Launert (CDU/CSU) 18.11.2013 Michael Leutert (DIE LINKE) 18.11.2013 Dr. Jan-Marco Luczak (CDU/CSU) 18.11.2013 Daniela Ludwig (CDU/CSU) 18.11.2013 Andreas Mattfeldt (CDU/CSU) 18.11.2013 Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) 18.11.2013 Dietrich Monstadt (CDU/CSU) 18.11.2013 Marlene Mortler (CDU/CSU) 18.11.2013 Dietmar Nietan (SPD) 18.11.2013 Johannes Röring (CDU/CSU) 18.11.2013 Dr. Dorothee Schlegel (SPD) 18.11.2013 Bernhard Schulte- Drüggelte (CDU/CSU) 18.11.2013 Sonja Steffen (SPD) 18.11.2013 Wolfgang Tiefensee (SPD) 18.11.2013 Markus Tressel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 18.11.2013 Dr. Sahra Wagenknecht (DIE LINKE) 18.11.2013 Beate Walter- Rosenheimer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 18.11.2013 Jörn Wunderlich (DIE LINKE) 18.11.2013 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 2. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 1 Regierungserklärung zum Gipfel der Östlichen Partnerschaft in Wilna TOP 2 Vereinbarte Debatte zu den Abhöraktivitäten der NSA ZP 1 Antrag auf Einsetzung von Ausschüssen ZP 2 Antrag zur Berechnung der Stellenanteile Anlagen
-
insert_commentVorherige Rede als Kontext
Rede von Dr. Norbert Lammert
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Anton Hofreiter ist der nächste Redner für die Frak-
tion Bündnis 90/Die Grünen.
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bun-
deskanzlerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die heu-
tige Debatte zeigt, dass die Europäische Union auch jen-
seits der Euro-Krise vor wichtigen Entscheidungen steht,
die nicht aus dem Blick geraten dürfen. Das Verhältnis
zu unseren Nachbarn im Osten und im Süden ist von
(B)
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 2. Sitzung. Berlin, Montag, den 18. November 2013 31
Dr. Anton Hofreiter
(A) (C)
(D)(B)
zentraler Bedeutung für ein starkes Europa. Hier wird
sich entscheiden, welche Rolle Europa zukünftig auf der
internationalen Bühne spielen wird. Allerdings wird sich
die Rolle Europas auch daran entscheiden, wie wir mit
dem Freihandelsabkommen mit den USA umgehen. Wir
sind der festen Überzeugung, dass wir, solange die be-
stehenden Vorwürfe nicht aufgeklärt sind, die Verhand-
lungen mit den USA aussetzen müssen; denn wir können
schlecht mit jemandem verhandeln, der gleichzeitig un-
sere Position ausspäht. Dann handelt es sich fast um ein
Verhandeln der anderen Seite mit sich selbst. Das macht
keinen Sinn.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)
Noch eine kleine Anmerkung zur Linken. Herr
Bartsch, Sie haben beklagt, dass das Parlament nicht
häufiger tagt. Heute tagt das Parlament, und wir beraten
über das wichtige Thema Östliche Partnerschaft. Und
was machen Sie? Anstatt über dieses Thema zu spre-
chen, nutzen Sie diese Debatte für Klamauk.
(Widerspruch bei der LINKEN)
Sie führen Ihre eigene Forderung, eine vernünftige De-
batte im Parlament zu führen, ad absurdum, wenn Sie die
erste Gelegenheit dafür missbrauchen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD)
Die Menschen südlich und östlich von uns setzen
große Hoffnungen in die Europäische Union. Sie sehnen
sich nach einer europäischen Perspektive und wünschen
sich ein entsprechendes Signal von Europa; denn diese
Menschen kennen die großen Vorteile, die Europa bietet.
Aber sie dürfen sie nicht selbst erfahren, zum Beispiel
die Reisefreiheit. Deshalb wünschen sich diese Men-
schen, Teil Europas, Teil der Europäischen Union zu
werden.
