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ID1719916500

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 17/199 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 199. Sitzung Berlin, Freitag, den 19. Oktober 2012 I n h a l t : Ausschussüberweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 34: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur innerstaatlichen Umsetzung des Fiskalver- trags (Drucksachen 17/10976, 17/11011) . . . . . . . . in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 38: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Zweiten Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haus- haltsjahr 2012 (Zweites Nachtragshaus- haltsgesetz 2012) (Drucksache 17/10900) . . . . . . . . . . . . . . . . . Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Carsten Schneider (Erfurt) (SPD) . . . . . . . . . . Florian Toncar (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Joachim Poß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Joachim Poß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Florian Toncar (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Steffen Bockhahn (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Norbert Barthle (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Peter Friedrich, Minister (Baden-Württemberg) . . . . . . . . . . . . . . . . Otto Fricke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andrej Hunko (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Sven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rolf Schwanitz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andreas Mattfeldt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Bettina Hagedorn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Antje Tillmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 35: a) Antrag der Abgeordneten Caren Lay, Eva Bulling-Schröter, Ralph Lenkert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Energiewende sozial gestalten – Bezahlbare Strompreise gewährleisten (Drucksache 17/10800) . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Renate Künast, Bärbel Höhn, Kerstin Andreae, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Bezahlbare Energie sichern durch Einsparung, Er- neuerbare und mehr Verbraucher- rechte (Drucksache 17/11030) . . . . . . . . . . . . . . c) Beratung der Großen Anfrage der Abge- ordneten Rita Schwarzelühr-Sutter, Rolf Hempelmann, Dirk Becker, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der SPD: Die Energiewende – Kosten für Verbrau- cherinnen, Verbraucher und Unterneh- men (Drucksache 17/10366) . . . . . . . . . . . . . . 24085 A 24085 B 24085 B 24085 C 24087 C 24088 D 24089 B 24090 D 24091 A 24091 C 24093 A 24094 C 24096 B 24097 C 24099 B 24100 A 24101 A 24102 A 24103 A 24104 B 24105 C 24106 D 24107 A 24107 A Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 199. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Oktober 2012 Katja Kipping (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Thomas Bareiß (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . . . Dr. Martin Lindner (Berlin) (FDP) . . . . . . Klaus Breil (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Ralph Lenkert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sven Morlok, Staatsminister (Sachsen) . . . . . Katja Kipping (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . Caren Lay (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jens Koeppen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD) . . . . . . . . . . . Dr. Martin Lindner (Berlin) (FDP) . . . . . . Dr. Erik Schweickert (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Ralph Lenkert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Johannes Röring (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Katja Kipping (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 36: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der steu- erlichen Förderung der privaten Altersvor- sorge (Altersvorsorge-Verbesserungsge- setz – AltvVerbG) (Drucksache 17/10818) . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus-Peter Flosbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . Petra Hinz (Essen) (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Frank Schäffler (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Matthias W. Birkwald (DIE LINKE) . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Mathias Middelberg (CDU/CSU) . . . . . . Dr. Carsten Sieling (SPD) . . . . . . . . . . . . . Ingrid Arndt-Brauer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Daniel Volk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bettina Kudla (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 13: a) Antrag der Fraktion der SPD: Eine gesetz- liche Obergrenze für verbraucherge- rechte Dispositionszinsen (Drucksache 17/10988) . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Caren Lay, Dr. Axel Troost, Dr. Kirsten Tackmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Begrenzung der Zinssätze für Dispositions- und Überziehungskre- dite (Drucksache 17/10855) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Carsten Sieling (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Marco Wanderwitz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Caren Lay (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Erik Schweickert (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Caren Lay (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mechthild Heil (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Kerstin Tack (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 39: a) Beratung der Antwort der Bundesregie- rung auf die Große Anfrage der Abgeord- neten Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck (Köln), Sylvia Kotting-Uhl, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Rechtsstaatlich- keit in Russland (Drucksachen 17/7541, 17/9521) . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck (Köln), Agnes Brugger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Keine Modernisierung Russlands ohne Rechtsstaatlichkeit (Drucksache 17/11002) . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 8: Antrag der Fraktion der SPD: Gemeinsam die Modernisierung Russlands voranbrin- gen – Rückschläge überwinden – Neue Im- pulse für die Partnerschaft setzen (Drucksache 17/11005) . . . . . . . . . . . . . . . . . Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frank Heinrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 24107 B 24108 D 24111 C 24113 B 24114 D 24115 D 24117 A 24117 C 24118 C 24120 D 24122 B 24123 A 24123 D 24124 C 24125 C 24126 D 24127 C 24129 B 24130 B 24131 C 24132 C 24133 C 24134 A 24134 C 24135 B 24135 B 24136 D 24138 C 24139 D 24141 B 24142 D 24144 C 24145 A 24146 A 24147 A 24148 D 24148 D 24149 A 24149 D 24151 A 24152 A 24153 C 24154 A 24154 D 24156 C 24157 C 24157 C 24157 D 24158 A 24159 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 199. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Oktober 2012 III Franz Thönnes (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP) . . . . . . . . . Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24161 A 24163 A 24163 D 24165 A 24167 A 24168 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 199. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Oktober 2012 24085 (A) (C) (D)(B) 199. Sitzung Berlin, Freitag, den 19. Oktober 2012 Beginn: 9.00 Uhr
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    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 199. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Oktober 2012 24167 (A) (C) (D)(B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten * für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung der NATO Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bär, Dorothee CDU/CSU 19.10.2012 Beck (Reutlingen), Ernst-Reinhard CDU/CSU 19.10.2012* Becker, Dirk SPD 19.10.2012 Binder, Karin DIE LINKE 19.10.2012 Brinkmann (Hildesheim), Bernhard SPD 19.10.2012 Burchardt, Ulla SPD 19.10.2012 Dağdelen, Sevim DIE LINKE 19.10.2012 Fischbach, Ingrid CDU/CSU 19.10.2012 Dr. Fuchs, Michael CDU/CSU 19.10.2012 Funk, Alexander CDU/CSU 19.10.2012 Gruß, Miriam FDP 19.10.2012 Gunkel, Wolfgang SPD 19.10.2012 Dr. Happach-Kasan, Christel FDP 19.10.2012 Dr. Hein, Rosemarie DIE LINKE 19.10.2012 Heinen-Esser, Ursula CDU/CSU 19.10.2012 Hoppe, Thilo BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 19.10.2012 Dr. Kaufmann, Stefan CDU/CSU 19.10.2012 Kuhn, Fritz BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 19.10.2012 Lanfermann, Heinz FDP 19.10.2012 Leutheusser- Schnarrenberger, Sabine FDP 19.10.2012 Dr. Lotter, Erwin FDP 19.10.2012 Dr. Merkel, Angela CDU/CSU 19.10.2012 Möhring, Cornelia DIE LINKE 19.10.2012 Müller (Erlangen), Stefan CDU/CSU 19.10.2012 Nahles, Andrea SPD 19.10.2012 Nink, Manfred SPD 19.10.2012 Ploetz, Yvonne DIE LINKE 19.10.2012 Remmers, Ingrid DIE LINKE 19.10.2012 Röspel, René SPD 19.10.2012 Scharfenberg, Elisabeth BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 19.10.2012 Schlecht, Michael DIE LINKE 19.10.2012 Schmidt (Eisleben), Silvia SPD 19.10.2012 Silberhorn, Thomas CDU/CSU 19.10.2012 Simmling, Werner FDP 19.10.2012 Storjohann, Gero CDU/CSU 19.10.2012 Thomae, Stephan FDP 19.10.2012 Tressel, Markus BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 19.10.2012 Ulrich, Alexander DIE LINKE 19.10.2012 Wagenknecht, Sahra DIE LINKE 19.10.2012 Walter-Rosenheimer, Beate BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 19.10.2012 Weinberg, Harald DIE LINKE 19.10.2012 Wellenreuther, Ingo CDU/CSU 19.10.2012 Werner, Katrin DIE LINKE 19.10.2012 Winkler, Josef Philip BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 19.10.2012 Ziegler, Dagmar SPD 19.10.2012 Zypries, Brigitte SPD 19.10.2012 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 24168 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 199. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Oktober 2012 (A) (C) (D)(B) Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 901. Sitzung am 12. Ok- tober 2012 beschlossen, zu dem am 21. September 2012 zugeleiteten nachstehenden Gesetzentwurf gemäß Arti- kel 76 Absatz 2 Satz 3 des Grundgesetzes eine Verlänge- rung der Frist zur Stellungnahme zu verlangen. – Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung der Re- gulierung im Eisenbahnbereich Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Globalisierung gestalten – Partnerschaften ausbauen – Verantwortung teilen – Drucksache 17/8600 – – Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Parlamentarischen Versammlung der NATO 57. Jahrestagung der Parlamentarischen Versammlung der NATO vom 7. bis 10. Oktober 2011 in Bukarest, Ru- mänien – Drucksachen 17/9603, 17/10707 Nr.1.1 – – Unterrichtung durch die Delegation des Deutschen Bundes- tages in der Ostseeparlamentarierkonferenz 20. Jahrestagung der Ostseeparlamentarierkonferenz vom 28. bis 30. August 2011 in Helsinki, Finnland – Drucksachen 17/10498, 17/10707 Nr. 1.10 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die Tätigkeit der Westeuropäischen Union für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2011 – Drucksachen 17/10594, 17/10707 Nr. 1.13 – Ausschuss für Kultur und Medien – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die Maßnahmen zur Förderung der Kulturarbeit gemäß § 96 des Bundesver- triebenengesetzes in den Jahren 2009 und 2010 – Drucksache 17/9401 – Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unionsdokumente zur Kenntnis genommen oder von ei- ner Beratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuss Drucksache 17/10208 Nr. A.1 Ratsdokument 10186/12 Drucksache 17/10208 Nr. A.2 Ratsdokument 10213/12 Drucksache 17/10208 Nr. A.3 Ratsdokument 10313/12 Haushaltsausschuss Drucksache 17/9797 Nr. A.4 Ratsdokument SEK(2012)270 endg. Drucksache 17/10028 Nr. A.3 Ratsdokument 10717/12 Verteidigungsausschuss Drucksache 17/5822 Nr. A.41 EuB-BReg 154/2011 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 17/6407 Nr. A.23 Ratsdokument 10958/11 Drucksache 17/6985 Nr. A.60 Ratsdokument 11845/11 Drucksache 17/6985 Nr. A.61 Ratsdokument 12491/11 Drucksache 17/6985 Nr. A.62 Ratsdokument 12757/11 Drucksache 17/6985 Nr. A.64 Ratsdokument 13016/11 Drucksache 17/7260 Nr. A.5 Ratsdokument 13683/11 Drucksache 17/7549 Nr. A.9 Ratsdokument 14450/11 Drucksache 17/7713 Nr. A.22 Ratsdokument 15405/11 199. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 34, 38 Umsetzung Fiskalvertrag, Nachtragshaushaltsgesetz TOP 35 Soziale Gestaltung der Energiewende TOP 36 Steuerliche Förderung der privaten Altersvorsorge TOP 13 Obergrenze für Dispo-Kreditzinsen TOP 39, ZP 8 Rechtsstaatlichkeit in Russland Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Petra Pau


