Rede von
Nicole
Maisch
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Die Abzocke mit den Dispozinsen ist ein verbraucher-
politisches Dauerärgernis. Deshalb beschäftigt es uns
auch zu Recht dauerhaft im Parlament. Wir könnten die
dauernden Debatten hier verkürzen, wenn Schwarz-Gelb
aktiv werden würde. Deshalb verstehe ich auch den Un-
mut, dass wir immer und immer wieder darüber reden
müssen, nicht.
Denn es ist doch so: Während sich die Kreditinstitute ihr
Geld zu niedrigsten Zinsen beschaffen und den daraus
resultierenden Vorteil an die Menschen weitergeben, die
etwas auf der hohen Kante haben, werden die Menschen,
die in der Kreide stehen, ordentlich geschröpft. Es gibt
keine Begründung dafür, 12, 13, 14 oder sogar 15 Pro-
zent für einen Dispositionskredit zu verlangen. Das ist,
wie ich finde, an Wucher grenzende Bereicherung; denn
der Dispo weist im Vergleich zu anderen Kreditformen
eine sehr geringe Ausfallquote auf – das haben Studien
des Verbraucherministeriums belegt – und muss von den
Banken nicht mit Eigenkapital hinterlegt werden, Herr
Wanderwitz. Eine Hinterlegung mit Eigenkapital kann
man also nicht als Argument für höhere Zinssätze gelten
lassen.
Das Problem ist: Obwohl die Zinsen in absoluten
Zahlen gesunken sind – sie liegen im Durchschnitt nicht
mehr bei 13 oder 14, sondern bei 12 Prozent –, ist die
Schere – die SPD hat von einem Krokodil gesprochen –
zwischen Leitzins und Dispozinsen weiter auseinander-
gegangen; denn die Zinsen, zu denen sich die Banken
das Geld beschaffen, sind in den letzten Monaten weiter
gesunken. Wir haben es hier also mit mangelndem Wett-
bewerb und Marktversagen zu tun. Herr Schweickert,
ich habe hier einen Dissens mit Ihnen. Sie sagen, man
könne die Bank wechseln. Machen Sie sich einmal den
Spaß, in Ihrem Wahlkreis zu schauen, wo man einen
günstigen Dispo bekommt, wenn man eine Filialbank
haben will. Die Deutsche Skatbank beispielsweise und
andere Kreditinstitute mögen tolle Zinsen geben, wenn
man Internetbanking betreibt. Wenn man aber so wie ich
konservativ ist
und einen realen Menschen als Gegenüber in der Bank
haben möchte, dann ist die Auswahl geringer. Es gibt so-
gar Regionen, in denen man keinen Dispo zu einem
Zinssatz von unter 12 Prozent bekommt. Ich habe mir
notiert, dass Sie beim letzten Mal die Idee hatten, das
Kartellamt einzuschalten. Mich interessiert, was die FDP
zu dem mangelnden Wettbewerb in diesem Bereich sagt.
Wir sind jedenfalls der Meinung, dass wir hier politisch
handeln müssen.
Handeln bedeutet nicht, dass man die Banken zum Kaf-
fee einlädt; das hat Frau Aigner gemacht, und das ist
sehr höflich von ihr. Aber das wird auf Dauer nichts
bringen.
Sie haben den Bundesrat angesprochen. Die Union
hat hier eine Entscheidung zugunsten der Kundinnen
und Kunden blockiert. Das finde ich sehr schade. Einer-
seits macht Frau Aigner tolle Pressemitteilungen und
geistert mit dem Thema Dispoabzocke durch die Schlag-
zeilen. Andererseits werden Lösungen im Bundesrat blo-
ckiert. Das finde ich nicht korrekt.
Dass die Opposition Schwarz-Gelb bei der Program-
matik einiges voraus hat, zeigen nicht nur die beiden An-
träge der SPD und der Linken sowie der Antrag meiner
Fraktion – dieser wurde bereits abschließend behan-
delt –, sondern auch die relativ ausführlichen Gegenargu-
mente. So wurde gefragt: Kann denn der Staat sich anma-
ßen, einen Deckel einzuziehen? – Frau Lay hat darauf
hingewiesen, dass sich der Staat beim Zahlungsverzug
sehr wohl angemaßt hat, einen konkreten Deckel einzu-
ziehen. Darüber, ob 5 Prozent die richtige Größenord-
nung sind, können wir diskutieren. Sobald ein von
Schwarz-Gelb eingebrachter Gesetzentwurf vorliegt,
können wir im Verbraucherausschuss eine Anhörung
durchführen. Wenn Sie eine Größenordnung von 6,5 Pro-
zent für richtig halten, werden bestimmt weder die Linke
noch die SPD noch wir Grüne sagen: Nein, das kann man
nicht machen. – Legen Sie also etwas vor, und präsentie-
ren Sie uns bessere Lösungen! Ich habe zwar Ihre Kritik
vernommen – darüber kann man diskutieren –, aber eine
bessere Lösung haben Sie bisher nicht vorgelegt. Das
finde ich sehr wenig angesichts der Tatsache, dass wir
nun im dritten Jahr in diesem Parlament über dieses
Thema sprechen.