Rede von
Dr.
Carsten
Sieling
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wir reden hier in diesem Hause heute nicht das erste Mal
über das Thema Dispozinsen. Der Grund dafür ist, dass
das Problem nicht gelöst ist und die Rezepte der Bundes-
regierung nicht helfen.
Was ist das Problem? Auf Tausenden von Kontoaus-
zügen finden sich in dieser Republik regelmäßig über-
höhte Dispozinsen wieder. Die Stiftung Warentest hat
gerade in dieser Woche veröffentlicht und bekannt ge-
macht, dass der Durchschnitt der Dispozinsen in
Deutschland bei 11,8 Prozent liegt – und das in einer Si-
tuation, in der sich die Banken mit 0,12 Prozent bei der
EZB refinanzieren können. Das riecht verdammt nach
Wucher.
Ich möchte Ihnen gerne diese Entwicklung grafisch
zeigen, damit man genau sieht, was stattgefunden hat.
Man sieht sehr genau, wie der Zinssatz von 2003 bis
2010 – das ist die grüne Linie –, insbesondere nach der
Finanzkrise, nach unten gegangen ist, während die Dis-
pozinsen nach oben gegangen sind, also genau gegenläu-
fig. Man sieht fast die Figur eines Krokodils, das das
Maul weit aufreißt, und mittendrin steht der Verbraucher.
Dagegen müssen wir etwas machen.
– Mit blauem Dach. Das Schlimmste daran ist das Blaue.
Wahrscheinlich ist auch noch ein bisschen Gelb dabei,
lieber Kollege; denn das Schlimme kann in diesem
Hause immer nur von rechts kommen.
Ich will sagen: Unser Konzept ist es jetzt, gesetzlich
vorzugehen, weil es nicht mehr ausreicht, zu Kaffee-
kränzchen einzuladen und die Branche zu bitten. Wir ha-
ben vier Eckpunkte. Wir stellen in den Vordergrund: ers-
tens das Kundeninteresse, zweitens den Grundsatz der
Vertragsfreiheit – dazu sage ich gleich etwas, weil wir
keine starre Obergrenze vorsehen; auch solche Vor-
schläge gab es –, drittens die Berücksichtigung der Ar-
gumente und Sorgen der Banken, dass ihre Verwaltungs-
kosten nicht gedeckt sein könnten, und viertens die
Tatsache, dass es europarechtskonform ist.
Ich darf Ihnen noch einmal mein schönes Krokodil
zeigen. Anhand dieser Grafik leiten wir unseren Vor-
schlag ab.
Sie erkennen hier an der roten Linie – das ist über die
Jahre die Differenz zwischen dem Leitzins und den Dis-
pozinsen –, dass bis zum Ende des Jahres 2008 der Auf-
schlag auf den Leitzins bei etwa 8 Prozentpunkten gele-
gen hat. Man kann das als Indiz dafür auffassen, dass
sich hierin die Kostensituation im Durchschnitt der
Branche widerspiegelt. Unvertretbar ist eben, dass diese
Linie nach oben geht.
Wir schlagen deshalb vor, durchaus und bewusst als
sehr marktreagibles Instrumentarium, dass wir auf den
jeweils gültigen Leitzins einen Aufschlag von 8 Prozent-
punkten als Obergrenze zulassen. Das bedeutet in der
aktuellen Situation: Der höchste Dispozins, der genom-
men werden dürfte, läge bei 8,12 Prozent und nicht bei
11,8 Prozent, wie es zurzeit Realität ist.
Darum ist das, was wir hier vorschlagen, eine deutliche
Verbesserung.
Ich darf auch sagen, dass die Dispozinsen dann, wenn
darüber gegangen wird, also bei geduldeter höherer In-
anspruchnahme, höchstens doppelt so hoch sein dürfen.
Das ist die Wuchergrenze nach BGB. Damit würde das
hohe Niveau insgesamt gesenkt, ohne dass man für die
Branche unvertretbare Zustände schafft, aber für den
Verbraucher viel Gutes erreicht. Ein solches Gesetz soll-
ten wir machen. Das schlagen wir als SPD vor.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.