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    Ich schließe die Aussprache.

    Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagen
    auf den Drucksachen 17/10988 und 17/10855 an die in
    der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschla-
    gen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall.
    Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

    Ich rufe die Tagesordnungspunkte 39 a und 39 b so-
    wie den Zusatzpunkt 8 auf:

    39 a) Beratung der Antwort der Bundesregierung auf
    die Große Anfrage der Abgeordneten Marieluise
    Beck (Bremen), Volker Beck (Köln), Sylvia
    Kotting-Uhl, weiterer Abgeordneter und der
    Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

    Rechtsstaatlichkeit in Russland

    – Drucksachen 17/7541, 17/9521 –

    b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Marieluise
    Beck (Bremen), Volker Beck (Köln), Agnes
    Brugger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
    BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

    Keine Modernisierung Russlands ohne
    Rechtsstaatlichkeit

    – Drucksache 17/11002 –
    Überweisungsvorschlag:
    Auswärtiger Ausschuss (f)

    Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
    Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
    Entwicklung
    Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

    ZP 8 Beratung des Antrags der Fraktion der SPD

    Gemeinsam die Modernisierung Russlands vo-
    ranbringen – Rückschläge überwinden – Neue
    Impulse für die Partnerschaft setzen

    – Drucksache 17/11005 –
    Überweisungsvorschlag:
    Auswärtiger Ausschuss (f)

    Innenausschuss
    Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
    Verteidigungsausschuss
    Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
    Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
    Ausschuss für Bildung, Forschung und
    Technikfolgenabschätzung
    Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

    Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
    Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
    keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

    Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle-
    gin Marieluise Beck für die Fraktion Bündnis 90/Die
    Grünen.