Nehmen wir als Beispiel die Visapolitik. Frau Kanzle-
rin, Sie haben angedeutet, dass eine Vereinfachung bei
der Visaerteilung das Leben der Menschen östlich der
EU erleichtern würde. Frau Kanzlerin, dann setzen Sie
sich doch dafür ein! Die Liberalisierung der Visapolitik
ist der Schlüssel für Reformen und gesellschaftlichen
Wandel.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das geplante Asso-
ziierungsabkommen mit der Ukraine ist von zentraler
Bedeutung. Wir Europäer dürfen uns gegenüber der
Ukraine nicht verschließen. Wir müssen das Bedürfnis
der Menschen in der Ukraine nach einer Anbindung an
die EU ernst nehmen und signalisieren: Wir wollen eine
Partnerschaft und eine enge Zusammenarbeit, weil sie
im Interesse der Menschen in der Ukraine und der Men-
schen in der EU liegt. Aber Sie, Frau Bundeskanzlerin,
bleiben auf halbem Wege stehen. Natürlich geht es lang-
fristig auch um eine EU-Beitrittsperspektive unserer öst-
lichen Nachbarn.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Es ist richtig, dass die Europäische Union dabei hohe
Ansprüche an den Annäherungsprozess der östlichen
Nachbarn stellt. Die EU beruht auf Demokratie, Rechts-
staatlichkeit und Menschenrechten. Diese Werte sind
nicht verhandelbar. Wer näher an die EU heranrücken
will, muss diese Werte teilen. Darin stimmen wir alle
hier im Hause sicherlich überein.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Herr Janukowitsch ist weit davon entfernt, unseren
Standards zu genügen. Die ukrainische Regierung mauert
nicht nur im Fall Julija Timoschenko. Wichtige Reformen
in den Bereichen des Wahlrechts und des Justizsystems
wurden noch nicht umgesetzt. Janukowitsch muss zeigen,
wofür er steht: für Rechtsstaatlichkeit und damit für eine
Hinwendung nach Europa – das will die Mehrheit der
Ukrainerinnen und Ukrainer – oder für eine reaktionäre
Politik der Unfreiheit, was bedeuten würde, dass er sich
endgültig in die Abhängigkeit von Putin begibt. Frau
Bundeskanzlerin, es reicht nicht, Julija Timoschenko nur
symbolhaft zu erwähnen. Das geht so nicht. Wir sollten
uns alle doch einig sein: Präsident Janukowitsch muss
Julija Timoschenko freilassen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)
Bei bloßen Appellen darf es aber nicht bleiben. Wenn
es in Vilnius zu Unterschriften kommt, ist die Gefahr
groß, dass Putin die östlichen Partner unter Druck setzen
wird. Putin könnte – genauso wie in der Vergangenheit –
den Druck auf die Ukraine erhöhen und mit Handelsbar-
rieren oder ruinösen Gaspreisen versuchen, die Daumen-
schrauben anzuziehen. Wird Deutschland in den kom-
menden Wochen deutliche Worte gegenüber Moskau
finden? Wird Deutschland in einem solchen Fall helfen
und Solidarität zeigen? Das wird dann die Herausforde-
rung sein. Wir hoffen, dass es keinen Rückfall in die
Russlandpolitik der letzten Großen Koalition geben
wird. Wenn Putin der Ukraine den Erdgashahn zudreht,
werden die Menschen nicht mit warmen Worten durch
den Winter kommen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich würde mir die
Einigkeit dieser Debatte auch in einer weiteren Heraus-
forderung der Europapolitik wünschen. Es geht kein Ge-
spenst in Europa um, es ist eine reale Gefahr: Sie heißt
Rechtspopulismus. Wilders, Le Pen und andere wollen
sich in einer unheiligen Allianz gegen die europäischen
Werte der Solidarität und der Freiheit verbünden. Wem
diese Werte wichtig sind, der muss sich gegen diese Ge-
fahr stemmen. Ich finde, das sollten wir alle tun.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)
Aber das muss sich dann auch im Handeln widerspie-
geln. Wer den Antieuropäern die Stirn bieten will, der
darf nicht per Protokollerklärung gleichzeitig europäi-
schen Krisenstaaten mit dem Rausschmiss drohen, wie
das die CSU gemacht hat. Kaum feiert die AfD erste Er-
folge, wird die CSU nervös und bringt sich selbst in die
Nähe des Rechtspopulismus.
Metadaten/Kopzeile:
32 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 2. Sitzung. Berlin, Montag, den 18. November 2013
Dr. Anton Hofreiter
(A) (C)
(D)(B)
(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: So ein Quatsch!)