    (A) (C)



    (D)(B)


    Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/DIE
    GRÜNEN):

    Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
    Kollegen! Jede Russlanddebatte in Deutschland muss
    die unauflösbare historische Verbindung unserer beiden
    Länder im Blick haben. Die im Zweiten Weltkrieg an
    und in Russland begangenen Verbrechen legen uns eine
    Verpflichtung auf, und deswegen gilt es für uns, die Ent-
    wicklung in Russland engagiert und kritisch zu beglei-
    ten, ohne jegliche Rhetorik des Kalten Krieges, aber
    auch ohne ein vorauseilendes Verständnis für deutliche
    Fehlentwicklungen in dem Land.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


    Ich möchte hier sehr offen bekennen: Ich würde mich
    sehr freuen, wenn der Ost-Ausschuss der deutschen
    Wirtschaft nicht nur auf die erfreulichen Marktchancen
    in Russland schauen würde, sondern sich mit dieser
    Grundhaltung beherzt an die Seite der Demokraten und
    der Politik, an unsere Seite, stellen würde.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Aus den bitteren Erfahrungen des politischen Totalita-
    rismus des 20. Jahrhunderts erwächst uns die Verpflich-
    tung, uns an die Seite derjenigen zu stellen, die gegen
    Unterdrückung und Bevormundung durch den Staat
    kämpfen, die für mehr Pluralismus stehen, die für den
    Vorrang des Rechts vor der Machtwillkür ihre Stimme
    erheben. Solche engagierten Bürgerinnen und Bürger
    sind es, die erst ein modernes Staatswesen begründen
    können. Transparenz, Gewaltenteilung, Rechtsstaatlich-
    keit – das sind die Ingredienzen eines modernen Staates.
    Nur eine aktive Bürgergesellschaft ist in der Lage, diese
    Prinzipien mit Leben zu erfüllen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


    Dies verkennt die russische Führung seit vielen Jah-
    ren. Auch die Hoffnung, die wir mit Präsident
    Medwedew verbunden haben, hat sich faktisch in Luft
    aufgelöst.

    Zwar wird seit vielen Jahren von der russischen Füh-
    rung erklärt, sie wolle einen modernen Staat aufbauen
    – das wurde zum politischen Ziel erklärt –, aber miss-
    traut wird gerade denen, die der Motor für die durchgrei-
    fende Modernisierung des Landes sein könnten.

    Anstatt die Kräfte der Gesellschaft sich entfalten zu
    lassen, wird konsequent die erstarrte und korrupte
    Machtvertikale weiter ausgebaut. Der Kreml sorgt dafür,
    dass die Justiz willfährig ist, wenn es politisch gewollt
    ist. Das haben wir erlebt beim Fall Chodorkowski, wir
    haben es auch erlebt beim dramatischen Fall Magnitskij.
    In russischen Lagern gibt es viele Namenlose, die eben
    dieser Willkür auch aus Korruptionsgründen ausgesetzt
    sind.

    Im Winter des vergangenen Jahres keimte die Hoff-
    nung auf, dass sich das Land aus der Erstarrung befreien

    könne. Die russische Gesellschaft meldete sich zurück.
    Friedlich und kreativ forderten die Protestierenden ein
    demokratisches und rechtsstaatliches Russland. Anstatt
    diese gesellschaftliche Bewegung als große Chance zu
    begreifen und mit ihr eine Politik der Öffnung zu begin-
    nen, sagte der Kreml der eigenen Gesellschaft den
    Kampf an.

    Seit Putins Amtsantritt kam der Abbau von Bürger-
    rechten Schlag auf Schlag: zuerst die Verschärfung des
    Demonstrationsrechts, dann die drastische Erhöhung der
    Strafen für Verleumdung, das Internetgesetz, das eine
    Bedrohung für die freie Kommunikation im Internet dar-
    stellt, ein NGO-Gesetz, das politisch tätige NGOs, die
    Zuwendungen aus dem Ausland erhalten, dazu zwingen
    soll, sich selbst als ausländische Agenten zu bezeichnen.
    Es war Ludmilla Alexejewa, die große alte Dame der
    russischen Bürgerrechtsbewegung, die gesagt hat: Ich
    werde mich nicht ein zweites Mal in meinem Leben als
    ausländische Agentin bezeichnen.

    Wir alle wissen, dass dieser Ansatz vor allen Dingen
    auf Golos zielt, die wunderbare, in Russland selbst auf-
    gebaute Wahlbeobachtungsbewegung, die allerdings von
    Zuwendungen der EU abhängig ist und die offensicht-
    lich seitens des Kreml als die gefährlichste Bewegung
    angesehen wird, weil es sonst echte Wahlen in Russland
    geben könnte.

    Wir alle haben die skandalöse Urteilsfindung im Fall
    „Pussy Riot“ verfolgt. Ja, Blasphemie ist auch in
    Deutschland verboten, ebenso ist unsittliches und unan-
    gemessenes Verhalten in deutschen Kirchen strafbe-
    wehrt. Aber hier geht dafür niemand für zwei Jahre in
    eine Strafkolonie.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und der LINKEN)


    Deswegen darf es für die deutsche und europäische
    Russlandpolitik kein Weiter-so geben. Wir müssen end-
    lich neu nachdenken. Der Kreml in seiner jetzigen Ver-
    fassung ist kein verlässlicher Partner und kein Partner
    für die Modernisierung. Adressat unserer Bemühungen
    um eine Modernisierung Russlands muss die Zivilgesell-
    schaft sein. Dafür brauchen wir einen langen Atem und
    politische Fantasie.

    Ein Instrument haben wir jedoch selber in der Hand,
    und das ist die Visumfreiheit. Die Erfahrung einer offe-
    nen Gesellschaft, die Begegnung mit Freiheit, freier Kul-
    tur und Vielfalt sind das süßeste Gift, das wir gegen au-
    toritäre Regierungen im Köcher haben. Es ist ein
    friedliches Mittel, und wir sollten endlich den Innenpoli-
    tikern die Macht nehmen, diesen wunderbaren Weg, den
    wir zur Stärkung der russischen Zivilgesellschaft anbie-
    ten könnten, zu versperren. Sie machen mit dem vereng-
    ten Blick der Innenpolitiker Außenpolitik. Das gesamte
    Haus sollte sich dem endlich entgegenstellen.

    Schönen Dank.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)







    (A) (C)



    (D)(B)




Rede von Petra Pau
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)

Das Wort hat der Kollege Frank Heinrich für die

Unionsfraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Frank Heinrich


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Liebe Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und

    Kollegen! Frau Beck, ich bin Ihnen sehr dankbar dafür,
    dass Sie damit begonnen haben, auf die unauflösbare
    historische Verbindung hinzuweisen. In der Tat sollten
    wir zu Beginn zunächst einmal würdigen, was sich in
    Russland schon gebessert hat, bevor wir auf das zu spre-
    chen kommen, was zu kritisieren ist. Dabei reichen
    meine zehn Finger gar nicht aus, um all das aufzuzählen,
    was kritikwürdig ist. Ohne diese Wertschätzung wird
    Russland – ich habe das so ähnlich auch in einem Ihrer
    Anträge gelesen – nur noch nationalistischer und patriar-
    chalischer entscheiden. Ich finde, erfolgreiche Kritik –
    wir wollen, dass die Kritik nicht um der Rechthaberei
    willen im Raum steht, sondern am Schluss tatsächlich
    eine Veränderung bewirkt – kann es am Ende nur unter
    Partnern und Freunden geben, und zu einem gewissen
    Maß lässt sich das auf unsere Beziehung zu Russland
    übertragen. Für mich gibt es zwei Dinge, die eine beste
    Freundschaft ausmachen. Die erste Bedingung ist: Ein
    Freund darf mich kritisieren und mir wirklich alles sa-
    gen. Die zweite Bedingung ist, dass er es dann auch tut.
    Ein Stück weit gehört es zu unserer Partnerschaft mit
    Russland, dass wir die Kritik offen aussprechen.