Der Populismus Seehofer’scher Prägung ist schon in der
Mautdebatte schwer zu ertragen, aber in der Europapoli-
tik ist er schlicht und einfach unverantwortlich.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)
Wir erwarten von Ihnen, Frau Kanzlerin, diesem Treiben
endlich ein Ende zu setzen. Das sind Sie Deutschland
und Europa schuldig.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir eines aus
unserer gemeinsamen Geschichte wissen, dann ist es
dies: Massenarbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit
sind ein Nährboden für Ressentiments und Extremismus.
Wer Europas Zusammenhalt bewahren will, der muss
mehr gegen die Jugendarbeitslosigkeit in Europa tun, der
muss den Menschen, gerade den jungen, wieder Zukunft
bieten. Die Krisenpolitik der Bundesregierung hat diese
Zustände auch mit verursacht, nicht weil Sie auf Konso-
lidierung und Reformen gedrängt haben, sondern weil
Sie die andere Seite der Medaille ignoriert haben. Wir
müssen den Ländern in der Krise helfen, zu investieren,
ihnen einen Green New Deal bieten, ihnen neue Perspek-
tiven bieten, auch neue wirtschaftliche Perspektiven – und
das muss jetzt getan werden.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Stattdessen haben Sie Symbolpolitik gemacht, wie so
oft. Eine Jugendgarantie haben Sie ausgesprochen, aber
dann kam nichts mehr hinterher. Das ist peinlich. Leider
sieht es sehr danach aus, dass sich daran wenig ändert.
Der Zwischenstand Ihrer Koalitionsberatung für die
Große Koalition ist zwar ein schönes Stück – manchmal
auch ein weniger schönes Stück – deutscher Prosa, aber
ehrliche, entschlossene Lösungen für die Massenarbeits-
losigkeit Europas finden sich bisher nicht darin.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, Ihre
Wende in der Krisenpolitik beschränkt sich bis jetzt auf
ein paar schöne Überschriften. Das reicht nicht. Ich wün-
sche Ihnen, aber vor allem Europa, dass Sie in den kom-
menden zwei Wochen diese Kraft noch finden.
Vielen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Rede von Dr. Norbert Lammert
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Für die CDU/CSU-Fraktion erhält nun der Kollege
Volker Kauder das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
-
insert_commentNächste Rede als Kontext
Rede von Volker Kauder
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen!
Ja, wir reden heute über die Östliche Partnerschaft. Die
Bundeskanzlerin hat dazu, so wie es auch vorgesehen
und gewünscht ist, dem Deutschen Bundestag vor einem
solchen Gipfel einen Bericht gegeben, damit wir darüber
diskutieren. Natürlich, Herr Kollege Bartsch, kann man
es auch so machen wie Sie und noch einige andere
Punkte mit in die Debatte hineinnehmen. Das will ich
jetzt gar nicht einmal kritisieren.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Aber ich finde schon: Wenn man das macht, sollte
man nicht an mehreren Stellen Falsches sagen. Sonst er-
weckt man den Eindruck, wie Sie es gemacht haben,
dass man nicht auf der Höhe der Zeit ist. Jetzt will ich
Ihnen einmal Folgendes sagen:
(Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Na los!)
Sie haben gesagt, seit Juli habe es keine Sitzung des
Deutschen Bundestages mehr gegeben. Ich möchte doch
einmal wissen, wo Sie am 2. und 3. September waren.
Da hatten wir nämlich Sitzungen des Deutschen Bundes-
tages.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Waren Sie vielleicht nicht da? Oder haben Sie das nicht
zur Kenntnis genommen? Damals haben wir beispiels-
weise über den Haushalt diskutiert und auch über
Europa.
Dann haben Sie Kroatien angesprochen und gesagt,
dass es in Kroatien eine Jugendarbeitslosigkeit von
52 Prozent gibt. Das stimmt,
(Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Ja!)
aber Sie haben damit den Eindruck erweckt, dass diese
Jugendarbeitslosigkeit entstanden sei, weil Kroatien in
die EU eingetreten ist. Kroatien ist aber gerade einmal
ein paar Monate in der EU. Sie sind mit den 52 Prozent
Jugendarbeitslosigkeit in die EU gekommen, Herr
Bartsch,
(Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Das stimmt nicht!)
und wollen jetzt eine bessere Situation erreichen. Es ist
nicht so, wie Sie es erzählt haben. Also, in zwei Punkten
liegen Sie völlig daneben.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Das legt den Verdacht nahe, dass auch Ihre anderen
Punkte nicht stimmen.