    Ich zitiere aus dem Antrag der SPD:

    Hinzu kommt, dass Russland sich seit langem nicht
    mehr als gleichberechtigter Partner anerkannt fühlt.

    Weiter unten heißt es:

    Russlands Verlangen, wieder als vollwertiger Part-
    ner akzeptiert zu werden, ist daher nachvollziehbar.

    Wenn wir es mit der Partnerschaft und der Freundschaft
    ernst meinen, dann müssen wir auch vor Augen haben,
    was uns das bedeutet – und wir müssen es auch benen-
    nen. Deshalb möchte ich mit positiven Aspekten begin-
    nen.

    Einige Stichworte: Wir konnten von Russland nicht
    nur einige kulturelle Dinge lernen; wir haben die russi-
    sche Geschichte und Kultur insgesamt zu schätzen ge-
    lernt. Ich erinnere auch an die Rolle, die Russland bei
    unserer Wiedervereinigung gespielt hat. Ein weiterer
    Punkt: die wirtschaftliche Zusammenarbeit. Die Bezie-
    hungen dürfen nicht allein darauf aufbauen, aber es ist
    festzuhalten, dass Deutschland einen Anteil von 8,7 Pro-
    zent am russischen Außenhandelsvolumen hat. Ein
    Stichwort dazu: die Ostseepipeline. Inzwischen sind
    6 300 deutsche Unternehmen in Russland tätig.

    Sie haben die Modernisierungspartnerschaft ange-
    sprochen – ich komme gleich noch darauf –, die es seit
    letztem Jahr zwischen der EU und Russland gibt. Es gilt
    anzuerkennen, dass es unter Putin eine gewisse Stabili-
    sierung Russlands gegeben hat. Ich zitiere aus dem An-
    trag der Grünen:

    Der Deutsche Bundestag ist sich der Tatsache be-
    wusst, dass die Transformation Russlands als Teil
    der früheren Sowjetunion in einen Rechtsstaat mit
    einer offenen und pluralistischen Gesellschaft eine
    gewaltige Herausforderung darstellt.

    Das ist also nichts, was man gerade einmal so an einem
    Wochenende macht; ich glaube, das ist uns bewusst.

    Russland ist heute Mitglied im Europarat und hat mit
    dem Beitritt die Europäische Menschenrechtskonvention
    anerkannt; jetzt können wir uns darauf beziehen. Unsere
    Rolle dabei ist: Wir müssen uns mit dem gerade genann-
    ten Europarat, aber auch mit der EU und dem Europäi-
    schen Gerichtshof für Menschenrechte – er hat Kritik-
    punkte benannt – abstimmen. Es ist auch zu erwähnen,
    dass wir gerade mit Russland bei der Korruptionsbe-
    kämpfung zusammenarbeiten. Eine darüber hinausge-
    hende Zusammenarbeit ist möglich, weil Russland in
    diesem Jahr der WTO, der Welthandelsorganisation, bei-
    getreten ist.

    Jetzt die Missstände. Ich habe gesagt, dass ich zehn
    Missstände nennen will – obwohl ich länger als Sie re-
    den darf, kann ich sie nur anreißen –:

    Erstens. Da ist das Defizit an Rechtsstaatlichkeit. In
    der Antwort der Bundesregierung auf die 87 Fragen der
    Großen Anfrage der Grünen – Sie haben sie bekommen –
    heißt es sehr deutlich:

    Die Bundesregierung ist besorgt über fortbeste-
    hende Defizite an Rechtsstaatlichkeit in der Russi-
    schen Föderation.

    Trotzdem:

    Die Bundesregierung begrüßt, dass Präsident
    Dmitri Medwedew

    – der ehemalige Präsident –

    die Mängel offen benannt und Maßnahmen zur Be-
    kämpfung der Defizite angekündigt hat. Die Bun-
    desregierung wird Russland auch in Zukunft bei der
    Stärkung der Rechtsstaatlichkeit unterstützen.

    Das heißt nicht, dass wir die Mängel nicht immer wieder
    betonen müssten.