(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Angesichts dessen, dass Sie für die führende Opposi-
tionsfraktion gesprochen haben, müssen Sie schon noch
ein bisschen üben. Das war noch nicht so, wie es norma-
lerweise sein soll.
(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich will einen weiteren Punkt ansprechen. Ja, völlig
richtig: Man kann jetzt das Thema „Was passiert in
Europa?“ behandeln. Wir haben, wie es vorgesehen ist,
den Deutschen Bundestag über die Situation in Portugal
und über die Auszahlungen, die dort stattfinden, infor-
miert. Die Troika hat, wie es das Gesetz vorsieht, ihren
Bericht vorgelegt. Sie hat empfohlen, die Tranchen aus-
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 2. Sitzung. Berlin, Montag, den 18. November 2013 33
Volker Kauder
(A) (C)
(D)(B)
zubezahlen. Der Deutsche Bundestag kann dazu eine Er-
klärung abgeben. Die Tranchen werden nun ausbezahlt.
Eines, Herr Kollege Bartsch, dürfen Sie nicht ma-
chen: Sie dürfen hier nicht den Eindruck erwecken, dass
die Menschen in den europäischen Ländern, die es
schwer haben, sich nicht so angestrengt hätten, um dort
zu Erfolgen zu kommen. Ich will Ihnen noch etwas sa-
gen: Es zeigt sich doch, dass wir auf einem guten Weg
sind. Ich sage: Glückwunsch nach Irland und nach Spa-
nien dafür, dass sie mit ihren Anstrengungen so weit ge-
kommen sind, dass sie den Rettungsschirm verlassen
können.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Sie sollten sich nicht hierhinstellen und so tun, als ob da
nichts geschehen sei.
Wenn man sich die Zinsen anschaut, muss man sagen:
Die Situation hat sich auch in den Ländern, die unter
dem Rettungsschirm sind, erheblich verbessert. Der jet-
zige Stand unserer Koalitionsverhandlungen ist so, dass
wir uns einig sind, diesen Weg fortzusetzen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir reden auch über
die Östliche Partnerschaft. Das ist ein Thema, das eine
große Bedeutung hat. Es ist völlig richtig, dass sich
Europa nicht allein darauf konzentriert, neue Staaten
aufzunehmen, sondern dass es auch einen Weg sucht,
mit solchen Nachbarn politisch zu kooperieren, die keine
Perspektive haben, in den nächsten Jahren in die Euro-
päische Union aufgenommen zu werden. Herr Kollege
Erler, ich gebe Ihnen ausdrücklich recht: Ja, es muss nun
ein Weg gefunden werden, diese Partnerschaft so auszu-
gestalten, dass sie in erster Linie nicht unter geopoliti-
schen Gesichtspunkten ausgerichtet wird.
Die Bundeskanzlerin hat deshalb zu Recht gesagt:
Wir müssen im Rahmen der Östlichen Partnerschaft end-
lich Wege finden, die Politik des Kalten Krieges voll-
ständig zu überwinden. Dabei kommt es darauf an, Russ-
land klarzumachen, dass eine vertiefte, eine nähere
Beziehung zu unseren östlichen Partnern nicht gegen
Russland gerichtet ist. Das kann vielleicht dadurch ge-
lingen, dass wir auch klarmachen, dass es auf der Welt
eine ganze Reihe von Herausforderungen und Gefahren
gibt, die auch uns hier in Europa und in Deutschland be-
drohen, und dass es daher notwendig ist, dass Russland
und wir zusammenarbeiten, um an diesen Punkten vo-
ranzukommen; ich nenne als Beispiel nur das Stichwort
„Iran“. Es gibt also Aufgaben, die eine solche Dimen-
sion haben, dass ich finde, es wirkt geradezu politisch
kleinkariert, wenn Russland meint, es sei eine geopoliti-
sche Frage, wie wir in Zukunft unsere Probleme in der
Welt lösen.
Es gibt beispielsweise das Problem des Terrorismus;
dagegen müssen wir miteinander etwas unternehmen. Es
gibt das Problem der Sicherheit der Weltmeere und vie-
les andere. Ich wäre dankbar, Frau Bundeskanzlerin,
wenn es Ihnen in Ihren Gesprächen mit Putin gelingen
könnte, auch einmal darauf hinzuweisen, dass er der
Welt einen Dienst leisten kann, wenn er einmal ein biss-
chen weiter als über unsere Östliche Partnerschaft hi-
nausblickt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, natürlich
hat diese Zusammenarbeit, die Östliche Partnerschaft,
eine ganz zentrale Bedeutung. Es ist angesprochen wor-
den, dass es natürlich um wirtschaftliche Fragen geht.