    Der zweite Bereich ist der politische Einfluss auf die
    Justiz. Sie haben den Fall der Band Pussy Riot genannt,
    aber auch den Fall der Oppositionellen Taisia Osipowa.
    Es gibt so viele Einzelfälle, die zusammengenommen
    ein deutliches Bild des Einflusses auf die Justiz ver-
    schaffen. Hier wieder ein Zitat:

    Die Bundesregierung teilt die Einschätzung, dass
    bei der Gewährleistung der richterlichen Unabhän-
    gigkeit in Russland Defizite fortbestehen.

    Es gibt dort also Stagnation, und das darf so nicht blei-
    ben. Ich glaube, Sie haben es so ausgedrückt: Das kön-
    nen wir nicht weiter so laufen lassen.

    Drittens: die Einschränkung der Pressefreiheit.

    Viertens: die Zustände in den Gefängnissen. Da gibt
    es allerdings zwei Seiten; da muss man fair sein. Die
    Bundesregierung hat zur Kenntnis genommen, dass





    Frank Heinrich


    (A) (C)



    (D)(B)


    Medwedew einige Initiativen zur Humanisierung des
    russischen Strafsystems angestoßen und zum Teil durch
    Gesetzesänderungen umgesetzt hat. Zugleich teilt aber
    die Bundesregierung die Einschätzung, dass in den russi-
    schen Untersuchungsgefängnissen gravierende Defizite
    bei den Haftbedingungen fortbestehen. Der Europäische
    Gerichtshof für Menschenrechte hat das in seiner Ent-
    scheidung im Fall Ananiew gegen die Russische Födera-
    tion vom Anfang dieses Jahres sehr deutlich angemahnt.

    Fünftens: das repressive Demonstrationsrecht.

    Sechstens: die Behinderung der Opposition, zuletzt
    bei den Gouverneurswahlen, bei denen viele Kandidaten
    entweder nicht zugelassen oder behindert wurden. Die
    Parlamentswahlen letztes Jahr im Dezember fanden un-
    ter massiven Behinderungen von Wahlbeobachterorgani-
    sationen, unter anderem von Golos, statt.

    Seit dem Amtsantritt von Präsident Putin sind zahlrei-
    che Gesetze, die gegen die politische Opposition und die
    russische Zivilgesellschaft gerichtet sind, oft in einem
    Hauruckverfahren in Kraft gesetzt worden. Die Bundes-
    regierung bedauert, dass PARNAS, die Partei der Volks-
    freiheit „Für ein Russland ohne Willkür und Korrup-
    tion“, nicht als Partei registriert wurde und an den
    Dumawahlen nicht teilnehmen durfte.

    Siebtens: der starke Einfluss der Geheimdienste.

    Achtens: Ich habe selber als Pastor in der Heilsarmee
    einer Freikirche mitbekommen, dass Religionsgemein-
    schaften, die nicht russisch-orthodox sind, anders behan-
    delt und benachteiligt werden.

    Neuntens: das NGO-Gesetz von 2005. Darin werden
    den Organisationen kostenaufwendige bürokratische
    Pflichten auferlegt, sodass manche Organisationen ein-
    fach nicht arbeitsfähig sind.

    Zehntens – das ist nicht der letzte Punkt, aber der
    letzte Punkt, den ich aufzähle –: die Verschleierung und
    Nichtaufklärung politisch motivierter Straftaten, wie sie
    zum Beispiel der Fall Magnitskij sehr deutlich vor Au-
    gen führt.

    Ihre Frage 23 möchte ich kurz vorlesen:

    Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregie-
    rung aus der Tatsache, dass es trotz des Einsetzens
    spezieller Sonderkommissionen und vielfacher Be-
    teuerungen konsequenten Engagements nach wie
    vor keine Verurteilungen der Mörder von Anna Po-
    litkowskaja und Natalja Estemirowa und ihrer Auf-
    traggeber gibt?

    Die Antwort der Bundesregierung ist eindeutig – ich
    denke, sie darf heute so im Raum stehen bleiben und sie
    muss von uns unterstützt werden –:

    Die Bundesregierung erwartet, dass diese und an-
    dere Fälle rückhaltlos aufgeklärt werden, und
    macht dies gegenüber der russischen Seite deutlich.

    Auch ich möchte es hiermit noch einmal verdeutlichen.