Zur gleichen Zeit hat die Bundeskanzlerin aber auch
darauf hingewiesen, dass es ebenfalls – gerade in der
Diskussion jetzt mit der Ukraine – um Werte geht, um
Menschenrechte, Demokratie, eine unbestechliche Justiz
beispielsweise. Da wird schon etwas deutlich, was wir
gerade in der heutigen Zeit immer wieder formulieren
müssen, damit die Menschen in unserem Land auch
Orientierung haben: Dieses Europa ist nicht nur eine
Veranstaltung von Euro und Cent, liebe Kolleginnen und
Kollegen; dieses Europa ist vor Euro und Cent zunächst
einmal eine Wertegemeinschaft.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das müssen wir auch in der Zusammenarbeit mit an-
deren deutlich machen. Da, finde ich schon, muss klar
sein, dass wir uns bei der Östlichen Partnerschaft nicht
ausschließlich um wirtschaftliche Dinge kümmern soll-
ten, sondern dass wir auch unsere Werte entsprechend
einfordern müssen.
Ich sage – ich weiß, dass es da auch andere Auffas-
sungen gibt; aber in diesem Saal kann man ja auch ein-
mal unterschiedliche Positionen darstellen –: Wir sind
umso glaubwürdiger darin, dass wir eine Wertegemein-
schaft sind, wenn wir diese Werte in Europa auch dann
ernst nehmen, wenn wir wirtschaftliche Interessen haben
und Freihandelsabkommen abschließen, und wenn wir
diese Werte in Verhandlungen mit Ländern einfordern,
die in die Europäische Union kommen wollen.
Das gilt gerade auch in unseren Gesprächen mit der
Türkei. Die Menschenrechte, die Religionsfreiheit etwa,
sind ein Teil unserer Wertegemeinschaft, der umgesetzt
werden muss, bevor wir in Europa ganz zueinander ge-
hören können, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Da hilft es relativ wenig, zu sagen: Ja, wenn es dann mal
so weit ist, wenn dann alle dabei sind, wird das auch so
kommen. – Wenn man diese Auffassung hat, dann kann
man auch vertreten, dass es vorher geklärt werden muss;
denn wir sehen ja in dem einen oder anderen Fall, wie
schwer wir uns tun, unsere Positionen in Ländern, die
zur EU gekommen sind, durchzusetzen. Deswegen halte
ich es für richtig, notwendig und zentral, Frau Bundes-
kanzlerin, dass Sie nicht nur das Thema der wirtschaftli-
chen Entwicklung, sondern auch diesen Wertetransfer
berücksichtigen.
Dann habe ich noch einen Punkt, den wir uns in die-
sem Parlament immer wieder vor Augen führen müssen:
Sowohl in der Östlichen Partnerschaft als auch in ande-
ren Bereichen haben wir ein Instrument – neben denen,
die die Bundeskanzlerin angesprochen hat –, das wir
nicht zu klein darstellen dürfen, und das ist unser Instru-
ment der Auswärtigen Kulturpolitik. Deswegen rate ich
dringend, dass wir in den Haushaltsberatungen darauf
Wert legen. Nichts ist im Augenblick erfolgreicher als
Deutsch-Sprachkurse, die unter anderem von unseren
Goethe-Instituten in der ganzen Welt angeboten werden.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Metadaten/Kopzeile:
34 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 2. Sitzung. Berlin, Montag, den 18. November 2013
Volker Kauder
(A) (C)
(D)(B)
Deswegen glaube ich schon, dass das Thema „Kultur,
Werte, Präsenz in einem Land“ von einer zentralen Be-
deutung ist.
Vor diesem Hintergrund wünsche ich Ihren Gesprä-
chen und Verhandlungen viel Erfolg. Wir brauchen Part-
ner in unserer Region, in Europa. Wir brauchen Partner
auch in der Welt. Gerade im Hinblick auf das, was wir
nachher noch diskutieren, kann ich nur sagen: Was da
von Amerika ausgehend passiert ist, ist nicht schön. –
Aber ich muss auch sagen: Die Zusammenarbeit mit
Amerika, die Freundschaft mit Amerika wird zwingend
notwendig sein, gerade wenn wir die Östliche Partner-
schaft weiter ausbauen wollen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)