    Das sind nicht irgendwelche zehn Fälle, sondern das
    sind zehn für uns existenziell wichtige Hinweise auf ge-
    sellschaftliches Engagement und das Fehlen von Rechts-

    staatlichkeit in diesem Land. Es geht um Dinge, die für
    uns in Mitteleuropa selbstverständlich sind. Insofern gilt
    es, Schlussfolgerungen zu ziehen


    (Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Dann ziehen Sie mal!)


    und Forderungen gen Osten zu richten.

    Wir fordern die russische Regierung auf, sich an die
    freiwillig eingegangenen Verpflichtungen – ich habe das
    schon vorhin am Ende meiner Ausführungen zu Punkt 1
    gesagt –, die aus der Ratifikation der Europäischen Men-
    schenrechtskonvention erwachsen, zu halten und diese
    vollständig umzusetzen, die Hintergründe, die zum Tod
    von Sergej Magnitskij geführt haben, in einem rechts-
    staatlichen Verfahren rückhaltlos und transparent aufzu-
    klären und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu
    ziehen, die Unabhängigkeit von Richtern sicherzustellen
    sowie die Unabhängigkeit und Transparenz der Justizbe-
    hörden zu erhöhen und uns das auch deutlich zu machen,
    die Arbeit von Verteidigern sicherzustellen, sie also
    nicht vom Zugang zu notwendigen Dokumenten auszu-
    schließen oder sie politisch unter Druck zu setzen, die
    Unabhängigkeit der Medien zu garantieren und gegen
    den politisch motivierten Missbrauch der Strafjustiz vor-
    zugehen.

    Das waren die Forderungen, die wir nach Osten schi-
    cken. Das heißt für uns als Parlamentarier, dass wir uns
    – jetzt greife ich ein Zitat aus dem Antrag der SPD auf –
    dafür einsetzen, „den neugewählten russischen Präsiden-
    ten Putin an seine Zusagen hinsichtlich der Stärkung der
    Meinungs- und Pressefreiheit, des Aufbaus einer unab-
    hängigen Justiz sowie der Modernisierung der Wirt-
    schaft, der staatlichen Verwaltung und des Bildungssys-
    tems zu erinnern und ihm umfassende Unterstützung bei
    der Umsetzung dieser Projekte anzubieten“, wie es sich
    für Freunde und Partner – dann auf unserer Seite – ge-
    hört.

    Das heißt, den Fall Magnitskij weiterhin in bilateralen
    Gesprächen mit Russland, also nicht nur hier von einem
    Podium aus, zu thematisieren und auf umfassende Auf-
    klärung zu drängen. Weiterhin bedeutet das, der russi-
    schen Seite in bilateralen Gesprächen, vor allem bei den
    bevorstehenden Deutsch-Russischen Regierungskonsul-
    tationen, deutlich zu machen, dass eine gemeinsame
    Modernisierungspartnerschaft nicht auf wirtschaftliche
    Themen beschränkt werden darf, sondern nur als ein um-
    fassender gesellschaftlicher Prozess unter Einschluss ei-
    ner Entwicklung hin zu mehr Demokratie und – Thema
    von heute – Rechtsstaatlichkeit gelingen kann.

    Die dritte Forderung lautet, Russland im bilateralen
    Rahmen und seitens der EU weiterhin zu drängen, dass
    es seine eingegangenen Verpflichtungen aus der Euro-
    päischen Menschenrechtskonvention und dem Interna-
    tionalen Pakt über bürgerliche und soziale Rechte tat-
    sächlich einhält.


    (Beifall bei der FDP)


    Ich komme zum Schluss und nehme Bezug auf meine
    Eingangsbemerkung zum Thema Freund/Partner. Ich bin
    der festen Überzeugung, dass gute Freunde beim Wort





    Frank Heinrich


    (A) (C)



    (D)(B)


    genommen werden sollten. Wenn nötig, müssen wir sie
    an ihr Wort erinnern. Hier und heute tun wir das ganz of-
    fiziell gemeinsam. Wir müssen aber auch in Zukunft, in
    jeder weiteren Begegnung, daran erinnern. Dabei han-
    delt es sich teilweise um Begegnungen auf Regierungs-
    ebene, teilweise um Begegnungen von einzelnen Parla-
    mentariern und teilweise um Kommunikation über die
    Medien.

    Ich danke für die Aufmerksamkeit.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)